Salzgitter Flachstahl GmbH: Feuer und Flamme für TPM ... - CETPM

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16.01.2013 Aufrufe

YOKOTEN Magazin für Operational Excellence und Best Practice Sharing 05/2012 Salzgitter Flachstahl GmbH: Feuer und Flamme für TPM Lean & TPM hautnah: Die Dinge steuern mit Kanban Stadtreinigung Zürich: Gerätepark tipptopp mit Kaizen 1

YOKOTEN<br />

Magazin <strong>für</strong> Operational Excellence <strong>und</strong> Best Practice Sharing 05/2012<br />

<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>:<br />

<strong>Feuer</strong> <strong>und</strong> <strong>Flamme</strong> <strong>für</strong> <strong>TPM</strong><br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah:<br />

Die Dinge steuern mit Kanban<br />

Stadtreinigung Zürich:<br />

Gerätepark tipptopp mit Kaizen<br />

1


Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />

2<br />

Herzlich Willkommen<br />

die Sommerpause neigt sich dem Ende zu. Wir hoffen, dass Sie Gelegenheit<br />

hatten, Ihre Akkus neu aufzuladen <strong>und</strong> sich nun wieder mit Elan <strong>und</strong><br />

Begeisterung der kontinuierlichen Verbesserung zuwenden können.<br />

In dieser Ausgabe von Yokoten stellen wir Ihnen das Referenzmodell<br />

<strong>für</strong> Operational Excellence, eine Weiterentwicklung des klassischen<br />

<strong>TPM</strong>-Hauses, vor. In den künftigen Ausgaben werden wir in einer Serie<br />

die einzelnen Säulen beleuchten.<br />

<strong>TPM</strong> ist nicht nur in der klassischen Produktion hilfreich. Auch Einsatzorte<br />

mit hohen Temperaturen können durch <strong>TPM</strong> optimiert werden, wie<br />

das Beispiel der <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> zeigt. Und die Stadtreinigung<br />

Zürich bringt mit <strong>TPM</strong> ihren Fuhrpark auf Vordermann, um so noch<br />

besser <strong>für</strong> Sauberkeit in der Stadt zu sorgen. Ein Schwerpunktthema<br />

dieser Ausgabe ist Kanban, das aus Sicht von Experten beleuchtet wird.<br />

Unser Pflänzchen, das Yokoten-Magazin, wächst <strong>und</strong> gedeiht. Die<br />

Zahl der Abonnenten steigt kontinuierlich. Und wir freuen uns über<br />

das starke Interesse von Unternehmen, die ihre Erfolge mit unseren<br />

Lesern teilen - ganz im Sinne von Yokoten, was ja bedeutet „Teilen der<br />

besten Beispiele“.<br />

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr<br />

Prof. Dr. Constantin May<br />

Herausgeber Yokoten<br />

<strong>TPM</strong>-/Lean-Begriffe unter der Lupe<br />

Lean-/<strong>TPM</strong>-Begriffe<br />

unter der Lupe:<br />

Poka Yoke<br />

Der japanische Begriff Poka Yoke steht <strong>für</strong> die Vermeidung von versehentlichen<br />

Fehlern. Die Idee, die Entstehung solcher Fehler schon<br />

während des Arbeitsprozesses zu verhindern, wurde entwickelt von<br />

dem japanischen Ingenieur Shigeo Shingo, der an der Entwicklung<br />

des Toyota Produktionssystems beteiligt war. Der Ursprung <strong>für</strong> das<br />

Poka-Yoke-System lag in der statistischen Qualitätskontrolle. Shingo<br />

stellte fest: „Fehler entstehen in der Arbeitsphase, <strong>und</strong> Kontrollen<br />

können nichts anderes bewirken, als die Fehler zu finden.“ Hier einige<br />

Beispiele wie mit Poka Yoke Fehler vermieden werden:<br />

Prüfmethoden verhindern, dass notwendige Arbeitsschritte übersprungen<br />

werden. Mögliche Fehlerquellen werden beseitigt. Formcodierungen<br />

bei Steckverbindungen verhindern die falsche Montage.<br />

„Pick by Light“ beugt Fehlern beim Kommissionieren vor. Bei komplexen<br />

Produkten muss jedes Bauteil vor dem Einbau per Barcode- oder<br />

RFID-Scan freigegeben werden. Zählvorrichtungen bei Akkuschraubern<br />

gewährleisten, dass in einem Arbeitsvorgang alle Schrauben<br />

befestigt wurden.<br />

Foto Titelseite: <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>


Abb. 1: Die acht Bausteine von <strong>TPM</strong> im Operational Excellence Reference Modell<br />

Operational Excellence<br />

Vom <strong>TPM</strong>-Haus zum Referenzmodell <strong>für</strong> Operational Excellence<br />

Was ist eigentlich das <strong>TPM</strong>-Haus? Es erscheint in unterschiedlichen Größen <strong>und</strong> Ausführungen. Unternehmen<br />

passen das <strong>TPM</strong>-Haus individuell auf ihre Gegebenheiten an. Das klassische <strong>TPM</strong>-Haus wurde im Laufe der<br />

Jahre immer weiter entwickelt <strong>und</strong> besteht derzeit aus acht Säulen. Daraus entstand das Referenzmodell <strong>für</strong><br />

Operational Excellence, das neben den Säulen die Basis, Methoden <strong>und</strong> Zielsetzungen umfasst.<br />

Die acht <strong>TPM</strong>-Säulen bilden die zentralen Bausteine<br />

des Operational Excellence Referenz-Modells. Sie<br />

dienen als Strukturrahmen <strong>für</strong> die vielfältigen Aktivitäten,<br />

die beim Streben nach Operational Excellence<br />

zu entfalten sind. Im Einzelnen sind dies:<br />

1. Zielgerichtete, kontinuierliche Verbesserung<br />

2. Autonome Instandhaltung<br />

3. Geplante Instandhaltung<br />

4. Kompetenzmanagement<br />

5. Anlaufmanagement<br />

6. Qualitätserhaltung<br />

7. <strong>TPM</strong> in administrativen Bereichen<br />

8. Arbeitssicherheit, Umwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />

Innerhalb dieser Bausteine ist es hilfreich, den Grad<br />

der Zielerreichung mit jeweils zwei bis drei Kennzahlen<br />

zu verfolgen. Die sechs Zielkategorien sind<br />

im Dach des Hauses als PQCDSM dargestellt. Die<br />

Buchstaben stehen im einzelen <strong>für</strong>: Produktivität (P),<br />

Qualität (Q), Kosten (C steht <strong>für</strong> „Cost“), Lieferservice<br />

(D steht <strong>für</strong> „Delivery“), Sicherheit, Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />

<strong>und</strong> Umwelt (S) <strong>und</strong> Motivation (M).<br />

Übergeordnete Ziele, sogenannte Meta-Ziele, sind<br />

K<strong>und</strong>enzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit,<br />

5S, N5W, Pull<br />

Anteilseigner- bzw. Inhaberzufriedenheit sowie verantwortungsvolles<br />

Handeln gegenüber der Umwelt<br />

<strong>und</strong> der Gesellschaft. Zur Erreichung dieser Ziele<br />

bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungsweise<br />

<strong>und</strong> einer nachhaltigen Vorgehensweise.<br />

Übergeordnete Perspektive<br />

Operational Excellence bildet ein übergeordnetes<br />

System um sämtliche Verluste <strong>und</strong> Verschwendungen<br />

zu erkennen <strong>und</strong> zu vermeiden, wie z.B. Unfälle,<br />

Ausfälle <strong>und</strong> Störungen jeglicher Art. Basis dazu ist<br />

ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der alle<br />

Unternehmensbereiche, also z.B. auch Entwicklung,<br />

Vertrieb <strong>und</strong> Verwaltung umfasst. Dazu bedarf es<br />

einer funktionsübergreifenden, interdisziplinären<br />

Teamarbeit. Operational Excellence mobilisiert das<br />

gesamte Wissen <strong>und</strong> Können aller Mitarbeiter <strong>und</strong><br />

erfordert das umfassende Engagement aller Betroffenen<br />

<strong>und</strong> Beteiligten. Besonders wichtig ist die volle<br />

Hingabe, das Vorleben <strong>und</strong> die Unterstützung der<br />

Führungskräfte auf allen Ebenen.<br />

In den folgenden Ausgaben von Yokoten stellen wir<br />

die einzelnen Säulen <strong>und</strong> Methoden des Referenzmodells<br />

<strong>für</strong> Operational Excellence vor.<br />

!"#$%&'()#*+$&$,-$+. !"/$%.'()#*+$&$,-$+.<br />

Six Sigma<br />

Lean<br />

Management<br />

Basis:<br />

Verp�ichtung des Managements, Hoshin Kanri, Genba Kanri<br />

Eigenverantwortung aller Mitarbeiter, funktionsübergreifende<br />

Teamarbeit, Standardisierung, Visualisierung, ...<br />

Produktionssysteme<br />

...<br />

SMED, VSM,<br />

PM-Analyse<br />

3


Katrin Franke <strong>und</strong> Barbara Ölschleger berichten<br />

Interessantes, Wissenswertes <strong>und</strong> Hilfreiches<br />

aus der <strong>TPM</strong>- <strong>und</strong> Lean-Szene. Beide sind Japan<strong>und</strong><br />

