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Geschlechterbeziehungen und Frauenbild in Martin Gusindes ...

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eigene Theorien entwickelten, wäre e<strong>in</strong> Fehlschluss. Alle diese Frauen<br />

mussten sich mit dem bestehenden Wissenschaftsapparat arrangieren,<br />

mussten sich <strong>in</strong>nerhalb dieses Systems behaupten. Die Gleichung, Forscher<strong>in</strong><br />

ist gleich weiblicher Blick, weibliche Herangehensweise, weibliche<br />

Bewertungsmethoden <strong>und</strong> Interesse für die weibliche Lebenswelt wäre zu<br />

e<strong>in</strong>fach. Der Ethnologe bzw. die Ethnolog<strong>in</strong> ist niemals nur E<strong>in</strong>zelperson. Bei<br />

Mart<strong>in</strong> Gus<strong>in</strong>de wurde das bereits thematisiert. Herkunft, Ausbildung <strong>und</strong> das<br />

wissenschaftliche Milieu wirken auf die Arbeit des E<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong>. Lange Zeit<br />

galt die männliche Lebensweise bei Ethnologen beiderlei Geschlechts als viel<br />

<strong>in</strong>teressanter <strong>und</strong> bedeutsamer. Die Männer, so dachte man, haben mehr<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> ihre Kultur <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en aktiveren Part. „Die Welt der Frauen, ihr<br />

Wissen <strong>und</strong> ihre Erfahrungen wurden als begrenzt <strong>und</strong> speziell<br />

herabgem<strong>in</strong>dert.“ 43 Nach <strong>und</strong> nach erkannten aber viele Wissenschafter<strong>in</strong>nen<br />

ihr e<strong>in</strong>engendes Geb<strong>und</strong>ense<strong>in</strong> an männliche Konzepte <strong>und</strong> Methoden. Man<br />

holte zum Befreiungsschlag aus <strong>und</strong> verfiel <strong>in</strong>s andere Extrem. Galt vorher<br />

das Haupt<strong>in</strong>teresse den Männern e<strong>in</strong>er Gesellschaft, so sollten diese jetzt<br />

vollkommen exkludiert werden. „Die Forderung lautete, Ethnolog<strong>in</strong>nen<br />

sollten die ‚typisch männlichen’ Bereiche wie Ökonomie, Politik, Krieg <strong>und</strong><br />

Religion aus ihren Untersuchungen ausklammern <strong>und</strong> sich statt dessen lieber<br />

auf Frauen <strong>in</strong> ihrem traditionell weiblichen Umfeld konzentrieren. Sie<br />

entwickelten ihre Fragestellungen also nicht an den spezifischen<br />

Lebensformen <strong>und</strong> Problemen der untersuchten Frauen selbst, sondern <strong>in</strong><br />

bewusster Abgrenzung zur männlichen Forschung <strong>und</strong> blieben <strong>in</strong>sofern von<br />

ihr bestimmt.“ 44 Mit dieser pr<strong>in</strong>zipiellen Opposition tat sich die fem<strong>in</strong>istische<br />

Anthropologie nichts Gutes. Sie entwickelte ke<strong>in</strong>en eigenständigen,<br />

unabhängigen Weg, der das Selbstvertrauen gestärkt hätte, ne<strong>in</strong>, sie zeigten<br />

e<strong>in</strong>e Art Trotzreaktion. In der Politik ist dieses Spiel von Ansicht <strong>und</strong><br />

Gegenansicht, Me<strong>in</strong>ung <strong>und</strong> Gegenme<strong>in</strong>ung schön zu beobachten. Die<br />

Regierung macht e<strong>in</strong>en Vorschlag, die Opposition lehnt kategorisch ab,<br />

ungeachtet dessen, wie die Idee ausgesehen hat. Auch das ist e<strong>in</strong>e Form der<br />

Konditionierung, die es dem Zuseher erlaubt, im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> die Reaktion der<br />

andern Seite zu kennen. Dadurch verliert die Politik aber e<strong>in</strong>iges an<br />

Seriosität, da offenk<strong>und</strong>ig wird, dass es bei solch e<strong>in</strong>em Verhalten nicht um<br />

die Sache an sich gehen kann. Der Wissenschaft aber sollte es <strong>in</strong> jedem Fall<br />

um die Sache gehen, sie muss sich davor hüten, zu e<strong>in</strong>em Pawlow’schen<br />

H<strong>und</strong> zu verkommen. Zu argumentieren, Ökonomie, Politik, Krieg <strong>und</strong><br />

Religion se<strong>in</strong>en ganz <strong>und</strong> gar <strong>in</strong> Männerhand, weshalb sich die fem<strong>in</strong>istische<br />

43 Kullik (Anm. 40). S. 84.<br />

44 Baumgart (Anm. 33). S. 89.<br />

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