Salzgitter Flachstahl GmbH: Feuer und Flamme für TPM ... - CETPM
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YOKOTEN Magazin für Operational Excellence und Best Practice Sharing 05/2012 Salzgitter Flachstahl GmbH: Feuer und Flamme für TPM Lean & TPM hautnah: Die Dinge steuern mit Kanban Stadtreinigung Zürich: Gerätepark tipptopp mit Kaizen 1
- Seite 2 und 3: Liebe Leserinnen und Leser, 2 Herzl
- Seite 4 und 5: Katrin Franke und Barbara Ölschleg
- Seite 6 und 7: Büromateriallager im CETPM-Lehrbü
- Seite 8 und 9: Es begann vor zweieinhalb Jahren: M
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- Seite 12 und 13: Salzgitter Flachstahl GmbH: Feuer u
- Seite 14 und 15: gut abbilden“ betont Dr. Meiners.
- Seite 16: 16 TPM- & Lean-Tipps und Denkanstö
YOKOTEN<br />
Magazin <strong>für</strong> Operational Excellence <strong>und</strong> Best Practice Sharing 05/2012<br />
<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>:<br />
<strong>Feuer</strong> <strong>und</strong> <strong>Flamme</strong> <strong>für</strong> <strong>TPM</strong><br />
Lean & <strong>TPM</strong> hautnah:<br />
Die Dinge steuern mit Kanban<br />
Stadtreinigung Zürich:<br />
Gerätepark tipptopp mit Kaizen<br />
1
Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />
2<br />
Herzlich Willkommen<br />
die Sommerpause neigt sich dem Ende zu. Wir hoffen, dass Sie Gelegenheit<br />
hatten, Ihre Akkus neu aufzuladen <strong>und</strong> sich nun wieder mit Elan <strong>und</strong><br />
Begeisterung der kontinuierlichen Verbesserung zuwenden können.<br />
In dieser Ausgabe von Yokoten stellen wir Ihnen das Referenzmodell<br />
<strong>für</strong> Operational Excellence, eine Weiterentwicklung des klassischen<br />
<strong>TPM</strong>-Hauses, vor. In den künftigen Ausgaben werden wir in einer Serie<br />
die einzelnen Säulen beleuchten.<br />
<strong>TPM</strong> ist nicht nur in der klassischen Produktion hilfreich. Auch Einsatzorte<br />
mit hohen Temperaturen können durch <strong>TPM</strong> optimiert werden, wie<br />
das Beispiel der <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> zeigt. Und die Stadtreinigung<br />
Zürich bringt mit <strong>TPM</strong> ihren Fuhrpark auf Vordermann, um so noch<br />
besser <strong>für</strong> Sauberkeit in der Stadt zu sorgen. Ein Schwerpunktthema<br />
dieser Ausgabe ist Kanban, das aus Sicht von Experten beleuchtet wird.<br />
Unser Pflänzchen, das Yokoten-Magazin, wächst <strong>und</strong> gedeiht. Die<br />
Zahl der Abonnenten steigt kontinuierlich. Und wir freuen uns über<br />
das starke Interesse von Unternehmen, die ihre Erfolge mit unseren<br />
Lesern teilen - ganz im Sinne von Yokoten, was ja bedeutet „Teilen der<br />
besten Beispiele“.<br />
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr<br />
Prof. Dr. Constantin May<br />
Herausgeber Yokoten<br />
<strong>TPM</strong>-/Lean-Begriffe unter der Lupe<br />
Lean-/<strong>TPM</strong>-Begriffe<br />
unter der Lupe:<br />
Poka Yoke<br />
Der japanische Begriff Poka Yoke steht <strong>für</strong> die Vermeidung von versehentlichen<br />
Fehlern. Die Idee, die Entstehung solcher Fehler schon<br />
während des Arbeitsprozesses zu verhindern, wurde entwickelt von<br />
dem japanischen Ingenieur Shigeo Shingo, der an der Entwicklung<br />
des Toyota Produktionssystems beteiligt war. Der Ursprung <strong>für</strong> das<br />
Poka-Yoke-System lag in der statistischen Qualitätskontrolle. Shingo<br />
stellte fest: „Fehler entstehen in der Arbeitsphase, <strong>und</strong> Kontrollen<br />
können nichts anderes bewirken, als die Fehler zu finden.“ Hier einige<br />
Beispiele wie mit Poka Yoke Fehler vermieden werden:<br />
Prüfmethoden verhindern, dass notwendige Arbeitsschritte übersprungen<br />
werden. Mögliche Fehlerquellen werden beseitigt. Formcodierungen<br />
bei Steckverbindungen verhindern die falsche Montage.<br />
„Pick by Light“ beugt Fehlern beim Kommissionieren vor. Bei komplexen<br />
Produkten muss jedes Bauteil vor dem Einbau per Barcode- oder<br />
RFID-Scan freigegeben werden. Zählvorrichtungen bei Akkuschraubern<br />
gewährleisten, dass in einem Arbeitsvorgang alle Schrauben<br />
befestigt wurden.<br />
Foto Titelseite: <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>
Abb. 1: Die acht Bausteine von <strong>TPM</strong> im Operational Excellence Reference Modell<br />
Operational Excellence<br />
Vom <strong>TPM</strong>-Haus zum Referenzmodell <strong>für</strong> Operational Excellence<br />
Was ist eigentlich das <strong>TPM</strong>-Haus? Es erscheint in unterschiedlichen Größen <strong>und</strong> Ausführungen. Unternehmen<br />
passen das <strong>TPM</strong>-Haus individuell auf ihre Gegebenheiten an. Das klassische <strong>TPM</strong>-Haus wurde im Laufe der<br />
Jahre immer weiter entwickelt <strong>und</strong> besteht derzeit aus acht Säulen. Daraus entstand das Referenzmodell <strong>für</strong><br />
Operational Excellence, das neben den Säulen die Basis, Methoden <strong>und</strong> Zielsetzungen umfasst.<br />
Die acht <strong>TPM</strong>-Säulen bilden die zentralen Bausteine<br />
des Operational Excellence Referenz-Modells. Sie<br />
dienen als Strukturrahmen <strong>für</strong> die vielfältigen Aktivitäten,<br />
die beim Streben nach Operational Excellence<br />
zu entfalten sind. Im Einzelnen sind dies:<br />
1. Zielgerichtete, kontinuierliche Verbesserung<br />
2. Autonome Instandhaltung<br />
3. Geplante Instandhaltung<br />
4. Kompetenzmanagement<br />
5. Anlaufmanagement<br />
6. Qualitätserhaltung<br />
7. <strong>TPM</strong> in administrativen Bereichen<br />
8. Arbeitssicherheit, Umwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
Innerhalb dieser Bausteine ist es hilfreich, den Grad<br />
der Zielerreichung mit jeweils zwei bis drei Kennzahlen<br />
zu verfolgen. Die sechs Zielkategorien sind<br />
im Dach des Hauses als PQCDSM dargestellt. Die<br />
Buchstaben stehen im einzelen <strong>für</strong>: Produktivität (P),<br />
Qualität (Q), Kosten (C steht <strong>für</strong> „Cost“), Lieferservice<br />
(D steht <strong>für</strong> „Delivery“), Sicherheit, Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
<strong>und</strong> Umwelt (S) <strong>und</strong> Motivation (M).<br />
Übergeordnete Ziele, sogenannte Meta-Ziele, sind<br />
K<strong>und</strong>enzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit,<br />
5S, N5W, Pull<br />
Anteilseigner- bzw. Inhaberzufriedenheit sowie verantwortungsvolles<br />
Handeln gegenüber der Umwelt<br />
<strong>und</strong> der Gesellschaft. Zur Erreichung dieser Ziele<br />
bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungsweise<br />
<strong>und</strong> einer nachhaltigen Vorgehensweise.<br />
Übergeordnete Perspektive<br />
Operational Excellence bildet ein übergeordnetes<br />
System um sämtliche Verluste <strong>und</strong> Verschwendungen<br />
zu erkennen <strong>und</strong> zu vermeiden, wie z.B. Unfälle,<br />
Ausfälle <strong>und</strong> Störungen jeglicher Art. Basis dazu ist<br />
ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der alle<br />
Unternehmensbereiche, also z.B. auch Entwicklung,<br />
Vertrieb <strong>und</strong> Verwaltung umfasst. Dazu bedarf es<br />
einer funktionsübergreifenden, interdisziplinären<br />
Teamarbeit. Operational Excellence mobilisiert das<br />
gesamte Wissen <strong>und</strong> Können aller Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
erfordert das umfassende Engagement aller Betroffenen<br />