TPS (Toyota Production System)-Expertinnen.<br />

Durch ihre langjährige Praxiserfahrung als<br />

Übersetzerinnen <strong>und</strong> Beraterinnen r<strong>und</strong> um die<br />

japanische Managementphilo sophie Kaizen<br />

(www.tpm-ag.biz) haben sie viele interessante<br />

Geschichten <strong>und</strong> Informationen parat.<br />

Die <strong>TPM</strong>-AG: Barbara Ölschleger <strong>und</strong> Katrin Franke<br />

Siegeszug einer kleinen Karte<br />

von Katrin Franke<br />

Japan in den späten Vierzigern des vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts: In den USA arbeiteten in Fords Vorzeigewerk<br />

„Ford Highland Park“ schier endlose Reihen<br />

von Pressen <strong>und</strong> spuckten immense Mengen von Karosserieteilen<br />

aus. Zeitgleich begannen in Japan Eiji<br />

Toyoda <strong>und</strong> sein Mitstreiter Taiichi Ohno mit einem<br />

halben Dutzend Pressen eine schlanke Fließproduktion<br />

aufzubauen, die heute noch Vorbildcharakter<br />

hat. Geschuldet war dies äußeren Zwängen: Als Verlierermacht<br />

nach dem Krieg, bei Materialknappheit<br />

in einem rohstoffarmen Land wettbewerbsfähige<br />

Automobile herzustellen – was <strong>für</strong> eine Vision!<br />

Die Notwendigkeit, mit Material sehr sparsam umzugehen<br />

<strong>und</strong> über die gesamte Prozesskette Bestand zu<br />

vermeiden <strong>und</strong> deshalb nicht zu früh zu ordern, führte<br />

zur flächendeckenden Einführung der „Kanban“.<br />

Wörtlich mit Schild oder Tafel übersetzbar, stammte<br />

dieser Begriff aus dem japanischen Alltag <strong>und</strong> war<br />

bereits den Mitarbeitern der Toyoda-Webstuhlfabrik,<br />

Aus dem (<strong>TPM</strong>-)Leben<br />

An einer Maschine, bei der die Anzahl der Werker von drei auf zwei<br />

reduziert werden sollte, traten durch die mangelhafte Qualität<br />

des verwendeten Materials immer wieder Stillstände <strong>und</strong> Kurzstörungen<br />

auf. Dadurch war es unmöglich, <strong>für</strong> diese Maschine eine<br />

standardisierte Arbeit zu definieren. Scherzhafter Kommentar des<br />

japanischen Beraters: Sollen wir die Kurzstillstände standardisieren?<br />

4<br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />

Prozesse im Griff durch Kanban-Steuerung Foto: www.weigang.de<br />

aus der später Toyota Motors Corp. entstand, vertraut.<br />

Wie viele Teile müssen von wo nach wo <strong>und</strong><br />

vor allem wann genau transportiert werden? Wann<br />

muss ich meine Maschine umrüsten? Zu welchem<br />

Zeitpunkt fange ich mit der Produktion an? Was<br />

hat der Nachfolgeprozess wirklich verbraucht? Ist<br />

der Produktionsprozess ins Stocken geraten? Vieles<br />

lässt sich von einem Kanban ablesen, ohne dass<br />

es besonderer Ausbildung bedarf. Inzwischen hat<br />

das Kanban seinen Siegeszug angetreten <strong>und</strong> sich<br />

sogar in den Fremdsprachen als Begriff „Kanban“<br />

behauptet. „Kanban-Karte“ ist übrigens eine Dopplung,<br />

die sich bei uns als selbsterklärender Begriff<br />

eingebürgert hat.<br />

Kanban heißt: Pull statt Push<br />

Taiichi Ohno arbeitete besonders intensiv an den<br />

Kanban-Abläufen. Er hatte bekanntermaßen ein<br />

besonderes Auge darauf, dass in allen Prozessen<br />

nach Pull-Prinzip nur dann Material geliefert wird,<br />

wenn eine Kanban-Karte den Bedarf anzeigte. Eine<br />

Geschichte dazu erzählt Chihiro Nakao, ein Mitstreiter<br />

Ohnos, der viele Jahre als Berater international<br />

tätig war: Als Taiichi Ohno eines Tages einen Mitarbeiter<br />

beobachtete, der nachlässig einen Behälter<br />

Material ohne Kanban vom vorgelagerten Prozess<br />

abgriff, donnerte er: „Wer bist Du <strong>und</strong> wo kommst<br />

Du her? Wie kommst Du dazu, zu glauben, Du hättest<br />

irgendein Recht, dieses Material hier anzufordern?<br />

Zeig mir Deine Kanban!“ Eine Kanban-Karte, so wird<br />

auch heute noch bei Toyota gelehrt, ist ein geldwertes<br />

Papier <strong>und</strong> als solches zu behandeln. Ich habe<br />

sogar Kanban-Karten gesehen, auf denen der Wert<br />

der damit abrufbaren Teile vermerkt war.<br />

Kanban-Demokratie<br />

In japanischen Quellen wie auch bei John Shook<br />

stößt man auf den von Ohno geprägten Begriff der<br />

Kanban-Demokratie, den er wie folgt erklärt: Egal


wem von all diesen unterschiedlichen Menschen<br />

ich den Auftrag erteile, er produziert nur, was auf<br />

dieser Kanban-Karte steht. Die Kanban-Karte sagt<br />

uns, wie viel von einem Teil zum jetzigen Zeitpunkt<br />

verbraucht wird… Nur, was auf der Kanban-Karte<br />

steht, ist Realität. Das ist Kanban-Demokratie. Die<br />

Kanban-Demokratie muss eingehalten werden.<br />

Der Begriff Kanban-Demokratie impliziert jedoch,<br />

dass eine Reaktion (Diskussion) auf der Basis dieser<br />

Kritik durchaus im Sinne des Kritikers ist (s. auch<br />

J.Shook „Toyota Shiki A3 Purosesu de shijikaikaku“ ,<br />

Nikkan Kougyou Shinbunsha 2010 oder „Managing<br />

to Learn“ engl. Ausgabe).<br />

Nachdem die Anwendung der Kanban, bedingt<br />

durch Produktvielfalt, zahlreiche vorgeschaltete<br />

Prozesse <strong>und</strong> Lieferanten, immer komplexer wurde,<br />

schrieb Taiichi Ohno das Kanban-System 1978 <strong>für</strong><br />

Schulungszwecke fest. „ Das Kanban ist das „Just“ in<br />

„Just-In-Time“ schreibt er.<br />

Eine Geschichte, die ich selbst in einem Werk der<br />

Toyota-Gruppe erlebt habe, hätte Ohno sicherlich<br />

zufrieden schmunzeln lassen: In diesem Werk gab<br />

es eine ältere Dame, die mit einem Einkaufswagen<br />

die Kanban-Karten aus der Montage einsammelte.<br />

Man nannte sie nur die „Kanban-Oma“. Sie hatte die<br />

Aufgabe, diese Kanban-Karten zum „Kanban-Tower“<br />

(Steuerungsbüro) zu bringen. Die Dame nahm ihre<br />

Aufgabe sehr ernst. Sie hielt auf die Minute genau<br />

an den Kanban-Briefkästen. Ein „junger Sp<strong>und</strong>“,<br />

der seine Karten leicht verschmutzt <strong>und</strong> mit umgeknickten<br />

Ecken noch schnell in den Briefkasten warf,<br />

musste die Karten nach einer ausgiebigen Schimpfkanonade<br />

der „Kanban-Oma“ wieder entnehmen,<br />

putzen <strong>und</strong> dann persönlich zum „Kanban-Tower“<br />

bringen. Verantwortung, Sorgfalt <strong>und</strong> Achtsamkeit<br />

sind Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> das Kanban-System ebenso<br />

wie <strong>für</strong> alle Verbesserungsmethoden.<br />

Kanban-Regal mit One-Point-Lessons zur Anwendung<br />

Kanban<br />

Kanban in der Praxis<br />

von Barbara Ölschleger<br />

Man nehme ein Stück Papier, schreibe notwendige<br />

Informationen wie Stückzahl, Artikelnummer<br />

etc. darauf, füge einen ordentlichen Schuss Disziplin<br />

hinzu <strong>und</strong> lasse diesen Zettel zwischen Prozessen<br />

oder Zulieferern kreisen ... <strong>und</strong> bekommt<br />

so eines der effektivsten <strong>und</strong> effizientesten bestandsorientierten<br />

