Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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54 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 19(57 Vor 40 Jahren schrieb der damalige Kaplan von Straßberg, Nikolaus Maier, heute Geistlicher Rat und Ehrendekan in Gammertingen, in der Hechinger Tageszeitung „Der Zoller" (1927, Nr. 45 und 46) einen Aufsatz über altmodische Oefen in den Bauernstuben, der so viel Kulturgeschichte enthält, daß wir ihn hier in der Hauptsache wiederholen wollen. Herr Karl Wahl am Landratsamt Hechingen hatte die große Güte, den Aufsatz aus dem „Zoller"exemplar der Hohenzollerischen Heimatbücherei zu besorgen: „Gelegentlich geziemt es sich, daß die Leser demjenigen Gegenstand in der Stube einmal ihre Aufmerksamkeit zuwenden, der in der kälteren Jahreszeit die behagliche Wärme ausstrahlt, dem Ofen. Und zwar gelten diese Zeilen dem gußeisernen Ofen. In der Bauernstube ist er zuweilen noch ein Erbstück aus alter Zeit, meistens leider das einzige. Alles haben die „Kunsthändler" den Bauern abgeschwätzt: die alten Statuen aus dem Tischeck und die Unterglasbilder, wenn sie nicht noch hinter dem Trog (Truhe) in der Kammer verborgen und vergessen liegen. Auch das alte Porzellangeschirr aus dem Stubenkasten und die Zinnteller, ja selbst dlie Uhr und der schöngeschmiedete „Pfannenknecht" und das „Kerzenscherle", alles, was nicht angenagelt war, ist verschwunden. Manchmal sagte man dem Bauern noch, er könne froh sein, für das alte Zeug jetzt etwas Neues zu bekommen. Leider hatten auch Besitzer die Achtung vor dem Erbstück verloren und tauschten es gern in der Stadt um in klingende Münze, ja in der Inflationszeit um einen Papierschein. Auch manche neumodische junge Frau mag schuld sein, daß das Alte aus der Stube und aus dem Hause kam. Alte Oefen mit Bildern und Wappen Doch der auf dem Dorf meist gußeiserne Ofen blieb bisher der Stube treu, auch wenn er den Besitzern heute manchmal zu behäbig und breit dasteht und sogar, wie mancher Mann äußerte, unwert ist. Aber darf er nicht etwas mehr Platz beanspruchen als so ein modernes Fabrikstück? Er sah deinen Vater, deinen Ehne und Urehne schon als Kinder in der Stube spielen. Er kannte noch die Leute, deren Grabsteine längst verschwunden sind, in der alten malerischen Tracht. Geschlechter kamen und gingen, er aber blieb. Er war Zeuge glücklicher Stunden. Aber auch Unglück und Krankheit haben sich manchmal Hausrecht bei ihm in der Stube angeeignet. Manchen Sarg hat man am Ofen vorbeigetragen. Für die Familie kamen schwere Zeiten. Schulden drückten die junge Witwe. Der Wucherer kam oft ins Haus damals, als es noch keine „Spar- und Leihkasse" gab. (Die vielen mit einem Faden zusammengehefteten Zettel in der Schublade im alten „Kästle" sind noch aus jener Zeit.) Der Ofen weiß das alles noch gut. Er könnte aber auch ein Lied singen vom Gottvertrauen deiner Vorfahren. Er hörte ja die Gespräche, er hörte jeden Tag den Chor der täglichen Gebete, bei denen Jung und Alt vor dem Herrgottswinkel standen und andächtig mitmachten. Er hörte, wie an den Winterabenden auß der dicken Heiligenlegende von einem Schulkinde das Heiligenleben vom folgenden Tag vorgelesen wurde, während die Frauen strickten oder das Spinnrädle schnurren ließen und ab und zu einen gedörrten Apfelschnitz in den Mund nahmen, um diesen feucht zu halten. Nur wenn ein Rädle nicht geschmiert war, verstand man die klare Kinderstimme nicht gut. Ein armseliges Aempele erhellte die „Lichtstube" notdürftig. Euer Ofen weiß auch viel von Sorgen und Aengsten des Krieges. Wie spannend hat der Urgroßvater, in dem „Ohrenstuhl" sitzend, den Kindern erzählt, was er mit seinen Kameraden auf den Eisfeldern Rußlands mitgemacht hat. Und sind in jener Zeit nicht gar oft Truppen durchmarschiert, bald Oesterreicher, bald Franzosen? Und als 1813 gar die Kosaken kamen. Bei Nachts wars. Mutter und Kinder hatten Todesangst. Man ging nicht ins Bett. Das brennende Licht stellten sie ins Ofenröhrle, daß der Schein nicht auf der Straße zu sehen war. Auch