<strong>und</strong> Beteiligten. Besonders wichtig ist die volle<br />
Hingabe, das Vorleben <strong>und</strong> die Unterstützung der<br />
Führungskräfte auf allen Ebenen.<br />
In den folgenden Ausgaben von Yokoten stellen wir<br />
die einzelnen Säulen <strong>und</strong> Methoden des Referenzmodells<br />
<strong>für</strong> Operational Excellence vor.<br />
!"#$%&'()#*+$&$,-$+. !"/$%.'()#*+$&$,-$+.<br />
Six Sigma<br />
Lean<br />
Management<br />
Basis:<br />
Verp�ichtung des Managements, Hoshin Kanri, Genba Kanri<br />
Eigenverantwortung aller Mitarbeiter, funktionsübergreifende<br />
Teamarbeit, Standardisierung, Visualisierung, ...<br />
Produktionssysteme<br />
...<br />
SMED, VSM,<br />
PM-Analyse<br />
3
Katrin Franke <strong>und</strong> Barbara Ölschleger berichten<br />
Interessantes, Wissenswertes <strong>und</strong> Hilfreiches<br />
aus der <strong>TPM</strong>- <strong>und</strong> Lean-Szene. Beide sind Japan<strong>und</strong><br />
TPS (Toyota Production System)-Expertinnen.<br />
Durch ihre langjährige Praxiserfahrung als<br />
Übersetzerinnen <strong>und</strong> Beraterinnen r<strong>und</strong> um die<br />
japanische Managementphilo sophie Kaizen<br />
(www.tpm-ag.biz) haben sie viele interessante<br />
Geschichten <strong>und</strong> Informationen parat.<br />
Die <strong>TPM</strong>-AG: Barbara Ölschleger <strong>und</strong> Katrin Franke<br />
Siegeszug einer kleinen Karte<br />
von Katrin Franke<br />
Japan in den späten Vierzigern des vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts: In den USA arbeiteten in Fords Vorzeigewerk<br />
„Ford Highland Park“ schier endlose Reihen<br />
von Pressen <strong>und</strong> spuckten immense Mengen von Karosserieteilen<br />
aus. Zeitgleich begannen in Japan Eiji<br />
Toyoda <strong>und</strong> sein Mitstreiter Taiichi Ohno mit einem<br />
halben Dutzend Pressen eine schlanke Fließproduktion<br />
aufzubauen, die heute noch Vorbildcharakter<br />
hat. Geschuldet war dies äußeren Zwängen: Als Verlierermacht<br />
nach dem Krieg, bei Materialknappheit<br />
in einem rohstoffarmen Land wettbewerbsfähige<br />
Automobile herzustellen – was <strong>für</strong> eine Vision!<br />
Die Notwendigkeit, mit Material sehr sparsam umzugehen<br />
<strong>und</strong> über die gesamte Prozesskette Bestand zu<br />
vermeiden <strong>und</strong> deshalb nicht zu früh zu ordern, führte<br />
zur flächendeckenden Einführung der „Kanban“.<br />
Wörtlich mit Schild oder Tafel übersetzbar, stammte<br />
dieser Begriff aus dem japanischen Alltag <strong>und</strong> war<br />
bereits den Mitarbeitern der Toyoda-Webstuhlfabrik,<br />
Aus dem (<strong>TPM</strong>-)Leben<br />
An einer Maschine, bei der die Anzahl der Werker von drei auf zwei<br />
reduziert werden sollte, traten durch die mangelhafte Qualität<br />
des verwendeten Materials immer wieder Stillstände <strong>und</strong> Kurzstörungen<br />
auf. Dadurch war es unmöglich, <strong>für</strong> diese Maschine eine<br />
standardisierte Arbeit zu definieren. Scherzhafter Kommentar des<br />
japanischen Beraters: Sollen wir die Kurzstillstände standardisieren?<br />
4<br />
Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />
Prozesse im Griff durch Kanban-Steuerung Foto: www.weigang.de<br />
aus der später Toyota Motors Corp. entstand, vertraut.<br />
Wie viele Teile müssen von wo nach wo <strong>und</strong><br />
vor allem wann genau transportiert werden? Wann<br />
muss ich meine Maschine umrüsten? Zu welchem<br />
Zeitpunkt fange ich mit der Produktion an? Was<br />
hat der Nachfolgeprozess wirklich verbraucht? Ist<br />
der Produktionsprozess ins Stocken geraten? Vieles<br />
lässt sich von einem Kanban ablesen, ohne dass<br />
es besonderer Ausbildung bedarf. Inzwischen hat<br />
das Kanban seinen Siegeszug angetreten <strong>und</strong> sich<br />
sogar in den Fremdsprachen als Begriff „Kanban“<br />
behauptet. „Kanban-Karte“ ist übrigens eine Dopplung,<br />
die sich bei uns als selbsterklärender Begriff<br />
eingebürgert hat.<br />
Kanban heißt: Pull statt Push<br />
Taiichi Ohno arbeitete besonders intensiv an den<br />
Kanban-Abläufen. Er hatte bekanntermaßen ein<br />
besonderes Auge darauf, dass in allen Prozessen<br />
nach Pull-Prinzip nur dann Material geliefert wird,<br />
wenn eine Kanban-Karte den Bedarf anzeigte. Eine<br />
Geschichte dazu erzählt Chihiro Nakao, ein Mitstreiter<br />
Ohnos, der viele Jahre als Berater international<br />
tätig war: Als Taiichi Ohno eines Tages einen Mitarbeiter<br />
beobachtete, der nachlässig einen Behälter<br />
Material ohne Kanban vom vorgelagerten Prozess<br />
abgriff, donnerte er: „Wer bist Du <strong>und</strong> wo kommst<br />
Du her? Wie kommst Du dazu, zu glauben, Du hättest<br />
irgendein Recht, dieses Material hier anzufordern?<br />
Zeig mir Deine Kanban!“ Eine Kanban-Karte, so wird<br />
auch heute noch bei Toyota gelehrt, ist ein geldwertes<br />
Papier <strong>und</strong> als solches zu behandeln. Ich habe<br />
sogar Kanban-Karten gesehen, auf denen der Wert<br />
der damit abrufbaren Teile vermerkt war.<br />
Kanban-Demokratie<br />
In japanischen Quellen wie auch bei John Shook<br />
stößt man auf den von Ohno geprägten Begriff der<br />
Kanban-Demokratie, den er wie folgt erklärt: Egal
wem von all diesen unterschiedlichen Menschen<br />
ich den Auftrag erteile, er produziert nur, was auf<br />
dieser Kanban-Karte steht. Die Kanban-Karte sagt<br />
uns, wie viel von einem Teil zum jetzigen Zeitpunkt<br />
verbraucht wird… Nur, was auf der Kanban-Karte<br />
steht, ist Realität. Das ist Kanban-Demokratie. Die<br />
Kanban-Demokratie muss eingehalten werden.<br />
Der Begriff Kanban-Demokratie impliziert jedoch,<br />
dass eine Reaktion (Diskussion) auf der Basis dieser<br />
Kritik durchaus im Sinne des Kritikers ist (s. auch<br />
J.Shook „Toyota Shiki A3 Purosesu de shijikaikaku“ ,<br />
Nikkan Kougyou Shinbunsha 2010 oder „Managing<br />
to Learn“ engl. Ausgabe).<br />
Nachdem die Anwendung der Kanban, bedingt<br />
durch Produktvielfalt, zahlreiche vorgeschaltete<br />
Prozesse <strong>und</strong> Lieferanten, immer komplexer wurde,<br />
schrieb Taiichi Ohno das Kanban-System 1978 <strong>für</strong><br />
Schulungszwecke fest. „ Das Kanban ist das „Just“ in<br />
„Just-In-Time“ schreibt er.<br />
Eine Geschichte, die ich selbst in einem Werk der<br />
Toyota-Gruppe erlebt habe, hätte Ohno sicherlich<br />
zufrieden schmunzeln lassen: In diesem Werk gab<br />
es eine ältere Dame, die mit einem Einkaufswagen<br />
die Kanban-Karten aus der Montage einsammelte.<br />
Man nannte sie nur die „Kanban-Oma“. Sie hatte die<br />
Aufgabe, diese Kanban-Karten zum „Kanban-Tower“<br />
(Steuerungsbüro) zu bringen. Die Dame nahm ihre<br />
Aufgabe sehr ernst. Sie hielt auf die Minute genau<br />
an den Kanban-Briefkästen. Ein „junger Sp<strong>und</strong>“,<br />
der seine Karten leicht verschmutzt <strong>und</strong> mit umgeknickten<br />
Ecken noch schnell in den Briefkasten warf,<br />
musste die Karten nach einer ausgiebigen Schimpfkanonade<br />
der „Kanban-Oma“ wieder entnehmen,<br />
putzen <strong>und</strong> dann persönlich zum „Kanban-Tower“<br />
bringen. Verantwortung, Sorgfalt <strong>und</strong> Achtsamkeit<br />
sind Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> das Kanban-System ebenso<br />
wie <strong>für</strong> alle Verbesserungsmethoden.<br />
Kanban-Regal mit One-Point-Lessons zur Anwendung<br />
Kanban<br />
Kanban in der Praxis<br />
von Barbara Ölschleger<br />
