Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

hohenzollerischer.geschichtsverein.de
von hohenzollerischer.geschichtsverein.de Mehr von diesem Publisher
16.01.2013 Aufrufe

Hohenzollerlsche Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus Schriftleitung: Fritz S c h o d e r, Hauptlehrer 7451 Rangendingen, Mühlweg 22 4 P 3828F Preis halbjährlich 1.40 DM Druck und Verlag: Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen Postscheckkonto Stuttgart 35 892 Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15 Nummer 1 Gammertingen, Januar 1967 17. Jahrgang 5um Fleujaljr 1967: Jn ©ottee Flamen fatjren tnic, auf feine Ucöftung Ijoffen toic. enö oon une alles Ifiecgeleib! föycie eleifon. Opfer des Hexenwahns in Hohenzollern Als Hexen bezeichnete der Volksaberglaube (meist) alte zugezogene Frauen, die angeblich mit dem Teufel im Bunde stünden und mittels geheimer Kräfte und Salben dem Nebenmenschen an Leib und Gut schaden, auch sich selbst in verschiedene Gestalten (Katzen, Hasen etc.) verwandeln und durch die Luft fahren könnten. Hexe bedeutet eigentlich Hagpfahl-Reiterin. Der Hexenglaube reicht in die germanische Zeit zurück und ist heute noch nicht ganz ausgestorben. Von der Kirche wurde er im Frühmittelalter bekämpft, später aber durch verschiedene Theorien von Theologen jedoch gefördert und wuchs schließlich im 15. Jahrhundert zu einer wahren Epidemie aus, vor allem durch den sog. Hexenhammer der Inquisitoren Institor und Sprenger. Die Prozesse gegen die unglücklichen Opfer des Hexenwahns aus Reich und Arm, Gelehrten und Ungelehrten, Protestanten und Katholiken, gleichen sich, wie ein Ei dem andern. Durch Folterung, verschleiernd „peinliche Frag" genannt, erpreßte man den Opfern die erwünschten Schuldbekenntnisse (Urgichten): Hexentänze, Buhlen mit dem Bösen, Verleugnung Gottes und der Heiligen, Schädigung von Vieh und Leuten, Gewittermachen, Bestreichen mit Hexensalbe und ähnliche Ausgeburten krankhafter Gehirne. (Vgl. Hohz. JHeft 1961, 79—82.) Seit Mitte des 16. Jahrhunderts führten Männer der verschiedensten Richtungen, wie Weyer 1563, Loos 1592, Friedrich von Spee 1631, Ad. Tanner, B. Bekker 1691 und Thomasius 1701 einen erbitterten Kampf gegen die Hexenverfolgung. Noch 1749 fiel ihr in Würzburg eine Person zum Opfer und 1782 eine andere in Glarus. (Vgl. „Hohenzoll. Heimat" 1965, 15. Im folgenden wird versucht, die Opfer des Wahns aus Hohenzollern zusammenzustellen. Schnell hat in „Mitteilungen des Vereins f. Gesch. i. Hohenzollern", Bd. 7, 80 ff., eine Reihe von Prozessen veröffentlicht, andere Hebeisen in seinem „Hohenzoll. Heimatblatt" 1931—33, Zimmermann solche aus Empfingen, andere finden sich in Archivalien zu Sigmaringen, die jedoch noch lange nicht ausgeschöpft sind (Rub. 167, Nr. 5—13). Als Versammlungsplätze der Hexen werden erwähnt: Bollemer Käppelin, Poschenbühl gen Hirrlingen, Gallenwieslin, im Kuhholz, Ohmengraben, Münchgraben, Laible bei Oberndorf, Wolfental und Werenberg bei Haigerloch, Ldndihshalde, Auchtert, Markarts Täle, Hirrlinger Käppelin, Rammert aufm Reitenberg, Tanbach, Butzenweiher, Kornberg (-bühl) bei Salmendingen, Köhlberg und Bürgle bei Jungingen, Saya (Seeheimertal) bei Ringingen, Hexeneiche auf Seeheimerberg, Mettenberg bei Burladingen, Heufeld bei Ringingen, Alte Reute gegen Staufenberg, Fichtenwäldle bei Rangendingen, auf Hohenburg daselbst, am Weilerberg usw. 1) Laut Zimmerischer Chronik (4, 311) hatte der alte Vogt Scheffermichel zu Burladingen ein Weib namens Ursel, die Hebamme war, und sich dem Satan ergab. Sie stiftete in der Grafschaft Zollern viel Böses an Leuten und Vieh. Zuletzt trieb sie es so arg, daß Graf Jos Nikiaus (1538—58) sie ergreifen und in die Tortur legen ließ. Sie sträubte sich lange zu bekennen, aber schließlich sagte sie einen ganzen Kalender von Untaten, doch habe sie keine kleinen Kinder umgebracht, sondern sich ihrer erbarmt, weswegen sie vom bösen Feind viel Schmach und Schläge habe aufnehmen müssen. Sie wurde zum Feuertod verurteilt. Da sagte man wunder, was für ein großes und grausliches Unwetter eintraf, als man sie hinrichtete. Zuvor hatte sie dem Nachrichter noch einen Trunk gebracht, den er annahm. Ich weiß nicht, was sie damit getrieben, doch sobald er getrunken hatte, sagte er: „Das wurt mir mein Leben gestehen." Tatsächlich hat er in Kürze hernach sterben müssen. (Die Hechinger Chronik von Egler- Ehrenberg berichtet diese Geschichte irrig zum Jahr 1533.) 2) 1576 Jergs Unterheinzen, des Schützen Weib von Jungingen ist wegen Zaubereiverdachts ausgetreten (geflüchtet) und daher des Landes verwiesen worden. 3—5) 1583 Katharina Paderin Daikerin, Margaretha Sattlerin des Lehlins Weib und Katharina die Schultheißin von Hechingen wurden peinlich beklagt (gefoltert!) und wenigstens 2 davon hingerichtet. 6) 1588 Katharina Zeiler von Hörschwag „besiebnet" (= von 7 Zeugen der Hexerei überführt) und vermutlich hingerichtet. 7) 1588 Sebastian Steublin von M e 1 c h i n g e n am 29. März in Trochtelfingen hingerichtet (Lauchert-Zeitung 1937, 104 vom 8. Mai). 8) 1588 Agnes Widmayerin von Rangendingen, Landesverweis. 9—12) 1589 2. August: Marg. Lehnlin, Gertrud Weißarm des Diebold Greinen sei. Hausfrau, Dorothea Heßin (Has) des Jakob Gilgen Witwe, alle drei von Hechingen, und Dorothea Hagenbuchin des Jörg Kollers Weib zu Owingen, alle gefoltert, besiebnet. 13—23) 1596 wurden 10 Hexen zu Trochtelfingen hingerichtet: Von Melchingen: Katharina Memlerin, Adlerwirtin, die von Pfullingen stammte, Agatha Huber und Anna Burkhart. Von Salmendingen: Barb. Schmid, Marg. Krommer, Barbara Emele und Anna Felekin (Völkin), Von R i n g i n g e n : Anna Klinglerin und Barbara Schweizerin. Dazu ein fremder Schneider Georg Bressamer aus Feuchtwangen. Verbrannt: Memmler und Bressamer am 1. August, die andern am 27. Juni zu Trochtelfingen „Lauchert-Zeitung wie oben Nr. 6; Zollerheimat 1938 S. 29). 24) Ca. 1600 Hans Pfeiffer von Hörschwag hat Unwetter gemacht, Tiere gelähmt usw., ist 67 Jahre alt, vermutlich hingerichtet worden (H.JHeft 1961, 81). 25) 1598 Margaretha Hauttin von S i c k i n g e n, am 17. und 18. Juli gefoltert, am 25. Juli versiebnet, am 4. August nochmal. 26) 1598 Magdalena Armlin, verheir. Hipp, von Bechtoldsweiler, peinlich gefragt 20. Juli, versiebnet 4. Aug. 27) 1598 Mangen Anna, genannt Oster, von Rangendingen, peinlich befragt und gesiebnet am 4. August. 28) 1598 Ella, des Besteis Teinlin (Teumlin), genannt Rauchhez, von Rangendingen, am 4. August versiebnet.

<strong>Hohenzollerlsche</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Vierteljahresblätter für Schule und Haus<br />

Schriftleitung:<br />

Fritz S c h o d e r, Hauptlehrer<br />

7451 Rangendingen, Mühlweg 22<br />

4 P 3828F<br />

Preis halbjährlich 1.40 DM<br />

Druck und Verlag:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15<br />

Nummer 1 Gammertingen, Januar 1967 17. Jahrgang<br />

5um Fleujaljr 1967: Jn ©ottee Flamen fatjren tnic,<br />

auf feine Ucöftung Ijoffen toic.<br />

enö oon une alles Ifiecgeleib!<br />

föycie eleifon.<br />

Opfer des Hexenwahns in Hohenzollern<br />

Als Hexen bezeichnete der Volksaberglaube (meist) alte zugezogene<br />

Frauen, die angeblich mit dem Teufel im Bunde<br />

stünden und mittels geheimer Kräfte und Salben dem Nebenmenschen<br />

an Leib und Gut schaden, auch sich selbst in<br />

verschiedene Gestalten (Katzen, Hasen etc.) verwandeln und<br />

durch die Luft fahren könnten. Hexe bedeutet eigentlich Hagpfahl-Reiterin.<br />

Der Hexenglaube reicht in die germanische<br />

Zeit zurück und ist heute noch nicht ganz ausgestorben. Von<br />

der Kirche wurde er im Frühmittelalter bekämpft, später<br />

aber durch verschiedene Theorien von Theologen jedoch gefördert<br />

und wuchs schließlich im 15. Jahrhundert zu einer<br />

wahren Epidemie aus, vor allem durch den sog. Hexenhammer<br />

der Inquisitoren Institor und Sprenger. Die Prozesse<br />

gegen die unglücklichen Opfer des Hexenwahns aus Reich<br />

und Arm, Gelehrten und Ungelehrten, Protestanten und Katholiken,<br />

gleichen sich, wie ein Ei dem andern. Durch Folterung,<br />

verschleiernd „peinliche Frag" genannt, erpreßte man<br />

den Opfern die erwünschten Schuldbekenntnisse (Urgichten):<br />

Hexentänze, Buhlen mit dem Bösen, Verleugnung Gottes und<br />

der Heiligen, Schädigung von Vieh und Leuten, Gewittermachen,<br />

Bestreichen mit Hexensalbe und ähnliche Ausgeburten<br />

krankhafter Gehirne. (Vgl. Hohz. JHeft 1961, 79—82.)<br />

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts führten Männer der verschiedensten<br />

Richtungen, wie Weyer 1563, Loos 1592, Friedrich<br />

von Spee 1631, Ad. Tanner, B. Bekker 1691 und Thomasius<br />

1701 einen erbitterten Kampf gegen die Hexenverfolgung.<br />

Noch 1749 fiel ihr in Würzburg eine Person zum Opfer<br />

und 1782 eine andere in Glarus. (Vgl. „Hohenzoll. <strong>Heimat</strong>"<br />

1965, 15.<br />

Im folgenden wird versucht, die Opfer des Wahns aus Hohenzollern<br />

zusammenzustellen. Schnell hat in „Mitteilungen<br />

des Vereins f. Gesch. i. Hohenzollern", Bd. 7, 80 ff., eine<br />

Reihe von Prozessen veröffentlicht, andere Hebeisen in seinem<br />

„Hohenzoll. <strong>Heimat</strong>blatt" 1931—33, Zimmermann solche<br />

aus Empfingen, andere finden sich in Archivalien zu Sigmaringen,<br />

die jedoch noch lange nicht ausgeschöpft sind<br />

(Rub. 167, Nr. 5—13).<br />

Als Versammlungsplätze der Hexen werden erwähnt: Bollemer<br />

Käppelin, Poschenbühl gen Hirrlingen, Gallenwieslin,<br />

im Kuhholz, Ohmengraben, Münchgraben, Laible bei Oberndorf,<br />

Wolfental und Werenberg bei Haigerloch, Ldndihshalde,<br />

Auchtert, Markarts Täle, Hirrlinger Käppelin, Rammert aufm<br />

Reitenberg, Tanbach, Butzenweiher, Kornberg (-bühl) bei<br />

Salmendingen, Köhlberg und Bürgle bei Jungingen, Saya<br />

(Seeheimertal) bei Ringingen, Hexeneiche auf Seeheimerberg,<br />

Mettenberg bei Burladingen, Heufeld bei Ringingen, Alte<br />

Reute gegen Staufenberg, Fichtenwäldle bei Rangendingen,<br />

auf Hohenburg daselbst, am Weilerberg usw.<br />

1) Laut Zimmerischer Chronik (4, 311) hatte der alte Vogt<br />

Scheffermichel zu Burladingen ein Weib namens Ursel, die<br />

Hebamme war, und sich dem Satan ergab. Sie stiftete in der<br />

Grafschaft Zollern viel Böses an Leuten und Vieh. Zuletzt<br />

trieb sie es so arg, daß Graf Jos Nikiaus (1538—58) sie ergreifen<br />

und in die Tortur legen ließ. Sie sträubte sich lange<br />

zu bekennen, aber schließlich sagte sie einen ganzen Kalender<br />

von Untaten, doch habe sie keine kleinen Kinder umgebracht,<br />

sondern sich ihrer erbarmt, weswegen sie vom bösen<br />

Feind viel Schmach und Schläge habe aufnehmen müssen.<br />

Sie wurde zum Feuertod verurteilt. Da sagte man wunder,<br />

was für ein großes und grausliches Unwetter eintraf, als man<br />

sie hinrichtete. Zuvor hatte sie dem Nachrichter noch einen<br />

Trunk gebracht, den er annahm. Ich weiß nicht, was sie damit<br />

getrieben, doch sobald er getrunken hatte, sagte er: „Das<br />

wurt mir mein Leben gestehen." Tatsächlich hat er in Kürze<br />

hernach sterben müssen. (Die Hechinger Chronik von Egler-<br />

Ehrenberg berichtet diese Geschichte irrig zum Jahr 1533.)<br />

2) 1576 Jergs Unterheinzen, des Schützen Weib von Jungingen<br />

ist wegen Zaubereiverdachts ausgetreten (geflüchtet)<br />

und daher des Landes verwiesen worden.<br />

3—5) 1583 Katharina Paderin Daikerin, Margaretha Sattlerin<br />

des Lehlins Weib und Katharina die Schultheißin von<br />

Hechingen wurden peinlich beklagt (gefoltert!) und wenigstens<br />

2 davon hingerichtet.<br />

6) 1588 Katharina Zeiler von Hörschwag „besiebnet"<br />

(= von 7 Zeugen der Hexerei überführt) und vermutlich<br />

hingerichtet.<br />

7) 1588 Sebastian Steublin von M e 1 c h i n g e n am 29.<br />

März in Trochtelfingen hingerichtet (Lauchert-Zeitung 1937,<br />

104 vom 8. Mai).<br />

8) 1588 Agnes Widmayerin von Rangendingen, Landesverweis.<br />

9—12) 1589 2. August: Marg. Lehnlin, Gertrud Weißarm<br />

des Diebold Greinen sei. Hausfrau, Dorothea Heßin (Has)<br />

des Jakob Gilgen Witwe, alle drei von Hechingen, und<br />

Dorothea Hagenbuchin des Jörg Kollers Weib zu Owingen,<br />

alle gefoltert, besiebnet.<br />

13—23) 1596 wurden 10 Hexen zu Trochtelfingen hingerichtet:<br />

Von Melchingen: Katharina Memlerin, Adlerwirtin,<br />

die von Pfullingen stammte, Agatha Huber und Anna<br />

Burkhart. Von Salmendingen: Barb. Schmid, Marg.<br />

Krommer, Barbara Emele und Anna Felekin (Völkin), Von<br />

R i n g i n g e n : Anna Klinglerin und Barbara Schweizerin.<br />

Dazu ein fremder Schneider Georg Bressamer aus Feuchtwangen.<br />

Verbrannt: Memmler und Bressamer am 1. August,<br />

die andern am 27. Juni zu Trochtelfingen „Lauchert-Zeitung<br />

wie oben Nr. 6; Zollerheimat 1938 S. 29).<br />

24) Ca. 1600 Hans Pfeiffer von Hörschwag hat Unwetter<br />

gemacht, Tiere gelähmt usw., ist 67 Jahre alt, vermutlich<br />

hingerichtet worden (H.JHeft 1961, 81).<br />

25) 1598 Margaretha Hauttin von S i c k i n g e n, am 17.<br />

und 18. Juli gefoltert, am 25. Juli versiebnet, am 4. August<br />

nochmal.<br />

26) 1598 Magdalena Armlin, verheir. Hipp, von Bechtoldsweiler,<br />

peinlich gefragt 20. Juli, versiebnet 4. Aug.<br />

27) 1598 Mangen Anna, genannt Oster, von Rangendingen,<br />

peinlich befragt und gesiebnet am 4. August.<br />

28) 1598 Ella, des Besteis Teinlin (Teumlin), genannt Rauchhez,<br />

von Rangendingen, am 4. August versiebnet.


2 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

(Die Hechinger Chronik bringt diese letzten vier teils unter<br />

anderem Namen. Sie seien schon 1594 verbrannt worden! Wo<br />

liegt der Irrtum?)<br />

29) 1598 Hexenbekenntnis der Barbara Biener von Trills<br />

fingen.<br />

30) 1603 Apollinar Teufels von Bietenhausen, Hexenbekenntnis.<br />

31) 1604 Barbara Tollmaierin von Onstmettingen,<br />

zu Hechingen gerichtet (Hohz. JHeft 1961, 804).<br />

32) 1609 16. November Untersuchung der wegen Hexerei<br />

verhafteten Pfarrmutter zu Weilheim (Mutter des Magisters<br />

Enderlin Ludi?); hingerichtet.<br />

32) 1609 Anna Feckerin von W e i 1 h e i m, Jakob Bechtolds<br />

Witwe, am 3. Dezember als Unholdin verbrannt.<br />

34) 1610 Agnes Kraißin des Hans Hermanns Witwe zu<br />

Rangendingen bekennt am 13. August sich der Hexerei<br />

schuldig.<br />

35) 1610 Agnes Martin Herbsten Hausfrau von Rangendingen,<br />

26. 7. gefoltert, vorher schon am 21. Juli „peinlich"<br />

verhört.<br />

36) 1610 Am 19. Juli wegen Hexereiverdacht verhört: Hans<br />

Maysings Weib, Georg Riesters Weib, des Schwieles Witwe,<br />

Jakob Walters Witwe, die Vögtin, Althans Heckenhauers<br />

Witwe und Stefan Halders Witwe, alle vor dem Amt in<br />

Hechingen. Ergebnis unbekannt.<br />

37) 1610 Apollonia Kaspar Ruofen Weib von Rangendingen,<br />

peinlich verhört 26. 7.<br />

38) 1610 Anna Balthäs Widmaiers Weib von Rangendingen,<br />

ebenso 14. 8.<br />

39) 1610 Anna Saurin genannt Minchanna, des Klaus Zoppen<br />

Weib von Rangendingen, peinlich 12. August.<br />

40) 1610 Margaretha Hirlingerin, Witwe d. Ludw. Schweinler<br />

zu W e i 1 h e i m, beim Verhör von der Pfarrmutter angegeben<br />

und am 19. Juli zum drittenmal angeklagt, am 11.<br />

August verhandelt. Ihre Urgicht (= Bekenntnis) bei Hebeisen<br />

abgedruckt.<br />

41) 1610 Jakob Hecken Weib, Anna Wiestin, von Höfend<br />

o r f, zu Haigerloch justifiziert ( = hingerichtet).<br />

42) 1610 Scholastika Heysch, Andreas Seyfers Weib, von<br />

T r i 11 f i n g e n, ebenso!<br />

43) 1614 Adelheid Reeßin von Heiligenzimmern, früher<br />

zu Fluorn und Lautlingen, über 60 Jahre alt, peinlich<br />

verhört und verbrannt!<br />

(Die Chronik von Hechingen nennt sie Adelheid Stausin<br />

zum Jahr 1615!)<br />

44) Um 1615 Barbara Biechelin, Hans Birkles Hausfrau zu<br />

Stetten bei Haigerloch, wurde von 1616 zu Haigerloch<br />

hingerichtet.<br />

45) 1615 Barbara des Frieden Jockelens von G r u o 1 Weib<br />

ist 1615 zu Haigerloch gerichtet worden.<br />

46) 1615 Magdalena Gfrörer, Frau des Melchior Blocher von<br />

Empfingen, gefoltert, justifiziert 4. Juni (Z.Heim. 1939, 61).<br />

47) 1616 Barbara Beck, Witwe des Michel Kammerer zu<br />

Owingen, vergebens gefoltert. Ebenso Agnes Mauser, Weib<br />

des Benedikt Bürkle von da.<br />

48) 1617 Prozeß gegen Agatha Eberhard von I m n a u, die<br />

bekennt.<br />

49) 1617 Ebenso gegen Maria Münzer; hingerichtet.<br />

50) Um 1620 Margaretha Brendin, Witwe des Vogts Wendel<br />

von Ofterdingen, peinlich zu Hechingen verhört und<br />

hingerichtet (verbrannt). Katharina Karrerin von Hausen<br />

i. K. angeklagt.<br />

51) 1625 Anna Lömmelin von Haigerloch als Hexe hingerichtet.<br />

52) 1626 Katharina Hauser, Ehefrau am 27. Mai zu Empfingen<br />

verhaftet und verhört, am 5. Juni zu Horb gefoltert,<br />

dann hingerichtet.<br />

53) Um 1626 Etliche Hexen zu Haigerloch hingerichtet.<br />

54) 1626 zu Hec hingen angeklagt: des Althans Stotzen<br />

Bärbelin geb. Aichgasser, ihr erster Mann war Alex Berner<br />

gewesen, sie ist über 80 Jahre alt. Am 6. Juni wird ein Gutachten<br />

der Universität Tübingen über sie eingeholt, am 8.<br />

Juli sie wieder guetlich verhört; sie sei schwermütig!! (An<br />

anderer Stelle heißt sie „des alten T h o m a Stötten Weib".<br />

55) 1626 Anna Pfassler genannt Zeyen-Annele. Witwe von<br />

Schemberg, des Pfeifer Michels Schwieger von Hechingen,<br />

am 21. Juli peinlich verhört und am 8. August verbrannt.<br />

56) 1626 Das Riester Anneli von W e i 1 h e i m am 19. und<br />

21. und 27. August gefoltert.<br />

57) 1626 die Vögtin Sabina Schauer von W e i 1 h e i m, Frau<br />

des Vogts Stefan Halder, gebürtig von Lautlingen, wird am<br />

11. August 1626 oder 1627 verhandelt.<br />

58) 1626 Des Kernen Jakob Witwe ebenso am 4. Sept. 1626.<br />

59) 1627 Barbara Haltin, genannt Miller-Bärbelin, Martin<br />

Rebstocks Weib zu Hechingen, peinlich verhört.<br />

60) 1627 Apollonia Krebin, Lienhard Klotzen Weib von<br />

Rangendingen, gefoltert und am 21 August verhört, am<br />

10. September enthauptet und dann verbrannt.<br />

1627 Eingabe der Grosselfinger: „Man soll die Hexen alle<br />

ausrotten, die Unwetter machen etc."<br />

61) Anna Kipft, genannt Strobel-Anna, Barthle Strobels<br />

des Bürgermeisters Frau zu Hechingen, zum Schwert<br />

begnadigt! Ebenso<br />

62) 1627 Anna Schärin, des Seilers Barthle Gegauffen Weib<br />

daselbst.<br />

63) 1627 Katharina Fattlin, genannt Schwickkätterlin von<br />

Jungingen, des früheren Pfarrers Schwester, Bekenntnis<br />

und wohl Hinrichtung.<br />

64) 1630 Prozess gegen Anna Schuler von Dettensee.<br />

65) 1630 Prozess und Bekenntnis der Maria Flaitz von<br />

Bittelbronn b. Haig.<br />

66) Um 1640 Eva Bechtin des alten Schützen Hans Mayers<br />

Weib zu Wessingen am 29. Oktober verhandelt.<br />

67) 1642 Untersuchung gegen Kaspar Dröschers Witwe, genannt<br />

Sau-Kätherle zu Hechingen.<br />

68) 1643 Daniel Sartoris Witwe Anna Kadis zu Hechingen<br />

verbrannt.<br />

69) 1643 Anna Fünckin, Jakob Aichgassers Weib zu H e -<br />

c h i n g e n im März verhört, am 4. April enthauptet und<br />

verbrannt.<br />

70) Katharina Zieglerin des Malers Martin Friesen Witwe<br />

von Hechingen, am 18. 3. verhört, peinlich am 30. 3. e i n e<br />

Stunde gefoltert, am 1. April „ohne Geschrei" eine Stunde<br />

auf der Leiter gelegen, am 3. April (Karfreitag!) gesiebnet,<br />

am 8. April neu angeklagt, am 9. legt sie Geständnis ab. „Im<br />

Angesicht häßlich verpfeitet, schwarz und blau abscheulich<br />

anzusehen, aber zuerst ohne Red. Ist dann auf den Kopf<br />

geschoren und mit Weihwasser gelabet worden. Nach dem<br />

Aufbinden: Ausziehen ihrer Kleider und Anlegung einer<br />

Albe. Jetzt bekennt sie ..."<br />

71) 1643 Des Gegauffs Weib von Hechingen verdächtig.<br />

72) 1646 Zweimalige Tortur einer 70jährigen Frau zu<br />

Hechingen durch den Meister (-Henker) Hans Ullder von<br />

Oberndorf, der pro Tag einen Gulden und das Essen bekommt.<br />

Sie bekennt nicht! Seit 8 Tagen wird sie verhört. Am<br />

23. März wieder. Wohl dieselbe wird am 13. und 18. April<br />

dieses Jahres gefoltert, hier 3 Stund! Am 8. Juni Verhör<br />

einer Frau (dieser?). Sie wird, da sie nicht gestanden, am<br />

13. Juni zu ewigem Karzer verurteilt.<br />

73) 1648 Katharina Weyht, Kaspar Schneiders Frau von<br />

Hausen i. K., am 27. und 28. Juli verhört, besiebnet und<br />

am 29. enthauptet und verbrannt.<br />

74) 1648 Anna Kuenzlerin, Marte Speidels Weib von Jungingen,<br />

im Februar verbrannt. (In Mitt. Hohz. 15, ist der<br />

ganze Prozess veröffentlicht.)<br />

75) 1648 Anna Fischessin von Burladingen verhandelt.<br />

Schicksal?<br />

76) 1649 Anna Mutscheller geb. Spenner von Krauchenwies,<br />

wegen Hexerei in Untersuchung und Folter.<br />

77) 1650 Maria Koch von Burladingen, Witwe des<br />

Hechg. Spitalmeisters Jakob Fixlin, 76 Jahre alt, nach unmenschlicher<br />

stundenlanger Folter am 8. Juli verbrannt.<br />

78) 1651 Untersuchung gegen mehrere Weiber zu Jungingen.<br />

79) 1651 Am 6. Juli Verhör des Hans Fladen Weib, genannt<br />

Schneider Hans, von Hausen i. K. namens Barbara Dogmännin,<br />

über 70 Jahre, ihre ersten Ehemänner waren Gall<br />

Flad von Jungingen und Hans Dietmann von Trochteifingen<br />

gewesen.<br />

80) 1651 Hebamme Anna Fladin, Urban Gairlins Weib zu<br />

Jungingen, über 70, verhört.<br />

81) 1651 Witwe Felizitas des Simon Wolf von Empfingen,<br />

28. 10. verbrannt.<br />

82) 1652 Prozess gegen Konrad Hubers Weib zu Haigerloch.<br />

83) 1652 Zeugenprotokoll gegen die sog. Nagel-Anne von<br />

B e t r a wegen Hexerei.<br />

84) 1654 Am 25. August Untersuchung gegen eine Frau zu<br />

Hechingen. Name nicht ersichtlich.<br />

85) Am 6. Nov. wird Maria Wullin von R i n g i n g e n<br />

gebürtig, Hans Winters sei. Hausfrau von Jungingen, besiebnet.<br />

86) 1657 Peinliches Verfahren gegen Anna Acker, Witwe<br />

des Johann Unmut zu Feldhausen.<br />

87) 1658 Dasselbe gegen Johann Schmid von Feldhausen<br />

wegen Hexerei und Zauberei.<br />

88) Peinliches Verfahren gegen Bernhard Barts Weib zu<br />

Gammertingen namens Agatha Vögtin von Schlatt.<br />

89) 1663 Inquisition gegen die Töchter des Hechinger<br />

Weißgerbers Andreas Härtung aus dem Schweizerland, Anna<br />

Maria und Christine.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 3<br />

90) 1663 Peinl. Prozess gegen Maria Stöckle von Vilsing<br />

e n wegen Verdacht der Hexerei.<br />

91) 1665 Anna Beck von Engelswies, zu Sigmaringen<br />

verhandelt und enthauptet.<br />

92) 1665 Katharina Rupprecht von Engelswies. Todesurteil<br />

!<br />

93) 1666 Barbara Kaufmann von H a g e n w y 1 bei St. Gallen,<br />

wegen Hexerei verhandelt.<br />

94) 1666 Witwe Kath. Steb, Pfandelschererin von Sigmaringen<br />

und ihrer Tochter Maria Stephan, beide zum Tode<br />

verurteilt.<br />

95) 1668 Prozess gegen den 11jährigen Hirtenknaben Franz<br />

Schneider v. Rapperschwyl (Schweiz) zu Laiz, wegen Hexerei<br />

und Tötung seiner Geschwister. Todesstrafe: Aderöffnung<br />

im Bad und Verbrennung.<br />

96) 1669 Marta Schetter von Ofterdingen im Hechinger<br />

Spital, Hans Schäfer sei. Witwe von Beuren, peinlich<br />

gefragt, muß 30. August Urfehde schwören, sich nicht zu<br />

rächen und wird des Landes verwiesen.<br />

97) 1669 Am 3. Sept. wird Sara Balingerin zu Hechingenais<br />

Hexe verhört.<br />

98) 1670 Die 6jährige Maria Spen von Engelswies wird<br />

der Hexerei angeklagt, aber entlassen. Ihre Mutter war 1665<br />

hingerichtet worden.<br />

99) 1698 Bekenntnis der 18jährigen Maria Westhauser zu<br />

Dettingen.<br />

100) 1698 Untersuchung daselbst zu Dettingen wegen<br />

Zauberei.<br />

101) 1742 Ebenso gegen Maria Knör von Steinhilben<br />

wegen Teufelsbündnis und Sakrileg usw.<br />

102) 1743 Katharina Geiger von Straßberg wegen Zauberei<br />

in Untersuchung gezogen, auf dem Galgenberg erdrosselt<br />

und verbrannt.<br />

Noch 1773 hat man in Tailfingen einen Hexenprozeß in die<br />

Wege geleitet Krs.<br />

Ein Rangendinger Auswanderer berichtet in einem Brief vom 20. 6. 1852<br />

über seinen Reiseweg nach Amerika<br />

Immer wieder trieben in früheren Jahrhunderten Not,<br />

Mißernten, Uebervölkerung, Zwangsherrschaft und Freiheitsdrang<br />

zahlreiche Bewohner unserer <strong>Heimat</strong> zur Auswanderung.<br />

Eine alte Urkunde vom 4. Mai 1691 berichtet,<br />

daß in diesem Jahre aus Rangendingen „82 Persohnen<br />

durch die Armendey von Haus und Hof weggezogg und in<br />

das Ungarland begeben" haben. Der Strom der Auswanderer<br />

riß in der Folgezeit nie ganz ab. Seit Anfang des letzten<br />

Jahrhunderts ging er vor allem nach Amerika, „in das<br />

Land der unbegrenzten Möglichkeiten". Er schwoll besonders<br />

in den fünfziger Jahren an. Diese Jahre waren durch<br />

Mißernten gekennzeichnet. Der Hunger saß nahezu an jedem<br />

Tisch mit zu Gast. Für eine „Mühlefahrt", etwa vier<br />

bis 5 Sack Korn, konnte man damals '"ien besten Acker kaufen.<br />

In diesem und den beiden folgenden Jahrzehnten sind<br />

aus Rangendingen, wie die Kirchenbücher ausweisen, über<br />

70 Personen beiderlei Geschlechts allein nach Amerika ausgewandert.<br />

Wie hart und schwer in jener Zeit noch so eine Reise<br />

war. berichtet der Auswanderer Theodor Haug, der im<br />

Frühjahr 1852 mit mehreren Bürgerssöhnen die <strong>Heimat</strong><br />

verließ. Er war ein Sohn des Franz Seraph Haug, der i0<br />

Kinder hatte. Dieser war der Großvater vom „Wangerbarthle"<br />

im Kirchgäßle.<br />

Der aufschlußreiche Brief von Theodor Haug sei nachstehend<br />

in heutiger Schreibweise wiedergegeben:<br />

„Hanoverton, den 20. Juni 1852<br />

Liebe Mutter und Geschwister!<br />

Es sind schon vier Monate verflossen, seitdem ich von<br />

Euch fort bin, und in dieser Zeit habe ich das schon<br />

längst gewünschte Land Amerika betreten, welches mich<br />

gefreut, Euch aber, wie ich denke, schon manche Kümmernisse<br />

gegeben hat. Nun will ich Euch in den ersten<br />

Zeilen meines Schreibens meine Reise erzählen. Den Anfang<br />

bis nach Mannheim werdet Ihr von den Fuhrleuten erfahren<br />

haben, und weiter sind wir auf dem Rhein mit einem Dampfschiff<br />

bis nach Köln gefahren. Da mußten wir ein und einen<br />

halben Tag warten, bis wir mit der Eisenbahn nach Antwerpen<br />

fahren konnten. Nun sind wir in die Seestadt Antwerpen<br />

gekommen, wo es uns viel Schwierigkeiten gegeben<br />

hat, bis wir zum Einschiffen gerichtet waren. Auch da mußten<br />

wir zwei Tage verweilen, denn wir wollten unsere Kost<br />

selbst kaufen, wie wir's auf unsern Akkordzetteln gehabt<br />

haben. Da gingen wir zu dem Schiffe, um zu sehen, wie<br />

man's machen müsse. Allein da hieß es, alles müsse die<br />

Kost vom Schiffmann nehmen, denn die Kost werde von der<br />

Obrigkeit untersucht und es dürfe keine Kost auf dem Schiff<br />

genossen werden, die nicht von dem Doktor gutgeheißen sei,<br />

denn das Schiff stehe unter der Obrigkeit, welches aber alles<br />

Geschwätz und Betrug war. Es haben schon viele, welche<br />

den Akkord gehabt haben wie wir, Nahrungsmittel eingekauft,<br />

welchen man's gewogen und alles auf einen Haufen<br />

geworfen. Ich und viele aus unserem Orte haben nichts<br />

wiegen lassen, weil man nur die Hälfte Gewicht und die<br />

Hälfte Wert bezahlt hat. Allein, weil wir die Kost nicht<br />

haben selbst anschaffen dürfen, so mußten wir für eine<br />

Person auf dem Büro noch 18 Gulden und 40 Kreuzer bezahlen,<br />

wo wir die Kost noch von dem Schiffmann bekamen.<br />

Und mein Reisegeld beläuft sich, bis ich zur Abfahrt fertig<br />

v. J. Wannenmacher<br />

war, auf 82 Gulden. Nun waren wir zwei Tage in Antwerpen<br />

und schifften dann am 15. März vom Lande ab und<br />

dauerte bis Newyork 39 Tage (Segelschiff). Wir waren zwei<br />

Tage auf dem Schiff, so wurde ich so heftig von der Seekrankheit<br />

befallen, daß ich wenige Zeit die Bettstelle verlassen<br />

konnte, viel weniger ans Verdeck zu gehen, welches<br />

gedauert hat 14 Tage, wo ich wieder ein wenig umherlaufen<br />

und essen konnte, aber nie war ich ganz gesund,<br />

immer etwas von der Seekrankheit behaftet, solange wir<br />

auf der See waren, denn die Kost schmeckte mir nicht,<br />

weil alles zu süß war und einen üblen Geschmack hatte.<br />

Und das Wasser hatte eine rote Farbe, welches einem den<br />

Appetit genommen hat zu trinken. — Auch die Reinlichkeit<br />

war auf dem Schiff wenig, denn es waren 340 Personen auf<br />

demselben Schiff, und die Sauerei war so groß, daß man<br />

nirgends hat mit den Schuhen gehen können, wegen dem<br />

Morast und Wasser, denn es war ein altes, verfaultes<br />

Schiff, wie wir gehört haben, war es «chon gegen 200 Jahre<br />

alt. Sturm hatten wir bloß zweimal gehabt, aber jedesmal<br />

nur einen Tag, sonst haben wir oft starken Gegenwind und<br />

Seitenwind gehabt, welche das Schiff manchmal wieder zurück<br />

getrieben haben. — Nun sind wir am 22. April, abends<br />

um 8 Uhr in Newyork angekommen, wo wir noch selbige<br />

Nacht auf dem Schiff übernachteten. Am Morgen verließen<br />

wir das Schiff, wo wir dann unsere „Kufer" (Koffer) in ein<br />

Wirtshaus führen ließen."<br />

Im weiteren Teil seines Briefes berichtet Theodor Haug,<br />

wie er und seine mitausgezogenen Bürgerssöhne aus Rangendingen<br />

nach Arbeit suchten und über seine ersten Eindrücke<br />

von Amerika. Er schreibt weiter: „Ich und andere<br />

aus unserem Orte suchten Bekannte auf, wo ich dann zu<br />

unserem Vetter Anton Schenk gekommen, wo ich ihn, sein<br />

Weib, die zwei Kinder Wilhelm und Regina in guter Gesundheit<br />

angetroffen habe, und daß sie ein gutes Leben und<br />

Fortkommen führen können, wie sie es in Deutschland nicht<br />

hätten. Nun setzen Damian, Barnabas, Philipp und ich die<br />

Reise fort bis Z o a r, wo wir anlandeten und gleich den<br />

Franz Strobel, Küfer, und auch den Heinrich Strobel antrafen.<br />

Wir reisten weiter bis zu dem Andreas, des Barnabas<br />

Bruder, und da verweilten wir einige Tage, und suchten<br />

Arbeit. Allein keiner fand etwas. Nun gingen wir nach<br />

Hanover zu dem Thomas Strobel, und da verweilte ich lange<br />

Zeit, bis ich Arbeit bekam, denn ich wollte zu einer Schreinerprofession,<br />

welches mir nicht gelang. Jetzt war ich in<br />

Hanover zu einem Deutsch-Amerikaner in Arbeit gestanden,<br />

wo ich den ersten Monat sechs Taler, die anderen neun bis<br />

zehn Taler, der Taler nach dem deutschen Geld ist zwei<br />

Gulden und 30 Kreuzer — verdient habe, samt Kost und<br />

Wasch. Der Philipp arbeitet auf der Schuhmacherei, zwei<br />

Meilen von mir, etwa 50 Schritte von einer katholischen<br />

Kirche, wo ich jeden Sonntag besuche. Der Damian und der<br />

Barnabas lernen ein jeder ein Handwerk, fünf Meilen von<br />

der katholischen Kirche entfernt, welche auch jeden Sonntag<br />

in die Kirche kommen. Ich habe in zwei oder drei<br />

Monaten auch im Sinne, zu einem Handwerker zu gehen,<br />

denn es scheint mir besser, mit einem Handwerker zu arbeiten<br />

als immer bei den Bauern oder da und dort arbeiten.<br />

Liebe Mutter, es wird mich sehr freuen, mein Schreiben<br />

werde Dich und alle Geschwister bei Gesundheit antreffen.<br />

Ich war, seit mich die Seekrankheit verlassen hatte, immer


4 HOHEN Z Ö L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

gesund und wohlauf und Heimweh habe ich noch niemals<br />

gehabt, denn wenn ich an die <strong>Heimat</strong> denke, so denke ich an<br />

ein Sklavenland gegen dem freien Land Amerika, auch<br />

wollte ich wünschen, Ihr alle wäret bei mir, denn wer hier<br />

arbeiten will, so kann man etwas verdienen, und wenn<br />

man's verdient hat, so darf man's nicht gleich den Herren<br />

geben. So darfst Du, liebe Mutter, nicht so arg bekümmert<br />

sein, denn wenn ich noch bei Euch wäre, so müßte ich in<br />

einem halben Jahre auch in das Preußenland von Euch<br />

Abschied nehmen und Soldat sein. Nun will ich mein<br />

Schreiben enden und Euch bitten, mir die neuesten Begebnisse<br />

und wie es bei Euch im Haushalt steht, mitzuteilen.<br />

Ich habe gehört, die Not sei dort sehr groß. Wie steht es<br />

auch mit dem Soldatenausheben? Uebrigens Neuigkeiten,<br />

Euren Wunsch zu erfüllen, kann ich von Handel und Wandel<br />

hier noch wenig schreiben, denn in der Stadt, wo ich<br />

mich befinde, kann es drei oder vier Tage anstehen, bis ich<br />

einen Deutschen treffe, der Deutsch mit mir redet. Deswegen<br />

ist es anfangs auch sehr hart, denn man muß alles lernen,<br />

was man arbeiten will. Bis man ein wenig Englisch kann,<br />

muß man sich beim Arbeiten von den Englischen viel gefallen<br />

lassen, denn sie spotten und lachen immer über die<br />

Deutschen, aber ich glaube, daß es werde bei mir in kurzer<br />

Zeit ein Ende nehmen, wenn man sie versteht, wenn sie<br />

miteinander reden und man bei jeder Arbeit antworten<br />

kann. Zum Schluß, liebe Mutter, grüße ich Dich und alle<br />

Geschwister vielmals und habe nur den Wunsch, Euch noch<br />

einmal wiederzusehen! Euer getreuer Theodor Haug "<br />

Anmerkung: Theodor Haug hat seine <strong>Heimat</strong> nicht wiedergesehen. Er<br />

arbeitete später in einer Küferei in der Nähe von Newyork. Beim<br />

Heimgang von der Arbeit wollte er den Weg abkürzen und einen<br />

zugefrorenen Fluß überqueren. Das Eis brach jedoch ein — und er ertrank<br />

am 15. 12. 1857. Sein Bruder Jakob, der in Washington arbeitete,<br />

berichtete hierüber in rührender Weise an seine Mutter und<br />

Geschwister. Ihr Vater war schon 1849 gestorben<br />

Zur Geschichte der Kaplanei Gammertingen<br />

Seit 1933 erhebt sich an Stelle des abgebrochenen Kaplaneihauses<br />

ein neues Pfarrgebäude. Es dürfte daher, nachdem<br />

die Kaplaneipfründe mit der Pfarrei vereinigt ist, von Interesse<br />

sein, einige Tatsachen aus der Geschichte der Kaplanei<br />

zu veröffentlichen.<br />

Am 3. September 1769 ließ Marquard Carl Anton Speth<br />

die beiden Gammertinger Bürgermeister zu sich rufen und<br />

eröffnete ihnen, daß er entschlossen sei, eine „Fruehmesser<br />

oder Capploney hierhero zu verschaffen." Der Kaplan soll<br />

verpflichtet sein, wöchentlich 4 heilige Messen und zwar 3<br />

für die Speth'sche Herrschaft und 1 für die Bürgerschaft zu<br />

lesen. Die Frühmesse soll an allen Sonn- und Feiertagen,<br />

an denen die „regierende gnädige Herrschaft" in Gammertingen<br />

anwesend ist, in der Schloßkapelle, sonst in der Pfarrkirche<br />

gelesen werden. Bei der Besetzung der Kaplanei würden<br />

Gammertinger Bürgerssöhne im geistlichen Stande bevorzugt<br />

werden. Die Gemeinde müßte jedoch ein Wohnhaus<br />

mit daran liegendem Galten erstellen und das Haus immerfort<br />

in gutem Zustande erhalten. Die am folgenden Tage zusammengerufene<br />

Bürgerschaft genehmigte einstimmig den<br />

Bau des Kaplaneihauses mit Garten und die dauernde Instandhaltung<br />

des Gebäudes. Sie genehmigte dem Inhaber der<br />

Pfründe, alljährlich zwei Stück Vieh unter die bürgerliche<br />

Herde auf die gemeine Weide gegen Reichung des üblichen<br />

Hirtenlohnes unentgeltlich auszuschlagen.<br />

Aus unbekannten Ursachen unterblieb die Einrichtung<br />

einer Kaplanei und die beschlossene Erbauung eines Kaplaneigebäudes.<br />

Die Gründe dürften wahrscheinlich auf finanziellem<br />

Gebiete zu suchen sein, denn es erfolgte durch Anstellung<br />

eines Vikars ohne besondere Einkünfte eine Zwischenlösung.<br />

Im Januar 1769 richtete Vikar Wagner an die gesamte<br />

Bürgerschaft die Bitte, ihn, da er keinerlei Einkünfte habe<br />

und lediglich auf die Güte des Pfarrers angewiesen sei, mit<br />

Geldmitteln zu unterstützen. Als Gegenleistung wolle er<br />

wöchentlich für die gesamte Bürgerschaft eine hl. Mese lesen<br />

und damit Gottes Segen über die Gemeinde herabrufen. Die<br />

Stadtverwaltung genehmigte einstimmig für Vikar Wagner<br />

50 Gulden unter der Bedingung, daß er wöchentlich eine hl.<br />

Messe für die Bürgerschaft und jeden Sonn- und Feiertag<br />

eine Frühmesse lese, außerdem bei allen geistlichen Arbeiten<br />

zur Schonung des Stadtpfarrers willigst mitarbeite. In der<br />

Folgezeit wurden dem Vikar jährlich diese 50 Gulden bewilligt,<br />

im Jahre 1777 für Vikar Reiser das letzte Mal. Die<br />

Einrichtung der Kaplanei und die Erstellung eines Kaplaneihauses<br />

unterblieben demnach bis zu diesem Jahre und machten<br />

keine Fortschritte. Ueber die weitere Geschichte der Kaplanei<br />

berichtet Kaplan Binder folgendermaßen:<br />

Im Jahre 1777 hatte der von hier gebürtige Bürgermeister<br />

von Aichach in Bayern, namens Reiser, zur Gründung einer<br />

Kaplanei in seiner Vaterstadt Gammertingen ein Kapital von<br />

5000 fl. gestiftet. Reiser legte in der Folge sein Amt freiwillig<br />

nieder, zog in die <strong>Heimat</strong> und erlegte hier 2 500 fl. Die andere<br />

Hälfte des Stiftungskapitals blieb noch vorderhand in<br />

Aichach zinsbar angelegt. Dieser letztere Umstand gab zu<br />

sehr lebhaften Streitigkeiten Veranlassung, die erst im Jahre<br />

1787 endültig beigelegt worden sind. Nach bayerischem Recht<br />

verlangte der Stadtrat von Aichach die sogen, quarta pauperum,<br />

d. h., den vierten Teil des Stiftungskapitals zu Gunsten<br />

der dortigen Stadt-Armen und außerdem 500 fl. Erbschaftssteuer,<br />

also zusammen die bescheidene Summe von<br />

1 750 fl. Zudem drohte der Stadtrat, seinen ehemaligen Bürgermeister<br />

noch gerichtlich zu belangen, weil er, ohne sich<br />

bei den Behörden abzumelden, Bayern verlassen hab. Es<br />

stand darum sehr zu befürchten, daß schließlich die ganze<br />

Summe von 2 500 fl. verloren gehen könnte. Da alle Vorstellungen<br />

beim Stadtrat nichts fruchteten, wandte sich der<br />

Freiherr Marquard von Speth persönlich an den Kurfürsten<br />

Carl Theodor von Bayern und es gelang endlich nach vielen<br />

Mühen und endlosen Schreibereien, wenigstens 2 500 fl. zu<br />

retten, während 500 fl. als Erbschaftssteuer zurückbehalten<br />

wurden. Folglich bestand das Stiftungskapital nur noch aus<br />

4 500 fl.<br />

Nachdem diese Schwierigkeit behoben war, entstanden<br />

gleich mehrere andere, besonders bezüglich der Gründung<br />

der eigentlichen Kaplanei und bezüglich der Beschaffung<br />

einer passenden Wohnung für den künftigen Kaplan. Nach<br />

dem Vertrage von 1616 sollte die Stelle eines Frühmessers<br />

an der Michaelskapelle und die Schloßkaplanei nur solange<br />

mit der Stadtpfarrei vereinigt bleiben, bis eine neue Kaplanei<br />

gegründet würde. Dieser Zeitpunkt war jetzt gekommen.<br />

Nun aber weigerte sich der damalige Stadtpfarrer Reiser,<br />

die beiden Pfründen herauszugeben, umso mehr als die<br />

Stadtpfarrei ohne dieselben kaum 700 fl. trug. Auch behauptete<br />

die Gemeinde, sie hätte die Michaelskapelle gebaut, und<br />

müsse darum ebenfalls gehört werden. Allein eine Kommission<br />

vom Jahre 1789, die aus einem Abgesandten der<br />

bischöflichen Behörde, dem Obervogt Merhart und einigen<br />

Deputierten der Stadtgemeinde bestand, überwies die Gemeinde<br />

des Irrtums und konstatierte, daß die Gemeinde beim<br />

Bau der genannten Kapelle Frondienste geleistet hätte, und<br />

daß die Herren von Bubenhofen die Erbauer gewesen wären.<br />

Nach dreizehnjährigen, allerdings oft unterbrochenen Unterhandlungen<br />

kam man endlich dahin überein, daß die Michaelskapelle<br />

für immer mit der Pfarrei verbunden werden<br />

solle, während die Einkünfte der Schloßkaplanei zu der neu<br />

zu gründenden Kaplanei geschlagen wurden. Außerdem erhielt<br />

die Pfarrei zum Kapitalstock noch 1000 fl., welche erspart<br />

worden waren; damit stieg das Einkommen des künftigen<br />

Kaplans um 102 fl., das des Pfarrers um 58 fl 44 Kr.<br />

und 40 fl. Zinsen aus den 1000 fl.<br />

Da die Gemeinde den Hauptvorteil von der neuen Kaplanei<br />

hatte, wurde sie angegangen, auch ihrerseits etwas<br />

zum Einkommen des Kaplans beizutragen, und zwar ein „ein<br />

Hanfländl, ein Hedäpfelländl und eine bürgerliche Holzgerechtigkeit."<br />

Allein der Stadtrat bewilligte nur ein Hanfländl<br />

und das Recht, 3 bis 4 Stück Vieh auf die Gemeindeweide<br />

treiben zu dürfen, wobei aber der Kaplan den Hütelohn<br />

aus seiner Tasche bezahlen müsse.<br />

Noch viel mehr Schwierigkeiten machte die Wohnung des<br />

neuen Kaplans. Freiherr Marquard von Speth hatte der<br />

Kaplanei bereits ein Krautland geschenkt, und erklärte sich<br />

weiter geneigt, einen Bauplatz und vom Kirchengarten ein<br />

Stück zu einem Garten unentgeltlich herzugeben. Außerdem<br />

versprach er, dem sofort anzustellenden Kaplan bis zur<br />

Vollendung des Neubaues freies Quartier, Tisch, Licht und 8<br />

Klafter Holz zu geben. Daraufhin wurde der Geistliche Keller<br />

sofort als Kaplan angestellt, der nun auch seinerseits<br />

erklärte, ein Viertel seines Einkommens zum Bau des neuen<br />

Kaplanei-Hauses alljährlich beizuschießen. Allein alle diese<br />

schönen Pläne scheiterten an der standhaften Weigerung der<br />

Gemeinde, die notwendige Instandhaltung der Kaplaneiwohnung<br />

für alle Zeiten zu übernehmen. Zu Frondiensten<br />

beim Bau hatte sie sich bereit erklärt. Nun wurde ein anderer<br />

Weg eingeschlagen. Die Pfarrei besaß ein Mesnerhaus,<br />

das seit seiner Erbauung im Jahre 1761 Schulhaus und zugleich<br />

Mesner- und Lehrerwohnung war. (Das jetzige Wißmann'sche<br />

Haus.) In diesem Hause kaufte sich die Kaplanei


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 5<br />

im Jahre 1791 um 1 400 fl. eine Wohnung, sodaß der Pfarrei<br />

nur ein Teil der Scheuer und ein Teil der oberen Bühnenräume<br />

verblieb. Zudem wurde dem jeweiligen Kaplan das<br />

Recht beigelegt, die Schule im unteren Stock noch weiter zu<br />

dulden oder aber der Gemeinde zu kündigen. Die Gemeinde<br />

sträubte sich selbstverständlich gegen diesen Beschluß; allein<br />

es half nichts, weil eben die Gemeinde absolut kein Recht<br />

auf das Haus hatte. Die Pfarrei legte die 1 400 fl. zinsbar an,<br />

um später ein neues Mesnerhaus zu bauen. Bis dahin wollte<br />

sie dem Mesner jährlich 5 fl. Wohnungsentschädigung zahlen.<br />

Der Kaplan war verpflichtet, jährlich einen Bauschilling von<br />

5 fl. an die Herrschaft zu entrichten, wofür diese das Haus<br />

immer im guten Stande zu halten versprach.<br />

Allein die Wohnungsfrage war hiermit noch nicht definitiv<br />

gelöst, und es wurde auch tatsächlich ein vollständiger<br />

Neubau nie aus dem Auge gelassen; umsomehr, als das Zusammensein<br />

der Schule und der Kaplaneiwohnung sicherlich<br />

mancherlei Unzulänglichkeiten mit sich brachte. Um Geld zu<br />

beschaffen, ließ man einfach die Kaplaneipfründe unbesetzt<br />

und sammelte die Ueberschüsse, die bis zum Jahre 1804<br />

schon so angewachsen waren, daß man mit dem, Neubau<br />

beginnen konnte.<br />

Leider ist das Aktenmaterial über die Baugelder etwas<br />

mangelhaft. Denn da die Kaplanei ihre Wohnung im alten<br />

Mesnerhause aufgab, mußten ihr doch sicherlich die 1 400 fl.,<br />

welche sie für jene Wohnung früher bezahlt hatte, wieder<br />

heraus gegeben werden. Meine Vermutung geht dahin, daß<br />

die Stadt jenes Haus angekauft hat, um es als Schulhaus und<br />

Lehrerwohnung zu benützen, und daß dann in der Tat die<br />

1400 fl. zum Neubau-Fonds der Kaplanei geschlagen wurden.<br />

Drei Meister gaben Entwürfe ein: der hiesige Zimmermeister<br />

Lorenz Acker, der Hettinger Zimmermeister Ignaz<br />

Schneider und der Maurermeister Anton Schneider von Baach<br />

bei Zwiefalten. Des Letzteren Plan wurde sofort verworfen;<br />

denn einmal wäre die Ausführung seines Entwurfes viel zu<br />

teuer gekommen, dann aber hatte sich Schneider beim Kirchbau<br />

in Gammertingen als wenig zuverlässig erwiesen, da er<br />

immer Nachrechnungen brachte. Dagegen wurde der Plan<br />

In der, geschichtlich mit Hohenzollern oft eng verbundenen,<br />

großen Kreisstadt Ebingen wurde der Beweis erbracht, daß<br />

Altehrwürdiges aus vergangener Zeit auch in unserem, ach<br />

so „modernen Zeitalter" geachtet und erhalten werden kann.<br />

Hast und Eile der Zeit fanden längst schon in unserem alten<br />

Marktbrunnen einen Stein des Anstoßes, den man beiseitigen<br />

wollte. Steht doch der altehrwürdige Brunnen, mit dem<br />

von noch unbekanntem Meister sauber gearbeiteten Ritterstandbild<br />

im Renaissancestil, welches von den Bürgern der<br />

Stadt 1545 gestiftet wurde, fast mitten in der Marktstraße.<br />

Hart angeschlagen vom Wetter, Erdbeben, auch von den Abgasen<br />

moderner Antriebsmotoren, war der „Marktbrunnenmann",<br />

wie ihn die alten Ebinger nennen, keine reine Zierde<br />

mehr. Etwas mußte geschehen und für die Erhaltung dieses<br />

Brunnens im Markt war nur Einer von den Gemeinderäten.<br />

Doch war man sich in dieser Sache klar, daß die „Alten"<br />

Einspruch erheben werden und darum hat man sich<br />

noch zu einer endgültigen Abstimmung entschlossen, die nach<br />

einer Rückfrage erfolgen soll. Von berufener Seite um meine<br />

Meinung gefragt, habe ich klar und in knapper Form, sowohl<br />

die geschichtliche Vergangenheit des Brunnens, soweit<br />

ich diese kannte, wie auch die Verkehrsbelastung heute und<br />

der nahen Zukunft klar gelegt. Die Beseitigung hätte hier<br />

keinerlei Entlastung gebracht, sondern neue Gefahrenquellen<br />

an dieser Stelle für den Fußgänger. Das „Erstrecht" des<br />

Brunnens im Markt, mithin seiner geschichtlich so harten<br />

Vergangenheit in Kriegen, Plünderungen, Bränden, Erdbeben<br />

und dem Bombenhagel waren Grund genug, die Erhaltung<br />

eines der wenigen noch vorhandenen Kunstdenkmäler aus<br />

vergangener Zeit zu befürworten. Und das fast Unglaubliche<br />

geschah, in der Abstimmung vom 17. Oktober 1961 wurde<br />

einstimmig beschlossen: der Brunnen bleibt im Markt,<br />

muß jedoch etwa 2 Meter gegen den Bürgersteig zurück,<br />

Brunnentrog und Ritterstandbild werden in getreuer Kopie<br />

in Sandstein neu gefertigt!<br />

Diese harte Kehrtwendung in der Brunnenfrage im Stadtrat<br />

bewog mich, das Dunkel um diesen unseren „Marktbrunnen"<br />

etwas zu durchleuchten; denn jede urkundliche Unterlage<br />

fehlt uns. Rückläufig, von heute in die Vergangenheit,<br />

suchte ich mehr als 3 Jahre und spärlicher als erwartet, fanden<br />

sich kleine und kleinste Hinweise, die einzeln ausgewertet,<br />

wohl etwas Licht brachte, doch noch keinerlei Lösung.<br />

des Hettinger Zimmermeisters genehmigt und ihm auch der<br />

Neubau um 1600 fl. zugeschlagen, da Lorenz Acker erklärt<br />

hatte, um diesen billigen Preis den Neubau nicht übernehmen<br />

zu können. Die Speth'sche Herrschaft war bei ihrem<br />

früheren Versprechen, einen Bauplatz und einen Garten unentgeltlich<br />

hergeben zu wollen, beharrt. So begann der Neubau<br />

des Kaplaneihauses im Frühjahr 1805 und war bis zum<br />

beginnenden Herbst vollendet. Im Jahre 1882 wurde das<br />

kleine Gärtchen vor dem Kaplaneihause angelegt. Die Kaplaneipfründe:<br />

Das Patronat über die neue Kaplanei besaß anfänglich<br />

die Speth'sche Herrschaft; mit dem Verkauf der<br />

letzteren ging es an den Fürsten von Sigmaringen über.<br />

Schon im Jahre 1780 hatte die bereits erwähnte Kommission<br />

im Einverständnis mit dem Stifter der Kaplanei folgendes<br />

festgestellt: Bei gleicher Würdigkeit haben auf diese Pfründe<br />

Anspruch: 1.) Verwandte des Stifters; 2. wenn solche nicht<br />

vorhanden sind, Bürgerssöhne hiesiger Stadt. 3.) Untertanen<br />

der Speth'schen Herrschaft. Erst nach diesen drei Klassen<br />

findet allgemeine Bewerbung statt.<br />

Der jeweilige Inhaber der Kaplanei ist verpflichtet, nicht<br />

weniger als 208 hl. Messen alljährlich für den Stifter zu lesen<br />

und zwar ohne jede weitere Entschädigung. Das Einkommen<br />

der Kaplanei setzt sich folgendermaßen zusammen:<br />

Gemüsegarten am Haus; Krautland in der Baindt; Sechsachtel<br />

Morgen Wiesen in den Graswiesen; Fünfachtel Morgen<br />

Acker unter der Staig; Vierachtel Morgen Acker in der Gaß:<br />

Einachtel Morgen Acker in der Bronner Gaß. Diese Grundstücke<br />

mit Ausnahme des Gartens, aber der Scheuerraum<br />

eingeschlossen, wurden für 102 Mark verpachtet. Von der<br />

fürstlichen Herrschaft in Sigmaringen bezieht die Kaplanei<br />

alljährlich 20 Meter Buchenscheitholz. Die Zinsen aus Kapitalien<br />

betragen 1 007 Mark, folglich beläuft sich das Gesamteinkommen<br />

auf 1 109 Mark nebst 20 Meter Buchenholz.<br />

Seit Juli 1927 war die Kaplanei infolge Priestermangels<br />

nicht mehr besetzt. Am 21. Februar 1933 hob Papst Pius XI.<br />

die Kaplanei St, Katharina und St. Anna auf und vereinigte<br />

sie mit der Pfarrpfründe. Der Pfarrer muß jährlich eine hl.<br />

Messe in der Meinung des Stifters lesen. Die Holzlieferung<br />

des Patronatsherrn bleibt bestehen. W.<br />

Christian Großbayer<br />

Baumeister zu Haigerloch, arbeitete auch für Ebingen<br />

Und so wäre ich dankbar, wenn diese Zeilen bei den <strong>Heimat</strong>freunden<br />

