Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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34 HOHEN Z Ö L LERISCHE H E I M A T Jahrgang 1967<br />
Clemens Brentano bereitete den barmherzigen Schwestern<br />
in einer eigenen Schrift den Weg in die deutsche Oeffentlichkeit.<br />
„Ihr Nutzen war leicht zu erweisen; denn allgemein<br />
waren die Klagen über die Härten, Fahrlässigkeit und Unehrlichkeit<br />
der um Lohn gemieteten Krankenwärter und Krankenwärterinnen"<br />
4 ).<br />
In Bayern hatte Erzbischof Ignaz Demeter von Freiburg<br />
den Orden kennen gelernt und wollte ihn auch in seiner<br />
Diözese einführen. Der Tod hinderte ihn daran. In seinem<br />
Testament jedoch bestimmte er zwei Drittel seines Vermögens<br />
zur Stiftung des Instituts der Barmherzigen Schwestern im<br />
badischen Land 5 ).<br />
An das Mutterhaus in München wandte sich auch Fürst<br />
Carl, um Schwestern für das gegründete Spital zu erhalten.<br />
Fürstin Eugenie von Hohenzollern-Hechingen, die gerade in<br />
München bei ihren Angehörigen, der königlichen Familie<br />
war, sollte auf seine Bitten persönlich bei den Schwestern<br />
(Souers de la Charité) vermitteln. Unterm 28. August 1843<br />
berichtet sie ihrem „Cousin" Fürst Karl nach Sigmaringen:<br />
Ich habe mich sofort mit diesem schönen Plan beschäftigt und<br />
die Superiorin persönlich gesprochen. Man gibt aber keine<br />
Schwestern ins Ausland. Der Fürst müsse junge, geeignete<br />
Mädchen nach München schicken, daß diese für das Ordensleben<br />
und die Krankenpflege vorbereitet werden. Es werden<br />
ihm in Kürze die bestehenden Bestimmungen zugesandt.<br />
Die Fürstin findet den Plan, barmherzige Schwestern für<br />
das neue Spital zu bekommen, großartig. „Dieser Orden ist<br />
ganz religiös aufgebaut", schreibt sie. „Die Schwestern kennen<br />
nur die Statuten in allen Ländern, in denen sie wirken. Ich<br />
beglückwünsche Sie, daß Sie diese fromme Hilfe für Ihr Land<br />
gefunden haben und bin darüber entzückt. Das was Sie für<br />
Ihr Land tun, werden Sie sicher auch eines Tages für das unsere<br />
tun, wenn es Gotteswille ist, daß es ihnen einst gehört" 6 ).<br />
(Die Ehe des Fürsten Constantin von Hohenzollern-Hechingen<br />
mit Fürstin Eugenie war kinderlos. Sie hoffte deshalb,<br />
auf Vereinigung der beiden Fürstentümer Hohenzollern-<br />
Hechingen mit Hohenzollern-Sigmaringen.)<br />
Der Plan mit dem jungen Mutterhaus in München kam indes<br />
nicht zur Ausführung. Fürst Carl schlug darauf einen anderen<br />
Weg ein, um zum Ziele zu kommen. Ein Brief des Historikers<br />
Friedrich von Hurter, K. K. Hofrat aus Bad Peters-<br />
Obwohl ich mein Elternhaus (Hauserhof bei Hechingen)<br />
seit Jahrzehnten verlassen habe, ist die Erinnerung überaus<br />
lebendig geblieben. Mein Großvater mütterlicherseits war<br />
Zacharias Löffler in Boll bei Hechingen, wo er das<br />
fürstliche Hofgut „F r i e d r i c h s t a 1" (auch „Schammental"<br />
genannt) umtrieb. Er war als erfolgreicher Landwirt überall<br />
sehr angesehen und wurde im He chinger Land allgemein<br />
„der Zacher" genannt. Beim Landgericht<br />