Steuerungssysteme: Kanban.<br />

Dass es nicht ganz so einfach ist, musste schon<br />

Taiichi Ohno bei der Einführung dieses Systems<br />

bei Toyota vor mehr als 60 Jahren erkennen. Den<br />

anfänglichen Widerstand – sowohl im eigenen<br />

Werk als auch bei den Zulieferern – konnte er<br />

nur durch den Nachweis des Nutzens brechen.<br />

Kanban erlebt in der westlichen Welt seit einigen<br />

Jahren einen neuen Boom. Und es lohnt sich,<br />

einen Blick auf diese einfache, aber wirksame<br />

Steuerungsmethode zu werfen.<br />

Bei der einfachsten Form werden auf einer Karte<br />

die notwendigen Informationen eingetragen.<br />

Dazu gehören Benennung des Teils, Artikelnummer,<br />

Barcode, Teile pro Behälter, Anzahl der<br />

im Umlauf befindlichen Kanbans, Behältertyp,<br />

mit dem die Teile transportiert werden, sowie<br />

Bezeichnung der Prozesse, zwischen denen die<br />

Kanban hin- <strong>und</strong> her gehen <strong>und</strong> Stellplatz des<br />

Behälters. Zu empfehlen ist auch eine Abbildung<br />

des Bauteils oder die Angabe der Farbe<br />

des Artikels.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich werden bei Toyota zwei Hauptgruppen<br />

von Karten unterschieden: Die Produktions-Kanban,<br />

mit der die Produktion angestoßen<br />

wird, <strong>und</strong> die Beschaffungs-Kanban, mit<br />

der eine Bestellung (bei einem Zulieferer oder<br />

dem vorgelagerten Prozess) ausgelöst wird.<br />

Wußten Sie schon…<br />

…dass der erste betriebliche Verbesserungsvorschlag<br />

1898 in den USA bei Eastman Kodak eingebracht<br />

wurde? Die Idee, die Fenster zu putzen,<br />

<strong>und</strong> damit einen helleren Arbeitsplatz zu gestalten,<br />

wurde damals mit 2 US Dollar prämiert. In Japan<br />

tauchten die ersten Verbesserungsvorschläge 1905<br />

bei Kanebo auf. Seinen durchschlagenden Erfolg<br />

erzielte das Betriebliche Vorschlagwesen jedoch<br />

erst nach dem zweiten Weltkrieg. Der Unterschied<br />

zwischen japanischen <strong>und</strong> westlichen Verbesserungsvorschlägen<br />

liegt vor allem darin, dass<br />

japanische eher auf die Verbesserung des eigenen<br />

Arbeitsplatzes gerichtet sind <strong>und</strong> westliche den<br />

Kostenfaktor stärker betonen.<br />

55


Büromateriallager im CE<strong>TPM</strong>-Lehrbüro: Mit Kanban werden hohe Bestände<br />

vermieden <strong>und</strong> rechtzeitiger Nachschub gesichert.<br />

6<br />

Kanban - mehr als nur Karten<br />

Im Laufe der Zeit entstanden die Signal-Kanban <strong>für</strong><br />

eine oft wiederkehrende Produktion in Losgrößen<br />

<strong>und</strong> die Transport-Kanban. Neben der Art der Kanban<br />

gibt es <strong>für</strong> die Form selber einige Varianten: Waren<br />

es anfangs wirklich nur Karten, so sind es heute oft<br />

Behälter, die als Kanban bezeichnet werden. Und<br />

mit dem Fortschritt elektronischer Systeme gibt es<br />

inzwischen eKanbans. Hier wird der Materialfluss<br />

hauptsächlich mit Barcodes <strong>und</strong> elektronischen<br />

Nachrichten gesteuert <strong>und</strong> auf den Einsatz von<br />

physischen Mitteln weitgehend verzichtet. Es stehen<br />

auch Apps <strong>für</strong> iPad <strong>und</strong> Co. zur Verfügung, um<br />

Kanbans mit diesen mobilen Geräten zu verwalten<br />

<strong>und</strong> zu bearbeiten.<br />

Kanban versus IT<br />

Hat Kanban als Instrument aus den Anfängen der<br />

modernen Produktion überhaupt eine Chance gegen<br />

hochkomplexe MRP- oder ERP-Systeme wie sie<br />

heute weit verbreitet sind? Es spricht einiges da<strong>für</strong>.<br />

Die verwendeten Informationen werden nahe am<br />

Gemba (Ort des Geschehens) erfasst, verarbeitet<br />

<strong>und</strong> eingesetzt. Es kommt dadurch zu einer Dezentralisierung,<br />

die <strong>für</strong> Transparenz <strong>und</strong> geringere<br />

Störanfälligkeit sorgt. Experten diskutieren häufig<br />

darüber, ob Kanban bei hoher Variantenvielfalt <strong>und</strong><br />

hohen Schwankungen in der Produktion eingesetzt<br />

werden kann. Toyota zum Besipiel steuert Exoten,<br />

Normteile, Teile mit hoher Änderungsfrequenz <strong>und</strong><br />

Großteile (Sequenzsteuerung) nicht mit Kanban.<br />

Die Annahme, Kanban sei nicht geeignet bei großen<br />

Schwankungen, sollte man näher betrachten.<br />

Das bedeutet nämlich, dass Schwankungen nicht<br />

als Verschwendung erkannt <strong>und</strong> abgebaut werden.<br />

Dabei liegt gerade hier die Chance, durch den Einsatz<br />

von Kanban Verschwendung zu eliminieren:<br />

Kanban-Steuertafel in einem Montagebereich. Direkt an Gemba<br />

herrscht Transparenz <strong>für</strong> alle.<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> einen gut funktionierenden<br />

Kanban-Kreislauf sind durch die Produktionsplanung<br />

geglättete Prozesse (Heijunka).<br />

Meist ist die Einführung eines Kanbansystems an<br />

das Bestreben, Bestände zu reduzieren, gekoppelt.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, sollten folgende Regeln<br />

beachtet werden:<br />

1. Es wird nur vom vorgelagerten Prozess nachbestellt,<br />

was tatsächlich verbraucht wurde.<br />

2. Der vorgelagerte Prozess produziert nur die<br />

durch die Kanban entnommenen Teile in der<br />

Reihenfolge wie diese entnommen wurden.<br />

3. Ohne Kanban wird weder produziert noch transportiert.<br />

4. Die Kanbaneinheit (Karte, Behälter ...) wird tatsächlich<br />

bewegt.<br />

5. Ausschuss wird nicht an den Nachfolgeprozess<br />

weitergeleitet.<br />

6. Die Anzahl der Kanbaneinheiten wird ständig<br />

reduziert.<br />

Besonders der letzte Punkt wird oft übersehen. Es<br />

existieren zahlreiche Formeln <strong>und</strong> EDV-Programme,<br />

um die Anzahl der notwendigen Karten bei der Einführung<br />

von Kanban zu berechnen. Bei vielen dieser<br />

Formeln ist von Sicherheitsbeständen (Umlaufbeständen)<br />

zwischen den Produktionsprozessen die<br />

Rede. Bezeichnend ist, dass solche Umlaufbestände<br />

(Work in Process, WiP) in Japan nur als letztes Mittel<br />

eingesetzt werden, um Schwankungen aufzufangen.<br />

Die Anzahl der Kanban <strong>und</strong> damit von WiP ist in Japan<br />

Gegenstand ständiger Verbesserungsaktivitäten.<br />

Damit ist Kanban ein echtes Lean-Werkzeug. Obwohl<br />

die Idee, die hinter Kanban steckt, relativ einfach ist,<br />

erweist es sich oft als schwierig, das System in der Pra-


xis umzusetzen. Die Einführung von Kanban besteht<br />

nicht einfach nur aus beschriebenen bunten Karten<br />

oder Zetteln. Vielmehr steckt dahinter eine völlig<br />

neue Produktionsphilosophie – die Umstellung von<br />

schiebend (push) auf ziehend (pull). Oftmals wird<br />

die Pflege des Kanban-Systems (z.B. die ständige<br />

Anpassung der Kartenzahl an den K<strong>und</strong>enbedarf<br />

Wir stellen vor: Taiichi Ohno<br />

Um kaum einen anderen Mann aus der Produktion<br />

kursieren so viele Episoden <strong>und</strong> Geschichten wie um<br />

Taiichi Ohno. Die wohl bekannteste Anekdote ist die<br />

vom Kreidekreis, den er vor einer Maschine aufmalte<br />

<strong>und</strong> dem zuständigen Bereichsleiter befahl: Du stellst<br />

Dich jetzt <strong>für</strong> eine Weile in diesen Kreis <strong>und</strong> sagst mir<br />

hinterher, was Du gesehen hast! Ohno galt als laut<br />

<strong>und</strong> sehr präsent im Auftreten <strong>und</strong> als heißblütiger<br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />

<strong>und</strong> die Reduzierung der Karten nach Verbesserungsaktivitäten,<br />

die eine Bestandsreduzierung bewirken)<br />

stark vernachlässigt. Das hat zur Folge, dass der<br />

gewünschte Effekt meistens ausbleibt. Viele geben<br />

dann das System mit den Worten „Bei uns funktioniert<br />

so was eben nicht…“ wieder auf. Kanban erfordert<br />

auf allen Ebenen einen h<strong>und</strong>ertprozentigen Einsatz.<br />

Toyota stellt die unterschiedlichen Arten des Kanban grafisch dar: Beschaffungskanban (links) <strong>und</strong> Produktionskanban (rechts).<br />

Quelle: www.toyota.co.jp/jpn/company/vision/production_system/just.html<br />

„Kniet Euch rein<br />

<strong>und</strong> gebt nicht auf,<br />

wenn Ihr etwas<br />

begonnen habt.<br />

Sonst wird es Euch<br />

zur Gewohnheit<br />

werden, Dinge unerledigt<br />

zu lassen.“<br />

Taiichi Ohno<br />

Foto: Toyota<br />

Kämpfer <strong>für</strong> das Ideal, das er selbst entwarf: die<br />

Just-in-Time-Produktion. 1912 in der Mandschurei<br />

geboren, absolvierte er an der technischen Universität<br />

Aichi ein Studium im Maschinenbau <strong>und</strong> bekam<br />

eine Anstellung bei Toyoda Loom Chairs Co.Ltd.,<br />

dem Betrieb, aus dem kurze Zeit später die heutige<br />

Toyota Motors Corp. entstand. Bald arbeitete er Seite<br />

an Seite mit Eiji Toyoda an der Verbesserung der<br />

Produktionsabläufe. 1978 erschien sein Buch „Das<br />

Toyota Produktionssystem“, in dem er in einfacher<br />

Sprache <strong>und</strong> sehr überzeugend die Philosophie, die<br />

Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> die Verbesserungswerkzeuge des<br />

TPS beschreibt. Dass dieses Buch Pflichtlektüre an<br />

den japanischen Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen ist,<br />

versteht jeder, der es selbst gelesen hat.<br />

Taiichi Ohno starb 1990. Seine engsten Mitstreiter<br />

verließen kurz nach seinem Tod das Unternehmen,<br />

um als Berater die Ideen von Just-in-Time, Fließfertigung<br />

<strong>und</strong> Pull-Prinzip in die Welt zu tragen.<br />

7


Es begann vor zweieinhalb Jahren: Michael Ultsch<br />

wurde bei ERZ Entsorgung + Recycling Zürich Leiter<br />

des Geschäftsbereichs Stadtreinigung. Von seinem<br />

vorherigen Arbeitgeber, der SR Technics war er<br />

eine systematische Vorgehensweise gewohnt. Er<br />

erkannte bald das Optimierungspotenzial in den<br />

Prozessen der Stadtreinigung <strong>und</strong> dem Parkdienst<br />

des Fuhrparkes. Zunächst erntete er Skepsis bei<br />

den Mitarbeitenden als er mithilfe eines externen<br />

Beraters begann, die Teams dazu anzuleiten, mit<br />

5S eine Basis-Ordnung in den Werkhöfen <strong>und</strong> den<br />

Stützpunkten der Stadtreinigung zu schaffen. Es<br />

gibt insgesamt drei Werkhöfe <strong>und</strong> zwölf Stützpunkte.<br />

Begonnen wurde an den drei Werkhöfen. Die<br />

Kaizenphilosophie war neu <strong>für</strong> die Mitarbeitenden.<br />

Zögerlich wurde begonnen, systematisch Ordnung<br />

8<br />

<strong>TPM</strong>/Kaizen jenseits der Produktion<br />

Tipptopp: Kaizen bei der Stadtreinigung<br />

Stadtreinigung von Zürich bringt Gerätepark auf Vordermann<br />

Kaizen, Lean, <strong>TPM</strong>... die Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung ist in vielen Produktionsbetrieben integraler<br />

Bestandteil, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Den Beweis, dass die tägliche Jagd nach Verlusten <strong>und</strong><br />

Verschwendung auch jenseits der Fabrikhallen funktioniert, liefert die Stadtreinigung Zürich. Zu verdanken<br />

ist dies in hohem Maße dem Geschäftsbereichsleiter Michael Ultsch, der zuvor bei der Firma SR Technics die<br />

Kaizen-Philosophie kennen- <strong>und</strong> schätzen gelernt hatte.<br />

Gr<strong>und</strong>reinigung im Sinne von „Reinigen ist prüfen“ als Ausgangsbasis<br />

<strong>für</strong> einen intakten Fuhrpark <strong>und</strong> schnellen Zugriff<br />

Die Stadtreinigung Zürich<br />

Alle Dienstleistungen dienen der Sauberkeit <strong>und</strong> der Förderung<br />

der Lebensqualität in der Stadt Zürich. Fast r<strong>und</strong> um<br />

die Uhr reinigen mehr als 215 Mitarbeitende 770 Kilometer<br />

öffentliche Straßen, 1100 Kilometer Fußwege <strong>und</strong> alle Haltestellen<br />

der Zürcher Verkehrsbetriebe. Sie säubern sowohl<br />

Tunnel als auch Personenunterführungen in der Stadt <strong>und</strong><br />

pflegen sogar den Zürichsee, die Limmat sowie zahlreiche<br />

Bäche. Die Stadtreinigung hält auch die öffentlichen Parks<br />

sauber <strong>und</strong> rückt Graffiti zu Leibe.<br />

Mit 8 Mio. m² hat der öffentliche Gr<strong>und</strong> die Fläche von 1000<br />

Fußballplätzen. Die Stadtreinigung sammelt jährlich r<strong>und</strong><br />

9300 t Wischgut, das Gewicht des Eiffelturms. R<strong>und</strong> 20 % des<br />

Wischguts wird wiederverwertet.<br />

Eine klare Kennzeichung vereinfacht die Wartung der Geräte.<br />

Nachfragen entfallen, jeder kann mitanpacken<br />

zu schaffen, Geräte <strong>und</strong> Werkzeuge zu reinigen, zu<br />

sortieren <strong>und</strong> durch visuelles Management die Wartung<br />

zu vereinfachen. Ziel ist es, dass bis Ende 2012<br />

alle Werkhöfe mit 5S eine Ausgangsbasis <strong>für</strong> weitere<br />

Optimierungen geschaffen haben. Die Startschwierigkeiten<br />

wurden aber sehr schnell überw<strong>und</strong>en.<br />

Heute ist das System beim Personal anerkannt. Kleine<br />

Stützpunkte werden vor Ort von der Belegschaft, mit<br />

Unterstützung der Koordinatoren, sehr professionell<br />

<strong>und</strong> funktional eingerichtet. Das Resultat spricht <strong>für</strong><br />

sich. Frisch eingerichtet <strong>und</strong> mit Farbe aufgewertet<br />

sind die Lokalitäten der Stadtreinigung Zürich heute<br />

wieder exemplarische Vorzeige-Arbeitsplätze.<br />

Neuland <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />

Um die Kaizen-Philosophie erfolgreich <strong>und</strong> dauerhaft<br />

zu verankern, finden regelmäßig Schulungen<br />

der Mitarbeitenden statt. Viel Wert wird dabei auf<br />

die praktische Ausbildung direkt vor Ort gelegt.<br />

Unterstützung bei der Mitarbeiterschulung <strong>und</strong> den<br />

5S-Aktionen erfahren die Teams der Stadtreinigung<br />

durch Alexander Grombach vom CE<strong>TPM</strong>. „Es ist spannend,<br />

da Kaizen auf diesem Gebiet <strong>für</strong> beide Parteien<br />

Neuland ist“ erzählt Michael Ultsch. Von Vorteil sei es,<br />

dass Alexander Grombach die Sprache seiner Leute<br />

spreche <strong>und</strong> sich in dem handwerklichen Umfeld<br />

bestens auskenne. „Die Menschen vor Ort erfahren<br />

eine optimale Mischung aus Theorie <strong>und</strong> praktischer


Alexander Grombach (Mitte) hat an der Herausforderung „Kaizen<br />

bei der Stadtreinigung“ ebenso viel Spaß wie die Mitarbeitenden<br />

Umsetzung“ betont er. Alexander Grombach verstehe<br />

es, Wissen <strong>und</strong> Motivation zu vermitteln ohne zu<br />

belehren. Das komme bei seinen Mitarbeitenden<br />

gut an. Als erfahrener Kaizen-Coach <strong>und</strong> -Trainer ist<br />

Alexander Grombach begeistert von den Möglichkeiten,<br />

die sich in dem <strong>für</strong> ihn ungewohnten Umfeld<br />

eröffnen. „Mit viel Begeisterung haben sich die Teams<br />

an die Arbeit gemacht <strong>und</strong> gereinigt, aussortiert, neu<br />

geordnet <strong>und</strong> beschriftet“ freut er sich.<br />

Fahrzeuge schneller einsatzbereit<br />

Erstes deutliches Ergebnis ist laut Michael Ultsch,<br />

dass die Rüstzeit der Reinigungsfahrzeuge, bevor<br />

sie morgens um 7 Uhr ausrücken, von ursprünglich<br />

ca. 20 Minuten auf ca. 10 Minuten reduziert wurde.<br />

Betriebsdaten werden manuell erfasst, darum sei es<br />

schwierig, weitere konkrete Ergebnisse im Minuten-<br />

takt zu beziffern. Fühl- <strong>und</strong> sichtbar seien die neu entstandenen<br />