Hohenzollerns dazu beitragen könnten, etwaige bereits<br />

gefundene kleine Hinweise, oder solche, die noch in<br />

ihrer Arbeit über unseren Marktbrunnen gefunden werden,<br />

mir freundlicherweise zur Verfügung zu stellen. Nun zu der<br />

Arbeit Großbayers am Marktbrunnen in Ebingen im Jahr 1754.<br />

In einem kaum beachteten Hinweis ist von einer muschelverzierten<br />

Säule die Rede, auf der die Ritterfigur steht. Schon<br />

die „alten" Bürger haben von einer Säule erzählt, die bis<br />

1880 als Standplatz des Ritters gedient habe, wurde aber von<br />

Fachseite aus angezweifelt. Somit könnte die Fertigung dieser<br />

Säule in der Zeit des Rokoko liegen und da mir für diese<br />

Zeit noch die alten Stadtrechnungen zur Durchsicht bereit<br />

liegen, nahm ich die Mühe auf mich und fand auch wirklich<br />

1754/55....<br />

„Nach deme der Fuoß an der Steinernen Statue auf dem<br />

Markt Bronnen alters halber, und weil die Rohr nur in<br />

hölzernen Mündungen eingesteckt geweßen, war durch<br />

das Waßer heraußdringen müßam, daß es zu Winterzeit<br />

sehr vieles Eis daran gegeben, mithin durch die geföhrs<br />

gantz mürb, so daß ein Stuck des 4 „Theils von selbsten<br />

heraus gefallen, und zu Besorgen geweßen, daß die kostbare<br />

Statue gar herunter sturtzen und großen Schaden<br />

nehmen dörfte . .. und da sich allhier in Ebingen kein<br />

solcher Steinhauer befunden, so sich unterstehen können<br />

die so nothwendige Reparation vorzunehmen, als war man<br />

Benöthiget, sich um einen dergleichen erfahrenen nun zu<br />

sehen, Wozu sich nun Christian Groß Bayer von<br />

Haigerloch hier zu gebrauchen zu laßen entschlossen...<br />

Nach dem hier vorgenommen Augenschein wurde ein Vertrag<br />

gemacht:<br />

1) einen guten dauerhaften Stein zu einem Bronnenstock,<br />

der in der Höhe 8 Schuh, und in der Dickhe 3 1 , i Schuh haben<br />

müße, als worin die Rohr zu steckhen ausfindig machen,<br />

mit behöriger Bildung aushauen, nach erforderlicher Architecktur<br />

der Zeichnung, 4 Waßergottisch gesichter auch neben<br />

und zwischen diesen zu mehrer Zierde, so viel muschelen nach<br />

Bildhauerkunst aushauen und in die Mäuler der gesichter<br />

von Eisen gemachen Mundungen einkitten solle, damit dem<br />

durchdringenden Waßer an dem Stock Einhalt gethan werden<br />

möchte ...


6 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

3) Zu mehrer Zierde des gantzen Bronnenstocks selbigen<br />

behörig ausschweifen, noch weitere Bildhauer Arbeit mit<br />

Muschelen und abhängenden Blumen daran machen, worauf<br />

endlich die Statue, welche mit 3 Dibel in den Stein ein zuelaßen...<br />

5) ... das Bild, welches hin und wider zerstümmelt, besonders<br />

ohne Nasen gewesen reparieren . ..<br />

Einen Betrag von 95 Gulden erhielt Großbayer für seine<br />

Arbeit, die er aber erst nach mehrmaligem Besuch des Stadtrechners,<br />

als Mahner für den Termin zur Einhaltung der<br />

abgemachten Lieferung, ausbezahlt bekam. Kein Wunder,<br />

wenn man bedenkt, daß Großbayer zur gleichen Zeit mit<br />

dem Bau der St. Annakirche zu Haigerloch sehr überlastet<br />

Johann Evangelist Stauß<br />

war. Die Arbeit wurde fertig und sie wurde auf einem besonders<br />

verfertigten Wagen von 8 Pferden in 7 Stunden<br />

sicher nach Ebingen gebracht. Hier war alles gut vorbereitet,<br />

so daß die neue Säule mit der reparierten Statue zur Zierde<br />

der Stadt neu aufgerichtet werden konnte. Großbayers Brunnenstock<br />

wurde 1880 von dem Bildhauer und Zeichenlehrer<br />

Ziegler durch einen neuen ersetzt, der im Stil der damaligen<br />

Zeit als Block geformt war, und auch für den neuen<br />

Brunnenstock übernommen wurde. Leider ist die, von alten<br />

Ebingern oft erwähnte Säule urkundlich zu spät gefunden<br />

worden, so daß man diese bei der Neugestaltung hätte wieder<br />

verwenden können. Ein erneuter Beweis, daß im Volksmund<br />

erhaltenen Ueberlieferungen mehr Glauben geschenkt<br />

werden kann, als man es oft tut. Joseph Halm.<br />

Zum 90. Todestag eines eifrigen Seelsorgers und verdienstvollen Schulmannes<br />

Am 9. Oktober 1966 waren 90 Jahre verflossen, seit im<br />

Pfarrhaus in Bingen nach kurzer Krankheit der Pfarrer und<br />

Geistl. Hat Johann Ev. Stauß, ehemaliger Schul-Commissär<br />

für das Oberamt Sigmaringen und einstiger Direktor des<br />

SchuJlehrerseminars Habsthal, im 75. Lebensjahr für immer<br />

seine leiblichen Augen schloß, um die geistigen im ewigen<br />

Lichte in der Anschauung Gottes wieder zu öffnen.<br />

Was hat uns Heutigen dieser Mann noch zu bedeuten?<br />

Unter der Spalte „Landsleute" werden in der Beilage „Vom<br />

See zum Main" der Monatsschrift „Mann in der Zeit" ehemals<br />

bedeutende Persönlichkeiten aus dem Badnerland den<br />

Zeitgenossen wieder in Erinnerung gebracht, um ihnen zu<br />

zeigen, wie ihre Väter und Großväter zu ihrer Zeit gehandelt,<br />

gewirkt und sich für Land und Volk verdient gemacht<br />

haben. Dieses Bestreben dürfte auch für uns in Hohenzollern<br />

gelten, getreu dem alten Spruch: „Wohl dem, der seiner Väter<br />

gedenkt!"<br />

Der Mann und sein Werk<br />

Ueber den Werdegang, die Tätigkeit als Priester, Religionslehrer,<br />

Direktor des Lehrerseminars Habsthal, zweimaliger<br />

Schul-Commissär (Schulinspektor) des Oberamtes Sigmaringen<br />

und über den Menschen J. E. Stauß hat sein ehemaliger<br />

Schüler (Archivrat Eugen Schnell) anläßlich des goldenen<br />

Priesterjubiläums in den Nummern 129—131 der „Hohenzollerischen<br />

Volkszeitung" vom Jahre 1875 (die ich in dankenswerter<br />

Weise in der Fürstl. hohenz. Hofbibliothek in<br />

Sigmaringen einsehen konnte), so ausführlich und eingehend<br />

berichtet, daß ich seine Ausführungen nur in verkürzter Fassung<br />

wiedergeben kann. Er schreibt:<br />

„Ein 50 jähriger Priester"<br />

„Johann Evangelist Stauß wurde am 28. Dezember 1801<br />

in Benzingen geboren. Seine Eltern waren einfache Landleute,<br />

welche ein kleines Lehengut besaßen, bei dessen Umtrieb<br />

auch die Kinder schon frühzeitig Hand anlegen mußten.<br />

Bald aber machte sich die geistige Begabung des jungen<br />

Knaben bemerklich. Im Herbst 1813 kam er nach Gammertingen,<br />

um von dem Benefiziaten und späteren Stadtpfarrer<br />

Ludwig K i e n e r, vielj ähriger Schul-Commissär des Oberamtes<br />

Gammertingen, den Vorbereitungsunterricht zum Gymnasium<br />

zu erhalten, den er auch durch 2 Jahre genoß. Im<br />

Herbste 1817 bezog er das Gymnasium Rottweil, das er in 4<br />

Jahren mit so günstigem Erfolge absolvierte, daß er beim<br />

Schlüsse mit einer öffentlichen Belobigung entlassen wurde.<br />

Seine philos. und theol. Studien machte er in den Jahren<br />

1821—1824 an der Universität Freiburg i. B. Nach bestandenem<br />

Concurs wurde er am 3. November 1824 in das (Priester)Seminar<br />

Meersburg aufgenommen und am 24. September<br />

1825 vom Bischof J. B. v. Keller in Rottenburg zum Priester<br />

geweiht. Nach seiner am 11. Oktober 1825 in Benzingen erfolgten<br />

Primiz begann seine praktische Tätigkeit und Laufbahn<br />

als Vikar in Sigmaringen mit der Verpflichtung, die<br />

beiden Filialen Ober- und Unterschmeien zu versehen.<br />

Neben dem Vikariate erteilte Stauß jungen Knaben,<br />

zu denen auch der Schreiber (E. Schnell) gehörte, den Vorbereitungsunterricht<br />

zum Gymnasium. Im Juli 1827 erstand er<br />

in Sigmaringen die Staatsprüfung als Pfarrer (eine Folge des<br />

im Fürstentum herrschenden Staatskirchentums) mit dem<br />

Zeugnisse der „vorzüglichen Befähigung" und erhielt schon<br />

am 15. Oktober 1827 die Pfarrei Betra, welche bei einem<br />

geringen Einkommen eine starke Bevölkerung und 2 Filialen<br />

umschloß. Da er überdies den Unterricht in der ersten Klasse<br />

der Volksschule und vielerlei Aushilfen bei benachbarten<br />

Pfarrherren übernommen hatte, war im Jahre 1834 seine Gesundheit<br />

so erschüttert, daß er mit seinem Freund, dem<br />

Von Josef Deschler<br />

nachherigen Reg.-Rat Mock, eine Erholungsreise nach Italien<br />

und an das südliche Frankreich (Riviera) unternehmen mußte.<br />

Körperlich gestärkt und geistig erfrischt kehrte Stauß in<br />

sein Vaterland zurück. Nachdem er auf die präsentierte<br />

Pfarrei I m n a u resigniert hatte, erhielt er am 6. November<br />

1835 die von mehreren Bewerbern begehrte Pfarrei W a 1 -<br />

bertswej 1er, die er 8 Jahre versah, und welche Zeit er<br />

zu der glücklichsten seines Lebens rechnete.<br />

Durch seine kluge Seelsorge, seine Schultätigkeit erregte<br />

er die Aufmerksamkeit und das Vertrauen des damaligen<br />

Fürsten Karl und des Reg.-Direktors Freiherrn von Laßberg,<br />

der in Verbindung mit dem geistlichen Rate Engel und dem<br />

Professor Miller durch seine Organisation das Schulwesen<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen auf einen allseits anerkannten<br />

blühenden Stand gebracht hatte. Nach dem Tode des<br />

Direktors Lorenz Maier in Habsthal erschien Stauß die geeignetste<br />

Persönlichkeit, und er erhielt deshalb auf den Antrag<br />

zur Uebernahme der Pfarrei Habsthal mit der<br />

Pfarrei die Leitung der seit kurzer Zeit bestehenden Staatsanstalten<br />

für Waisen, für Blinde und Taubstumme und zur<br />

Ausbildung für Schullehrer im Mai 1843 in provisorischer<br />

und ein Jahr darauf, nachdem er auf die Pfarrei Walbertsweiler<br />

verzichtet und von der geliebten Pfarrgemeinde einen<br />

herzlichen Abschied genommen hatte, in definitiver Weise.<br />

Trotz mannigfacher Schwierigkeiten verwaltete Stauß die<br />

verschiedenen Anstalten mit einer musterhaften Ordnung,<br />

wobei er sich der wirksamen Unterstützung der trefflichen<br />

Lehrer Blessing, Fischingen und Schreiner zu erfreuen hatte.<br />

Er würde gewiß die Anstalten auf einen noch höheren Grad<br />

der Vollkommenheit gebracht haben, wenn nicht die Stürme


Jahrgang 1967 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT 7<br />

des Jahres 1848 diesen Anstalten den Todesstoß versetzt hätten.<br />

Von seinen vielen Zöglingen des Lehrerseminars, von<br />

denen die meisten seit 25 Jahren und darüber als tüchtige<br />

Schulmeister wirken (Beck-Sigmaringendorf, Eger-Veringendorf,<br />

Hartmann-Inzigkofen, Lacher-Sigmaringen, Locher-Sigmaringen,<br />

Reiser-Gammertingen, Lehmann-Hechingen, u. a)<br />

rühmen, von einer Strenge der Disziplin und einem etwas<br />

herben Urteile abgesehen, alle seine musterhafte Ordnung<br />

und Pünktlichkeit, seinen streng rechtlichen und unparteiischen<br />

Sinn, seinen klaren und praktischen Verstand und<br />

seine reichen pädagogischen Erfahrungen. Mit Schmerz trennte<br />

sich Stauß von dem ihm liebgewordenen Berufe und übernahm<br />

am 9. November 1848 die ihm verliehene Pfarrei B i ng<br />

e n, wo er seit 27 Jahren (bis zu seinem Tode im Jahre<br />

1876) eifrig und tätig wirkt.<br />

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die sich aus den liberalen<br />

Tendenzen eines Teils der Bewohner und den streng<br />

konservativen Gesinnungen des Pfarrers ergaben, (er bat<br />

im Jahre 1850 um Enthebung von der Pfarrei, aber das Gesuch<br />

wurde abgeschlagen) kam es aber bald zu einem guten<br />

Einvernehmen, wie sich das bei dem am 26. Dez 1873 gefeierten<br />

25jährigen Pfarr-Jubiläum und am 26. September<br />

1875 gefeierten goldenen Priester-Jubiläum in ehrenvoller<br />

Weise zeigte. Mit neuem Eifer widmete sich Stauß nach Beilegung<br />

der Meinungsverschiedenheiten der Seelsorge in dem<br />

großen Orte Bingen mit den beiden Filialen Hitzkofen und<br />

Hornstein, verwaltete nebenbei durch 6 Jahre die Kaplanei<br />

und pastorierte das Zuchthaus Hornstein. Nebenbei fand er<br />

Zeit genug, dem Schulwesen seine unausgesetzte Sorgfalt zu<br />

widmen, wobei er durch den allgemein verehrten, eifrigen<br />

Lehrer Hieber in Bingen kräftigst unterstützt wurde. Schon<br />

im Jahre 1850 bestellte ihn die damals noch fürstliche Regierung<br />

zum Schul-Commissär (Schulinspektor) für das Oberamt<br />

Sigmaringen, welche Stelle er auch unter der königl.<br />

preußischen Regierung mit steter Anerkennung fortführte,<br />

bis ihn Kränklichkeit im Jahre 1854 zur Niederlegung des<br />

Amtes nötigte. Fast zu gleicher Zeit erhielt er den Auftrag,<br />

die Religionsprüfungen in den Elementarschulen vorzunehmen.<br />

Auf besonderen Wunsch des damaligen Reg.-Präsidenten<br />

Seydel übernahm Stauß später noch einmal die Stelle<br />

eines königl. Schul-Commissärs, bis er 1865 wegen Augenleidens<br />

um Enthebung von dieser Stelle nachsuchen mußte.<br />

Für die Hebung des Schulwesens wurde Stauß 1865 durch<br />

Verleihung des roten Adlerordens IV. Klasse und am 18.<br />

Januar 1873 der III. Klasse ausgezeichnet. Eine Anerkennung<br />

seiner ersprießlichen Leistungen in der Seelsorge und in der<br />

Bearbeitung kirchlicher Angelegenheiten wurde im Jahre<br />

1857 durch die Ernennung zum erzbischöflichen, geistlichen<br />

Rat ausgesprochen.<br />

Neben seiner regen und beinahe rastlosen Tätigkeit als<br />

Priester und Seelsorger bildete die Schule ein Lebenselement<br />

des unermüdlichen Mannes. Von anderen ihm durch<br />

Vertrauen übertragenen Aemtern ist noch die Stelle eines<br />

Vorstandes des Verwaltungsausschusses für die Witwen- und<br />

Waisenanstalt der Volkschullehrer und die Stelle eines Mitgliedes<br />

der Prüfungskommission für Schullehrer zu erwähnen.<br />

Ueberdies war Stauß auch schriftstellerisch tätig. Viele<br />

Aufsätze von ihm finden sich über das Schul- und Unterrichtswesen<br />

in der pädagogischen „Quartalsschrift" von Heim<br />

und in theologischen Zeitschriften. Für die vaterländische<br />

Geschichte hat Stauß viele Notizen gesammelt. Auch die<br />

Kunstschätze der Kirche in Bingen hat er mit größter Pietät<br />

bewahrt."<br />

Soweit Eugen Schnell.<br />

Schon ein Jahr später mußte die Pfarrgemeinde den Tod<br />

ihres Jubelpriesters beklagen. In Nr. 155 der „Hohenz. Volkszeitung"<br />

1876 erschien die Todesanzeige, in der mitgeteilt<br />

wurde, daß der Hochw. Herr Geistl. Rat und Pfarrer Joh.<br />

Ev. Stauß nach 14tägiger Krankheit am Montag, den 9. Okt.<br />

1876 in die Ewigkeit abgerufen wurde. In Nr. 156 vom 12.<br />

Oktober 1876 erfolgte ein mit einem X signierter Nachruf auf<br />

die beiden in kurzer Zeit verstorbenen Geistl. Räte Prof.<br />

Dr. Dieringer und Pfarrer Stauß, „welche eine Zierde des<br />

Klerus und ein Stolz des ganzen Landes Hohenzollern waren.<br />

Die größten Verdienste hat Stauß um das Schulwesen<br />

der einzelnen Pfarreien, denen er vorstand und als Direktor<br />

der früheren Anstalten in Habsthal um das ganze Land sich<br />

erworben. Stauß besaß einen klaren und scharfen Verstand,<br />

er fällte immer ein kurzes, aber ganz richtiges Urteil, beobachtete<br />

eine musterhafte Ordnung und Gründlichkeit, und<br />

sein heftiges Temperament, das sich früher besonders bei der<br />

Erziehung der Schuljugend äußerte, verwandelte sich später<br />

in einen milden Ernst."<br />

In Nr. 158 vom 15. Oktober 1876 wurde unter dem gleichen<br />

Zeichen das feierliche Leichenbegängnis für den verstorbenen<br />

Pfarrherrn geschildert, wobei nochmals das Lob und<br />

die hohe Verehrung für den Toten und die allseitige Dankbarkeit<br />

seiner Pfarrkinder rühmend hervorgehoben wurden.<br />

Das Bild<br />

Nicht nur Bücher, auch Bilder haben ihre Geschichte und<br />

Geschicke. Da hing vor 63 Jahren, als der Schreiber in Bingen<br />

in die Schule kam, im Klassenzimmer ein Bild an der<br />

Wand, das einen älteren hageren Geistlichen mit ernstem<br />

Blick und klugem Gesicht darstellte. Leider erfuhren wir<br />

Schüler während der ganzen Schulzeit nie etwas Näheres<br />

über die Person des Dargestellten. Das Bild hing einfach da<br />

und gehörte zum Schulinventar wie das Lehrerpult, die<br />

Wandtafel, das Kruzifix, das Bildnis des Landesvaters, der<br />

Tatzenstecken und das Harmonium, mit welchen zwei Gegenständen<br />

vom Lehrer ab und zu Töne erzeugt wurden. Es<br />

wanderte während des Abbruchs des alten und dem Bau des<br />

neuen Schulhauses mit in die Holzbaracke als Notschule und<br />

von dort wieder in das neue Schulhaus und blieb dort<br />

im Klassenzimmer der Oberstufe bis zu den Tagen des tausendjährigen<br />

Reiches, in denen sich dann Kruzifix und religiöse<br />

Bilder oft am falschen Platze befanden.<br />

Kam da eines Tages der Herr Schulrat (Mi.) zum Schulbesuch<br />

und bemerkte mißbilligend unser altes Bild, das im<br />

Laufe der Zeit etwas unansehnlich und verblichen aussah,<br />

sonst aber noch genau so ernst auf die Schüler herunterblickte<br />

wie seit eh und je. Auf die Frage des Herrn Schulrats,<br />

wen das Bild darstelle, kam prompt die Antwort:: „Das ist<br />

der Turnvater Jahn!" womit die Sache vorerst ihre Erledigung<br />

fand. Nachdem die Schüler das Klassenzimmer verlassen<br />

hatten, bedeutete der Herr Schulrat dem Herrn Hauptlehrer<br />

(Re), er (Re) wisse wohl, daß der Dargestellte nicht<br />

der Turnvater Jahn sei, und daß das Bild im Schulhaus<br />

nichts zu suchen hätte. Also wanderte das Gemälde auf die<br />

Schullaube und wäre dort mit der Zeit ganz verkommen und<br />

abhanden gekommen, wenn nicht der Verein für Geschichte<br />

im Jahre 1939 zur Erfassung von Bildnissen hohenzollerischer<br />

Persönlichkeiten aufgerufen hätte. Nun fiel mir das<br />

alte Oelgemälde des greisen Pfarrherrn in der Schule in Bingen<br />

wieder ein. Alsbald setzte ich mich mit dem Kollegen<br />

(Re) in Verbindung und bei einem Besuch im Schulhaus erzählte<br />

er mir den Zwischenfall mit dem Herrn Schulrat, und<br />

daß das Bild den ehemaligen Pfarrer Stauß von Bingen darstelle,<br />

daß es sich auf dem Dachboden der Schule befinde,<br />

sehr brüchig und undeutlich sei und mit dem anderen Gerümpel<br />

demnächst auis dem Schulhaus verschwinde, da es<br />

nicht mehr im Schulinventar geführt würde. Auf meine Bitte<br />

holte er das Bild vom Dachboden und schenkte es mir zur<br />

beliebigen Verwendung. Ich zeigte das stark beschädigte Gemälde<br />

einer sachverständigen Bekannten und diese brachte<br />

es zur Kunstmalerin Frau Luise Hoff in Sigmaringen, die es<br />

dann, so gut es ging, auffrischte und ergänzte. Da die Gesichtszüge<br />

noch am besten erhalten und nur die Halspartie,<br />

die Soutane und der Hintergrund stärker beschädigt waren,<br />

kann es noch fast als Originalporträt bezeichnet werden. Es<br />

ist ein Oelgemälde auf Leinwand mit 37 cm Breite und 56 cm<br />

Höhe. Auf der Rückseite ist zu lesen:<br />

Joh. Evangl. Stauß, Erzb. Geistl. Rath Pfarrer in Bingen,<br />

geb. in Benzingen den 26. Dezemb. 1801.<br />

p. Jos. Bräuchle in Ehingen 1863.<br />

Es zeigt Stauß als Geistlichen in der Soutane im<br />

höheren Alter mit einem schmalen, schlanken Kopf, schütren<br />

fast asketischen Zügen, energischem, strengem Mund und<br />

kräftigem mit einem Grübchen versehenen Kinn. Die Charakteristik,<br />

die E. Schnell s. Zeit von dem Verstorbenen gab,<br />

scheint auch das Bild zu bestätigen.<br />

Ein Trochtelfinger Naturschutzgebiet nördlich der Stadt<br />

zum Schutze der dortigen „Egertennägele" oder Steinrösle<br />

(Daphne cneorum) wurde vom Landratsamt Sigmaringen<br />

geschaffen. (Vgl. Hhz. <strong>Heimat</strong> 1957, 20!)<br />

Die Wasserscheide zwischen der Ablach und der Stockacher<br />

Ach, also zwischen Donau und Rhein, wurde zum zweitenmal<br />

innerhalb 160 Jahren geändert. Man hat nämlich aus den<br />

Gemarkungen Mindersdorf und Liggersdorf ein großes Wiesenland<br />

entwässert. Dort bildete bis 1805 das bei Kalkofen<br />

entspringende Bächlein den Oberlauf der Ablach, wurde aber<br />

auf Veranlassung der damaligen französischen Besatzung<br />

zugunsten der Stockacher Ach umgeleitet, da der Höhenunterschied<br />

kaum merklich ist. Nun wurde mittels eines<br />

kleinen Dammes das damalige Unrecht wieder gutgemacht<br />

und nur ein fünftel des Wassers durch einen Stichgraben<br />

der Stockacher Ach zugeleitet, der Rest aber wieder der<br />

Ablach.


8 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Nach der bisherigen Annahme wurde der Name Trochtelfingens,<br />

des hohenzollerischen Städtchens an der Seckach,<br />

erstmals im Jahre 1161 bei der Entscheidung eines Zehntstreites<br />

um Engstingen durch den Bischof Hermann von<br />

Konstanz erwähnt, trotzdem der Ort schon seines Namens<br />

und der großen Gemarkung wegen viel älter sein muß. Er<br />

reicht wahrscheinlich ins 4. oder 5. Jahrhundert nach Christus<br />

zurück. Besiedelt war freilich die Gegend und die Haid aber<br />

schon Jahrhunderte vor Christus, wie verschiedene Bodenfunde<br />

beweisen. Nun finden sich im Codex Laureshamensis,<br />

einem Kopial- bzw. Traditionsbuch des Klosters Lorsch an<br />

der Bergstraße aus dem 12. Jahrhundert, das den Inhalt der<br />

ältesten Urkunden des Klosters aufzeichnet, unterm 5. Nov.<br />

767 eine Schenkung eines Liupher in Trogolfinger<br />

Mark im Alemannengau ans genannte Kloster. Es heißt<br />

Nr. 3278: „In Christi Namen: Am 5. November des 16. Jahres<br />

des Königs Pippin schenkte ich Lipher an den hl. Märtyrer<br />

Nazarius, dessen Leib im Kloster Lorsch ruht, welchem der<br />

verehrungswürdige Gundeland als Abt vorsteht, alles was<br />

ich im Alemannengau in Trogolfinger Mark besitze und<br />

bestätige, daß dieses Geschenk durch rechtliche Uebergabe<br />

ewige Dauer habe. Geschehen im Kloster Lorsch." Nr. 3279<br />

„Schenkung eines Hecko in Trogolfinger Mark. In Christi<br />

Namen: Am 1. Oktober des siebenten Regierungsjahres des<br />

König Karl (des Großen) schenke ich Hecko zum Heil meiner<br />

Seele dem hl. Nazarius etc. (wie oben) all meinen Besitz im<br />

Alemannengau in Trogoffinger Mark. Geschehen im Kloster<br />

Lorsch zu der angegebenen Zeit" (775). Die beiden Männer<br />

Liupher (Lipher = Leipert?) und Heck sind nicht weiter<br />

bekannt.<br />

Gustav Bossert sen., der die Einträge des Lorscher Codex<br />

aus unserer Gegend für Band II. der „Württembergischen<br />

Geschichtsquellen" 1895 bearbeitete (obige zwei Einträge S.<br />

169), und dem auch Glöckler in der Neuausgabe der<br />

ganzen Quelle und alle andern ohne Bedenken oder Erweiterung<br />

folgten, wollten beide Einträge auf den Ort Trailfingen<br />

(3 km nördlich von Münsingen) beziehen, trotzdem<br />

Bossert selbst zugeben muß, daß dieser Ort mit 1 Kirche<br />

und der Münsinger Mark in seiner Edition S. 150 und S. 170<br />

als Dragolfingen bzw. Dragolvingen erscheint, sich also<br />

sowohl durch den Anfangsbuchstaben D als auch durch das<br />

A gegenüber dem O bedeutend unterscheidet. Zweifellos<br />

steht Trogolfingen unserm Trochtelfingen sprachlich wesentlich<br />

näher. Und wenn Bossert mit guten Gründen die<br />

„Hephinger Mark" des Codex ohne Bedenken mit „E r p f i ng<br />

e rM a r k" gleichsetzt, also ein R einschiebt, oder Hein-<br />

Gleich wie auf alabasterner Schale trägt der Abend die<br />

Ruhe ins Land.<br />

Bethlehems Bewohner und das Heer von Fremden, das<br />

seit Tagen die Stadt belagert, nehmen sie mit Würde entgegen.<br />

Der Abend fällt in die Nacht.<br />

In dem geräumigen Bau am Ende der Stadt geschieht die<br />

Zählung des Volkes. Der letzte Fremde tritt aus dem Hause<br />

in die Nacht, der Herberge zu.<br />

Die Ampeln verlöschen. In nüchterner Blässe liegt Haus<br />

an Haus. Bethlehem schläft.<br />

Mitternacht aber wirft ihr Feierkleid über. Und silberne<br />

Leuchten hält sie bereit.<br />

Die Schöpfung staunt ob der Fülle des Lichtes. Ein flüsterndes<br />

Ahnen geht um.<br />

Fächerpalmen breiten weit ihre Arme. Sie greifen nach<br />

dem Silber, als wollten sie ihm ein Ungekanntes entlocken.<br />

Terebinthen entsenden den süßen Duft wie zu froher Erwartung.<br />

Und Sträucher und Gräser halten voll Zartheit den<br />

perlenden Tau.<br />

Ueber welliges Gefilde geht das Schweigen, das Geheimnis<br />

hütend, das sie ahnen. Nahe der Stadt aber, auf sanftgrünen<br />

Auen wandelt das Schweigen sich zu einförmigen Lauten:<br />

Ein Maultier trabt noch willig seinen Weg. Es trägt die<br />

lieblichste Last, eine junge, werdende Mutter.<br />

Die Frauengestalt umschließt ein faltenreicher, blauer<br />

Mantel. Eng schmiegt sie ihn an sich, um der Kälte zu<br />

wehren, die empfindsam an ihren Körper rührt.<br />

Der Mann an ihrer Seite schreitet fürsorglich neben ihr<br />

aus. Traurigkeit hängt an seiner Seele, seit er mit seinem<br />

Weibe Bethlehem verlassen. Noch kann er es nicht verwinden,<br />

daß ihnen die Vaterstadt keine Herberge gab, daß ihr,<br />

der fast zu Tode ermüdeten, die Lagerstatt verweigert wurde.<br />

Maria, den Kummer Josefs wissend, spricht Worte des<br />

Trostes zu ihm.<br />

1200 Jahre Trochtelfingen<br />

Joh. AdamKraus<br />

^ a s 7 3 z a u t g a s c k a n k<br />

Weihnachtslegende von Maria F. F 1 a d<br />

gen als Ehingen an der Donau erklärt, dann zögern wir<br />

nicht, Trogolfingen als verhört aus Trogtolfingen aufzufassen,<br />

und dies ergibt mühelos unser Trochtelfingen, unbeschadet<br />

der Tatsache, daß es im Jahre 1161 als Truhdolfingen<br />

überliefert ist. Die Namen wurden ja rein<br />

nach dem Gehör von landfremden Mönchen<br />

geschrieben! Die Verfasser unseres Schenkungsverzeichnisses<br />

suchten geichklingende Orte gegendweise<br />

zusammenzufassen! Eutingen erscheint als Huodingen,<br />

Empfingen bzw. die Amphinger Mark hat neun Einträge.<br />

Dann folgen Schopfloch, Dornstetten, Mühlheim am Bach,<br />

oben genanntes Erpfingen, zwei Einträge betr. Burchinger<br />

Mark und Burladingen, Maigingen, Merioldingen (Flur Mertingen<br />

zwischen Melchingen und Stetten), Mälchingen (irrig<br />

als M u lichingen), Willmandingen, Genkingen, Gauselfingen.<br />

Einer Nummer betr. Mundelfingen folgen die beiden erwähnten<br />

Einträge betr. Trog(t)olfingen, worauf sich nochmal<br />

Dragolwingen anschließt, dann Glatten, Mössingen, Bisingen,<br />

Bissingen, Reistingen (abgeg. b. Herrenberg), Gültstein, Seeburg<br />

usw.<br />

Bosert bemerkt zu Trogolfingen, das er als Trailfingen<br />

ansieht: „Doch würde Trochtelfingen bei Gammertingen<br />

besser zu den vorangehenden Namenpassen,<br />

aber der Name Trochtelfingen setzt als älteste<br />

Form Troctulfingen voraus." Ich meine jedoch, sie kann<br />

ebenso gut Trogtolfingen gelautet haben, weil das U doch<br />

schnell zu O abgeschliffen worden wäre, und Trogolfingen<br />

(selbst ohne das einzuschiebende T) ist noch lange nicht<br />

gleich Dragolfingen! Vielmehr schrieb schon die 1909 erschienene<br />

Oberamtsbeschreibung von Urach des Statistischen<br />

Landesamtes uci iioiiÄugin S. 715 in Anmerkung: „Ob die<br />

S. 169 bei Bossert genannten Schenkungen in Trogolfinger<br />

marca und die (anschließende) in Dragolvinger marca hierher<br />

nach Trailfingen gehören, ist sehr zweifelhaft."<br />

Ich dagegen sage: nicht nur „sehr zweifelhaft", sondern<br />

bezüglich T r o g (t) o 1 f i n g e n ganz unwahrscheinlich,<br />

und ich stehe nicht an zu behaupten: In<br />

Trogolfingen ist ein T ausgefallen und es ist als Trochtelfingen<br />

an der Seckach zu erklären, wie ich schon vor Jahren<br />

in einem Schreiben an den Trochtelfinger <strong>Heimat</strong>forscher<br />

Hans Schoser mitteilte. Somit hätten wir als erste urkundliche<br />

Nennung von Trochtelfingen den 5. November 767, also<br />

vor 1200 Jahren. Später hat das Kloster Lorch seine Besitzungen<br />

in unserer Gegend, weil viel zu weit entlegen, schnell<br />

abgestoßen, worüber freilich keine Urkunden vorliegen.<br />

Ein felsiger Hügel tritt in der Einsamen Weg. Ihm klebt<br />

ein von Brettern erbauter Stall an. Volles Mondlicht hebt<br />

ihn aus der Nacht den Wanderern entgegen:<br />

„Siehe Josef!" spricht Maria innig, „dies ist der Ort, an<br />

dem wir rasten sollen! Die Hütte, die dir wertlos scheint,<br />

wird uns und aller Welt ein Tempel werden. Meine Stunde<br />

ist gekommen!"<br />

Rascher trabt das Maultier seinen Weg.<br />

Josef hat Mühe, ihm zu folgen.<br />

Vor der Hütte aber steht es still.<br />

Josef hebt Maria sacht zur Erde. Dann tritt er in den<br />

Stall. Unwirtliche Leere grinst aus ihm. Nur ein paar Krippen<br />

halten Futter für das Tier.<br />

Josef, in geschäftiger Eile, bereitet das Lager. Er ordnet<br />

und säubert. In seiner Seele wird es licht und lichter.<br />

Maria aber ruht. Ihre sonnigen Blicke folgen ihm. Schon<br />

prasselt ein lustiges Feuer. Und wohlige Wärme erfüllt den<br />

Raum:<br />

„Josef, laß mich allein!" bittet Maria den Geschäftigen.<br />

„Grüße das Heil, das zu den Menschen kommt!"<br />

Auf Josefs Antlitz legt sich die Sorge um das Weib. Doch<br />

schweigend verläßt er den Raum.<br />

Maria kniet an der Erde. Unter ihrem Herzen glüht es<br />

auf, gleich wie ein Rubin von Sonne durchdrängt.<br />

Das Gotteskind tritt in die Welt. —<br />

Das Siegel des Leibes der Jungfrau Maria hält unverletzt<br />

stand. — Marias Seele ist lautere Liebe und helles Frohlocken.<br />

Das wimmernde Kindchen drückt sie ans Herz.<br />

Josef vernimmt das Wimmern des Kindes. In seligem<br />

Jubel eilt er herbei. Er sieht nicht den ärmlichen Stall, die<br />

Wände, die Krippen, das Stroh. Er schaut nur das Eden,<br />

darin die bräutliche Jungfrau, die ihr Brautgeschenk hält<br />

an die Welt. —<br />

Er sinkt an die Erde und betet es an. —•


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 9<br />

Von der Veringendorfer Michaelskirche<br />

Die Pfarrkirche in Veringendorf im Tal der Laudiert, deren<br />

Doppeltürme im unteren Teil mit kleinen Apsiden (Ausbuchtungen,<br />

Nebenchören) und zwischen ihnen ein Teil des langen<br />

Chores aus der romanischen Zeit (ca. 1130—1200) stammen,<br />

dagegen die östliche Verlängerung des gerade geschlossenen<br />

Chors aus der gotischen Periode (um 1300), das Schiff aus<br />

der Barockzeit 1723, wurde in den letzten Jahren außen und<br />

innen renoviert, bzw. innen umgestaltet. Besucher, welche die<br />

Kirche von früher kannten, waren beim Betreten zunächst<br />

schockiert: Der neuromanische Hochaltar, Kommunionbank,<br />

Kanzel und die vier barocken Seitenaltäre im Querschiff<br />

(d. h. von den zwei westlichen waren nur noch die Rückwände<br />

da; vergl. Kunstdenkmäler 1948, S. 382 f.) sind völlig verschwunden,<br />

ersterer angeblich auf ausdrückliches Drängen<br />

des Landeskonservators. Die Kanzel und die beiden barocken<br />

Seitenaltäre von 1730 habe mit Freude der Pfarrherr von<br />

Langenenslingen für seine alte Mauritiuskirche übernommen,<br />

die beiden Rückwände der anderen seien beim Renovator.<br />

Im Chor, dessen Wände in ihrer derzeitigen Unvollendetheit<br />

etwas düster wirken, steht jetzt nah gegen das Kirchenschiff<br />

ein neumodischer Theken-Altarblock, östlich dahinter<br />

an der Stelle des bisherigen Allerheiligsten der dem<br />

Bischofsthron nachgeahmte Priestersitz. In der nördlichen<br />

Seitenapsis ist der alte kufenförmige Tauf stein (nicht „die<br />

Taufe", wie eine Zeitung berichtete) aufgestellt. Dessen neuer<br />

Kupferdeckel in Treibarbeit nach ungelenker Art einer<br />

Gisela Bär zeigt die Szene „Christus mit Nikodemus" und<br />

die Inschrift: „Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus<br />

dem Wasser und dem Hl. Geist. . ." Der Hals des Herrn<br />

scheint an einer morbus deformans zu leiden. Besucher<br />

stellten fest, daß der Tabernakel in der südlichen Apsis<br />

nicht gut sichtbar und nicht durch besondere Zier hervorgehoben<br />

sei, wie es dem Herzstück der Kirche geziehme, was<br />

sich wohl noch verbessern ließe. Das Untergestell freilich —<br />

kein Altar sondern eine steingewordene Astgabel mit langen<br />

Enden — wirkt nüchtern, sodaß sich ein Vergleich mit den<br />

spätmittelalterlichen reichgeschmückten Sakramentshäuslein<br />

anderer Kirchen nahelegt. Sagt doch Art. 95 der<br />

Liturgiereform des Konzils: „Die hl. Eucharistie soll in einem<br />

sicheren Tabernakel in der Mitte des Hochaltars oder<br />

einem besonders ausgezeichneten Nebenaltar aufbewahrt<br />

werden. Wenn rechtmäßige Gewohnheiten vorliegen,<br />

und in besonderen Fällen mit Zustimmung des Bischofs, ist<br />

die Aufbewahrung auch an einer anderen wirklich<br />

vornehmenundwürdighergerichtetenStelle<br />

in der Kirche zulässig."<br />

Das einzig erhaltene Siegel Gebhards von Pitengau (d. i.<br />

Peiting in Oberbayern), der sich später Graf von Sigmaringen<br />

nannte, ist vom 9. Januar 1244 leider sehr beschädigt erhalten.<br />

Es zeigt einen heraldisch rechts (also vom Beschauer aus<br />

nach links) galoppierendes künstlerisch erstklassig durchgebildetes<br />

Pferd, dessen Reiter einen Topfhelm mit Büffelhörnern<br />

trägt, die Rechte mit dem Schwert ist erhoben, so<br />

daß dieses wagrecht hinter dem Helm sichtbar wird. Die<br />

Linke führt den Wappenschild gegen den Beschauer gewandt.<br />

Doch dieser ist leider nach Auskunft des Hauptstaatsarchivs<br />

München unkenntlich, was auf dem von dort übersandten<br />

Foto nicht ganz deutlich wird. Herr Helmut Rischert, der s.<br />

Zt. in der „Hohenz. <strong>Heimat</strong>" über den Adel von Burladingen<br />

berichtete und jetzt am genannten Archiv angestellt ist, teilte<br />

ergänzend am 26. Sepember 1966 mit, auf dem Schild des<br />

gewappneten Reiters sei tatsächlich nichts mehr zu erkennen,<br />

da die Oberfläche des Schildchens vom Betrachter aus<br />

rechts abgeblättert und links abgerieben sei. Von der Umschrift<br />

sei nur noch erhalten: „ + S. GEBHARDI.." In der<br />

Urkunde selbst bietet Gebhard von Byedingowe (nicht Graf<br />

genannt) zu Ulm der Kirche von Bamberg 100 Mark Silber<br />

an, um innerhalb eines Jahres Lehensgüter desselben Wertes<br />

zurückzuerhalten (Reg. boic. II. 345: Hauptstaatsarchiv<br />

München Abt. I. Bestand HU Bamberg Nr. 623). Den ganzen<br />

Umständen nach (Reitersiegel mit Lehenantrag für eine solch<br />

hohe Summe) muß es sich um einen Angehörigen des Hochadels<br />

handeln, wozu auch der spätere Grafentitel paßt (Hhz.<br />

JHeft 1951, 28 f.). Ich möchte Gebhard für ein Glied des<br />

Grafenhauses von Hirschberg (bei Beilngries in Niederbayern)<br />

rechnen, das einen stehenden Hirsch im Wappen führte und<br />

1306 ausstarb. Angemerkt sei, daß ein Graf von Nellenburg-<br />

Veringen 1267 im Schild seines Siegels einen mit einer<br />

Hirschstange besteckten Topfhelm führte (WUB 6, 330). K.<br />

Th. Zingeler hat 1888 behauptet, Graf Gebhard von Sigma-<br />

Zu Gebhard von Peitingau<br />

Zu den schon 1941 aufgedeckten Fresken im Chorgewölbe<br />

aus dem 14. Jahrhhundert sind wieder neue aus verschiedenen<br />

Epochen gekommen aber noch nicht konserviert. Der<br />

Steinboden (keine Ziegelplatten) unter den Bänken wirkt<br />

nobel, dürfte aber kalt sein! Einige wertvolle gotische Figuren<br />

sind in der Kirche verteilt.<br />

Anläßlich der Grabungen zur Einrichtung einer Heizung<br />

fand sich wieder das schon 1886 festgestellte Fundament der<br />

alten runden Chorapsis und inmitten derselben das Grab<br />

eines Mannes mit gut erhaltenem Skelett, vermutlich des<br />

Erbauers der romanischen Kirche, was auf den Grafen M a rquard<br />

von Altshausen passen könnte, der sich 1134/37<br />

erstmals „Graf von Veringen" nannte und bis 1172 vorkommt.<br />

Nördlich davon fand sich ein zweites Grab mit spärlichen<br />

Gebeineresten. Ganz leer war eine aus Ziegeln aufgemauerte<br />

Grabgrube neuerer Zeit, die vielleicht für den hiesigen Pfarrer<br />

Meinrad von Hohenzollern bestimmt war, aber nie belegt<br />

wurde. Innerhalb der jetzigen Kirche fanden sich schließlich<br />

die Fundamente einer viel kleineren vorausgehenden, die<br />

schätzungsweise um 900—1000 entstand. Unter deren Grundmauern<br />

trat merkwürdigerweise früheres Totengebein zutage.<br />

Diese Frühkirche scheint also auf einem alten Friedhof<br />

errichtet worden zu sein, dessen Alter freilich so lange<br />

problematisch bleibt, als diese Gebeine nicht durch andere<br />

Funde datiert werden können. Von einer früheren Holzkirche<br />

scheint nichts gefunden worden zu sein, wie sie in<br />

einem so alten Ingen-Ort wie Veringen seit ca. 580—600 n.<br />

Chr. angenommen werden müßte. Längere Grabarbeiten in<br />

einer laufend benützten Kirche sind freilich unmöglich. Eine<br />

Krypta war wegen des nahen Lauchertbaches wohl nicht<br />

praktisch. Die alte Burg Veringen stand bekanntlich südlich<br />

der Kirche auf den Felsen links des Baches und der Landesbahn,<br />

wo sich jetzt Aecker ausbreiten. Später bauten die<br />

Grafen von Veringen dann lauchertaufwärts eine neue Burg,<br />

in deren Ruinen noch die Peterskapelle erhalten ist, unterhalb<br />

deren sich als Burgflecken Veringenstadt entwickelte.<br />

Man muß die Möglichkeit erwägen, die bereits im Oktober<br />

1966 in einer Zeitung geäußert wurde, daß die älteste Michaelskirche<br />

aus Holz nicht hier unten an der alten Furt, mit<br />

der einige sogar den Namen Veringen-Faringen in Zusammenhang<br />

bringen wollen, sondern auf dem nahen „Kirchb<br />

e r g" rechts der Laudiert stand, wie dies bei Kirchen des<br />

Erzengels ja gewöhnlich der Fall war. Es wäre eine lohnende<br />

Aufgabe der <strong>Heimat</strong>forscher, dieser Frage näher nachzugehen. <br />

ringen habe die drei Veringer Hirschstangen im Wappen<br />

gehabt wie Württemberg, was sicher nicht stimmt. Er will<br />

sie auf die alten Eritgaugrafen zurückführen. Zum Unterschied<br />

habe man (wer ist dies?) für die Stadt Sigmaringen<br />

den Hirsch gewählt und für die Grafschaft als Helmzier zwei<br />

goldene Hirschstangen. Nach Schwarzmann soll diese letzteren<br />

Graf Karl von Zollern-Sigmaringen 1559 vom Kaiser<br />

Ferdinand wegen der Grafschaft Sigmaringen erhalten haben.<br />

Doch gehören diese zwei Stangen als Helmzier offenbar zum<br />

Sigmaringer Hirsch, wie ihn neben dem Zollerwappen z. B.<br />

Graf Karl II. führte. Graf Gottfried von Sigmaringen-Helfenstein<br />

hatte 1231 ein gespaltenes Siegel: Auf einer Hälfte<br />

einen halben Elefanten (Helfenstein) auf der andern eine<br />

aufrechte Hirschstange (wohl aus dem Wappen seiner Gattin<br />

Adelheid, einer geborenen von Wirtemberg-Grüningen. Diese<br />

selbst hatte noch 1289 und 1291 ein Siegel mit den drei wirtembergisch-veringischen<br />

Hirschstangen). Nach Hansmartin<br />

Maurer müßte Graf Gebhard als angeblicher Graf von Helfenstein<br />

einen Elefanten geführt haben. Aber warum nannte<br />

er sich dann 1241 und 1244, also nach dem Tod seines angeblichen<br />

Vaters noch von Pitengau? Die Helmzier der Grafen<br />

von Helfen stein war teils ein Elefant oder Elefantenrumpf,<br />

teils ein mit Pfauenspiegeln besteckter Fächer, manchmal<br />

mit einem Ball obenauf; die der Grafen v. Hirschberg<br />

dagegen ein weiß-schwarz gegittertes oder mit Blättern<br />

bestreutes Schirmbrett mit schwarzen Federn, die je<br />

eine weiße Perle tragen (Merz-Hegi). Die Unterschiede<br />

rühren meist von verschiedenen Linien der Familie her,<br />

weswegen die Helmzier kein dauerndes Unterscheidungszeichen<br />

sein kann, also auch nicht gegen unsern Gebhard<br />

von Peitinggau spricht. Die zwei goldenen Hirschstangen der<br />

Helmzier der Grafschaft Sigmaringen im großen fürstlich<br />

hohenzollerischen Wappen scheinen auf Konrad Grünenbergs<br />

Wappenbuch von 1483 zurückzugehen. J. A. Kraus


10 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten in der Mundart von Rangendingen<br />