Man nehme ein Stück Papier, schreibe notwendige<br />
Informationen wie Stückzahl, Artikelnummer<br />
etc. darauf, füge einen ordentlichen Schuss Disziplin<br />
hinzu <strong>und</strong> lasse diesen Zettel zwischen Prozessen<br />
oder Zulieferern kreisen ... <strong>und</strong> bekommt<br />
so eines der effektivsten <strong>und</strong> effizientesten bestandsorientierten<br />
Steuerungssysteme: Kanban.<br />
Dass es nicht ganz so einfach ist, musste schon<br />
Taiichi Ohno bei der Einführung dieses Systems<br />
bei Toyota vor mehr als 60 Jahren erkennen. Den<br />
anfänglichen Widerstand – sowohl im eigenen<br />
Werk als auch bei den Zulieferern – konnte er<br />
nur durch den Nachweis des Nutzens brechen.<br />
Kanban erlebt in der westlichen Welt seit einigen<br />
Jahren einen neuen Boom. Und es lohnt sich,<br />
einen Blick auf diese einfache, aber wirksame<br />
Steuerungsmethode zu werfen.<br />
Bei der einfachsten Form werden auf einer Karte<br />
die notwendigen Informationen eingetragen.<br />
Dazu gehören Benennung des Teils, Artikelnummer,<br />
Barcode, Teile pro Behälter, Anzahl der<br />
im Umlauf befindlichen Kanbans, Behältertyp,<br />
mit dem die Teile transportiert werden, sowie<br />
Bezeichnung der Prozesse, zwischen denen die<br />
Kanban hin- <strong>und</strong> her gehen <strong>und</strong> Stellplatz des<br />
Behälters. Zu empfehlen ist auch eine Abbildung<br />
des Bauteils oder die Angabe der Farbe<br />
des Artikels.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich werden bei Toyota zwei Hauptgruppen<br />
von Karten unterschieden: Die Produktions-Kanban,<br />
mit der die Produktion angestoßen<br />
wird, <strong>und</strong> die Beschaffungs-Kanban, mit<br />
der eine Bestellung (bei einem Zulieferer oder<br />
dem vorgelagerten Prozess) ausgelöst wird.<br />
Wußten Sie schon…<br />
…dass der erste betriebliche Verbesserungsvorschlag<br />
1898 in den USA bei Eastman Kodak eingebracht<br />
wurde? Die Idee, die Fenster zu putzen,<br />
<strong>und</strong> damit einen helleren Arbeitsplatz zu gestalten,<br />
wurde damals mit 2 US Dollar prämiert. In Japan<br />
tauchten die ersten Verbesserungsvorschläge 1905<br />
bei Kanebo auf. Seinen durchschlagenden Erfolg<br />
erzielte das Betriebliche Vorschlagwesen jedoch<br />
erst nach dem zweiten Weltkrieg. Der Unterschied<br />
zwischen japanischen <strong>und</strong> westlichen Verbesserungsvorschlägen<br />
liegt vor allem darin, dass<br />
japanische eher auf die Verbesserung des eigenen<br />
Arbeitsplatzes gerichtet sind <strong>und</strong> westliche den<br />
Kostenfaktor stärker betonen.<br />
55
Büromateriallager im CE<strong>TPM</strong>-Lehrbüro: Mit Kanban werden hohe Bestände<br />
vermieden <strong>und</strong> rechtzeitiger Nachschub gesichert.<br />
6<br />
Kanban - mehr als nur Karten<br />
Im Laufe der Zeit entstanden die Signal-Kanban <strong>für</strong><br />
eine oft wiederkehrende Produktion in Losgrößen<br />
<strong>und</strong> die Transport-Kanban. Neben der Art der Kanban<br />
gibt es <strong>für</strong> die Form selber einige Varianten: Waren<br />
es anfangs wirklich nur Karten, so sind es heute oft<br />
Behälter, die als Kanban bezeichnet werden. Und<br />
mit dem Fortschritt elektronischer Systeme gibt es<br />
inzwischen eKanbans. Hier wird der Materialfluss<br />
hauptsächlich mit Barcodes <strong>und</strong> elektronischen<br />
Nachrichten gesteuert <strong>und</strong> auf den Einsatz von<br />
physischen Mitteln weitgehend verzichtet. Es stehen<br />
auch Apps <strong>für</strong> iPad <strong>und</strong> Co. zur Verfügung, um<br />
Kanbans mit diesen mobilen Geräten zu verwalten<br />
<strong>und</strong> zu bearbeiten.<br />
Kanban versus IT<br />
Hat Kanban als Instrument aus den Anfängen der<br />
modernen Produktion überhaupt eine Chance gegen<br />
hochkomplexe MRP- oder ERP-Systeme wie sie<br />
heute weit verbreitet sind? Es spricht einiges da<strong>für</strong>.<br />
Die verwendeten Informationen werden nahe am<br />
Gemba (Ort des Geschehens) erfasst, verarbeitet<br />
<strong>und</strong> eingesetzt. Es kommt dadurch zu einer Dezentralisierung,<br />
die <strong>für</strong> Transparenz <strong>und</strong> geringere<br />
Störanfälligkeit sorgt. Experten diskutieren häufig<br />
darüber, ob Kanban bei hoher Variantenvielfalt <strong>und</strong><br />
hohen Schwankungen in der Produktion eingesetzt<br />
werden kann. Toyota zum Besipiel steuert Exoten,<br />
Normteile, Teile mit hoher Änderungsfrequenz <strong>und</strong><br />
Großteile (Sequenzsteuerung) nicht mit Kanban.<br />
Die Annahme, Kanban sei nicht geeignet bei großen<br />
Schwankungen, sollte man näher betrachten.<br />
Das bedeutet nämlich, dass Schwankungen nicht<br />
als Verschwendung erkannt <strong>und</strong> abgebaut werden.<br />
Dabei liegt gerade hier die Chance, durch den Einsatz<br />
von Kanban Verschwendung zu eliminieren:<br />
Kanban-Steuertafel in einem Montagebereich. Direkt an Gemba<br />
herrscht Transparenz <strong>für</strong> alle.<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> einen gut funktionierenden<br />
Kanban-Kreislauf sind durch die Produktionsplanung<br />
geglättete Prozesse (Heijunka).<br />
Meist ist die Einführung eines Kanbansystems an<br />
das Bestreben, Bestände zu reduzieren, gekoppelt.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, sollten folgende Regeln<br />
beachtet werden:<br />
1. Es wird nur vom vorgelagerten Prozess nachbestellt,<br />
was tatsächlich verbraucht wurde.<br />
2. Der vorgelagerte Prozess produziert nur die<br />
durch die Kanban entnommenen Teile in der<br />
Reihenfolge wie diese entnommen wurden.<br />
3. Ohne Kanban wird weder produziert noch transportiert.<br />
4. Die Kanbaneinheit (Karte, Behälter ...) wird tatsächlich<br />
bewegt.<br />
5. Ausschuss wird nicht an den Nachfolgeprozess<br />
weitergeleitet.<br />
6. Die Anzahl der Kanbaneinheiten wird ständig<br />
reduziert.<br />
Besonders der letzte Punkt wird oft übersehen. Es<br />
existieren zahlreiche Formeln <strong>und</strong> EDV-Programme,<br />
um die Anzahl der notwendigen Karten bei der Einführung<br />
von Kanban zu berechnen. Bei vielen dieser<br />
Formeln ist von Sicherheitsbeständen (Umlaufbeständen)<br />
zwischen den Produktionsprozessen die<br />
Rede. Bezeichnend ist, dass solche Umlaufbestände<br />
(Work in Process, WiP) in Japan nur als letztes Mittel<br />
eingesetzt werden, um Schwankungen aufzufangen.<br />
Die Anzahl der Kanban <strong>und</strong> damit von WiP ist in Japan<br />
Gegenstand ständiger Verbesserungsaktivitäten.<br />
Damit ist Kanban ein echtes Lean-Werkzeug. Obwohl<br />
die Idee, die hinter Kanban steckt, relativ einfach ist,<br />
erweist es sich oft als schwierig, das System in der Pra-
xis umzusetzen. Die Einführung von Kanban besteht<br />
nicht einfach nur aus beschriebenen bunten Karten<br />
oder Zetteln. Vielmehr steckt dahinter eine völlig<br />
neue Produktionsphilosophie – die Umstellung von<br />
schiebend (push) auf ziehend (pull). Oftmals wird<br />
die Pflege des Kanban-Systems (z.B. die ständige<br />
Anpassung der Kartenzahl an den K<strong>und</strong>enbedarf<br />
Wir stellen vor: Taiichi Ohno<br />
Um kaum einen anderen Mann aus der Produktion<br />
kursieren so viele Episoden <strong>und</strong> Geschichten wie um<br />
Taiichi Ohno. Die wohl bekannteste Anekdote ist die<br />
vom Kreidekreis, den er vor einer Maschine aufmalte<br />
<strong>und</strong> dem zuständigen Bereichsleiter befahl: Du stellst<br />