das traurige Hungerjahr 1817 sah der Ofen. Eiweiß auch noch von der Aufregung im Revolutionsjahr 1848. Ja, was hat denn dein Stubenofen nicht schon alles erlebt, immer als treuer Freund deiner Voreltern. Er verdiente darum, mit einer Art Ehrfurcht angeschaut und mit Liebe und Schonung behandelt werden. Sicherlich hast Du dir die Platten eures Ofens schon als Bub angeschaut, als du dir die Füße wärmtest nach dem Schlittschuhfahren. Weißt du aber auch, was die Figuren auf dem Ofen bedeuten? Es bietet sich natürlich für gewöhnlich keine erstklassige Kunst dar. Meist sind die Stücke jedoch eine Zierde der Stube. Drei Platten sind nötig für den Heizraum des Ofens, der von der Küche aus mit Holz gespeist wird. Die schmale Stirnplatte hat vielfach ein Wappen, die Seitenplatten gewöhnlich eine Szene oder ein Ornament. Der Tragstein der Platten ist oft kunstvoll behauen. Zuweilen erfüllen auch zwei eiserne Stützen diesen Dienst oder ein Mauerstück, besonders wenn nach altem Brauch der Wohnort der Turteltaube unter dem Ofen war. Ueber die Herkunft der Platten schreibt Konservator Dr. Karl Gröber—München, in einem Aufsatz: Die Ofenwand im altwürttembergischen Schwarzwald: „Die Eisenplatten lieferten die einheimischen Gießereien und bei der Haltbarkeit des Materials werden bei neuen Ofenbauten meist die alten Platten wieder verwendet. Vom 16. Jahrhundert bis herauf ins 19. waren es die Erzeugnisse der Hütten des Brenztales in Württemberg, besonders die Gießereien der um 1550 aufgehobenen Abtei Königsbronn (so unter Abt Melchior Ruff 1513—1539), die das ganze Schwaben bis ins Allgäu versorgten. Im 19. Jahrhundert verdrängten die Erzeugnisse der Wässeralfinger Gießerei allmälich alles andere. Die Platten des 17. Jahrhunderts zeigten meist Szenen biblischen Inhalts oder Wappen der Herrschaften, für deren Gebiet sie bestimmt waren. Damit wurde es allerdings nie sehr genau genommen, denn das wohl am meisten hergestellte Wappen des Hauses Württemberg findet sich öfters in Teilen Oberschwabens, die erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts württembergisch wurden . .. ." Unsere Gegend wurde auch vom Laucherthaler Hüttenwerk versorgt (mitgeteilt von H. Dr. Hebeisen- Sigmaringen), wo 1708 der Schmelzofen neu erbaut wurde, und wohl auch von Tiergarten, wo das Hüttenwerk 1671 vom Fürstenbergischen Haus in Betrieb gesetzt war (Stehle, Hohenzollern 434 und 450). In Straßberg kenne ich nur einen Ofen mit biblischen Szenen. Er steht in der großen Stube auf dem Schloß und zeigt die Jahreszahl 1695, dazu ein Kreuz und auf der andern Platte die hl. Familie auf der Wanderung nach Aegypten. Der Ofen soll übrigens vom Hettinger Schlosse stammen. In Kaiseringen trägt ebenfalls ein Ofen das Kreuz. In Ringingen sieht man auf einer Platte die Hochzeit zu Kana. (Siehe unter II.) .. . Besonders bei der Jugend beliebt sind die Szenen der spielenden Kinder, Jagdbilder usw., die gewöhnlich an den beiden Seitenplatten zu sehen sind. Entwürfe, die auf Figürliches verzichten und nur Rokoko- oder Empire-Ornamente enthalten, gefallen weniger. Fast ganz ratlos stehen wir aber oft den Wappen gegenüber auf der Stirnseite des Ofens. Zur Erleichterung des Verständnisses sei einmal versucht, die einzelnen Zeichen zu erklären. Da sehr oft auch bei uns württembergische Wappen zu finden sind, sei mit diesen begonnen. Meist zeigen sie nur einen Schild, gelegentlich dabei noch die sogenannte Helmzier und aus der Zeit des Königreichs sah ich Ofenwände mit den schildhaltenden Tieren. Der älteste Teil des württembergischen Schildes, die drei Hirschstangen (Geweihe) untereinander, ist auf allen Wappen vertreten. Er stammt übrigens von den Grafen von Veringen. Durch die Erwerbung Mömpelgards kamen zwei Barben (Fische) ins Wappen, etwa seit 1450. Seit dem Jahr 1495 führte Graf Eberhard im Bart nach der Belehnung durch den Kaiser I F ' ^ f : # r é L * £ s ä f.''**. i K&r v - ->'-7 M£r v^fr* < ¿)¡ * * «$¿ •XÍ-f T T'J'.i:-ií- l i «• < J u,!, M¡t V/under des Propheten Elisäus (Foto: J. Dieter 1. 1967)