Der Mensch hat im Laufe der Zeiten allen Dingen umund<br />

in sich ihren Namen gegeben. Als denkendes und fühlendes<br />

Wesen stößt er in seinem Leben, bei all seinem Tun<br />

und Lassen, aber auch immer wieder auf Erkenntnisse,<br />

die in seiner Lebenshaltung und Betrachtung oft in gleicher<br />

Weise wiederkehren und denen der Charakter der Allgemeingültigkeit<br />

zukommt. Der einfache bäuerliche Mensch hat<br />

diese dann nicht selten in ansprechende sprachliche Formen<br />

gefaßt, die den Mitmenschen gefielen, die sie gebrauchten<br />

und so immer mehr in Umlauf brachten. Als Sprichwörter<br />

und sprichwörtliche Redensarten beleben und bereichern sie<br />

unsere Sprache bis auf den heutigen Tag. —• Ihr Gewand ist<br />

oft hart und derb, denn ihre Schöpfer waren ja in der Hauptsache<br />

bäuerliche, erd- und naturverbundene, einfache Mensehen.<br />

Der Kampf ums Dasein, harte und beschwerliche<br />

Arbeit haben sie geformt, und dies alles hat sich auch in<br />

ihrer Sprache, ihrem Denken und Fühlen entsprechend niedergeschlagen.<br />

Die Sprichwörter sind gleichsam ein Spiegel,<br />

in dem man die Seele unserer Vorfahren und ihre besonderen<br />

kulturellen Verhältnisse wiedererkennen kann.<br />

Es ist verständlich, daß sich viele Sprichwörter mit der<br />

Lebensgrundlage, dem Besitz, dessen Erwerb, Erhaltung und<br />

Verlust beschäftigen. So hört man in der Mundart hierüber:<br />

„Wear nontz (nichts) verheirat und nontz erbt, dear bleibt<br />

arm, bis daß er stirbt! Erst kommt dann dr Erber, dr Erwerber,<br />

und no dr Verderber! A Kuah deckt d' Armuat zua! Wenns<br />

Sach am auwärtesta ist, no muaß mas (man es) am ärgsta<br />

heba! 'S bleibt koa Zeit, wia se ist! Man muaß nontz wegwerf<br />

a, nau (nur) numloana! A Weib ka em Sehu(r)z aus em<br />

Haus naustraga, was a Ma(nn) mit em Waga reiführt! Dr<br />

Sparer muaß en Nauser hau! (d. h. einen Nachkommen) der<br />

„das Sach" wieder vertut. „Dear kommt no om Sack und<br />

Bendel!"<br />

Wenn einer nichts mehr hat, dann meint das Sprichwort<br />

sehr drastisch: „Ama (einem) näckete Ma ka ma it en Sack<br />

nei länga!"<br />

Junge Leute, die bald auf Freiersfüßen gehen, mahnen die<br />

Eltern kurz und bündig: „Bettest guat, no leischt guat!<br />

D' Armuat ist a Haderkatz!" Und hat ein junger Mann die<br />

Aussicht auf eine gute Partie, dann heißt es: „Dear hot da<br />

Finger em reachta Loch!"<br />

Des ischt doch allerhand<br />

von Maria E. F1 a d<br />

D' Fränze, die alt Wäschere, schtoht scho seit em früeha<br />

Morga oma sechse an dr Gelta ens Doktors Wäschkuche. Sie<br />

wäscht ond schwätzt vür se na, wie wenn sie nemma ganz<br />

bacha wär. Des goht nemlich über ihren Horizont, daß so<br />

überschpannte, hautragne Leit da Mond einehma wendt:<br />

Wie wenn die net gnueg Platz auf dr Welt hette. Wenn do<br />

onser Herrgott net eingreift — no woiß i nemme, wa i saga<br />

soll. Bei dene Gedanka hot sie grad a hemmad vom Herr<br />

Doktor en dr Kur. Sie reibt so fescht an ehm rum, daß eas<br />

oim verbarma mecht: „Bis jetzt ischt dr Herr Doktor ällaweil<br />

no en vernenftiga Ma gsei. Aber jetzt haun i ghert, daß dear<br />

au dean Deiflswonsch hot, mit seine Freind en da Mond<br />

rauf z' segla. Wenn i dean jetzt triff, will i ehm scho saga,<br />

was i davo dank!" So werklet d' Fränze vür se na bis auf<br />

oimol Tür aufgoht ond dr Doktr sein Kopf rei schtreckt.<br />

D' Fränze schtellt se schnell en Positur, loßt ihra Schtuck,<br />

des sie grad en de Fenger hot, falla, ruckt ihra Schnitzkapp<br />

z'reacht ond sait grätich: „Gueta Morga!" Da Titel loßt sie<br />

heit weg.<br />

„Ja, Fränze, was ischt eich heit scho übers Leberle krocha?<br />

Sind ihr mit em lenka Fueß übers Bett na?"<br />

„O, Herr Doktr", seifzt d' Fränze: „Wenn ihr wüßte, was<br />

i über eich jetzt denka mueß!"<br />

„Ja, was denn, Fränze? Des wär doch s' erschtmol en dene<br />

zwanzig Johr, seit Ihr en meim Haus schaffet, daß i Eich<br />

gärgret hett!" vrwondret sich ihra Herr: „Schwätzet doch,<br />

was ischt los — was hau i Eich dau?"<br />

„Noehama Weile schtotteret d' Fränze daher: „Ischt....<br />

ischt des wohr, daß Ihr zu dene kheret, die da Mond einehma<br />

wendt? Hont ihr net gnueg Platz auf dera Welt? Müesset<br />

Ihr dene Lompa nochelaufa! Ond überhaupt ischt des dr<br />

Weag zom Hemmel! Merket ui des! Des ischt a Send, wenn<br />

ma mit so Böller gega da Mond schuißt. I mueß Ihne des<br />

saga. Des derf i doch?"<br />

„Hajo, derfet Ihr des!" sait dr Doktr ond lachet: „Do geits<br />

nonz z' lachet!" sait Fränze beleidigt: „Ihr Herra wendt scho<br />

seha, wie weit ihr kommet! S' kennt au amol vo oba böllere.<br />

No däte Ihr s' Kreiz eiziecha! Denn do dät onser Herrgott<br />

sei Reich verteidiga. Do mecht i nocha mit ui koi Hemmelfahrt<br />

macha!"<br />

Zahlreiche Sprichwörter belegen recht bildhaft und im übertragenen<br />

Sinn den Charakter des Menschen und seine Lebensführung<br />

auf den verschiedensten Gebieten. So hört man:<br />

.Pack schlägt sich, Pack vertrait sich! Wenn's dr Goaß z'wohl<br />

ist, no scherret se! De kleinea Grotta hend am meista Gift!.<br />

Ama (einem) bissiga Hund muaß ma zwoa Stücker Brot na<br />

werfa! Ma ka da Teufel it bei seinera Graußmuater verklaga!<br />

Wear hao (hoch) nuff steigt, fällt hao ra! Ma muaß it no<br />

(nach) älla Mucka Schlaga! Hitzeg ist it witzeg! Ma muaß<br />

Kirch im Dorf lau! Mit ama Tropfa Honig fängt ma mai<br />

(mehr) Fliaga als mit ama Faß voll Essig! A Rüahle goht<br />

über a Brüahle! Da eschta Schub (beim Essen) muß ma blosa,<br />

mit em zweita ka ma macha wa ma will! Dear ist SO' auwert,<br />

wia dr Gockel uf dr Miste! Schmiara ond salba hilft ällethalba,<br />

hilfts it bein Herra — no bein Karra! Dr Aepfel fällt<br />

it weit vom Stamm! Mos (wo es) Brauch ist, legt ma Kuah<br />

ens Bett, aber Brauch muaß sei! Voar jedem Haus leit a<br />

Stoa, ist er it grauß, no ist er kloa! Gutheit ist a Stückle<br />

vo dr Liadrigkeit!"<br />

Wenig schmeichelhaft sind folgende Sprichwörter:<br />

„Ma ka ama Mädle nontz en Schu(r)z neiwerfa, wenn sa<br />

it uffhebt! A alte Kuah schlecket au no ge(r)n Salz!"<br />

Einem unruhigen Geist, der bald da, bald dort sein Fortkommen<br />

sucht, rät man: „Veil Rutscha, geit blaida (dünne,<br />

fadenscheinige) Hosa! Liaber da Spatz e dr Hand, als Taub<br />

uff em Dach!"<br />

Einen alten kulturellen Hintergrund hat das Sprichwort:<br />

„'S Käme ka am Ofaloeh nontz voarwerfa!" Es erinnert an<br />

die Zeit, da man den Kachelofen in der Stube noch von der<br />

Küche aus heizte durch das Ofenloeh, über das anschließend<br />

der offene Kamin aufstieg. Bildhaft hat es den Sinn: Jeder<br />

Teil, ob hoch oder nieder, sieht in solch engem Beisammensein<br />

alles, was beim anderen vorgeht, drum muß bei Verstimmtheit<br />

oder gar bei Streitgefahr jeder am besten „sei<br />

Maul halta!"<br />

Sprichwörter sind das kernige Brot unserer Mundart und<br />

Umgangssprache. Wer „Gelenk im Hirn" hat und sie bei<br />

gegebener Situation treffend anzubringen weiß, sagt oft mit<br />

wenigen Worten mehr als mit langen Darlegungen, schafft<br />

sprachlichen Genuß, schlagartige Erkenntnis und Belehrung<br />

zugleich. J. Wannenmacher<br />

Dr Herr Doktr schtoht schtomm do ond loßt sei Wäschere<br />

ausschwätza. Nocha seit ear: „Laß guet sei, Fränze! I bleib<br />

auf deara Welt, bis mi dr Herrgott arieft!"<br />

„Des loßt se höra! Älla Reschpekt voar ui! Jetzt ben i<br />

zfrieda! Jetzt kan i jo weiter wäscha!"<br />

Hohenzoilerisclte Studenten an der Uni'<br />

versität Freibnrer 1460—1806 — (Nachtrag)<br />

Auf den Hinweis von H. Pfr. Kraus in Freiburg i. Br., daß<br />

in den gedruckten Matrikeln eine Reihe von Studierenden<br />

aus Veringenstadt irrtümlich unter Vöhringen, Krs. Horb<br />

a. N. — ein weiteres Vöhringen liegt im Krs. Illertissen —<br />

aufgeführt seien, werden nachstehende Ergänzungen gebracht.<br />

Außerdem wird noch vermerkt, daß die unter Ringingen<br />

genannten: Johannes Schwartz und Xaverius Strehle<br />

nach Ringingen ü. Ehingen gehören.<br />

Veringendorf - und Stadt: 1548 Joachimus Maurer<br />

de Feringen, lai. dio. Const. - 1561 Helias Murrer<br />

Veringen. an der Locher (Lauchert) laic. Const. - 1540 Eustachius<br />

Camerer ex Veringen laicus dioc. - 1607 Joonnes<br />

F a u 11 e r Veringanus Constantien. — 1613 Joannes<br />

G a e r i n g Veringanus. - 1503 Caspar Günthart de Feringen<br />

eod. dioc. - 1503 Johannes Sop (Soep) de Feringen.<br />

Constant. dioc. - 1608 Joannes Heittfelder Veringensis.<br />

- 1581 Jacobus P r i m e u s Veringensis laicus dio. Constantiens.<br />

— 1581 Valentinus K n a u ß laicus Feringensis<br />

eiusdem diocesis. - 1569 Jacobus K n o u s Feringensis clericus<br />

dioeces. Const. - 1468 Johannes Luz de Feringen Constanc.<br />

dioc. penultima April. - 1513 Johannes M o 1 i t o r i s<br />

de Veringen 2. Mai. - 1499 Balthasar Piscatoris de Feringen<br />

clericus dioc. Constans. 10. mensis Augusti. - 1500<br />

Jacobus P i s t o r i s de Feringen die 18. Julii dioces. Const. -<br />

1512 Dns Georgius R a i s c h r de Feringen 27. Julii. - 1490<br />

Johannes R i c h 1 i n ex Feringen 12. die Februarii. - 1460<br />

Johannes Teschelman de Veringen XXV. die Octobr. -<br />

1607 Marcus Weiler Veringensis d. Constantiensis. - 1752<br />

D. Fidelis H u e b e r Veringanus Suevus iur. utr. - 1741<br />

Joann Michael L e n d 1 e Veringanus Suevus iur utr. - 1759/60<br />

Valentius Hochspach, Veringensis Suevus log. - 1781/82<br />

Joan. Bapt. G o e g g e 1 Voehringanus Suevus. - 1781/82<br />

Paulus Tscheppe Theoph. Voehringanus Suevus. - 1798<br />

Sebast. Le n d 1 e Voehringanus Suev. M. Sch.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 11<br />

In der Not des Krieges 1914—18 wurden in Ringingen wie<br />

auch anderwärts den Bauern für ihre schwere Arbeit gefangene<br />

Russen zugeteilt. Sie waren in Jergamichels Haus<br />

(Kreben Nr. 35) untergebracht. Das Heimweh plagte sie jedoch<br />

ebenso, wie unsere Soldaten in fremden Ländern. Eines<br />

Nachts sind sie entflohen. Das gab am Morgen ein großes<br />

Geschrei: ,,D' Rueßa sind ausbrocha!" (Man sprach ihren<br />

Namen in Angleichung an den Ringinger Familiennamen<br />

„Rueß"!) Eine Suchaktion wurde eingeleitet und die Ausreißer<br />

tatsächlich in einigen Tagen bis auf einen, der fließend<br />

deutsch sprach, in der Mössinger Gegend wieder eingefangen.<br />

Sie hatten sich ja immer in der Nähe herumgetrieben und<br />

sagten auf Befragen, wo sie denn hin seien, sie wären „dr<br />

hinder dr hinder" gelaufen. Die Griffe eines auf dem Felde<br />

stehenden Pfluges hatten sie mit Kot beschmiert. Meines<br />

Dettes „Feodor", auch einer der Ausreißer, wurde zurückgebracht<br />

und dem bisherigen Herrn wieder zugestellt. Da<br />

jedoch niemand zu Hause war, setzte sich der hungriege<br />

Russe auf den „Haustrappen" und weinte wie ein Kind. Es<br />

war ein Bild des Erbarmens! An sich war er nämlich ein<br />

gutmütiger Bursche und hatte sich nur aus Heimweh den<br />

Abenteurern angeschlossen, war dann aber froh, daß der<br />

Dette ihn wieder aufnahm. Er hat fleißig gearbeitet und sich<br />

unter anderem an Samstagen, wenn die Haushaltungen nach<br />

alter Sitte die Hofräume und Gassen zu „fürben" pflegen,<br />

kräftig zugepackt und mit mir um die Wette, freilich auf der<br />

anderen Straßenseite mit Besen und Schaufel hantiert, bevor<br />

das „Beattläuten" uns Ruhe gebot und wir innehaltend<br />

unsere Kappen zogen. Damals hat man noch allgemein beim<br />

Avcläuiten und besonders am Donnerstagabend bei der „Todesangst<br />

Christi" mit der Arbeit eingehalten, weil man<br />

wußte, daß Schaffen allein ohne Segen von oben nichts<br />

nützen kann. Uebrigens nicht nur im Hof, sondern auch<br />

in der Stube wurden wir angehalten, der Mutter mit „Kairwisch"<br />

und Besen zu helfen und nach dem Spielen auch<br />

unsere Sachen wieder selber pünktlich aufzuräumen. Abends<br />

waren wir rechtschaffen müde, wenn wir um 9 Uhr das<br />

Weihwasser nehmend den Angehörigen Gute Nacht wünschten<br />

mit dem Anfügen „Schlofet gsund" und die Antwort<br />

erfolgte: „Wens Gotts Will ist, ihr au!" Da war man am<br />

andern Morgen frisch, um auch werktags die Messe zu besuchen.<br />

Faule Ausreden, die heute bei jung und alt üblich<br />

sind, gab es nicht.<br />

Am Sonntag, wo die Russen auch am katholischen Gottesdienst<br />

teilnahmen und durch ihr großes andächtiges Kreuzzeichen<br />

hier und beim Tischgebet auffielen, pflegten sie bei<br />

ihrer Unterkunft schwermütige Volksweisen in uns unverständlicher<br />

Sprache in mächtigen Akkorden zu singen. Es<br />

klang wie: „Ucher kupez unda lai malitjez, raia raiara, ucher<br />

kupez unda lai malijez." Unser Prokopee Malzef, den wir<br />

zu anderer Zeit zugeteilt erhielten, war ein Hüne von Gestalt<br />

und grobschlächtig. Trat gerade jemand in die Stube,<br />

wenn wir beim Essen waren und mit dem alten Wunsche<br />

„Gseang Gott" (Segne es Gott!) und wir antworteten „Gott<br />

Dank", dann wunderten sich jedesmal die Besucher über den<br />

Schilpen Brot, der so groß war wie ein „Roßzaih" (Roßhuf),<br />

den der Prokopee zu Knöpfle, Kraut und Fleisch noch zusätzlich<br />

„ums Numgucka" verdrückte. Ihm brauchte man<br />

wahrhaftig keinen gesegneten Appetit wünschen! Ob er<br />

wirklich bei der Arbeit so unbeholfen war oder sich nur so<br />

stellte, als verstehe er nichts, „Nix bonimai" hieß es gleich.<br />

Einmal fuhr er mit dem Ochsengespann zum Pflügen auf<br />

den Acker, den ich ihm zeigen sollte, ließ aber den Pflug<br />

daheim neben dem Beerengärtle stehen. Als Gymnasiast in<br />

den Ferien hatte ich den Fehler auch nicht bemerkt, meinte<br />

vielmehr, der Pflug stehe noch im Feld. (Unser Religionslehrer<br />

pflegte in solchen Fällen immer zu sagen: „Der Meiner<br />

ist ein Esel!") Es gab ein Donnerwetter über unsere „Dummheit".<br />

Nach dessen Abzug konnten wir immerhin einen<br />

Nachbarpflug benutzen.<br />

Ganz das Gegenteil zu unserem Prokopee wurde der uns<br />

später zugeteilte Franzose Ferdinand Philippon aus Tours,<br />

der Stadt des heiligen Martin, unseres Kirchenpatrons. Wir<br />

nannten ihn nur „Ferdi". Er war von mittlerer Größe mit<br />

schwarzem Haar und kleinem Schnurrbärtchen und zu allen<br />

Arbeiten willig und sehr geschickt. Angeblich von Beruf<br />

Weißputzer oder so etwas ähnliches — wir brachten es nie<br />

sicher heraus — brauchte er nur eine „G r a s s e a g e s" oder<br />

ein Habergeschirr zur Hand zu nehmen und schon<br />

konnte er damit mähen. Ebenso lernte er spielend das Dreschen<br />

mit dem Pflegel. Aus geschlitzten Haselstecken fertigte<br />

er überaus praktische und wohlgeformte Körbchen. In Haus<br />

und Stall und Acker wie auch in Scheuer und auf der Wiese<br />

war man mit ihm bestens versorgt, sobald man ihm eine<br />

Prokopee und Ferdinand<br />

Arbeit nur gezeigt hatte: Er konnte einfach alles!<br />

Neue Hauen- oder Rechenstiele bildeten für ihn kein Problem,<br />

ebenso wenig das Nachschlagen des Schafpferches zur<br />

Ackerdüngung. Wenn man bedenkt, wie damals fast alle<br />

Männer und Ledigen, wie auch mein eigener Bruder — der<br />

Vater war schon 10 Jahre tot — fern der <strong>Heimat</strong> im Krieg<br />

weilen mußten, begreift man die Nützlichkeit unseres Ferdi.<br />

Selbstverständlich rechneten wir ihn zur Familie, nicht wie<br />

es die Nazi im Hitlerkrieg mit den gefangenen Polen und<br />

Ukrainern machten, die zwar schaffen durften, aber nicht<br />

mit am Tisch essen! Ueberhaupt ging es schon damals nicht<br />

in mein Bubenhirn, warum man eigentlich mit andern Völkern<br />

Krieg führe. Wir kannten keinen Haß oder auch nur<br />

Abneigung gegen die Russen oder Franzosen. Wozu also die<br />

Menschen aus der <strong>Heimat</strong> wegholen und gegenseitig einander<br />

zu zerfleischen? Wer hatte denn Nutzen davon? Das gewöhnliche<br />

Volk am allerwenigsten, das man wie Schlachtvieh in<br />

den Kampf trieb. Und wenn man das unglückliche Kriegsende<br />

bedenkt oder den wenige Jahrzehnte später mutwillig<br />

vom Zaun gebrochenen Hitlerkrieg, eine Ausgeburt des Größenwahnsinns!<br />

Was hatten die Völker davon, außer einem<br />

Meer von Tränen und Blut?!<br />

Als Ferdi zu uns kam, lernte ich gerade am Gymnasium<br />

die ersten französischen Brocken und suchte sie in den Ferien<br />

anzuwenden. Das begeisterte auch meine Schwester Lisbeth<br />

und unsem Vetter Isidor diese Sprache zu lernen. Ein Buch<br />

hatte ich schnell besorgt, aber mit der Lernzeit und der<br />

Ausdauer haperte es. Der Ferdi konnte zudem in kurzer Zeit<br />

soviel deutsche Ausdrücke des täglichen Lebens, daß es überflüssig<br />

schien, französisch zu lernen. Das erste Wort lernte<br />

Ferdi bei der Stallarbeit. Als die Mutter die Kühe molk und<br />

diese immer mit dem Schwanz die Fliegen abwehrend ihr<br />

ins Gesicht wedelten, konnte sie im Unmut schimpfen: „Du<br />

Lumpatier, hairscht jetz amol auf!" Das hat der Franzos<br />

gleich aufgeschnappt und bald bei jeder Gelegenheit vom<br />

Lumpatier geredet. Einmal titulierte er sogar ohne böse<br />

Absicht meine Schwester. Es bedurfte einiger Mühe ihm klarzumachen,<br />

daß dies ein Schimpfwort und nicht für Menschen<br />

bestimmt sei. In helles Entzücken versetzte mich Dreizehnjährigen,<br />

als Ferdi mir aus „Kistabrittle" ein kleines Haus<br />

mit Windmühle bastelte, an der ein primitives Holzmännle<br />

unentwegt Holz sägte. „Unentwegt" ist freilich zuviel gesagt,<br />

denn der kleine Mann sägte nur, wenn „der Luft" ging, und<br />

dann mußte man auch das Häusle auf der Stange nach dem<br />

Wind stellen. Ich wurde um des Männleins willen viel beneidet,<br />

später, als Ferdi schon nicht mehr bei uns war, wollte<br />

ich „Dummine" einmal etwas ganz gescheites tun und<br />

schmierte die Welle der Windmühle zu besserem Lauf mit<br />

Karrensalbe. Der Erfolg war jedoch völlig negativ: Das Holz<br />

schwoll auf und die Welle drehte sich überhaupt nicht mehr.<br />

Es kostete ziemlich Mühe, den angerichteten Schaden wieder<br />

zu beheben. Ferdi muß daheim sehr vermöglich gewesen sein.<br />

Er bekam nämlich in Abständen immer wieder regelmäßig<br />

je einen großen Sack, gut 1 Meter hoch, voll von steinharten<br />

Bisquits in Mutschelgröße, nur nicht so hoch, die man mit<br />

dem Beil oder Hammer zerschlagen mußte. Jedoch in Kaffee<br />

oder Milch aufgeweicht ergaben sie ein herrliches Weißbrot.<br />

Wir alle durften daran unseren Teil haben und von den<br />

Ferien konnte ich sogar noch ein Paket voll mit nach Sigmaringen<br />

nehmen. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf<br />

uns dann die Versetzung Ferdis an die Murgtalsperre, wo er<br />

als Spezialist gebraucht würde. Da hieß es Abschied nehmen;<br />

es war nichts zu machen. Statt des Franzosen erhielten wir<br />

wieder einen Russen, dessen Name mir entfallen ist. Er arbeitete<br />

leidlich gut, wurde aber bald gegenüber meiner<br />

Schwester frech und widerspenstig, sodaß ich einmal beim<br />

Abladen im Barn mit meiner Gabel mich bereit machen<br />

mußte, meiner bedrängten Schwester Lisbeth zu Hilfe zu<br />

kommen. Glücklicherweise kam dann die Mutter dazu.<br />

Etwa ein halbes Jahr nach Ferdis Versetzung, als ich schon<br />

wieder am Gymnasium weilte, gab es einen Auflauf im Ort.<br />

Der Hund des Hannes im Neuen Weg schlug im Heufelderweg<br />

an einem Haberfeld wütend an. Der Hannes ging dem<br />

Grunde nach und fand den Ferdi, der sich dort nach seiner<br />

Flucht aus' Murgtal versteckt hielt. Der Hundebesitzer wollte<br />

nun auch wie die Männer im Feld zum Endsieg beitragen<br />

und alarmierte als guter „Patriot" den Landjäger in Burladingen,<br />

der den Franzosen gefangen nahm und in den Ortsarrest<br />

im Rathaus steckte. Ferdi hatte sich, als er die Grenze<br />

nach seinem <strong>Heimat</strong>land nicht überschreiten konnte, bei uns<br />

im Land herumgetrieben. Als dann vor ihm die Zollerburg<br />

auftauchte, wußte er, da muß Ringingen irgendwo auf der<br />

Höhe liegen. Denn von hier aus sieht man den Bergkegel ja<br />

deutlich im Westen aufragen. Nun dachte er, da könne er


12 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

sich bei seiner ehemaligen „Patronin", meiner Mutter, neu<br />

verproviantieren. Er machte allerdings den Fehler, statt sich<br />

an den Waldrändern gegen das Dorf hin zu bewegen, über<br />

die weite baumlose Fläche des Heufelds geradewegs auf das<br />

Ziel loszusteuern und sich im Haberfeld vor den Leuten<br />

versteckt zu halten. Dies wurde sein Verhängnis. Der Entdecker<br />

erntete für seine „Heldentat" nun nicht viel Lob, denn<br />

die Dorfbewohner mochten den Gefangenen recht wohl<br />

leiden. Vetter Isidor und andere steckten dem Armen denn<br />

auch reichlich Lebensmittel zum Arrestfenster hinein. Nach<br />

kurzer Zeit wurde er abtransportiert und seitdem nicht mehr<br />

gesehen.<br />

Als ich im Hitlerkrieg mit meiner Sanitätseinheit in<br />

Guingamp in der Bretagne lag, hatte ich mehrfach Gelegenheit<br />

mit der als sehr religiös gerühmten Bevölkerung des<br />

Landes in Berührung zu kommen und sie schätzen zu lernen.<br />

Freilich machte ich auch kein Hehl aus der Abneigung gegen<br />

die Nazi. Beim Klerus sowohl, bei dem ich täglich Messe<br />

lesen konnte, wie auch bei den Leuten im Städtchen und<br />

der Umgegend, wohin ich öfter allein spazierte, habe ich nur<br />

beste Erfahrungen gemacht, was für mich wieder ein Beweis<br />

war für die Unsinnigkeit von Völkerhändeln und Kriegen.<br />

Aus dem Leben der Fürstäbtissin M^ria Franziska von Buchau, Herrin von Straßberg<br />

Die reichsritterliche Herrschaft Straßberg mit Kaiseringen<br />

und Frohnstetten gehörte bis zur Säkularisation im Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts zum adeligen Damenstift Buchau am<br />

