die „Bildungslandschaft“ in Deutschland ist ge - Gemeinschaft ...
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GESELLSCHAFT NAH UND FERN<br />
ke<strong>in</strong>en neuen katholischen Sound,<br />
sondern <strong>die</strong> Kirche müsse sich wieder<br />
auf <strong>die</strong> Evan<strong>ge</strong>lien und deren Botschaft<br />
bes<strong>in</strong>nen, da sie <strong>ge</strong>nug Sprengkraft<br />
besäßen. Auch der Programmdirektor<br />
des katholischen Senders<br />
„Radio Horeb“, Pfarrer Dr. Richard<br />
Kocher, wünscht sich e<strong>in</strong>e neue Leidenschaft<br />
für Gott. Er bedauere, dass<br />
<strong>die</strong> Kirche sich oft auf Randthemen,<br />
wie Kirchensteuern oder Sexualmoral<br />
e<strong>in</strong>lasse.<br />
Im Mittelpunkt e<strong>in</strong>es weiteren Podiums<strong>ge</strong>sprächs<br />
des Pater-Werenfried-<br />
Jahres<strong>ge</strong>denkens im voll besetzten<br />
Saal des Maternushauses <strong>in</strong> Köln standen<br />
Ursachen und Fol<strong>ge</strong>n des Arabischen<br />
Frühl<strong>in</strong>gs. Hauptgründe der<br />
Umbrüche <strong>in</strong> den Staaten des Nahen<br />
Ostens und Nordafrikas seien vor allem<br />
der Wunsch nach mehr Freiheit<br />
und Würde sowie e<strong>in</strong>em Wechsel der<br />
Regime <strong>ge</strong>wesen, <strong>die</strong> zum Teil seit<br />
40 Jahren regiert hätten, erklärte der<br />
Erzbischof von Algier, Ghaleb Bader.<br />
Gleichzeitig fürchteten <strong>die</strong> Chr<strong>ist</strong>en<br />
<strong>in</strong> der Region, dass sich ihre La<strong>ge</strong><br />
verschlechtere und sie nicht mehr <strong>in</strong><br />
Sicherheit leben könnten. Das Beispiel<br />
der irakischen Chr<strong>ist</strong>en mache<br />
allen Chr<strong>ist</strong>en im Nahen Osten Angst,<br />
Islam im Wandel?<br />
Macht des Faktischen zw<strong>in</strong>gt zum Umdenken<br />
Mit e<strong>in</strong>er „Jahrhundert-Fatwa“ legitimiert der Rat der al-Azhar Religions<strong>ge</strong>lehrten das Recht<br />
auf Widerstand <strong>ge</strong><strong>ge</strong>n den un<strong>ge</strong>rechten Herrscher<br />
D ie1 <strong>ge</strong>sellschaftliche Wirklichkeit<br />
hat <strong>in</strong> der Geschichte des Islam<br />
<strong>die</strong> Ep<strong>ist</strong>emologie 2 der Theolo<strong>ge</strong>n entscheidend<br />
bestimmt. Für den Bereich<br />
1 Hauptmann a.D. Dr. Said alDailami lebt<br />
seit 1989 <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und kommt<br />
<strong>ge</strong>bürtig aus dem Jemen. Zu <strong>die</strong>sem<br />
Thema siehe auch Buchbesprechung<br />
„Erneuerungsdenken <strong>in</strong> der islamischen<br />
Welt“ (Seite 43)<br />
2 Die Erkenntn<strong>ist</strong>heorie oder<br />
Ep<strong>ist</strong>emologie <strong>ist</strong> e<strong>in</strong> Gebiet der<br />
Philosophie, welches sich mit Fra<strong>ge</strong>n<br />
der Art befasst, wie Wissen zustande<br />
kommt<br />
so Bader. Zu Hunderttausenden s<strong>in</strong>d<br />
Chr<strong>ist</strong>en aus dem Irak <strong>ge</strong>flohen, da es<br />
bereits zahlreiche Attentate auf Kirchen<br />
und Chr<strong>ist</strong>en im Land <strong>ge</strong><strong>ge</strong>ben<br />
hat. Mit Blick auf <strong>die</strong> Gewalt <strong>ge</strong><strong>ge</strong>n<br />
Demonstranten <strong>in</strong> Syrien sagte der<br />
maronitische Bischof Samir Mazloum<br />
aus dem Libanon, dass M<strong>in</strong>derheiten,<br />
<strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e sunnitische Muslime seien,<br />
sich davor fürchten, was nach e<strong>in</strong>em<br />
möglichen Ende des Assad-Regimes<br />
käme: Es könnte e<strong>in</strong>e Regierung se<strong>in</strong>,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschenrechte akzeptiere,<br />
aber ebenso gut e<strong>in</strong> politisch noch<br />
stren<strong>ge</strong>res und religiös fundamental<strong>ist</strong>isches<br />
Regime.<br />
Es sei nicht nur e<strong>in</strong> Arabischer<br />
Frühl<strong>in</strong>g, sondern auch e<strong>in</strong> chr<strong>ist</strong>licher<br />
W<strong>in</strong>ter, fasste <strong>die</strong> CDU-Bundestagsab<strong>ge</strong>ordnete<br />
Ute Granold <strong>die</strong> La<strong>ge</strong><br />