Dich jetzt <strong>für</strong> eine Weile in diesen Kreis <strong>und</strong> sagst mir<br />
hinterher, was Du gesehen hast! Ohno galt als laut<br />
<strong>und</strong> sehr präsent im Auftreten <strong>und</strong> als heißblütiger<br />
Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />
<strong>und</strong> die Reduzierung der Karten nach Verbesserungsaktivitäten,<br />
die eine Bestandsreduzierung bewirken)<br />
stark vernachlässigt. Das hat zur Folge, dass der<br />
gewünschte Effekt meistens ausbleibt. Viele geben<br />
dann das System mit den Worten „Bei uns funktioniert<br />
so was eben nicht…“ wieder auf. Kanban erfordert<br />
auf allen Ebenen einen h<strong>und</strong>ertprozentigen Einsatz.<br />
Toyota stellt die unterschiedlichen Arten des Kanban grafisch dar: Beschaffungskanban (links) <strong>und</strong> Produktionskanban (rechts).<br />
Quelle: www.toyota.co.jp/jpn/company/vision/production_system/just.html<br />
„Kniet Euch rein<br />
<strong>und</strong> gebt nicht auf,<br />
wenn Ihr etwas<br />
begonnen habt.<br />
Sonst wird es Euch<br />
zur Gewohnheit<br />
werden, Dinge unerledigt<br />
zu lassen.“<br />
Taiichi Ohno<br />
Foto: Toyota<br />
Kämpfer <strong>für</strong> das Ideal, das er selbst entwarf: die<br />
Just-in-Time-Produktion. 1912 in der Mandschurei<br />
geboren, absolvierte er an der technischen Universität<br />
Aichi ein Studium im Maschinenbau <strong>und</strong> bekam<br />
eine Anstellung bei Toyoda Loom Chairs Co.Ltd.,<br />
dem Betrieb, aus dem kurze Zeit später die heutige<br />
Toyota Motors Corp. entstand. Bald arbeitete er Seite<br />
an Seite mit Eiji Toyoda an der Verbesserung der<br />
Produktionsabläufe. 1978 erschien sein Buch „Das<br />
Toyota Produktionssystem“, in dem er in einfacher<br />
Sprache <strong>und</strong> sehr überzeugend die Philosophie, die<br />
Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> die Verbesserungswerkzeuge des<br />
TPS beschreibt. Dass dieses Buch Pflichtlektüre an<br />
den japanischen Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen ist,<br />
versteht jeder, der es selbst gelesen hat.<br />
Taiichi Ohno starb 1990. Seine engsten Mitstreiter<br />
verließen kurz nach seinem Tod das Unternehmen,<br />
um als Berater die Ideen von Just-in-Time, Fließfertigung<br />
<strong>und</strong> Pull-Prinzip in die Welt zu tragen.<br />
7
Es begann vor zweieinhalb Jahren: Michael Ultsch<br />
wurde bei ERZ Entsorgung + Recycling Zürich Leiter<br />
des Geschäftsbereichs Stadtreinigung. Von seinem<br />
vorherigen Arbeitgeber, der SR Technics war er<br />
eine systematische Vorgehensweise gewohnt. Er<br />
erkannte bald das Optimierungspotenzial in den<br />
Prozessen der Stadtreinigung <strong>und</strong> dem Parkdienst<br />
des Fuhrparkes. Zunächst erntete er Skepsis bei<br />
den Mitarbeitenden als er mithilfe eines externen<br />
Beraters begann, die Teams dazu anzuleiten, mit<br />
5S eine Basis-Ordnung in den Werkhöfen <strong>und</strong> den<br />
Stützpunkten der Stadtreinigung zu schaffen. Es<br />
gibt insgesamt drei Werkhöfe <strong>und</strong> zwölf Stützpunkte.<br />
Begonnen wurde an den drei Werkhöfen. Die<br />
Kaizenphilosophie war neu <strong>für</strong> die Mitarbeitenden.<br />
Zögerlich wurde begonnen, systematisch Ordnung<br />
8<br />
<strong>TPM</strong>/Kaizen jenseits der Produktion<br />
Tipptopp: Kaizen bei der Stadtreinigung<br />
Stadtreinigung von Zürich bringt Gerätepark auf Vordermann<br />
Kaizen, Lean, <strong>TPM</strong>... die Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung ist in vielen Produktionsbetrieben integraler<br />
Bestandteil, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Den Beweis, dass die tägliche Jagd nach Verlusten <strong>und</strong><br />
Verschwendung auch jenseits der Fabrikhallen funktioniert, liefert die Stadtreinigung Zürich. Zu verdanken<br />
ist dies in hohem Maße dem Geschäftsbereichsleiter Michael Ultsch, der zuvor bei der Firma SR Technics die<br />
Kaizen-Philosophie kennen- <strong>und</strong> schätzen gelernt hatte.<br />
Gr<strong>und</strong>reinigung im Sinne von „Reinigen ist prüfen“ als Ausgangsbasis<br />
<strong>für</strong> einen intakten Fuhrpark <strong>und</strong> schnellen Zugriff<br />
Die Stadtreinigung Zürich<br />
Alle Dienstleistungen dienen der Sauberkeit <strong>und</strong> der Förderung<br />
der Lebensqualität in der Stadt Zürich. Fast r<strong>und</strong> um<br />
die Uhr reinigen mehr als 215 Mitarbeitende 770 Kilometer<br />
öffentliche Straßen, 1100 Kilometer Fußwege <strong>und</strong> alle Haltestellen<br />
der Zürcher Verkehrsbetriebe. Sie säubern sowohl<br />
Tunnel als auch Personenunterführungen in der Stadt <strong>und</strong><br />
pflegen sogar den Zürichsee, die Limmat sowie zahlreiche<br />
Bäche. Die Stadtreinigung hält auch die öffentlichen Parks<br />
sauber <strong>und</strong> rückt Graffiti zu Leibe.<br />
Mit 8 Mio. m² hat der öffentliche Gr<strong>und</strong> die Fläche von 1000<br />
Fußballplätzen. Die Stadtreinigung sammelt jährlich r<strong>und</strong><br />
9300 t Wischgut, das Gewicht des Eiffelturms. R<strong>und</strong> 20 % des<br />
Wischguts wird wiederverwertet.<br />
Eine klare Kennzeichung vereinfacht die Wartung der Geräte.<br />
Nachfragen entfallen, jeder kann mitanpacken<br />
zu schaffen, Geräte <strong>und</strong> Werkzeuge zu reinigen, zu<br />
sortieren <strong>und</strong> durch visuelles Management die Wartung<br />
zu vereinfachen. Ziel ist es, dass bis Ende 2012<br />
alle Werkhöfe mit 5S eine Ausgangsbasis <strong>für</strong> weitere<br />
Optimierungen geschaffen haben. Die Startschwierigkeiten<br />
wurden aber sehr schnell überw<strong>und</strong>en.<br />
Heute ist das System beim Personal anerkannt. Kleine<br />
Stützpunkte werden vor Ort von der Belegschaft, mit<br />
Unterstützung der Koordinatoren, sehr professionell<br />
<strong>und</strong> funktional eingerichtet. Das Resultat spricht <strong>für</strong><br />
sich. Frisch eingerichtet <strong>und</strong> mit Farbe aufgewertet<br />
sind die Lokalitäten der Stadtreinigung Zürich heute<br />
wieder exemplarische Vorzeige-Arbeitsplätze.<br />
Neuland <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />
Um die Kaizen-Philosophie erfolgreich <strong>und</strong> dauerhaft<br />
zu verankern, finden regelmäßig Schulungen<br />
der Mitarbeitenden statt. Viel Wert wird dabei auf<br />
die praktische Ausbildung direkt vor Ort gelegt.<br />
Unterstützung bei der Mitarbeiterschulung <strong>und</strong> den<br />
5S-Aktionen erfahren die Teams der Stadtreinigung<br />
durch Alexander Grombach vom CE<strong>TPM</strong>. „Es ist spannend,<br />
da Kaizen auf diesem Gebiet <strong>für</strong> beide Parteien<br />
Neuland ist“ erzählt Michael Ultsch. Von Vorteil sei es,<br />
dass Alexander Grombach die Sprache seiner Leute<br />
spreche <strong>und</strong> sich in dem handwerklichen Umfeld<br />
bestens auskenne. „Die Menschen vor Ort erfahren<br />
eine optimale Mischung aus Theorie <strong>und</strong> praktischer
Alexander Grombach (Mitte) hat an der Herausforderung „Kaizen<br />
bei der Stadtreinigung“ ebenso viel Spaß wie die Mitarbeitenden<br />
Umsetzung“ betont er. Alexander Grombach verstehe<br />
es, Wissen <strong>und</strong> Motivation zu vermitteln ohne zu<br />
belehren. Das komme bei seinen Mitarbeitenden<br />
gut an. Als erfahrener Kaizen-Coach <strong>und</strong> -Trainer ist<br />
Alexander Grombach begeistert von den Möglichkeiten,<br />