Federsee. Die Aebtissin dieses Stiftes hatte schon im Mittelalter<br />

die reichsfürstliche Würde. (1347 wird sie vom Kaiser<br />

„unsere liebe Fürstin" genannt.) Sie führte vor ihrem Familiennamen<br />

den Titel: „Erbfrau der Herrschaft Straßberg".<br />

Manche dieser Aebtissinnen haben in kriegerischen Zeiten<br />

und in den Jahren des Aufbaues nach den Kriegen Großes<br />

geleistet. Man denke an die Fürstin Katharina, geb. Gräfin<br />

von Spaur und Valor, die 1650 auf Schloß Straßberg starb.<br />

Als die Witwe des Georg Dietrich von Westerstetten, Barbara<br />

geb. von Stauffenberg, für ihre Familie das Lehen in<br />

Straßberg in Anspruch nahm, erschien die mutige Frau in<br />

der Herrschaft, ließ sich den Huldigungseid leisten und rettete<br />

durch diese mutige Tat die Rechte des Stiftes. Einem<br />

Gelübde von ihr verdankte die Schloßkirche ihr Entstehen.<br />

(Heute Ruine.) Unter ihrer Herrschaft sah Straßberg mitten<br />

im 30jährigen Krieg die Hochzeit der Nichte dieser Fürstin,<br />

Maria Isabellas von Spaur mit dem berühmten Reitergeneral<br />

Jan von Werth. (Siehe Hohenz. Kalender 1928 Seite 54.) Die<br />

Grafen von Fürstenberg und von Zollern waren Trauzeugen<br />

(21. Oktober 1637). Raub, Brand und Pest hatten in jenen<br />

Kriegs jähren so im Stift Buchau aufgeräumt, daß nach dem<br />

Tod dieser Fürstin nur noch eine Stiftsdame und ein Geistlicher<br />

vorhanden waren und man zur Neuwahl eine eigene<br />

Kommission von benachbarten Geistlichen ernennen mußte.<br />

Heute ist das Andenken an die einstigen Beherrscherinnen<br />

in Straßberg nahezu erloschen, obwohl sie gern im Sommer<br />

auf der schöngelegenen Burg und später im „neuen Schloß",<br />

dem heutigen Amtshaus, sich aufhielten. Immerhin erinnern<br />

an die alte Zeit noch einige Wappen: am Eingang in den<br />

Bauhof und an der Zunftlade das Wappen der Fürstäbtissin<br />

Maria Theresia von Montfort (1693—1742) und am Portal<br />

des Amtshauses das der Fürstäbtissin Maria Carolina von<br />

Königsegg-Rotenfels (1742—1774).<br />

Die in obiger Ueberschrift genannte Fürstin Maria Franziska<br />

regierte nur von 1692—1693. Sie war eine geborene<br />

Gräfin zu Zeil-Waldburg. Ueber ihr Leben gibt eine gedruckte<br />

Leichenrede einige interessante Angaben. Die Rede,<br />

die am 30. Tag nach dem Tod, anscheinend bei Enthüllung<br />

des Grabmals der Fürstin gehalten wurde, ist für die Pfarrei<br />

Straßberg auch deshalb bemerkenswert, weil der Redner Johann<br />

Heinrich Biermann, Ss. Th. Lic. und Kanonikus des<br />

Stifts Buchau später Pfarrer in Straßberg wurde und dort<br />

begraben ist (1716—1731). Das Titelblatt der Rede: Eclipsis<br />

solis Truchsaessiani, das ist Truchsässischer Sonnen Finsternuß<br />

oder: Schuldigste Leich- Lob- und Ehren-Red von dem<br />

... Christlichen Wandel und . . . seeligen Abieiben ... der<br />

Hochwürdigst. . . Reichsfürstin und Frawen .. deren Kayserl.<br />

Frey-weltlichen Stifter Buchaw und Essen Respective Fürstin,<br />

Äbtissin und Pröbstin Erbfrawen der Herrschaft Straßberg<br />

... 1693 den 15 December ... Typris Marchtaliensibus.<br />

Die „von Wort zu Wort" in der Stiftskirche Buchau vorgetragene<br />

Rede umfaßt 48 Druckseiten in Quart. Das Thema:<br />

Isaias 13, 10: Die Sonn ist verfinstert bey ihrem Aufgang. —<br />

(Man liebte in damaliger Zeit die Vergleiche von Sonnenauf-<br />

und Untergang.)<br />

Schon in ihrer Jugend kam die Grafentochter von Zeil an<br />

das adelige Frauenstift Essen, wo sie die „Oberdeutsche"<br />

genannt wurde. Die andern Stiftsdamen waren in Norddeutschland<br />

beheimatet. Immerhin hatte sie eine Tante im<br />

gleichen Stift. Bald wurde sie Präsidentin im Gräflichen<br />

Kapitel des Stiftes.<br />

Der Prediger rühmt die Frömmigkeit der Verstorbenen.<br />

„Laßt uns nur ein wenig näher hinzutreten<br />

und in Obacht nehmen, wie tief in dem Gemüt Ihrer Hochfürstlichen<br />

Gnaden die Frucht der Göttlichen Majestät eingepflanzt?<br />

Mit welcher Ergebenheit ihres Herzens und untertäniger<br />

Neigung ihrer Seele die gottesfürchtige Fürstin<br />

sich für eine Dienerin ihres Erschaffers erkannt? Wie sie<br />

sich gut in acht nahm, daß, wo sie so große Gelegenheit<br />

und Macht hatte, viel zu tun, sie gleichwohl nichts täte, was<br />

dem Göttlichen Willen mißfiele? Wie sie, wo jedermann ihr<br />

gehorchte, sich selbst in den Gehorsam des großen Gottes<br />

stellte .... Könnte ich hier zeigen und zur Prob auflegen die<br />

vielen von ihrer Hand geschriebenen kräftigen Schutzgebete<br />

und Betrachtungen; die vom täglichen Gebrauch ganz verblätterten<br />

und abgenutzten Bücher, Betschnur oder Rosenkranz;<br />

könnte ich die fürstlichen und gräflichen Zeugen vorbringen,<br />

denen die Fürstin gemäß ihrer bekannten Offenheit,<br />

vertraulich (doch ohne einige eitle Ehrsucht) kecklich<br />

sagen und beteuern konnte, daß in 43 Jahren von der<br />

Zeit an nämlich, da sie das große Brevier und die kleinen<br />

Tagzeiten der Unbefleckten Empfängnis gelernt zu beten, sie<br />

nie dieselben unterlassen habe.<br />

Bei Maria Franziska ist wahr, was sonst von dem unüberwindlichen<br />

Weltenmonarchen Carl V. hinterlassen ist: er<br />

habe öfter mit Gott als mit Menschen gesprochen. Ihre tägliche<br />

Gewohnheit war, bei dem kanonischen Offizium von<br />

Anfang bis zum Ende zu verharren. Ihre Freude war, täglich<br />

zwei, drei, vier und noch mehr Aemtern und Messen<br />

beizuwohnen. Ihre Lust und Begierde schien zu sein, die<br />

Predigten und das Wort Gottes anzuhören. Darum fuhr<br />

sie auch bei ihrer jährlichen Anwesenheit zu Köln am Rhein<br />

... alle Sonn- und Feiertage nicht allein frühmorgens in die<br />

hohe Domkirche, sondern auch den Tag durch bisweilen in<br />

die sechste und siebente Kirche. Wer aus Gott ist, der hört<br />

gerne Gottes Wort. Joan. 8, 47 (S. 13/15).<br />

Nun lege einer auf die Waage das in so vieler Jahren<br />

Zeit von J. fürstl. Gnaden bei der Dekane! sowohl als bei<br />

der Probsteilichen Verwaltung in immer notwendigen Geschäften,<br />

vielfältigen Reisen, bei mühsamer Regierung beständig<br />

verrichtetes Gebet, der alle Sonn- und Feiertage<br />

auch noch in letzter tätlicher Krankheit fortgesetzte Empfang<br />

des hochheiligen Sakramentes des Altars, die morgendliche<br />

tägliche Betrachtung, die schönen geistlichen Diskurse<br />

und Schutzgebete, das in allen Geschäften durch heldenmütige<br />

Uebung schier stündlich erhebte Herz und Gemüt zu<br />

Gott: lege dies, sage ich auf die Waage deiner Gedanken<br />

und sieh, ob ich nicht im Namen der toten Fürstin sagen<br />

könne mit dem Propheten David: Ich sah immer vor mir den<br />

Herrn (Ps. 15, 8)."<br />

Aus dieser Liebe zu Gctt entsprang, so fährt Canonicus<br />

Biermann weiter aus, eine große Liebe zu den Mitmenschen.<br />

Maria Franziska wollte alle zur Bekenntnis Gottes,<br />

zum alleinseligmachenden Glauben und zu christlichem Wandel<br />

führen. Bevor sie Dekanin im Kloster Essen wurde, sei<br />

in der Stadt eine furchtbare Gleichgültigkeit in religiösen<br />

Dingen gewesen. (Anm.: Essen a. d. Ruhr unterstand<br />

— vergl. Buchau — dem freiweltlichen Kaiserlichen Stift.<br />

Noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Essen aber nur<br />

3 000 Einwohner. Während der Reformation gab es im Fürstentum<br />

einige hundert Wiedertäufer, nach dem 30jährigen<br />

Krieg war der Wohlstand vernichtet. ... „Aber sobald die<br />

ober-teutsche Dechantin ankommen,... da seyend auß underschiedlichen<br />

Dorfschaften die irrende Lehrer, auß den<br />

Händen der Unterthanen die verführende Bücher, auß denen<br />

übelberichteten Gemüthern die Fehler und Irrthumb, auß<br />

den Kalt-Catholischen Hertzen die Faul- und Trägheit verschwunden."<br />

(S. 18.) Die Dechantin habe da mit ihrem Vermögensanteil<br />

„auß Schwabenland" so wenig gespart, wie mit<br />

der ansehnlichen Erbschaft einer Tante, die auch Stiftsfräulein<br />

war, oder mit dem Einkommen der Dechantei; all<br />

das sei ihr nichts gewesen gegen die Vermehrung der Ehre<br />

Gottes. Sie habe die Väter des Seraphischen Ordens<br />

unterstützt, besonders aber die Jesuiten, die nach dreimaliger<br />

Vertreibung zurückgerufen wurden. Maria Franziska<br />

habe zwei Jesuiten fünf Jahre hindurch Wohnung und Nahrung<br />

gestellt. Außerdem versah die Dekanin drei Priester<br />

schon vor 20 und mehr Jahren mit beständigem Einkommen,<br />

dotierte 2 Kaplaneien, war eine Beschützerin derer,<br />

die wegen ihres Glaubens zu leiden hatten. Die Bruderschaften<br />

des Hl. Rosenkranzes und des Scapu-


Jahrgang 1967 13<br />

1 i e r s richtete sie im Münster zu Essen auf ihre Kosten<br />

„mit annoch continuirendem Flor und Eyffer" auf,<br />

stiftete dort und in St. Ursula zu Köln Jahrtäge, 4 musikalische<br />

Aemter zur Himmelskönigin, zwei Christenlehrkurse,<br />

eine Predigt auf alle Sonntage des ganzen Jahres; endlich<br />

sorgte sie für die nötigen Professoren „zur Erlernung der<br />

freyen Künste". (Seit 1546 war die Stiftsschule ein sechsklassiges<br />

Gymnasium.)<br />

Als besondere Tugend rühmt man der Verstorbenen ihre<br />

Demut und Bescheidenheit nach. Jeder Untertan<br />

hatte das Recht zu ihr zu gehen und die Anliegen vorzubringen.<br />

Weltliche Ehren lehnte sie ab. 1680 trug die Erzherzogin<br />

Maria Anna in Düsseldorf, Herzogin der Pfalz und<br />

Neuburg ihr wiederholt die Charge einer obersten Hofmeisterin<br />

an. (In dem freiweltlichen Stift hatte nur die Aebtissin<br />

die ewigen Gelübte abzulegen. Ein kirchliches Hindernis<br />

bestand also nicht.) Maria Franziska blieb ihrem Stande<br />

treu. Da aber die Erzherzogin den Umgang der frommen<br />

Chorfrau suchte, wurde Maria Franziska jährlich auf etliche<br />

Wochen in die Residenz nach Düsseldorf „mit Chur-Pfälzischen<br />

Gutschen abgeholt."<br />

1682 wünschten der Kurfürst Maximilian Heinrich von<br />

Köln und Cardinal von Fürstenberg die Wahl der damaligen<br />

Kapitularin zur Aebtissin der gräflichen Abtei St.<br />

Ursula in Köln. Maria Franziska vereitelte durch fluchtartige<br />

Abreise ihre Wahl. 1688 und 1691 schlug sie ebenfalls<br />

die Candidatur zur Fürstäbtissin zu Essen aus.<br />

Dagegen nahm sie, 62 Jahre alt, „auf einhellige Wahl der<br />

gesamten Capitularen die mühwaltige Regierung des Stiftes<br />

Buchau an. Nur ein Jahr sollte diese dauern. Aber<br />

in diesem Jahr habe sie außerordentlich viel geleistet. Vier<br />

teure Prozesse wurden zum Nutzen des Stiftes, von denen<br />

einer über 100 Jahre gedauert und 40 000 Gulden gekostet<br />

hatte, eine Schuld von etlichen tausend Gulden, die im<br />

Anfang des Jahrhunderts auf die Herrschaft Straßberg<br />

gemacht wurde, konnte gelöscht werden, versetzte Lehengüter<br />

wurden ausgelöst, neue Güter gekauft, unterschiedliche<br />

Differenzen mit Nachbarstaaten wurden aufgehoben.<br />

Besonders aber eines muß noch erwähnt werden. „Ihr, dieses<br />

Stifts liebe Untertanen, ihr, der Herrschaft Straßberg Untergebenen<br />

wißt es. Ach, wie manchmal hat es euern teuren<br />

Schweiß und Blut gekostet, bei diesen höchst bedrängten<br />

Kriegszeiten... bei den kostbaren Sommer- und schädlichen<br />

Winterpflanzungen. Es war viele Jahre inständig von vielen<br />

in der Reichsmatrikel zu hoch angeschlagenen Ständen um<br />

Verminderung angehalten worden, von Seiten Buchaus schon<br />

immerfort die Unmöglichkeit des unbilligen schweren Kontingents<br />

gefordert worden. Aber es half nichts. Endlich bei<br />

glücklicher Regierung Maria Franziskas, durch Nachdruck<br />

Ihr. Hochgräfl. Exzellenz, Herrn Sebastian Wunibald, Grafen<br />

zu Zeil-Wurzach, Vizepräsident und Kaiserl. Gesandter auf<br />

dem löblichen schwäbischen Kreis zu Ulm, hast du bedrängtes<br />

Stift vor allen anderen auch vielfach anhaltenden Ständen<br />

erhalten die sogenannten Moderation, da schier 2 /s<br />

deines Ordinarii Contingents auf alle verfallende Kriegsund<br />

Friedensforderungen nachgesehen wurden." (Mit Kontingent<br />

ist der Beitrag zum Unterhalt des Heeres gemeint,<br />

der durch die Reichsmatrikel auf die einzelnen Staaten umgelegt<br />

wurde. Seit dem 30jährigen Krieg wurden die geistlichen<br />

Fürstentümer besonders schwer zu diesen Lasten<br />

herangezogen. Auch nach obiger Moderation, d. i. Ermäßigung,<br />

waren diese Lasten so groß, daß das Stift fast beständig<br />

in Geldnöten war.)<br />

Eine schwere, neunwöchige Krankheit riß die Fürstin aus<br />

ihrer Arbeit. Weder die Gebete der Stiftsdamen, noch die<br />

Kunst der Aerzte konnte die Gesundheit wiederbringen.<br />

In der rechten Hand das Kruzifix, in der linken das zu<br />

Maria-Einsiedeln geweihte Wachslicht (Sterbekerze) sprach<br />

sie kurz vor dem Tod noch die Worte: „Jesus, Maria. O<br />

Jesu! Dir leb ich. O Jesu! Dir sterb ich. Jesu! Durch Dein<br />

bitteres Leyden und Sterben, laß meine arme Seele nit verderben.<br />

Jesu, in Deine Hände befihle ich meinen Geist!"<br />

Ein von ihr „geistreich concipiertes und in täglicher Uebung<br />

practiciertes Betrachtungsbüchlein, „Geistliches Senfkörnlein"<br />

genannt, kam einst einem Prinzen zu Gesicht, der<br />

das Büchlein im Jahre 1688 drucken ließ zu Köln bei Sebastian<br />

Ketterer, Buchhändler vor St. Paul im Rosenkranz.<br />

Soweit die Leichenrede.<br />

Die Vaganten-Familien von Benzingen<br />

Soziales Elend auf der Alb vor 125 Jahren bei denen, die<br />

weder Bauern noch Handwerker, sondern Tagelöhner waren;<br />

Arbeitslosigkeit besonders bei der ledigen weiblichen Bevölkrung;<br />

Machtlosigkeit der Behörden, hier tatkräftig zu<br />

helfen; patriarchalische Bevormundung der Untertanen und<br />

der Gemeinden durch den Staat; schließlich ein lebendiges<br />

briefliches Bild vom Leben und Vorwärtskommen vieler<br />

Schwaben in Ober-Ungarn: Das sind die Einblicke, die uns<br />

ein Aktenstück des ehemaligen Oberamts Gammertingen<br />

betreffend „die Auswanderung der Vaganten zu Benzingen",<br />

1837/1841, vermittelt 1 ).<br />

In Benzingen lebten auf engstem Raum zusammen vier<br />

Familien ohne Besitz und ohne Mittel, die der Gemeinde<br />

zugewiesen waren, weil sie dort <strong>Heimat</strong>recht hatten. Es<br />

waren dies:<br />

I. Familie des t Long in Koch von Benzingen und<br />

der f Ursula Eisenhut von Bischofszell/Schweiz, bestehend<br />

aus den verwaisten unverheirateten Kindern: 1) Marianne<br />

(* 26. 10. 1809 Otterswang) mit 2 unehelichen Kindern a) Willibald<br />

(* 22. 6. 35 Osrtrach) und b) Annemarie (* 29. 6. 38 Benzingen),<br />

2) Engelberta (* 7. 11. 1812 Frohnstetten) mit ihrem<br />

unehelichen Roman Friedrich (* 27. 2. 35 Benzingen), 3) Joseph<br />

(25. 5. 15 Wuppenau/Schweiz), 4) Monica (29. 4. 19 Ruhstetten)<br />

und ihre Zwillingsschwester 5) Elisabeth, 6) Matthäus<br />

(* 8. 5. 23 Feldhausen), 7) Juliana (* 13. 2. 26 Benzingen),<br />

= 10 Personen;<br />

II. Familie Johann Kleinmann (* 21. 2. 1776<br />

Benzingen) - Maria NN. v. Veringendorf. Kinder: 1) Theresia<br />

(* 8. 10. 1800 Heudorf/Baden) mit unehelichen a) Paulina<br />

(* 28. 6. 23 Thalheim), und b) Ursula (* 19. 10. 28 Benzingen),<br />

2) Marianna (* 17. 4. 04 Heudorf) mit unehelichem Theodor<br />

(* 9. 1. 33 Benzingen), 3) Barbara (* 4. 12. 05 Tigerfeld), 4)<br />

Conrad (* 08 Nesselwang/Bad.), 5) Franziska (* 25. 11. 11.<br />

Rast/Bad.), 6) Josepha (* 17. 3. 13 Laiz) mit 3 unehelichen<br />

Kindern (a. Josef * 25. 4. 34, b. Karolina * 17. 5. 36, c. Jo-<br />

und ihre versuchte Auswanderung nach Ungarn<br />

Bis zum Jahre 1716 amtete Kanonikus Biermann noch im<br />

Stift Buchau. Dann zog er nach Straßberg, wo er 1731 starb.<br />

Sein Grabstein, einst innerhalb der Kirche, weil die heutige<br />

Nordwand damals noch die Südwand der alten Kirche bildete,<br />

oder später erst in die Mauer eingelassen, ist heute<br />

morsch; ein Ornament um das andere fällt ab. Auch die<br />

Inschrift ist nicht mehr ganz leserlich. Um so mehr freute<br />

ich mich, ein gedrucktes Andenken an ihn zu finden, ein<br />

Kind seines Geistes, eben diese Predigt auf den Tod der<br />

Fürstäbtissin Maria Franziska von Buchau. Nik. M a i e r.<br />

hann (* 19. 8. 38, alle Benzingen), 7) Jacob (* 18. 17. Ringenbach,<br />

8) Justina (* 26. 9. 19 Kreenheinstetten/Bad (= 16<br />

Köpfe).<br />

III. Familie Gottfried Kraft (* 20. 12. 1781<br />

Schmidheim/Württ.) - Agathe Koch von Hausen a. d. Donau-<br />

Württ. mit 1) Pius (* 5. 5. 1802 Langenenslingen), 2) Simon<br />

(* 30. 9. 03 Benzingen), 3) Johann Nepomuk (* 22. 5. 06 Benzingen),<br />

4) Anna (* 2. 5. 10 Benzingen), 5) Magdalena (* 20.<br />

7. 12 Benzingen), 6) Josef (* 10. 4. 14 Benzingen) = 8 Köpfe.<br />

IV. Familie der ledigen Maria Anna Saible, * vor<br />

etwa 40 Jahren in Hölzle bei Meßkirch, mit ihren zwei illegitimen<br />

Kindern a) Catharina Nierengart, auch „Legat" genannt<br />

(* 11. 9. 14 Riedetsweiler), b) Matthäus, genannt Scheck<br />

(* 20. 9. 16 Engelswies) (= 3 Köpfe). Zusammen (Stand<br />

1839) 37 Personen.<br />

Diese Vagantenfamilien versucht die Gemeinde loszuwerden.<br />

Es geht das Gerücht, sie wollten nach Ungarn auswandern.<br />

(Das veranlaßt allerdings auch eine von Conrad<br />

Kleinmann (s. oben II, 4) geschwängerte Marianne Teufel,<br />

sich über das Oberamt Strasberg an sein Amt mit der Bitte<br />

zu wenden, vor seiner Abreise nach Ungarn ihre Alimentenforderung<br />

sicherzustellen.) Das Oberamt Gammertingen teilt<br />

der fürstl. Regierung in Sigmarigen mit, die Gemeinde sei<br />

bereit, „alle Kosten aufzuwenden, um das Vorhaben der Auswanderung<br />

zu bewerkstelligen", und fragt, ob man der Gemeinde<br />

bewilligen könne, „die erforderlichen Mittel" aufzuwenden,<br />

und ob man auf diplomatischem Wege die Auswanderung<br />

einleiten solle (23. 5. 1837). Damit gerät die Angelegenheit<br />

in die Mühlen der Bürokratie und insbesondere<br />

der Diplomatie; die mahlen bekanntlich langsam (und nicht<br />

einmal sicher).<br />

Die Regierung wendet sich an die landesfürstliche Geheime<br />

Konferenz und diese an den Geschäftsträger in W;en, ob Ansiedler-<br />

auf Krongüter (Weshalb diese Beschränkung?) noch<br />

angenommen würden. Er berichtet, daß die Entscheidung nur


14 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

bei der Ungarischen Statthalterei und erfahrungsgemäß nicht<br />

vor einem halben Jahr zu erhalten sei (15. 6. 37). (Sie kam<br />

in diesem Falle niemals). Die Regierung fordert Sicherheit<br />

gegen eine Rückkehr der Auswanderer. Sehr vorsichtig stellt<br />

sie in Aussicht, man werde, „wenn die Kosten nicht unverhältsnismäßig<br />

hoch seien, der Gemeinde die Verwendung der<br />

notwendigen Mittel wohl gestatten können" (31. 5. 37).<br />

Die amtliche Förderung der Emigration kam nicht vom<br />

Fleck; alle Erinnerungen bleiben fruchtlos, so auch die des<br />

Gesandten in Wien auf seine Anfrage bei der Statthalterei<br />

in Ungarn. Einige Angehörige der Vagantenfamilien (Pius<br />

und Simon Kraft, Conrad Kleinmann) reisen 1838 mit Paß,<br />

aber ohne Entlassung, nach Ungarn und versuchen dort Fuß<br />

zu fassen in Preßburg, wo offenbar bereits Bekannte wohnen,<br />

wie sich aus dem unten mitgeteilten Brief ergibt.<br />

Pfarramt und Gemeinderat schicken unterdessen am 15. 1.<br />

1839 über das Oberamt ein bewegliches Schreiben an die<br />

Regierung, das wegen seiner Milieuschilderung hier auszugsweise<br />

mitgeteilt sei:<br />

„Man erwarte sehnlichst die Auswanderung der hiesigen<br />

Vagantenfamilien nach Ungarn, doch scheine die Aufnahme<br />

dort mit Schwierigkeiten verbunden! Es wäre also an der<br />

Zeit, für anderweitige Unterbringung der Vagantenkinder zu<br />

sorgen und Verpflegungs- und Erziehungsverträge abzuschließen.<br />

Allein Pfarramt und Gemeinde können sich nicht<br />

von der traurigen Voraussicht abbringen, daß hiesige Gemeinde<br />

vcn der immer drückenderen Last des in ihrer Mitte<br />

stationierten Vaganten-Gesindels mittels bloß vorübergehender<br />

Trennung der noch unerwachsenen Kinder nichts<br />

weniger als für die Dauer werde befreit werden.<br />

Wenn man bedenkt, daß die aus vier Familien bestehende<br />

Vagantenkolonie nicht weniger als 13 mannbare Mädchen<br />

zählt, unter denen 8 schon jedes 1, 2 oder 3 Kinder geboren<br />

hat und ohne Zweifel auch die noch übrigen 5 kinderlosen<br />

nach und nach ihre Beiträge liefern werden; wie kann wohl<br />

bei solcher Aussicht eine Entledigung für die Dauer erwartet<br />

werden?<br />

Bekanntlich ist die ehemalige Kapelle, die diesen Leuten<br />

als Wohnung eingeräumt wurde, für so viele Individuen dieser<br />

Kolonie viel zu beengt, als daß nicht der Geschlechtstrieb,<br />

abgesehen von auswärtigen Anlässen auf ihren häufigen<br />

Wanderungen, durch das unvermeidliche Zusammenwohnen<br />

mit Gewalt aufgeregt werden müßte. Der Pfarrer<br />

hatte schon öfter bei Krankenbesuchen die betrübende Gelegenheit,<br />

sehen zu müssen, wie aus Mangel an Raum die<br />

Betten sogar übereinandergeschichtet stehen, und groß gewachsene<br />

Burschen und Dirnen, unmündige Knaben und<br />

Mädchen, alle neben-, unter- und übereinander in der nämlichen<br />

Stube zusammengedrängt lagen! Mögen nun auch die<br />

unglücklichen Kinder vorübergehend von ihren Eltern (unwürdigen<br />

Namens) entfernt werden, so werden sie doch nach<br />

erstandener Lehrzeit wieder zurückkehren. Auch bleibt sehr<br />

in Zweifel, ob die eingefleischte Vagantennatur der in dieser<br />

mephytischen Cloake geborenen Kinder derart werde umgewandelt<br />

werden können, daß ihnen nie mehr die Lust ankommen<br />

dürfte, zu den Ihrigen zurückzukehren. Naturam<br />

expellas furca, tarnen usque recurret!<br />

So hat man vor mehreren Jahren den Matthäus S c h e c k 2 ),<br />

unehelichen Sohn der Maria Saible, einem Müller in die<br />

Lehre gegeben. Allein nirgends tut er als Geselle auf die<br />

Dauer gut, kommt alle Augenblicke zurück, und wurde seitdem<br />

als 20jähriger Bursche der Vater des dritten unehelichen<br />

Kinds der 30jährigen Anna Koch 3 ). Ebenso wurde der<br />

Knabe Matthäus Koch und dessen Schwester Elisabeth<br />

4 ) bei ehrbaren Familien untergebracht; allein nach<br />

kurzer Zeit entliefen sie wieder und nach wiederholten Aufnahmen<br />

zum 2. Mal.<br />

Es liegt also die Voraussicht nahe, daß das vorübergehende<br />

Unterbringen dieser Kinder nur ein Palliativum und einseitige<br />

Abhilfe gewähren würde, weil immerhin zur Rückkehr<br />

der auswärts Unbrauchbaren, Erkrankten, Unzufriedenen<br />

pp. eine Tür offen bliebe und auch dahier offenbleiben<br />

müßte.<br />

Nach allseitiger und reiflicher Erwägung der Sachlage<br />

können daher Unterzeichnete einzig in der Voraussetzung<br />

sämtlicher Vagantenfamilien von hier auf ganz fremden<br />

Boden weit entfernter Gegenden eine radikale Entledigung<br />

erblicken. Die Gemeinde dahier ist mit größter Bereitwilligkeit<br />

entschlossen, um jeden Preis diesen Zweck zu erreichen,<br />

und um so mehr, als die betreffenden Familien<br />

selbst mit aller Ungeduld auf ihre baldmöglichste Auswanderung<br />

drängen."<br />

Das Oberamt möge daher „bei der Landesregierung in<br />

Antrag bringen, von der Versetzung einzelner Vagantenkinder<br />

abzugehen, dagegen stützende Hand zu gewähren,<br />

sämtliche Vaganten mittels Auswanderung in weit entfernte<br />

Gegenden zu entfernen." Benzingen sei noch 1835 eine<br />

Familie nach Polen losgeworden, deren ökonomischer Verfall<br />

große Belästigung zu bringen drohte; könnte nicht hier<br />

ebenso eine Auswanderung' nach Polen bewirkt werden, wo<br />

die Aufnahme weniger schwieriger sei als in Ungarn? „Da<br />

diese Familien wegen gänzlicher Mittellosigkeit sich in keinem<br />

fremden Land mittels Ankauf häuslich niederlassen<br />

könnten, so bleibt kein anderer Ausweg übrig, als daß die<br />

Gemeinde einen Teil der erforderlichen Ankaufssumme auf<br />

sich übernehme, was sie auch bereitwillig tun wird." Man<br />

möge aber auch die Landeskasse, den Landesspitalfond und<br />

den Armenfond des Oberamts zur Beteiligung an den Auswanderungskosten<br />

bewegen, denn „sie würden bei Verbleiben<br />

dieser Familien und ihrer immer zahlreicher werdenden<br />

Nachkommen in Anspruch genommen werden", während sie<br />

„bei Auswanderung für ewige Zeiten von ferneren Beiträgen<br />

befreit werden."<br />

Hierauf bemerkt die Landesregierung (27. 2. 39), sie könne<br />

sich nicht unmittelbar für die Auswanderung verwenden,<br />

würde aber eine solche gegebenenfalls nach Möglichkeit unterstützen.<br />

Die Auswanderung nur einzelner Personen aus<br />

diesen Familien dürfe indessen nicht mit so großen Kosten<br />

erkauft werden, wie sie im Fälle Simon Kraft und Gen.<br />

erforderlich wären. - Bezüglich der zur Erziehung zu gebenden<br />

Kinder sei inzwischen zu verfahren wie bei anderen<br />

dieser Kategorie. •— Aus der Eingabe des Pfarramts und<br />

Ortsgerichts gehe übrigens hervor, daß für die Wohnung<br />

dieser Leute nicht gehörig gesorgt ist, und daß dadurch ihr<br />

moralisches Verderben noch mehr befördert wird. Das Oberamt<br />

wird „nachdrücklichst angewiesen, diesem Gegenstand<br />

seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen und die Gemeinde<br />

streng anzuhalten, daß den Zugewiesenen solche<br />

Wohnungen verschafft werden, welche dem lebhaft ausgesprochenen<br />

Tadel des Pfarramts und Gemeinderats nicht<br />

unterliegen und die aus Rücksicht der Moralität nötige Absonderung<br />

gestatten." Bis 1. September erwarte man Erfolgsbericht.<br />

Das Oberamt gab zwar die Rüge an die Gemeinde weiter,<br />

aber diese veranlaßte in Erwartung baldiger Auswanderung<br />

wohnungsmäßig nichts, konnte es auch wohl kaum, da ihr<br />

alle Handhaben fehlten, etwa Zwangseinquartierungen anzuordnen.<br />

So unbegründet war die Hoffnung der Gemeinde auf<br />

Auswanderung nicht. Denn inzwischen waren Pius und Simon<br />

Kraft sowie Conrad Kleinmann und Marianne Saiblin<br />

nach Preßburg gereist und hatten versucht, dort für ihre<br />

Familien Wohnungen zu beschaffen: Ohne jegliche Mittel<br />

schlossen sie dort einen vor dem Gericht der Schloßhauptmannsherrschaft<br />

unterm 13. 7. 1838 verlautbarten Kaufvertrag<br />

über ein Haus, das ihnen Engelbert Hauser und dessen<br />

Ehefrau Apollonia um 4600 fl W W 5 ) verkaufte; davon sollten<br />

200 fl alsbald bar gezahlt werden, der Rest bei Uebergabe<br />

Michaeli d. J.; bis dahin sollte der Verkäufer sein Quartier<br />

räumen. Als Reugeld für Nichterfüllung war für beide Seiten<br />

200 fl vorgesehen. Die Käufer erwarteten, die Gemeinde<br />

Benzingen werde den Kaufschilling übernehmen entsprechend<br />

der Weisung der Landesregierung. Das will sie aber<br />

nur, wenn alle (damals) 35 Köpfe der 4 Familien durch diesen<br />

Kauf die Ansicdlung und das Bürgerrecht in Ungarn erreichen;<br />

nach Auskunft des Fiscalatamts der Schloßhauptmannschaft<br />

Preßburg sei das aber nicht möglich. (Bericht OA.<br />

vom 20. 1. 39.) Pässe nach Ungarn beantragen nun Therese<br />

Kleinmann für sich und ihre 2 Kinder und für ihre minderjährigen<br />

Geschwister Jacob und Justine 6 ), Monika Koch 7 )<br />

und Simon Kraft 8 ), d. s. 7 Personen (21. 2. 39). Jacob Kleinmann<br />

war bereits militäruntauglich geschrieben; der Schwester<br />

Justine bescheinigt der Pfarrer, daß sie wegen häufiger<br />

Abwesenheit die Schule und Christenlehre nur unregelmäßig<br />

besucht habe, daß aber über ihren sittlichen Zustand bisher<br />

nichts auffallendes bekannt sei. Es lasse sich aber bei Fortbestand<br />

der bisherigen Verhältnisse nichts erfreuliches erwarten.<br />

Die gleiche Bemerkung macht er zu Monika Koch.<br />

Den beiden Mädchen der Therese Kleinmann 9 ) bescheinigt<br />

er, daß sie fleißig und klaglos die Schule besuchten. Er bittet,<br />

„daß allen Individuen die Abreise in weit entfernte Gegenden<br />

gestattet werde."<br />

Die Regierung (27. 2. 39) ordnet Ausfertigung eines anderen<br />

Sammelpasses an, da Ursula Kleinmann nicht mit der Mutter<br />

fortreisen dürfe, sondern zum Schulbesuch angehalten werden<br />

müsse. Obwohl die Mutter Therese Kleinmann erklärt,<br />

sie reise nicht ohne ihre Tochter und werde die Auswanderung<br />

unterlassen, wenn ihre Tochter nicht mitdürfe, lehnt<br />

die Regierung (3. 5. 39) den Paß für Ursula Kleinmann ab,<br />

„da es sich nicht um eine Auswanderung nach vorheriger<br />

Aufnahme in einem fremden Staat handelt, sondern um eine<br />

Reise, deren Erfolg noch sehr zweifelhaft sei."<br />

Im übrigen stellt man bei dieser Gelegenheit fest, daß<br />

gegen niemand dieser Familien etwa eine Strafe wegen


Jahrgang 1967<br />

Vagierens- verhängt Wörden sei; die „Conduite" sei also in<br />

Ordnung.<br />

Das- war wieder wichtig für die Aufnahme in Ungarn. Das<br />

Amt der Schloßhauptmannschaft in Preßburg hatte unterm<br />

18. 2. 39 und später nochmals unterm 4. 9. 39 die Ordnungsmäßigkeit<br />

des Kaufvertrags vom 13. 7. 38 bestätigt und hinzugefügt,<br />

Ausländer könnten rechtsmäßig nur Grundbesitz<br />

kaufen und sich seßhaft machen, wenn sie aus ihrer <strong>Heimat</strong><br />

entlassen sind. Nur unter dieser Bedingung sei die Kaufgenehmigung<br />

und die damit verknüpfte Aufnahme erteilt<br />

worden, wie sich dieser Vorbehalt auch aus der Aufnahmeurkunde<br />

vom 18. 2. 39 ergebe, die diesbezüglich nur vorläufigen<br />

Charakter habe. Mehr als diese bedingte Genehmigung<br />

zu erteilen sei die Grundherrschaft nicht befugt. Die<br />

Aufnahme erstrecke sich im übrigen nicht nur auf die Käufer,<br />

sondern auch auf deren Angehörigen, wenn solche eine<br />

gute Conduite haben.<br />

Danach hätten die Käufer die Familien Kleinmann, Kraft<br />

und Saible im Falle der Zahlung des Kaufpreises mitunterbringen<br />

können, soweit sie als Angehörige galten; bei den<br />

verwaisten Geschwistern wird man das ohne weiteres annehmen<br />

dürfen; die volljährigen Geschwister hätten aber<br />

ihre Entlassung beantragen müssen; Familie Koch wäre nicht<br />

miterfaßt gewesen. Außerdem befürchtete das Oberamt vielleicht<br />

auch, die Angehörigen könnten nur als Beisassen aufgenommen<br />

werden, nicht als Bürger. Dann hätten sie wieder<br />

nach Benzingen abgeschoben werden können.<br />

Inzwischen wurde in Preßburg der Verkäufer unruhig, als<br />

keine Anzahlung erfolgte, und ließ durch seinen Bruder Alois<br />

H a u s e r an das Oberamt Gammertingen schreiben. Der Brief<br />

verdeutlicht, wie dem Schreiber nicht ein entpersönlichtes<br />

Amt vor Augen stand, sondern eine bestimmte und bekannte<br />

Person, und schildert so anschaulich die damaligen Verhältnisse<br />

in Preßburg, daß ich ihn wörtlich bringe 10 ):<br />

„An den Hochwohlgeborenen und Hochverehrten Herr Herr<br />

Oberamtmann im Fürstenthum Sigmaringen Hohenzoller in<br />

Gammertingen — über Win, München, Ulm —<br />

(Erhalten 26. Juni 1839<br />

Hebele) Prestburg den 16ten Juni<br />

Hochwohlgeborener Hochverehster Herr Oberamtmann!<br />

Ich nehme die Freiheit an Sie zu schreiben wie es bei<br />

uns in Preßburg geht. Indem es jetzt Landtag ist geht<br />

es sehr lebhaft zu, den lten Juni sind die Landtagsherren,<br />

Fürsten und Grafen, auch die Edelleite von ganz Ungarn<br />

hier angekommen. Und der Kaiser am 5ten Juni. Es siend<br />

3 Regamenter Infanderie und Gawallerie aufgezogen und<br />

die Bürger der Stadt sind in der Uhneform ausgerückt, und<br />

101 Kanonenschuß hat man los gefeirt; die ganze Nacht<br />

ist die Stadt beleitet gewesen. Und die schöne Triejumfbögen<br />

die erlaubt worden sind, ist merkwirdig zum an<br />

schauen; das Jubeln und Viefat rufen, es lebe der Kaiser,<br />

von dem Bublikum wahr unbeschreilich.<br />

Der Verdienst ist sehr gut, und zu leben sehr wolfeil.<br />

Frucht und Wein wachts im Ueberfluß, aber Obst giebt es<br />

keines, die Würmer haben die Blüh und das Laub alles<br />

abgefressen. Was mich anbelangt bin ich immer gesund<br />

und es geht mir sehr gut.<br />

Ich hab erst vor ein paar Wochen wieder ein Haus gekauft<br />

um 700 Gulden WW 5 ), es sind 4 Zimmer darin, die<br />

tragen in einem Jahr 120 Hauszins, nebst dem anderen<br />

Haus mit 8 Zimmer, und der Wirtschaft, wo ich auch 400 fl<br />

Zins einnehme und von der Wirtschaft mich ernehren<br />

kann, ich brauche mich nicht so zu Plagen wie in Neifra 11 ).<br />

Auch den anderen, die ihn Oberusser angekauft haben,<br />

geht es gut und haben Arbeit genug. Der Christian<br />

Lebhertz, dem Glementz Lebhertz sein Sohn, befindet<br />

sich auch recht gut, nur möchte er Sie bitten, Schrengster<br />

Herr Oberamtmann, daß das Hochlöbliche Oberamt ihm<br />

sein Geld schicken möchte. Indem er schon 2 Jahr verheiradtet<br />

ist, wo er eine gute Bartie getroffen hat, er hat<br />

ein Haus verheiradet und ist als Untertan der Stadt angenommen,<br />

wie er die Aufnahme hinausgeschickt hat. Als<br />

Bürger kann er niemals angenommen werden, weil er<br />

keine Profession kann. Wenn er Bürger werden wollte,<br />

so müßte er wenigstens 6 000 fl besitzen, und ein jeder<br />

kann ja in einer so großen Stadt nicht Bürger werden.<br />

Und das Hochlöbliches Oberamt darf nicht zweifeln daran.<br />

Er hat keinen Taufschein gebraucht, sonder(n) mann (hat)<br />

ihn auf seinem Vater Schriften heiradten lassen, welches<br />

ich bezeige und für ihn gut stehen kann. Seine Frau glaubt<br />

immer, er bekomme nichts mehr von seinem Vater, das er<br />

sie nur vor einen Narren gehalten hat, weil er so lang<br />

nichts von Haus erhalten thut. Deswegen hat er mich ersucht,<br />

das ich es schreiben sollen und hat er eine sehr<br />

gute Aufführung und ist in einer Buchdruckerei als Hausmeister<br />

angestellt, und verdient Mohnatlich 30 fl und man<br />

HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 15<br />

hat ihn recht gern. Und die Benzinger sind alle aufgenommen,<br />

nur das Hochlöbliche Oberamt wird ersucht,<br />

das es die alte Aufnahme zurückschücken und nebstbei ein<br />

Schreiben wie die Aufnahme ausgeferdigt werden und so<br />

lange die Aufnahme nicht zurückgeschückt wird, so wird<br />

keine mehr geschrieben. So möchte ich Sie bitten, schrengster<br />

Herr Oberamtmann, das(s) Sie von der Güte sein<br />

möchten, und die Aufnahme wiederum zurückt senden,<br />

das die Sache einmahl auseinander gemacht wird, denn es<br />

ist schon mit einem großen Unkosten verbunden. Das Haus<br />

das diese schon im Jahr 1838 auf das Vermögenszeignis>,<br />

wo das Hochlöbliches Oberamt ausgestellt hat und die<br />

Schlossgrundische Herrschaft die Erlaubnis gegeben hat,<br />

das sie ankaufen können. Da haben diese meinem<br />

Bruder sein Haus abgekauft mit 16 Zimmer, die<br />

tragen jährlich 600 fl WW und ein Qulbel wo sie mit<br />

allem handeln können, wo schich eine ganze Vammilie auf<br />

dem Qulbel erhalten kann, um 1600 fl WW, wo schon jetz<br />

die ganze 5 Zimmer dann lehr stehen, der schaden gerechnet<br />

um 200 fl WW und haben diese noch ein Haus<br />

angekauft in Oberusser um 1000 fl WW wo eim schöner<br />

Obstgarten und ein Greitelgarten und das(s) man vor<br />

2 Kühe das ganze Jahr Futter machen kann, und Aeckern<br />

können sie genug kaufen, um ein wolfeiles Geld, wo sie<br />

sich gut fortbringen können, besonderlich mit Ihrem Professionen<br />

die sind recht angenehm und können sich Geld<br />

genug verdienen. Der Pius Kraft, Zimmermann, könnte<br />

sich gut verheiradten auf ein Haus, wenn er nur den Taufschein<br />

hätte, oder das(s) seine Eltern kommen möchten;<br />

er ist schon das ganze Jahr bei einem Zimmermeister in<br />

der Arbeit, und verdient sich viel, und der K o n r a d<br />

K 1 e i n m a n n desgleichen; der Siemon Kraft und<br />

die anderen haben die Häuser schon angetreten und betreiben<br />

die Sachen schon. Denn aufgenommen sind sie<br />

schon, und bei der Herrschaft haben sie die Aufnahme<br />

schon bezahlt und als Bürger und als Unterthanen angenommen.<br />

Geld haben sie aufgenommen, und mein Bruder<br />

ist dafür gutgestanden, das sie die Uhnkosten bezahlen<br />

haben können, die in dieser ganzen Zeit gemacht worden<br />

sind auf die Aufnahme. So bitte ich Sie, strengster Herr<br />

Oberamtmann, sind Sie von der Güte und übersenden<br />

Sie die Aufnahme, das(s) die Leite einmahl in die Ordnung<br />

kommen, dann seit in 7 Tagen ist die neue Aufnahme<br />

draußen, und wie Sie es verlangen wenn das Hochlöbliches<br />

Oberamt hereinschreiben tut, die Briefat Antworten nemt<br />

der Herrschaftliche Kiesgall nicht an. Nebenbei hat er<br />

ihnen zur Antwort gegeben, wo der Vamiliens-Vater aufgenommen<br />

ist, ist auch die ganze Vamilie angenommen,<br />

denn zurückgeschückt wird keines meh(r), wenn nur viele<br />

hereinkommen möchten. Denn Ungarn ist ein freies Land<br />

und wird jeder angenommen, wenn nur einer seine gute<br />

Schneiten hat, wo ich dafür gut stehen kann. Sollten die<br />

garnicht auswandern können, so belaufen sich die Unkosten<br />

schon auf 188 fl WW, wo bezahlt werden müssen,<br />

wenn sie nicht kommen. Kommen sie aber, so ist das<br />

Trankgeld schon bezahlt. Und so bitte ich Sie, strengster<br />

An das<br />

Postamt<br />

in


IG<br />

Herr Oberamtmann, sind Sie von der Güte und betreiben<br />

Sie es, das es einmahl zu ende geht. Wir alle müssen alle<br />

darunter leiden, weil alle unter einer Herrschaft stehen.<br />

Der Lorenz Holsche von Benzingen hat auch<br />

ein Haus angekauft und wird mit nächstem auch eine<br />

Aufnahme hinauf schücken. In der Hoffnung, das(s) Sie<br />

mir strengster Herr Oberamtmann einige baldige Antwort<br />

schreiben werden. Ich grüsse Sie vielmahl Ihner ergebenst<br />

Diener Allowies Hauser Wirt und Bürger<br />

auf dem Schlossgrund No. 225.<br />

einen gruss an meine Johannes Herrn s, Bäckermeister<br />

und Johan Buch, Weber.<br />

Bezeigt Lorenz Hölsche.<br />

Die Benzinger haben also zwei Häuser in Preßburg gekauft,<br />

für die sie die Mittel offenbar von der Gemeinde<br />

erwarten.<br />

Die Regierung in Sigmaringen hatte zwar am 25. 9. 39<br />

angeordnet, die erbetenen Entlassungen zu erteilen, eine<br />

geldliche Unterstützung jedoch bereits am 3. 5. 39 abgelehnt,<br />

also auch der Gemeinde untersagt, weil „eine obrigkeitliche<br />

Zusicherung über die Aufnahme in Ungarn nicht vorliegt<br />

und die Gemeinde damit nicht vor einer Rückkehr geschützt<br />

ist."<br />

Das Oberamt fragt (25. 5. 39) trotzdem beim Amt der<br />

Schloßhauptmannschaft Preßburg nochmals an, ob alle 37<br />

Personen, über die es eine Liste beifügt 12 ), dorthin übernommen<br />

werden und welche Mittel dafür erforderlich seien.<br />

Angesichts des vorliegenden Kaufvertrags und der Erklärungen<br />

des Schlossgrundamts vom 18. 2. 39 befremdlich! Und<br />

verständlich, wenn dieses erst nach 3 Monaten die ihm unverständlichen<br />

Fragen beantwortet und dabei auf die früheren<br />

Ausführungen vom 18. 2. 39 verweist. Abermals betont<br />

es unterm 25. 3.1840 nochmals, es bestehe kein Anstand gegen<br />

die Aufnahme, wenn die nötigen Mittel, die Entlassung und<br />

die Condiiitp zur Stelle seien.<br />

Inzwischen hat sich Pius Kraft in Preßburg — offenbar<br />

als wohlsituierter Hausbesitzer sich gerierend — verheiratet.<br />

Am 20. 9. 1841 schreibt seine Frau Elisabeth ans Oberamt<br />

Gammertingen, ihr Mann wolle am 10. 9. von Preßburg<br />

nach Benzingen reisen, um in der <strong>Heimat</strong> sein angebliches<br />

Vermögen abzuholen; man solle ihm den Paß aber<br />

wieder nach Preßburg visieren und ihr und ihren 3 Kindern<br />

den Mann wieder zuschicken, denn vielleicht wolle er nach<br />

Amerika zu seinen Brüdern, die auch in Ungarn<br />

gekauft und nicht bezahlt hätten(!).<br />

Die Landesregierung verfügt (13. 10. 1841), das Oberamt<br />

solle dem namens des Verkäufers vorstellig gewordenen<br />

Fiscalatamt in Preßburg mitteilen, daß die Bedingung einer<br />

Unterstützung der Käufer durch die Gemeinde Benzingen<br />

entfallen sei, weil durch den Kauf nicht alle 35 Köpfe Aufnahme<br />

in Ungarn finden konnten; dies habe das Fiscalamt<br />

am 2. 1. 39 (?fehlt) geradezu abgeschlagen (?). Die Mitteilungen<br />

des Oberamts seien nicht verbindlich gewesen als<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug<br />

durch die Post Stück „Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>",<br />

Verlagspostamt Gammertingen, zum halbjährigen Be-<br />

zugspreis von DM 1.40.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bzw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um<br />

deutliche Schrift wird gebeten.<br />

Sicherheit für ein Darlehen. Es müsse den Betreffenden<br />

überlassen bleiben, ihre Befriedigung bei den dortigen Gerichten<br />

zu suchen.<br />

Woraufhin die Betroffenen, der Verkäufer Engelbert Hauser<br />

und sein Bruder Alois, nicht mit Unrecht das Gefühl<br />

gehabt haben werden, Hochstaplern aufgesessen zu sein. Wie<br />

es weiter ging, wissen wir nicht; die Akten hören hier auf.<br />

Wer ist nun in Ungarn geblieben und wer nach Amerika<br />

gegangen? Hat die Elisabeth ihren Mann Pius Kraft wieder<br />

bekommen?<br />

Daß eine Gemeinde ihren <strong>Heimat</strong>berechtigten, nur um sie<br />

loszuwerden, nicht ein oder zwei Häuser im fremden Land<br />

bezahlt, ohne Sicherheit dagegen, sie später doch wieder auf<br />

dem Halse zu haben, hätten sich die Leute eigentlich selbst<br />

sagen können. Aber das sagen wir heute von unserem<br />

Standpunkt aus. Damals aber ließ sich der Staat die Abschiebung<br />

seiner Arbeitslosen etwas kosten; oft genug bezahlte<br />

er die Ueberfahrt nach Amerika und auch die Gemeinden<br />

schössen hierbei zu. Das dürften die „Vaganten"<br />

gewußt und den Wert ihrer Emigration für die Gemeinde<br />

entsprechend hoch veranschlagt haben. Sie als asoziale Elemente<br />

in heutigem Sinne anzusehen, haben wir kein Recht<br />

trotz der moralischen Entrüstung des Pfarramts und Gemeinderats.<br />

Die Zahl der unehelichen Kinder ist nicht höher<br />

als anderswo unter ähnlichen Verhältnissen in jener Zeit.<br />

Die Kinder wuchsen als Waisen oder Halbwaisen heran. Daß<br />

die Väter mal hier mal da hatten arbeiten müssen, um sich<br />

und ihre Familien durchzubringen, läßt sich entnehmen aus<br />

dem häufigen Ortswechsel, wie er sich aus den verschiedenen<br />

Geburtsorten der Kinder der gleichen Familie ergibt. Die<br />

guten Führungsatteste des Pfarrers (S. ob.) sprechen auch<br />

zugunsten der Eltern, auch der ledigen Mutter. Der Preßburger<br />

Brief beweist, daß Conrad Kleinmann als Zimmermann<br />

brav arbeitete. Wohl aber scheint bei allen Beteiligten<br />

ein Mangel an Verständnis für die hoffnungslose Lage insbesondere<br />

der ledigen Mädchen geherrscht zu haben, die<br />

nichts hatten lernen können und für die es keinen Verdienst<br />

gab, zum mindesten nicht auf dem Dorf.<br />

Es wäre interessant, die späteren Schicksale der hier in<br />

Rede stehenden Gruppe zu ermitteln.<br />

Werner Hacker, 7015 Korntal, Fraschstr. 3<br />

Anmerkungen: 1) Staatsarchiv Sigmaringen, Akten 1/10675<br />

(noch nicht repertorisiert). 2) siehe oben IV b. 3) siehe oben IIb.<br />

4) siehe oben I, 6 und 5. 5) Gulden Wiener Währung. 6) siehe oben<br />

II 1 a, b, 7, 8. i) siehe oben I 4. 8) siehe oben III 2. 9) II 1 a, b.<br />

1») Unterstreichungen und Interpunktion oftmals hier zugesetzt.<br />

11) Neufra bei Gammertingen. 12) Aus dieser Liste stammen die<br />

eingangs gemachten Namen- und Datenangaben der 4 Familien.<br />

Heimaliteratur<br />

In der Briefmarken-Zeitschrift „Der Sammlerdienst" Heft<br />

20 vom 1. Okt. 1966 S. 1164 bringt A. Riest einen aufschlußreichen<br />

Aufsatz über die Laufzeit der farbigen Thum- und<br />

Taxis'schen Orts-, Ringnummern-, Postablage- und Postkollektions-Stempel<br />

in Hohenzollern seit der Ausgabe der<br />

ersten Briefmarken am 1. Juni 1852 bis zur Zeit der Einführung<br />

von Marken der Deutschen Reichspost am 1. Jan. 1872.<br />

Erwähnt sind dabei Art und Farbe der Poststempel in den<br />

Gemeinden: Empfingen, Gammertingen, Haigerloch, Hechingen,<br />

Hettingen, Sigmaringen, Straßberg, Veringenstadt und<br />

Klosterwald.<br />

Der gleiche Verfasser veröffentlicht im „Sammlerdienst''<br />

Heft 24 am 26. November 1966 einen Aufsatz:<br />

190 Jahre Reichspoststation Gammertingen.<br />

Vergleiche, hierzu: „Geschichte der Stadt Gammertingen unter<br />

der Speth'schen Herrschaft" von Joseph Wiest,<br />

Seite 191 und 192.)<br />

Im Verlag Kohlhammer - Stuttgart erschienen 1966 zwei<br />

Bände: „Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bürger<br />

in Baden-Württemberg durch das Nationalsozialistische<br />

Regime 1933—1945." Bearbeitet von Paul Sauer.<br />

In den 2 umfangreichen Bänden finden wir viele erschütternde<br />

Nachrichten auch aus Hohenzollern.<br />

Vergalopiert hat sich in der Tagespresse vom 30. Oktober<br />

1966 der Pegasus eines E. Z. in einem sonst ansprechenden<br />

Aufsatz über Veringenstadt, wenn er schrieb: „Die apostolischen<br />

Bemühungen des hl. Bonifatius, des eifrigen<br />

Lenkers des Bistums Konstanz, waren sehr erfolgreich",<br />

oder an anderer Stelle: „Durch einen Vertrag vom<br />

Jahre 1482 ging Veringen als österreichisches Lehen a n d a s<br />

Haus Hohenzollern übe r." Krs.


Hohenzollerische <strong>Heimat</strong><br />

Viertel jahresblätter für Schule und Haus<br />

Schriftleitung:<br />

Fritz S c h o d e r, Hauptlehrer<br />

7451 Rangendingen, Mühlweg 22<br />

4 P 3828F<br />

Preis halbjährlich 1.40 DM<br />

Druck und Verlag:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15<br />

Nummer 2 Gammertingen, April 1967 17. Jahrgang<br />

Die Anfänge von Habsburg und Zollern<br />

Am 1. März 1064 bestätigte König Heinrich IV. in Straßburg<br />

die Bitte der Witwe K u n i g u n d, dem Frauenkloster O 11 -<br />

m a r s h e i m (südlich von Neubreisach) die in mehreren<br />

Gauen und Grafschaften gelegenen, von deren verstorbenem<br />

Gemahl Rudolf und von ihr selbst geschenkten Güter: In<br />

der Grafschaft Hermanns (eines Zähringers) im Breisgau, in<br />

der Grafschaft Werners in der Ortenau, und in der Grafschaft<br />

des Grafen Rudolf und im Gau Scherra<br />

(Scerron) Doderenhusen, Durniwanch, Ebingen, Burchfeld,<br />

Tagolfingen, Ansmutingen mit allem Zubehör (also Dotternhausen,<br />

Dürrwangen, Ebingen, Burgfelden, Tailfingen und<br />

Onstmettingen) 1 ). Es handelte sich um die Frau des bereits<br />

heimgegangenen Stifters des Marienklosters Ottmarsheim,<br />

den Grafen Rudolf aus dem späteren Hause Habsburg, von<br />

dem die Acta Murensia des Klosters Muri in der Schweiz<br />

berichten 2 ). Sein Tod muß schon vor dem Jahr 1059 erfolgt<br />

sein gemäß der Bestätigungsurkunde des Klosters, vom selben<br />

König ausgestellt am 30. Januar 1063 3 ). Im Jahre 1010 wird<br />

Rudolf als Zeuge genannt, hat aber noch zur Zeit seines Verwandten,<br />

des Papstes Leo IX. aus dem Grafenhaus von Egisheim<br />

(1049—1054) gelebt 4 ). Ueber seine Gattin Kunigunde hat<br />

Decker-Hauff 1952 Betrachtungen angestellt 5 ). Als Rudolfs<br />

Brüder kennt die Habsburger Genealogie einen R a d b o t von<br />

Altenburg, der 1023 Graf im Klettgau war und vor 1045 starb.<br />

Dessen Frau war Ida von Lothringen, die 1026/34 erwähnt<br />

wird 6 ). Decker-Hauff wollte trotz ausdrücklicher Ueberlieferung<br />

den Rudolf als Sohn Radbots erklären 7 ). Ein anderer<br />

Bruder Rudolfs war Landolt (Lanzelin), Vogt der Reichenau<br />

992. Dessen gleichnamiger Sohn, der um 1024 starb, hatte<br />

ebenfalls dieses Amt inne. (Als dessen Söhne gelten Adalbert<br />

von Entringen, Landolt von Winzeln 1050 und Ulrich, der<br />

Vogt von Reichenau.) Ein im Jahre 1028 durch Tod abberufener<br />

Bischof Werner von Straßburg wird teils als Bruder,<br />

teils Schwager Radbots und Rudolfs genannt. Werner gilt als<br />

Erbauer der Habsburg, nach der später die Familie ihren Namen<br />

bekam. Als Eltern Rudolfs, Radbots und Lanzelins kennt<br />

man den 991 sterbenden Grafen Landolt von Altenburg, der<br />

angeblich zwei Frauen hatte: Berta von Büren (Stauferin)<br />

und Luitgard von Nellenburg, Eberhards Tochter. Landolts Vater<br />

war Guntrum der Reiche aus dem Haus der Etichonen im<br />

Elsaß. Zwar von Kaiser Otto 952 gemaßregelt, hat letzterer<br />

offenbar später wieder Gnade erlangt. Als Stammvater gilt<br />

Eticho (Atto), der Vater der hl. Odilia von Hohenburg* 1 ). Nach<br />

neueren Forschungen hatte obiger Radbot drei Söhne: Otto I.<br />

(ca. 1000—1050), Albrecht I. (ca. 1010—1050), und Wernher (ca.<br />

1012—1980). Letzterer setzte den Stamm fort mit Werner II.,<br />

1050—1096, wo er am 11. November starb. Seine Gattin hieß<br />

Reginlinde, seine Schwester Richenza, die den Ulrich II. von<br />

Lenzburg ehelichte. Wernhers Nachkommen in der geraden<br />

Linie, die sich dann „von Habsburg" nannten, waren: Otto II.,<br />

* 1111; Wernher * 1167, Adalbert * 1199, Rudolf *1236, Albert<br />

II. * 1240, Rudolf von Habsburg, deutscher<br />

König 1273—1291, mit Frau Anna von Hohenberg-Haigerloch.<br />

Sowohl die Acta Murensia, als auch P. Kläui 8 ) und das<br />

Werk „Rittertum" 9 ) kennen k e i n en Sohn des Stifters von<br />

Ottmarsheim, überhaupt keinen anderen Rudolf um jene Zeit<br />

in dieser Familie. Decker-Hauff allerdings möchte, einer Vermutung<br />

Hektor Ammanns folgend 10 ), in dem Grafen Rudolf<br />

von 1064, der sicher dem Scherragau vorstand, einen Sohn des<br />

Klosterstifters annehmen, der aber erst 1049 oder später geboren<br />

sein könnte, was problematisch klingt. Rudolf scheint<br />

also einer anderen Familie angehört zu haben. Grafen des<br />

Scherra-Gebiets waren nachweisbar: um 830 Karaman (nach<br />

Hodler 797—834), Otto 831, 838 Gerold, ca. 845 Albuin, 854—861<br />

Luithold, 864 Cozpert, 874—885 Adalbert (sonst 852—903 erwähnt),<br />

889—901 dessen Sohn Burkart (der Herzog werden<br />

wollte, aber 911 ermordet wurde), 1064 der eingangs genannte<br />

Rudolf. (Hodler möchte den um 1095 vorkommenden Grafen<br />

Adalbert von Haigerloch als Scherra-Grafen ansehen, weil in<br />

Haigerloch damals eine Schenkung von Gütern zu Wilflingen<br />

bei Rottweil ans Kloster St. Georgen stattfand, und Wilflingen<br />

wohl zum Scherra-gau gehörte). Endlich im Jahre 1113<br />

erscheint als Scherra-Graf ein Friedrich, den man als Zollern<br />

ansehen darf. Von Adalbert und Burkart wissen wir, daß sie<br />

dem schwäbischen Herzogshaus der Burkardinger angehörten.<br />

So läßt L. Schmid in seiner Untersuchung über die Vorfahren<br />

der Zollern auf den 911 umgebrachten Burkart seinen Sohn<br />

Burkart II. folgen, der 918—926 Herzog in Alemannien war,<br />

und dann den Enkel Burkart III. bis 973, als dessen Gattin<br />

man Hadwig vom Hohentwiel kennt.<br />

Zu beachten bleibt, daß der Stifter Ottmarsheims nirgends<br />

Graf im Scherragau heißt. Er hatte darin wohl nur<br />

Grundbesitz in den oben genannten Ortschaften wie auch anderwärts.<br />

Da aber nach L. Schmid unter König Konrad II. im<br />

Jahre 1027 die Grafschaften für erblich erklärt wurden 11 ),<br />

liegt es nahe, in dem Grafen Rudolf von 1064 einen direkten<br />

Vorfahr des Zollergrafen Friedrich von 1113 zu sehen, somit<br />

Verwandten der beiden Burkart und Werner (Wezel) de Zolorin,<br />

die 1061 ums Leben kamen. Diese werden wohl nicht<br />

Vater und Sohn gewesen sein, da dieses Verhältnis vom<br />

Chronisten Berthold, dem Fortsetzer von Hermanns des Lahmen<br />

Weltchronik, sicher dazugesetzt worden wäre. Schmid<br />

und Witte haben die beiden als Söhne des Grafen Burkart IV.,<br />

der 1040 in der Schlacht fiel, darzutun versucht, also eines<br />

Burkardingers, eines angeblichen Bruders der Nellenburger<br />

Grafen Mangold und Eberhard. Dieser Burkart IV. habe eine<br />

ungenannte Tochter des Grafen Werner von Ortenberg im<br />

Elsaß und einer Himeltrud 11 ^) zur Frau gehabt. Wichtig ist die<br />

Annahme, daß Balingen wohl mit der ganzen späteren<br />

Herrschaft Schalksburg durch Judith, Tochter des Markgrafen<br />

Eberhard von Friaul als 843 erhaltenes Erbgut ihrem vermuteten<br />

obigen Gemahl Adalbert II. vom Scherragau, dem<br />

Burkardinger (874—885), zugebracht und sich dann geradewegs<br />

an die Zollern vererbt habe, wobei auch Fürstenberg<br />

als Verwandter noch 1255 gewisse Rechte an der Pfarrei Balingen<br />

hatte 12 ). Diese Ansicht L. Schmids darf hier geäußert<br />

werden, da nach der neuen Kreisbeschreibung Balingen der<br />

Anfall Balingens an die Zollern nicht geklärt sei 13 ). Judiths<br />

Bruder Adalhard schenkte 854 Güter zu Burk-Straßberg und<br />

Umgegend ans Kloster St. Gallen 14 ).<br />

Wie bemerkt, hat König Konrad im Jahre 1027 die Grafschaften<br />

für erblich erklärt und den Inhabern erlaubt, innerhalb<br />

derselben Hochburgen zu errichten 15 ). Somit dürfte, da<br />

dies wohl nur eine Bestätigung einer schon bisher bestandenen<br />

Gewohnheit bedeutete, bald nach den Burkardingern<br />

Adalbert und Burkart der Uebergang des Scherragebiets<br />

erb weise erfolgt sein. Uebrigens möchte Schmid in der Stifterin<br />

Kunigunde eine Schwester von Burkart und Wezel de<br />

Zolorin (t 1061) vermuten 16 ), welche ihrem Gatten Rudolf die<br />

Eigengüter zu Ebingen, Burgfelden, Tailfingen und Onstmettingen<br />

zugebracht hätte. Decker-Hauff freilich ist anderer<br />

Ansicht und weist bezüglich der beiden nicht zum Scherragebiet<br />

gehörigen Orte Dotternhausen und Dürrwangen andere<br />

Wege, ohne freilich auch über Vermutungen hinauszukommen.<br />

Als Vater der beiden Zollern von 1061 sieht Schmid,<br />

wie gesagt, den am 22. August 1040 im Heer des Königs Heinrich<br />

III. im böhmischen Feldzug gefallenen schwäbischen<br />

Grafen Burkart an 18 ). Im Grafen Rudolf von 1064 will er<br />

irrig einen Sohn der Stifterin von Ottmarsheim, und einen


18 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Neffen Burkarts von Zolorin als Stellvertreter seines noch<br />