Jahrgang 1967 H O H E N Z O L L E Ii ISCHE H E I M A T 55 Maximilian die Wecken von Teck (Schild schwarz-gold geweckt, Rhombusformen) und die Reichssturmfahne mit dem Adler. Württemberg war berechtigt, im Krieg und bei besonderen Anlässen diese Fahne voran zu tragen. 1693 kam in den Titel und ins Wappen der „Herr in Heidenheim", das Brustbild eines bärtigen Heiden mit gestülpter Mütze. Nun wurden die Hirschstangen, also das Stammwappen, in die Mitte der vier anderen Wappen gelegt, d. h. zum Herzschild gemacht. Gelegentlich finden wir über diesem Schild die Helmzier dieser Einzelwappen: Hiefhorn (Jagdhorn), Weibsrumpf mit den Barben statt der Arme, Adler und den „Heiden" von Heidenheim. Ich kann mich nicht erinnern, auf Oefen ausführlichere Wappen gesehen zu haben. Da aber da und dort doch vielleicht solche Exemplare vorhanden sind, seien auch die späteren Wappenteile genannt: 1751 kam Justingen, 1782 Limburg, 1784 Bönnigheim zu Württemberg. Ersteres hatte einen gedornten Schrägbalken von links oben nach rechts unten und als Helmschmuck einen Schwanenhals mit Pfauenspiegeln. Limburgs Wappen ist geviert: Die Felder 1 und 4 zeigen die fränkischen weiß-roten Heerspitzen, 2 und 3 die weißen Streitkolben oder Schippen in Blau der Grafen von Limburg und als Zier 2 weiß-rote Büffelhörner. Bönnigheim zeigt die Mondsichel an. Im Jahre 1803 wurde Herzog Friedrich II. Kurfürst. Die Erwerbungen vom Reichsdep.-Hauptschluß kamen ins Wappen: nämlich die Bischofsmütze der Propstei Ellwangen, Kreuz und Schwurhand von Schwäbisch Hall und schwarzer Adler der Reichsstädte. Schon 1806 war die Erhebung Württembergs zum Königreich. Dessen Wappen zeigt als Herzschild links vom Beschauer die 3 Hirschstangen, rechts 3 schwarze Leoparden übereinander als Wappen der staufischen Herzöge, dies wegen des Erwerbs der großen oberschwäbischen Gebiete durch Württemberg. Das Feld des Hauptschildes ist dreimal geteilt: 1. Reihe: Teck und rote Kirchenfahne der Pfalzgrafen von Tübingen in Gold, 2. Reihe: Ellwangen und Mömpelgard. 3. Reihe: Reichsturmfahne und Justingen. 4. Reihe: wie die dritte im kurfürstlichen Wappen. Der Herzschild trägt außerdem die Königskrone. Als Schildhalter kommen hinzu schwarzer gekrönter Löwe und goldener Hirsch, je das Reichsbanner haltend. Von 1817 an finden wir nur noch Löwe und Hirsch ais Schildhalter und je 3 Hirschstangen und 3 Leoparden im Schild. Diese Art ist noch auf vielen Oefen zu finden. Die lateinischen Buchstaben über dem Wappen bedeuten den damaligen Herzog von Württemberg. Sie seien hier angeführt: Friedrich Karl 1677—1693; Eberhard Ludwig 1693—1733; Carl Alexander 1733—1737; Carl Eugen 1737—1793; Ludwig Eugen 1793—1795; Friedrich Eugen 1795—1797; Kurfürst und König Friedrich 1797—1816; König Wilhelm 1816—1864. (Vgl. Alberti, Württbg. Adels- und Wappenbuch.) Es sei noch bemerkt, daß gelegentlich die Zahlen nicht genau mit den Herrscher jähren übereinstimmen. Ob dabei dem Ofenfabrikanten ein Irrtum unterlief oder ob Geschäftsinteressen eine Rolle spielten, wird sich schwer entscheiden lassen. Vermutlich benützten sie eben noch die alten Mödel! Das Hohenzollerische Wappen fand ich seltener an Oefen vertreten. Es besteht aus dem weiß (silbernen) und schwarz viergeteilten Zollerschild, der auf den mir bekannten Oefen immer die 1. und 4. Stelle einnimmt, wobei die Felder 2. und 3. den Sigmaringer Hirsch zeigen. Das Herzwappen in der Mitte enthält die 2 kreuzweise übereinander gelegten Zepter. Im Jahre 1505 hatte nämlich der Graf Eitel Friedrich das