Ordnungssysteme. Besonders mache sich<br />

die optimierte Ordnung im Winterdienst bemerkbar.<br />

Materialien <strong>für</strong> Schneeräumfahrzeuge wie Kabel <strong>und</strong><br />

Steuerungsgeräte wurden bereits im Frühjahr auf<br />

Funktionsfähigkeit überprüft <strong>und</strong> in Boxen geordnet.<br />

Somit entfalle die bisher eintretende Hektik im Falle<br />

eines plötzlichen Wintereinbruchs. Von externen<br />

Unternehmen, die Unterstützung leisten, kam schon<br />

positives Feedback. Die Mitarbeitenden schätzen<br />

auch das neu eingeführte Kanban-System <strong>für</strong> Verbrauchsmaterialien<br />

wie Glühlampen <strong>für</strong> Fahrzeuge.<br />

Laut Planung sind Ende des Jahres die 5S-Aktivitäten<br />

in allen Einheiten abgeschlossen. Künftig sollen interne<br />

<strong>und</strong> externe Audits <strong>für</strong> Nachhaltigkeit sorgen.<br />

Weitere Ziele sind die Durchleuchtung der Prozesse<br />

<strong>und</strong> die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden<br />

durch Qualifizierungsmaßnahmen. Eine Hürde im<br />

Verbesserungsprozess ist laut Michael Ultsch, dass<br />

etwa 40 Prozent der Mitarbeitenden die deutsche<br />

Sprache nicht gut beherrschen. Sprachkurse <strong>und</strong><br />

visuelles Management sollen Abhilfe schaffen. Bei<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Arbeitsanweisungen setzt<br />

man auf bildhafte Darstellung, zum Beispiel durch<br />

Piktogramme.<br />

Gezielte Suche nach Kaizen-Experten<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Etablierung des Verbesserungsprozesses<br />

erfordern laut Michael Ultsch einen<br />

beträchtlichen Initialaufwand <strong>und</strong> es braucht<br />

Menschen mit Verständnis. Deshalb suche man bei<br />

Stellenausschreibungen auch nach Bewerbern mit<br />

Kaizen-Vergangenheit.<br />

Durch regelmäßige Reinigung, Pflege <strong>und</strong> Wartung sind die Einsatzfahrzeuge stets bereit. Benötigtes Material, zum Beispiel <strong>für</strong> den Winterdienst,<br />

wurde neu geordnet <strong>und</strong> ist jetzt schneller auffindbar.<br />

9


Zum Makigami-Fan wurde Niklaus Moser, Leiter Controlling<br />

+ Logistic Services bei der B. Braun Medical<br />

AG in Escholzmatt/Schweiz. Er besuchte vor zwei<br />

Jahren im Lehrbüro Herrieden den Kurs „Lean Office<br />

Master“. Auslöser war seine Ernennung zum „Säulen-<br />

Verantwortlichen“ <strong>für</strong> die Säule Administration des<br />

Referenzmodells <strong>für</strong> Operational Excellence, an dem<br />

sich das Werk Escholzmatt orientiert. Einige Lean-<br />

Methoden wie 5 S waren ihm schon aus dem Produktionsbereich<br />

bekannt. Im Lehrbüro wollte er sein Knowhow<br />

vervollständigen. „In diesem Kurs hat die Chemie<br />

gestimmt, <strong>und</strong> durch das praktische Arbeiten in der<br />

Gruppe habe ich viele neue Impulse bekommen“ erinnert<br />

er sich. Besonders die Methode Makigami zur<br />

Visualisierung der Abläufe <strong>und</strong> Schwachstellen kommt<br />

bei Niklaus Moser seither regelmäßig zum Einsatz.<br />

Lean geht alle an<br />

Der ausgebildete Controller sieht die Hauptaufgabe<br />

von Lean darin, den ges<strong>und</strong>en Menschenverstand<br />

wieder ins Unternehmen zu bringen. „Lean bedeutet:<br />

Mach’s im Unternehmen wie zuhause“ so der Ansatz<br />

von Niklaus Moser. „Wenn dies alle befolgten, dann<br />

würde jeder vernünftig mit Geldmitteln <strong>und</strong> anderen<br />

Ressourcen umgehen“. Er sieht Lean als ganzheitliche<br />

Philosophie <strong>und</strong> nicht als Turbo oder W<strong>und</strong>ermittel.<br />

Bei B. Braun Medical in Escholzmatt gibt es da<strong>für</strong> keine<br />

Stabsstellen. „Lean ist nicht nur Chefsache, Lean ist<br />

Philosophie <strong>für</strong> alle“, betont Niklaus Moser. „Lean muss<br />

gefördert <strong>und</strong> gefordert werden. Ohne überzeugtes<br />

Management <strong>und</strong> motivierte Mitarbeitende braucht<br />

man gar nicht mit den Schulungen beginnen.“ In<br />

Escholzmatt funktioniert es, <strong>und</strong> das Werk hat schon<br />

beachtliche Erfolge erzielt.<br />

Die Ausbildung zum Lean Administration Master<br />

10<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Praxis<br />

Wie im echten Büro-Leben<br />

Großer Lerneffekt durch Simulation von Büroprozessen im Lehrbüro Herrieden<br />

Niklaus Moser (li.) mit anderen Kursteilnehmern im Lehrbüro:<br />

„Die Chemie hat gestimmt“.<br />

Stimmungsbarometer im Lehrbüro: Überwiegend heiter.<br />

besteht aus drei Unterrichts-Modulen à drei Tagen.<br />

Dazwischen liegen Pausen, in denen die Teilnehmer<br />

das Erlernte im eigenen Arbeitsumfeld anwenden.<br />

Im Rückblick hat Niklaus Moser sehr vom Kurs im<br />

Lehrbüro profitiert: „Ich konnte vorhandenes Wissen<br />

auffrischen, neue Blickwinkel einnehmen <strong>und</strong> viel<br />

dazulernen. Der Unterricht war praxisgerecht <strong>und</strong><br />

orientierte sich an einem roten Faden“. Ein Highlight<br />

sei die realistische Simulation eines echten Büroprozesses<br />

<strong>und</strong> das Zusammenspiel der Kursteilnehmer<br />

als Team gewesen.<br />

Aktuell moderiert Niklaus Moser die Durchleuchtung<br />

eines Prozesses, an dem 15 Stellen beteiligt sind. Beim<br />

Makigami stellte sich heraus, dass der Prozess an sich<br />

o.k. ist, es aber etliche Probleme bei der Abstimmung<br />

an den Schnittstellen gibt. Das Problem ist auf dem<br />

Weg zur Lösung <strong>und</strong> Niklaus Moser freut sich, dass<br />

Makigami in den indirekten Bereichen erfolgreich etabliert<br />

werden konnte. Auf die Frage, wo er momentan<br />

noch Verbesserungspotenzial sieht, meint er schmunzelnd:<br />

„Ich wünsche mir einen Makigami-Raum mit<br />

langen fensterlosen Wänden, wo man genug Platz<br />

<strong>für</strong> die Papier-Rollen hat“. Momentan müsse man<br />

sich damit behelfen, die Makigami-Aufzeichnungen<br />

teilweise über den Fenstern zu befestigen.<br />

Lean Office Master -<br />

Der Experte <strong>für</strong> schlanke Prozesse im Büro<br />

Der Kurs „Lean Office Master“ vermittelt das Handwerkszeug<br />

<strong>für</strong> Office Excellence.<br />

Drei Unterrichtsblocks à drei Tage im Lehrbüro<br />

Projektaufgaben im eigenen<br />

Unternehmen zwischen den<br />

Blocks bringen Sofort-Erfolge<br />

www.cetpm.de/lean-office


Welche Vorteile bietet Kanban einem Unternehmen?<br />

Kanban ist ein gezieltes Lagersystem, wobei Bestände<br />

als Mittel zum Zweck eingesetzt werden. Durch Kanban<br />

werden Abläufe transparenter <strong>und</strong> die Bestände<br />

verringern sich. Insgesamt sinkt der Aufwand <strong>für</strong> die<br />

Versorgung mit Material <strong>und</strong> Teilen. Die Menschen<br />

übernehmen mehr Eigenverantwortung an ihrem<br />

Arbeitsplatz.<br />

Für welche Bereiche eignet sich Kanban?<br />

Viele glauben, Kanban sei nur <strong>für</strong> gleichbleibende Abnahmen<br />