unmündigen Sohnes Friedrich von Zollern sehen, welch letzterer<br />

dann 1085—1115 öffentlich auftritt. Allein von Kunigund<br />

sind keine Kinder nachzuweisen. Warum kann Rudolf<br />

kein Angehöriger der Zollern gewesen sein? Erst K. O. Müller<br />

fand z. B. einen bisher unbekannt gewesenen Gero von<br />

Zollern!<br />

Nicht vor Mitte des 13. Jahrhunderts sind die Zollergrafen<br />

auch auf der Schalksburg nachzuweisen, einer Doppelfeste<br />

auf dem 20 Morgen großen Areal einer früheren Volksburg,<br />

von der das nahe Burgfelden wohl den Namen erhielt. Die<br />

Ritter von Schalksburg als ursprünglich hohenbergische Vasallen<br />

scheinen die Namen Schalksburg kurz vor 1250 von der<br />

kleinen Schalksburg bei Straßberg, die später Oedenburg hieß,<br />

auf das Bergmassiv bei Burgfelden übertragen zu haben 183 ),<br />

wo dann auch die Grafenburg entstand. Während der Privatbesitz<br />

des Kl. Ottmarsheim um Burgfelden um 1450 an Wolf<br />

von Bubenhofen verkauft wurde, kamen die Herrschaftsrechte<br />

der Herrschaft Balingen-Schalksburg am 3. Nov. 1403<br />

vom Grafen Mülli von Zollern um 28 000 fl. (Sage vom Hirschgulden!)<br />

an Eberhard von Württemberg. Der Kauf umfaßte<br />

die Feste Schalksburg, Stadt Balingen, die Dörfer Onstmettingen,<br />

Erzingen, Endingen, Engstlatt, Burgfelden, Frommern,<br />

Oberdigisheim, Tailfingen, Truchtelfingen, Pfeffingen, Zillhausen,<br />

Streichen, Heselwangen, halb Dürrwangen, Laufen,<br />

Weilheim, Waldstetten, den Kirchensatz Roßwangen, Hof und<br />

Steuer zu Stockenhausen, Zinsen zu Tieringen, Wannental<br />

und den Zehnten zu Meldungen 19 ).<br />

Der bereits genannte Graf Adalbert von Haigerloch besaß<br />

um 1080 mit dem Grafen Eberhard von Nellenburg zusammen<br />

Güter zu Schaffhausen und Hallau, weswegen Hodler<br />

eine Verwandtschaft beider durch Abstammung von den Burkardingern<br />

annimmt 20 ). Als Adelberts Vater vermutete Hodler<br />

mit Schmid den 1061 umgekommenen Wetzel von Zolorin, was<br />

sehr unsicher bleibt. Emil Krüger nahm die beiden ersten<br />

Zollern von 1061, Burkart und Wetzel, als Brüder an, ließ<br />

sie in Petershausen begraben sein 21 ), und faßte sie als direkte<br />

Nachkommen Hunfrieds von Rhätien (807—823) in folgender<br />

Aufstellung 22 ): Hunfrieds Sohn Adalbert I, Graf im Turgau<br />

833—838, Enkel Udalrich, Graf i. Turgau 845—856, Urenkel<br />

Adalbert II. Gr. i. Turgau 860, im Scherragau 874—885 (Gattin<br />

Judith ca. 1864, Tochter Eberhards von Friaul), Ururenkel<br />

Adalbert III. Gr. i. Turgau t 911; Seine zwei Brüder seien<br />

Burkart I., t 911 und Eberhard I. Graf im Sülchgau 888 gewesen.<br />

Burkarts gleichnamiger Sohn starb 926 und der Enkel<br />

Burkart 973, beide als Herzöge von Schwaben. Adalberts III.<br />

Sohn Eberhard II. 913—929; der Enkel Eberhard III. Gr. im<br />

Turgau 955—971; der Urenkel Mangold I. von Nellenburg 962<br />

bis 991; der Ururenkel Eberhard IV. gestorben vor 1044; dessen<br />

Söhne seien Mangold, Vogt von Reichenau f 1030, und<br />

Burchard t 1040 und Eberhard der Selige, der um 1078 starb.<br />

Dieser Burchard, der 1040 im Kampfe fiel, sei der Vater der<br />

beiden ersten Zollern gewesen, was schon Schmid vermutete.<br />

Da nach letzterem, wie schon bemerkt, der König Konrad II.<br />

im Jahre 1027 die Grafschaften erblich machte, wie sie es<br />

praktisch wohl schon bisher teils waren, und im Jahre 1113<br />

der Graf Friedrich (von Zollern) im Scherragebiet zuständig<br />

war, kann man die Vermutung hegen, daß auch Graf Rudolf<br />

Die Zimmer'sche Chronik berichtet über die alten Adelsgräber<br />

im Kloster Zwiefalten u. a., daß neben den Grafen<br />

Arnold und Mangold von Gammertingen (gemeint ist Ulrich)<br />

„Graf Berchtold von Hettingen, den ich acht ein Grafen von<br />

Veringen sein gewesen" begraben sei. Daß dieser Graf Berthold<br />

von Hettingen tatsächlich im Kloster Zwiefalten begraben<br />

war, geht aus dem Nekrolog hervor, wo steht, Graf Berthold<br />

von Hettingen „hic sepultus" (am 21. Februar zwischen 1150<br />

und 1232). Es ist nun die Frage, ob Berthold von Hettingen<br />

mit einer, schon bekannten Person identisch ist, oder ob es<br />

eine Familie der Grafen von Hettingen gab. Wie wir oben<br />

sahen, war dem, genealogisch sehr gebildeten Grafen von<br />

Zimmern, ein Grafenhaus von Hettingen nicht bekannt.<br />

Bisher hält die „offizielle" Forschung Berthold von Hettingen<br />

für Berthold von Neuffen. Kraus hielt ihn für Berthold<br />

von Ronsberg, da die Grafen von Ronsberg, wie die Herren<br />

von Neuffen, Erben der Grafen von Gammertingen sind.<br />

Gabelkofer sah noch das Wappen Bertholds von Hettingen<br />

in der Vorhalle des Zwiefalter Münsters, einen roten Löwen<br />

in Gold. Das Wappen Bertholds von Neufen zeigte drei Hifthörner.<br />

Mit diesem Wappen kann er nicht Berthold von Hettingen<br />

sein. Aber auch Berthold von Ronsberg scheidet aus,<br />

denn er wurde nicht in Zwiefalten, sondern in Ottobeuren<br />

vom Scherragau 1064 dem Geschlecht des Friedrich angehört<br />

haben kann. Wieso er ein Habsburger gewesen sein müsse,<br />

ist nicht zu ersehen. War Rudolf aber ein Zoller, dann besteht<br />

die Möglichkeit, daß es mit jenem Grafen Rudolf, der<br />

1031 in der Augsburger Zollrolle mit dem später beigesetzten<br />

Geschlechtsnamen „von Zolrn" vorkommt, doch seine Richtigkeit<br />

haben kann 23 ). Im Stammbaum der Habsburger ist ja<br />

außer dem Stifter von Ottmarsheim in der fraglichen Zeit<br />

1064 kein Rudolf bekannt!<br />

Graf Burchard von Zollern, der Sohn des 1113 genannten<br />

Scherragrafen Friedrich, kommt 1125—1150 vor. Er scheint<br />

durch eine Erbtochter Herrschaft und Wappen von Haigerloch<br />

erheiratet zu haben. Seine Söhne Burkart (1179), Friedrich<br />

(1179) und Heinrich (1190) nannten sich dann Grafen von<br />

Hohenberg, also des Scherragebiets. Frühere Grafen dieses<br />

Namens dürften zu der schweizerischen Familie von Homberg<br />

gehört haben.<br />

Man sieht, es handelt sich mangels Urkunden noch um viele<br />

Vermutungen und Hypothesen, die teils Zustimmung, teils<br />

Ablehnung erfahren. Noch viele Gründe für und wider werden<br />

beigebracht werden müssen, um zu einer gewissen Klarheit<br />

und Sicherheit zu gelangen. Krs.<br />

Anmerkungen:<br />

Die Grafen von Hettingen<br />

1) Wirtb. Urkb. 5, S. 370.<br />

2) Acta Murensia: Quellen z. Schweizer Geschichte III, 2, 1881, S. 18.<br />

3) Schöpflin, Als. dipl. 1772 Nr. 216.<br />

J) wie Note 2, Seite 7.<br />

5) Zeitschrift für württ. Landesgeschichte 1952, 65.<br />

wie Note 2, Seite 5 fg.<br />

") wie Note 5, Seite 69.<br />

8) Paul Kläui in Argovia, 72, 1960, S. 26—35.<br />

») Hochadel im Aargau, hgg. v. d. Aargauischen Erziehungsdirektion,<br />

2. Auflage 1964, S. 288 f.<br />

10) Geschichte des Oberamts Haigerloch 1925, S. 29.<br />

11) Mitteilungen d. Vereins für Geschichte in Hohenzollern, 30, S. 93.<br />

Dazu Lud. Schmid: Aelteste Geschichte des Hauses Hohenzollern,<br />

3 Teile, 1884—88.<br />

na) Ueber den Hochadeligen Werner von Ortenburg—Hurningen:<br />

Jänichen Hans, in „Herrschaftsverhältnisse um Tübingen", 1964,<br />

Seite 74.<br />

12) Monumenta Zollerana I. S. 71.<br />

13) Kreisbeschreibung Balingen II, 12.<br />

Ii) wie Note 5, jedoch Jahrgang 1955, Seite 286.<br />

13) wie Note 11.<br />

10) ebenda Seite 104.<br />

17) wie Note 5, Jahrgang 1952, Seite 58—59.<br />

18) wie Note 15 und 11, Seite 199 f.<br />

isa) Hohenzollerische <strong>Heimat</strong> 1960, Seite 19—20.<br />

10) Kreisbeschreibung Balingen I, 225.<br />

20) Hodlers Geschichte d. Oberamts Haigerloch 1925, 23, vergl.<br />

Jänichen in Hohenz. Jahresheft 1961, Seite 14.<br />

21) Petershauser Chronik, hgg. von O. Feger 1956, Seite 105, wo von<br />

dort beigesetzten zwei adeligen Männern Werner und Burkart<br />

erzählt wird.<br />

22) Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 1891, Seite 606.<br />

23) Hohenzollerische Forschungen 1847, Seite 80 und Cr. F. Ställn,<br />

Wirtembg. Geschichte Bd. II, Seite 307.<br />

begraben. Damit ist die Frage nach der Herkunft Bertholds<br />

von Hettingen erneut gestellt.<br />

Der erste Graf, der nach Hettingen benannt wurde, ist<br />

Adalbert, ein Bruder des Grafen Ulrich II. von Gammertingen.<br />

Jedenfalls wird er heute allgemein mit dem, in den<br />

Zwiefalter Chroniken vorkommenden, Adalbert von Hettingen<br />

gleichgesetzt. Die Herausgeber der Zwiefalter Chroniken<br />

(Müller, König) halten ihn zwar für einen Edelfreien, jedoch<br />

dürfte der Superlativ (vir praeclarissimus), den der Chronist<br />

Berthold verwendete, eher für einen Grafen passen. Auch<br />

Ortlieb erwähnt ihn bei den Personen von vornehmer Herkunft,<br />

die ins Kloster eintraten, in einem Satz mit dem<br />

Grafen von Sulmentingen. Ob Hettingen alter Besitz der<br />

Grafen von Gammertingen war, oder ob Adalbert Hettingen<br />

und das Gebiet östlich bis Zwiefalten etwa durch eine Heirat<br />

bekam, ist unklar. Die Nennung nach Hettingen läßt darauf<br />

schließen, daß Hettingen sein Sitz war und daß er vielleicht<br />

schon zu Anfang des 12. Jahrhunderts dort eine Burg baute.<br />

Man könnte dann die Entstehungszeit des Hettinger Schlosses<br />

für etwa 1110—1120 ansetzen. Das würde bedeuten, daß<br />

dieses Schloß seit ca. 850 Jahren bewohnt ist. Adalbert wurde<br />

1101 erstmalig urkundlich genannt. Um 1140 war er schon<br />

Mönch in Zwiefalten. Nach dem Bericht des Chronisten hatte


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 19<br />

er schneeweißes Haar, war damals also schon in höherem<br />

Lebensalter.<br />

Kraus konnte außer Adalbert (I.) einen Adalbert II.<br />

nachweisen, der um 1160 noch als Vogt in Trochtelflngen<br />

auftrat. Dieser Adalbert dürfte nach Aussterben der Grafen<br />

von Gammertingen (mit Ulrich III?) das gesamte Gammertinger<br />

Erbe angetreten haben. Seine Tochter Adelheid bekam<br />

die Grafschaft Achalm, oder wenigstens das, was noch in<br />

Besitz der Grafen von Gammertingen war, als Mitgift. Sie<br />

heiratete Berthold von Neuffen. Ein Teil der Achalm ging<br />

schon früher an die Grafen von Ronsberg, was Kraus (1937)<br />

nachweisen konnte. Es gibt keinerlei Anhalt dafür, daß auch<br />

das Kerngebiet der Grafschaft Gammertingen in die Hände<br />

dieser Erben gekommen wäre. Der einzige Besitzer dieses Gebietes,<br />

der sich nachweisen läßt, ist Berthold von Hettingen.<br />

Er muß die unmittelbare Nachfolge Adalberts II. angetreten<br />

haben und war wohl sein Sohn. Auch durch sein Wappen<br />

weist er sich als Graf von Gammertingen aus. Das (apogryphe)<br />

Wappen der Grafen von Gammertingen zeigt einen<br />

blauen Löwen in Silber, während das Wappen Bertholds von<br />

Hettingen einen roten Löwen in Gold zeigt. Es handelt sich<br />

um eine typische Farbänderung, wie sie zur Unterscheidung<br />

von Nebenlinien üblich war. Im Staatsarchiv Stuttgart befinden<br />

sich die Wappen der Städte Gammertingen und Hettingen<br />

aus dem Jahr 1535. Das Wappen von Gammertingen<br />

zeigt einen blauen Löwe in Silber und das Wappen von Hettingen<br />

einen roten Löwen in Gold (beide Wappen mit der<br />

Veringer Hirschstange). Ich möchte daraus schließen, daß<br />

Graf Berthold von Hettingen Gründer der Städte Gammertingen<br />

und Hettingen war. Bisher wurden die Grafen von<br />

Veringen als Gründer der Städte betrachtet. Dabei war es<br />

immer ein Rätsel, wie das Wappen der Grafen von Gammertingen,<br />

die ja schon längst ausgestorben waren, ins Gammertinger<br />

Stadtwappen kam. Erkennt man aber Berthold<br />

von Hettingen als Stadtgründer an, so erledigt sich die Wappenfrage<br />

von selbst.<br />

Ueber Berthold von Hettingen ist sonst nicht viel bekannt.<br />

Die Hettinger Seelsorger<br />

Von Joh. A. K r a u s<br />

Wer sich für die Vergangenheit unseres Städtchens an der<br />

Laudiert interessiert, kann nicht achtlos an der langen Reihe<br />

der Pfarrer und Kapläne vorübergehen, die sich einst in seinen<br />

Mauern unter dem Patronat des hl. Martinus um das Heil<br />

der Gläubigen bemühten. Hier sei versucht, die series pastorum<br />

zusammenzustellen, soweit mir die Namen in Urkunden<br />

und Akten begegneten. Die früheren Pfarrer von Hermentingen,<br />

das seit dem 16. Jahrhundert Filiale von Hettingen<br />

ist, sollen am Schluß folgen.<br />

1) Henricus, der Priester von Hätingen, begegnet uns<br />

im Jahre 1208 mit seinen Brüdern Hermann und Wernher<br />

von (Ober-)Wilzingen bei Münsingen (WUB II 367). 2) Der<br />

Dekan von Hettingen 1217 (ohne Namensangabe). 3) Hainr<br />

i c u s, der Pleban oder Leutpriester in Hettingen 1220 (Cod.<br />

Salem I, 155). 4) Hartmann, Pleban in Hettingen ca. 1240.<br />

5) Hainricus, Pleban 1252. 6) Albertus, Vikar 1262.<br />

7 Walther der Schenk, Kirdiherr dahier 13. Dezember<br />

1333 in einer Urkunde des Grafen Heinrich von Veringen<br />

(Urk. des. Klosters Stetten Nr. 90; Hohz. JHeft 1955 Anhang).<br />

8) W o 1 f r a d, der Kirchherr 2. April 1345, vermutlich Grafensohn<br />

von Veringen (Zollerheimat 1938, S. 70). 9) Kaplan<br />

Burkart S t o 11, 14. Sept. 1409. 10) Berchtold Almann,<br />

Leutpriester 1414—1420. 11) Heinrich Zimmermann,<br />

Kaplan ca. 1434. 12) Heinrich Frank, Kaplan<br />

am Marienaltar der Pfarrkirche (FDA 68, 377). 13) Jodokus<br />

Haid 3. Mai 1443; hätte als neuer Pfarrer 20 fl dem<br />

Bischof als Erstfrüchte zu zahlen. Die Summe wird aber auf<br />

Bitten des Herrn Konrad vom Stain ermäßigt. 14) Ulrich<br />

Sulger, Plebanus, 17. Dezb. 1448 zahlt 15 fl (FDA 1956, 348).<br />

15. Johannes Tauf laß, Plebanus, zahlt 14. Novb. 1453/58<br />

als Erstfrüchte 15 fl. 16) H e i n r i c h B ü 11 e 1 (Bittel), Kirchherr<br />

1462—91, zahlt 20 fl. 17) Kaplan Johannes Sartoris<br />

1482 (FDA 26, 61). 18) Kaplan Erhard Teffener<br />

1482 (FDA 62, 61). 19) Jodok Beck, Pleban, erhält 1482<br />

am 25. Juni Absenzbewilligung (FDA 68, 377. 20) Gregor<br />

F u 1 e r (Fauler), noch Akkolyt, wird Frühmesser der neugegründeten<br />

Pfründe bis 1487. 21) Mathias Kiferlin tritt<br />

am 25. Aug. 1487 an Stelle von Fuler. 22) Alexander<br />

M o 1 i t o r i s, alias Küchlin, wird Nachfolger des Joh. Sartoris<br />

als Kaplan am Katharinenaltar am 12. Juli 1491 (FDA<br />

68, 377). 23) HeinrichHarthuser resigniert 1491/92 als<br />

Leutpriester, macht 1496 eine Stiftung hierher (wohl als Kaplan).<br />

24) Mag. Arnold Hagg (Hack) von Balingen wird<br />

Nach dem Zwiefalter Nekrolog starb er vor 1232. Als seine<br />

Gemahlin möchte ich die im gleichen Nekrolog stehende Gräfin<br />

Mechtild von Hettingen ansehen (sie wird bisher für die<br />

Frau Adalberts II. gehalten. Diese wäre aber im Nekrolog<br />

eher als Gräfin von Achalm bezeichnet worden).<br />

Zum Nachweis einer Grafenfamilie von Hettingen bedarf<br />

es keiner überraschenden Neuentdeckungen. Es ist nur notwendig,<br />

bereits bekannte Personen und Tatsachen an die<br />

richtige Stelle zu rücken.<br />

Die Grafen von Gammertingen sind nicht, wie bisher angenommen,<br />

in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts ausgestorben.<br />

Bei den Söhnen Ulrichs I. erfolgte eine Teilung in<br />

zwei Linen, die Grafen von Gammertingen und die Grafen<br />

von Hettingen. Die Gammertinger Linie starb wirklich in der<br />

2. Hälfte des 12. Jahrhunderts aus, aber nicht mit Adalbert<br />

II., sondern mit Ulrich II. oder Ulrich III. Dafür spricht auch<br />

der archaeologische Befund am „Alten Schloß" bei Gammertingen,<br />

das damals endgültig abging. Die Familie war aber<br />

damit nicht ausgestorben. Der zweite Graf von Hettingen,<br />

Adalbert, vereinigte nochmals den Gammertinger Besitz in<br />

seiner Hand. Die Tochter Adelheid brachte Berthold von<br />

Neuffen die Achalm zu, während die eigentliche Grafschaft<br />

der Sohn Berthold bekam.<br />

Zu klären wäre noch der Name Berthold, der sonst scheinbar<br />

in der Familie nicht vorkommt. Aber ein Bruder des<br />

Gammertinger „Ahnherren" Arnold soll ebenfalls Berthold<br />

geheißen haben. Auch bei den engen Beziehungen der Grafen<br />

von Gammertingen zum Herzogshaus von Zähringen ist<br />

der Name Berthold (und Konrad!) durchaus erklärlich. (Die<br />

politische Bedeutung dieser Beziehungen wurde übrigens noch<br />

nie untersucht.) Ueber Nachkommen Bertholds von Hettingen<br />

ist bisher nichts bekannt. Zeitlich wäre eine direkte<br />

Erbfolge zu den Grafen von Veringen durchaus möglich.<br />

Fest steht nur, daß die Grafen von Veringen in der Mitte<br />

des 13. Jahrhunderts Hettingen in Besitz hatten und die Burg<br />

ihr bevorzugter Wohnsitz wurde. Dr. Burkarth<br />

am 12. Juli 1492 als Pfarrer proklamiert und am 26. Juli<br />

investiert; zahlt 20 fl Erstfrüchte. Er hatte 1478 bis 1480<br />

in Tübingen studiert und starb 1493 (FDA 1956). 25 Martinus<br />

Dietz zahlt als Pleban am 10. Okt. 1443 20 fl Erstfrüchte.<br />

Seine Kapläne sind Erhard Teffener, Mathias Kiferlin<br />

und Alexander Molitoris (FDA 26, 104—106). 26) S t e -<br />

phanus Strobeli zahlt als neuer Plebanus am 11. Febr.<br />

1495 15 fl Erstfrüchte. 27) Mg. Hans Schönstain aus<br />

Isny wird am 25. Sept. 1503 auf den neuen Kapellenaltar von<br />

Hans Kasp. von Bubenhofen präsentiert. Am 27. Sept. 1503<br />

ist er (und wohl schon bisher) Kirchenrektor und Dekan des<br />

neugestifteten Kollegiatstiftes Hettingen, stellt Statuten auf.<br />

(Gedruckt in FDA 1950, S. 163—178). 28) Ursus Schönstain<br />

ist 1503 Kaplan neben den schon genannten Mathias<br />

Kiferlin und Alexander Mollitoris alias Küchlin. 29) Wendalinus<br />

Wetzstain zahlt am 27. Juni 1504 als neuer<br />

Pleban 15 fl Erstfrüchte. 30) Mg. Konrad Treyer ebenso<br />

am 10. Dezb. 1506. 31) Johannes Jäger resigniert als<br />

Kaplan am 11. Mai 1519. 32) Kaspar Ginthart, Kaplan<br />

am Johannesaltar ist 1519 tot. 33) Johannes Roggenburg<br />

e r wird 1519 durch Joh. Caspar von Bubenhofen als<br />

Kaplan des Johannesaltars präsentiert, am 16. Febr. 1520 investiert<br />

und zahlt als Erstfrüchte 2 fl. Er hatte schon bisher<br />

die Kaplaneipfründe B. Mariä Virg. und Allerheiligen inne.<br />

34) Johannes Haas, bisher Pfarrer in Hermentingen,<br />

wird am 19. Dezb. 1519 Kaplan des neuen Altares in Hettingen.<br />

35) Johannes Häger (wohl obiger Jäger?) folgt<br />

nach dem Tod des Joh. Roggenburger am 25. Oktober 1520 am<br />

Johannesaltar. 36) M a r t in G a i ß 1 i n folgt nach dem Tod<br />

Roggenburgers am 27. Okt. 1520 am Muttergottesaltar. Er<br />

wird am 7. Novb. 1520 investiert. 37) Christoph Ramsp<br />

e r g e r, noch Diakon (!), wird am 25. Juli 1552 für Hettingen<br />

und Hermentingen als Pfarrer präsentiert. Seit dem<br />

19. April 1553 ist er Verweser (offenbar kurz vorher erst zum<br />

Priester geweiht). 38) Jakobus Schöffel wird 1557 als<br />

Pfarrer präsentiert. 39) Johann Georg Beck wird 1557<br />

Verweser, erst 1563 als Pfarrer proklamiert und am 9. Juli<br />

1563 investiert (FDA 22, 222). Er ist 1573 noch hier. 40) Martin<br />

Koch ist 1575 Verweser. 41) Burkart Mittel, resign.<br />

1576. 42) Mg. Justinian Schleh aus Rottweil wird<br />

am 12. Okt. 1576 proklam. u. am 6. Febr. 1577 invest. Stirbt 1611.<br />

43) Helf. JohannesSchump 10. April 1595. 44) L a u r e ntius<br />

Wild aus Mengen, Pfarrer von 1611 bis zum Tod


20 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

am 23. Novb. 1624. 45) Kaplan Alexander Herp aus<br />

Riedlingen 1614. 46) Kaplan Johannes Glattis aus<br />

Kettenacker 1614. 47) Johann Jakob Gotterbarm,<br />

Pfarrer 1624—29, bisher in Kettenacker. 48) Jakob Mayer<br />

aus Schmiechen, Kaplan 1625—31, ging am 21. Juli 1631 als<br />

Pfarrer nach Jungingen. 49) Mg. Johannes Kienlin<br />

aus Riedlingen, Pfarrer vom 3. Juli 1629 bis 31. Dezb. 1636.<br />

50) Verweser und Kaplan Johannes Michel 6. Februar<br />

1637. 51) Pfarrverweser P. Maurus Gulden OSB aus<br />

Kloster Ebersmünster i. Elsaß 1639. 52) Mg. Georg Bolz-<br />

1 i n aus Hayingen, geb. 1601, bisher Kettenacker, hier vom<br />

7. Februar 1639 bis zum Tod am 28. Juli 1658. 53) Verweser:<br />

der Gammertinger Pfarrer Mg. Johannes Dangel 1658<br />

bis 1659. 54) Mg. Michael Eberl e, Pfarrer vom 8. Mai<br />

1659 bis 1664. 55) Verweser Johann Gg. Hundersinger<br />

aus Riedlingen, gb. 1628, hier seit 2. März 1664 bis 1666.<br />

56) Pfarrer Johann Gg. Kreuzer aus Konstanz 1666 bis<br />

1691; präsentiert 27. August 1666, invest. 21. Oktober 1666,<br />

gb. 1640, ist 1685 seit 7 Jahren krank, hat 269 erwachsene<br />

Kommunikanten über 14 Jahre und in Hermentingen 44. Er<br />

starb am 22. Januar 1691. 57) Vikar Mg. Johann Jak.<br />

Brenzinger 1679. 58) Vikar Franz Gerhard Bopsel<br />

1682. 59) Vikar Johann Kieffer (Keuffer) aus Konstanz<br />

1684. 60) Vik. Franz Bernhard Hengenmiller, der<br />

dann „Votivista" in München wurde und dort am 16. Juni 1714<br />

starb. 61) Vikar Johann Kreuzer, Bruder des Pfarrers,<br />

1686, der dann Nachfolger wurde 1691. Geboren in Konstanz<br />

1652, Pfarrer seit 10. März 1691 bis zum Tod am 26. Dezember<br />

1729. 62) Vik. Johann Bapt. Kreuzer 1714. 63) Vik.<br />

Johann Gg. Graf seit 1. Juni 1724. 64) Vik. Johann<br />

Christian Bosch seit 23. Dezb. 1724. 65) Vik. Franz<br />

Dominik Hämmerlin seit 9. November 1728. 66) Pfv.<br />

Fridolin Schweikart 1730. 67) Pfr. Josef Wetzel<br />

aus Neufra seit 29. Jan. 1731, vorher in Kettenacker. Er starb<br />

am 1. Dezember 1739. 68) Pfr. Linus Schupf aus Ratzenried<br />

seit 11. Januar 1740, gest. hier 13. Jan. 1751. 69) Pfr.<br />

Johann Rud. Ign. von Mohr aus Bregenz, seit 8. März<br />

1751, gb. 1725, am 8. September. Er blieb hier bis 8. April 1757.<br />

70) Pfr. Franz Josef Kaudermann aus Sigmaringen,<br />

gb. 6. März 1712, hier seit 7. März 1757 bis zum Tod am 7.<br />

Juli 1775. 71) Vikar FranzJos. Fetscher aus Meersburg<br />

seit 2. Dezember 1771. Er wurde Pfarrer dahier am 4. Juli<br />

1775 und starb am 5. Juni 1818. 72) Pfr. Heinrich von<br />

Wanner aus Börstingen, 1818—1870, gb. 11. August 1783,<br />

gest. hier 11. Novembre 1870 (FDA 1885, 87). 73) Vik. Johann<br />

Bapt. Kohler aus Haigerloch 1864—66. 74) Vik.<br />

Josef Klotz aus Hechingen 1866—69. 75) Vik. Heinrich<br />

Hutmacher aus Haigerloch 1869—1870, dann Pfarrverweser<br />

hier bis 1873. 76) Pfr. Rudolf Zürn aus Hechingen<br />

1873 bis 1908, invest. 13. Mai 1873, nahm Absenz am 29. Sept.<br />

1908 ins Haus Nazareth in Sigmaringen, wo er am 5. März<br />

1913 starb (FDA 1916, 43). 77) JohannKep. S a u t e r aus<br />

Bingen, 1908—1941, zunächst Verweser seit 1. Okt. 1908, invest.<br />

28. August 1910, resignierte am 1. Juli 1941 und starb am 25.<br />

Oktober 1941 (FDA 1950, 190). 78) Vikar P. Tutilo Gro-<br />

Bei einem Vortrag im Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche<br />

Geschichte von Prof. Dr. Theodor Mayer hat am<br />

14. Januar 1967 Herr Dr. Hans Jänichen, Regierungsdirektor<br />

in Tübingen, anläßlich einer Untersuchung über Reichenauer<br />

Urkunden eine für Hohenzollern höchst interessante Feststellung<br />

getroffen. Zwei Aebte des hochadeligen Benediktinerklosters<br />

Reichenau), nämlich Frideloh (1139—1159) und<br />

sein leiblicher Bruder Ulrich von Haideck (1159—1169<br />

bzw. 1174) müssen aus der Gegend Reutlingen—Münsingen—<br />

Trochtelfingen gestammt haben! Die spätere Geschichtsschreibung<br />

des Klosters hat diese Herren freilich auf die Heidegg<br />

im Aargau/Schweiz lokalisiert, aber das dort sitzende Geschlecht<br />

gehörte nachweislich dem Ministeriaistande an,<br />

kommt also für die Reichenauer Konventsherren des 12.<br />

Jahrhunderts nicht in Betracht. Daher haben Lud. Baumann<br />

und Konrad Bayerle den Stammsitz früher auf der Münsinger-Reutlinger<br />

Alb gesucht J ).<br />

Man kennt bisher nur vier Generationen der hochadeligen<br />

freien Herren von Haideck (Heidegg o. ä.). Ein Gerold hatte<br />

im Jahre 1161 mehrere Söhne, von denen Werner um 1195<br />

namentlich bekannt wird. Dieser Gerold war also Zeitgenosse,<br />

wohl Bruder oder Vetter, der beiden Aebte Friedeloh<br />

(t 31. III. 1159) und Ulrich (t 7. XI. 1174). Gerold bestätigte<br />

mit all seinen Söhnen im Jahre 1161 2 ) zu Trochtelfingen in<br />

Gegenwart des Bischofs Hermann v. Konstanz Abmachungen<br />

Burg Haideck bei Trochtelfingen<br />

Joh. Adam Kraus<br />

ne r OSB aus Beuron, geb. Habstal, 1940—1941. 79) Pfarrer<br />

Mathias Bogenschütz aus Stein, Dekan 1941—1944,<br />

bisher in Trochtelfingen, invest. 17. Juli 1941; starb auf dem<br />

Weg nach Kettenacker am 30. März 1944, 59 Jahre alt, beerdigt<br />

in Stein: „Bekenner im Dritten Reich". 80) Pfr. Dr.<br />

Josef Kager aus Bisingen 1944 bis 1950, vorher Religionslehrer<br />

am Hechinger Gymnasium, hier invest. 17. September,<br />

Dekan 1944, ging 1950 weg, da krank, Geistl. Rat 1951, resign.<br />

erst 1951, starb in Hechingen am 27. Februar 1952, 65 Jahre<br />

alt, beerdigt in Bisingen. 81) Pfr. Georg Englert aus<br />

Grünsfeld, Verweser seit 21. April 1950, invest. 1. März 1951.<br />

Ging 27. August 1964 nach Sulzbach im Dek. Mosbach. Hat<br />

hier die Kirche erweitert. 82) Pfr. Gustav Scharm aus<br />

Kleinborowitz, gb. 1921, Verweser seit 27. August 1964, invest.<br />

9. Mai 1965. Ad multos annos!<br />

Die Hermentinger Pfarrer<br />

Die heutige Filiale Hermentingen mit der Galluskirche war<br />

bis ins 16. Jahrhundert eigene Pfarrei. Offenbar muß hier das<br />

Kloster St. Gallen einst begütert gewesen sein, wovon jedoch<br />

nichts bekannt ist. Denn das Galluspatrozinium weist überall<br />

auf das schweizerische Kloster hin, an dessen Stelle einst der<br />

Missionär Gallus seine Zelle errichtete, die der hl. Otmar<br />

dann zum Benediktinerkloster ausbaute.<br />

1) Dietrich von Steinhilben, Kirchherr 1339—49<br />

(Mitt. Hohz. 11, 115). 2) Nikolaus Buri, alias Pur (Baur),<br />

Rektor der Kirche zu H., zahlte am 23. Juli 1442 als Erstfrüchte<br />

6 fl. 3) JakobGräßlin (Gaßlin?) 1452—1468 Rektor.<br />

4) Johannes Ritt er wurde am 28. Mai 1468 als<br />

Pfarrer bzw. Kirchherr proklamiert auf Präsentation des<br />

Grafen Ulrich von Wirtemberg, invest. am 15. Juni 1468 (FDA<br />

68, 373). Noch im Jahre 1480 ist er mit seiner Mutter Katharina<br />

Knörrin, Witwe des Peter Ritter, als Bürgerin zu<br />

Veringenstadt erwähnt. Für die ruinöse Kirche zu Hermentingen<br />

wurde am 25. November 1468 eine bischöfliche Sammelerlaubnis<br />

für 1 Jahr gegeben. 5) Johannes Schulmai<br />

s t e r, resign. 1484 als Kirchrektor und geht als Kaplan<br />

nach Veringen. 6) Johannes Walch wird am 13. März<br />

1484 proklamiert; war noch Subdiakon! Am 5. April 1884 erscheint<br />

er dann als Kirchrektor investiert und wird noch 1494<br />

erwähnt. Ihn hatte Hans Kaspar von Bubenhofen präsentiert,<br />

der offenbar zu Hettingen saß. 7)VitusMang von Babenhausen,<br />

Diözese Augsburg, zahlt am 25. April 1495 als Erstfrüchte<br />

8 fl (FDA 25, 123). Er war 1485 in Tübingen und 1487<br />

in Freiburg auf der Universität immatrikuliert gewesen. Im<br />

Jahre 1508 war er dann Kaplan in Langenenslingen. 8) Johannes<br />

Haas, zahlte am 27. Juni 1504 als Erstfrüchte 8 fl.<br />

Er verzichtete am 15. April 1520 auf die Pfarrei Hermentingen<br />

und ging als Kaplan nach Hettingen (siehe oben). 9)<br />

Johannes Schweizer wurde am 16. April 1520 nach<br />

Präsentation durch Joh. Casp. von Bubenhofen als Leutpriester<br />

proklamiert und am 18. Mai investiert. Er scheint<br />

der letzte Pfarrer des Ortes gewesen zu sein, wenigstens<br />

wurde 1552 ff. dieser von Hettingen aus versehen.<br />

über den Zehnten im benachbarten Bernloch. Gerold muß<br />

ebenfalls naher Nachbar gewesen sein, weil als Zeugen dieser<br />

Streitschlichtung nur lokale Adelige, wie Ernst von Engstingen,<br />

Werner der Vogt und Einwohner dieser Gemeinde fungierten,<br />

ferner Kuno von Pfullingen und sein Bruder Gebene<br />

und alle Freien desselben Ortes, Adelbert von (Ober-)Hausen<br />

und alle Freien von da. Rudolf von (Oeden-)Waldstetten<br />

sowie die beiden Dekane von Pfullingen und Offenhausen<br />

mit all ihren unterstellten Geistlichen.<br />

Gerolds Sohn Werner de Heidegge verkaufte um 1195<br />

einen ererbten Hof zu Baufnang, Kreis Ueberlingen, den er<br />

seit langem besessen, ans Kloster Weißenau unter Abt Ortolf<br />

und erhielt dafür ein Leibgeding aus des Klosters Hof im<br />

erwähnten Bernloch, nämlich an Weizen, Vesen, Haber, Käse,<br />

Lämmern, Salz, Gerste und Gemüse. Nach acht Jahren löste<br />

m m ihm das ab mit 24 Mark Silber. Des Werners Brudersobn<br />

Gerold, Ritter und Freier von Heidegge, besaß in<br />

Buf.'" - ig einen Hof auf dem Berg, den er dem genannten<br />

Kloster Weißenau um 15 Mark Silber abtrat. Andere Besitzungen<br />

daselbst erwarben die Mönche hernach vom Ritter<br />

Heinrich von Haidegge aus der Verwandtschaft Werners<br />

und Gerolds für 30 Mark Silber 3 ). Jänichen stellte mit Recht<br />

fest, daß das obige Leibgeding nur einen Sinn hatte, wenn<br />

Werner gleich seinem Vater in der Nähe von Bernloch<br />

wohnte.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 21<br />

Bis zum Jahre 1218 hatte unter Oberhoheit des Grafen<br />

Mangold von Nellenburg—Veringen ein Heinrich Monetarius<br />

(Münzmeister) von Ueberlingen, genannt Wint, ein Gut in<br />

Mühlhofen bei Ueberlingen als Lehen des nobilis viri Heinrici<br />

de Haideck 4 ). Laut Urkunde vom 19. Januar 1223<br />

überließen die Grafenbrüder Mangold und Wolfrad von<br />

Nellernburg—Veringen als Oberherren das durch Heinrich<br />

vonHeideck und dessen Sohn Gerold ans Kloster Salem<br />

verkaufte Gut Wälde, Kreis Ueberlingen, das Ritter Burkart<br />

von Wälde von ihnen zu Lehen hatte. Die Haidecker erhielten<br />

vom Kloster 15 Mark Silber und ein Pferd, der Graf wurde<br />

durch Tausch abgefunden 5 ). Zeugen dieses Handels waren<br />

Berthold von Bittelschieß, Walter von Hohenfels, Burkart von<br />

Rosna, Berthold Butzo, Burkhart von Spechtshart, Hermann<br />

von Heggelbach, Marquard von Ruschweiler, Heinrich von<br />

Bitzenhofen, Ulrich von Ahausen (bei Ueberlingen), und Sigfried<br />

Mor. Aus den beiden letzten Urkunden schließt Jänichen<br />

eine enge Zusammenarbeit unseres Geschlechts mit den<br />

Grafen von Veringen.<br />

Schließlich vermittelten Heinrich von Haidegge<br />

und Rudolf, genannt Fochenze, ums Jahr 1240 zu Reutlingen<br />

zwischen dem Kloster Reichenau und dem Ritter Burkart von<br />

Urach, Dienstmann des Grafen Egino von Urach, in einem<br />

Zehntstreit zu Beuren bei Bernloch 6 ). Der Sitz der Familie<br />

von Haideck dürfte also immer noch in der Nähe von Bernloch—Reutlingen<br />

gewesen sein! Noch im Jahre 1262 wird<br />

Heinrich von Heidegg als Lehensherr eines Ritters Ulrich<br />

von Uerzlikon (Schweiz) aufgeführt 7 ). Darf man hieraus<br />

schließen, daß die Familie in die Schweiz verzog und in den<br />

Ministeriaistand herabsank, wie dies bei vielen anderen<br />

Edelfreien des 12. Jahrhunderts der Fall war? Die Forschung<br />

wird sich damit befassen müssen, zumal die niederadeligen<br />

schweizerischen Herren von Heidegg angeblich bis 1274 einen<br />

Eisenhut im Schild hatten, später aber aus unbekannten<br />

Gründen den Schild schwarz-gelb gespalten führten 8 ). Der<br />

Gipfelpunkt wäre freilich, wenn sich jener erste schweizerische<br />

Heinrich von Haidegg von 1185 als schwäbischer Auswanderer<br />

nachweisen ließe! Allein solche Vermutungen helfen<br />

nicht weiter, sondern nur urkundliche Nachrichten.<br />

Im Reichskrieg gegen Württemberg zerstörten die Reutlinger<br />

Bürger 1311 die Burgen R o r bei Bisingen, Jungingen<br />

im Killertal, Haidegg, Lichtenstein und Greifenstein<br />

9 ). Aus der Reihenfolge der Aufzählung darf<br />

man mit Jänichen folgern, daß die Heideck von Reutlingen<br />

aus hinter dem Lichtenstein gesucht werden muß, und nach<br />

obigen Ausführungen unweit von Bernloch 10 ). Aber wo?<br />

Kinkelin suchte in der Nähe des Lichtensteins. Nach Lehrer<br />

Sebastian Locher n ) finden sich in der Nähe der Haidkapelle<br />

Spuren einer Burg, vielleicht derjenigen der Herren von<br />

Haideck. Die Haid zieht sich bekanntlich als waldloses Ge-<br />

Hausen im Killertal. Bei aller landschaftlichen Schönheit<br />

ist die Markung von Hausen vom landwirtschaftlichen Standpunkt<br />

aus eine der ungünstigsten des ganzen Landes. Die<br />

Ackerböden liegen ringsum auf vielfach von Tälern und<br />

Schluchten zerschnittenen Höhen bis fast 200 Meter über dem<br />

Ort und waren früher nur durch halsbrecherische Steigen zu<br />

erreichen. Die schwierigen Verhältnisse mögen ein Hauptanlaß<br />

zur Entstehung des Hausierhandels gewesen sein, der<br />

in Hausen schon früh nachweisbar ist. In einer Reisebeschreibung<br />

aus dem Jahre 1781 wird den Hausenern ein großes Lob<br />

gesungen. Damals zogen sie als Händler in ferne Länder und<br />

machten gute Geschäfte, ohne daß sie fremde Ueppigkeit in<br />

der <strong>Heimat</strong> aufkommen ließen. Ein Denkmal aus den guten<br />

alten Tagen sind die schönen Fachwerkhäuser, die der Hauptstraße<br />

noch heute ein besonderes Gepräge geben. Sie weisen<br />

ganz andere Formen auf als die bei uns einheimischen<br />

Bauernhäuser und zeigen, daß sie von wohlhabenden Leuten<br />

nach fremden Mustern errichtet wurden.<br />

Da steht etwas eingerückt von der belebten Talstraße nach<br />

Ebingen das Rathaus des Killertalortes Hausen. Es wurde um<br />

das Jahr 1750 von einem der weitgereisten Hausierer erstellt.<br />

Es ist ein zweigeschossiger verputzter Fachwerkbau auf Bruchsteinsockel<br />

über einem rechteckigen Grundriß. Das biberschwanzgedeckte<br />

hohe Satteldach hat Krüppelwalm und ladet<br />

an den Traufen wie an den Giebeln nach Schweizer Art weit<br />

aus. An der westlichen Langseite laufen unter dem Dachüberstand<br />

in beiden Geschossen offene Holzgalerien entlang.<br />

Die große ehemals getäfelte Stube (das heutige Amtszimmer)<br />

liegt auf der Nordostecke mit drei Fenstern nach jeder<br />

biet vom Tierental nördlich von Trochtelfingen gut s /i Stund<br />

gegen Norden hin bis zum „Weiler Haid" mit der Marienkapelle<br />

hart an der Großengstinger Grenze, was unsere Karten<br />

leider nicht genügend erkennen lassen! Jänichen dem<br />

diese Tatsache' offenbar nicht ganz klar ist, dachte an eine<br />

befestigte Hofanlage neben der Haidkapelle, die ursprüglich<br />

zur Burg gehört haben könne. Die Kapelle ist jedoch erst<br />

1470 oder kurz vorher erbaut worden.<br />

Wahrscheinlich meinte Locher die Burgstelle auf einem<br />

bewaldeten Berg weiter südlich, 2,5 km nördlich von Trochtelfingen,<br />

hart östlich an der Kreuzungsstelle von Landstraße<br />

und <strong>Hohenzollerischer</strong> Landesbahn 12 ). Die Albvereinskarte<br />

1 : 50 000 von etwa 1920 hat dort unweit des Spitzigen Berges<br />

die Ruine mit dem Namen „Hintere Burg" eingetragen. Name<br />

und Gräben fehlen leider auf den neuen Karten 1 : 25 000! Als<br />

Gymnasiast habe ich selber mit meinen Trochtelfinger Mitschülern<br />

Paul Schoser und Karl Dietrich die Stelle abgesucht.<br />

Die Gräben der Burg waren deutlich zu sehen und<br />

dürften es, da im Walde gelegen, auch heute noch sein. Hier<br />

also hätten wir am Rande oder Eck der Haid die<br />

Stammburg der hochedlen Herren von Haideck anzunehmen!<br />

Nebenbei darf darauf hingewiesen werden, daß in Trochtelfingen<br />

außer dem werdenbergischen Schloß bei der Pfarrkirche<br />

sich noch nördlich der Stadt der Burgberg findet, auf<br />

dem im 17. Jahrhundert die Burgkapelle erbaut wurde 1 - 1 ).<br />

Spuren der Burg sind noch schwach vorhanden, während der<br />

Felsen der einstigen Wetzeisburg gegen Steinhilben nach<br />

1900 zur Gewinnung von Pflastersteinen völlig weggeräumt<br />

ist. Dagegen finden sich noch Spuren von Wall und Graben<br />

auf dem sog. B u r g s t a 11 am Nordrand des Städtchens,<br />

östlich des Elektrizitäts-Umspannwerks. Eine Irmgard von<br />

Trochtelfingen schenkte dem Kloster Blaubeuren einige Fruchtzinsen<br />

in Asch 14 ).<br />

Anmerkungen :<br />

Alte Fachwerkhäuser in Hausen<br />

Ein geschichtlicher und ortskundlicher Beitrag<br />

von Oberlehrer B i e g e r<br />

1) Kultur der Reichennau 1925, I 562, II 1242, und unsere Note 3.<br />

2) Wirtbg. ÜB 2, 137—138.<br />

3) Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, 29, 1877, 33—34.<br />

4) Mitt. Hohenzoll. II, 47 und Kindler v. Knobloch, Oberbad. Geschlechterbuch<br />

II, 15.<br />

ä) Codex Salem I, 173; Mitt. Hohenzoll. III, 35.<br />

0) Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 1888, 369.<br />

") K. v. Knobloch, Oberbad. Geschlechterbuch II, 15.<br />

8) Merz—Hegi, Die Wappenrolle von Zürich 1930, S. 154.<br />

8) Württbg. Viertel]ahrsheft 1881, Jg. VI. S. 3 ff.<br />

10) Blätter des Schwab. Albvereins 1932, 209—211.<br />

11) Wirtbg. UB 4, 482.<br />

12) Hohenzollerische <strong>Heimat</strong> 1958, 28.<br />

13) Mitt. Hohenzoll. 38, 1904, 34 f.<br />

14) Annales des Tubingius, hgg. von G. Brösamle 1966, S. 113.<br />

Seite. Die Fenster des Erdgeschosses haben geschwungene<br />

Dächer aus Blech. Neu an das Rathaus wurde das Ortswappen<br />

angebracht, das 1949 vom Innenministerium des Landes<br />

Württemberg-Hohenzollern der Gemeinde Hausen im<br />

Killertal verliehen wurde. Das Wappen ist ein schwarzes<br />

Feld, durch das sich ein silberner Wellenpfahl zieht. Wie<br />

uns die Farben Silber und Schwarz an die Zugehörigkeit<br />

unseres Ortes zur Grafschaft Zollern erinnern, so deutet der<br />

silberne Wellenpfahl an, daß sich auf der Gemarkung<br />

Hausen im Killertal die Flußsysteme Rhein und Donau<br />

scheiden. Etwas oberhalb des Rathauses kommen wir auf das<br />

Fachwerkhaus Nr. 147, das dem Malermeister Gustav Steimer<br />

gehört. Es ist ein Wohnhaus mit zweigeschossigem Aufbau<br />

mit sichtbarem Fachwerk fränkischer Art und biberschwanzgedecktem<br />

Satteldach. Das Erdgeschoß ist verputzt. Der nach<br />

Westen (der Wetterseite) gerichtete Straßengiebel hat über<br />

vier Balkenanlagen mit Ziegeln gedeckte Schutzdächer. Der<br />

Giebel ist in seinem oberen Geschoß durch eine kreisförmige<br />

Verstrebung geschmückt. In dem Rad, das etwa einen Durchmesser<br />

von eineinhalb Meter hat, finden wir die selten schöne<br />

Inschrift: „Ob Burchart gelobt sei — Jesus — JHS — und<br />

Maria. Cituna Lorch. Anno 1756 Jahres."<br />

Die Inschrift ist in die Balken eingehauen und mit weißer<br />

Farbe übertüncht. Jakob Burchart und Cituna Lorch, die beiden<br />

Namen, die in der Inschrift genannt sind, haben das Haus<br />

gebaut, und zwar im Jahre 1756. Das Wohnhaus steht mit<br />

dem Giebel zur Straße. Im Absland von vier Metern dahinter<br />

ist die Scheune mit dem Stall als besonderer Fachwerkbau<br />

mit hohem Satteldach quergestellt, so daß ein kleiner, nach


22 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

der Straße offener Wirtschaftshof entsteht. Die große getäfelte<br />

Wohnstube liegt auf der Südwestecke mit 3 Fenstern<br />

zur Straße und dreien zum Hof. Erst in den letzten Jahren<br />

wurde das ganze Anwesen wieder neu hergerichtet und erhielt<br />

dadurch wieder ein schönes und anmutendes Gesicht.<br />

So recht originell zeigt es jetzt wieder den so anheimelnden<br />

altdeutschen Stil und trägt so auch zur Dorfverschönerung<br />

bei. Einige Grundstücke südlich von Nr. 147 liegt das<br />

Haus Nr. 150, das heute Jakob Flad gehört. Das Fach werk<br />

war in allen Geschossen sichtbar. Der Straßengiebel ist ebenfalls<br />

mit 4 Schutzdächern versehen. Erbaut wurde es im<br />

Jahre 1756. Der Grundriß entspricht ebenfalls dem des Hauses<br />

Nr. 147, nur daß hier Scheune und Stall unmittelbar in<br />

Verlängerung des Wohnhauses angefügt sind. Die südliche<br />

Langseite des Hauses, auf der die Eingänge liegen, ist einer<br />

Nebengasse zugekehrt.<br />

Kommerzienrat Mauser in Oberndorf machte dem Pater<br />

Desiderius in Beuron, dem Haigerlocher Sohn und Begründer<br />

der Beuroner Kunstschule, wiederholt das Anerbieten, er<br />

wolle ihn gern im Auto nach Haigerloch bringen, damit er<br />

den Ort, wo seine Wiege stand, noch einmal sehen könne.<br />

Jedesmal lehnte er dankend ab, aus dem Grunde: ich will<br />

Haigerloch nicht mehr sehen, seitdem die Haigerlocher ihr<br />

altehrwüriges Rathaus abgebrochen haben. Mit Künstleraugen<br />

hatte er oft in der Jugend vom Marktplatz aus das<br />

schöne Idyll betrachtet: Vom Marktplatz führt eine Holzbrücke<br />

über die oft reißende Eyach. In der Mitte der Brücke<br />

erhebt sich am Geländer ein Kreuz, drüben geht der Weg<br />

unter dem Rathaus hindurch, das „Stiegle" hinauf. Der Steig,<br />

eine Steintreppe, führt am Rathaus vorbei hinauf in die<br />

Oberstadt, für Buben eine ideale Kletterpartie, hinunter Gelegenheit<br />

zu allen möglichen tollen Sprüngen. Die Giebelseite<br />

des Rathauses gegen den Marktplatz zu war mit Bildern<br />

geschmückt, auch eine Statue des hl. Johannes Nepomuck,<br />

jetzt an einem Haus auf dem Marktplatz, zierte und belebte<br />

die Mauerfläche. Früher erfreute das Auge auch noch sichtbares<br />

Balkenwerk. Auf der Spitze des Daches ein Türmchen;<br />

der Klang seines Glöckleins weckte aber keine gehobene<br />

Stimmung, denn beim Steuereinzug mahnte es immer wieder:<br />

zahlen, zahlen! Manchen allerdings regte seine Mahnung<br />

nicht auf, er dachte: Läute mein Glöcklein nur zu, mich<br />

bringst du nicht aus der Ruh.<br />

Am unteren Stock des Hauses war ein Schreckbild: Der<br />

Pranger. Wer den guten Ruf seiner Mitbürger mit seinem<br />

Lügenmaul verlästert hatte, wurde auf das Postament hinaufgestellt,<br />

angebunden, eine große Zunge aus rotem Tuch<br />

wurde ihm auf die Brust gehängt, so mußte er stundenlang<br />

seine Lästerreden abbüßen. Sehr heilsame Medizin für böse<br />

Mäuler! — Im Innern des Rathauses war unten ein Raum für<br />

Feuerlöschgeräte, darüber eine Halle zum Abhalten kleiner<br />

Wochenmärkte, im oberen Stock der große Ratssaal und das<br />

Amtszimmer für den Bürgermeister. Da war es auch, wo<br />

man anno 1848 Kugeln austeilte, als wie ein Lauffeuer das<br />

Gerücht von Ort zu Ort eilte: Die Franzosen kommen! Die<br />

Haigerlocher, tapfer wie sie immer waren, einige sagen ja;<br />

Gräfin Adelheid ist wohl eine der interessantesten Persönlichkeiten<br />

aus der Geschichte von Gammertingen. Bisher<br />

wurde ihr Leben und Werk noch nie zusammenhängend dargestellt.<br />

Solange das Kloster Zwiefalten noch bestand, gab<br />

es dort noch Erinnerungen an Adelheid. Seit der Aufhebung<br />

des Klosters ist sie völlig in Vergessenheit geraten. So wird<br />

es gut sein, wenn man sich wenigstens in Gammertingen an<br />

sie erinnert. In Gammertingen, dessen Name sie trug und<br />

wo sie viele Jahre ihres Lebens als Frau und Mutter verbrachte.<br />

Gräfin Adelheid wurde vor mehr als 900 Jahren (um 1060)<br />

als Tochter des Grafen Hartmann von Dillingen geboren.<br />

Die Grafen von Dillingen waren damals eines der mächtigsten<br />

und bedeutendsten Hochadelsgeschlechter in Südwestdeutschland.<br />

Durch seine Frau hatte Graf Hartmann den<br />

reichen Besitz der Grafen von Kyburg geerbt. Sein Sohn<br />

Hartmann d. J. übernahm die Grafschaft. Der zweite Sohn,<br />

Ulrich, wurde Bischof von Konstanz, Eine Tochter, Hadwig,<br />

ging ins Kloster und die Tochter Adelheid heiratete den<br />

Grafen Ulrich von Gammertingen.<br />

Durch die Ausgrabungen beim „Alten Schloß" wissen wir<br />

heute wenigstens, wo Adelheid und Graf Ulrich ihren Wohn-<br />

Das alte Rathaus in Haigerloch<br />

Gräfin Adelheid von Gammertingen<br />

Schräg gegenüber dem Hause von Jakob Flad ist wieder<br />

eine Inschrift zu lesen: Engelbertus Steimer, Vogt und Anna<br />

Seitzin. Anno 1774. Ein dem Rathaus entsprechendes Fachwerkhaus<br />

ist das Haus Nr. 104 am Nordausgang des Dorfes,<br />

das Max Ruff gehört. Das Erdgeschoß ist massiv, darüber das<br />

verputzte Fachwerk des Obergeschosses. Genau wie beim<br />

Rathaus finden wir bei diesem Haus das Satteldach mit<br />

Krüppelwalmen und großen Dachüberständen. Die Verbreiterung<br />

am Giebel hat Dreipaßform. Die ganze Form und das<br />

Aussehen entsprechen einem sogenannten Bernerhaus. Es<br />

wurde etwa um das Jahr 1800 erbaut. Die beschriebenen<br />

Häuser sind typisch für eine größere Anzahl Bauernhäuser<br />

im Dorfe, die jedoch vielfach das Fachwerk verputzt haben.<br />

Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert. So drückt sich hier ein<br />

wichtiger Erwerbszweig (Hausiergewerbe) der Einwohner in<br />

einer besonderen Art des Ortsbildes aus.<br />

jener Ritter unter Kaiser Rotbartlobesam, der den „Schwabenstreich"<br />

lieferte, sei aus Haigerloch gewesen — die Haigerlocher<br />

also zogen mutig mit Flinten, Heugabeln, Dreschpflegeln<br />

bewaffnet, Nordstetten zu, dem Feinde entgegen.<br />

Es war Marä Verkündigung im Revolutionsjahr. Einer war<br />

dabei, der hatte auch Kugeln gewollt, hatte aber keine Flinte.<br />

Auf die Frage, wozu er dann Kugeln brauche, wenn er kein<br />

Gewehr habe, antwortete er in feuriger Kampfesfreude: Ich<br />

werfe sie den Franzosen ins Gesicht. Das alte Rathaus könnte<br />

ja viel erzählen; es entstand schon zur Zeit der Entdeckung<br />

von Amerika 1492, denn es war 1468 erbaut worden mit<br />

reichlicher Unterstützung der Gräfin Mechthild, des Fräuleins<br />

von Oesterreich. Zu ihrer Zeit war Unter- und Oberstadt<br />

in einer Gemeinde vereinigt worden, unter ihr wurde das<br />

„Stadtbüchle" verfaßt, in welchem das Stadtrecht zusammengestellt<br />

war. Das Rathaus sah die Greuel der Schweden im<br />

Dreißigjährigen Kriege, die Durchmärsche von Franzosen,<br />

Oesterreichern, Russen zur Zeit Napoleons, es hat Freud und<br />

Leid redlich mit der Bürgerschaft geteilt.<br />

Das Jahr 1872 kam, man baute die neue Straße durch Haigerloch,<br />

eine neue eiserne Brücke mußte erstellt werden;<br />

gewissen Kreisen war das ein willkommener Anlaß, das altehrwürdige<br />

Rathaus abzubrechen, angeblich wegen der neuen<br />

Straße und Brücke, die man beide hätte erstellen können,<br />

ohne dem Rathaus den Todesstoß zu versetzen. Allein wozu<br />

sind die Dummheiten, wenn man sie nicht macht! Jetzt denkt<br />

man anders! Aber die Toten kann man nicht mehr lebendig<br />

machen. Schließen wir mit dem Schlußsatz einer schön geschriebenen<br />

Urkunde aus dem Jahre 1773, in welchem man<br />

das Rathaus gründlich renovierte. Er lautet: „Gott segne<br />

diese Stadt und beschütze sie und bewahre sie vor Wasserund<br />

Feuersnot, auch vor allen anderen Uebeln des Leibes<br />

und der Seele." Ein kleiner Trost ist uns geblieben: Das alte<br />

Rathausglöcklein lebt noch und hängt im Türmchen des<br />

Missionshauses. Die Stadt schenkte es, nachdem das erste<br />

Glöcklein im Kriege mußte abgeliefert werden. Es hat jetzt<br />

eine höhere, schönere Aufgabe als ehedem; es ladet zum<br />

Beten ein. Aber klingt nicht auch noch ein wehmutsvoller<br />

Ton durch, das Heimweh nach seiner alten <strong>Heimat</strong>, dem alten<br />

Rathaus?<br />

sitz hatten. Sicher wurde ein Teil der Mauer, die wir heute<br />

wieder sehen können, in ihrer Zeit errichtet. Auch mancher<br />

der Gegenstände, die in den letzten Jahren dort gefunden<br />

wurden, mag Graf Ulrich und Adelheid gehört haben. Aus<br />

der Ehe gingen zwei Söhne hervor, die in der Geschichte als<br />

Grafen von Gammertingen, Hertingen und Achalm erscheinen.<br />

Graf Ulrich starb wohl zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr,<br />

Er wurde in seiner Eigenkirche in Gammertingen<br />

begraben. Vielleicht stand diese Kirche an der Stelle der<br />

heutigen Michaelskirche. Jedenfalls deutet der Patron St.<br />

Michael auf ein sehr hohes Alter der Kirche hin.<br />

Nach dem Tode ihres Mannes zog Gräfin Adelheid nach<br />

Zwiefalten, wo das neugegründete Kloster mächtig aufblühte.<br />

Viele Mütter und Schwestern der Mönche hatten den Wunsch,<br />

sich hier niederzulassen und ein klösterliches Leben zu<br />

führen. Die Frauen wohnten zunächst in Bretterhütten,<br />

welche die Hirsauer Gründermönche als Notunterkunft gebaut<br />

hatten. Sie durften einen Teil des neuen Münsters als<br />

Chor benützen. Auf die Dauer war dies jedoch ein unguter<br />

Zustand. Mit Genehmigung des Abtes Ulrich übernahm Gräfin<br />

Adelheid die Gründung eines eigenen Frauenklosters. In<br />

der Gegend des heutigen Friedhofes von Zwiefalten baute


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 23<br />

sie auf eigene Kosten ein Kloster und eine Kirche, welche<br />

St. Johannes d. T. geweiht war.<br />

Das neue Kloster wurde 1138 von 62 Nonnen bezogen. Unter<br />

ihnen waren viele Frauen aus dem schwäbischen Hochadel,<br />

u. a. Hadwig, die Schwester von Gräfin Adelheid. Auch<br />

zwei Ekelinnen der Gräfin traten später in das Kloster<br />

ein. Die Frauen lebten nach der Regel des Hl. Benedikt<br />

unter einer Oberin (Magistra). Sie wetteiferten mit den Mönchen<br />

nicht nur in der Frömmigkeit, sondern auch in der<br />

Schreibkunst und Malerei, Besonders geschätzt war ihre<br />

Stickerei und ihre Arbeit an Altären und kirchlichen Gewändern.<br />

Neben den Grafen Cuno und Luithold von Achalm, den<br />

Klostergründern, war Gräfin Adelheid wohl die größte Wohltäterin<br />

von Zwiefalten. Um die Familie der Grafen von<br />

Gammertingen dauernd mit dem Kloster zu verbinden, ließ<br />

sie ihren verstorbenen Gatten von Gammertingen nach Zwiefalten<br />

überführen. Dort wurde er im Kapitelssaal des Männerklosters<br />

beigesetzt. Auch ihr Schwiegervater, Graf Arnold,<br />

war dort begraben. (Es ist nicht bekannt, ob auch er<br />

zunächst in Gammertingen sein Grab hatte.) Der Chronist<br />

Berthold berichtet, daß Gräfin Adelheid, solange sie lebte,<br />

den ganzen Konvent mit Korn und Wein versorgte. Dies<br />

bedeutet, daß ca 200 Personen über drei Jahrzehnte mit<br />

Lebensmitteln beliefert wurden. Auch zur Ausschmückung<br />

des Münsters hat sie viel beigetragen. U. a. stiftete sie die<br />

„Hungertücher". Dies waren die Vorhänge, mit denen in der<br />

Fastenzeit der Chor und die Altäre verhängt wurden. Auch<br />

Schmuck schenkte sie, der zu Reliquienbehältern und kirchlichen<br />

Geräten verarbeitet wurde.<br />

Das Pfarrarchiv Benzingen verwahrt einen Brief des Fürsten<br />

Joseph Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen, den<br />

wir hier in moderner Rechtschreibung wiedergeben. Mehrere<br />

lateinische Zitate aus der hl. Schrift sind übersetzt.<br />

Sie zeigen, daß der Fürst mit ihnen vertraut war.<br />

Der ganze Text atmet eine patriarchalische Verbundenheit<br />

des Landesherrn, der sich als Vater der Untertanen fühlt und<br />

mit ihnen alle Sorgen der Untertanen teilt. Als Landesvater<br />

fühlt er sich auch für die Seelen der Landeskinder verantwortlich.<br />

Er will den Sterbenden, die in den letzten Zügen<br />

liegen, in ihrer Not beistehen, indem alle Ortsbewohner zum<br />

Gebet aufgefordert werden durch das Zügenglöcklein.<br />

Mancherorts nennt man „Zügenglöcklein" ein Glockenzeichen,<br />

wenn der Priester mit der Wegzehrung von der<br />

Kirche weggeht, begleitet vom Mesner oder Ministranten.<br />

Nach altem Brauch kommen daraufhin die Bewohner der<br />

Straße, durch die der Weg zum Kranken führt, aus dem<br />

Haus und beten auf den Knien den Heiland an. Früher<br />

wurden die Leute ermuntert, den Priester betend zum Hause<br />

des Kranken zu begleiten. Es waren besondere Ablässe<br />

damit verbunden. Normalerweise müßte man dieses Glockenzeichen<br />

„Versehglocke" nennen.<br />

Es scheint, daß auch bei nächtlichen Versehgängen ein<br />

Glockenzeichen gegeben wurde. Das mußte begreiflicherweise<br />

wieder abgestellt werden. Ein Glockenzeichen zu geben bei<br />

eingetretenem Sterbefall, „die Scheidung", als Aufforderung,<br />

für die Seele zu beten, wird schon von dem Kirchenschriftsteller<br />

Durandus Ende des 13. Jahrhunderts als bekannter<br />

Brauch erwähnt. Für Frauen wurde damals zweimal, für<br />

Männer dreimal geläutet. In dem Fürstenbrief finden wir<br />

diesen Brauch auch noch angedeutet.<br />

Den Gebetstext, von dem der Fürst spricht, fand ich<br />

nicht im Pfarrarchiv. Es ist mir nicht bekannt, ob der Vorschlag<br />

des Landesherrn durchgeführt wurde. Wie ein Mißklang<br />

findet sich gerade 100 Jahre später der Eintrag: „1846<br />

genehmigt das Oberamt Straßberg, das 13 Pfund schwere<br />

Zügenglöcklein von Benzingen, das seit 30 Jahren unbenützt<br />

im Pfarrhaus dort stehe, nach Blättringen zu schenken, da<br />

die Kapelle dort nur eine Glocke habe."<br />

Ehrwürdiger, besonders lieber Herr Cammerer!<br />

Gleich wie einem regierenden Herrn nebst Beförderung der<br />

Ehre Gottes in seinen Landen nichts mehr angelegen sein lassen<br />

sollte, als das Heil der Seelen seiner lieben getreuen Untertanen,<br />

für welche alle und eine jede insbesondere der einstens<br />

vor einem jetzt noch barmherzigsten, dort aber strengsten<br />

Richter wird Rechenschaft geben müssen, und zwar eine<br />

solche Rechenschaft, die in dem gegenwärtigen blinden finsteren<br />

Lebenslauf nicht kann gefaßt noch begriffen werden, „ein<br />

sehr strenges Gericht wird über die kommen, die vorgesetzt<br />

Das Zügenglöcklein<br />

Als Schwester des Bischofs von Konstanz und als Stifterin<br />

und Wohltäterin genoß Adelheid im Kloster höchstes Ansehen<br />

und Verehrung. Besonders gelobt wird von den Chronisten<br />

jedoch ihre Frömmigkeit. Auf ihr Bitten wurde das<br />

Kloster Neresheim von Zwiefalten aufs neue besetzt und reformiert.<br />

Ob Adelheid selbst Oberin des Frauenklosters war,<br />

ist nicht bekannt. Sie lebte etwa 30 Jahre in Zwiefalten und<br />

wurde über 80 Jahre alt. Am 1. Dezember 1141 ist sie verstorben.<br />

Ihr Grab ist nicht mehr bekannt. Aber ihr Andenken<br />

lebte in Zwiefalten weiter bis zur Aufhebung des Klosters.<br />

In einem Bericht aus dem 18. Jahrhundert wird sie<br />

sogar als die „Heilige Adelheid" bezeichnet.<br />

Ihre Gründung, das Frauenkloster Zwiefalten, hatte leider<br />

keinen Bestand. Auf die Blütezeit im 12. Jahrhundert folgte<br />

ein langsamer Rückgang. Die Einkünfte reichten auf die<br />

Dauer zur Unterhaltung von zwei Klöstern nicht aus. Im<br />

Pestjahr 1349 wird das Frauenkloster zum letzten Mal urkundlich<br />

erwähnt. Wahrscheinlich starben damals viele der<br />

Nonnen. Die Ueberlebenden sollen in das Kloster Mariaberg,<br />

welches seit 1292 der Aufsicht von Zwiefalten unterstand,<br />

versetzt worden sein. Fortan übernahm Mariaberg die Tradition<br />

des Frauenklosters von Zwiefalten.<br />

Die Gebäude des Frauenklosters wurden später abgerissen.<br />

Nur die Klosterkirche steht heute noch. Sie wird jetzt als<br />

Friedhofskapelle benützt. Trotz der später ausgebrochenen<br />

gotischen Fenster sieht man dem Bau sein hohes Alter noch<br />

an. Die Kirche ist das letzte Andenken an eine bedeutende<br />

Frau aus Gammertingen, an Gräfin Adelheid.<br />

Dr. Herbert Burkarth.<br />

sind": Darum ist ganz natürlich, daß ein jeder Regent „dem<br />

vom Herrn Gewalt und Kraft gegeben", zuweilen durch unverdiente<br />

Gnad Gottes auf solche heilsame Gedanken verfalle,<br />

durch welche er auf Mittel und Weg gelange, die kostbaren<br />

Seelen seiner Untertanen nebst ihrer eigenen Mitwirkung in<br />

den Himmel zu bringen. — Folglich die Last einer so schweren<br />

auf ihn wartenden Verantwortung, wo nicht gänzlich ablehnen<br />

doch wenigstens verringern. Eigene Mittel und Wege<br />

gibt es sehr viele, welche alle vorderhand zu erkennen unsere<br />

Kräfte nicht vermögen, drum glauben wir nicht Unrecht<br />

daran zu sein, um vielleicht eines der kräftigsten gefunden<br />

zu haben, welches in folgendem besteht: „So wir unsern in<br />

beiden Herrschaften und hoher Jurisdiction unterstehenden<br />

ehrwürdigen, viel geliebten Herrn Dekanen, Pfarrherren und<br />

Seelsorgern keineswegs als einen Befehl sondern zu einer<br />

willigen Annehmung eröffnen: Die zusagende Einführung<br />

aber uns zu einem großen innerlichen Trost, ihnen aber zu<br />

noch größerem Verdienst gereichen würde. Gewiß und unwidersprechlich<br />

ist, daß die menschliche, aber kostbare Seele<br />

nach so vielen mühseligen, betrübten zurückgelegten Stünden<br />

ihres armseligen zeitlichen Lebens, jedoch den Schatten<br />

noch nicht gesehen, alles dessen jedoch, was mir annoch bevorstehet<br />

auf dem Todbett in der Stunde des Todes, von<br />

welcher die ewig glückliche oder unglückliche Ewigkeit abhängt.<br />

Sie wird daliegen ohne Trost, ohne Hilf zwischen Furcht<br />

und Hoffnung, nichtwissend, ob sie der Liebe oder der Strafe<br />

würdig sei, sie wird zu vergleichen sein einem Baum, der<br />

zum Abhauen wirklich verurteilt, nicht aber durch eine materialische<br />

Not, sondern durch hervorgebrachten guten oder<br />

bösen Werke, als dessen Früchte werden ihnen fallen machen.<br />

„Wie der Baum fällt, bleibt er liegen", bleibt er gegen Mitternacht<br />

liegen, so erbarmet es Gott, damit dieses aber nicht<br />

geschehe, sondern so viele Bäume als Wir Untertanen in unserem<br />

Fürstentum haben, um welche Wir Red und Antwort<br />

geben müssen, gegen Mittag fallen mögen. So ist anders<br />

nichts übrig, als daß man bei diesem allerwichtigsten und<br />

letzten Umstand gleich wie bei allem andern Vorhergegangenen,<br />

die Zuflucht zu dem heiligen Gebet, welches allein<br />

die Wolken durchdringt und der Lebendigen und Toten<br />

strengsten Richter in einen sanftmütig, barmherzigen Gott<br />

verändert. —<br />

Zu diesem Ende werden Wir nächstens, sobald Wir das<br />

Gehörige und bereits Angebrachte von ihrer päpstlichen Heiligkeit<br />

erhalten haben, in Unserer Residenzstadt allhier einführen,<br />

daß sobald ein Kranker in die Züge gerissen würde,<br />

augenblicklich eine Person von dem Haus, in welchem der<br />

Sterbende liegt, zu dem Mesner, oder demjenigen, der die<br />

Schlüssel des Glockenturmes verwahrt, laufen solle, dieser<br />

aber ohne Verzug eines Augenblicks dahin eilen solle, allwo<br />

er mit einer Glocke ein solches Zeichen geben wird, das von<br />

anderen unterschieden: und man aberkennen könne, ob es ein


24 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Mann oder Weibsperson, welches in den Zügen liegt. Worauf<br />