Erb-Kämmereramt mit diesem Wappenschild erhalten. Zum vollständigen hohenzollerischen Wappen gehören außerdem der Nürnberger schwarze Löwe in goldenem Schild mit rotweiß gestückter Einfassung, Haigerloch mit weiß und rot quergeteiltem Schild, Veringen: drei rote Hirschstangen in Gold. Grafschaft Berg (kam 1781 an Hohenzollern-Sigmaringen) roter Löwe in silbernem Schild, dessen schwarzer Rand 11 goldene Kugeln trägt. Das Wappen halten die beiden Bracken (Hunde). (Näheres bei Zingeler: das fürstl. hohenz. Wappen.) In einem Hause Straßbergs sah ich als öteiliges Ofenwappen: einköpfigen gekrönten Adler im Herzschild mit Wolkenrand. Auf dem 1. und 4. Feld ist die werdenbergische Fahne. Der im 2. und 3. Feld sichtbare dreimal stufenweise gebrochene Schrägbalken deutet auf die Grafschaft Heiligenberg. Das Ganze ist das Fürstenbergische Wappen, stammt also wohl aus Tiergarten. Von Zizenhausen stammend weist sich laut Inschrift ein anderer Ofen aus, den je 1 Hirsch und 1 Löwe im Walde schmücken, Es ist selbstverständlich, daß hier kaum alle Ofenfirmen genannt sind, die für unsere Gegend in Betracht kommen. In anderen Gemeinden werden, entsprechend ihrer Geschichte, wohl noch andere Wappen vorkommen. Nur wenn man anfängt, die Aufmerksamkeit auf diese oft verachteten Stücke zu richten und das, was man findet bekannt macht, kann eine Uebersicht gewonnen werden. Mit einer kleinen Anregung möchte ich schließen. Ich fand derartige Ofenplatten schon oft in Museen, und das mit Recht. Ich fand sie aber auch schon vor Stallungen über Jauchegruben. Ich meine, wenn man schon den Ofen außer Dienst setzen muß, dann könnten die Platten in der Stube irgendwo an der Wand befestigt werden und gäben da, gut geschwärzt und geglänzt, nicht nur einen würdigen Wandschmuck, sondern auch einen Anschauungsunterricht für die Jugend, die Heimat und das Ererbte zu lieben, das Alte und das Alter zu achten und zu ehren". Soweit N. Maier, 1927. II. Der alte Kastenofen, der schon vor Jahren im Haus Nr. 40 zu Ringingen bei Familie Georg Maier des Jakob einem modernen weichen mußte, wird hier in zwei Bldern vorgestellt. Die ungleiche Größe derselben möge nicht irre machen, sie geht auf Konto der Photographen! Die Platten des Ofens waren ungefähr gleich groß. Die eine Gußplatte der Stirnseite zeigt die Hochzeit zu Kana: In zwei Räumen mit Kreuzgewölben sieht man links sechs Personen am Tisch und einen Diener, der aus einem Gefäß Wein in einen Krug gießt. Rechts der Mittelsäule ist Jesus dargestellt, der zwei Dienern den Auftrag gibt: „Füllet die Krüge mit Wasser! Hier sieht man nur 5 Krüge (einen undeutlich). Darunter steht in einer Linie: „CHRISTVS MACHT WASSER ZV WEIN. JOHAN AM 2. (Kapitel)." Ferner liest man in einer Kartusche: „DAS IST DAS ERSTE ZEICHEN - DAS IHESUS THET. GESCHE- HEN ZV CANA IN G ALI LEA. JOHAN AM 2. (Kapitel)." Diese Ofenplatte wurde leider vor etlichen Jahren veräußert. Das Foto stammt von S. Maier 1927. Erhalten sie die beiden anderen gleichen Platten, die drei festliche vorhanggeschmückte gewölbte Räume zwischen gewundenen Säulen zeigen. Im linken Feld bringt ein Bub von rechts auf dem Kopfe ein Gefäß, während eine Frau (?) aus einer Kanne etwas in einen hohen Krug gießt. Unten sind beiderseits zwei Reihen Fässer aufgestapelt. Mittelfeld: Links und rechts steht je eine Person mit einem Henkelkörbchen in der Hand, zwischen ihnen eine Frau, die Oel aus einer Kanne in ein Gefäß schüttet. Vor der Frau steht ein großer Bottich Die Hochzeit zu Kana (Foto: S. Maier 1927)

