Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 29<br />
ging man aber nur, um dort notwendige Lebenszwecke zu<br />
erledigen. In der fortgeschrittenen Kultur nennt man diese<br />
Zelle „Klosett" und ist sie noch fortgeschrittener, so sagt<br />
man einfach Klo. Das Wort kommt vom lat. clausam oder<br />
claves und heißt zu deutsch verschließen oder auch abgeschlossen<br />
usw. Im Schwäbischen wird dieses Geheimgemach<br />
„Häusle" genannt. War kein Garten beim Haus, so baute<br />
man das „Häusle" dicht hinter das Haus; im zweiten Stock<br />
hängte man Mangels eines festen Grundes das „Häule" einfach<br />
an die Hinterseite de:.; Hauses. Von dort aus fiel dann<br />
die übrige Sache in eine Senke unter dem „Häusle", und<br />
um die fallenden Ausschüttungen unsichtbar zu machen,<br />
machte man unter das Häusle als Verbindungsglied einen<br />
kastenartigen Trog oder eine ebensolche Kiste, heute ist dieselbe<br />
durch eine Zementröhre ersetzt. Fuhr man vor 50 Jahren<br />
an der Stadt Engen vorbei, so konnte man am Hinterteil<br />
der anliegenden Häuser die romantische Reihe solcher „Häuslein"<br />
sehen. Auch diese hat die schon vor der „Wirtschaftsblüte"<br />
bestehende Kultur in das Innere der Häuser verbannt.<br />
Die vorgenannte „loube" wurde im Mittelalter klein geschrieben.<br />
Diese Kleinschreibung wird von einer kulturell<br />
offenbar weit vorangeeilten Kultur besonders gepflegt und<br />
liefert damit den Beweis, daß das „finstere" Mittelalter offen-<br />
1. Viehhaltung<br />
Ein Wucherrind oder Hagen, einen Eber und Ran (Zuchthammel)<br />
hatte 1489 der obere Kelnhof in Tuttlingen für die<br />
Stadt zur Verfügung zu halten. Den Hagen mußte der Bauer<br />
jedoch drin behalten und bis 1. Mai (Maitag) nicht auf die<br />
Weide lassen. Von da bis St. Jakobstag (25. Juli) konnte er<br />
dann unter die Herde gehen. Wurde er nach dem 1. Mai<br />
krank, so durfte man ihn unter den Kälbern weiden lassen.<br />
War dies nicht möglich, so bekam er seine Weide auf der<br />
sog. Fronwies, was niemand verhindern durfte, außer daß ihn<br />
einer aus seiner eigenen Wiese in eine benachbarte weisen<br />
konnte. Nach St. Jakobstag bis nächstes Frühjahr durfte der<br />
Hagen nicht mehr bei der Herde laufen. Zur Tränke mußte<br />
er hinaus und hinein geführt werden, damit niemand am Vieh<br />
Schaden litt.<br />
Wenn die „Kuhherter (Hirten) im März mit dem Vieh ausfuhren,<br />
beanspruchten sie von je 2 Stück bis 1. Mai einen<br />
Laib Brot, so wie es jedermann in seinem Hause buk. Vom<br />
Maitag bis St. Gallentag (16. Okt.) erhielten die Hirten von<br />
jedem Stück oder Haupt drei Viertel Haber, von ua an bis<br />
zur endgültigen Einstellung im Herbst gab jeder Stall, ob<br />
groß oder klein, ein Herbstbrot, und nicht mehr. Wenn ein<br />
Stück Vieh behalten wird, bis es die „Winterhälm ergreift"<br />
(frißt), so ist der volle Lohn fällig, vorher nicht."<br />
Wenn einer erst nach St. Gallentag noch Vieh von einem<br />
Teilhaber („Gemeinder") oder sonst woher überkommt, so ist<br />
man dem Hirten davon keinen Lohn schuldig außer dem<br />
Herbstbrot. Erhält einer Vieh vor Gallentag und wills auf<br />
die Weide lassen, so soll er wegen des Lohnes mit dem Hirten<br />
übereinkommen nach Zahl und Billigkeit.<br />
Von einem Schwein gab man dem Hirten als Lohn ein Brachat-Brot<br />