sodann alles in den Häusern niederknien und dasjenige Gebet<br />

mit möglichster Andacht und Mitleiden gegen den nun<br />

hilfsbedürftigen Nebenmenschen laut abbeten würden. Wir<br />

haben es bereits zum Druck befördern lassen. Dabei ist zu<br />

wissen, daß der Sterbende hierdurch vollkommenen Ablaß erlangt,<br />

die Lebenden aber, denen allen diese schwere Stunde<br />

auch bevorsteht, sich einen solchen Schatz bei Gott sammeln<br />

werden, daß jeder zu seiner Zeit auf dem Totenbett tröstlich<br />

ausrufen wird: ich habe mir Reichtümer im Himmel aufgespart.<br />

Sonderbar, wenn dieses herzdringende und von der<br />

heiligen Kirche approbierte Gebet bedächtig — da es ja einen<br />

jeden treffen wird — auch mit zerknirschtem und demütigem<br />

Herzen wird verrichtet werden, „denn ein zerknirschtes<br />

und demütiges Herz wird Gott nicht verschmähen".<br />

Ersuche also den Herrn Kammerer, sich in Bälde durch<br />

schriftliche Antwort gegen Uns zu erklären, und allenfalls die<br />

Zahl der Pfarrkinder, großen und kleinen, welche des Le-<br />

„Sehr geehrter Verfasser des Artikels über unsere<br />

Michaelskirche!<br />

Sehr gerne würden wir Sie mit dem Namen ansprechen,<br />

doch Sie geben uns die Möglichkeit nicht, da Sie denselben<br />

verschweigen.<br />

Sie haben in Nummer 1 der „Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

sich mit der Renovation unserer Pfarrkirche befaßt. Dürfen<br />

wir Sie fragen: Wollen Sie nur kritisieren? Denn auffallend<br />

ist der lieblose Ton und die Tatsache, daß Sie bei Ihrem<br />

Rundgang in der Kirche nichts nennenswert Positives gefunden<br />

haben. Wenn wir allerdings nur Negatives geschaffen<br />

hätten, dann wäre es schade für die vielen Spenden, die Arbeit<br />

der freiwilligen Helfer, die Bemühungen des Erzb. Bauamtes,<br />

des Landeskonservators, des Architekten und unseres<br />

Pfarrers.<br />

Oder wollen Sie die Leser dieser Zeitschrift informieren?<br />

Dann wäre es allerdings notwendig gewesen, sich selbst vorher<br />

richtig informieren zu lassen. Gestatten Sie uns bitte, daß<br />

wir es nachträglich tun.<br />

1. Der von Ihnen erwähnte neuromanische Hochaltar (aus<br />

dem Jahre 1899) stand fast an der Rückwand des beinahe<br />

10,50 m tiefen Chorraumes, der an den romanischen Säulen<br />

sich sehr stark verengt (s. die Kunstdenkmäler Hohenzollerns<br />

Seite 383), sodaß mindestens ein Drittel der Kirchenbesucher<br />

den Altar nicht sehen und damit auch die<br />

Messe nicht mit feiern konnten. Wir werden immer wieder<br />

von unserem Pfarrer und in Zeitschriften aufgefordert<br />

zur aktiven Mitfeier der hl. Messe, dann müssen wir auch<br />

dazu die Möglichkeit haben.<br />

2. Sie schreiben, daß der neuromanische Hochaltar „auf ausdrückliches<br />

Drängen des Landeskonservators" verschwunden<br />

sei. Wir möchten Ihnen sagen, daß er zwar den Vorschlag<br />

dazu gab, wir aber in einer Gemeindeversammlung<br />

den Beschluß dazu faßten. In einer weiteren solchen Versammlung<br />

beschlossen wir, die beiden barocken Seitenaltäre<br />

und die Kanzel an die Mauritiuskirche in Langenenslingen<br />

abzugeben.<br />

3. Sie bezeichnen unseren jetzigen Hochaltar als einen „neumodischen<br />

Theken-Altarblock". Uns hat sich gleich das<br />

Bild von der Biertheke aufgedrängt. Kann man so von<br />

einem Altar sprechen?<br />

Zur Kirche Veringendorf<br />

sens kundig, beizusetzen, damit Wir danach die gedruckten<br />

Gebetter bestellen und ungesäumt einschicken können.<br />

Schließlich empfehlen Wir Uns und Unser ganzes Haus<br />

dem heiligen Meßopfer und verbleiben<br />

des H. Cammerer<br />

Sigmaringen, den 13. März 1746 Wohl affektionierter<br />

J. F. Fürst zu Zollern<br />

manu propria (eigenhändig).<br />

P.S.<br />

Sollte unser wohlmeinendes und hoffentlich verdienstliches<br />

Vorhaben einem angrenzenden Herrn Pfarrer gefallen und zu<br />

Hilf und Trost seiner Pfarrkinder einzuführen gewilligt sein,<br />

so machen Wir uns die größte Freud, mit sovielen hundert<br />

Exemplarien ob ermeldeten Gebetes ihnen anhanden zu geben,<br />

als er vonnöten haben wird<br />

An H. Cammer zu Benzingen<br />

Titel: De causa: Das Zügenglöcklein vor die Sterbenden zu<br />

beten. Nikolaus M a i e r.<br />

4. Nur wenn man mit einer nicht gerade positiv vorgefaßten<br />

Meinung den Priestersitz betrachtet, sieht man darin einen<br />

„nachgeahmten Bischofsthron".<br />

5. Wir möchten uns nicht in Kunstbetrachtungen mit Ihnen<br />

auslassen, doch wissen wir vor allem aus dem Konradsblatt,<br />

daß die Arbeit der Gisela Bär sehr geachtet, geschätzt<br />

und anerkannt wird. Wir würden Ihnen zudem empfehlen,<br />

bei Ihrem nächsten Besuch sich Zeit zu nehmen, um auf<br />

dem Taufsteindeckel die lässige Haltung des Nikodemus<br />

und die fordernde Geste des Herrn zu erkennen. Christus<br />

fordert von Nikodemus letzte Entscheidung als Grundlage<br />

für „das Wiedergeboren werden aus dem Wasser und dem<br />

Hl. Geist. . . ." Wir finden, daß dies sehr ausdrucksvoll dargestellt<br />

ist, allerdings nur für den, der sich Zeit nimmt zum<br />

Betrachten.<br />

6. Wenn man unsere Kirche durch den Haupteingang betritt,<br />

kann man den Tabernakel gut sehen. Im übrigen möchten<br />

wir Sie bitten uns Vorschläge zu machen, wie man hier<br />

noch eine Verbesserung vornehmen könnte.<br />

7. Anerkennenswert ist, daß Sie unseren Steinboden „nobel"<br />

finden. Der kalten Füße wegen brauchen Sie sich keine<br />

Sorgen zu machen, denn wir haben in wochenlanger Arbeit<br />

nach Art der römischen Hypokausten eine Heizung eingebaut<br />

und freuen uns sehr über unsere warme Kirche.<br />

8. Die Aufstellung der wertvollen Figuren tun Sie mit einem<br />

Satz ab. Auch hier würden wir Sie zu einer längeren Betrachtung<br />

ermuntern. Wir erinnern uns an eine Predigt<br />

unseres Pfarrers in der Adventszeit, in der er uns durch<br />

unsere Kirche geführt hat. Wir haben gespürt, daß es keine<br />

planlose Anordnung ist, sondern alles sehr gut aufeinander<br />

abgestimmt wurde. Bitten Sie doch unseren Pfarrer um<br />

eine Abschrift dieser Predigt.<br />

9. Zu Ihrer genaueren Orientierung möchten wir sagen, daß<br />

wir bei den Ausgrabungen zum Heizungsbau im nördlichen<br />

Kreuzarm des Schiffes zwei aus Ziegeln aufgemauerte<br />

Grabgruben gefunden haben. Beide waren leer und durch<br />

Steinplatten abgedeckt. Im südlichen Kreuzarm fanden wir<br />

ein Grab, das gewölbeartig zugemauert war. Wir haben aus<br />

Ehrfurcht dieses Gewölbe nicht geöffnet, sondern den alten<br />

romanischen Grabstein daraufgelegt.<br />

Familienkreis Veringendorf."<br />

Hermann und Klara Fröhlich<br />

Aus den Statuten des Landkapitels Ebingen 1755<br />

Die Statuten des Landkapitels Ebingen sind 1621 und 1705<br />

erneuert worden und wurden dann nach einer Erweiterung<br />

1755 in Konstanz gedruckt. Ein Exemplar dieses Druckes<br />

liegt im Erzb. Archiv Freiburg. Die Aufzählung der Pfarreien<br />

und Kaplaneien mit den Kirchenheiligen mag auch heute<br />

noch von Interesse sein, wenn auch da und dort inzwischen<br />

manches durch die Wissenschaft überholt erscheinen sollte.<br />

1) Schömberg. Pfarrkirche S. Peter und Paul im Friedhof.<br />

Gottesdienst wird hauptsächlich in der Marienkirche gehalten,<br />

wo eine Erzbruderschaft des hl. Rosenkranzes besteht<br />

und eine Bruderschaft st. Anna und Sebastian. Auf<br />

dem Hügel P a 1 m b ü h 1 besteht eine vielbesuchte Wallfahrt<br />

mit Kirche, die der Muttergottes und den 14 Nothelfern<br />

geweiht ist; auch ruht dort der Leib eines hl. Märtyrers<br />

Bonifatius (1705 wohnte hier der Eremit Conrad Weissweiler).<br />

Auch zwei Armenhäuser sind vorhanden. Das Patronatsrecht<br />

und die Pfarrei steht der Kollegiatkirche st. Mar-<br />

garethen in Waldkirch zu. Schömberg selbst gehört zur österreichischen<br />

Herrschaft Hohenberg. Ueber die vier hiesigen<br />

Kapläne siehe unten.<br />

2) Nusplingen im Bäratal hat eine alte Kirche auf<br />

dem Friedhof zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus. Die<br />

neue Pfarrkirche jedoch, in der gewöhnlich Gottesdienst gehalten<br />

wird, ist der seligsten Jungfrau Maria und der hl.<br />

Märtyrin Katharina geweiht. (Statt dieser Kirche erscheint<br />

1705 eine Kapelle st. Vitus und st. Sebastians). Paronatsherr<br />

ist der Abt der regulierten Chorherren von Beuron. Der<br />

Ort, ehemals Stadt, gehört zur österreichischen Herrschaft<br />

Kallenberg bzw. dem Lehen des Herren von Ulm.<br />

3) W e h i n g e n. Die alte Kirche Fronhofen liegt im Friedhof,<br />

ist der hl. Dreifaltigkeit und U. Lb. Frau geweiht und<br />

hat eine alte Bruderschaft zu St. Sebastian und Wendelin. Die<br />

neue Kirche im Ort hat die Heiligen Ulrich, Vitus und Gallus<br />

zu Schutzherren. Patron und Landesherr ist Oesterreich


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 25<br />

wegen Oberhohenberg. Zur Pfarrei gehören auch die Arbeiter<br />

und Bewohner von der Offizin Harressen (Hüttenwerk<br />

Harras 1697—1832).<br />

4) Gutenstein. Die Pfarrkirche ist U. Lb. Frau und<br />

st. Gallus geweiht. Der Ort steht unter Herrschaft Oesterreich<br />

und Lehenschaft des Grafen Schenk von Castell, der<br />

auch das Nominationsrecht hat; das Patronatsrecht jedoch<br />

steht dem Abt von St. Gallen zu. Die Filialkirche V i 1 s i n -<br />

gen steht außerhalb des Ortes und hat St. Johannes und<br />

Paulus die Märtyrer als Schutzheilige. Die Herrschaft ist fürstenbergisch.<br />

Auch besteht ein Kapellchen zur hl. Anna.<br />

Wegen dieser Filiale hat der Pfarrer von Gutenstein einen<br />

Vikar. Hierher gehören auch die Weiler Krüeseloch<br />

und vor allem das Dorf Langenhart, wo eine Sebastianskapelle<br />

steht.<br />

5) Stetten am kalten Markt, mit Pfarrkirche st.<br />

Mauritius und Genossen und Rosenkranzbruderschaft. Das Patronatsrecht<br />

und die Ortsherrschaft besitzt Graf Schenk von<br />

Castell. Am Dorfrand findet man eine schöne Marienkapelle.<br />

Auf dem Friedhof außerhalb steht das Leprosenhaus. Filiale<br />

der Pfarrei ist Nusplingen (badisch), einst mit Martinskirche<br />

und dem Gottesacker der Pfarrei, jetzt mit Kapelle<br />

der hl. Drei Könige. Zwei Weiler Ober- und Unter-<br />

Glashütten haben kein Kirchlein. Von einer nichtgeweihten<br />

Feldkapelle „Bey den drei Tritten" ist die Volksverehrung<br />

größer als die authentische Ueberlieferung.<br />

6) Schwenningen hat als Schutzherren der Pfarrkirche<br />

die hl. Columban und Wolfgang, ersterer Abt, letzterer<br />

Bischof. Patronatsherr ist der Abt von Petershausen.<br />

Die Kapelle im Schloß W e r e n w a g ist st. Alexius geweiht.<br />

Beide Orte gehören als österr. Lehen dem Provinzialpräfekten<br />

„von Ulm".<br />

7) Benzingen hat eine Pfarrkirche der hl. Apostel<br />

Petrus und Paulus. Patronats- und Ortsherr ist der Fürst<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen. Die Filialkapelle zu Blätteringen<br />

hat st. Dorothea zur Patronin. Dieser Weiler<br />

steht unter Fürstenberg.<br />

Dies sind die Pfarreien erster Klasse (an Vermögen) gewesen.<br />

Jetzt folgen die zweiter Klasse:<br />

8) Schörzingen hat eine Pfarrkirche zum hl. Gallus.<br />

Orts- und Patronatsherrschaft steht wegen Ober-Hohenberg<br />

Oesterreich zu.<br />

9) Obernheim mit Pfarrkirche U. Lb. Frau und st.<br />

Afra und Rosenkranzbruderschaft und Bündnis täglichen<br />

Meßopfers. Eine Feldkapelle zum hl. Wolfgang wird von<br />

einem Eremiten betreut. Patronatsherr ist der Abt von<br />

Beuron, Ortsherr wegen Kallenberg der Herr „von Ulm".<br />

10 Straßberg. Die Pfarrkirche zur hl. Märtyrin Verena<br />

besitzt den Märtyrerleib des hl. Cölestin. Die schöne<br />

Burgkapelle ist U. Lb. Frau geweiht, die Filialkirche zu<br />

Kaiser ingen aber Allen Heiligen. Patronats- und Ortsherr<br />

ist die Fürst-Aebtissin zu Buchau.<br />

11) Hein Stetten, einst Filiale von Ebingen (bis 1524),<br />

mit der Pfarrkirche zur hl. Märtyrin Agatha, gehört zur<br />

Herrschaft Werenwag und als Lehen dem Herrn „von Ulm".<br />

12) Kreenheinstetten hat eine Pfarrkirche zum hl.<br />

Erzengel Michael. Die Filialkapelle in Thiergartenhof<br />

jedoch ist dem hl. Märtyrer Georg geweiht. Patronatsund<br />

Ortsherr ist Fürstenberg.<br />

13) Frohnstetten hat eine Pfarrkirche zum hl. Papst<br />

Sylvester und eine Feldkapelle zum hl. Sebastian. Patronat<br />

und Ortsherrschaft gehört dem Stift Buchau.<br />

14) Harthausen (auf der Scheer) mit st. Mauritiuspfarrkirche<br />

und Sebastianusbruderschaft, gehört nach Patronat<br />

und Herrschaft zu Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Die Pfarrkirchen dritter Klasse:<br />

15) Dotternhausen mit Kirche des hl. Martin. Patronats-<br />

und Ortsherr ist das Jesuitenkolleg in Rottenburg,<br />

das hier auch eine Hauskapelle unterhält. Außerhalb des<br />

Dorfes steht die Kapelle der hl. Anna.<br />

16) Hausen im Tal, oder Hausen st. Nikolaus>, weil der<br />

Kirchenpatron der hl. Bischof Nikolaus ist. Viel Volk strömt<br />

hier zusammen zur Verehrung der hl. Ann a, der Schutzherrin<br />

einer Bruderschaft. In der Filiale N e i d i n g e n besteht<br />

eine Kapelle zur hl. Märtyrin Agatha. Auf dem<br />

Schloß Hausen ist die Kapelle dem hl. Blasius geweiht,<br />

während Langenbronn ein hervorragend schönes<br />

Kirchlein zur hl. Walpurgis besitzt von dem Ortsherrn „von<br />

Ulm" neu gegründet; ist auch geweiht. Orts- und Patronatsherr<br />

ist Graf Schenk von Castell.<br />

17) Lautlingen hat eine Pfarrkirche zum hl. Johannes<br />

dem Täufer und eine Rosenkranzbruderschaft. Auf (der<br />

Burg?) Thierberg bestand einst eine Kapelle zum hl.<br />

Wolfgang. Die Filialkirche (ehem. Pfarrkirche) in Margrethausen<br />

war der hl. Märtyrin Margaretha geweiht.<br />

Patronats- und Ortsherr ist der Baron Schenk von Staufenberg.<br />

18) Dormettingen hat eine Pfarrkirche zur Himmelfahrt<br />

Mariens und eine Rosenkranzbruderschaft. Die Kirche<br />

wurde anno 1753 mit dem Leib des hl. Märtyrers Clemens<br />

ausgestattet. Patronatsherr ist der Baron Ifflinger von Graneck,<br />

Ortsherr wegen Kallenberg der Herr „von Ulm".<br />

19) Storz ingen hat eine Pfarrkirche zum hl. Märtyrer<br />

Zeno, unter dem Patronat und Herrschaft Fürstenberg.<br />

20) E g e s h e i m hat eine alte Kirche, Mutterkirche zur<br />

Himmelfahrt Mariens. Auf dem Berg über dem Dorf steht<br />

ein aus der ganzen Gegend vielbesuchtes „Haus von Loretto"<br />

anstelle der eingefallenen Kapelle von Anhausen zum<br />

hl. Petrus und der Jungfrau Ottilia. Patronatsherr ist der<br />

Abt von Beuron, Ortsherr jedoch Oesterreich wegen Oberhohenberg.<br />

Von den Filialen ist dem Pfarrer noch der Ort<br />

K i n g s h e i m übetragen, früher Königsheim genannt, als<br />

es noch Pfarrei war. Die dortige Kapelle ist st. Agatha geweiht.<br />

Gehört zur Herrschaft von Enzberg.<br />

21) Böttingen hat eine Pfarrkirche st. Martini. Die<br />

Katharinen-Kaplanei wurde mit der Pfarrei vereinigt. Die<br />

Kapelle bei dem Weiler Schäfferhof, der dem Kirchenheiligen<br />

eigen ist, liegt in Trümmern, war einst Pfarrei und<br />

den hl. Abdon und Sennen geweiht. Patron und Ortsherr ist<br />

Baron von Enzberg.<br />

Die Pfarreien vierter Klasse:<br />

22) D e i 1 i n g e n hat eine Pfarrkirche zur Unbefleckt<br />

empfangenen Muttergottes mit Rosenkranzbruderschaft. Die<br />

Filialkirche zu Deikofen hat st. Verena zur Schutzherrin.<br />

Patron und Ortsherr ist Oberhohenberg. Auf dem Oberhohenberg<br />

steht eine Kapelle zum hl. Bischof Nikolaus<br />

und außerhalb des Dorfes ein kleines. Kapellchen der hl.<br />

Apollonia.<br />

23) Dautmergen, einst Dautmeringen geheißen, besitzt<br />

eine Pfarrkirche zur hl. Verena „wie in der Fremde"<br />

(utut exilis) und eine Rosenkranzbruderschaft. Im Dorfbereich<br />

findet sich eine st. Annakapelle. Das Patronatsrecht<br />

hängt von Zimmern ab und gehört z. Zt. der Gräfin von<br />

Welsberg in Balgheim und dem Baron von Neustem. Die<br />

Oberherrschaft gehört Hohenberg.<br />

24) Rosswangen. Pfarrkirche zu den hl. Johannes<br />

Bapt. und Dionysius mit Rosenkranzbruderschaft. Ortsherr<br />

und Patron ist das Jesuitenkolleg in Rottenburg.<br />

25) Bubsheim, einst Buebisheim genannt, hat eine<br />

Pfarrkirche zum hl Apostel Jakobus d. ält. Patron ist der<br />

Abt von Beuron, Ortsherr Hohenberg.<br />

26) Reichenbach mit Pfarrkirche st. Nikolaus, Patronat<br />

von Beuron, Herrschaft Hohenberg. Hier findet sich eine<br />

Antoniuskapelle.<br />

27) G o s h e i m mit st. Cyriakkirche steht ganz unter<br />

österreichisch Hohenberg.<br />

28) Hartheim mit ganz miserabler Pfarrkirche zu den<br />

hl. Jakobus d. ält. und Bischof Konrad von Konstanz (Pfarrei<br />

seit 1695). Patron ist Oesterreich, Herrschaft Werenwag<br />

mit dem Herrn „von Ulm". Als Filiale gehört Unterdigisheim<br />

dazu (siehe unten).<br />

29) Oberhausen oder eher Hausen im Tann, einst<br />

Filiale von Tieringen, hat eine Kirche zu den Aposteln Petrus<br />

und Paulus und Bruderschaft zur hl. Familie. Der Patronat<br />

steht bei der Herrschaft in Oberhausen, d. h. dem<br />

Herrn von Bach, der auch die Herrschaft Bass, von Oberhohenberg<br />

innehat. Im Schloß Oberhausen findet sich<br />

eine Kapelle, in der oft Messe gehalten wird.<br />

Es folgen die Kaplaneien des Kapitels Ebingen:<br />

1) Schömberg: Katharinenkaplanei, Patron: Oesterreich.<br />

2) ebenda St. Johannes Bapt. Patron: Pfarrer und Ortsvorsteher.<br />

3) W e y h 1 e n, Filialkapelle st. Nikolaus mit Allerheiligstem.<br />

Der Kaplan residert am Ort, der hohenbergisch ist.<br />

Außerhalb ein Kapellchen, einst mit vielen Prozessionen.<br />

4) Ratshausen, ein Radotshausen, hat seine Kirche<br />

in Kernhausen, wo auch der Kaplan wohnt. Kirchenheilige<br />

st. Afra, von der viele Reliquien da sind, neben noch<br />

anderen, die im Sommer viel in der Nachbarschaft prozessionsweise<br />

herumg"'.ragen werden. Hohenberger Herrschaft.<br />

Die genannten Kaplaneien gehören zu Schömberg.<br />

6) Stetten a. ! Markt, Marienkaplanei unter Schenk<br />

von Castell.<br />

6) B e n z i n g e n. U. Ib. Frau, Patronin: die Gemeinde, mit<br />

Zustimmung des Pfarrers.<br />

7) Schörzingen, U. Ib. Frau; Nominationsrecht steht<br />

der Gemeinde und Pfarrer zu, Patronat bei Oesterreich.<br />

8) Straßberg, die Kaplanei steht der Fürstin zu<br />

Buchau zu, wie die Pfarrei.<br />

9) Nusplingen, neu erweckte Frühmeßpfründe zur hl.<br />

Katharina. Nominationsrecht abwechselnd dem Abt von Beuron<br />

und dem Herrn von Kallenberg: nach neuerem Abkommen.<br />

Präsentation hat immer der Abt.


26 H O H E N Z O L L E B I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

10) U n t e r d i g i s h e i m, neue Kaplanei zum hl. Wendelin,<br />

dem Kirchenpatron (1752). Der Kaplan steht unter dem<br />

Pfarrer von Hartheim, laut Errichtungsurkunde. Präsentation<br />

steht abwechselnd beim Bischof und beim Herrn zu Werenwag.<br />

Klöster innerhalb des Landkapitels Ebingen:<br />

Das hochberühmte uralte Kollegium der Regularkanoniker<br />

des hl. Augustinus in Beyren oder B e u r o n. Die Kirche<br />

ist U. Lb. Frau und dem hl. Bischof Martinus heilig und hat<br />

Rosenkranzbruderschaft und Marianischen Bund der Unbefleckten<br />

Empfängnis. Auch der Märtyrerleib eines hl. Bonifatius<br />

ist da. Dem Kloster bzw. der Pfarrkirche sind inkorporiert:<br />

Irrendorf: ehemals Pfarrei vierter Klasse mit<br />

Peterskirche, Leibertinge n, einst 3. Klasse mit Kirche<br />

der Apostelfürsten Petrus und Paulus. Bärental, einst 4.<br />

Klasse mit Kapelle des hl. Johannes des Täufers. Hierher<br />

gehört auch der Weiler E n s i s h e i m, gen. „das Schlößle".<br />

Ortsherr ist der Abt bzw. das Kloster. Das österreichische<br />

Eisenwerk „Hammerschmitten" in Ensisheim gehört zu dieser<br />

Filiale Bärental und hat eine Kapelle des hl. Johannes<br />

Nepomuk, die aber nicht konsekriert ist.<br />

Ein anderes Kloster, Schwestern des hl. Franz von Assisi<br />

nach der dritten Regel unter der Pflege von Conventualpatres,<br />

findet man in Margrethausen. Der Beichtvater<br />

ist vom Landkapitel unabhängig. Die neuerbaute Kirche<br />

steht unter dem Schutz der hl. Drei Könige. Von einigen an-<br />

deren Klöstern ist nur eine traurige Erinnerung übrig, wie<br />

auch von den Pfarreien, die zur Glaubensneuerung übergingen,<br />

sowie der Ausstattung, die dem Landkapitel um das<br />

Jahr 1250 durch den Grafen von Schülzburg zugeflossen war,<br />

und durch die Neuerer weggekommen ist.<br />

So gehörten früher zu uns die 14 Pfarreien: Ebingen, Laufen,<br />

Frommern, Weilen unter der Lachen, Meßstetten, Tieringen,<br />

Oberdigisheim, Endingen, Truchtelfingen, Tailfingen,<br />

Austmettingen, Waldstetten und Dürrwangen. Dazu kam<br />

noch Winterlingen.<br />

Acht weitere Pfarreien sind erloschen und werden von den<br />

Nachbarrpfarren versorgt: Hausen Margarethae, Unterdigisheim,<br />

Allensbach auf dem Heuberg (bei Böttingen), Königsheim,<br />

Eystetten (Ehestetten), Irrendorf, Bärental, Leibertingen.<br />

Die Statuten sind unterzeichnet von Dekan Johann Jak.<br />

Moser zu Egesheim, Kammerer Christian Karg zu Hausen im<br />

Donautal, den 4 Deputaten: Paul Wilhelm zu Dautmergen,<br />

Johann Joach. Beck zu Stetten a. k. M., Sebastian Hepp zu<br />

Harthausen auf der Scheer, Josef Anton Feurstein in Böttingen,<br />

und dem Sekretär Christopherus Zembrodt, Pfarrer<br />

zu Storzingen. J. Ad. Kraus.<br />

Zusatz: Neuerdings sind die Patronatsrechte im Erzbistum<br />

Freiburg aufgehoben worden. Die bisherigen Patronatspfarreien<br />

werden künftighin nicht mehr vom Patronatsherrn,<br />

sondern frei durch den Erzbischof von Freiburg verliehen.<br />

Hörschwager Heiligeneinkommen 1544<br />

Im Band „Burladingen von Berthold Hagens Lagerbuch 1 )<br />

des Jahres 1544 sind auch die Einkünfte der Marienkapelle<br />

von Hörschwag S. 306 ff. aufgeführt. Sie bilden eine Ergänzung<br />

und teilweise Richtigstellung der Angaben Elmar Blessings<br />

aus dem Heiligenrodel vom Jahre 1486 in der „Zeitschrift<br />

für Hohenzollerische Geschichte" I. 1965, 291 ff. Wir<br />

geben den Text etwas modernisiert:<br />

I.<br />

1) JergSchnait (dann ca. 1580 Klaus Krauß) gibt jährlich<br />

1 Gulden aus 1 Mm 2 ) Cappelwies an Veit Staimen gelegen.<br />

Ferner aus Vs Mm im Riedt an der Löchert, ans Hans<br />

Stockmaier und Galle Dietmaier gelegen, am Reinlin.<br />

2) Ablösig auf Martini gibt Wernher Haintz aus Haus<br />

und Hof an der Alandgasse 3 ) (sp. Klaus Krauß), hinten an<br />

Conlin Stockmaier stoßend, zwischen Galle Diethmaier und<br />

seiner (Stockmaiers) Gasse, 6 Schilling; ablösig mit 4 fi.<br />

3) Michel Lorchen Witwe (sp. Jakob Kimmich) gibt<br />

jährlich 1 Gulden, aus folgenden, ihm für stets geliehenen<br />

Gütern: Ein Jauchert Bonenacker 4 ) zw. ihm selbst und Hans<br />

Stockmaier gelegen, zwischen der Almandgasse 3 ) und Bläsi<br />

Holzhauer. 2 J bei der Kapelle, vorn auf die Landstraße, hinten<br />

an den ehehaften 5 ) Trieb stoßend. Furchgenoß ist Hans<br />

Stockmaier. 1 J im Wolfental 6 ), stoßt oben auf die Straße,<br />

unten an die Weithalde, zwischen Galle Dietmaier und dem<br />

Gemeinmerk 7 ). Wiesen: Vs Mm beim Bronnen an Galli Dietmaier<br />

gelegen, unten an sich selbst stoßend, zwischen Veit<br />

Stockmaier und ihm selbst. Daraus gehen jährlich 4 ß (Schilling)<br />

Vorzins an die Gauselfinger Heiligen"). Ferner Va Mm im<br />

Leuhele 9 ), unten an die Laudiert, oben an Hans Rindecker<br />

stoßend, zw. dem Randecker und Cunlin Stockmaier. Ein<br />

Garten mit Scheuer drauf, stoßt oben an die Almandgasse 3 ),<br />

unten an Jakob Müller. Daraus gehen jährlich 4 ß an Unsere<br />

Liebe Frau 10 ) zu Stetten u. H.<br />

4) Hans Stockmaier gibt aus Scheuer und Hof an<br />

der Almendgasse 3 ) und hinten an Cunlin Stockmaier stoßend,<br />

zw. der Herrschaftswiese und Cunlin Stockmaiers Gäßle gelegen,<br />

6 ß.<br />

5) Hans Betz zu Trochtelfingen gibt aus 3 Vtl. Wiesen<br />

am Oetenstaig 11 ) und Galli Stainharts Wies, stoßt auf Herrn<br />

Anton Becken, des Pfarrers 12 ), Wiese, jährlich 2 ß.<br />

(S. 311) 6) Wernher Haintz gibt jährlich Vä Gulden<br />

aus: 2 J im Herdle 13 ), an Kleinhans Husers Witwe, am Hausener<br />

14 ) Bann. 3 J. in Langen Kreutern 15 ) am Hörschwager<br />

Wald, stoßt hinten an den Ringinger Weg, zwischen Galle<br />

Dietmaier und dem Heiligenacker. 2 J in Langen Kreutern 15 )<br />

amam Ringinger Weg, unten auf den Wolfberg und Hans<br />

Stockmaier stoßend, ist einerseits Anwander 16 ). 1 J in der<br />

Gfeylen 17 ) hinten auf Melchior Huser stoßend, vorn an Kleinhans<br />

Husers Witwe, liegt beiderseits an Galle Dietmaier. 4 J<br />

in Mittelberg, trett gegen die Linde, anderseits auf Bläsy<br />

Holzhauer, zwischen dem Wald und Hans Stockmaier gelegen.<br />

Dies alles laut Briefs vom Samstag Reminiscere 1533: Wernher<br />

Haintz zu Hörschwag (8. März 1533).<br />

7) Theiß Locher von Guckenloch (Mühle!) gibt jährlich<br />

1 Gulden aus 1 J. auf dem Bühel am Hausener 14 ) Feld. 1 J.<br />

von J. A. K r a u s<br />

auf Schwenkers Bergle an Martin Lorch 16 ), beiderseits an<br />

Klaus Laucher 19 ) gelegen. 1 Mm im Lehenlin 9 ) an Jakob Lorch.<br />

Vs Mm im Wolfental 6 ) an der Landstraß und gemeinen Trieb,<br />

zwischen Martin Lorch und der Almand. Alles laut Briefs<br />

vom Samstag nach Allerheiligen 1526 (3. November).<br />

(Später: Uf Sant Jergentag 1551 hat Theis Miller, der Zinser,<br />

diesen Gulden mit 20 Gulden samt Va Gulden Zins abgelöst.<br />

Uf Pfingsten 1564 hat Stephan Ruoff diesen Gulden zu<br />

verzinsen auf sich genommen.)<br />

Ablösige Hellerzinsen: 8) MichelLorche n 18 ) Witwe (sp.<br />

Jakob Khömich oder Kimmich) zinst jährlich auf Martini 10 ß<br />

aus 1 J in usseren Kreutern 15 ), stoßt auf Burladinger Weg,<br />

anderseits an Galle Dietmaier, zwischen dem Dietmaier und<br />

Hans Husers Witwe. Ferner aus 1 J in Langen Kreutern 15 ),<br />

stoßt auf den Ringinger Weg, anderseits zur Hilde zw. Hainz<br />

Wernher und Hand Randecker. Aus 2 J auf Hauser 14 ) Egerten,<br />

stoßt unten auf den Wald, innen auf das Trieb, zwischen<br />

dem Trieb und den Hecken. Aus 2 J. auf Aichhalden,<br />

stoßt unten auf Jörg Schnaiten, vorn auf den Uchtat 20 ), zwischen<br />

dem Uchtat und dem Gemeinmerk 7 ) gelegen. Diese 10<br />

ß sind ablösig mit 10 Pfd. Heller, oder die 5 ß mit 5 Pfund.<br />

9) Conlin Stockmaier zinst auf Martinsberg 12 ß<br />

aus '/ä Mm Wiesen im Lehelin 9 ), stoßen oben an Michel Lorchen<br />

Witwe, unten an Theiß Lorchen, liegen zw. der Louchart<br />

und der Prädikaturwies 21 ) von Trochtelfingen. (Abgelöst 1548<br />

mit 8 Gulden.)<br />

10) Jakob Müller (sp. Hans Rain) zinst auf Martini<br />

6 ß aus Vi Mm unterm Löhelin"), stoßt oben an Theis Müller<br />

von Guckenloch(-Miihle), unten an Bläsi Holzhauer, zwischen<br />

der Laudiert und der Prädikaturwies 21 ) von Trochtelfingen.<br />

Ist ablöslich mit 4 Gulden. (S. 314.)<br />

11) Wolf Gering (später Urban Gering) von Trochtel-<br />

Neckarhalde an St. Jakobs Pfrundhaus. Ablöslich mit 2<br />

Pfund Heller.<br />

12) Gebhard Träyer (sp. Martin Hegelin) und Michel<br />

Kraus zu Trochtelfingen Zinsen auf Martini 5 ß aus 1 Mm<br />

Wiesen am Tannenhart, einerseits an Hans Benger 22 ) Ist ablöslich<br />

mit 5 Pfund Heller.<br />

(Später: 13) CunradBorhauch zinst jährlich auf Pfingsten<br />

9 Kreuzer aus seinem neu gebauten Häuslein zu Hörschwag,<br />

vor dem Dorf gelegen, laut seines Briefs: Burladingen<br />

uf Mittwoch nach Jeory (25. April) 1554. Solls in 4 Jahren<br />

wieder ledigen und lösen.<br />

14) Stephan Ruoff zu Hausen i. Killertal zinst jährlich<br />

dem Hailigen zu Hörschwag auf Martini 1 fl aus lVä J<br />

Acker im Volkertstal 23 ), stoßt oben und unten an die Almand,<br />

unten auf den Pfarracker, zwischen Kunrad Falck und Galle<br />

Stump, und aus 1 Vtl. Wiesen auf dem Gemauerten Weg 23 ),<br />

stoßt oben Michel Koch von Burladingen, unten auf Jerg<br />

Gerlins Wies, zwischen der Almand und Michel Raubers Wiesen,<br />

laut Briefs Stephan Ruoffs, Vogt zu Hausen, vom Donnerstag<br />

nach Martini (18. Novb.) 1563.<br />

Summa Heiligeneinkommen 3 Pfund 15 ß und ablösige<br />

Hellerzinsen (Hechinger Währung) 4 Pfund 1 ß 9 hl. Im Jahre<br />

1592 soll es 5 Pfund 2 ß und 11 hl ewigen Zins und ablösig<br />

1 Pfund 14 ß und 1 hl betragen haben 24 ). Damit stimmt jedoch


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 27<br />

die Summe des Verzeichnisses von 1591 nicht überein 25 ) die<br />

hier mit 16 Pfund 9 ß und 3 3 /4 hl angegeben wird.<br />

II.<br />

Ein Vergleich mit dem Zinsrodel der Hörschwager Kapelle<br />

vom Jahre 1483 legt sich nahe 2 "). Dr. Elmar Blessing gibt als<br />

Datum den 2. Juli an, wovon jedoch nichts im Original steht.<br />

Dort heißt es nur: „Zu Burladingen uf Sonntag Petri und<br />

Pauli apost. anno domini 1486". Da jedoch Peter und Paul<br />

in diesem Jahr auf einen Donnerstag fiel, was Blessing<br />

nicht beachtete, muß nach dem Wort Sonntag ein Wörtlein<br />

(vor oder nach) ausgefallen sein. Der Sonntag vorher wäre<br />

der 25. Juni, der Sonntag nachher der 2. Juli gewesen. Eine<br />

archivalische Aktennotiz des 19. Jh. nimmt den letzteren Fall<br />

an. Dann hat Blessing die Nachtragsnamen allesamt zu früh<br />

datiert, nämlich spätestens 1516. Ein Vergleich mit unserem<br />

Verzeichnis zeigt, daß Michel Louchers Witwe identisch ist<br />

mit Michel Lorchen Witwe von 1544. Der Eglinger 27 ) ist sicher<br />

nicht schon um 1500 nachgetragen, sondern wohl zusammenhängend<br />

mit dem Trochtelfinger Vogt Josua Eglinger 1536—53.<br />

Der Urban „Zwing" hieß in Wirklichkeit Urban Gering<br />

zu Trochtelfingen und erscheint in unserem Verzeichnis als<br />

Nachtrag nach 1544, nicht schon 1516, ebenso Konrad Huser,<br />

Hans Stockmayer, Heinz Wernher, Jerg Schnait usw., letzterer<br />

zu Stetten wohnhaft 1544! Dagegen sind Jakob Sesselmacher,<br />

Benz Herzog, Hans Frech und die Swälherin vor<br />

das Jahr 1486 anzusetzen. Letzteres ist Margaretha Bergerin,<br />

verwitwete von Sachsenheim, die Gattin des Mettelhans<br />

Scwelher zu Holnstein 28 ). Steckmaier heißen sonst Stockmaier.<br />

Die Namen Rätt und Käß von 1486 sind vielleicht als<br />

Rautt und Kauß zu lesen, wenn die beiden Strichlein über<br />

dem a als u zu deuten wären. Der Geberhart Weher Blessings<br />

entpuppt sich bei uns als Gebhard Träyer = Dreher, ebenso die<br />

Wörtlein „bonenacker also gut", als „also g e n a n n " S.<br />

292). Unverständlich bleibt Blessings Angabe in Note 8, der<br />

Nachtrag betreffe die Jahre 1500/1501, da im Original deutlich<br />

steht: „anno XVC und XVI", d. h. 1500 und 16" (das C<br />

ist hochgestellt und klein, von Blessing als O verlesen).<br />

Der Junker „Jörg von Ow von Zimmern" 29 ) gehörte leider<br />

nicht nach Zimmern bei Hechingen, sondern nach Marschalkenzimmern!<br />

30 ).<br />

Ueber die Flurnamen sagt Blessing außer ihrer Aufzählung<br />

nichts. Nur vom Wyler (S. 292) behauptet er, und illustriert<br />

es auch durch eine Phantasie-Skizze, es handle sich um den<br />

westlich der Laudiert gelegenen Ortsteil von Hörschwag, was<br />

jedoch nicht stimmt. Eine Flur Weiler liegt auf Markung<br />

Erpfingen, 4 km nordöstlich von Höschwag, ein anderer Wei-<br />

ler wird 1538 bei Neufra erwähnt und meint wohl Freudenweiler.<br />

Man möchte mit dem Wyler an einen Hörfehler des<br />

Schreibers statt W y g e r = Weiher denken, wie einer am<br />

südlichen Ortsausgang von Stetten lag! Bruogel meint Brühl,<br />

nasse Wiesen, ist jedoch nicht mehr bekannt. Der Bohnenacker<br />

deutet auf Acker- oder Saubohnen. Der 1486 (S. 293)<br />

genannte Name Uf Feiding am Wolfental erscheint 1580 als<br />

Fellins-äcker 31 ) und bis 1850 kannte man dort Vellingäcker<br />

und einen Vellingschachen 32 ). Den Langen Weg sah Blessing<br />

als Flurnamen an, es heißt jedoch: „die Wiese stoßt den langen<br />

Weg hinaus . . . ", also „der Länge nach". Die Flur I n<br />

Rieb dürfte ebenfalls vom Schreiber verhört sein statt unserem<br />

„Im Riedt". Es gibt in Höschwag ein Oberes und ein<br />

Unteres Ried und auch Riedäcker am Ringinger Weg 32 ).<br />

1 fl oder Gulden war gleich IV2 Pfund Heller, gleich 30 ß<br />

(oder Schilling). Im Jahre 1486 hatte ein Pfund Heller etwa<br />

den Wert von 59.20 Goldmark, im Jahre 1544 dagegen nur<br />

noch 55.20 Goldmark.<br />

Anmerkungen: l) Fürstl. Hohenzoll. Domänenarchiv Sigmaringen.<br />

Die Benützung verdanke ich Herrn Archivrat Dr. R. Seigel.<br />

2) Mm, Mannmahd. 3) Gemeindegasse. 4) wohl der heutige Flurname<br />

Bonkert? 5) rechtmäßigen. 6) Wolfental, zieht sich südlich<br />

von Hörschwag von der Laudiert gegen Burladingen hin. 7) Gemeindegut,<br />

oft Weide. 8) Die Apostel Petrus u. Paulus. ») Leuhele,<br />

Laile, entweder von Lehen (geliehenes Gut) oder Lai, Grabhügel<br />

abzuleiten. io) u. Lb. Frau und Silvester zu Stetten, n) hieß im<br />

Jahre 1486 Outen- oder Uotenstaig, vielleicht von Uohta-Morgenweide.<br />

12) Der Trochtelfinger Pfarrer Anton Beck, 1523 investiert,<br />

noch 1537 erwähnt, heißt dann 1542 „gewester Pleban"; macht 1548<br />

sein Testament (Mitt. a. d. Fürstenbg. Archiv I, Nr. 650). 13) Herdle<br />

von Hart, Weidewald. 14) Hausen a d. Laudiert. 15) Kreuter von<br />

Ge-raute, roden. 16) Anwander, d. h. auf einer Breitseite des Ackers<br />

anwanden andere Aecker, deren Besitzer auf ihm selbst den Pflug<br />

wenden dürfen, 17) sonst auch als Feilen vorkommend. Entweder<br />

zu faul (Wasser) oder zu (Weide-)Feld. 16) "kls erster -des Namens<br />

erscheint 1454 ein „Hans von Lorch" zu Hausen a. d. Laudiert. 1 ») ob<br />

verschrieben für Lorch oder Locher? 20) von uohta-Morgenweide.<br />

21) Prädikatur = Predigerpfründe. 22) sonst Binger geschrieben.<br />

23) wohl im Killertal zu suchen. „Gemauerter Weg" deutet auf eine<br />

Römerstraße, vielleicht am Burladinger Kastell? 24) <strong>Heimat</strong>klänge<br />