54 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

Vor 40 Jahren schrieb der damalige Kaplan von Straßberg,<br />

Nikolaus Maier, heute Geistlicher Rat und Ehrendekan in<br />

Gammertingen, in der Hechinger Tageszeitung „Der Zoller"<br />

(1927, Nr. 45 und 46) einen Aufsatz über altmodische Oefen<br />

in den Bauernstuben, der so viel Kulturgeschichte enthält,<br />

daß wir ihn hier in der Hauptsache wiederholen wollen.<br />

Herr Karl Wahl am Landratsamt Hechingen hatte die große<br />

Güte, den Aufsatz aus dem „Zoller"exemplar der Hohenzollerischen<br />

<strong>Heimat</strong>bücherei zu besorgen:<br />

„Gelegentlich geziemt es sich, daß die Leser demjenigen<br />

Gegenstand in der Stube einmal ihre Aufmerksamkeit zuwenden,<br />

der in der kälteren Jahreszeit die behagliche Wärme<br />

ausstrahlt, dem Ofen. Und zwar gelten diese Zeilen dem<br />

gußeisernen Ofen.<br />

In der Bauernstube ist er zuweilen noch ein Erbstück aus<br />

alter Zeit, meistens leider das einzige. Alles haben die<br />

„Kunsthändler" den Bauern abgeschwätzt: die alten Statuen<br />

aus dem Tischeck und die Unterglasbilder, wenn sie nicht<br />

noch hinter dem Trog (Truhe) in der Kammer verborgen und<br />

vergessen liegen. Auch das alte Porzellangeschirr aus dem<br />

Stubenkasten und die Zinnteller, ja selbst dlie Uhr und der<br />

schöngeschmiedete „Pfannenknecht" und das „Kerzenscherle",<br />

alles, was nicht angenagelt war, ist verschwunden. Manchmal<br />

sagte man dem Bauern noch, er könne froh sein, für das<br />

alte Zeug jetzt etwas Neues zu bekommen. Leider hatten<br />

auch Besitzer die Achtung vor dem Erbstück verloren und<br />

tauschten es gern in der Stadt um in klingende Münze, ja<br />

in der Inflationszeit um einen Papierschein. Auch manche<br />

neumodische junge Frau mag schuld sein, daß das Alte aus<br />

der Stube und aus dem Hause kam.<br />

Alte Oefen mit Bildern und Wappen<br />

Doch der auf dem Dorf meist gußeiserne Ofen blieb bisher<br />

der Stube treu, auch wenn er den Besitzern heute manchmal<br />

zu behäbig und breit dasteht und sogar, wie mancher<br />

Mann äußerte, unwert ist. Aber darf er nicht etwas mehr<br />

Platz beanspruchen als so ein modernes Fabrikstück? Er<br />

sah deinen Vater, deinen Ehne und Urehne schon als Kinder<br />

in der Stube spielen. Er kannte noch die Leute, deren Grabsteine<br />

längst verschwunden sind, in der alten malerischen<br />

Tracht. Geschlechter kamen und gingen, er aber blieb. Er<br />

war Zeuge glücklicher Stunden. Aber auch Unglück und<br />

Krankheit haben sich manchmal Hausrecht bei ihm in der<br />

Stube angeeignet. Manchen Sarg hat man am Ofen vorbeigetragen.<br />

Für die Familie kamen schwere Zeiten. Schulden<br />

drückten die junge Witwe. Der Wucherer kam oft ins Haus<br />

damals, als es noch keine „Spar- und Leihkasse" gab. (Die<br />

vielen mit einem Faden zusammengehefteten Zettel in der<br />

