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Geschlechterbeziehungen und Frauenbild in Martin Gusindes ...

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ist aber anzuzweifeln. Ideologisches Ideal <strong>und</strong> gelebte Praxis decken sich <strong>in</strong><br />

kaum e<strong>in</strong>er oder gar ke<strong>in</strong>er menschlichen Gesellschaft. Nicht selten<br />

beschönigen Informanten Ereignisse, um dem Befrager <strong>und</strong> womöglich auch<br />

sich selbst e<strong>in</strong>e w<strong>und</strong>erschöne aber leider verloren gegangene Vergangenheit<br />

vorzugaukeln.<br />

Auch das Eheleben der Halakwulup lobt Gus<strong>in</strong>de <strong>in</strong> höchstem Maß.<br />

„Aufrichtige Liebe hat die jugendlichen Partner zusammengeführt <strong>und</strong> die<br />

Ges<strong>in</strong>nung erhält sich <strong>in</strong> vielen Ehen der Halakwulup auf Lebenszeit [. . .].<br />

Obwohl die Liebesneigung ausschlaggebend ist, schaut e<strong>in</strong> überlegender<br />

Mann doch auch auf die persönlichen Werte der von ihm zu erwählenden<br />

Frauensperson.“ 62 Diese vortrefflichen Werte veranschaulicht der Autor am<br />

Beispiel e<strong>in</strong>er Frau: „Sie war sehr fleißig <strong>und</strong> re<strong>in</strong>lich, ruhig <strong>und</strong> heiter,<br />

aufrichtig <strong>und</strong> ihrem Gatte<strong>in</strong> treu, dem Alkohol streng abhold.“ 63 Doch<br />

dieses Musterexemplar e<strong>in</strong>es weiblichen Wesens sei ke<strong>in</strong>eswegs<br />

herausragend <strong>und</strong> rar. „In alter Zeit war e<strong>in</strong> anhaltender Streit zwischen<br />

beiden Verheirateten e<strong>in</strong>e große Seltenheit; friedlich <strong>und</strong> still g<strong>in</strong>g es <strong>in</strong><br />

jeder Wohnhütte zu. Nur vere<strong>in</strong>zelt trat e<strong>in</strong>e abnorme Charakteranlage e<strong>in</strong>es<br />

Ehepartners zutage, <strong>und</strong> die Allgeme<strong>in</strong>heit isolierte ihn merklich.“ 64 Doch<br />

der schlechte E<strong>in</strong>fluss weißer Siedler drang schon sehr bald merklich <strong>in</strong> die<br />

Familiensphäre der Feuerländer e<strong>in</strong>. „Dass heutigentags sich e<strong>in</strong>ige Eheleute<br />

<strong>in</strong> ihrer Betrunkenheit beschimpfen, ereignet sich nur dann, wenn man von<br />

Seiten der Weißen den gefährlichen Fusel ihnen zugänglich macht. Ist der<br />

Rausch vorüber, kehren die früheren ruhigen Verhältnisse im allgeme<strong>in</strong>en<br />

wieder zurück.“ 65 Im völligen Gegensatz dazu, beschreibt der Missionar<br />

Alberto M. De Agost<strong>in</strong>i das Wesen der Halakwulup als grausam <strong>und</strong> friedlos:<br />

„Die Alakuluf <strong>und</strong> Jahgan s<strong>in</strong>d im wahrsten S<strong>in</strong>ne See<strong>in</strong>dianer, denn sie<br />

verbr<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>en großen Teil des Lebens <strong>in</strong> ihren Booten auf den Kanälen<br />

<strong>und</strong> widmen sich dem Fischfang, womit sie im allgeme<strong>in</strong>en ihren<br />

Lebensunterhalt bestreiten. In der Körperbildung <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Sitten ähneln<br />

sie sich sehr, doch weisen Sprache <strong>und</strong> Charakter bedeutende Unterschiede<br />

auf.“ 66 Blutdürstig, verschlossen <strong>und</strong> unbändig se<strong>in</strong>en die Alakuluf. 67 Diese<br />

Feststellung macht stutzig. Während Gus<strong>in</strong>de die Halakwulupgesellschaft als<br />

friedsam <strong>und</strong> harmonisch darstellt, <strong>in</strong> der nur „abnorme Charakteranlagen“<br />

e<strong>in</strong>zelner für Unruhe verantwortlich zu machen s<strong>in</strong>d, spricht De Agost<strong>in</strong>i von<br />

62 Ebd. S. 351.<br />

63 Ebd. S. 351-352.<br />

64 Ebd. S. 352.<br />

65 Ebd. S. 352.<br />

66 De Agost<strong>in</strong>i (Anm. 50). S. 267.<br />

67 Vgl. Ebd. S. 267.<br />

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