geeignet. Das stimmt nur bedingt: Auch bei<br />

schwankenden Abnahmemengen kann eine Kanban-<br />

Lösung durchaus ein geeigneter Weg sein, um die<br />

Abläufe zu verschlanken. Sicher muss man versuchen,<br />

Klarheit über das Abnahmeverhalten zu bekommen.<br />

Aber es gibt eine ganze Reihe von Ansätzen, wie man<br />

auch bei schwankenden Abnahmemengen Kanban<br />

einführen kann – ich denke dabei an das sogenannte<br />

„gesteuerte Kanban“, das bei extremen Schwankungen<br />

hilfreich ist. So werden zum Beispiel bei Sonderaktionen<br />

im Vorfeld die Bestände im Kanban-Lager<br />

angehoben.<br />

Wichtig ist es, dass man die unterschiedlichen Parameter<br />

beachtet. Dazu gehören das Abnahmeverhalten<br />

der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> das Verhalten im Lieferprozess. Wie<br />

schnell <strong>und</strong> flexibel sind die Lieferanten <strong>und</strong> wie können<br />

Schwankungen ausgeglichen werden?<br />

Worauf muss man bei der Einführung von Kanban<br />

achten?<br />

Eine gründliche Vorbereitung ist unbedingt notwendig.<br />

Die Prozesskette muss gut durchdacht sein <strong>und</strong><br />

eventuell schon im Vorfeld optimiert werden. Wichtig<br />

ist eine gute <strong>und</strong> gründliche Schulung der Mitarbeiter.<br />

Sie müssen verstehen, wie Kanban funktioniert<br />

<strong>und</strong> sich darüber bewußt sein, dass die Kanbankarte<br />

die Nervenzelle des Systems ist. Nur wer die Auswirkungen<br />

einer fehlenden Karte kennt wird darauf<br />

bedacht sein, diese nicht versehentlich im Blaumann<br />

verschwinden zu lassen. Die Einführung von Kanban<br />

sollte schrittweise erfolgen, mit der Möglichkeit, aus<br />

Erfahrungen zu lernen. Hier eignet sich das Vorgehen<br />

gemäß dem PDCA-Zyklus.<br />

Kanban ist ja nicht neu. Ist diese Methode überhaupt<br />

noch aktuell?<br />

Ja, Kanban wurde bereits in den 1950iger Jahren erstmals<br />

in Japan angewandt. Kanban ist heute aktueller<br />

denn je, denn die Senkung von Beständen <strong>und</strong> die<br />

Experten-Interview<br />

Dr. Thomas Klevers zum Thema Kanban<br />

Dr. Thomas Klevers, Buchautor <strong>und</strong> Experte <strong>für</strong> Kanban,<br />

Wertstrom-Management <strong>und</strong> Materialeffizienz<br />

Reduzierung von Durchlaufzeiten sind hochaktuelle<br />

Themen. Ein hoher Aufwand <strong>für</strong> die dauernde Planung<br />

<strong>und</strong> Organisation von Materiallieferungen steht den<br />

Bemühungen um Flexibilität <strong>und</strong> Steigerung der Effizienz<br />

im Weg. Und genau hier setzt Kanban an.<br />

Wird Kanban denn ausreichend eingesetzt?<br />

Wir schätzen den Durchdringungsgrad von Kanban<br />

auf etwa 30 Prozent der möglichen Anwendungsfälle.<br />

Hier liegt also noch ein erhebliches Potenzial. So kann<br />

zum Beispiel auch beim C-Teile-Management oder bei<br />

Hilfs- <strong>und</strong> Betriebsstoffen wie Schmierölen, Schweißdraht<br />

etc. durch den Einsatz von Kanban viel Zeit <strong>und</strong><br />

Geld eingespart werden. Leider wird dieses Potezial<br />

<strong>für</strong> Optimierungen häufig nicht erkannt.<br />

Warum nutzen Unternehmen Kanban nicht öfter,<br />

um dieses Potenzial zu erschließen?<br />

Ich habe beobachtet, dass viele Unternehmen sich<br />

lieber auf EDV-Lösungen <strong>und</strong> ihre Dispositionsprogramme<br />

verlassen als auf Kreisläufe, die anhand von<br />

Karten <strong>und</strong> durch die Mitarbeiter am Ort des Geschehens<br />

gesteuert werden.<br />

Außerdem bedeutet die Einführung von Kanban, dass<br />

ein Unternehmen sich gründlich mit den Abläufen<br />

beschäftigen <strong>und</strong> diese vorplanen muss. Es gilt, die Zulieferprozesse<br />

zu untersuchen <strong>und</strong> nach Möglichkeit<br />

zu optimieren. Und genau hier liegt ein wesentlicher<br />

Vorteil, aber auch eine Herausforderung: Kanban<br />

bedeutet gleichzeitig den Eintritt in einen kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprozess. Vielleicht <strong>für</strong>chten sich<br />

viele Menschen in den Unternehmen gerade vor der<br />

dazu notwendigen Veränderung ...<br />

11


<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>: <strong>Feuer</strong> <strong>und</strong> <strong>Flamme</strong> <strong>für</strong> <strong>TPM</strong><br />

Werker aus der Produktion <strong>und</strong> Instandhalter ziehen an einem Strang<br />

<strong>TPM</strong> ganz individuell: Mit KAT (Kooperative Anlagentechnik) gestalten Instandhaltung <strong>und</strong> Produktion im<br />

Bereich <strong>Feuer</strong>verzinkung der <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> gemeinsam ein Verbesserungs- <strong>und</strong> Instandhaltungsprogramm,<br />

das speziell auf ihre Anforderungen zugeschnitten ist. Im Rahmen des 7. CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffens<br />

öffnete das Stahlwerk seine Pforten <strong>und</strong> ließ die Besucher an den <strong>TPM</strong>-Erfolgen teilhaben.<br />

Nicht nur das Licht des flüssigen Eisens erhellte<br />

die Gesichter der Gäste beim R<strong>und</strong>gang durch den<br />

Hochofenbereich. „Es war faszinierend, direkt am<br />

Hochofen zu stehen“ erzählt Markus Bruder, der die<br />

Veranstaltung als Mitglied des CE<strong>TPM</strong>-Orgateams<br />

begleitete. Die r<strong>und</strong> 30 Teilnehmer aus unterschiedlichsten<br />

Branchen waren sehr beeindruckt<br />

von der perfekten Umsetzung von <strong>TPM</strong> Stufe 3 in<br />

der riesigen, 50 Meter hohen <strong>und</strong> 350 Meter langen<br />

<strong>Feuer</strong>verzinkungsanlage. Dort werden Bleche <strong>für</strong> die<br />

Automobilindustrie oder „weiße Ware“ verzinkt. Der<br />

saubere, nahezu staubfreie Bereich wird höchsten<br />

Qualitätsanforderungen gerecht. Im Rahmen des<br />

2007 initiierten <strong>TPM</strong>-Programmes KAT arbeiten Produktionsmitarbeiter<br />

<strong>und</strong> Instandhalter Tag <strong>für</strong> Tag<br />

gemeinsam daran, die Anlagen in gutem Zustand zu<br />

halten <strong>und</strong> kontinuierlich zu optimieren.<br />

AT- Tätigkeiten durch die Produktion<br />

Eigenes <strong>TPM</strong>-Haus mit drei Säulen<br />

<strong>TPM</strong> wurde als Pilotprojekt im Bereich „Kaltflach“<br />

von dem Produktionsleiter Alexander Georgiew <strong>und</strong><br />

Dr. Stefan Meiners, Leiter Instandhaltung, ins Leben<br />

12<br />

Beseitigung von<br />

Schwerpunktproblemen<br />

Unternehmensziele<br />

beschrieben durch Kennzahlen<br />

Stufe 1<br />

Gr<strong>und</strong>inspektion<br />

durchführen<br />

KAT Tätigkeiten<br />

durch die<br />

Produktion<br />

Stufe 2<br />

Anwenden der<br />

KAT-<br />

Systematik<br />

Dr. Stefan Meiners (links) <strong>und</strong> Alexander Georgiew (rechts)<br />

brachten Produktion <strong>und</strong> Instandhaltung durch <strong>TPM</strong> auf eine<br />