Hechingen galt er nach Aussage meines verstorbenen Onkels<br />
(Justizrat Löffler) als der intelligenteste, aber auch eigenwilligste<br />
Bauer von Hohenzollern. Wegen seiner umfassenden<br />
Sachkenntnisse und wegen seines klaren Urteils hatte ihn das<br />
Landgericht oft als Sachverständigen herangezogen.<br />
In Boll gab es mehrere Familien mit dem Namen L ö f f -<br />
1 e r, die sich nach Mitteilung meiner Mutter in wesentlichen<br />
Dingen sehr voneinander unterschieden. Die einen waren<br />
fleißig und strebsam und hatten es zu etwas gebracht. Die andern<br />
waren antriebslos, langsam und machten wenig Fortschritte.<br />
Wie meine Mutter uns sagte, wurden die beiden<br />
Familiengruppen im Dorf „Hirscher" oder „Hörne r"<br />
genannt. Nach dem Grund dieser eigenartigen Bezeichnung<br />
hatte ich meine Mutter nie gefragt; aber vermutlich ging der<br />
Name „H i r s c h e r" zurück auf den geschwinden<br />
Hirsch, den König der Waldtiere, der mit seinem prächtigen<br />
Geweih eine Art Krone trägt. Demgegenüber erinnerten<br />
die „Hörne r" mit ihrem langsamen Wesen vielleicht<br />
mehr an die gehörnten Tiere des Viehstalles,<br />
Kühe und Ochsen.<br />
Boll hatte an „M a r i a Z e 11" einen (wegen seiner prachtvollen<br />
Lage auf halber Höhe vom „Zollerberg") landschaftlich<br />
einmalig schönen Friedhof, dessen Kapelle aus dem<br />
Schmuck des sie umgebenden Waldes weit hinausschaut auf<br />
das im Tal liegende Land.<br />
Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>erinnerungen<br />
Die besonders laute Sprache der „Bollemer" soll<br />
von Professor A. M a y e r<br />
emer. Direktor der Frauenklinik Tübingen<br />
thal im Schwarzwald an Bischof Andreas Räß in Straßburg<br />
gibt darüber Auskunft: Am 21. d. (Monats Juli) 1846 werde<br />
ich von hier nach Straßburg kommen und Eurer Hochbischöflichen<br />
Gnaden in Begleitung des Geistlichen Raths Engel von<br />
Sigmaringen meine Aufwartung machen 7 )... Herr Engel<br />
hat von seinem Fürsten den Auftrag, einen neuen Sturm<br />
auf die Barmherzigen Schwestern zu unternehmen, und derselbe<br />
hat es sehr beifällig aufgenommen, daß ich mich als<br />
Volontär dieser Razia anschließen will. Die Gründe sind so<br />
einleuchtend, daß wir, wenn irgendwelche Möglichkeit vorhanden<br />
ist, auf geneigtes Entsprechen hoffen.<br />
Was hat es mit diesem „Sturm" auf die Barmherzigen<br />
Schwestern für eine Bewandtnis? Der Fürst v. Hohenzollern-<br />
Sigmaringen wollte nämlich aus dem Straßburger Mutterhaus<br />
der Barmherzigen Schwestern, das schon mehrere Kolonien<br />
nach Deutschland gesandt hatte, Krankenpflegerinnen<br />
für sein Landesspital gewinnen, aber die Oberin hatte das<br />
Begehren abgewiesen, weil sie nicht genug Schwestern zur<br />
Verfügung hatte, auch wohl, weil sie gehört haben mochte,<br />
daß die damaligen Sigmaringer Radikalen gegen das Vorhaben<br />
des Fürsten Widerspruch erhoben hatten. Der Erzbischöfliche<br />
Kaplan Feßler in Freiburg und der Geistliche<br />
Rat Engel von Sigmaringen, wandten sich daher an Hurter,<br />
dessen Beziehungen zu Räß bestanden, mit der Bitte, er möge<br />
