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Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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4 HOHEN Z Ö L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

gesund und wohlauf und Heimweh habe ich noch niemals<br />

gehabt, denn wenn ich an die <strong>Heimat</strong> denke, so denke ich an<br />

ein Sklavenland gegen dem freien Land Amerika, auch<br />

wollte ich wünschen, Ihr alle wäret bei mir, denn wer hier<br />

arbeiten will, so kann man etwas verdienen, und wenn<br />

man's verdient hat, so darf man's nicht gleich den Herren<br />

geben. So darfst Du, liebe Mutter, nicht so arg bekümmert<br />

sein, denn wenn ich noch bei Euch wäre, so müßte ich in<br />

einem halben Jahre auch in das Preußenland von Euch<br />

Abschied nehmen und Soldat sein. Nun will ich mein<br />

Schreiben enden und Euch bitten, mir die neuesten Begebnisse<br />

und wie es bei Euch im Haushalt steht, mitzuteilen.<br />

Ich habe gehört, die Not sei dort sehr groß. Wie steht es<br />

auch mit dem Soldatenausheben? Uebrigens Neuigkeiten,<br />

Euren Wunsch zu erfüllen, kann ich von Handel und Wandel<br />

hier noch wenig schreiben, denn in der Stadt, wo ich<br />

mich befinde, kann es drei oder vier Tage anstehen, bis ich<br />

einen Deutschen treffe, der Deutsch mit mir redet. Deswegen<br />

ist es anfangs auch sehr hart, denn man muß alles lernen,<br />

was man arbeiten will. Bis man ein wenig Englisch kann,<br />

muß man sich beim Arbeiten von den Englischen viel gefallen<br />

lassen, denn sie spotten und lachen immer über die<br />

Deutschen, aber ich glaube, daß es werde bei mir in kurzer<br />

Zeit ein Ende nehmen, wenn man sie versteht, wenn sie<br />

miteinander reden und man bei jeder Arbeit antworten<br />

kann. Zum Schluß, liebe Mutter, grüße ich Dich und alle<br />

Geschwister vielmals und habe nur den Wunsch, Euch noch<br />

einmal wiederzusehen! Euer getreuer Theodor Haug "<br />

Anmerkung: Theodor Haug hat seine <strong>Heimat</strong> nicht wiedergesehen. Er<br />