die sich in dem <strong>für</strong> ihn ungewohnten Umfeld<br />
eröffnen. „Mit viel Begeisterung haben sich die Teams<br />
an die Arbeit gemacht <strong>und</strong> gereinigt, aussortiert, neu<br />
geordnet <strong>und</strong> beschriftet“ freut er sich.<br />
Fahrzeuge schneller einsatzbereit<br />
Erstes deutliches Ergebnis ist laut Michael Ultsch,<br />
dass die Rüstzeit der Reinigungsfahrzeuge, bevor<br />
sie morgens um 7 Uhr ausrücken, von ursprünglich<br />
ca. 20 Minuten auf ca. 10 Minuten reduziert wurde.<br />
Betriebsdaten werden manuell erfasst, darum sei es<br />
schwierig, weitere konkrete Ergebnisse im Minuten-<br />
takt zu beziffern. Fühl- <strong>und</strong> sichtbar seien die neu entstandenen<br />
Ordnungssysteme. Besonders mache sich<br />
die optimierte Ordnung im Winterdienst bemerkbar.<br />
Materialien <strong>für</strong> Schneeräumfahrzeuge wie Kabel <strong>und</strong><br />
Steuerungsgeräte wurden bereits im Frühjahr auf<br />
Funktionsfähigkeit überprüft <strong>und</strong> in Boxen geordnet.<br />
Somit entfalle die bisher eintretende Hektik im Falle<br />
eines plötzlichen Wintereinbruchs. Von externen<br />
Unternehmen, die Unterstützung leisten, kam schon<br />
positives Feedback. Die Mitarbeitenden schätzen<br />
auch das neu eingeführte Kanban-System <strong>für</strong> Verbrauchsmaterialien<br />
wie Glühlampen <strong>für</strong> Fahrzeuge.<br />
Laut Planung sind Ende des Jahres die 5S-Aktivitäten<br />
in allen Einheiten abgeschlossen. Künftig sollen interne<br />
<strong>und</strong> externe Audits <strong>für</strong> Nachhaltigkeit sorgen.<br />
Weitere Ziele sind die Durchleuchtung der Prozesse<br />
<strong>und</strong> die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden<br />
durch Qualifizierungsmaßnahmen. Eine Hürde im<br />
Verbesserungsprozess ist laut Michael Ultsch, dass<br />
etwa 40 Prozent der Mitarbeitenden die deutsche<br />
Sprache nicht gut beherrschen. Sprachkurse <strong>und</strong><br />
visuelles Management sollen Abhilfe schaffen. Bei<br />
Dokumentation <strong>und</strong> Arbeitsanweisungen setzt<br />
man auf bildhafte Darstellung, zum Beispiel durch<br />
Piktogramme.<br />
Gezielte Suche nach Kaizen-Experten<br />
Dokumentation <strong>und</strong> Etablierung des Verbesserungsprozesses<br />
erfordern laut Michael Ultsch einen<br />
beträchtlichen Initialaufwand <strong>und</strong> es braucht<br />
Menschen mit Verständnis. Deshalb suche man bei<br />
Stellenausschreibungen auch nach Bewerbern mit<br />
Kaizen-Vergangenheit.<br />
Durch regelmäßige Reinigung, Pflege <strong>und</strong> Wartung sind die Einsatzfahrzeuge stets bereit. Benötigtes Material, zum Beispiel <strong>für</strong> den Winterdienst,<br />
wurde neu geordnet <strong>und</strong> ist jetzt schneller auffindbar.<br />
9
Zum Makigami-Fan wurde Niklaus Moser, Leiter Controlling<br />
+ Logistic Services bei der B. Braun Medical<br />
AG in Escholzmatt/Schweiz. Er besuchte vor zwei<br />
Jahren im Lehrbüro Herrieden den Kurs „Lean Office<br />
Master“. Auslöser war seine Ernennung zum „Säulen-<br />
Verantwortlichen“ <strong>für</strong> die Säule Administration des<br />
Referenzmodells <strong>für</strong> Operational Excellence, an dem<br />
sich das Werk Escholzmatt orientiert. Einige Lean-<br />
Methoden wie 5 S waren ihm schon aus dem Produktionsbereich<br />
bekannt. Im Lehrbüro wollte er sein Knowhow<br />
vervollständigen. „In diesem Kurs hat die Chemie<br />
gestimmt, <strong>und</strong> durch das praktische Arbeiten in der<br />
Gruppe habe ich viele neue Impulse bekommen“ erinnert<br />
er sich. Besonders die Methode Makigami zur<br />
Visualisierung der Abläufe <strong>und</strong> Schwachstellen kommt<br />
bei Niklaus Moser seither regelmäßig zum Einsatz.<br />
Lean geht alle an<br />
Der ausgebildete Controller sieht die Hauptaufgabe<br />
von Lean darin, den ges<strong>und</strong>en Menschenverstand<br />
wieder ins Unternehmen zu bringen. „Lean bedeutet:<br />
Mach’s im Unternehmen wie zuhause“ so der Ansatz<br />
von Niklaus Moser. „Wenn dies alle befolgten, dann<br />
würde jeder vernünftig mit Geldmitteln <strong>und</strong> anderen<br />
Ressourcen umgehen“. Er sieht Lean als ganzheitliche<br />
Philosophie <strong>und</strong> nicht als Turbo oder W<strong>und</strong>ermittel.<br />
Bei B. Braun Medical in Escholzmatt gibt es da<strong>für</strong> keine<br />
Stabsstellen. „Lean ist nicht nur Chefsache, Lean ist<br />
Philosophie <strong>für</strong> alle“, betont Niklaus Moser. „Lean muss<br />
gefördert <strong>und</strong> gefordert werden. Ohne überzeugtes<br />
Management <strong>und</strong> motivierte Mitarbeitende braucht<br />
man gar nicht mit den Schulungen beginnen.“ In<br />
Escholzmatt funktioniert es, <strong>und</strong> das Werk hat schon<br />
beachtliche Erfolge erzielt.<br />
Die Ausbildung zum Lean Administration Master<br />
10<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Praxis<br />
Wie im echten Büro-Leben<br />
Großer Lerneffekt durch Simulation von Büroprozessen im Lehrbüro Herrieden<br />
Niklaus Moser (li.) mit anderen Kursteilnehmern im Lehrbüro:<br />
„Die Chemie hat gestimmt“.<br />
Stimmungsbarometer im Lehrbüro: Überwiegend heiter.<br />
besteht aus drei Unterrichts-Modulen à drei Tagen.<br />
Dazwischen liegen Pausen, in denen die Teilnehmer<br />
das Erlernte im eigenen Arbeitsumfeld anwenden.<br />
Im Rückblick hat Niklaus Moser sehr vom Kurs im<br />
Lehrbüro profitiert: „Ich konnte vorhandenes Wissen<br />
auffrischen, neue Blickwinkel einnehmen <strong>und</strong> viel<br />
dazulernen. Der Unterricht war praxisgerecht <strong>und</strong><br />
orientierte sich an einem roten Faden“. Ein Highlight<br />
sei die realistische Simulation eines echten Büroprozesses<br />
<strong>und</strong> das Zusammenspiel der Kursteilnehmer<br />
als Team gewesen.<br />
Aktuell moderiert Niklaus Moser die Durchleuchtung<br />
eines Prozesses, an dem 15 Stellen beteiligt sind. Beim<br />
Makigami stellte sich heraus, dass der Prozess an sich<br />
o.k. ist, es aber etliche Probleme bei der Abstimmung<br />
an den Schnittstellen gibt. Das Problem ist auf dem<br />
Weg zur Lösung <strong>und</strong> Niklaus Moser freut sich, dass<br />
Makigami in den indirekten Bereichen erfolgreich etabliert<br />
werden konnte. Auf die Frage, wo er momentan<br />
noch Verbesserungspotenzial sieht, meint er schmunzelnd:<br />
„Ich wünsche mir einen Makigami-Raum mit<br />
langen fensterlosen Wänden, wo man genug Platz<br />
<strong>für</strong> die Papier-Rollen hat“. Momentan müsse man<br />
sich damit behelfen, die Makigami-Aufzeichnungen<br />
teilweise über den Fenstern zu befestigen.<br />
Lean Office Master -<br />
Der Experte <strong>für</strong> schlanke Prozesse im Büro<br />
Der Kurs „Lean Office Master“ vermittelt das Handwerkszeug<br />
<strong>für</strong> Office Excellence.<br />
Drei Unterrichtsblocks à drei Tage im Lehrbüro<br />
Projektaufgaben im eigenen<br />
Unternehmen zwischen den<br />
Blocks bringen Sofort-Erfolge<br />
www.cetpm.de/lean-office
Welche Vorteile bietet Kanban einem Unternehmen?<br />
Kanban ist ein gezieltes Lagersystem, wobei Bestände<br />
als Mittel zum Zweck eingesetzt werden. Durch Kanban<br />
werden Abläufe transparenter <strong>und</strong> die Bestände<br />
verringern sich. Insgesamt sinkt der Aufwand <strong>für</strong> die<br />
Versorgung mit Material <strong>und</strong> Teilen. Die Menschen<br />
