Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 53<br />
Abbildung Nr. 3<br />
St. Martinkirche Trochtelfingen<br />
Grabung Heizungskanal<br />
Ort: südlich vom Turm<br />
Chorvorraum<br />
Tiefe ca. 0,60 m<br />
Sommer 1964<br />
In alten Zeiten hatte das kleine Gotteshaus andere Patrone.<br />
Im 14. Jahrhundert war es der Märtyrer Pankratius, einer<br />
der Eisheiligen, dem die Kapelle geweiht war. Am 29. August<br />
1312 vergibt Otto von Wurmlingen, zu Tübingen gesessen,<br />
einen Weinberg zu Wendelsheim dem Gotteshaus, „das da<br />
liegt in dem Dorf zu Kaiseringen, da Hauswirt ist St. Pankratius"<br />
(Schmid, Urkundenbuch Nr. 230). Schon im folgenden<br />
Jahrhundert weicht der einzelne Martyrerheilige der<br />
Gesamtheit von „Allen Heiligen", welchen nunmehr die<br />
Schutzherrschaft über das kleine Gotteshaus u. die Gemeinde<br />
anvertraut ist. In einer Verkaufsurkunde aus dem Jahre 1433,<br />
nach welcher der Ebinger Kaplan Konrad Lott Güter an die<br />
Kapelle abgibt, tritt zum ersten Male das Allerheiligenpatronat<br />
auf, das auch heute noch besteht. Woher der Wechsel des<br />
Patronates kommt, verdient noch eine Untersuchung. Daß die<br />
Kapelle schon in alten Zeiten allen Heiligen geweiht war, bezeugt<br />
der reizvolle Altar, der dem 1. Viertel des 16 Jh. angehört.<br />
Maria wird gekrönt und gesegnet von Gott Vater und<br />
Christus u. dem Hl. Geist, sie ist umgeben von Heiligen, welche<br />
in Halbfiguren die Mittelgruppe umziehen. Die Gerechten des<br />
Alten Bundes sind vertreten durch Moses und David, die<br />
Apostel durch Petrus und Paulus. Der Chor der Märtyrer<br />
durch Laurentius und Barbara, die Bekennerschar durch Anna<br />
selbdritt und Elisabeth. Durch die Wappen der Grämlich und<br />
Homburg am unteren Rande des Schreines ist der Altar als<br />
eine Stiftung der genannten Familie gekennzeichnet, welche<br />
am Anfang des 16. Jahrhunderts Kaiseringen als Lehen des<br />
Stiftes Buchau in Händen hatten. (Das Hirschgeweih in Gold<br />
Abbildung Nr. 2<br />
Von der Kapelle in Kaiseringen<br />
St. Martinkirche Trochtelfingen<br />
Grabung Heizungskanal<br />
Tiefe ca. 1,10 m<br />
Ort wie Abbildung 1<br />
Sommer 1964<br />
deutet auf Wolf von Homburg. Der Steinbock in Silber auf<br />
desen Gemahlin Afra, Tochter des Gremiich von Krauchenwies.<br />
1508—1532.) (Vergl. „Der Zoller" Hechingen Nr. 226/1920.)<br />
Die Kirche in Kaiseringen gilt als Wallfahrtsort. Eine eindrucksvolle<br />
Pieta, um 1620 entstanden, ist Mittelpunkt der<br />
Wallfahrt. Die Statue stand schon 1793 in dem angeblich baufälligen<br />
Gotteshaus auf dem Altar, der 1811 von Lukas Flöß<br />
von Inneringen neu gemalt wurde. Bildhauer Alois Dürr von<br />
Ueberlingen lieferte um 3 Gulden 39 Kreuzer ein Altarkreuz.<br />
Leider hat man bei der Renovation Anno 1811 die Votivtafeln<br />
pietätlos von den Wänden herabgenommen und sie<br />
öffentlich versteigert, meistens zwei bis drei Stück zusammen.<br />
Es waren 41 Tafeln, ein Kruzifix, ein Marienbild, zwei<br />
Antipendien. „Die Allerheiligen", das heutige Altarbild waren<br />
also in jener Zeit beiseite gedrückt, sie sollten auf einem<br />
Pfeiler angebracht werden. Das Bild war ganz oben in die<br />
Mauer eingelassen, davor ein Fenster mit vielen Scheiben,<br />
von unten habe man es gar nicht erkannt. Im Vorbeigehen<br />
betete man „O heiligste Dreifaltigkeit". Der Schmerzensfreitag<br />
ist schon 1792 großer Wallfahrtstag. 200 bis 300 Pilger<br />
kamen zusammen.<br />
Die Kirchenrechnung 1772 heißt: „Schmerzhafte Mutter<br />
Gottes und Allerheiligen zu Kaiseringen." Bemerkenswert ist,<br />
daß außer Geld auch Naturalien, z. B. Schmalz geopfert<br />
wurde, das man nachher verkaufte. 1893 hat der Landeskonservator<br />
Professor Laur in den edlen Formen der<br />
Frühgotik das jetzige schöne Gotteshaus gebaut. Kunstmaler<br />
Hermann Anton Bantle malte nach dem ersten Weltkrieg den<br />
Innenraum mit großer Liebe aus. Nikolaus Maier.