des „Zoller", 1934, 67. 25) Erzb. Archiv Freiburg Ha 82, Seite 456 f.<br />

26) Zeitschrift für hohenzoll. Geschichte 1965, Jg. I, Seite 291—297.<br />

2") Blessing a. a. O. Seite 293, Note 5. 28) Hohenz. JHeft 1938, 113<br />

und 138. 29) wie Note 26: Seite 297, Note 27. 30) OA-Beschr. Rottenburg<br />

IX, 1900, S. 296. si) Hohenz. JHeft 1955, 104. 32) Frdl. Mitteilung<br />

von Herrn Bgmstr. Max Heinzelmann, Hörschwag.<br />

190 Jahre Reichspoststation Gammertingen<br />

Die Veröffentlichung von Herrn Dr. Reum, Meiningen,<br />

über „Thum- und Taxis'sche Postjubiläum im Kj. 1966" im<br />

„Rhein-Lahn-Boten" 2/66 ist der Anlaß zu diesem kleinen<br />

Beitrag. Unter anderem ist angeführt, daß Gammertingen<br />

vor 190 Jahren eine Reichspoststation erhielt. Thele nimmt in<br />

„Geschichte des Postwesens in den hohenzollernschen Landen",<br />

Sonderdruck aus dem Archiv für Post und Telegraphie<br />

Nr. 11 bis 13 vom Jahre 1912 zu dieser postalischen Begebenheit<br />

wie folgt Stellung:<br />

„Die lebhaften Verkehrsbeziehungen der Hechinger Einwohnerschaft<br />

mit dem württembergischen Oberlande, besonders<br />

der Gegend von Riedlingen und Ulm, hatten bei der<br />

Regierung zu Hechingen den Wunsch aufkommen lassen, mit<br />

jener Gegend durch einen Postkurs in Verbindung gesetzt zu<br />

werden. Bereits bei Verhandlungen über die Einrichtung der<br />

Poststation hatte die Regierung vorgeschlagen, von Hechingen<br />

aus einen Kurs über Gammertingen nach Riedlingen<br />

anzulegen und ihn in der anderen Richtung über die Reichsstädte<br />

Rottenburg a. N., Weil der Stadt nach Pforzheim weiterzuführen.<br />

Dadurch würde nicht nur eine gute Verbindung<br />

zwischen den beiden Hauptpostlinien Schaffhausen-Hechingen-Stuttgart<br />

und Schaffhausen-Riedlingen-Ulm geschaffen,<br />

sondern auch eine bedeutende Beschleunigung des Briefverkehrs<br />

nach dem südlichen Württemberg und Bayern erzielt<br />

worden sein, der sonst auf dem Umweg über Cannstatt angewiesen<br />

war. Nach Errichtung der Station in Hechingen<br />

wurden die Verhandlungen in diesem Sinne weitergeführt.<br />

Der Plan wurde durch den Reichsfreiherrn von Spaeth, dessen<br />

Herrschaft Gammertingen noch keine Postverbindung<br />

besaß, lebhaft unterstützt. Der Fürst von Thum und Taxis<br />

lehnte aber die Einrichtung ab, weil ihm der Kurs von<br />

Hechingen über Gammertingen nach Riedlingen eine jährliche<br />

Ausgabe von mindestens 450 fl. verursachen würde, der<br />

von Alfred Rist, Sigmaringen<br />

keine genügenden Einnahmen gegenüberständen. Im Jahre<br />

1776 fand er sich schließlich bereit, in Gammertingen eine<br />

Relaisstation für den Extrapostverkehr auf der Straße von<br />

Hechingen nach Riedlingen einzurichten, die sich aber nicht<br />

mit der Annahme von Briefen befaßte."<br />

Selbstverständlich war die Eröffnung einer Posthalterei<br />

und die damit vollzogene Einsetzung eines Posthalters mit<br />

der Ausstellung und Aushändigung einer entsprechenden Ernennungs-<br />

und Bestallungsurkunde durch das fürstliche Haus<br />

von Thum und Taxis an den jeweiligen Posthalter verbunden.<br />

Leider ist das Dokument über die Bestallung des<br />

ersten Posthalters von Gammertingen Franz Xaver Gökel<br />

aus dem Jahre 1776 nicht mehr vorhanden. Jedoch ist aus<br />

einer Abbildung der Bestallungsurkunde des Nachfolgers von<br />

Franz Xaver Goekel aus dem Jahre 1787 zu ersehen, wie dieser<br />

öffentliche Brief ausgeführt war und welchen interessanten<br />

Inhalt er vorwies.<br />

Als weiteres ist der genaue Wortlaut des Textes dieser<br />

Urkunde angefüh i.. Wenn uns auch die Schreibweise und der<br />

Satzbau, wie er vor 179 Jahren üblich war, heute sonderbar<br />

vorkommt, so ist der Briefinhalt doch verständlich. Eine<br />

Uebertragung in das heutige Schriftdeutsch ist deshalb unterblieb.en<br />

Wir von Gottes Gnaden Karl Anselm,<br />

des heil. Rom. Rc'dis Fürst von Thum und Taxis, gefürsteter<br />

Graf zu, Friedberg Scheer, Graf zu Vallasina, Freyherr<br />

zu Impden, Herr der Reichs Herrschaft Eglingen und<br />

der freyen Herrschaften: Dischingen, Demmingen, Balmertshofen,<br />

auch zum Bußen, Roßum und Meußeghen, der souverainenen<br />

Provinz Dennegau, Erbmarschall, Ritter des goldenen<br />

Vlieses, Ihrer Römisch. Kaiserl. Majestät würklicher<br />

geheimer Rath und Principal Commissarius bey der allgemeinen<br />

Reichs-Versammlung, auch Erb-General-Postmeister


28 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

im Heil. Rom. Reich, Burgund und denen Niederlanden<br />

Thuen kund und zu wissen:<br />

Demnach Uns kraft tragenden Erb-General-Reichs-Post-Lehens<br />

und deswegen habender Kaiserlichen Patenten und<br />

Post-Regals-Privilegien zustehen thut die Postämter, Posten,<br />

deren Verwalter und Posthaltern, zu des Heiligen Römischen<br />

Reichs, deren Herren Kurfürsten, deren Ständen um des<br />

gemeinen Wesens mehreren Dienste, zu Aufnahmen aufzurichten<br />

und zu verordnen, die Oerter, da sie anjetzo geigen<br />

Unserem Gefallen nach zu confirmiren, oder zu verändern,<br />

und dieselbe in andere Oerter zu verlegen, auch diejenige<br />

Postbeamte, welche ihre anbefohlene Schuldigkeit der Gebühr<br />

nach nicht verrichten, zu bestrafen, selbige abzuschaffen<br />

und in ihre Stelle andere einzusetzen. Und da die Kaiserl.<br />

Reichs Posthalterey zu Gammertingen durch tödtlichen<br />

Hintritt Unseres daselbst gewesenen Posthalters Franz Xaverie<br />

Goekel erledigt worden ist, Als haben Wir aus genügsam<br />

empfangenen Bericht deren, dem um besagte Posthaltery<br />

rupplicando eingekommenen Joseph Schmid, dortigem<br />

Sonnenwirth beywohnende Vernunft, Treue und andere erforderliche<br />

Eigenschaften, ihm angedeutete Posthalterey mit<br />

allgewöhnlichen, von Ihro Kaiserlichen Majestät allergnädigst<br />

verliehenen Privilegien, Gerechtigkeiten, Freyheiten<br />

und Exemptionen hinwiederum übertragen und anvertraut,<br />

Ihn Joseph Schmidt zu Unserem Posthalter zu Gammertingen<br />

ernennt und bestellt. Thun solches auch hier und in<br />

Kraft dieses offenen Briefes und geben ihm anbey nebens<br />

vollkommene Macht, Gewalt und Befehl, in Unserem Namen<br />

das Posthorn zu führen, sich dessen bey Hin- und Ausreuten<br />

derer Städten, Schanzen und Pässen, da es nötig seyn wird<br />

um die Eröffnung deren Thoren,, und ungehinderter Paßirung<br />

auf deren Straßen zu gebrauchen.<br />

Worauf dann, und daß er sich sowohl bey Tag als Nachts in<br />

Beförderung seiner Curiers und Paßagier wohl und fleißig<br />

verhalten, und insgemein alle Ordnungen, Befehle und Placcarden,<br />

welche von Uns selbsten, oder Unserem ihm fürgesetzten<br />

Ober-Postamt zu Augsburg allbereits gegeben worden<br />

seynd, oder inskünftige annach zu desto mehreren Nach-<br />

Das Häusle ist, wie die Verkleinerungssilbe „le" ausweist,<br />

ein kleines Haus, das die Römer casa, das heißt Hütte oder<br />

Baracke nannten. Mochte es aber noch so klein sein, so bot<br />

es Schutz gegen jede Art von Unbill. Eine besondere Unbill<br />

war schon den alten Völkern ein Kriegsgeschoß, besonders<br />

der Pfeil. Schutz gegen Pfeile bot ein kleines H=>us, das man<br />

über den Kopf stülpen konnte; es hieß cassida, der Helm,<br />

die Sturmhaube. Die Goten, unsere Vorfahren, nannten den<br />

Helm „hilms", die Griechen Kataitos. Mußte man sich aber<br />

gegen die Giftpfeile der üblen Nachrede wehren, so mußte<br />

man schon den Katakontizo in die Hand nehmen, nämlich<br />

den Wurfspeer. Zur Abwehr gegen härtere Angriffe hatten<br />

die Römer das castello oder Castrum, das Blockhaus, zu dem<br />

man schon Steine verwendete. Merkwürdig ist, daß die Franzosen<br />

unter dem Wort cassis einen Likör nennen, den sie aus<br />

schwarzen Johannisbeeren bereiten, die auch ein besonderes<br />

Heilmittel enthalten. Die Bewohner eines kleinen Hauses nennt<br />

man Häusler oder Hüttler u. eine Abart davon Hitler, was aber<br />

auch mit dialektischem Hüten = hiten zusammenhängen<br />

kann. Das End-la ist auch in dem Namen des zweitletzten<br />

ostgotischen Königs Totila enthalten. Auch das la ist Verkleinerungssilbe.<br />

Ungeklärt aber ist das Toti. Ist es ein Zeitoder<br />

Eigenschaftsbegriff, das „vollends" oder „endlich" bedeutet?<br />

Vielfach ist die Silbe „le" auch Kosenamen;<br />

also Büble, Mädle, Rößle, Kälble, Säule, Mäusle, Fritzle,<br />

Fülle von Fohlen, Rösle, Veigele, Ställe oder Ställele,<br />

Weagele, Brösemle und viele andere. In Grosselfingen wird<br />

das Fülle Huizzele genannt, offenbar von dem Freudenruf<br />

hui, wenn das Fülle seine kapriziösen Sprünge macht. Sein<br />

kleines Haus nannte der niederdeutsche Dialektdichter Fritz<br />

Reuter „Hüsing", das er erhalten hatte, nachdem ihn die<br />

damalige barbarische Politik 10 Jahre in Festungen herumgeschleift<br />

hatte. Da schrieb er in den lebenswahren Roman<br />

„ut mine Festungstit".<br />

Manchmal besteht die Hütte nur aus ein paar Pfosten, mit<br />

einem Reisigdach und ineinander geflochtenen Buchenzweigen<br />

(Faschinen) oder aus Brettern, was schon einen Fortschritt<br />

bedeutet. Solche Hütten nennt man dann Bauden, Buden.<br />

Steht eine solche Baude in einem Garten, so nennt man sie<br />

in der heutigen Hochsprache „Laube". Das Wort hat aber<br />

mit Laub oder Baumlaub nichts zu tun; es ist eine Ableitung<br />

vom mittelalterlichen „loube", was Halle, Vorhalle, Vorbau,<br />

Schutzdach usw. bedeutet. In Frankreich nennt man eine<br />

derartige Hütte Berceau oder Laubgang (auch die Wiege<br />

nennt man so) oder cabinett de verdure, d. h. Gartenlaube<br />

Das „Häusle"<br />

richt und beßeren Versehung schon gemeldeter Posthaltery<br />

zu Gammertingen gegeben werden möchten, observiren, vollziehen<br />

und alles dasjenige, was dem mehr anhängig gebührend<br />

allemalen verrichten solle und wolle, hat Uns er<br />

Joseph Schmid den hierzu erfordert nothwendigen Eid würklichen<br />

geleistet und geschworen; alles mit diesem ausdrücklichen<br />

Vorbehalt, daß Wir diese Unsere Commission Unserem<br />

Belieben nach zu revociren, aufzuheben und Uns derjenigen<br />

Facultaet, welche Uns, vermög Unserer Erb-Generalats-Post-<br />

Patenten und Privilegien eingangs und rechtermaßen zusteht,<br />

zu gebrauchen, Macht und Gewalt haben sollen. Gelanget<br />

derowegen an alle und jede geist- und weltliche Obrigkeiten,<br />

Kurfürsten, Fürsten und Stände des Heil. Römisch Reichs,<br />

auch sonsten an Gubernatoren, Generalen, Lieutenanten,<br />

Amts- und Hauptleute, Pflegern, Vögte, Richtern und alle<br />

andere Befehlshaber und Beamte, was Standes, Condition<br />

und Wesens sie seynd Unser Gebühr und freundliches Bitten<br />

und Ersuchen, obernannten Joseph Schmid für Unserer ihm<br />

gegebenen Commission über die Posthalterey zu Gammertingen,<br />

mit denen dazu gehörig gewöhnlichen Privilegien,<br />

Gerechtigkeit, Freyheiten und Exemtionen, ruhiglich genießen<br />

und sich derselbigen gebrauchen zu lassen, ihm auch<br />

diesfalls keine Hindernis oder Beleidigung zuzufügen, noch<br />

daß solches von andern geschehe, zu gestatten, sondern ihm<br />

hingegen hierrinnen auf sein geziemendes Ansuchen Hülfe,<br />

Beystand und nothwendige Assistenz, um desto bessere Bedienung<br />

solcher Commission und anbefohlenen Posthalterey<br />

zu leisten, welcher um einen jeden nach Standes Gebühr zu<br />

verschulden Wir erbiethig und willig seynd. Den allen zur<br />

wahrer Urkund haben Wir gegenwärtig offenen Brief unterschrieben,<br />

und mit aufgedruckten Unserem fürstlichen Insiegel<br />

bekräftigen, auch contrasignieren lassen.<br />

So geschehen Regensburg den 22 ten Dezembris des tausend<br />

sieben Hundert sieben und achtzigsten Jahres.<br />

Karl Siegel<br />

Auf Seiner Hochf. Durchlaucht<br />

Special gnädigsten Befehl<br />

M:S. Schierstelf<br />

oder treille^ Weinlaube oder feuille = Laubhütte. In Grosselfingen<br />

baute man in der Zeit, als das Härle noch gute Erträge<br />

lieferte, für den Obsthüter die „Härleshütte". Die Hütte war<br />

ein leichter Ziegelsteinbau und hatte nur einen Raum, in<br />

dem sein Bett, zwei Stühle, ein Tisch und eine primitive<br />

Kochgelegenheit standen. Der Härleshirt war zu meiner<br />

Jugendzeit ein alter Mann, der es gerne sah, wenn man ihn<br />

besuchte. Im Schwäbischen wird der Hausgang im zweiten<br />

Stock auch „Laube" genannt; sie ist eine schmale Vorhalle,<br />

aus der man zu den Zimmern und zur Küche gelangt. Der<br />

untere Hausgang heißt „Hausere"; es ist der oft in Rätseln<br />

genannte Ern, (Hausern) in den fränkischen Landgebieten.<br />

Wenn ich schon im zweiten Stock eines Hauses bin, so darf<br />

ich das „Schutzlädle" nicht vergessen. Es ist ein kleiner<br />

Laden, etwa 40 cm im Geviert, durch den man das Essen<br />

von der Küche in das Wohnzimmer, das auch als Essens- und<br />

Empfangszimmer dient, hineinschiebt und dadurch der Hausfrau<br />

den nicht ganz einfachen Weg über die Laube erspart.<br />

Das Bestimmungswort Schutz hat aber nichts mit dem Wort<br />

Schutz = Beschützer (Schutzengel) oder Schütz in Feldschütz<br />

zu tun, sondern kommt von „schieben", ahd. scioban englisch<br />

shelter (schalter), was aber nicht ganz stimmt, weil das<br />

Schutzlädle nicht geschaltet wird, sondern, wie eine Tür, in<br />

Angeln hängt.<br />

Die Hausere scheidet die Wohnungen des unteren Stockes<br />

von den Stallungen. Unter der Hausere liegt in der Regel<br />

der Kear (Keller), den die Römer schon einführten und cellarius<br />

nannten. Dieses Wort hieß aber ursprünglich cela,<br />

womit die Römer auch die Stoffhütte oder Zelle bezeichneten,<br />

die Griechen Kalia. Der Keller war der Raum für die Vorratsaufbewahrung;<br />

denn cellarius heißt Vorratskammer. Der<br />

Kear ist durch eine waagrecht liegende Türe verschlossen, die<br />

man aber nicht Türe, sondern Deckel-Keardeckel nennt.<br />

Die Wohnseite des unteren Stockes enthält in der Regel<br />

zwei Räume. Im Wohnraum stand damals der Webstuhl oder<br />

er war der Aufenthaltsraum für den alten Bauern. Der zweite<br />

Raum war die Wasch- und Backküche. In manchen Häusern<br />

befand sich der Backofen in einem kleinen Anbau an der<br />

Küche. Heute gehören diese Dinge durch die Gemeindebackküche<br />

der Vergangenheit an.<br />

Das französische cabinett de verdure, die grüne Laube,<br />

befand sich zumeist im Garten, 40—50 Meter vom Haus entfernt;<br />

es war eine einfache mit Reisig gedeckte Hütte, deren<br />

Wände aus Flechtwerk bestanden, die aber durch Efeu oder<br />

Lianen zu einer Geheimzelle gemacht war. In diese Hütte


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 29<br />

ging man aber nur, um dort notwendige Lebenszwecke zu<br />

erledigen. In der fortgeschrittenen Kultur nennt man diese<br />

Zelle „Klosett" und ist sie noch fortgeschrittener, so sagt<br />

man einfach Klo. Das Wort kommt vom lat. clausam oder<br />

claves und heißt zu deutsch verschließen oder auch abgeschlossen<br />

usw. Im Schwäbischen wird dieses Geheimgemach<br />

„Häusle" genannt. War kein Garten beim Haus, so baute<br />

man das „Häusle" dicht hinter das Haus; im zweiten Stock<br />

hängte man Mangels eines festen Grundes das „Häule" einfach<br />

an die Hinterseite de:.; Hauses. Von dort aus fiel dann<br />

die übrige Sache in eine Senke unter dem „Häusle", und<br />

um die fallenden Ausschüttungen unsichtbar zu machen,<br />

machte man unter das Häusle als Verbindungsglied einen<br />

kastenartigen Trog oder eine ebensolche Kiste, heute ist dieselbe<br />

durch eine Zementröhre ersetzt. Fuhr man vor 50 Jahren<br />

an der Stadt Engen vorbei, so konnte man am Hinterteil<br />

der anliegenden Häuser die romantische Reihe solcher „Häuslein"<br />

sehen. Auch diese hat die schon vor der „Wirtschaftsblüte"<br />

bestehende Kultur in das Innere der Häuser verbannt.<br />

Die vorgenannte „loube" wurde im Mittelalter klein geschrieben.<br />

Diese Kleinschreibung wird von einer kulturell<br />

offenbar weit vorangeeilten Kultur besonders gepflegt und<br />

liefert damit den Beweis, daß das „finstere" Mittelalter offen-<br />

1. Viehhaltung<br />

Ein Wucherrind oder Hagen, einen Eber und Ran (Zuchthammel)<br />

hatte 1489 der obere Kelnhof in Tuttlingen für die<br />

Stadt zur Verfügung zu halten. Den Hagen mußte der Bauer<br />

jedoch drin behalten und bis 1. Mai (Maitag) nicht auf die<br />

Weide lassen. Von da bis St. Jakobstag (25. Juli) konnte er<br />

dann unter die Herde gehen. Wurde er nach dem 1. Mai<br />

krank, so durfte man ihn unter den Kälbern weiden lassen.<br />

War dies nicht möglich, so bekam er seine Weide auf der<br />

sog. Fronwies, was niemand verhindern durfte, außer daß ihn<br />

einer aus seiner eigenen Wiese in eine benachbarte weisen<br />

konnte. Nach St. Jakobstag bis nächstes Frühjahr durfte der<br />

Hagen nicht mehr bei der Herde laufen. Zur Tränke mußte<br />

er hinaus und hinein geführt werden, damit niemand am Vieh<br />

Schaden litt.<br />

Wenn die „Kuhherter (Hirten) im März mit dem Vieh ausfuhren,<br />

beanspruchten sie von je 2 Stück bis 1. Mai einen<br />

Laib Brot, so wie es jedermann in seinem Hause buk. Vom<br />

Maitag bis St. Gallentag (16. Okt.) erhielten die Hirten von<br />

jedem Stück oder Haupt drei Viertel Haber, von ua an bis<br />

zur endgültigen Einstellung im Herbst gab jeder Stall, ob<br />

groß oder klein, ein Herbstbrot, und nicht mehr. Wenn ein<br />

Stück Vieh behalten wird, bis es die „Winterhälm ergreift"<br />

(frißt), so ist der volle Lohn fällig, vorher nicht."<br />

Wenn einer erst nach St. Gallentag noch Vieh von einem<br />

Teilhaber („Gemeinder") oder sonst woher überkommt, so ist<br />

man dem Hirten davon keinen Lohn schuldig außer dem<br />

Herbstbrot. Erhält einer Vieh vor Gallentag und wills auf<br />

die Weide lassen, so soll er wegen des Lohnes mit dem Hirten<br />

übereinkommen nach Zahl und Billigkeit.<br />

Von einem Schwein gab man dem Hirten als Lohn ein Brachat-Brot<br />

(Juni: Zeit des Brachens) und 2 Imi Roggen, oder<br />

wann der Hirt einverstanden war, drei Imi Roggen ohne Brot.<br />

Bringt man ein junges Schwein nach dem Brächet, so hat der<br />

Besitzer davon 2 Imi und kein Brot zu geben. Wird ein<br />

Schwein so früh im Jahr dazugetan, daß es zur Brachet-Zeit<br />

(Juni) ausgehen soll, so gibt man dem Hirten davon den vollen<br />

Lohn, gleichgültig obs mit auf die Weide geht oder nicht<br />

Wäre ein Schwein so spät im Jahr, daß es erst die Winterhälm<br />

frißt, so hat man davon 1 Imi Roggen zu geben und kein<br />

Brot. Doch soll niemand Gefährde (d. h. Arglist) gebrauchen.<br />

Wenn ein Hirt die Kälber zum Maitag (1. Mai) empfängt,<br />

so soll er sie hüten bis St. Johannistag (24. Juni) zur Sonnenwende,<br />

seien es nun junge Lämmer, Kitzle oder Kälber, um<br />

drei Heller für jedes Haupt. Nach Johannistag gibt jedes Kalb<br />

ein Viertel Vesen bis St. Michaelistag (29. Sept.). Die Kitzen<br />

und Lämmer hat der Hirt nach Johannistag um je 1 Heller<br />

zu hüten. Wenn einer dem Sauhirten zu Johannistag Kitzle<br />

oder Lämmer unterschlägt (zuführt), so hat er den Heller mitzugeben,<br />

andernfalls ist der Hirt nicht verpflichtet auszufahren.<br />

Wenn die Kälberhirten ihre Kälber bis St. Michaelstag behalten,<br />

so sollen die Kuhhirten von da an bis St. Gallentag<br />

sie hüten, wofür ein Kälberhirt dem Kuhhirten zwei Laibe<br />

Brot zu geben hat. Nach Gallentag soll man sie mit dem<br />

Herbstbrot belohnen, wie oben gesagt, sonst aber keinen Lohn<br />

schuldig sein. (Tuttl. <strong>Heimat</strong>blätter 1947, 30—33; J. Forderer,<br />

Tuttlingen im Wandel der Zeit 1949, 283 f.)<br />

(„Wucherrind" kommt von mhd. wucher = Ertrag, Zuwachs;<br />

wuchern Frucht bringen.)<br />

Rechtsbestimmungen früherer Zeit<br />

bar nicht so finster war, wie es die Aufgeklärten einer gewissen<br />

Zeitepoche dargestellt haben. Es gibt ja auch Klassiker,<br />

welche das Latein nicht vom Italienischen unterscheiden<br />

können.<br />

Wir Lausbuben nannten die hoch an den Häusern hängenden<br />

„Häusle" Sternwarten, womit auch die Lautbrechung<br />

von schießen, die Sterne „schießen" ja im Volksmund, zu<br />

erklären ist.<br />

Im Orient gibt es heutzutage auch solche „Häusle". Aber<br />

die Einrichtung ist einfacher. Vor dem Senkrohr ist ein<br />

Pedal angebracht. Hat man die notwendige Sache vor, so<br />

steht man auf das zweiteilige Pedal. Steht man fest, so geht<br />

man in die Hocke •— im Schäbischen sagt man, man„hotteret"—<br />

hin. Das „Häusle" nennt man in Bulgarien z. B. Krypterios<br />

— das heißt Versteck oder Kryphytos = Verborgenheit, aber<br />

auch Kropobolein, kurz Bello = Kloake. In Jamboli ließ unser<br />

Hauptmann in diesen Verstecken deutsche Sitzgelegenheiten<br />

errichten. Aber unser Dolmetscher, der Professor Reinoff,<br />

stellte sie weg mit den Worten: „das ist nicht für meine<br />

Zwecke". Nun könnte ich noch etwas von jener Stallmagd<br />

erzählen, welcha die deutsche Sitzgelegenheit in einem Vers<br />

besonders gepriesen hat. Ich will es aber nicht tun, denn<br />

auch die Ruhe ist ein Lebensnotwendigkeit. J. St.<br />

2. Vom „Fall" oder Hinterlassenschaftssteuer<br />

Wenn einem Tuttlinger Bürger (1489) sein Weib starb, so<br />

durfte der (Leib-)Herr als „Fall" oder Steuer ein Bett und<br />

Kleider beanspruchen, die dieselbe am „Guten Tag" (Montag)<br />

zu tragen pflegte, wenn sie zur Kirche ging. Hinterließ die<br />

Frau eine unberatene (unversorgte) Tochter, so erbte diese<br />

alles von der Mutter, und war kein „Fall" zu geben. Hinterließ<br />

die Frau keine unversorgte Tochter, so hatte der Witwer<br />

das Recht, deren Bett bis zu Ende seiner Tage, solange er auf<br />

dem Witwerstuhl saß, zu benützen, zwar nicht das beste, aber<br />

auch nicht das böseste Bett.<br />

Nahm er ein anderes Weib, so hatte der Leibherr und Erbe<br />

des „Falles" das Recht, den „Fall" zur hinteren Türe hinauszuziehen,<br />

wenn jener das Weib zur vorderen Türe hereinführte.<br />

Wenn ein Mann mit dem Tod abging, so hatte der<br />

(Leib-)Herr den Hauptfall zu beanspruchen. Hatte er<br />

kein Haupt (Stück) Vieh hinterlassen, so bezog er statt dessen<br />

ein Ober- und Untergewand, d. h. einen Mantel, Rock oder<br />

Juppe, wie er es gerade hinterließ. Außerdem war dem Büttel<br />

sein Recht zu geben, nämlich eine Kappe, zwei Schuhe, zwei<br />

Hosen und das Gürtelkleid (Hausrock?), wie ers ehrlich hinterließ.<br />

Von einer Frau dagegen, die von ihrem Herrn „verfallet"<br />

ist, erhielt der Büttel eine „Stuche" (Schleier, Schürze), ein<br />

Gürtelkleid und zwei Schuhe. Fügte es sich, daß einem Herrn<br />

ein Stück Vieh als „Fall zufiel, das an den Pflug g e m a r e t<br />

(zu einem Pfluggespann verdingt) war, so durfte der Herr das<br />

Vieh nicht vom Pflug wegnehmen, bis die „Gemarschaft" zu<br />

Ende war. Damit der Herr aber nicht um sein Erbe kam,<br />

konnte er das Vieh um ein angemessenes Geld veranschlagen,<br />

jedoch mit dem Empfang bis zum Herbst, d. h. bis zum Ende<br />

der Gemarschaft warten. Doch durfte er mit Entgegenkommen<br />

rechnen.<br />

3. Ehrlicher Wandel<br />

Schultheiß und Gericht hatten 1489 in Tuttlingen den Mesner<br />

einzusetzen, möglichst mit Zustimmung des Leutpriesters<br />

(Stadtpfarrers), da dieser ihn am besten kenne. „Wenn ein<br />

Mensch von Touds wegen abgaut, und mit dem Sakrament<br />

gerichtet ist, soll man ihm dem Leutpriester 8 Schilling<br />

und 4 Heller geben, daß er jeden Sonntag desselben Jahres<br />

von der Kanzel seiner gedenke." Wollten von da an dessen<br />

Erben, daß man auch weiterhin seiner gedachte, so hatten<br />

sie dem Leutpriester 1 Schilling für das Einschreiben ins Gedenkbuch<br />

zu geben.<br />

Wo Entzweiung zwischen den Leuten entstand, sollten<br />

Schultheiß und Gericht Frieden und Versöhnung gebieten.<br />

War die Gegenseite so stark, daß sie nicht zum Frieden zu<br />

bringen war, sollten auch andere Leute bei ihrem Eid dabei<br />

helfen. Dasselbe galt auch vom Stadtknecht. War niemand<br />

von der Stadt dabei, so war jedermann der Gemeinde dies zu<br />

tun verpflichtet, und die Sache beim Amtmann zur Anzeige<br />

zu bringen. Wer bei solchem Anlaß einen Auflauf verursachte,<br />

zahlte als Strafe 10 Pfund Heller, falls es ihm nachgewiesen<br />

wurde, es wäre denn, daß er seinen Freund in Not sah, denn<br />

dem durfte er zu Hilfe kommen.<br />

Wenn unrechtmäßig eine Atzung (Flurabweidung) geschah,<br />

so sollte man sie urkundlich bestätigen lassen und konnte sich<br />

wegen des Schadens an das Stadtgericht wenden. (Dr. M.<br />

Eimer und Dr. Forderer redeten an dieser Stelle unmöglicherweise<br />

von einer „Speisung" durch die Stadt!) Wer wegen Ab-


30 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

weidung irgend einer Frucht beklagt und überführt wurde,<br />

zahlte als Buße dem Amtmann drei Schilling.<br />

Wer Weibern, Kindern und Ehehalten (Dienstboten) etwas<br />

abiraufte ohne des Hauswirts oder Meisters Wissen und Willen,<br />

der büßte es mit 3 Pfund Heller, zwei Pfund davon dem<br />

Stadtherin (dem Abt von Reichenau), und 1 Pfund der Stadt.<br />

Schalholz v. ?.r allenthalben verboten außer auf den Widmarken<br />

(offenbar wo man Wieden schneiden durfte!). Wer<br />

solches anderswo abhieb, kam um 3 Pfund Heller. Den Bach<br />

gegen Wurmlingen durfte niemand mit einem Geschirr verlegen<br />

oder ablassen, und kein Körblein (zum Fischfang)<br />

darein legen. Doch dürfte man einmal dort (ohne Hinterlist)<br />

Fische fangen und in seinem Haus verbrauchen, aber nicht<br />

verkaufen. Uebertreter zahlten jedesmal 1 Pfund Heller.<br />

Dann war bestimmt, niemand soll keine Ein (Elle), Maussen<br />

(Maße), Gewicht, Viertelmaße oder anderes verwenden, wenn<br />

es nicht das Eichzeichen der Stadt trug. Wer das übertrat,<br />

mußte büßen nach Erkenntnis des Gerichts.<br />

Wer über offensichtliche Marken „erdte" (pflügte), mayte<br />

(mähte) oder schnitt, und es zur Klage kam oder es der Amtmann<br />

erfuhr, so zahlte der Uebeltäter 3 Pfund Heller. „Doch<br />

soll einer dem andern die Furch feldein geben, andernfalls<br />

darf der Nachbar die Furche sich holen." Wenn einer städtische<br />

Almende einzäunte, oder mit Pflügen oder anderem<br />

nahm, zahlt 3 Pfund Heller Strafe. Wenn eine Mark an der<br />

Ahmende steht, soll der Nachbar den Markstein in Ehren<br />

halten, sonst zahlt er 5 Schilling. Wer des anderen Eigenoder<br />

Lehensgut air; eigen anspricht und den Anfall nicht beweisen<br />

kann, zahlte 10 Pfund, wenn es vor Gericht kam . . .<br />

(Tuttlinger Stadtbuch 1489.) Krs.<br />

Rätselhafte Inschriften finden sich gelegentlich auf alten<br />

Glocken und sind geeignet, Kopfzerbrechen zu bereiten. So<br />

berichtet das alte Kunstdenkmälerwerk Hohenzollerns vom<br />

Jahre 1896 von einer Glocke des 14. Jahrhunderts in Bietenhausen,<br />

die Aufschrift enthalte die Evangelistennamen<br />

und tORE tGLORIEfERISt. Noch Hodler meinte 1925<br />

in seiner „Geschichte des Oberamts Haigerloch" S. 625: „Der<br />

Gießer setzte hier, was auch sonst vorkommt, beliebige<br />

Buchstaben ein, um den Kreis mit der Inschrift ganz auszufüllen".<br />

Nachher entpuppte sich das Ganze jedoch als ein<br />

uraltes Glockengebet: „ O rex glorie Christe, veni cum<br />

pace!" (O König der Glorie, Christus, kommt mit Deinem<br />

Frieden!). Die Aufschrift der zweiten Glocke von Bietenhausen<br />

aus dem 13. Jahrhundert war zuerst gar nicht zu lesen.<br />

Das neue Kunstdenkmälerwerk sagt dann, die rückläufigen<br />

Majuskelbuchstaben ergäben die vier Evangelisten<br />

und das Wort SANCTUS. Es stimmte also- nicht, was einmal<br />

einer vermutete, die Weisheit des Gießers sei zu Ende gewesen,<br />

weswegen er sinnlose Buchstaben einsetzte, vielmehr<br />

war die Weisheit des Deuters zu Ende!<br />

Bis heute ungedsutet ist die Umschrift des alten romanischen<br />

Türsturzes (Tympanon) mit 2 Wölfen und geometrischen<br />

Figuren, das an der südlichen Außenwand der Bietenhauser<br />

Kirche eingelassen ist. Man möchte lesen ... PEC-<br />

CATOR VIR FEMINAE MORTIS AMATOR... und unten<br />

AGMIA. Das Vorausgehende und nachfolgende ist verwischt<br />

und was soll die Uebersetzung: „Der Mann ist ein Sünder<br />

und Liebhaber des Todes der Frau?"<br />

Nicht gedeutet sind auch die Großbuchstaben auf einer<br />

früheren Glocke von Heiligenzimmern: „J.D.B.J.K.B.<br />

J.M.N.B.J.D.H.B, t Domine conserva nos in pace, anno 1655."<br />

Der letzte Satz ist klar: „Herr, erhalte uns in Frieden", was<br />

nach den Schrecken des 30jährigen Krieges nur zu verständlich<br />

klingt Vielleicht darf man daran erinnern, daß im 17.<br />

Jahrhundert gern eine ganze Reihe von Namen der Stifter,<br />

Gönner, Förderer, Beamten usw. auf Glocken erscheinen.<br />

Könnten nicht auch hier die Anfangsbuchstaben des Ortsvorstehers<br />

und von 6 Richtern gemeint sein? Der Name des<br />

damaligen Pfarrers Jakob Walz ist nicht darunter.<br />

Völlig unverständlich, ja sinnlos wollen auf den ersten<br />

Blick Glockeninschriften erscheinen, die einfach das ganze<br />

oder teilweise Alphabet (vor- und rückwärts) zeigen. Auch<br />

an Hauswänden hat Studienprofessor Schilli, der beste Kenner<br />

des Schwarzwaldhauses, das Alphabet eingeschnitten gefunden.<br />

Man denke da an das griechische und lateinische<br />

ABC, das bei der Kirchweihe der Bischof mit dem Stab im<br />

Innern der Kirche in die Form eines X (Anfangsbuchstabe<br />

des griechischen Christusnamens!) gestreute Asche schreibt.<br />

Dieser Ritus findet sich schon im 9. Jahrhundert im Sakramentar,<br />

das auf den Papst Gregor, den Großen (f 604) zurückgeführt<br />

wird. Dies symbolisiert die Besitzergreifung des<br />

Gotteshauses durch Christus. In der Apokalypse des hl. Johannes<br />

wird mehrmals (1, 8; 21, 6; und 22, 13) von Christus<br />

als dem Ewigen gesagt: „Ich bin das Alpha und Omega, der<br />

Anfang und das Ende". Alpha ist nämlich das erste und<br />

Omega das letzte Zeichen des griechischen Alphabets. So ist<br />

dieses zum Sinnbild Christi geworden. Glocken und Häuser<br />

werden durch das ABC ihm anvertraut, wodurch das Alphabet<br />

segnende und unheilabwehrende Bedeutung annahm!<br />

Ganz anderen Charakter trägt die Inschrift eines Witzboldes<br />

an einem Hauseck in Calw. Sie zeigt ein Durcheinander<br />

von Buchstaben, sowie das Bild eines Esels neben<br />

einem Eck- oder Randstein. Nur mit einiger Mühe wird man<br />

entziffern: „Reibestein für Eseleien", eine Erinnerung an die<br />

Zeit, als noch im bucklichen Calw viele dieser Vierbeiner<br />

arbeiten mußten, und am besagten Hauseck sich behaglich<br />

rieben. Kraus.<br />

Glockengießer Johann Bapt. Algeyer von Offenburg (nicht<br />

Offenbach) wie irrig das Kunstdenkmälerwerk des Kreises<br />

Hechingen angibt) schuf 1717 die sog. Mettelgloße (mittlere<br />

Glocke) in Ringingen mit ca. 8,20 Ztr. und dem Ton a. Da<br />

dieser nicht ganz rein ist, soll sie nächstens in den Ruhestand<br />

treten. Auch in Gengenbach befand bzw. befindet sich<br />

eine Glocke von ihm vom Jahre 1718. Für die Offenburger<br />

Pfarrkirche Hl. Kreuz schuf der Meister 1728 zwei Glocken,<br />

nämlich zur Ehre Mariens und des hl. Kreuzes. Karl Walter<br />

gibt in seiner Glockenkunde (1913 Pustet-Regensburg S. 406)<br />

die Aufschrift der letzteren wieder. Nach frdl. Mitteilung von<br />

Dr. Otto Kähni, dem Archivar von Offenburg, ist Johann<br />

Baptist am 27. Mai 1685 daselbst geboren worden als Sohn<br />

des Bürgers Valentin Algeier und seiner Gattin Anna<br />

Maria Kindt. Laut Ratsprotokolls bewarb er sich als Glokken-<br />

und Stuckgießer J. B. Allgeyer am 18. August<br />

1715 um das Bürgerrecht, was ihm unter der Bedingung gewährt<br />

wurde, daß er eine Bürgertochter heirate. Dies geschah<br />

denn auch laut Ehebuchs am 16. Januar 1719 mit<br />

Maria Katharina Küblerin, der Tochter des Anton K. Dabei<br />

ist bemerkt, der Vater Valentin sei bereits verstorben.<br />

Stuck nannte man damals die Kanonen. Wie andere Meister<br />

goß Algeyer also auch Kriegsgeschütze. Umgekehrt hat<br />

man bis in unsere Zeit erbeutete Kanonen zu Kirchenglocken<br />

umgeschmolzen. Wegen des hohen Blei- und Antimongehalts<br />

dieser Geschützbronze kam man jedoch jetzt davon ab.<br />

Nach obigem Buch Walters (S. 677) wird schon 1637 ein<br />

Glockengießer Valentin Algeyer in Konstanz erwähnt. Er<br />

dürfte Vater oder Großvater des Offenburgers gewesen sein,<br />

villeicht identisch mit dem gleichnamigen Gießer von Ulm,<br />

vielleicht identisch mit dem gleichnamigen Gießer von Ulm,<br />

das Ulmer Münster schuf. In Konstanz scheint der genannte<br />

Algeyer der Vorgänger der Gießerdynastie Rosenlächer gewesen<br />

zu sein. Krs.<br />

Ein Wolf vom Stein von Jungingen (vor 1410) hatte unterm<br />

13. Februar im Totenbuch des Benediktinerinnenklosters<br />

Urspring bei Schelklingen einen Jahrtag. Seine Tochter<br />

Anna vom Stain-Jungingen, die an einem 20. Juli starb, ist<br />

in Urspring nach 1410 begraben. Josef Zeller meint (im<br />

Württbg. Vierteljahresheft für Landesgesch. 1926, S. 145 und<br />

158), es handle sich um Jungingen bei Ulm. Dies ist jedoch<br />

reine Vermutung. Die weitverbreitete Adelsfamilie vom Stein<br />

kann sehr wohl zeitweise in unserem hohenz. Jungingen als<br />

Lehensmann Württembergs gesessen haben. Dieses hat im<br />

Jahre 1300 Burg und Dorf Jungingen vom Johanniterorden<br />

erworben und erst im Jahre 1473 an die Zollergrafen vertauscht.<br />

Wolf v. Stein zu Jungingen war 1378 Bürger zu<br />

Ulm (Mitt. Hohz. 63, 16 Anmerk.), was aber nichts beweist.<br />

1306 wird „ein Ritter H. von Winterstetten genannt von<br />

Jungingen" als Zeuge aufgeführt und noch 1409 gab Graf<br />

Eberhard von Wirtemberg einem Diener Rudolf von Baldeck<br />

die Dörfer Jungingen und Starzein mit dem Weiler Killer<br />

gegen 600 fl zur lebenslänglichen Nutzung. Er lebte noch 1442<br />

(a.a.O. 62, 7). Auch eine Elisabeth von Benzingen<br />

findet sich am 26. April, eine andere am 19. September und<br />

eine Nonne Sophie Benzingerin am 12. Januar im genannten<br />

Totenbuch Urspring verzeichnet. Krs.<br />

Schoser, Schoßer, ein in Trochtelfingen und um 1900 auch<br />

in Ringingen vorkommender Familienname, ist uns heutigen<br />

nicht ohne weiteres in der Bedeutung verständlich. Man muß<br />

schon zum Wörterbuch greifen. Nach Math. L e x e r s mittelhochdeutschem<br />

Taschenwörterbuch (19. Aufl. 1930, S. 186)<br />

waren die Namen Schoßmann und Schoßer einst gleichbedeutend<br />

mit Steuereinnehmer, denn „schoß" bedeutet Geldabgabe<br />

und „schoßen" Steuer geben. Dieser Erklärung<br />

folgen die Namenforscher Josef K. Brechenmacher und K.<br />

Linnartz. Letzterer erinnert an vor geschossenes Geld,<br />

Zu s c h u ß (engl. scot). Der Name Schoßer ist auch in Wien,<br />

Frankfurt und Berlin nachzuweisen. Krs.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 31<br />

Klaiber als Familienname. Das Tuttlinger Stadtbuch vom<br />

Jahre 1489 bestimmt: „Wer ein Haus bauen will, für den soll<br />

jeder Einwohner, der Roß und Karren hat, eine Fahrt in den<br />

Tannwald und eine Fahrt in unsere anderen Wälder tun.<br />

Wer weder Roß noch Karren hat, soll 2 Tage fronen (ohne<br />

Entgeld mitarbeiten), es sei mit Holzhauen, Zünen klaiben<br />

oder anderer Hilfeleistung, ausgenommen Aufrichten;<br />

hierbei soll männiglicher helfen." Aufrichten heißt man bekanntlich<br />

das Aufstellen des Zimmerwerks. Zünen sind<br />

Flechtwerk oder Körbo, schwäbisch Z e i n e n. „Zeinen<br />

klaiben" beim Hausbau bedeutet: Das Flechtwerk der Riegel<br />

mit Lehm verkleben bzw. beiderseits verputzen. Der<br />

Mann, der diese Arbeit als Beruf ausübt, ist der Klaiber.<br />

Er konnte offenbar auch sonst mit Lehm umgehen als Häfner<br />

oder Töpfer usw. Ein Vogel (Sitta europaea) namens Kleiber<br />

hat seinen Namen vom Nestbau, dessen Zugang er mit Lehm<br />

und Speichel passend zurecht klebt. Krs.<br />

Knaupp Kaspar und Hans Ulrich aus dem Schweizerland<br />

heirateten 1653 nach Langenenslingen, wo die Familie des ersteren<br />

heute noch blüht. (Verhörsprotokoll der Grafsch. Sigmaringen-Veringen<br />

Band 18. fol. 122, im Staatsarchiv Sigmaringen.)<br />

Krs.<br />

Das große Wappen der Fürsten von Hohenzollern<br />

Karl Theodor Zingeler hat bei seiner Untersuchung über<br />

das Entstehen des hohenzollerischen Wappens auch eine Beschreibung<br />

des großen fürstlichen Wappens gegeben (Vierteljahresschrift<br />

für Heraldik, Sphragistik u. Genealogie 1888,<br />

Jg. 16, 249 ff: auch seperat erschienen). Er bringt S. 268 eine<br />

farbige Tafel und zugehörige Beschreibung: 1) Herzschild der<br />

Grafen von Zollern, weiß-schwarz geviertet. 2) heraldisch<br />

rechte Oberstelle: in Gold mit einer silber-rot gestückten<br />

Einfassung ohne Rand einen schwarzen aufgerichteten rotbewehrten,<br />

rotbezungten und rotgekrönten Löwen mit gedoppeltem<br />

Schweif (Burggraf von Nürnberg). 3) linke Oberstelle:<br />

in Rot zwei gekreuzte goldene Zepter (Erbkämmereramt).<br />

4) rechte Hüftstelle: von Siilber-Rot quergeteilt (Haigerloch<br />

und Wehrstein). 5) linke Hüftstelle: in rotem Feld<br />

auf grünem Hügel ein schreitender goldener Hirsch (Grafschaft<br />

Sigmaringen). 6) rechte Schildfußstelle: in goldenem<br />

Feld drei rote übereinander mit Grind nach rechts querliegende<br />

Hirschstangen, die oberen 2 vierzinkig, die untere dreizinkig<br />

(Grafschaft Veringen). 7) linke Schildfußstelle: im<br />

silbernen Feld ein roter Löwe, aufgerichtet, goldbewehrt,<br />

goldgezungt und goldgekrönt mit gedoppeltem Schweif, das<br />

Schildfeld mit schwarzem Rand umgeben, auf dem 11 goldene<br />

Kugeln sitzen (Grafschaft Berg). Ueber dem großen<br />

Schild sieht man sieben Helme mit Zieren. Wir beginnen<br />

von links vom Beschauer her: 1) Helm mit 2 mit den Spitzen<br />

gegeneinander neigenden roten Hirschstangen (Veringen).<br />

2) Helm mit zwei silber-rot übereck geteilten Hiefhörnern<br />

(Haigerlioch -' Hohenberg). 3) Helm mit dem zollerischen<br />

Bracken- oder Hundshaupt, rotgezungt, schwarzweiß geviert,<br />

Decken weiß-schwarz. 4) Mittelhelm mit dem goldenen Erbkämmererzepter.<br />

Decken gold-rot. 5) Helm mit schwarzem,<br />

zwischen 2 silber-rot gestückten Büffelhörnern sitzendem,<br />

rotbewehrtem, rotbezungtem und rotgekröntem Löwen<br />

(Burggraf von Nürnberg). 6) Helm mit 2 senkrecht aufsteigenden<br />

goldenen Hirschstangen (Sigmaringen) Helmzier goldrot.<br />

7) Helm mit geschlossenem goldenem Adlerflug (d. h.<br />

zwei Flügeln), Helmdecken silber-rot (Graf von Berg). Als<br />

Schildhalter sieht man zwei zollerische rotbezungte Bracken<br />

(Hunde) mit silber-schwarz und gevierteten Ohren. Krs.<br />

Gliederung der Zollerngrafschaft im 16. Jahrhundert<br />

Im 16. Jahrhundert war die Zollerngrafschaft in 13 Aemter<br />

aufgegliedert, und zwar:<br />

1. Amt Bisingen mit Steinhofen und Thanheim,<br />

2. Amt Hechingen,<br />

3. Amt Grosselfingen,<br />

4. Amt Owingen,<br />

5. Amt Rangendingen,<br />

6. Amt Stein mit Sickingen und Bechtoldsweiler,<br />

7. Amt Stetten bei Hechingen mit Boll,<br />

8. Amt Weilheim mit dem Weiler Hausen,<br />

9. Amt Wessingen mit Zimmern.<br />

(Diese 9 Aemter bildeten die „Untere Grafschaft". Im<br />

Volksmund wird sie heute noch als „Unterland" bezeichnet.)<br />

10. Amt Schlatt mit Beuren, dem Hof Spessart und Weiler<br />

ob Schlatt,<br />

11. Jungingen,<br />

12. Amt Killer mit Hausen und Starzein<br />

13. Amt Burladingen mit Gauselfingen und Hörschwag<br />

(Diese 4 Aemter bezeichnete man als „Obere Grafschaft",<br />

im Volksmund „Oberland".) Wt.<br />

Frohnstetten und die Ebinger Klause. Die Ebinger Klause<br />

der Franziskanerinnen wurde in einem Aufsatz in den „<strong>Heimat</strong>kundlichen<br />

Blättern für den Kreis Balingen" Nr. 13 vom<br />

31. Dezember 1966 von Dr. Walter Stettener beschrieben. Dabei<br />

erfahren wir auch von deren Besitz in Frohnstetten. Er<br />

wurde im Jahre 1544 durch den Stadtschreiber und Notar<br />

Johannes Briegel im Beisein eines Schreibers von Straßberg<br />

und zweier Frohnstetter Einwohner, darunter dem Pächter<br />

(Beständer) Jerg Dreher neu beschrieben. Die andern Namen<br />

gibt Dr. Stettner leider nicht an. Der Frohnstetter Hof umfaßte<br />

41 Jauchert Acker und 10 Mannsmahd Wiesen und einen<br />

Baumgarten. Er zinste jährlich den geistlichen Frauen des<br />

Dritten Ordens nach Ebingen je 2 Malter Vesen und Haber in<br />

Ebinger Meß, 2 Hühner und 120 Eier, die unentgeltlich ins<br />

Klösterlein zu liefern waren. Der Hof ist zu unbekannter Zeit<br />

an die 1344 entstandene Klause gestiftet gewesen. Nach der<br />

württembergischen Religionsumwälzung 1534 beließ man die<br />

Nonnen in ihrer Behausung bis zum Aussterben, womit sie<br />

sich nicht beeilten. Es war eine interessante Situation in dem<br />

Lutherischen Städtchen, da die Schwestern in ihrem Drittordenshabit<br />

treu katholisch blieben und von katholischen Gegenden<br />

aus, sogar Freiburg, von Franiskanern betreut wurden.<br />

Zuletzt waren nur noch 3 Nonnen übrig, von denen Katharina<br />

Lipp im Jahre 1594 das Zeitliche segnete. Sie hatte 70<br />

Jahre in der Klause verbracht. Die restlichen beiden durften<br />

1598 ihre geringe Habe an Hausrat, Bettgewand und etwas<br />

Geld an bedürftige Verwandte verteilen. Ursula Haug starb<br />

dann 1605, worauf ihre Paternoster (Nüster) und Kleinodien<br />

in einem verschlossenen Trüchlein beim Landesherrn in Stuttgart<br />

abgeliefert wurden. Die letzte, Margaretha Beck, kam<br />

noch einige Jahre ins Spital, wo sie nach längerer Krankheit<br />

1608 verstarb. Klause mit Zubehör gingen jahrs darauf für<br />

2150 Gulden an Martin Krimmel über. Das Geld dürfte für<br />

kirchliche Zwecke an die Regierung gegangen sein. Im Bericht<br />

ist die Rede von einer Wachsbreche, was wohl Flachsbreche<br />

heißen soll. Von der Ebinger Klause kam laut Ueberlieferung<br />

die bekannte Pieta im Jahre 1568 nach Laiz in die Pfarrkirche,<br />

wo sie auf der Empore einen Ehrenplatz hat. Krs.<br />

„Schloß Sigmaringen und das fürstl. Haus Hohenzollern"<br />

heißt ein sehr reich bebildertes Werkchen (71 Seiten, 15.80 DM)<br />

des Verlags Thorbecke-Konstanz, als dessen Verfasser W.<br />

Kaufhold (Bilder und Schloßbeschreibung) und R. Seigel (Geschichte)<br />

zeichnen. Die fürstliche Familiengeschichte ist in<br />

knapper Form sehr flott gezeichnet, der Besitzzuwachs und<br />

die Abstammung auf zwei Plänen übersichtlich dargestellt,<br />

der Text teils auch englisch und französisch. Die Bilder zeigen<br />

das Schloß und seine Kunstschätze. S. 59 (Mitte) wäre der<br />

Name des Grafen Gottfried in Gebhard zu ändern. Krs.<br />

Die Namen Schoder, Schoderbeck, Schodermayer, gehören<br />

nach Brechenmacher (Deutsche Sippennamen IV. 1936, 1016)<br />

zum oberdeutschen (bei uns jedoch nicht bekannten) Worte<br />

S c h o d e, der Busch, verkrüppelte Baum, oder zu bayerischem<br />

Schoder, sonst Schotter, zerbröckeltes Gestein. Krs.<br />

An das<br />

Postamt<br />

in


32 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Von der Klause in Rangendingen<br />

Die erste sichere Urkunde über die Existenz der Klause<br />

in Rangendingen lagert im Fürstl. Archiv in Sigmaringen<br />

(R. 45. Fasz. 253). Die Pergamenturkunde wurde von dem<br />

Haigerlocher Schulmeister Christian Roßhaupter geschrieben<br />

und datiert vom 23. Januar 1431. (Die Klause lag im Dorfteil,<br />

der damals zum Amt Haigerloch gehörte.)<br />

Inhalt der Urkunde:<br />

Die Priorin und die Klause übergaben folgende Güter als<br />

Erblehen an Benz Mösing in Rangendingen:<br />

anderthalb Jauchert Acker im Wolfental,<br />

2 halbe Jauchert Acker auf dem Lindach und in der Zeig<br />

Malmen,<br />

eine halbe Jauchert Acker beim Zefeltbrunnen,<br />

eine h;.ibe Jauchert unter den Weingärten,<br />

2 Jauchert auf dem Hungerberg,<br />

2 Neuwiesen, gelegen auf der Au, eine Mannsmahd,<br />

ein Garten und ein Wiesenplätzchen (Lage nicht angegeben),<br />

eine halbe Mannsmahd Wiesen im Rangendinger Tal.<br />

Mösing mußte als Gült an die Klause liefern:<br />

2 Malter Vosen und 18 Viertel Haber (Haigerlocher Maß),<br />

Lehengeld 30 Schilling Häller. Außerdem hatten Mösing bzw.<br />

seine Nachkommen die Verpflichtung, an die Frühmeßpflege<br />

2 Viertel Roggen und 2 Viertel Haber zu liefern.<br />

Auf die 2 halben Jauchert Acker auf Lindach mußten jährlich<br />

30 Karren Mist gebracht werden. Als Zehntlohn sind 6<br />

Viertel Haber zu. reichen. Wt.<br />

Magnunstab im Breisgau: Die „Hohenz. <strong>Heimat</strong>" berichtete<br />

1951, S. 25, 47, 63 und 1956 S. 13 über die Anwendung des<br />

Magnusstabs gegen Engerlinge, Mäuse und andere Schädlinge.<br />

Das Taufbuch von Kappel b. Freiburg bringt im Anhang<br />

unterm Jahr 1773 einen ausführlichen lateinischen Bericht:<br />

„Die Gemeinden Kirchzarten, Kappel und andere in diesem<br />

Dreisamtal erbaten vom Benediktinerkloster Füssen (Ad<br />

fauces Julias) in Bayern den Stab des hl. Magnus. Man<br />

schreibt dem Segen oder der Berührung dieses ehrwürdigen<br />

Stabes eine besondere Kraft zu zum Vertreiben der Mäuse<br />

und anderer für die Feldfrüchte schädlicher Tiere und Insekten.<br />

Es erschien also der hochw. Pater Ignatius Witsch<br />

vom genannten Kloster am 24. April 1773 und wurde an der<br />

Markungsgrenze Kirchzarten von der Pfarrei samt dem Seelenhirten<br />

in Prozession empfangen und in die Kirche geleitet.<br />

Der Pater segnete im ganzen Tal und auch in Freiburg und<br />

kam schließlich am 13. Mai in die Pfarrei Kappel. In der<br />

Nähe des Gasthauses „Zum Schiff", im Volk auch „Raspelhaus"<br />

genannt, bzw. an der Grenze unserer Pfarrei habe ich<br />

in Begleitung der Pfarrkinder von Littenweiler (das damals<br />

noch zu Kappel gehörte!) ihn in Prozession abgeholt. Nach<br />

Vorbild des Kirchzarter Pfarrers hatte ich das Chorhemd<br />

angezogen, was aber nicht so nötig oder passend gewesen<br />

wäre, da man dies normalerweise nur zur Begleitung des<br />

Allerheiligsten trägt. Der Pater selber trug nur einen Habit<br />

und die Stola während des Segens. Auf den Littenweiler<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug<br />

durch die Post Stück „Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>",<br />

Verlagspostamt Gammertingen, zum halbjährigen Be-<br />

zugspreis von DM 1.40.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bzw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um<br />

deutliche Schrift wird gebeten.<br />

Wiesen am öffentlichen Weg sang ich die vier Evangelien,<br />

und er gab jeweils den Segen wie anderwärts. Auch in Freiburg<br />

war der Ordensmann mit seinem Stab vom Klerus in<br />

Prozession empfangen worden, was die Geistlichen hinterher<br />

bereuten, so daß er zuletzt den Segen nur noch in Gegenwart<br />

des Pfarrers und zweier Personen vom Stadtrat gab. Von<br />

den Littenweiler Wiesen ging der Pater nach Ebnet, wo er<br />

ebenfalls die vier Segnungen hielt. Ich war auch dabei und<br />

anschließend vom dortigen Pfarrer zum Essen geladen.<br />

Anschließend haben die Pfarrkinder von Kappel uns auf<br />

dem gegen Littenweiler gelegenen Hügel (Hörchersberg) mit<br />

Kreuz und Fahnen erwartet und in Prozession weitergeleitet.<br />

In der Nähe des Dorfes wurde der erste Segen gegeben, der<br />

zweite in den Wiesen und Aeckern des Johann Molz im<br />

Großen Tal, der dritte und vierte im sogenannten Kleinen<br />

Tal. Bei der 4. Station haben sich auch einige fromme<br />

Frauen, die mit Krankheit behaftet sind, versammelt gehabt<br />

und erbaten den besonderen Segen, den ihnen der hochw.<br />

Herr Pater trotz des Hinauszögerns der Prozession auch<br />

gewährte. Sonst hat er beim Segnen der Wiesen den ehrwürdigen<br />

Stab während des ganzen Gebetes in die Erde<br />

gesteckt. Nachher wurde die Prozession in die Pfarrkirche<br />

geleitet und dort vom Pater die Litanei zum hl. Abte Magnus<br />

rezitiert, auch vom Altar aus wieder der Segen gegeben.<br />

Nach Vorbild anderer Orte brachten die Leute in die Kirche<br />

Zweige, Asche, Erde, Wasser und anderes, was alles mit<br />

dem Stabe gesegnet wurde. (Diese Dinge dienten offenbar<br />

dazu, den Segen auch entfernten Feldern und Häusern mitzuteilen.)<br />

— Endlich geleiteten wir den Ordensmann in Prozession<br />

weiter an die Pfarreigrenze bei Romersbruck und<br />

kehrten dann mit Kreuz und Fahnen heim. Ich selber legte<br />

das Chorhemd ab und begleitete den Ordensmann nach<br />

Neuhäuser, wo der Vikar von Kirchzarten ihn mit den Pfarrkindern<br />

empfing. Der Pater und ich waren in gewohnter<br />

Weise der Prozession zu Pferd gefolgt; er hatte mit seinem<br />

Diener eigene Rosse, mir aber hatte die Gemeinde Kappel<br />

und Littenweiler ein Reittier zur Verfügung gestellt, mir<br />

auch für die Bemühungen einen Kaisertaler verehrt.<br />

Wie ich nachher erfuhr, hatten alle Ortsvorsteher des<br />

Kirchzarter Tales ein schriftliches Bittgesuch ans Kloster<br />

Füssen um den ehrwürdigen Magnusstab gerichtet, besonders<br />

auf Anregung des Talvogts Joseph Ruffie in Kirchzarten.<br />

Soviel ich weiß, wurden von letzterem dem hochw. Pater<br />

für seine Mühe als Ehrengeschenk etwa 90 bis 100 Gulden<br />

übergeben, die anteilmäßig auf die Ortschaften umgelegt<br />

worden sind." Soweit der Bericht des Pfarrers.<br />

Leider erfahren wir das Wichtigste nicht, nämlich, ob die<br />

ganze Aktion auch von Erfolg gekrönt wurde!<br />

Das Sigmaringer Schloß besitzt noch einen Magnusstab<br />

vom Jahre 1741 aus dem Kloster Wald, allerdings unter<br />

dem irrigen Namen „Aebtissinnenstab". Er trägt oben die<br />

Silberstatuette des hl. Magnus, wie er den Drachen mit dem<br />

Kreuzstab tötet. Darunter befindet sich im Knauf ein Reliquienbehälter<br />

und unten am Ende eine silberne Spitze zum<br />

Einstecken ins Erdreich. Höhe 87 cm. Abbildung im Kunstdenkmälerwerk<br />

1896 S. 280.<br />

Die Raine (Böschungen zwischen den Aeckern an abfallendem<br />

Gelände) sollten laut Tuttlinger Stadtbuch von 1489 in<br />

allen Eschen umgebrochen werden, beginnend mit dem Brachösch.<br />

Als Aufsicht wurden sechs Bürger bestimmt. Ob die Aktion<br />

überall möglich war? Krs.<br />

Alte Lieder<br />

In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erschien im<br />

Stuttgarter Verlag Karl Göpel von Fr. Jos. Kunkel eine<br />

Sammlung ausgewählter vierstimmiger Gesänge für Männerstimmen.<br />

(Das Erscheinungsjahr ist nicht angegeben.) Unter<br />

den 166 Chören sind einige, die in der <strong>Heimat</strong>zeitung festgehalten<br />

werden sollen:<br />

Nr. 143 Das Kirchlein. Komponist F. W. C., Fürst zu Hohenzollern-Hechingen.<br />

Komponiert in H-Dur, % Takt. Text<br />

von Wilhelm Kilzer.<br />

Nr. 46 Die vaterländischen Gesangvereine. Komponist Th.<br />

Täglichsbeck (A-Dur, *k Takt. Text von J. Blumenstetter.<br />

Nr. 24 Der deutsche Adler, Komponist Täglichsbeck; Es-<br />

Dur, */« Takt.<br />

Nr. 153 Am Grabe. Komponist Täglichsbeck. (f-moll, -/'<br />

Takt.)<br />

(Anmerkung: Thomas Täglichsbeck war von 1828—1857 Dirigent<br />

der Hofkapelle des Fürsten Constantin von Hohenzollern-Hechingen.)<br />

Wt.<br />

Die Verfasser tragen für den Inhalt ihrer Abhandlungen<br />

die Verantwortung.


<strong>Hohenzollerlsche</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Vierteljahresblätter für Schule und Haus<br />

Schriftleitung:<br />

Fritz S c h o d e r, Hauptlehrer<br />

7451 Rangendingen, Mühlweg 22<br />

4 P 3828F<br />

Preis halbjährlich 1.40 DM<br />

Druck und Verlag:<br />

Buchdruckerei S.Acker, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15<br />

Nummer 3 1 Gammertingen, Juli 1967 17. Jahrgang<br />

120 Jahre Fürst-Carl-Landeskrankenhaus in Sigmaringen<br />

Wer in Sigmaringen vom Bahnhof stadtwärts geht, sieht<br />

rechts der Straße inmitten gärtnerischer Anlagen das Denkmal<br />

des Fürsten Carl von Hohenzollern-Sigmaringen. Es ist<br />

eine große Büste auf einer Marmorsäule. Eine überlebensgroße<br />

Büste desselben Fürsten steht im Treppenhause des Fürst-<br />

Carl-Landeskrankenhauses in Sigmaringen. Dem Fürsten<br />

Carl verdankt diese segensreiche Anstalt ihr Bestehen, 120<br />

Jahre sind seitdem verflossen. Wieviele Kranke haben in<br />

dieser Zeit hier Hilfe gesucht und Heilung gefunden. Man<br />

kann diese Anstalt aus dem heutigen Sigmaringen nicht<br />

mehr wegdenken.<br />

Fürst Carl wurde geboren am 20. Februar 1785 und kam an<br />

die Regierung nach dem am 17. 10. 1831 erfolgten Tode<br />

seines Vaters, des Fürsten Anton Aloys. Fast 17 Jahre regierte<br />

er das Fürstentum. Ihm verdankt Hohenzollern übrigens<br />

auch die Stiftung der Spar- und Leihkasse. Die Carlsstraße,<br />

der Prinzenbau, das Regierungsgebäude und anderes<br />

erinnert an ihn.<br />

Auf seine Initiative, er war noch Erbprinz, wmrde am 29.<br />

März 1828 eine Landesspitalstiftung begonnen und dieses<br />

geplante Spital zur Aufnahme gefährlicher und heilbarer<br />

Irren bestimmt, da die bisherige Irrenanstalt im Schloß Hornstein<br />

dann aufhören werde. Ferner sollte das Haus zur Aufnahme<br />

eckelhafter und ansteckender Kranker dienen, deren<br />

Unterbringung in den Ortschaften oder 1 in ihren Familien<br />

nicht, oder nur mit größter Belästigung stattfinden könne.<br />

Desgleichen Kranke, die sich beschwerlichen Operationen<br />

unterziehen müssen und fremde Kranke, die auf Kosten der<br />

Gemeinde oder von Stiftungen zu verpflegen seien. Bei der<br />

Eröffnung des Landesspitals wurde durch Verordnung vom<br />

19. Juli 1847 noch bestimmt, daß auch Pfründner, aber auf<br />

eigene Kosten, aufgenommen werden sollen.<br />

Es fällt auf, daß der Hauptaugenmerk auf Verwahrung<br />

und Verpflegung solcher gelegt wurde, die in der Familie<br />

oder in der Gemeinde nicht versorgt werden konnten. Besonders<br />

alleinstehende Kranke sind ja oft am übelsten daran.<br />

Erst an dritter Stelle wird die Vornahme von beschwerlichen<br />

Operationen an armen Kranken genannt. In wahrhaft liebevoller<br />

Fürsorge gedenkt der Stifter der „Aermsten der Armen<br />

unter den Untertanen", der Geisteskranken an erster<br />

Stelle. Diese Kranken wurden damals, wenn sie nicht in der<br />

eigenen Familie verwahrt werden konnten oder als gemeingefährlich<br />

zu betrachten waren, im derzeitigen Zuchthaus<br />

zu Hornstein untergebracht, daß sie nicht entweichen konnten.<br />

Von einer ihrem Zustand angemessenen ärztlichen Behandlung<br />

war noch kaum etwas bekannt. Es war darum, ein<br />

großer Schritt vorwärts, als der Erbprinz Carl diese Kranken<br />

unter ärztliche Behandlung verwies.<br />

Vorerst galt es, das geplante Werk in die Wege zu leiten,<br />

Geldmittel zu einem Fond zu sammeln, daß die nötigen Gebäude<br />

erstellt und die Einrichtungen bereitet wurden. An<br />

seinem Geburtstage, 20. Februar 1828, erließ der Erbprinz<br />

folgendes Schreiben an die fürstliche Landesregierung:<br />

„An dem Jahrestage einer mir wichtigen Erinnerung soll<br />

der schon länger gehegte Wunsch, dem Lande aus meinem<br />

Privatvermögen ein Merkmal meiner Vaterlandsliebe zu geben,<br />

in Vollzug kommen. Diesem, Vorhaben gemäß ertheile<br />

ich hiermit der fürstlichen Regierung die feierliche Erklärung,<br />

daß ich ¡unter dem Heutigen ein Kapital im Betrag<br />

von Zehntausend Gulden zur ersten Begründung dieses<br />

Fonds anweise, welcher für die Erichtung eines allgemeinen<br />

Krankenhauses für das Land bestimmt werden soll."<br />

Der Vater des Stifters, Fürst Anton Aloys, spendete am<br />

29. März desselben Jahres ein Kapital von zwanzigtausend<br />

Gulden zu demselben Zweck. Er verordnete, daß das Landesspital,<br />

sobald der gesammelte Fonds für die vorzunehmende<br />

Bauung und den jährlichen Bedarf der Anstalt zureicht,<br />

errichtet werden solle.<br />

Die Fürstin Amalie. Mutter des Stifters, und die Erbprinzessin<br />

Antonia, spendeten im gleich Jahre je dreitausend<br />

Gulden.<br />

Dieses gute Beispiel der fürstlichen Familie weckte auK±i<br />

bei der Bevölkerung des Landes freudigen Widerhall. Bald<br />

größere, bald kleinere Beträge gingen ein. Von Stiftungen,<br />

Heiligenpflegen, Gemeinden, Geistlichen, Privaten wurde<br />

nach und nach die Summe von zwölftausend Gulden beigesteuert.<br />

Im Eingang des Hauptgebäudes sieht man heute<br />

eine Liste von Wohltätern, in Marmor geschnitten.<br />

Die Kosten für den Neubau und die Beschaffung der nötigen<br />

Einrichtung beliefen sich, auf 93 960 Gulden. Durch Verordnung<br />

der fürstlichen Landesregierung vom 19. Juli 1847<br />

wurde der vollendete Bau dem stiftungsmäßigen Gebrauche<br />

überwiesen. Am 8. Mai 1847 hatten zwei Barmherzige<br />

Schwestern aus dem Mutterhause Straßburg, mit welchem<br />

ein Vertrag wegen Uebernahme der Krankenpflege und<br />

Haushaltung für das neue Spital abgeschlossen war, das neu<br />

erbaute Haus bezogen, um, die nötige innere Einrichtung zu<br />

beschaffen, alles für die Aufnahme von Kranken vorzubereiten<br />

und das nötige Personal einzustellen.<br />

In den ersten Jahren des Betriebes der Anstalt war die<br />

Zahl der zu versorgenden Personen an einem bestimmten<br />

Tage nicht über vierzig, Kranke, Pfündner und Geisteskranke<br />

zusammen. Die frühere Landesspitalfonds-Kommission<br />

wurde durch Beschluß der fürstlichen Geheimen Konferenz<br />

vom 14. Mai 1847 aufgehoben und dem Verwaltungsrat<br />

unterstellt. Am 31. August 1874 erfolgte durch königliche<br />

Verordnung die Verwaltung durch den Landeskommunalverband<br />

und seit vier Jahren durch den Kreis Sigmaringen.<br />

Die ärztliche Versorgung erfolgte durch den Anstaltsdirektor,<br />

dem seit 1896 ein Assistenzart beigegeben war.<br />

Die Anstaltsseelsorge übten zuerst die Pfarrgeistlichen,<br />

nach Eröffnung des Klosters Gorheim, von 1852 bis zum, Inkrafttreten<br />

des Jesuitengesetzes 1872 die Väter der Gesellschaft<br />

Jesu aus. Dann wieder meistens die Pfarrgeistlichkeit.<br />

Seit 1892 versorgen die Franziskaner von Gorheim die<br />

Kranken. 1 )<br />

Es war gar nicht leicht, Schwestern für das Spital zu bekommen.<br />

Unsere Mutterhäuser bestanden noch nicht. Ueberau<br />

aber rief man nach „Barmherzigen Schwestern". Jenseits<br />

des Rheines war jetzt wieder ein Mutterhaus, in Straßburg.<br />

Die französische Revolution hatte in Frankreich dem Ordensleben<br />

ein Ende gemacht. Als die Schreckenszeiten vorüber<br />

waren, berief die Stadtverwaltung von Zabern im Jahre 1804<br />

die zerstreuten Schwestern, soweit sie noch lebten, in das<br />

Spital zurück. Idealgesinnte Mädchen stellten sich in den<br />

Dienst der Nächstenliebe. So konnte eine ganze Reihe von<br />

Städte Schwestern erhalten. 1827 entstand das Mutterhaus in<br />

Straßburg und vereinigte die zerstreuten Schwesternstationen<br />

wieder zu einer Kongregation 2 ).<br />

1828 wandte sich König Ludwig der I. von Bayern dorthin<br />

um Schwestern, die der deutschen Sprache mächtig seien.