Schublade im alten „Kästle" sind noch aus jener Zeit.) Der<br />

Ofen weiß das alles noch gut. Er könnte aber auch ein Lied<br />

singen vom Gottvertrauen deiner Vorfahren. Er hörte ja die<br />

Gespräche, er hörte jeden Tag den Chor der täglichen Gebete,<br />

bei denen Jung und Alt vor dem Herrgottswinkel standen<br />

und andächtig mitmachten. Er hörte, wie an den Winterabenden<br />

auß der dicken Heiligenlegende von einem Schulkinde<br />

das Heiligenleben vom folgenden Tag vorgelesen<br />

wurde, während die Frauen strickten oder das Spinnrädle<br />

schnurren ließen und ab und zu einen gedörrten Apfelschnitz<br />

in den Mund nahmen, um diesen feucht zu halten.<br />

Nur wenn ein Rädle nicht geschmiert war, verstand man<br />

die klare Kinderstimme nicht gut. Ein armseliges Aempele<br />

erhellte die „Lichtstube" notdürftig. Euer Ofen weiß auch<br />

viel von Sorgen und Aengsten des Krieges. Wie spannend<br />

hat der Urgroßvater, in dem „Ohrenstuhl" sitzend, den Kindern<br />

erzählt, was er mit seinen Kameraden auf den Eisfeldern<br />

Rußlands mitgemacht hat. Und sind in jener Zeit<br />

nicht gar oft Truppen durchmarschiert, bald Oesterreicher,<br />

bald Franzosen? Und als 1813 gar die Kosaken kamen. Bei<br />

Nachts wars. Mutter und Kinder hatten Todesangst. Man<br />

ging nicht ins Bett. Das brennende Licht stellten sie ins<br />

Ofenröhrle, daß der Schein nicht auf der Straße zu sehen<br />

war. Auch das traurige Hungerjahr 1817 sah der Ofen. Eiweiß<br />

auch noch von der Aufregung im Revolutionsjahr 1848.<br />

Ja, was hat denn dein Stubenofen nicht schon alles erlebt,<br />

immer als treuer Freund deiner Voreltern. Er verdiente<br />

darum, mit einer Art Ehrfurcht angeschaut und mit Liebe<br />

und Schonung behandelt werden.<br />

Sicherlich hast Du dir die Platten eures Ofens schon als<br />

Bub angeschaut, als du dir die Füße wärmtest nach dem<br />

Schlittschuhfahren. Weißt du aber auch, was die Figuren<br />

auf dem Ofen bedeuten? Es bietet sich natürlich für gewöhnlich<br />

keine erstklassige Kunst dar. Meist sind die Stücke<br />

jedoch eine Zierde der Stube. Drei Platten sind nötig für<br />

den Heizraum des Ofens, der von der Küche aus mit Holz<br />

gespeist wird. Die schmale Stirnplatte hat vielfach ein Wappen,<br />

die Seitenplatten gewöhnlich eine Szene oder ein Ornament.<br />

Der Tragstein der Platten ist oft kunstvoll behauen.<br />

Zuweilen erfüllen auch zwei eiserne Stützen diesen Dienst<br />

oder ein Mauerstück, besonders wenn nach altem Brauch<br />

der Wohnort der Turteltaube unter dem Ofen war.<br />

Ueber die Herkunft der Platten schreibt Konservator Dr.<br />

Karl Gröber—München, in einem Aufsatz: Die Ofenwand<br />

im altwürttembergischen Schwarzwald: „Die Eisenplatten<br />

lieferten die einheimischen Gießereien und bei der Haltbarkeit<br />

des Materials werden bei neuen Ofenbauten meist die<br />

alten Platten wieder verwendet. Vom 16. Jahrhundert bis<br />