übernehmen mehr Eigenverantwortung an ihrem<br />
Arbeitsplatz.<br />
Für welche Bereiche eignet sich Kanban?<br />
Viele glauben, Kanban sei nur <strong>für</strong> gleichbleibende Abnahmen<br />
geeignet. Das stimmt nur bedingt: Auch bei<br />
schwankenden Abnahmemengen kann eine Kanban-<br />
Lösung durchaus ein geeigneter Weg sein, um die<br />
Abläufe zu verschlanken. Sicher muss man versuchen,<br />
Klarheit über das Abnahmeverhalten zu bekommen.<br />
Aber es gibt eine ganze Reihe von Ansätzen, wie man<br />
auch bei schwankenden Abnahmemengen Kanban<br />
einführen kann – ich denke dabei an das sogenannte<br />
„gesteuerte Kanban“, das bei extremen Schwankungen<br />
hilfreich ist. So werden zum Beispiel bei Sonderaktionen<br />
im Vorfeld die Bestände im Kanban-Lager<br />
angehoben.<br />
Wichtig ist es, dass man die unterschiedlichen Parameter<br />
beachtet. Dazu gehören das Abnahmeverhalten<br />
der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> das Verhalten im Lieferprozess. Wie<br />
schnell <strong>und</strong> flexibel sind die Lieferanten <strong>und</strong> wie können<br />
Schwankungen ausgeglichen werden?<br />
Worauf muss man bei der Einführung von Kanban<br />
achten?<br />
Eine gründliche Vorbereitung ist unbedingt notwendig.<br />
Die Prozesskette muss gut durchdacht sein <strong>und</strong><br />
eventuell schon im Vorfeld optimiert werden. Wichtig<br />
ist eine gute <strong>und</strong> gründliche Schulung der Mitarbeiter.<br />
Sie müssen verstehen, wie Kanban funktioniert<br />
<strong>und</strong> sich darüber bewußt sein, dass die Kanbankarte<br />
die Nervenzelle des Systems ist. Nur wer die Auswirkungen<br />
einer fehlenden Karte kennt wird darauf<br />
bedacht sein, diese nicht versehentlich im Blaumann<br />
verschwinden zu lassen. Die Einführung von Kanban<br />
sollte schrittweise erfolgen, mit der Möglichkeit, aus<br />
Erfahrungen zu lernen. Hier eignet sich das Vorgehen<br />
gemäß dem PDCA-Zyklus.<br />
Kanban ist ja nicht neu. Ist diese Methode überhaupt<br />
noch aktuell?<br />
Ja, Kanban wurde bereits in den 1950iger Jahren erstmals<br />
in Japan angewandt. Kanban ist heute aktueller<br />
denn je, denn die Senkung von Beständen <strong>und</strong> die<br />
Experten-Interview<br />
Dr. Thomas Klevers zum Thema Kanban<br />
Dr. Thomas Klevers, Buchautor <strong>und</strong> Experte <strong>für</strong> Kanban,<br />
Wertstrom-Management <strong>und</strong> Materialeffizienz<br />
Reduzierung von Durchlaufzeiten sind hochaktuelle<br />
Themen. Ein hoher Aufwand <strong>für</strong> die dauernde Planung<br />
<strong>und</strong> Organisation von Materiallieferungen steht den<br />
Bemühungen um Flexibilität <strong>und</strong> Steigerung der Effizienz<br />
im Weg. Und genau hier setzt Kanban an.<br />
Wird Kanban denn ausreichend eingesetzt?<br />
Wir schätzen den Durchdringungsgrad von Kanban<br />
auf etwa 30 Prozent der möglichen Anwendungsfälle.<br />
Hier liegt also noch ein erhebliches Potenzial. So kann<br />
zum Beispiel auch beim C-Teile-Management oder bei<br />
Hilfs- <strong>und</strong> Betriebsstoffen wie Schmierölen, Schweißdraht<br />
etc. durch den Einsatz von Kanban viel Zeit <strong>und</strong><br />
Geld eingespart werden. Leider wird dieses Potezial<br />
<strong>für</strong> Optimierungen häufig nicht erkannt.<br />
Warum nutzen Unternehmen Kanban nicht öfter,<br />
um dieses Potenzial zu erschließen?<br />
Ich habe beobachtet, dass viele Unternehmen sich<br />
lieber auf EDV-Lösungen <strong>und</strong> ihre Dispositionsprogramme<br />
verlassen als auf Kreisläufe, die anhand von<br />
Karten <strong>und</strong> durch die Mitarbeiter am Ort des Geschehens<br />
gesteuert werden.<br />
Außerdem bedeutet die Einführung von Kanban, dass<br />
ein Unternehmen sich gründlich mit den Abläufen<br />
beschäftigen <strong>und</strong> diese vorplanen muss. Es gilt, die Zulieferprozesse<br />
zu untersuchen <strong>und</strong> nach Möglichkeit<br />
zu optimieren. Und genau hier liegt ein wesentlicher<br />
Vorteil, aber auch eine Herausforderung: Kanban<br />
bedeutet gleichzeitig den Eintritt in einen kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess. Vielleicht <strong>für</strong>chten sich<br />
viele Menschen in den Unternehmen gerade vor der<br />
dazu notwendigen Veränderung ...<br />
11
<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong>: <strong>Feuer</strong> <strong>und</strong> <strong>Flamme</strong> <strong>für</strong> <strong>TPM</strong><br />
Werker aus der Produktion <strong>und</strong> Instandhalter ziehen an einem Strang<br />
<strong>TPM</strong> ganz individuell: Mit KAT (Kooperative Anlagentechnik) gestalten Instandhaltung <strong>und</strong> Produktion im<br />
Bereich <strong>Feuer</strong>verzinkung der <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> gemeinsam ein Verbesserungs- <strong>und</strong> Instandhaltungsprogramm,<br />
das speziell auf ihre Anforderungen zugeschnitten ist. Im Rahmen des 7. CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffens<br />
öffnete das Stahlwerk seine Pforten <strong>und</strong> ließ die Besucher an den <strong>TPM</strong>-Erfolgen teilhaben.<br />
Nicht nur das Licht des flüssigen Eisens erhellte<br />
die Gesichter der Gäste beim R<strong>und</strong>gang durch den<br />
Hochofenbereich. „Es war faszinierend, direkt am<br />
Hochofen zu stehen“ erzählt Markus Bruder, der die<br />
Veranstaltung als Mitglied des CE<strong>TPM</strong>-Orgateams<br />
begleitete. Die r<strong>und</strong> 30 Teilnehmer aus unterschiedlichsten<br />
Branchen waren sehr beeindruckt<br />
von der perfekten Umsetzung von <strong>TPM</strong> Stufe 3 in<br />
der riesigen, 50 Meter hohen <strong>und</strong> 350 Meter langen<br />
<strong>Feuer</strong>verzinkungsanlage. Dort werden Bleche <strong>für</strong> die<br />
Automobilindustrie oder „weiße Ware“ verzinkt. Der<br />
saubere, nahezu staubfreie Bereich wird höchsten<br />
Qualitätsanforderungen gerecht. Im Rahmen des<br />
2007 initiierten <strong>TPM</strong>-Programmes KAT arbeiten Produktionsmitarbeiter<br />
<strong>und</strong> Instandhalter Tag <strong>für</strong> Tag<br />
gemeinsam daran, die Anlagen in gutem Zustand zu<br />
halten <strong>und</strong> kontinuierlich zu optimieren.<br />
AT- Tätigkeiten durch die Produktion<br />
Eigenes <strong>TPM</strong>-Haus mit drei Säulen<br />
<strong>TPM</strong> wurde als Pilotprojekt im Bereich „Kaltflach“<br />
von dem Produktionsleiter Alexander Georgiew <strong>und</strong><br />
Dr. Stefan Meiners, Leiter Instandhaltung, ins Leben<br />
12<br />
Beseitigung von<br />
Schwerpunktproblemen<br />
Unternehmensziele<br />
beschrieben durch Kennzahlen<br />
Stufe 1<br />
Gr<strong>und</strong>inspektion<br />
durchführen<br />
KAT Tätigkeiten<br />
durch die<br />
Produktion<br />
Stufe 2<br />
Anwenden der<br />
KAT-<br />
Systematik<br />
Dr. Stefan Meiners (links) <strong>und</strong> Alexander Georgiew (rechts)<br />
brachten Produktion <strong>und</strong> Instandhaltung durch <strong>TPM</strong> auf eine<br />
Linie. Bei der Gr<strong>und</strong>instpektion packen sie selbst mit an.<br />
gerufen. Aktuell sind zwei <strong>Feuer</strong>verzinkungsanlagen<br />
aktiv als „Keimzelle“ <strong>für</strong> <strong>TPM</strong>. Auf Wunsch der Geschäftsleitung<br />
soll <strong>TPM</strong> am gesamten Standort ausgerollt<br />
werden. „Einige der klassischen <strong>TPM</strong>-Säulen<br />
wie Arbeitssicherheit oder vorbeugende Instandhal-<br />