(Juni: Zeit des Brachens) und 2 Imi Roggen, oder<br />
wann der Hirt einverstanden war, drei Imi Roggen ohne Brot.<br />
Bringt man ein junges Schwein nach dem Brächet, so hat der<br />
Besitzer davon 2 Imi und kein Brot zu geben. Wird ein<br />
Schwein so früh im Jahr dazugetan, daß es zur Brachet-Zeit<br />
(Juni) ausgehen soll, so gibt man dem Hirten davon den vollen<br />
Lohn, gleichgültig obs mit auf die Weide geht oder nicht<br />
Wäre ein Schwein so spät im Jahr, daß es erst die Winterhälm<br />
frißt, so hat man davon 1 Imi Roggen zu geben und kein<br />
Brot. Doch soll niemand Gefährde (d. h. Arglist) gebrauchen.<br />
Wenn ein Hirt die Kälber zum Maitag (1. Mai) empfängt,<br />
so soll er sie hüten bis St. Johannistag (24. Juni) zur Sonnenwende,<br />
seien es nun junge Lämmer, Kitzle oder Kälber, um<br />
drei Heller für jedes Haupt. Nach Johannistag gibt jedes Kalb<br />
ein Viertel Vesen bis St. Michaelistag (29. Sept.). Die Kitzen<br />
und Lämmer hat der Hirt nach Johannistag um je 1 Heller<br />
zu hüten. Wenn einer dem Sauhirten zu Johannistag Kitzle<br />
oder Lämmer unterschlägt (zuführt), so hat er den Heller mitzugeben,<br />
andernfalls ist der Hirt nicht verpflichtet auszufahren.<br />
Wenn die Kälberhirten ihre Kälber bis St. Michaelstag behalten,<br />
so sollen die Kuhhirten von da an bis St. Gallentag<br />
sie hüten, wofür ein Kälberhirt dem Kuhhirten zwei Laibe<br />
Brot zu geben hat. Nach Gallentag soll man sie mit dem<br />
Herbstbrot belohnen, wie oben gesagt, sonst aber keinen Lohn<br />
schuldig sein. (Tuttl. <strong>Heimat</strong>blätter 1947, 30—33; J. Forderer,<br />
Tuttlingen im Wandel der Zeit 1949, 283 f.)<br />
(„Wucherrind" kommt von mhd. wucher = Ertrag, Zuwachs;<br />
wuchern Frucht bringen.)<br />
Rechtsbestimmungen früherer Zeit<br />
bar nicht so finster war, wie es die Aufgeklärten einer gewissen<br />
Zeitepoche dargestellt haben. Es gibt ja auch Klassiker,<br />
welche das Latein nicht vom Italienischen unterscheiden<br />
können.<br />
Wir Lausbuben nannten die hoch an den Häusern hängenden<br />
„Häusle" Sternwarten, womit auch die Lautbrechung<br />
von schießen, die Sterne „schießen" ja im Volksmund, zu<br />
erklären ist.<br />
Im Orient gibt es heutzutage auch solche „Häusle". Aber<br />
die Einrichtung ist einfacher. Vor dem Senkrohr ist ein<br />
Pedal angebracht. Hat man die notwendige Sache vor, so<br />
steht man auf das zweiteilige Pedal. Steht man fest, so geht<br />
man in die Hocke •— im Schäbischen sagt man, man„hotteret"—<br />
hin. Das „Häusle" nennt man in Bulgarien z. B. Krypterios<br />
— das heißt Versteck oder Kryphytos = Verborgenheit, aber<br />
auch Kropobolein, kurz Bello = Kloake. In Jamboli ließ unser<br />
Hauptmann in diesen Verstecken deutsche Sitzgelegenheiten<br />
errichten. Aber unser Dolmetscher, der Professor Reinoff,<br />
stellte sie weg mit den Worten: „das ist nicht für meine<br />
Zwecke". Nun könnte ich noch etwas von jener Stallmagd<br />
erzählen, welcha die deutsche Sitzgelegenheit in einem Vers<br />
besonders gepriesen hat. Ich will es aber nicht tun, denn<br />
auch die Ruhe ist ein Lebensnotwendigkeit. J. St.<br />
2. Vom „Fall" oder Hinterlassenschaftssteuer<br />
Wenn einem Tuttlinger Bürger (1489) sein Weib starb, so<br />
durfte der (Leib-)Herr als „Fall" oder Steuer ein Bett und<br />