herauf ins 19. waren es die Erzeugnisse der Hütten des<br />

Brenztales in Württemberg, besonders die Gießereien der<br />

um 1550 aufgehobenen Abtei Königsbronn (so unter Abt<br />

Melchior Ruff 1513—1539), die das ganze Schwaben bis ins<br />

Allgäu versorgten. Im 19. Jahrhundert verdrängten die Erzeugnisse<br />

der Wässeralfinger Gießerei allmälich alles andere.<br />

Die Platten des 17. Jahrhunderts zeigten meist Szenen biblischen<br />

Inhalts oder Wappen der Herrschaften, für<br />

deren Gebiet sie bestimmt waren. Damit wurde es allerdings<br />

nie sehr genau genommen, denn das wohl am meisten hergestellte<br />

Wappen des Hauses Württemberg findet sich öfters<br />

in Teilen Oberschwabens, die erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

württembergisch wurden . .. ."<br />

Unsere Gegend wurde auch vom Laucherthaler Hüttenwerk<br />

versorgt (mitgeteilt von H. Dr. Hebeisen- Sigmaringen), wo<br />

1708 der Schmelzofen neu erbaut wurde, und wohl auch von<br />

Tiergarten, wo das Hüttenwerk 1671 vom Fürstenbergischen<br />

Haus in Betrieb gesetzt war (Stehle, Hohenzollern 434 und<br />

450). In Straßberg kenne ich nur einen Ofen mit biblischen<br />

Szenen. Er steht in der großen Stube auf dem Schloß und<br />

zeigt die Jahreszahl 1695, dazu ein Kreuz und auf der andern<br />

Platte die hl. Familie auf der Wanderung nach Aegypten. Der<br />

Ofen soll übrigens vom Hettinger Schlosse stammen. In Kaiseringen<br />

trägt ebenfalls ein Ofen das Kreuz. In Ringingen<br />

sieht man auf einer Platte die Hochzeit zu Kana. (Siehe unter<br />

II.) .. .<br />

Besonders bei der Jugend beliebt sind die Szenen der spielenden<br />

Kinder, Jagdbilder usw., die gewöhnlich an den beiden<br />

Seitenplatten zu sehen sind. Entwürfe, die auf Figürliches<br />

verzichten und nur Rokoko- oder Empire-Ornamente<br />

enthalten, gefallen weniger. Fast ganz ratlos stehen wir aber<br />

oft den Wappen gegenüber auf der Stirnseite des Ofens. Zur<br />

Erleichterung des Verständnisses sei einmal versucht, die<br />

einzelnen Zeichen zu erklären. Da sehr oft auch bei uns<br />

württembergische Wappen zu finden sind, sei mit diesen begonnen.<br />

Meist zeigen sie nur einen Schild, gelegentlich dabei<br />

noch die sogenannte Helmzier und aus der Zeit des Königreichs<br />

sah ich Ofenwände mit den schildhaltenden Tieren.<br />

Der älteste Teil des württembergischen Schildes, die drei<br />

Hirschstangen (Geweihe) untereinander, ist auf allen Wappen<br />

vertreten. Er stammt übrigens von den Grafen von Veringen.<br />

Durch die Erwerbung Mömpelgards kamen zwei Barben<br />

(Fische) ins Wappen, etwa seit 1450. Seit dem Jahr 1495 führte<br />

Graf Eberhard im Bart nach der Belehnung durch den Kaiser<br />

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V/under des Propheten Elisäus (Foto: J. Dieter 1. 1967)

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