Durchführen<br />
von<br />
gr<strong>und</strong>legenden<br />
Instandhaltun<br />
gstätigkeiten<br />
Durchführen<br />
von<br />
weitergehendenInstandhaltungstätigkeiten<br />
Abweichend vom „klassischen“ <strong>TPM</strong>-Haus wurde das KAT-Haus erstellt. Viele der anderen Säulen des „klassischen“ <strong>TPM</strong>-Hauses sind<br />
bereits in einem Managementsystem abgebildet <strong>und</strong> müssen somit nicht noch einmal „neu erf<strong>und</strong>en“ werden.<br />
Stufe 3<br />
Stufe 4<br />
Ordnung <strong>und</strong> Sauberkeit<br />
Schulung, Training <strong>und</strong><br />
Beratung<br />
Die Ausgestaltung des KAT-Hauses orientiert sich am Handlungsleitfaden
tung waren bei uns bereits im Managementsystem<br />
abgebildet“, erklärt Dr. Meiners. Deshalb habe man<br />
ein eigenes <strong>TPM</strong>-Haus entwickelt, das aus drei Säulen<br />
besteht: Beseitigung von Schwerpunktproblemen,<br />
Selbstständige Instandhaltung <strong>und</strong> Schulung,<br />
Training <strong>und</strong> Coaching. Großen Wert lege man auf<br />
die kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiter,<br />
die bereits Früchte trage: „Bereiche, die früher total<br />
unbeliebt waren, sind heute wieder in einem guten<br />
Zustand. Die Mitarbeiter haben selbst die Anlage<br />
auf Vordermann gebracht <strong>und</strong> betrachten sie jetzt<br />
als ihre Anlage.“<br />
Individuelle Vorgehensweise<br />
Die KAT-Teams bedienen sich individuell aus der<br />
<strong>TPM</strong>-Werkzeugkiste. Viele klassische Dinge passen<br />
bei solchen Großanlagen nicht. Im Rahmen von<br />
Workshops, die über 5S hinausgingen, wurde beispielsweise<br />
der Pumpenwechsel optimiert: Schlauchanschlüsse<br />
funktionieren jetzt mit Bajonett, alles<br />
ist sauber, Rohrleitungen wurden rückgebaut <strong>und</strong><br />
Beschriftungen sorgen <strong>für</strong> Transparenz. Dr. Meiners:<br />
„Wir haben begonnen mit der Gr<strong>und</strong>inspektion <strong>und</strong><br />
dem Saubermachen, kamen aber sehr schnell zur<br />
Best Practice<br />
nachhaltigen Anlagenverbesserung“. Wir haben die<br />
Mitarbeiter am Anfang bremsen müssen, damit sie<br />
nicht zu schnell vorgehen. Denn es sollen ja alle in<br />
der Gruppe mitkommen. „Die Leute wollten mehr,<br />
als nur Reinigungspläne erstellen“. Dies ist sicher auf<br />
den hohen Anteil an Fachkräften in der Produktion<br />
zurückzuführen. Es gibt dort viele ausgebildete<br />
Handwerker wie Elektriker oder Schlosser.<br />
Gezielte Qualifizierungsmaßnahmen sorgen <strong>für</strong> ein<br />
gewisses Level an Wissen in den KAT-Teams. „Die<br />
technische Seite der Trainings können wir selbst<br />
Das Unternehmen<br />
<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Die <strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> ist eine 100%ige Tochter der<br />
<strong>Salzgitter</strong> AG. Sie beschäftigt ca. 4.700 Mitarbeiter am Standort<br />
<strong>Salzgitter</strong>, der eine Fläche von 10 km² einnimmt. Im Bereich<br />
„Kaltflach“ arbeiten ca. 1100 Mitarbeiter.<br />
Die Palette der feuerverzinkten Produkte umfasst höchstwertige<br />
<strong>Flachstahl</strong>produkte, die hauptsächlich in der Automobllindustrie,<br />
dem Bereich Dach <strong>und</strong> Wand <strong>und</strong> bei der „weißen<br />
Ware“, wie z. B. einer Waschmaschine, Anwendung finden.<br />
Die 30 Teilnehmer des Benchmarktreffens kamen aus 15 Firmen, welche die unterschiedlichsten Branchen repräsentierten. So fanden<br />
lebhafte Diskussionen über das Gesehene <strong>und</strong> Erlebte sowie ein reger Erfahrungsaustausch statt.<br />
13
gut abbilden“ betont Dr. Meiners. Das Moderatorentraining<br />
werde von außen eingekauft, vor allem<br />
auch, um psychologische Komponenten im Rahmen<br />
von Rollenworkshops zu vermitteln. Die KAT-Koordinatoren<br />
erhielten ihre <strong>TPM</strong>-Ausbildung durch den<br />
14-tägigen <strong>TPM</strong>-Instruktor-Kurs des CE<strong>TPM</strong>.<br />
Vor einigen Jahren standen laut Dr. Meiners bei der<br />
<strong>Salzgitter</strong> <strong>Flachstahl</strong> <strong>GmbH</strong> intensive Überlegungen<br />
im Raum, die eigenständige Instandhaltung aufzugeben<br />
<strong>und</strong> deren Mitarbeiter in den Produktionsbetrieb<br />
zu integrieren. Doch man habe schnell festgestellt,<br />
dass <strong>für</strong> eine Integration nicht genug Personal vorhanden<br />
war. So hätten die Verantwortlichen gemeinsam<br />
beschlossen, bei der gr<strong>und</strong>sätzlichen Trennung<br />
von Instandhaltung <strong>und</strong> Produktion zu bleiben. Die<br />
Instandhaltung bleibt als Spezialistentruppe erhalten,<br />
doch es werden mehr Aufgaben <strong>und</strong> Freiräume<br />
an Produktionsmitarbeiter übertragen. Da sowohl<br />
der Produktionsleiter als auch der Instandhaltungsleiter<br />
voller Überzeugung hinter dieser Entscheidung<br />
stehen ist allen klar, dass es sich nicht nur um eine<br />
kurzfristige Aktion handelt <strong>und</strong> dass die Interessen<br />
beider Gruppen gewahrt bleiben.<br />
„Wir möchten etwas zurückgeben“<br />
Dr. Meiners <strong>und</strong> sein Kollege Georgiew sind viel in<br />
der <strong>TPM</strong>-Welt unterwegs gewesen <strong>und</strong> haben sich<br />
ihr Wissen selbst erarbeitet, zum Beispiel im Rahmen<br />
von Benchmark-Veranstaltungen. „Wir durften in<br />
den letzten Jahren sehr viel von den Erfahrungen<br />
anderer Unternehmen lernen. Nun sind wir dran,<br />
etwas zurückzugeben“. So die Begründung von Dr.<br />
Meiners <strong>für</strong> die Entscheidung, das Benchmarktreffen<br />
in seinem Werk zu veranstalten. Zuerst sei er nicht<br />
sicher gewesen, ob die Produktions- <strong>und</strong> Instandhaltungsmannschaft<br />
schon weit genug sei, um Best<br />
Practice vorzeigen zu können. Das Feedback der<br />
Teilnehmer belehrte ihn eines besseren: Die Mit-<br />
14<br />
Maßgeschneidertes <strong>TPM</strong><br />
Visualisierung <strong>und</strong> Dokumentation hielten den kritischen Blicken der<br />
Besucher nicht stand. Ein wertvoller Denkanstoß <strong>für</strong> die Mitarbeiter<br />
arbeiter bekamen viel Lob von den Gästen, die ja<br />
teilweise selbst auch gut im Bereich <strong>TPM</strong> unterwegs<br />
sind. „Das Leuchten in den Augen der Mitarbeiter<br />
war <strong>für</strong> die Besucher ein Zeichen, dass sich bei uns<br />
ein Wandel in der Einstellung zur Arbeit vollzogen<br />
hat“, freut sich Dr. Meiners. Selbstverständlich habe<br />
es auch Kritik gegeben, aus der man lernen könne.<br />
So wurde zum Beispiel die unvollständige <strong>und</strong> nicht<br />
aktuelle Dokumentation bemängelt. Diese wird nun<br />
noch mal intern auf den Prüfstand gestellt.<br />
Näher an <strong>TPM</strong> geht nicht<br />
Begeistert waren die Besucher von der Professionalität<br />
bei den Schulungen, denen sie live beiwohnen<br />
durften. Am Tag des CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffens<br />
wurden drei Themen geschult: Effektoren, Schmieren<br />
<strong>und</strong> Filter. Die eingekürzten Schulungen bestanden<br />
jeweils aus einem theoretischen <strong>und</strong> einem praktischen<br />
Teil. Das Fazit eines Teilnehmers: „Näher an<br />
<strong>TPM</strong> geht nicht“.<br />
Anhand von etwas eingekürzten Schulungen erlebten die Teilnehmer live, wie Instandhalter auf Augenhöhe ihren Kollegen aus der<br />
Produktion technisches Wissen zur Anlage vermitteln.