der Chr<strong>ist</strong>en <strong>in</strong> der Region zusammen.<br />
Die Leiter<strong>in</strong> des Stephanuskreises –<br />
e<strong>in</strong> Zusammenschluss von Politikern<br />
der CSU/CSU-Bundestagsfraktion, der<br />
sich für den Schutz der Religionsfreiheit<br />
e<strong>in</strong>setzt – sagte, dass Ägypten<br />
nach der Wahl „zu kippen“ drohe. Es<br />
erfülle sie mit Sor<strong>ge</strong>, dass <strong>die</strong> Muslimbruderschaft<br />
als Wahlsie<strong>ge</strong>r hervor<strong>ge</strong>gan<strong>ge</strong>n<br />
sei und <strong>die</strong> radikal islamischen<br />
Salaf<strong>ist</strong>en stark im neuen Parlament<br />
VON SAID ALDAILAMI 1<br />
des Politischen lässt sich <strong>die</strong>se Feststellung<br />
noch viel präziser formulieren:<br />
<strong>die</strong> politische Theologie des Islam<br />
spie<strong>ge</strong>lt nichts anderes wider, als<br />
<strong>die</strong> Reaktion der Gelehrtenschaft auf<br />
<strong>die</strong> politische Realität ihrer Zeit. Bereits<br />
nach dem Mord am vierten Kalifen,<br />
Ali ibn Abi Talib (661 n. Chr.),<br />
sahen sich <strong>die</strong> islamischen Religions<strong>ge</strong>lehrten<br />
(Ulama) <strong>in</strong> der Fol<strong>ge</strong><br />
mit e<strong>in</strong>er dynastischen Herrschaftsform<br />
konfrontiert, <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihrer konkreten<br />
politischen Ausformung den<br />
Idealvorstellun<strong>ge</strong>n e<strong>in</strong>es verantwor-<br />
vertreten seien. Pater Dr. Andrzej Halemba,<br />
Länderreferent für den Nahen<br />
Osten bei „Kirche <strong>in</strong> Not“, berichtete<br />
von zunehmender Gewalt <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüber<br />
Chr<strong>ist</strong>en, vor allem im Irak. Gleichzeitig<br />
<strong>ist</strong> er dennoch überzeugt, dass der<br />
Arabische Frühl<strong>in</strong>g auch Hoffnung für<br />
<strong>die</strong> Chr<strong>ist</strong>en <strong>in</strong> der Region bedeuten<br />
könne, denn es <strong>ge</strong>be viele moderate<br />
Muslime sowie Treffen und Kooperationen<br />
von muslimischen und chr<strong>ist</strong>lichen<br />
Ge<strong>ist</strong>lichen.<br />
Das Pater-Werenfried-Jahres<strong>ge</strong>denken<br />
am 4.02.12 begann mit e<strong>in</strong>em<br />
Gottes<strong>die</strong>nst mit Joachim Kard<strong>in</strong>al<br />
Meisner im Kölner Dom, zu dem sich<br />
trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt<br />
rund 1.000 Gläubi<strong>ge</strong> versammelt<br />
hatten. In se<strong>in</strong>er Predigt würdigte<br />
der Kölner Erzbischof <strong>die</strong> Ver<strong>die</strong>nste<br />
se<strong>in</strong>es Weg<strong>ge</strong>fährten Pater Werenfried<br />
van Straaten. Der Gründer von „Kirche<br />
<strong>in</strong> Not“ habe nicht nur Geld und Gaben<br />
<strong>ge</strong>sammelt, sondern vor allem auch <strong>die</strong><br />
Anlie<strong>ge</strong>n und Sor<strong>ge</strong>n der Menschen.<br />
Damit habe das Hilfswerk se<strong>in</strong>en Status<br />
quo und <strong>die</strong> „<strong>in</strong>nere Schwungkraft“,<br />
das Gebet, <strong>ge</strong>funden, <strong>die</strong> es<br />
auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> Zukunft tra<strong>ge</strong>n werde.<br />
Pressemitteilung „Kirche <strong>in</strong> Not“<br />
vom 6. Februar 2012<br />
tungsvollen und <strong>ge</strong>rechten Umgangs<br />
des Herrschers mit der islamischen<br />
Geme<strong>in</strong>schaft (umma) widersprach.<br />
Ihre Legitimität bezo<strong>ge</strong>n <strong>die</strong>se Dynastien<br />
dennoch <strong>in</strong> den me<strong>ist</strong>en Fällen<br />
aus den religiösen Quellen des Islam.<br />
Mit Verweis auf e<strong>in</strong>en Ausspruch des<br />
Propheten Muhammad (hadith), <strong>die</strong><br />
Gelehrten seien <strong>die</strong> Erben der Propheten,<br />
haben e<strong>in</strong>zelne Gelehrte im<br />
Verlauf der islamischen Geschichte<br />
den Versuch unternommen, <strong>die</strong><br />
Machthaber daran zu er<strong>in</strong>nern, dass<br />
alle<strong>in</strong> sie als Gelehrte <strong>die</strong> Deutungs-<br />
22 AUFTRAG 285 • APRIL 2012