Linie. Bei der Gr<strong>und</strong>instpektion packen sie selbst mit an.<br />

gerufen. Aktuell sind zwei <strong>Feuer</strong>verzinkungsanlagen<br />

aktiv als „Keimzelle“ <strong>für</strong> <strong>TPM</strong>. Auf Wunsch der Geschäftsleitung<br />

soll <strong>TPM</strong> am gesamten Standort ausgerollt<br />

werden. „Einige der klassischen <strong>TPM</strong>-Säulen<br />

wie Arbeitssicherheit oder vorbeugende Instandhal-<br />

Durchführen<br />

von<br />

gr<strong>und</strong>legenden<br />

Instandhaltun<br />

gstätigkeiten<br />

Durchführen<br />

von<br />

weitergehendenInstandhaltungstätigkeiten<br />

Abweichend vom „klassischen“ <strong>TPM</strong>-Haus wurde das KAT-Haus erstellt. Viele der anderen Säulen des „klassischen“ <strong>TPM</strong>-Hauses sind<br />

bereits in einem Managementsystem abgebildet <strong>und</strong> müssen somit nicht noch einmal „neu erf<strong>und</strong>en“ werden.<br />

Stufe 3<br />

Stufe 4<br />

Ordnung <strong>und</strong> Sauberkeit<br />

Schulung, Training <strong>und</strong><br />

Beratung<br />

Die Ausgestaltung des KAT-Hauses orientiert sich am Handlungsleitfaden


tung waren bei uns bereits im Managementsystem<br />

abgebildet“, erklärt Dr. Meiners. Deshalb habe man<br />

ein eigenes <strong>TPM</strong>-Haus entwickelt, das aus drei Säulen<br />

besteht: Beseitigung von Schwerpunktproblemen,<br />

Selbstständige Instandhaltung <strong>und</strong> Schulung,<br />

Training <strong>und</strong> Coaching. Großen Wert lege man auf<br />

die kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiter,<br />

die bereits Früchte trage: „Bereiche, die früher total<br />

unbeliebt waren, sind heute wieder in einem guten<br />

Zustand. Die Mitarbeiter haben selbst die Anlage<br />

auf Vordermann gebracht <strong>und</strong> betrachten sie jetzt<br />

als ihre Anlage.“<br />

Individuelle Vorgehensweise<br />

Die KAT-Teams bedienen sich individuell aus der<br />

<strong>TPM</strong>-Werkzeugkiste. Viele klassische Dinge passen<br />

bei solchen Großanlagen nicht. Im Rahmen von<br />

Workshops, die über 5S hinausgingen, wurde beispielsweise<br />

der Pumpenwechsel optimiert: Schlauchanschlüsse<br />

funktionieren jetzt mit Bajonett, alles<br />

ist sauber, Rohrleitungen wurden rückgebaut <strong>und</strong><br />

Beschriftungen sorgen <strong>für</strong> Transparenz. Dr. Meiners:<br />

„Wir haben begonnen mit der Gr<strong>und</strong>inspektion <strong>und</strong><br />

dem Saubermachen, kamen aber sehr schnell zur<br />

Best Practice<br />

nachhaltigen Anlagenverbesserung“. Wir haben die<br />

Mitarbeiter am Anfang bremsen müssen, damit sie<br />

nicht zu schnell vorgehen. Denn es sollen ja alle in<br />

der Gruppe mitkommen. „Die Leute wollten mehr,<br />

als nur Reinigungspläne erstellen“. Dies ist sicher auf<br />

den hohen Anteil an Fachkräften in der Produktion<br />

zurückzuführen. Es gibt dort viele ausgebildete<br />

Handwerker wie Elektriker oder Schlosser.<br />

Gezielte Qualifizierungsmaßnahmen sorgen <strong>für</strong> ein<br />

gewisses Level an Wissen in den KAT-Teams. „Die<br />

technische Seite der Trainings können wir selbst<br />

Das Unternehmen<br />

<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Die <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> ist eine 100%ige Tochter der<br />

<strong>Salzgitter</strong> AG. Sie beschäftigt ca. 4.700 Mitarbeiter am Standort<br />

<strong>Salzgitter</strong>, der eine Fläche von 10 km² einnimmt. Im Bereich<br />

„Kaltflach“ arbeiten ca. 1100 Mitarbeiter.<br />

Die Palette der feuerverzinkten Produkte umfasst höchstwertige<br />

<strong>Flachstahl</strong>produkte, die hauptsächlich in der Automobllindustrie,<br />

dem Bereich Dach <strong>und</strong> Wand <strong>und</strong> bei der „weißen<br />

Ware“, wie z. B. einer Waschmaschine, Anwendung finden.<br />

Die 30 Teilnehmer des Benchmarktreffens kamen aus 15 Firmen, welche die unterschiedlichsten Branchen repräsentierten. So fanden<br />

lebhafte Diskussionen über das Gesehene <strong>und</strong> Erlebte sowie ein reger Erfahrungsaustausch statt.<br />

13


gut abbilden“ betont Dr. Meiners. Das Moderatorentraining<br />

werde von außen eingekauft, vor allem<br />

auch, um psychologische Komponenten im Rahmen<br />

von Rollenworkshops zu vermitteln. Die KAT-Koordinatoren<br />

erhielten ihre <strong>TPM</strong>-Ausbildung durch den<br />

14-tägigen <strong>TPM</strong>-Instruktor-Kurs des CE<strong>TPM</strong>.<br />

Vor einigen Jahren standen laut Dr. Meiners bei der<br />

<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> intensive Überlegungen<br />

im Raum, die eigenständige Instandhaltung aufzugeben<br />

<strong>und</strong> deren Mitarbeiter in den Produktionsbetrieb<br />

zu integrieren. Doch man habe schnell festgestellt,<br />

dass <strong>für</strong> eine Integration nicht genug Personal vorhanden<br />

war. So hätten die Verantwortlichen gemeinsam<br />

beschlossen, bei der gr<strong>und</strong>sätzlichen Trennung<br />

von Instandhaltung <strong>und</strong> Produktion zu bleiben. Die<br />

Instandhaltung bleibt als Spezialistentruppe erhalten,<br />

doch es werden mehr Aufgaben <strong>und</strong> Freiräume<br />

an Produktionsmitarbeiter übertragen. Da sowohl<br />

der Produktionsleiter als auch der Instandhaltungsleiter<br />

voller Überzeugung hinter dieser Entscheidung<br />

stehen ist allen klar, dass es sich nicht nur um eine<br />

kurzfristige Aktion handelt <strong>und</strong> dass die Interessen<br />

beider Gruppen gewahrt bleiben.<br />

„Wir möchten etwas zurückgeben“<br />

Dr. Meiners <strong>und</strong> sein Kollege Georgiew sind viel in<br />

der <strong>TPM</strong>-Welt unterwegs gewesen <strong>und</strong> haben sich<br />

ihr Wissen selbst erarbeitet, zum Beispiel im Rahmen<br />

von Benchmark-Veranstaltungen. „Wir durften in<br />

den letzten Jahren sehr viel von den Erfahrungen<br />

anderer Unternehmen lernen. Nun sind wir dran,<br />

etwas zurückzugeben“. So die Begründung von Dr.<br />

Meiners <strong>für</strong> die Entscheidung, das Benchmarktreffen<br />

in seinem Werk zu veranstalten. Zuerst sei er nicht<br />

sicher gewesen, ob die Produktions- <strong>und</strong> Instandhaltungsmannschaft<br />

schon weit genug sei, um Best<br />

Practice vorzeigen zu können. Das Feedback der<br />

Teilnehmer belehrte ihn eines besseren: Die Mit-<br />

14<br />

Maßgeschneidertes <strong>TPM</strong><br />

Visualisierung <strong>und</strong> Dokumentation hielten den kritischen Blicken der<br />

Besucher nicht stand. Ein wertvoller Denkanstoß <strong>für</strong> die Mitarbeiter<br />

arbeiter bekamen viel Lob von den Gästen, die ja<br />

teilweise selbst auch gut im Bereich <strong>TPM</strong> unterwegs<br />

sind. „Das Leuchten in den Augen der Mitarbeiter<br />

war <strong>für</strong> die Besucher ein Zeichen, dass sich bei uns<br />

ein Wandel in der Einstellung zur Arbeit vollzogen<br />

hat“, freut sich Dr. Meiners. Selbstverständlich habe<br />

es auch Kritik gegeben, aus der man lernen könne.<br />

So wurde zum Beispiel die unvollständige <strong>und</strong> nicht<br />

aktuelle Dokumentation bemängelt. Diese wird nun<br />

noch mal intern auf den Prüfstand gestellt.<br />

Näher an <strong>TPM</strong> geht nicht<br />

Begeistert waren die Besucher von der Professionalität<br />

bei den Schulungen, denen sie live beiwohnen<br />

durften. Am Tag des CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffens<br />

wurden drei Themen geschult: Effektoren, Schmieren<br />

<strong>und</strong> Filter. Die eingekürzten Schulungen bestanden<br />

jeweils aus einem theoretischen <strong>und</strong> einem praktischen<br />

Teil. Das Fazit eines Teilnehmers: „Näher an<br />

<strong>TPM</strong> geht nicht“.<br />

Anhand von etwas eingekürzten Schulungen erlebten die Teilnehmer live, wie Instandhalter auf Augenhöhe ihren Kollegen aus der<br />

Produktion technisches Wissen zur Anlage vermitteln.