Kleider beanspruchen, die dieselbe am „Guten Tag" (Montag)<br />
zu tragen pflegte, wenn sie zur Kirche ging. Hinterließ die<br />
Frau eine unberatene (unversorgte) Tochter, so erbte diese<br />
alles von der Mutter, und war kein „Fall" zu geben. Hinterließ<br />
die Frau keine unversorgte Tochter, so hatte der Witwer<br />
das Recht, deren Bett bis zu Ende seiner Tage, solange er auf<br />
dem Witwerstuhl saß, zu benützen, zwar nicht das beste, aber<br />
auch nicht das böseste Bett.<br />
Nahm er ein anderes Weib, so hatte der Leibherr und Erbe<br />
des „Falles" das Recht, den „Fall" zur hinteren Türe hinauszuziehen,<br />
wenn jener das Weib zur vorderen Türe hereinführte.<br />
Wenn ein Mann mit dem Tod abging, so hatte der<br />
(Leib-)Herr den Hauptfall zu beanspruchen. Hatte er<br />
kein Haupt (Stück) Vieh hinterlassen, so bezog er statt dessen<br />
ein Ober- und Untergewand, d. h. einen Mantel, Rock oder<br />
Juppe, wie er es gerade hinterließ. Außerdem war dem Büttel<br />
sein Recht zu geben, nämlich eine Kappe, zwei Schuhe, zwei<br />
Hosen und das Gürtelkleid (Hausrock?), wie ers ehrlich hinterließ.<br />
Von einer Frau dagegen, die von ihrem Herrn „verfallet"<br />
ist, erhielt der Büttel eine „Stuche" (Schleier, Schürze), ein<br />
Gürtelkleid und zwei Schuhe. Fügte es sich, daß einem Herrn<br />
ein Stück Vieh als „Fall zufiel, das an den Pflug g e m a r e t<br />
(zu einem Pfluggespann verdingt) war, so durfte der Herr das<br />
Vieh nicht vom Pflug wegnehmen, bis die „Gemarschaft" zu<br />
Ende war. Damit der Herr aber nicht um sein Erbe kam,<br />
konnte er das Vieh um ein angemessenes Geld veranschlagen,<br />
jedoch mit dem Empfang bis zum Herbst, d. h. bis zum Ende<br />
der Gemarschaft warten. Doch durfte er mit Entgegenkommen<br />
rechnen.<br />
3. Ehrlicher Wandel<br />
Schultheiß und Gericht hatten 1489 in Tuttlingen den Mesner<br />
einzusetzen, möglichst mit Zustimmung des Leutpriesters<br />
(Stadtpfarrers), da dieser ihn am besten kenne. „Wenn ein<br />
Mensch von Touds wegen abgaut, und mit dem Sakrament<br />
gerichtet ist, soll man ihm dem Leutpriester 8 Schilling<br />
und 4 Heller geben, daß er jeden Sonntag desselben Jahres<br />
von der Kanzel seiner gedenke." Wollten von da an dessen<br />
Erben, daß man auch weiterhin seiner gedachte, so hatten<br />
sie dem Leutpriester 1 Schilling für das Einschreiben ins Gedenkbuch<br />
zu geben.<br />
Wo Entzweiung zwischen den Leuten entstand, sollten<br />
Schultheiß und Gericht Frieden und Versöhnung gebieten.<br />
War die Gegenseite so stark, daß sie nicht zum Frieden zu<br />
bringen war, sollten auch andere Leute bei ihrem Eid dabei<br />
helfen. Dasselbe galt auch vom Stadtknecht. War niemand<br />
von der Stadt dabei, so war jedermann der Gemeinde dies zu<br />
tun verpflichtet, und die Sache beim Amtmann zur Anzeige<br />
zu bringen. Wer bei solchem Anlaß einen Auflauf verursachte,<br />
zahlte als Strafe 10 Pfund Heller, falls es ihm nachgewiesen<br />
wurde, es wäre denn, daß er seinen Freund in Not sah, denn<br />
dem durfte er zu Hilfe kommen.<br />
Wenn unrechtmäßig eine Atzung (Flurabweidung) geschah,<br />
so sollte man sie urkundlich bestätigen lassen und konnte sich<br />
wegen des Schadens an das Stadtgericht wenden. (Dr. M.<br />
Eimer und Dr. Forderer redeten an dieser Stelle unmöglicherweise<br />
von einer „Speisung" durch die Stadt!) Wer wegen Ab-