sowohl bei dem Bischof, als bei der Generaloberin seinen<br />
Einfluß geltend machen. Und tatsächlich waren die Schritte<br />
Hurters ... nicht vergebens. Denn am 3. August konnte Hurter<br />
dem Geistlichen Rat Engel von Heidelberg aus mitteilen, daß<br />
die Sache in günstigem Sinne geregelt sei 8 ).<br />
Anmerkungen :<br />
1) Zur Jubelfeier des Fürst Karl-Landesspitals in Sigmaringen 1847-1897.<br />
M. Liehner-Sigmaringen.<br />
2) Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern von Straßburg. Separatdruck<br />
aus dem „Elsäßer Kurier" vom 5. und 6. April 1918.<br />
3) La Congrégation des Soeurs de le Charité de Strasburg. 1923 S. 9 ff.<br />
4) Franz Schnabel, Deutsche Geschichte im 19. Jahrh. Kath. Kirche, 1965 S. 261.<br />
5) Wilhelm Burger, Das Erzbistum Freiburg, 1927 S. 141.<br />
8) s' Zollerländle, Hechingen Nr. 5, 1926.<br />
') Fidel Engel, geb. 1769 in Bingen, 1818-1824 Stadtpfarrer in Sigmaringen,<br />
1824-1853 Pfarrer in Venngendorf. Regierungsrat. J. Wetzel, Geschichte<br />
der Kath. Kirche in Schwaben-Hohenzollern. 1928 ünitas Bühl-Baden. S. 367.<br />
8) L. Pfleger. Hurter. 321-322. Nikolaus Maier.<br />
davon herrühren, daß alle aus dem „B r ö 11 e r" (einem rauschenden<br />
Bächlein am Fuß von „Maria Zell") getrunken haben.<br />
Dadurch, daß wir 10 Geschwister waren, bildeten wir<br />
Kinder auf der abgelegenen „Einöd e" vom Hauserhof eine<br />
Art Kleingemeinde für uns. Bei der nicht leichten Führung<br />
ihrer großen Kinderschar erwies sich unsere unvergeßliche<br />
Mutter besonders in zwei Richtungen als gute praktische<br />
Psychologin: Sie war freigebig im Austeilen<br />
von Ohrfeigen und verstand es meisterhaft, uns Kinder<br />
irgendwie zu beschäftigen.<br />
Wenn eines von uns ab und zu der Meinung war, die Ohrfeige<br />
nicht verdient zu haben, lautete die Antwort: „Dann<br />
hast Du sie gestern verdient, was mir entging und Du bekommst<br />
heute die Nachlieferung; oder „Du verdienst eine<br />
Ohrfeige morgen, was mir vielleicht auch entgeht und daher<br />
bekommst Du schon heute die Vorauszahlung." —• Aus ihrer<br />
Herzensgüte heraus besaß unsere Mutter ein großes<br />
Verständnis für unsere kindliche Naschsucht: In<br />
unserem gemeinsamen Schlafzimmer stand eine große, nicht<br />
verschlossene Büchse mit selbsterzeugtem Bienenhonig<br />
und ein Eßlöffel darin. Mit seiner Hilfe hatten wir öfter das<br />
uns von der Mutter aufgetragene Nachtgebet besonders<br />
„andächtig" gestaltet. Wohl hatte die Mutter wiederholt betont,<br />
daß wir „an den Honig gegangen waren", aber trotzdem<br />
hatte sie die Honigbüchse nie verschlossen.<br />
Eine regelmäßige Beschäftigung war für uns das<br />
Schuhewichsen für das ganze Haus am Samstagnachmittag.<br />
Zu diesem Zwecke setzten wir uns gerne auf die von<br />
der Sonne beschienene Bank vor dem „Gesindehaus". Dort<br />
forderte uns eines Tages der auf dem gegenüberliegenden<br />
Dach des Schafstalles beschäftigte „Hofmaurer" Michel<br />
auf, die kurz vorher von ihm geweißte Hauswand<br />
auch zu „wichsen", was wir sofort taten. Unsere Mutter<br />
war darüber natürlich sehr empört und ereilte uns zunächst