arbeitete später in einer Küferei in der Nähe von Newyork. Beim<br />

Heimgang von der Arbeit wollte er den Weg abkürzen und einen<br />

zugefrorenen Fluß überqueren. Das Eis brach jedoch ein — und er ertrank<br />

am 15. 12. 1857. Sein Bruder Jakob, der in Washington arbeitete,<br />

berichtete hierüber in rührender Weise an seine Mutter und<br />

Geschwister. Ihr Vater war schon 1849 gestorben<br />

Zur Geschichte der Kaplanei Gammertingen<br />

Seit 1933 erhebt sich an Stelle des abgebrochenen Kaplaneihauses<br />

ein neues Pfarrgebäude. Es dürfte daher, nachdem<br />

die Kaplaneipfründe mit der Pfarrei vereinigt ist, von Interesse<br />

sein, einige Tatsachen aus der Geschichte der Kaplanei<br />

zu veröffentlichen.<br />

Am 3. September 1769 ließ Marquard Carl Anton Speth<br />

die beiden Gammertinger Bürgermeister zu sich rufen und<br />

eröffnete ihnen, daß er entschlossen sei, eine „Fruehmesser<br />

oder Capploney hierhero zu verschaffen." Der Kaplan soll<br />

verpflichtet sein, wöchentlich 4 heilige Messen und zwar 3<br />

für die Speth'sche Herrschaft und 1 für die Bürgerschaft zu<br />

lesen. Die Frühmesse soll an allen Sonn- und Feiertagen,<br />

an denen die „regierende gnädige Herrschaft" in Gammertingen<br />

anwesend ist, in der Schloßkapelle, sonst in der Pfarrkirche<br />

gelesen werden. Bei der Besetzung der Kaplanei würden<br />

Gammertinger Bürgerssöhne im geistlichen Stande bevorzugt<br />

werden. Die Gemeinde müßte jedoch ein Wohnhaus<br />

mit daran liegendem Galten erstellen und das Haus immerfort<br />

in gutem Zustande erhalten. Die am folgenden Tage zusammengerufene<br />

Bürgerschaft genehmigte einstimmig den<br />

Bau des Kaplaneihauses mit Garten und die dauernde Instandhaltung<br />

des Gebäudes. Sie genehmigte dem Inhaber der<br />

Pfründe, alljährlich zwei Stück Vieh unter die bürgerliche<br />

Herde auf die gemeine Weide gegen Reichung des üblichen<br />

Hirtenlohnes unentgeltlich auszuschlagen.<br />

Aus unbekannten Ursachen unterblieb die Einrichtung<br />

einer Kaplanei und die beschlossene Erbauung eines Kaplaneigebäudes.<br />

Die Gründe dürften wahrscheinlich auf finanziellem<br />

Gebiete zu suchen sein, denn es erfolgte durch Anstellung<br />

eines Vikars ohne besondere Einkünfte eine Zwischenlösung.<br />

Im Januar 1769 richtete Vikar Wagner an die gesamte<br />

Bürgerschaft die Bitte, ihn, da er keinerlei Einkünfte habe<br />

und lediglich auf die Güte des Pfarrers angewiesen sei, mit<br />

Geldmitteln zu unterstützen. Als Gegenleistung wolle er<br />

wöchentlich für die gesamte Bürgerschaft eine hl. Mese lesen<br />

und damit Gottes Segen über die Gemeinde herabrufen. Die<br />

Stadtverwaltung genehmigte einstimmig für Vikar Wagner<br />

50 Gulden unter der Bedingung, daß er wöchentlich eine hl.<br />

Messe für die Bürgerschaft und jeden Sonn- und Feiertag<br />

eine Frühmesse lese, außerdem bei allen geistlichen Arbeiten<br />

zur Schonung des Stadtpfarrers willigst mitarbeite. In der<br />

Folgezeit wurden dem Vikar jährlich diese 50 Gulden bewilligt,<br />

im Jahre 1777 für Vikar Reiser das letzte Mal. Die<br />

Einrichtung der Kaplanei und die Erstellung eines Kaplaneihauses<br />

unterblieben demnach bis zu diesem Jahre und machten<br />

keine Fortschritte. Ueber die weitere Geschichte der Kaplanei<br />

berichtet Kaplan Binder folgendermaßen:<br />

Im Jahre 1777 hatte der von hier gebürtige Bürgermeister<br />

von Aichach in Bayern, namens Reiser, zur Gründung einer<br />

Kaplanei in seiner Vaterstadt Gammertingen ein Kapital von<br />

5000 fl. gestiftet. Reiser legte in der Folge sein Amt freiwillig<br />

nieder, zog in die <strong>Heimat</strong> und erlegte hier 2 500 fl. Die andere<br />