<strong>TPM</strong>- <strong>und</strong> Lean-News<br />
„Live <strong>und</strong> in Farbe“<br />
8. CE<strong>TPM</strong>-Benchmarktreffen bei Evonik verspricht „<strong>TPM</strong>-Zeitreise“<br />
Rollout von <strong>TPM</strong> in einem Unternehmen der Prozessindustrie<br />
ist Schwerpunkt des nächsten CE<strong>TPM</strong>-<br />
Benchmarktreffens, das am 14. <strong>und</strong> 15. November in<br />
Wesseling bei Köln stattfindet. Dort bietet das Unternehmen<br />
Evonik den Teilnehmern die Möglichkeit, an<br />
einer „Zeitreise“ durch <strong>TPM</strong> teilzunehmen.<br />
Spezialchemie ist das Kerngeschäft von Evonik. Am<br />
Standort Wesseling werden u.a. Methacrylat-basierte<br />
Harze <strong>für</strong> die Lackindustrie gefertigt. Im Werk wendet<br />
<strong>TPM</strong> in verschiedenen Umsetzungsphasen gibt es zu sehen beim<br />
8. Benchmarktreffen, das bei Evonik im November 2012 stattfindet<br />
SMED – Die Erfolgsmethode <strong>für</strong> schnelles Rüsten <strong>und</strong> Umstellen<br />
Ein neues Handbuch <strong>für</strong> Praktiker<br />
Umrüsten oder Umstellen empfinden viele als lästiges<br />
Übel. Dabei liegt darin der Schlüssel <strong>für</strong> eine<br />
flexible Produktion. Große Serien sind selten so vorteilhaft,<br />
wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.<br />
Denn sie sind Auslöser <strong>für</strong> hohe Lagerbestände <strong>und</strong><br />
lange Durchlaufzeiten. Bei näherer Betrachtung erkennt<br />
man, dass Vorratsproduktion <strong>und</strong> hohe Bestände<br />
nicht wirtschaftlich sind <strong>und</strong> ein Unternehmen<br />
eher unflexibel machen. Die Gründe da<strong>für</strong> werden<br />
in dem neuen Buch „ SMED – Die Erfolgsmethode<br />
<strong>für</strong> schnelles Rüsten <strong>und</strong> Umstellen“ ausführlich<br />
erläutert. Mit SMED stellen Bert Teeuwen <strong>und</strong> Alexander<br />
Grombach eine bewährte Methode vor, mit<br />
der es gelingt, Umstellzeiten durch Optimierungen<br />
drastisch zu reduzieren.<br />
Durch häufigeres Rüsten bzw. Umstellen werden<br />
kleinere Losgrößen gefertigt <strong>und</strong> dadurch letztlich<br />
die Bestände gesenkt. Die Autoren sprechen bewusst<br />
von „Umstellen“, denn auch in Bereichen außer-<br />
der AP-Betrieb <strong>TPM</strong> seit 2004 erfolgreich an <strong>und</strong> gilt im<br />
Konzern als Vorreiter im Bereich Geplante/Autonome<br />
Instandhaltung.<br />
Verschiedene Standorte von Evonik befinden sich in<br />
unterschiedlichen Stadien des Fortschritts mit <strong>TPM</strong>. So<br />
werden die jeweiligen <strong>TPM</strong>-Koordinatoren den Besuchern<br />
die Vorgehensweise in den einzelnen Schritten<br />
von der zweiten Säule (autonome Instandhaltung) des<br />
<strong>TPM</strong>-Hauses vorstellen. In kurzen Vorträgen wird die<br />
strukturierte <strong>und</strong> koordinierte Vorgehensweise beim<br />
Rollout abgebildet. Viel zu sehen gibt es „live <strong>und</strong> in<br />
Farbe“ direkt am Ort des Geschehens.<br />
Viele <strong>TPM</strong>-Verantwortliche schätzen die Möglichkeit,<br />
sich über Netzwerke mit Experten auszutauschen.<br />
Der Blick über den Tellerrand gibt neue Impulse <strong>für</strong><br />
die eigenen Prozesse. „Es ist wertvoll, das Potenzial<br />
zu sehen, das die <strong>TPM</strong>-Umsetzung bietet“ bekräftigt<br />
Matthias Duddeck, der als <strong>TPM</strong>-Manager bei Evonik<br />
Industries bereits zahlreiche Benchmarkveranstaltungen<br />
besucht hat. Nun bieten er <strong>und</strong> sein Team <strong>TPM</strong>-<br />
Interessierten die Möglichkeit, den<br />
<strong>TPM</strong>-Weg von Evonik kennenzulernen.<br />
Anmeldung <strong>und</strong> Infos:<br />
www.cetpm.de/benchmark<br />
halb der Produktion hilft<br />
SMED, Umstellzeiten zu<br />
verkürzen, beispielsweise<br />
bei der Vorbereitung<br />
eines Operationssaals<br />
<strong>für</strong> die nächste Operation.<br />
Dieses Gr<strong>und</strong>lagenwerk<br />
zeigt die Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Werkzeuge<br />
von SMED auf.<br />
SMED bringt Organisationen<br />
dem Ziel näher,<br />
flexibel auf K<strong>und</strong>enwünsche<br />
reagieren zu<br />
können <strong>und</strong> dabei wirtschaftlich<br />
zu bleiben. Zahlreiche Beispiele aus der<br />
Praxis illustrieren die Vorgehensweise.<br />
ISBN: 9-783940-775-11-5, Preis 29,95 € inkl. MwSt.<br />
15
16<br />
<strong>TPM</strong>- & Lean-Tipps <strong>und</strong> Denkanstöße<br />
Plattform zum Austausch <strong>für</strong> Lean- <strong>und</strong> <strong>TPM</strong>-Anwender<br />
Operational Excellence hat viele Facetten. Zahlreiche<br />
Faktoren tragen zum Erfolg bei. Wichtig<br />
sind Methodenwissen, Begeisterung sowie<br />
entsprechender Freiraum zur Anwendung der<br />
Philosphie der kontinuierlichen Verbesserung.<br />
Ebenfalls sehr hilfreich ist der Erfahrungsaustausch,<br />
der Blick über den Tellerrand. Dazu bietet<br />
die Webseite des CE<strong>TPM</strong> ein Forum, wo sich<br />
Der Online-Medienpartner von Yokoten:<br />
www.leanmagazin.de<br />
In dem Online-Magazin finden Sie Aktuelles <strong>und</strong> Interessantes<br />
r<strong>und</strong> um das Thema „Lean“: Berichte über aktuelle<br />
Themen, Hinweise auf Events bis hin zur Jobbörse.<br />
Interessierte r<strong>und</strong> um das Thema <strong>TPM</strong>/Lean austauschen<br />
können. Willkommen sind alle: Neubeginner, alte Hasen,<br />
Interessierte, Studenten, Praktiker ... Hier treffen sich Experten<br />
<strong>und</strong> Suchende r<strong>und</strong> um das Themea Operational<br />
Excellence. Egal, ob Sie eine spezielle Frage haben oder<br />
ein erfolgreiches Projekt vorstellen möchten - mit Ihrer<br />
Registrierung werden Sie Teil der großen <strong>TPM</strong>-/Lean-<br />
Community. Anmeldung: www.cetpm.de/forum.<br />
Impressum:<br />
Hochschule Ansbach<br />
Campus Herrieden – CE<strong>TPM</strong><br />
Redaktion Yokoten<br />
Steinweg 5<br />
D-91567 Herrieden<br />
Tel. +49 (0) 9825 2038-100<br />
Fax +49 (0) 9825 2038-111<br />
www.yokoten.de ISSN 2193-4835<br />
E-Mail: yokoten@cetpm.de Einzelheft: 5,00 €<br />
Redaktion: Sabine Leikep Jahresabo <strong>für</strong> 6 Ausgaben:<br />
19,00 € inkl. Versand