<strong>TPM</strong>- <strong>und</strong> Lean-News<br />

„Live <strong>und</strong> in Farbe“<br />

8. CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffen bei Evonik verspricht „<strong>TPM</strong>-Zeitreise“<br />

Rollout von <strong>TPM</strong> in einem Unternehmen der Prozessindustrie<br />

ist Schwerpunkt des nächsten CE<strong>TPM</strong>-<br />

Benchmarktreffens, das am 14. <strong>und</strong> 15. November in<br />

Wesseling bei Köln stattfindet. Dort bietet das Unternehmen<br />

Evonik den Teilnehmern die Möglichkeit, an<br />

einer „Zeitreise“ durch <strong>TPM</strong> teilzunehmen.<br />

Spezialchemie ist das Kerngeschäft von Evonik. Am<br />

Standort Wesseling werden u.a. Methacrylat-basierte<br />

Harze <strong>für</strong> die Lackindustrie gefertigt. Im Werk wendet<br />

<strong>TPM</strong> in verschiedenen Umsetzungsphasen gibt es zu sehen beim<br />

8. Benchmarktreffen, das bei Evonik im November 2012 stattfindet<br />

SMED – Die Erfolgsmethode <strong>für</strong> schnelles Rüsten <strong>und</strong> Umstellen<br />

Ein neues Handbuch <strong>für</strong> Praktiker<br />

Umrüsten oder Umstellen empfinden viele als lästiges<br />

Übel. Dabei liegt darin der Schlüssel <strong>für</strong> eine<br />

flexible Produktion. Große Serien sind selten so vorteilhaft,<br />

wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.<br />

Denn sie sind Auslöser <strong>für</strong> hohe Lagerbestände <strong>und</strong><br />

lange Durchlaufzeiten. Bei näherer Betrachtung erkennt<br />

man, dass Vorratsproduktion <strong>und</strong> hohe Bestände<br />

nicht wirtschaftlich sind <strong>und</strong> ein Unternehmen<br />

eher unflexibel machen. Die Gründe da<strong>für</strong> werden<br />

in dem neuen Buch „ SMED – Die Erfolgsmethode<br />

<strong>für</strong> schnelles Rüsten <strong>und</strong> Umstellen“ ausführlich<br />

erläutert. Mit SMED stellen Bert Teeuwen <strong>und</strong> Alexander<br />

Grombach eine bewährte Methode vor, mit<br />

der es gelingt, Umstellzeiten durch Optimierungen<br />

drastisch zu reduzieren.<br />

Durch häufigeres Rüsten bzw. Umstellen werden<br />

kleinere Losgrößen gefertigt <strong>und</strong> dadurch letztlich<br />

die Bestände gesenkt. Die Autoren sprechen bewusst<br />

von „Umstellen“, denn auch in Bereichen außer-<br />

der AP-Betrieb <strong>TPM</strong> seit 2004 erfolgreich an <strong>und</strong> gilt im<br />

Konzern als Vorreiter im Bereich Geplante/Autonome<br />

Instandhaltung.<br />

Verschiedene Standorte von Evonik befinden sich in<br />

unterschiedlichen Stadien des Fortschritts mit <strong>TPM</strong>. So<br />

werden die jeweiligen <strong>TPM</strong>-Koordinatoren den Besuchern<br />

die Vorgehensweise in den einzelnen Schritten<br />

von der zweiten Säule (autonome Instandhaltung) des<br />

<strong>TPM</strong>-Hauses vorstellen. In kurzen Vorträgen wird die<br />

strukturierte <strong>und</strong> koordinierte Vorgehensweise beim<br />

Rollout abgebildet. Viel zu sehen gibt es „live <strong>und</strong> in<br />

Farbe“ direkt am Ort des Geschehens.<br />

Viele <strong>TPM</strong>-Verantwortliche schätzen die Möglichkeit,<br />

sich über Netzwerke mit Experten auszutauschen.<br />

Der Blick über den Tellerrand gibt neue Impulse <strong>für</strong><br />

die eigenen Prozesse. „Es ist wertvoll, das Potenzial<br />

zu sehen, das die <strong>TPM</strong>-Umsetzung bietet“ bekräftigt<br />

Matthias Duddeck, der als <strong>TPM</strong>-Manager bei Evonik<br />

Industries bereits zahlreiche Benchmarkveranstaltungen<br />

besucht hat. Nun bieten er <strong>und</strong> sein Team <strong>TPM</strong>-<br />

Interessierten die Möglichkeit, den<br />

<strong>TPM</strong>-Weg von Evonik kennenzulernen.<br />

Anmeldung <strong>und</strong> Infos:<br />

www.cetpm.de/benchmark<br />

halb der Produktion hilft<br />

SMED, Umstellzeiten zu<br />

verkürzen, beispielsweise<br />

bei der Vorbereitung<br />

eines Operationssaals<br />

<strong>für</strong> die nächste Operation.<br />

Dieses Gr<strong>und</strong>lagenwerk<br />

zeigt die Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Werkzeuge<br />

von SMED auf.<br />

SMED bringt Organisationen<br />

dem Ziel näher,<br />

flexibel auf K<strong>und</strong>enwünsche<br />

reagieren zu<br />

können <strong>und</strong> dabei wirtschaftlich<br />

zu bleiben. Zahlreiche Beispiele aus der<br />

Praxis illustrieren die Vorgehensweise.<br />

ISBN: 9-783940-775-11-5, Preis 29,95 € inkl. MwSt.<br />

15


16<br />

<strong>TPM</strong>- & Lean-Tipps <strong>und</strong> Denkanstöße<br />

Plattform zum Austausch <strong>für</strong> Lean- <strong>und</strong> <strong>TPM</strong>-Anwender<br />

Operational Excellence hat viele Facetten. Zahlreiche<br />

Faktoren tragen zum Erfolg bei. Wichtig<br />

sind Methodenwissen, Begeisterung sowie<br />

entsprechender Freiraum zur Anwendung der<br />

Philosphie der kontinuierlichen Verbesserung.<br />

Ebenfalls sehr hilfreich ist der Erfahrungsaustausch,<br />

der Blick über den Tellerrand. Dazu bietet<br />

die Webseite des CE<strong>TPM</strong> ein Forum, wo sich<br />

Der Online-Medienpartner von Yokoten:<br />

www.leanmagazin.de<br />

In dem Online-Magazin finden Sie Aktuelles <strong>und</strong> Interessantes<br />

r<strong>und</strong> um das Thema „Lean“: Berichte über aktuelle<br />

Themen, Hinweise auf Events bis hin zur Jobbörse.<br />

Interessierte r<strong>und</strong> um das Thema <strong>TPM</strong>/Lean austauschen<br />

können. Willkommen sind alle: Neubeginner, alte Hasen,<br />

Interessierte, Studenten, Praktiker ... Hier treffen sich Experten<br />

<strong>und</strong> Suchende r<strong>und</strong> um das Themea Operational<br />

Excellence. Egal, ob Sie eine spezielle Frage haben oder<br />

ein erfolgreiches Projekt vorstellen möchten - mit Ihrer<br />

Registrierung werden Sie Teil der großen <strong>TPM</strong>-/Lean-<br />

Community. Anmeldung: www.cetpm.de/forum.<br />

Impressum:<br />

Hochschule Ansbach<br />

Campus Herrieden – CE<strong>TPM</strong><br />

Redaktion Yokoten<br />

Steinweg 5<br />

D-91567 Herrieden<br />

Tel. +49 (0) 9825 2038-100<br />

Fax +49 (0) 9825 2038-111<br />

www.yokoten.de ISSN 2193-4835<br />

E-Mail: yokoten@cetpm.de Einzelheft: 5,00 €<br />

Redaktion: Sabine Leikep Jahresabo <strong>für</strong> 6 Ausgaben:<br />

19,00 € inkl. Versand

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