Hälfte des Stiftungskapitals blieb noch vorderhand in<br />

Aichach zinsbar angelegt. Dieser letztere Umstand gab zu<br />

sehr lebhaften Streitigkeiten Veranlassung, die erst im Jahre<br />

1787 endültig beigelegt worden sind. Nach bayerischem Recht<br />

verlangte der Stadtrat von Aichach die sogen, quarta pauperum,<br />

d. h., den vierten Teil des Stiftungskapitals zu Gunsten<br />

der dortigen Stadt-Armen und außerdem 500 fl. Erbschaftssteuer,<br />

also zusammen die bescheidene Summe von<br />

1 750 fl. Zudem drohte der Stadtrat, seinen ehemaligen Bürgermeister<br />

noch gerichtlich zu belangen, weil er, ohne sich<br />

bei den Behörden abzumelden, Bayern verlassen hab. Es<br />

stand darum sehr zu befürchten, daß schließlich die ganze<br />

Summe von 2 500 fl. verloren gehen könnte. Da alle Vorstellungen<br />

beim Stadtrat nichts fruchteten, wandte sich der<br />

Freiherr Marquard von Speth persönlich an den Kurfürsten<br />

Carl Theodor von Bayern und es gelang endlich nach vielen<br />

Mühen und endlosen Schreibereien, wenigstens 2 500 fl. zu<br />

retten, während 500 fl. als Erbschaftssteuer zurückbehalten<br />

wurden. Folglich bestand das Stiftungskapital nur noch aus<br />

4 500 fl.<br />

Nachdem diese Schwierigkeit behoben war, entstanden<br />

gleich mehrere andere, besonders bezüglich der Gründung<br />

der eigentlichen Kaplanei und bezüglich der Beschaffung<br />

einer passenden Wohnung für den künftigen Kaplan. Nach<br />

dem Vertrage von 1616 sollte die Stelle eines Frühmessers<br />

an der Michaelskapelle und die Schloßkaplanei nur solange<br />

mit der Stadtpfarrei vereinigt bleiben, bis eine neue Kaplanei<br />

gegründet würde. Dieser Zeitpunkt war jetzt gekommen.<br />

Nun aber weigerte sich der damalige Stadtpfarrer Reiser,<br />

die beiden Pfründen herauszugeben, umso mehr als die<br />

Stadtpfarrei ohne dieselben kaum 700 fl. trug. Auch behauptete<br />

die Gemeinde, sie hätte die Michaelskapelle gebaut, und<br />

müsse darum ebenfalls gehört werden. Allein eine Kommission<br />

vom Jahre 1789, die aus einem Abgesandten der<br />

bischöflichen Behörde, dem Obervogt Merhart und einigen<br />

Deputierten der Stadtgemeinde bestand, überwies die Gemeinde<br />

des Irrtums und konstatierte, daß die Gemeinde beim<br />

Bau der genannten Kapelle Frondienste geleistet hätte, und<br />

daß die Herren von Bubenhofen die Erbauer gewesen wären.<br />

Nach dreizehnjährigen, allerdings oft unterbrochenen Unterhandlungen<br />

kam man endlich dahin überein, daß die Michaelskapelle<br />

für immer mit der Pfarrei verbunden werden<br />

solle, während die Einkünfte der Schloßkaplanei zu der neu<br />

zu gründenden Kaplanei geschlagen wurden. Außerdem erhielt<br />

die Pfarrei zum Kapitalstock noch 1000 fl., welche erspart<br />

worden waren; damit stieg das Einkommen des künftigen<br />

Kaplans um 102 fl., das des Pfarrers um 58 fl 44 Kr.<br />

und 40 fl. Zinsen aus den 1000 fl.<br />

Da die Gemeinde den Hauptvorteil von der neuen Kaplanei<br />

hatte, wurde sie angegangen, auch ihrerseits etwas<br />

zum Einkommen des Kaplans beizutragen, und zwar ein „ein<br />

Hanfländl, ein Hedäpfelländl und eine bürgerliche Holzgerechtigkeit."<br />

Allein der Stadtrat bewilligte nur ein Hanfländl<br />

und das Recht, 3 bis 4 Stück Vieh auf die Gemeindeweide<br />

treiben zu dürfen, wobei aber der Kaplan den Hütelohn<br />

aus seiner Tasche bezahlen müsse.<br />

Noch viel mehr Schwierigkeiten machte die Wohnung des<br />

neuen Kaplans. Freiherr Marquard von Speth hatte der<br />

Kaplanei bereits ein Krautland geschenkt, und erklärte sich<br />

weiter geneigt, einen Bauplatz und vom Kirchengarten ein<br />

Stück zu einem Garten unentgeltlich herzugeben. Außerdem<br />

versprach er, dem sofort anzustellenden Kaplan bis zur<br />

Vollendung des Neubaues freies Quartier, Tisch, Licht und 8<br />

Klafter Holz zu geben. Daraufhin wurde der Geistliche Keller<br />

sofort als Kaplan angestellt, der nun auch seinerseits<br />

erklärte, ein Viertel seines Einkommens zum Bau des neuen<br />

Kaplanei-Hauses alljährlich beizuschießen. Allein alle diese<br />

schönen Pläne scheiterten an der standhaften Weigerung der<br />

Gemeinde, die notwendige Instandhaltung der Kaplaneiwohnung<br />

für alle Zeiten zu übernehmen. Zu Frondiensten<br />

beim Bau hatte sie sich bereit erklärt. Nun wurde ein anderer<br />

Weg eingeschlagen. Die Pfarrei besaß ein Mesnerhaus,<br />

das seit seiner Erbauung im Jahre 1761 Schulhaus und zugleich<br />

Mesner- und Lehrerwohnung war. (Das jetzige Wißmann'sche<br />

Haus.) In diesem Hause kaufte sich die Kaplanei

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