34 HOHEN Z Ö L LERISCHE H E I M A T Jahrgang 1967<br />

Clemens Brentano bereitete den barmherzigen Schwestern<br />

in einer eigenen Schrift den Weg in die deutsche Oeffentlichkeit.<br />

„Ihr Nutzen war leicht zu erweisen; denn allgemein<br />

waren die Klagen über die Härten, Fahrlässigkeit und Unehrlichkeit<br />

der um Lohn gemieteten Krankenwärter und Krankenwärterinnen"<br />

4 ).<br />

In Bayern hatte Erzbischof Ignaz Demeter von Freiburg<br />

den Orden kennen gelernt und wollte ihn auch in seiner<br />

Diözese einführen. Der Tod hinderte ihn daran. In seinem<br />

Testament jedoch bestimmte er zwei Drittel seines Vermögens<br />

zur Stiftung des Instituts der Barmherzigen Schwestern im<br />

badischen Land 5 ).<br />

An das Mutterhaus in München wandte sich auch Fürst<br />

Carl, um Schwestern für das gegründete Spital zu erhalten.<br />

Fürstin Eugenie von Hohenzollern-Hechingen, die gerade in<br />

München bei ihren Angehörigen, der königlichen Familie<br />

war, sollte auf seine Bitten persönlich bei den Schwestern<br />

(Souers de la Charité) vermitteln. Unterm 28. August 1843<br />

berichtet sie ihrem „Cousin" Fürst Karl nach Sigmaringen:<br />

Ich habe mich sofort mit diesem schönen Plan beschäftigt und<br />

die Superiorin persönlich gesprochen. Man gibt aber keine<br />

Schwestern ins Ausland. Der Fürst müsse junge, geeignete<br />

Mädchen nach München schicken, daß diese für das Ordensleben<br />

und die Krankenpflege vorbereitet werden. Es werden<br />

ihm in Kürze die bestehenden Bestimmungen zugesandt.<br />

Die Fürstin findet den Plan, barmherzige Schwestern für<br />

das neue Spital zu bekommen, großartig. „Dieser Orden ist<br />

ganz religiös aufgebaut", schreibt sie. „Die Schwestern kennen<br />

nur die Statuten in allen Ländern, in denen sie wirken. Ich<br />

beglückwünsche Sie, daß Sie diese fromme Hilfe für Ihr Land<br />

gefunden haben und bin darüber entzückt. Das was Sie für<br />

Ihr Land tun, werden Sie sicher auch eines Tages für das unsere<br />

tun, wenn es Gotteswille ist, daß es ihnen einst gehört" 6 ).<br />

(Die Ehe des Fürsten Constantin von Hohenzollern-Hechingen<br />

mit Fürstin Eugenie war kinderlos. Sie hoffte deshalb,<br />

auf Vereinigung der beiden Fürstentümer Hohenzollern-<br />

Hechingen mit Hohenzollern-Sigmaringen.)<br />

Der Plan mit dem jungen Mutterhaus in München kam indes<br />

nicht zur Ausführung. Fürst Carl schlug darauf einen anderen<br />

Weg ein, um zum Ziele zu kommen. Ein Brief des Historikers<br />

Friedrich von Hurter, K. K. Hofrat aus Bad Peters-<br />

Obwohl ich mein Elternhaus (Hauserhof bei Hechingen)<br />

seit Jahrzehnten verlassen habe, ist die Erinnerung überaus<br />

lebendig geblieben. Mein Großvater mütterlicherseits war<br />

Zacharias Löffler in Boll bei Hechingen, wo er das<br />

fürstliche Hofgut „F r i e d r i c h s t a 1" (auch „Schammental"<br />

genannt) umtrieb. Er war als erfolgreicher Landwirt überall<br />

sehr angesehen und wurde im He chinger Land allgemein<br />

„der Zacher" genannt. Beim Landgericht<br />

Hechingen galt er nach Aussage meines verstorbenen Onkels<br />

(Justizrat Löffler) als der intelligenteste, aber auch eigenwilligste<br />

Bauer von Hohenzollern. Wegen seiner umfassenden<br />

Sachkenntnisse und wegen seines klaren Urteils hatte ihn das<br />

Landgericht oft als Sachverständigen herangezogen.<br />

In Boll gab es mehrere Familien mit dem Namen L ö f f -<br />

1 e r, die sich nach Mitteilung meiner Mutter in wesentlichen<br />

Dingen sehr voneinander unterschieden. Die einen waren<br />

fleißig und strebsam und hatten es zu etwas gebracht. Die andern<br />

waren antriebslos, langsam und machten wenig Fortschritte.<br />

Wie meine Mutter uns sagte, wurden die beiden<br />

Familiengruppen im Dorf „Hirscher" oder „Hörne r"<br />

genannt. Nach dem Grund dieser eigenartigen Bezeichnung<br />

hatte ich meine Mutter nie gefragt; aber vermutlich ging der<br />

Name „H i r s c h e r" zurück auf den geschwinden<br />

Hirsch, den König der Waldtiere, der mit seinem prächtigen<br />

Geweih eine Art Krone trägt. Demgegenüber erinnerten<br />

die „Hörne r" mit ihrem langsamen Wesen vielleicht<br />

mehr an die gehörnten Tiere des Viehstalles,<br />

Kühe und Ochsen.<br />

Boll hatte an „M a r i a Z e 11" einen (wegen seiner prachtvollen<br />

Lage auf halber Höhe vom „Zollerberg") landschaftlich<br />

einmalig schönen Friedhof, dessen Kapelle aus dem<br />

Schmuck des sie umgebenden Waldes weit hinausschaut auf<br />

das im Tal liegende Land.<br />

Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>erinnerungen<br />

Die besonders laute Sprache der „Bollemer" soll<br />

von Professor A. M a y e r<br />

emer. Direktor der Frauenklinik Tübingen<br />

thal im Schwarzwald an Bischof Andreas Räß in Straßburg<br />

gibt darüber Auskunft: Am 21. d. (Monats Juli) 1846 werde<br />

ich von hier nach Straßburg kommen und Eurer Hochbischöflichen<br />

Gnaden in Begleitung des Geistlichen Raths Engel von<br />

Sigmaringen meine Aufwartung machen 7 )... Herr Engel<br />

hat von seinem Fürsten den Auftrag, einen neuen Sturm<br />

auf die Barmherzigen Schwestern zu unternehmen, und derselbe<br />

hat es sehr beifällig aufgenommen, daß ich mich als<br />

Volontär dieser Razia anschließen will. Die Gründe sind so<br />

einleuchtend, daß wir, wenn irgendwelche Möglichkeit vorhanden<br />

ist, auf geneigtes Entsprechen hoffen.<br />

Was hat es mit diesem „Sturm" auf die Barmherzigen<br />

Schwestern für eine Bewandtnis? Der Fürst v. Hohenzollern-<br />

Sigmaringen wollte nämlich aus dem Straßburger Mutterhaus<br />

der Barmherzigen Schwestern, das schon mehrere Kolonien<br />

nach Deutschland gesandt hatte, Krankenpflegerinnen<br />

für sein Landesspital gewinnen, aber die Oberin hatte das<br />

Begehren abgewiesen, weil sie nicht genug Schwestern zur<br />

Verfügung hatte, auch wohl, weil sie gehört haben mochte,<br />

daß die damaligen Sigmaringer Radikalen gegen das Vorhaben<br />

des Fürsten Widerspruch erhoben hatten. Der Erzbischöfliche<br />

Kaplan Feßler in Freiburg und der Geistliche<br />

Rat Engel von Sigmaringen, wandten sich daher an Hurter,<br />

dessen Beziehungen zu Räß bestanden, mit der Bitte, er möge<br />

sowohl bei dem Bischof, als bei der Generaloberin seinen<br />

Einfluß geltend machen. Und tatsächlich waren die Schritte<br />

Hurters ... nicht vergebens. Denn am 3. August konnte Hurter<br />

dem Geistlichen Rat Engel von Heidelberg aus mitteilen, daß<br />

die Sache in günstigem Sinne geregelt sei 8 ).<br />

Anmerkungen :<br />

1) Zur Jubelfeier des Fürst Karl-Landesspitals in Sigmaringen 1847-1897.<br />

M. Liehner-Sigmaringen.<br />

2) Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern von Straßburg. Separatdruck<br />

aus dem „Elsäßer Kurier" vom 5. und 6. April 1918.<br />

3) La Congrégation des Soeurs de le Charité de Strasburg. 1923 S. 9 ff.<br />

4) Franz Schnabel, Deutsche Geschichte im 19. Jahrh. Kath. Kirche, 1965 S. 261.<br />

5) Wilhelm Burger, Das Erzbistum Freiburg, 1927 S. 141.<br />

8) s' Zollerländle, Hechingen Nr. 5, 1926.<br />

') Fidel Engel, geb. 1769 in Bingen, 1818-1824 Stadtpfarrer in Sigmaringen,<br />

1824-1853 Pfarrer in Venngendorf. Regierungsrat. J. Wetzel, Geschichte<br />

der Kath. Kirche in Schwaben-Hohenzollern. 1928 ünitas Bühl-Baden. S. 367.<br />

8) L. Pfleger. Hurter. 321-322. Nikolaus Maier.<br />

davon herrühren, daß alle aus dem „B r ö 11 e r" (einem rauschenden<br />

Bächlein am Fuß von „Maria Zell") getrunken haben.<br />

Dadurch, daß wir 10 Geschwister waren, bildeten wir<br />

Kinder auf der abgelegenen „Einöd e" vom Hauserhof eine<br />

Art Kleingemeinde für uns. Bei der nicht leichten Führung<br />

ihrer großen Kinderschar erwies sich unsere unvergeßliche<br />

Mutter besonders in zwei Richtungen als gute praktische<br />

Psychologin: Sie war freigebig im Austeilen<br />

von Ohrfeigen und verstand es meisterhaft, uns Kinder<br />

irgendwie zu beschäftigen.<br />

Wenn eines von uns ab und zu der Meinung war, die Ohrfeige<br />

nicht verdient zu haben, lautete die Antwort: „Dann<br />

hast Du sie gestern verdient, was mir entging und Du bekommst<br />

heute die Nachlieferung; oder „Du verdienst eine<br />

Ohrfeige morgen, was mir vielleicht auch entgeht und daher<br />

bekommst Du schon heute die Vorauszahlung." —• Aus ihrer<br />

Herzensgüte heraus besaß unsere Mutter ein großes<br />

Verständnis für unsere kindliche Naschsucht: In<br />

unserem gemeinsamen Schlafzimmer stand eine große, nicht<br />

verschlossene Büchse mit selbsterzeugtem Bienenhonig<br />

und ein Eßlöffel darin. Mit seiner Hilfe hatten wir öfter das<br />

uns von der Mutter aufgetragene Nachtgebet besonders<br />

„andächtig" gestaltet. Wohl hatte die Mutter wiederholt betont,<br />

daß wir „an den Honig gegangen waren", aber trotzdem<br />

hatte sie die Honigbüchse nie verschlossen.<br />

Eine regelmäßige Beschäftigung war für uns das<br />

Schuhewichsen für das ganze Haus am Samstagnachmittag.<br />

Zu diesem Zwecke setzten wir uns gerne auf die von<br />

der Sonne beschienene Bank vor dem „Gesindehaus". Dort<br />

forderte uns eines Tages der auf dem gegenüberliegenden<br />

Dach des Schafstalles beschäftigte „Hofmaurer" Michel<br />

auf, die kurz vorher von ihm geweißte Hauswand<br />

auch zu „wichsen", was wir sofort taten. Unsere Mutter<br />

war darüber natürlich sehr empört und ereilte uns zunächst


Jahrgang 1967 H O E E N Z O L L E R I S C B E H E I M A T 35<br />

die mehr als verdienten Ohrfeigen. Als wir uns darauf<br />

beriefen, der „Hofmaurer" Michel habe uns dazu aufgefordert,<br />

rief sie ihm auf das Dach hinauf zu, daß er eigentlich<br />

auch Ohrfeigen verdient habe. Er hatte das gar<br />

nicht bestritten, war bereit, sie in Empfang zu nehmen, erklärte<br />

aber, daß er nicht hinuterkommen werde, sondern unsere<br />

Mutter soll zu ihm hinaufkommen, womit dann der<br />

ganze Prozeß erledigt war.<br />

Eine mehr als abwechslungsreiche Unterhaltung<br />

brachten uns die verschiedenen Tiere des Hofes:<br />

Katzen, Hunde, Hühner, Enten, Gänse, Schafe, Schweine,<br />

Kühe, Ochsen und Pferde, denen nicht selten die „Stallratten"<br />

den Hafer aus der Futterkrippe wegfraßen.<br />

Unser ganz besonderer Freund war ein uns von unserem<br />

Vater geschenkter kleiner Esel, auf dem wir öfters zu dreien<br />

ritten, obwohl er gar nicht gerne mitging, wenn wir ihn dazu<br />

aus dem Stall holten. Sein Mißfallen hatte er oft dadurch<br />

ausgedrückt, daß er ganz dicht an der Stallmauer entlang<br />

ging, so daß unsere Strümpfe zerrissen. Da die Mutter die<br />

Strumpflöcher stopfen mußte, hatte sie das „E s e 1 r e i t e n"<br />

verboten und nur „strumpflos" gestattet. Auf unseren Hinweis,<br />

daß dann unter Umständen die Haut unserer Beine<br />

reißt, hatte die Mutter erwidert: „Die Hautwunden heilen von<br />

selbst wieder, aber die Strumpflöcher muß ich stopfen."<br />

Eine vom Esel sehr beliebte Tätigkeit, uns loszuwerden, bestand<br />

darin, daß er im anliegenden Obstgarten unter einem<br />

ganz schräg stehenden Baum hindurchging und uns nach<br />

rückwärts abstreifte. Aus Empörung über unsere, mit ihm<br />

getriebene Tierquälerei hatte er dann oft beim Weggehen<br />

mit dem einen Hinterhuf noch nach uns ausgeschlagen.<br />

Aus Freude, uns losgeworden zu sein, stimmte er beim<br />

Weggaloppieren ein überlautes „J-a", „J-a" an. Seine Verachtung<br />

über uns brachte er öfters zum Ausdruck durch<br />

Ausstoßen einer ganzen Serie von überlauten Blähungen.<br />

Vom Pferdestall brachte ich meiner Mutter einmal ein<br />

halbjähriges Fohlen ins Zimmer; zum Empfang bekam ich<br />

zunächst eine der üblichen Ohrfeigen und dann die Aufforderung,<br />

alsbald wieder zu gehen. Beim Abschied hatte<br />

das Fohlen im Zimmer der Mutter zum Andenken<br />

einen frisch gebackenen Pferdeapfel hinterlassen.<br />

Außer den genannten Stalltieren gab es auf dem Hof<br />

eine ganze Anzahl von Vögeln: Spatzen, die täglich in<br />

übergroßer Menge auf der „Tierstallmiste" ihr Futter holten;<br />

ferner Tauben, Schwalben, Nachteulen, Fledermäuse, Lerchen,<br />

Drosseln, Amseln, Finken, Staren, Fledermäuse, Störche vom<br />

Kirchturm des benachbarten Dorfes Weilheim.<br />

Im unmittelbar anschließenden Wald gab es Hasen,<br />

Eichhörnchen, Wiesel, Rehe, und auf den Getreidefeldern<br />

stellten sich zur Erntezeit große Scharen von Rebhühnern<br />

ein.<br />

Nur wenige Minuten von unserem Wohnhaus entfernt lag<br />

in verträumter Stille das fürstliche Schloß Lindich. Da<br />

Bs leer stand, hatten wir Kinder es oft als besonders schönen<br />

Spielplatz benutzt und es als „unser Sehl oß" bezeichnet.<br />

Nach Aussterben des Hechinger Fürstenhauses<br />

wurde das Land Hohenzollern dem Königreich<br />

„Preußen", dem sogenannten „großen Vaterland" einverleibt.<br />

Diesen Staatsakt hatte meine Mutter noch selbst erlebt.<br />

Die Geistlichen sollen die ihnen aufgetragene sonntägliche<br />

Festpredigt nach zwei Punkten ausgerichtet<br />

haben:<br />

Die Burladinger<br />

Das Kapellchen an der Ringinger Straße und dem „Hohen<br />

Steig", unweit der neuen Volksschule, stammt nicht aus dem<br />

Ende des 17. Jahrhunderts, wie W. Genzmer und A. Speidel<br />

angeben, sondern von 1863. Das Heiligenhäusle in Hagens Lagerbuch<br />

des Jahres 1544 stand am Hohen Steig ganz unten,<br />

unterhalb der jetzigen Landesbahn und wurde unter Pfarrer<br />

Benedikt Schmid im Jahre 1689 abgebrochen. Fräulein Maria<br />

Kornelia Hauser hat nun das Erbauungsjahr in ihrer „Goffine"<br />

des „Nähnes" (Großvaters), des Buchbinders Högner<br />

selig, entdeckt. Dort steht: „Ich Katharina Scheu und Georg<br />

Högner haben das Käppele Ringingen zu erbaut im Jahre<br />

1863. Xaver Högner, sein Bruder, brachte den Altar her von<br />

Saulgau. An Mariä Geburt hat man das Heiligtum unter Böllersalven<br />

eingeweiht." (Somit ist die fast unbeachtete Altarinschrift<br />

bestätigt und ergänzt!)<br />

1.) „Von wannen es kam",<br />

2.) „Daß wir es verdient haben um unserer Sünden<br />

willen."<br />

Aber die Ausrichtung der Schulkinder war zu<br />

meiner Zeit ganz preußisch: Die Namen der 12 Kurfürsten<br />

von Brandenburg hatten wir fast früher gelernt als das<br />

Vaterunser. Und schon als Kinder sangen wir voll Stolz: „Ich<br />

bin eine Preuße, will ein Preuße sein."<br />

Die überragende Gestalt von Friedrich dem Großen<br />

wurde uns eindringlich vorgeführt. Seinen Respekt vor<br />

dem „Recht des Volkes" lernten wir kennen an dem „M ü 1 -<br />

ler von Sansouc i", der angesichts der vom König geplanten<br />

Enteignung seiner Mühle sagte: „ja, wenn es das<br />

Kammergericht in Berlin nicht gäbe."<br />

Ueber die persönliche Güte von Friedrich dem Großen<br />

liefen allerlei Anekdoten um: Als ein Berliner Rekrut zur<br />

Verantwortung gezogen wurde, weil er von einem „Mutter<br />

Gottes Altar" etwas hatte mitlaufen lassen, behauptete, die<br />

Mutter Gottes habe ihm den Gegenstand geschenkt, erwiderte<br />

der König: „Diesmal soll noch Gnade vor Recht ergehen;<br />

aber wenn er sich wieder einmal von der Mutter Gottes ein<br />

Geschenk machen läßt, dann bekommt er Arrest."<br />

Die Feldherrnkunst von Friedrich dem Großen<br />

brachte unser Lesebuch zum Ausdruck mit den Worten:<br />

„Wenn der große Friedrich kommt und klopft nur auf die<br />

Hosen, dann läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und<br />

Franzosen."<br />

Als besonderer Schmuck der Stadt Hechingen galt<br />

die „Villa Eugeni a". Die leider so früh verstorbene Fürstin<br />

Eugenie wurde auf Grund ihrer tiefen Frömmigkeit und<br />

ihrer zahlreichen Wohltaten im Volk geradezu als Heilige<br />

verehrt. Nach ihrem in Freudenstadt erfolgten Tod soll beim<br />

Durchfahren ihres Sarges durch Haigerloch durch das<br />

Walten von unsichtbaren Engeln in der St. Anna Kirche<br />

ein wundervolles Orgelspiel und ein prachtvoller Chorgesang<br />

ertönt sein.<br />

Die ausgesprochene <strong>Heimat</strong>liebe der Hohenzollerischen<br />

Bevölkerung geht letzten Endes zurück auf den „Zolle r",<br />

den ich von meinem Elternhause aus den ganzen Tag vor<br />

Augen hatte. Die besondere <strong>Heimat</strong>liebe kommt zum Ausdruck<br />

im allgemein bekannten Zollernlied : „Auf Hohenzollern<br />

steilem Felsen wohnt unverzagt die Eintracht nur."<br />

Das Zollerlied verband auch die zum Militärdienst<br />

eingezogenen Söhne des Landes, wo immer auch die<br />

jeweilige Garnison liegen mochte. — Die nach Beendigung der<br />

Militärzeit auf der Heimfahrt angesichts des aus der Ferne<br />

winkenden Hohenzollern ausgelöste Freude kommt zum Ausdruck<br />

mit den Worten:<br />

Wir rufen aus: o heiliges Land,<br />

wie ist mein Herz an Dich gebannt.<br />

Auf Hohenzollerns steilem Felsen<br />

wohnt unverzagt die Eintracht nur.<br />

Aus den geschilderten kurzen Jugenderinnerungen<br />

heraus möchte ich auch hier sagen:<br />

O wonnevolle Jugendzeit,<br />

Wie bist du fern, wie bist du weit,<br />

An meiner Jugend Tage mit ihrem stillen Glück<br />

denk ich so gern und oft zurück.<br />

Marienkapelle<br />

Aus weiteren Eintragungen geht hervor, daß Georg Högner<br />

schon am 2. Dezember 1865 an „Kopfweh" verstarb und zwar<br />

abends beim Gebetsläuten. Sein Bruder Xaver folgte ihm am<br />

10. Mai (wenn ich recht lese) 1876. Die Witwe Katharina Scheu<br />

fügte hinzu: „O möchten wir einst den Lohn im Himmel finden<br />

für den Kapellenbau!"<br />

Die Eigentümerin des Buches besitzt auch eine kleine, farbig<br />

gefaßte barocke Pieta, die zuerst den Altar geschmückt<br />

habe, bevor sie von der jetzigen Madonna abgelöst wurde. Das<br />

Altärchen setzte W. Genzmer ins ausgehende 17. Jahrhundert,<br />

der frühere Konservator, Professor W. F. Laur, hat gemeint,<br />

diese Madonna sei noch gotisch. Sie wurde jedoch laut Notiz<br />

im Pfarrarchiv erst 1891 neu aus München bezogen. Krs.


36 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Feld- und Missionskreuze in Rangendingen - L. Heck<br />

Unsere bäuerliche Bevölkerung hat sich seit jeher in gläubigem<br />

Vertrauen dem Willen Gottes untergeordnet und sich<br />

in seinem Schutz und Segen, in Glück und Unglück, geborgen<br />

gefühlt. Diese tiefe, in alle menschlichen Bereiche wirkende<br />

Gläubigkeit gaben ihr festenHalt u. innere Sicherheit, alleNöte<br />

ui. Drangsale menschlichen Schicksals zu überwinden. Die zahlreichen<br />

Feldkreuze, die auf unserer Markung an markanten<br />

Punkten hervortretend, inmitten von Ziersträuchern, Bäumen<br />

oder Baumgruppen in die Landschaft einpaßt stehen, zeugen<br />

vom frommen Sinn vorausgegangener Geschlechter. Zu den<br />

nächstgelegenen in den drei „Zeigen" zog man noch vor<br />

Jahren in feierlicher Prozession an den Bittagen, um durch<br />

inständiges Gebet Gottes Segen über Flur und Feld, über<br />

das Dorf und seine Bewohner herabzuflehen, was leider<br />

heute durch den ständig wachsenden Verkehr nur noch beschränkt<br />

möglich ist.<br />

Am weitesten vom Dorf gelegen steht das Lindachkreuz<br />

in einer weit sichtbaren Baumgruppe am Lindach-<br />

Raiteweg. Es wurde von Johannes Wild, Altvogt und<br />

dessen Ehefrau Anna Maria geb. Schwenk, im Jahre 1881<br />

gestiftet. Inschrift: „Im Kreuz allein ist Heil. Trägst du es<br />

ungern, SO' beschwerst du dich noch mehr und gleichwohl<br />

mußt du es doch tragen. Trägst du dein Kreuz gern, so: wird<br />

es auch dich tragen und zum Ziele führen, wo alle Leiden<br />

aufhören." Der Christuskörper ist sehr schadhaft und erneuerungsbedürftig.<br />

Im Schatten dieser Baumgruppe und in der<br />

Obhut dieses Kreuzes suchten früher Schnitter- und Schnitterinnen<br />

über die Mittagszeit wohlverdiente Rast und warteten<br />

oft mit sehnsüchtigen Blicken auf ihre Essenträger. Für<br />

uns Kinder war es immer ein besonderes Erlebnis, wenn<br />

wir dort mit den Erwachsenen Mittag machen durften. Aber<br />

auch bei plötzlich auftretenden Gewittern und bei einsetzendem<br />

Regen suchten mit Feldarbeit beschäftigte Bauern dort<br />

Schutz, den sie in zweifächer Hinsicht beim Lindachkreuz zu<br />

finden glaubten.<br />

An der Straße nach Haigerloch (Weggabel Harterweg-<br />

Lindachweg) steht das sogenannte „Goldene Kreuz"<br />

zwischen Lindenbäumen. Dieses wurde von Johannes<br />

Wannenmacher, Hafner und seiner Ehefrau J u d i t h a<br />

geb. Strobel, im Jahre 1870 gestiftet. Die Stifter sind Großeltern<br />

von Schulrat a. D. Wannenmacher und seiner Geschwister.<br />

Es mahnt uns: „Rette deine Seele!" Weitere Inschriften:<br />

„Es sei ferne von mir, daß ich mich rühme, außer im Kreuz<br />

Jesu Christi. Wenn jemand mir nachfolgen will, verleugne<br />

er sich selbst, nehme sein Kreuz täglich auf sich und folge<br />

mir nach!" Im Jahre 1936 wurde dieses ehrwürdige Steinkreuz<br />

wie das im Hitzenried in der Nacht vom 8. zum 9.<br />

Mai von unbekannten Tätern umgeworfen und beschädigt.<br />

Zur Erinnerung an diese Schändung und an die Wiedererrichtung<br />

trägt es die Inschrift: „Aus Liebe wieder errichtet<br />

am 14. 7. 1936."<br />

Am Dorfausgang Haigerlocherstraße-Auweg steht ,,s' H ä fners<br />

Kreu z". Dieses Steinkreuz ist von einer Franziska<br />

Wiest im Jahre 1888 gestiftet worden. Die Stifterin<br />

ist nach Amerika ausgewandert. Inschrift :„Es ist vollbracht!<br />

Christue siegt, Christus regiert, Christus herrscht." Der Christuskörper<br />

ist ebenfalls schadhaft.<br />

Auf der Höhe Hochgesträß-Hirrlingen steht über der Landschaft<br />

erhaben ,,s' Pfeffers Kreu z", auch ,,s' H a u h<br />

Kreuz" genannt. Es ist ein Holzkreuz, welches von Pfarrer<br />

Bernhard Pfeffer, geb. 1816 in Rottweil, Pfarrherr<br />

hier in Rangendingen von 1857—1867, gestiftet wurde. Kurz<br />

nach seinem Wegzug nach Sibratsweiler wurde es von seinem<br />

Nachfolger, Pfarrer Eugen Brucker im Oktober 1867 feierlich<br />

benediziert. Im Jahre 1940 wurde das morsche Holzkreuz mit<br />

dem halbzerfallenen Christuskörper erneuert. Das jetzige<br />

Holzkeuz wurde von Wagner Xaver Strobel (im 2. Weltkrieg<br />

gefallen) gefertigt und der Christus von Bildhauer Josef<br />

Wannenmacher gearbeitet.<br />

Am alten Mühlweg ob der Mühle steht ein gut gepflegtes<br />

Steinkreuz zwischen Rotdorn und Akazien. Vom Weg aus führen<br />

einige Steintreppen zu ihm hinauf. Es ist ein Stiftungsdenkmal<br />

der Mühlenbesitzer Singele-Blickle. Am 7. Juli,<br />

dem 4. Sonntag nach Pfingsten, wurde es von Pfr. Bernhard<br />

Pfeffer im Jahre 1867 feierlich eingeweiht. Fast alle Pfarrangehörigen<br />

beteiligten sich in feierlicher Prozession an den<br />

Einweihungsfeierlichkeiten. Es trägt die Inschrift: „Denkmal<br />

für die Familien Singele-Blickle und deren Verstorbene.<br />

Betet für sie!" Seitlich ist der Spruch zu lesen: „Es gibt kein<br />

Heil, keine Hoffnung für das ewige Leben, außer dem<br />

Kreuz."<br />

Das Steinkreuz an der Talstraße zwischen Akazien stammt<br />

aus dem Jahre 1936 und wurde von Pfarrer Sickler eingesegnet.<br />

Es wurde von den ledigen Schwestern Franziska<br />

und Frieda Wiest, den Basen von Studiendirektor Wiest,<br />

Hechingen, gleichsam als Sühne für die bereits erwähnten<br />

Kreuzschändungen, gestiftet. Inschrift: „Sei heiliges Kreuz<br />

gegrüßt 1936". Das Material stammt aus dem Steinbruch im<br />

Weilenberg. Daraus wurde das Kreuz von Bildhauer Josef<br />

Wannenmacher gearbeitet.<br />

Auf der Höhe des Dorfes, am Wolfental-Kreidenrainweg,<br />

steht ebenfalls ein Steinkreuz zwischen Fliederbüschen und<br />

Akazien. Dieses ist eine Stiftung von den ledigen Schwestern<br />

Katharina und Magdalena Schäfer (Basen von<br />

Bürgermeister Schäfer). Es wurde kurz vor dem ersten Weltkrieg<br />

errichtet und trägt die Inschrift: „Im Zeichen des<br />

Kreuzes wirst du siegen. Durch das Zeichen des Kreuzes<br />

bewahre uns vor unseren Feinden." An dieser Stelle stand<br />

zuvor ein Holzkreuz und es muß seit sehr langer Zeit dort<br />

ein Kreuz gestanden haben. Dies geht aus einer Sage hervor:<br />

„AmRande der breitgelagerten Ortschaft Rangendingen führt<br />

ein Weg ins sogenannte Wolfental. Seit uralten Zeiten steht<br />

dort, wo ein Weg zu den Gipsbrüchen abzweigt, ein Kreuz.<br />

Von dieser Anhöhe aus hat man eine gute Sicht über die<br />

ganze Ortschaft. Dorthin begab sich einst der Nachtwächter,<br />

wenn er die Stunden ausgerufen hatte und ruhte unter dem<br />

Baum beim Kreuz aus. Von hier aus konnte er die ganze<br />

Ortschaft leicht überblicken und eine etwaige Feuersbrunst<br />

frühzeitig beobachten..."<br />

Das erste Steinkreuz an der Hechingerstraße vor dem von<br />

Gipsermeister Schenk in den 20er Jahren erbauten Wohnhaus<br />

wurde von Elias Schmid und dessen Ehefrau<br />

Pauline gestiftet und am Sonntag, den 8. Juli 1894 von<br />

Ortspfarrer Josef Pfister feierlich eingeweiht. Inschrift: „Im<br />

Kreuz allein ist das Heil der Seele. O ihr alle, die ihr an mir<br />

vorübergeht, sehet ob ein Schmerz dem meinen gleicht." Die<br />

Aufstellung dieses Kreuzes machte den Stiftern einige<br />

Schwierigkeiten, denn Schmid wollte es auf den erweiterten<br />

Gottesacker stellen lassen, wozu er aber seitens der Gemeinde<br />

keine Zustimmung fand, obwohl es der Ortspfarrer<br />

wünschte und erlaubte. Vom ehemaligen „Königlichen Landesbauamt"<br />

wurde ihm dann auf ein Bittgesuch der Platz,<br />

auf dem es ursprünglich stand, genehmigt. Es stand am Dorfeingang<br />

zwischen 2 stattlichen Linden. Diese standen unter<br />

Naturschutz, zum Teil brüchig geworden, wurden sie durch<br />

einen Gewittersturm stark beschädigt und daraufhin gefällt.<br />

Durch die einsetzende Bautätigkeit in diesem Ortsteil waren<br />

sie und das Kreuz an ihrem Standort sowieso hinderlich<br />

geworden, weshalb das Kreuz auf den jetzigen Platz versetzt<br />

wurde.<br />

An dem 2. Kreuz an der Hechingerstraße beim Fabrikgebäude<br />

der Fa. Mayer steht die Inschrift: „Es führt kein<br />

anderer Weg zum Leben und zum Frieden als der Weg des<br />

hl. Kreuzes. Im Kreuz ist Heil." Der obere Teil dieses Steinkreuzes<br />

iist im Jahre 1935 erneuert worden. Vom Missionskreuz<br />

auf dem Friedhof wurde das eigentliche Kreuz vom<br />

Sockel abgenommen und auf den Unterbau des 2. Kreuzes<br />

aufgesetzt. Es wurde gestiftet von den selig verstorbenen<br />

Martin Dieringer, Küfer und Ehefrau Walburga<br />

von hier, wohnhaft in Hechingen im Jahre 1882.<br />

Das 3. Steinkreuz an der Hechingerstraße wurde ebenfalls<br />

von den ledigen Schwestern Katharina und Magdalena<br />

Schäfer gestiftet. Es trägt die Inschrift: „Errichtet<br />

im Jubiläumsjahr des Sieges des Kreuzes Christi 1913." Damals<br />

feierte die Kirche die 1600 Jahrfeier über den Sieg des<br />

Kreuzes durch Kaiser Konstantin. Auf ihm sind noch weitere<br />

Inschriften zu lesen: „Christus herrscht, Christus siegt, Chritus<br />

regiert, Christus möge mein Volk von allem Uebel bewahren!"<br />

Die Schändung desselben ist der Nachwelt in folgendem<br />

Schrifttext überliefert: „Vom Haß zerstört am 8./9.<br />

Mai 1936, von der Liebe wieder errichtet am 10. 7. 1936.<br />

Sehet das Kreuz des Herrn, fliehet ihr feindlichen Mächte!<br />

Es siegt der König aus dem Stamme Juda."<br />

Das große Steinkreuz in der Mitte des Friedhofs an der<br />

Mauer und das an der Außenwand der Kirche in der Nähe<br />

des Haupteingangs angebrachte Holzkreuz erinnern an zwei<br />

Volksmissionen und sollen in diesem Zusammenhang nicht<br />

unerwähnt bleiben.<br />

Zur Erneuerung des religiösen Lebens wurde hier vom<br />

8.—16. September 1859 eine überaus starke besuchte Volksmission<br />

durch Jesuitenprediger abgehalten. Nach Aufzeich-


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 37<br />

nungen in der Pfarrchronik — in Hohenz. <strong>Heimat</strong> 1958 veröffentlicht<br />

— mögen sich im Anfang 5 000, beim Schluß sogar<br />

6 000 Personen daran beteiligt haben, darunter waren zahlreiche<br />

Teilnehmer aus dem benachbarten Württemberg und<br />

aus dem Bezirk Haigerloch. Die Predigten mußten meistens<br />

im Freien abgehalten werden, wofür an der Klosterkirche<br />

eine Kanzel angebracht worden war. Insgesamt 28 Geistliche<br />

aus der näheren und weiteren Umgebung wohnten der Mission<br />

bei und leisteten Aushilfe im Gottesdienst und im<br />

Beichtstuhl, darunter waren auch Dr. Franz Xaver Dieringer,<br />

Professor in Bonn von hier und Professor Hafner aus Rottenburg<br />

in Mainz.<br />

Aus Anlaß dieser großen Mission wurde die Klosterkirche<br />

aus bescheiden milden Beiträgen und diurch Meßstipendien<br />

restauriert. Das Lesen von hl. Messen hatten die Geistlichen<br />

entweder gratis oder um weniges Geld übernommen. Die<br />

Gemeinde ließ zur Erinnerung an die Mission ein Kreuz<br />

errichten. Im Jahre 1894 wurde der Friedhof erweitert und<br />

das Missionskreuz an die Mauer versetzt, wo es heute am<br />

Grabe von Kammerer Oskar Witz als Denkmal steht. Im<br />

Missionsjahr 1935 wurde der Sockel des Kreuzes durch Bildhauermeister<br />

Vees, sen. in Haigerloch durch zwei Steinfiguren<br />

(Johannes und Maria) erweitert. Um das maßgerechte<br />

Verhältnis zwischen Unterbau und Kreuz wieder her-<br />

Zollerisches aus Zwiefalter Urkunden<br />

Die Urkunden des ehemaligen Benediktinerklosters Zwiefalten,<br />

die im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liegen, sind nur bis<br />

zum Jahre 1300 im Wirtenbergischen Urkundenbuch veröffentlicht.<br />

Anläßlich eines Besuches war es mir möglich, weitere<br />

Daten und Namen, die sich auf Hohenzollern beziehen,<br />

auszuziehen. Aus Zwiefalter Chronik en berichtete die Hohenzollerische<br />

<strong>Heimat</strong> schon 1961, 14 und 28.<br />

1.) 1309 Juni 19: Heinrich Wildmann von Genkingen vermacht<br />

dem Kloster Zwiefalten zwei Wiesen zu Genkingen zu<br />

einem Seelgerät für seine Eltern. Sein beschädigtes Siegel.<br />

(Urkunde 567.) (Die Wildmänner saßen sonst auf der Weilersburg<br />

bei Hausen i. Kill.)<br />

2.) 1311 Nov. 22: Abt Diethelm und Konvent von Reichenau<br />

vertauschen die Burg Sigeberg mit Zubehör, die sie vom<br />

Grafen Wolfrad von Veringen und dessen Bruder Heinrich,<br />

dem Kirchrektor zu Veringen, erhalten und mit der sie der<br />

erstere belehnt hatte, auf Bitten der Brüder gegen das Herrschaftsrecht<br />

zu Gammertingen und den Kirchensatz daselbst.<br />

(U 1117.)<br />

3.) 1311 Nov. 25: Die beiden genannten Brüder, Söhne des<br />

Grafen Heinrich von Veringen, verkaufen an Abt Eberhard<br />

und den Konvent zu Zwiefalten die Burg Sigeberg mit Zubehör<br />

zu Upflamör, Ebenhausen, Meschlinshülwe und die seit<br />

alters zur Burg gehörigen Leute um 540 Pfund Heller, nachdem<br />

sie die Burg wieder vom Kloster Reichenau gelöst und<br />

diesem dafür Stadt, Dorf und Kirchensatz von Gammertingen<br />

zu Mannlehen aufgetragen haben. Sie beurkunden, daß ihre<br />

Schwester Katharina auf ihre Rechte an der Burg verzichtet<br />

habe. Zeugen: Herr Kuon von Stoffeln, Herr Hermann von<br />

Hornstein als Kii^hherr zu Blochingen, Herr Hans von Hornstein<br />

zu Wilflingen, Herr Peter von Hornstein, Herr Hans von<br />

Hornstein zu Zusdorf, Berthold von dem Stein, Konrad von<br />

Hornstein, Goßwin von Hertenstein, Berthold von Hornstein.<br />

Otto von Renolzweiler und Konrad der Vetter. Gegeben zu<br />

Hätingen" auf der Burg (U 1118).<br />

4.) 1315 März 31: Hans von Holnstein ist Zeuge für Kloster<br />

Zwiefalten neben Herrn Burkart von Mälchingen betr. Aichstetten<br />

(U 223.)<br />

5.) 1318 Okt. 18: Für den Herzog von Teck sind folgende<br />

Schwelher Zeuge: Die Ritter Friedrich, Berthold und Heinrich,<br />

sowie der Edelknecht Ulrich Schwelher, ferner die Ritter<br />

Rudolf u. Johann die Kiver (Orig. i. Stadtarchiv Göppingen).<br />

6.) 1319 Nov. 9.: Graf Friedrich von Zollern, Herr zu Mühlheim<br />

a. D. sitzt an des Reiches Straße daselbst mit 7 Rittern<br />

zu Gericht: Konrad v. Blumberg, Hans v. Schilteck, Friedrich<br />

der Vogt von Hattingen (Hettingen), Swänger von Liechtenstein,<br />

Albrecht von Heudorf, Heinrich von Werbenwaag, Albert<br />

sein Bruder. Der Graf urteilt, daß Rudolf von Eglingen<br />

und dessen Frau Juta sowie ihre Söhne Albrecht, Rudolf und<br />

Alber gegen das Kloster Salem auf alle Rechte am Gut zu<br />

Bedungen (bei Riedlingen) um 30 Pfund Hlr. verzichtet haben.<br />

Siegler: Graf Friedrich, Rud. v. Eglingen, Albr. v. Werenwag,<br />

Swänger v. Liechtenstein (U 272). Siegel des letzteren<br />

ist erhalten.<br />

7.) 1329 April 16: Zeugen für Konrad Schätzli zu Zwiefaltendorf,<br />

der sein Haus mit Garten mit Zustimmung seines<br />

Von Joh. Adam Kraus<br />

zustellen, mußte dem Denkmal ein neues Kreuz aufgesetzt<br />

werden und mit dem abgenommenen wurde, wie bereits<br />

erwähnt, das 2. Kreuz an der Hedmngerstraße erneuert.<br />

Zur Erinnerung an die Volksmission im Jahre 1935 ließ<br />

Pfarrer Sickler durch Schreiner Adolf Dieringer ein Eichen-<br />

Kreuz anfertigen und an die Außenwand der Kirche nahe<br />

beim Haupteingang anbringen. Es trägt die Inschrift: „Mission<br />

1935" und der Christuskörper stammt aus einer Kunstwerkstätte.<br />

Ueber dem Kreuz ist ein Schutzdach angebracht.<br />

Diese kulturgeschichtlichen Denkmäler sind lebendige Zeugnisse<br />

einer vom christlichen Sinne durchdrungenen Lebensauffassung.<br />

Diese Kreuze in Erinnerung zu bringen, sind wir<br />

ihren frommen Stiftern und dem mit den Stiftungen verbundenen<br />

heilsamen Zweck, aus dankbarem Herzen schuldig.<br />

Uns und kommenden Geschlechtern ist es als Vermächtnis<br />

aufgetragen, unsere Feld- und Missionskreuze weiterhin in<br />

Ehren zu halten, sie zu erhalten, zu schützen und ZJU pflegen.<br />

Weitere Feldkreuze — inzwischen abgegangen — standen<br />

im Deichenloch links an der Straße nach Hirrlingen (auf<br />

Strobels Wiese) Martin Strobel t (Holzkreuz), ein anderes<br />

Holzkreuz beim Kapelle unter der Linde dem Dorf ziu (Holzkreuz<br />

und ein drittes Holzkreuz am Fußweg zur Mühle<br />

(Haubrunna). Die Stifter waren bis jetzt nicht zu ermitteln.<br />

Herrn, des Ritters Konrad von Bach, ans Kloster Zwiefalten<br />

verkauft, sind: Ritter Burkart von Stein, Konrad der Schenk<br />

(von?), Herr Hermann von Hornstein als Kirchherr zu Seekirch,<br />

Werner von Hertenstein, Heinrich Bosse, Gözwin Bosse<br />

und Konrad der lange Vogt (U 1233). Die Urkunde fehlt im<br />

Hornsteinbuch.<br />

8.) 1329 Juli 4: Gr. Heinrich von Veringen reversiert sich<br />

gegen Kloster Zwiefalten wegen des ihm für 6 Jahre verliehenen<br />

Hofes zu Baldenstein, darüber er Vogt und Herr ist,<br />

bei Wimsen zu suchen. Ist also nicht bei Inneringen abgegangen.<br />

9.) 1331 April 23: Dietrich von Liechtenstein bekennt, daß<br />

nach seinem Tod die Vogtei über Mühle zu Wickental (am<br />

Ortsrand von Mägerkingen!) ans Kloster Zwiefalten zurückfallen<br />

soll. Zeugen: die Ritter Swaninger und Eberhard von<br />

Liechtenstein. Siegel des Ausstellers fehlt (U 1260).<br />

10.) 1341 besteht noch das Frauenkloster Zwiefalten neben<br />

dem Männerkloster (U 1040). Somit könnte es erst später mit<br />

Mariaberg vereinigt worden sein!<br />

11.) 1346 Okt. 16: Ulrich der Truchsess (von Urach), gesessen<br />

zu Stoffeln, überläßt dem Kloster Zwiefalten seine<br />

Hube zu Upfingen, und bittet um Vergebung, wenn er sie anders<br />

genossen haben sollte. Er siegelt mit seinem Bruder<br />

Sibold „dictus Drochsätz" (U 1264).<br />

12.) 1350 Juli 26: Der edle Götz von Burladingen reversiert<br />

dem Abt Johann von Zwiefalten betr. 2 Pfund 5 Schilling aus<br />

einer Wiese zu Bechlingen an der Donau (U 276).<br />

13.) 1351 Okt. 15: Das Kloster Mariaberg („Zu dem Berg")<br />

vertauscht Adelheid, Gerolds Tochter von Hattenhausen, die<br />

seine freie Zinserin war auf St. Michels Altar zu Gammertingen,<br />

an U. Lb. Frauen Fronaltar zu Zwiefalten gegen App<br />

Kouflaip (U 1265).<br />

14.) 1352 Februar 24: Die Trochtelflnger Bürgerin Bet die<br />

Volkin, des Kaiben Witwe, und ihr Sohn Walter Kaib, überlassen<br />

ihre Ansprüche zu Hendenheim und Pfronstetten im<br />

Pfraunstetter Bann um 6 Pfund Heller an den Ritter Walter<br />

von Ehrenfels. Zeugen: Graf Eberhard von Werdenberg,<br />

Diemo von Steinhilben, Götz der Geburg als Schultheiß von<br />

Trochtelflngen und sein Sohn Arnleder Lötsch. Beschädigtes<br />

Siegel der Stadt Trochtelflngen (U 930).<br />

15.) 1352 Februar 25: Götz von Burladingen ist Zeuge für<br />

die Brüder Eglof und Walter von Emerkingen und Ulrich von<br />

Emerkingen, Ulrichs sei. Sohn, betr. Güter zu Bedungen a. D.,<br />

Daugendorf, Mergsingen und Zell.<br />

16.) 1355 März 12: Götz von Burladingen der ältere und sein<br />

Sohn Götz (Gottfried) verzichten gegenüber Kloster Zwiefalten<br />

auf alle Ansprüche an eine Wiese in Bedungen a. D., wogegen<br />

das Kloster ihrer Tochter und Schwester Agatha eine<br />

Pfründe im Frauenkloster (Maria-)Berg und eine jährliche<br />

Gilt von 5 Pfund Heller verliehen habe (U 277).<br />

17) 1359 Juli 11: Gr. Heinrich von Veringen eignet dem Kl.<br />

Salem sein Drittel am Dorfzehnten zu Bechingen a. D., das<br />

Götz der ältere von Burladingen und Götz sein Sohn von ihm<br />

zu Lehen hatten (U 279).<br />

18.) 1359 Juni 21: Götz von Burladingen der ältere verkauft<br />

Vs des Zehnten zu Bechingen um 133 Pfund Heller ans Kl.


38 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Salem, das schon die übrigen 2 /a besitzt. Siegler: Götz der ältere<br />

und Götz der jüngere und der Tochtermann Konrad<br />

Grämlich, Ammann zu Pf Ullendorf (U 280).<br />

19.) 1361 August 14: Meister Dietrich, Kirchherr zu Genkingen,<br />

Bruder des Lutz Braumber von Hechingen, hat in Genkingen<br />

einen Jahrtag gestiftet, der von den Priestern von<br />

Genkingen, Willmandingen, Mälchingen, Salmendingen, Gönningen<br />

und Brunweiler zu Genkingen zu halten ist. Die Heiligenpfleger<br />

verkaufen 1 Pfund Heller jährlich Zins aus Gütern<br />

daselbst an diesen Lutz Brumber von Hechingen um 19'/2<br />

Pfund Heller. Siegler: Anselm und Werner von Genkingen,<br />

Vögte und Herren daselbst (U 569).<br />

20.) 1367 Januar 10: Manz der Plank von Trochtelfingen<br />

bekennt, daß er mit dem Kl. Zwiefalten wegen des Planken<br />

Gut zu Gauingen sich vertragen habe. Siegel der Stadt<br />

Trochtelfingen fehlt (U 543).<br />

21.) 1373 August 9: Götz von Burladingen siegelt dem Ritter<br />

Walter von Emerkingen betr. Mühle zu Styrelheim bei Zell<br />

und dem Kl. Zwiefalten betr. Güter zu Munderkingen (U 835).<br />

22.) 1379 Juli 21: Elisabeth die Spetin, Heinrich Spets Tochter,<br />

Witwe des Ritters Hertnit von Bartenstein zu Wilsingen<br />

sitzend, vermacht den Kindern ihrer Tochter Ursel, die sich<br />

gegen ihren Willen mit Heinz dem Melchinger, genannt von<br />

Hustenegg (bei Gammertingen) verehelichte, vier Höfe zu<br />

Wilsingen, die sie vom Vater ererbte, ferner ihre Güter zu<br />

Döttingen und Dapfen, Lehen des Hz. Friedrich von Teck,<br />

dazu 1 Schwein oder 2V2 Pfund Heller, die je im dritten Jahr<br />

aus der Mühle ob Seeburg gehen; weiter ihren Zehnten zu<br />

Völlkofen, der ihr halb gehört und Lehen ist von der Herrschaft<br />

Nellenburg, und auf die sie mit Heimsteuer, Morgengabe<br />

und Widerlegung verwiesen ist, aber alles andere vom<br />

Vater erbte. Siegler: Die Ausstellerin, Graf Fritz von Zollern -<br />

Schalksburg, Gerloch von Steinhilben, Heinrich Späth von<br />

Ehestetten (U 1137; OA. Münsingen 780).<br />

23.) 1382 Nov. 6: Graf Eberhard von Werdenberg zu Trochtelfingen<br />

und Sein Sohn Heinrich (U 666).<br />

24) 1385 März 20: Götz von Burladingen siegelt für Hans<br />

von Ehrenfels betr. Gut zu Pfraunstetten und andere zu Hendenheim<br />

(bei Wilsingen), die die Kaibin von seinen Voreltern<br />

und Heinz Rümelin von Trochtelfingen von ihm zu Lehen<br />

hatten. Letzterer erhält 10 Pfund Hlr. Siegel schlecht erhalten<br />

(U 932).<br />

25.) 1385 Januar 5: Ein Hof Laubenhülwen wird bei Steinhilben-Wilsingen<br />

erwähnt (U 1138).<br />

26.) 1391 Februar 1: Heinz Wingart zu Huldstetten verkauft<br />

Markart Gulin zu Trochtelfingen 1 Pfund Heller Zins aus<br />

seinem halben Hof um 14 Pfund Heller. Siegel der Stadt<br />

Trochtelfingen fehlt (U 612).<br />

27.) 1391 August 3: Die Witwe des Truchsessen Kuno (von<br />

Urach-Neuhausen) mit ihren Kindern hat Besitz zu Neuhausen<br />

und Streit mit Zwiefalten, ebenso 1399 (Kopialbuch B:<br />

A 62 und 62 b).<br />

28) 1395 der Vogt Hans Hülwer zu Urach siegelt (U 779).<br />

Die Hülwer hängen mit Steinhilben zusammen.<br />

29.) 1399 Januar 21: Der Trochtelfinger Bürger Albrecht<br />

Volk kauft ein Gut zu Pfronstetten (U 934).<br />

30.) 1400 Januar 24: Der Priester Heinrich Burger von<br />

Urach, Konventbruder zu Zwiefalten, verkauft an Konz Bitterlin<br />

und dessen Frau Mächtild 10 Schilling Zins aus Gütern<br />

zu Stetten unter Holnstein um 5V2 Pfund Heller, worauf die<br />

Käufer den Zins dem Kl. Zwiefalten zu zwei Jahrzeiten<br />

stiften (Kopialbuch B: A 79).<br />

31.) 1400 Juli 2: Heinz Blankenstein, genannt Jäger zu<br />

Steinhilben, und dessen Frau Elsa verkaufen ihre Güter zu<br />

Pfraunstetten und Hendenheim bei Wilsingen, die vormals<br />

Heinz Rümelin gehörten, um 32 Pfund Heller ans Kl. Zwiefalten.<br />

Siegler: Gr. Eberhard von Werdenberg und der Edelknecht<br />

Cun von Burladingen (U 935).<br />

32.) 1401 Januar 15: Bruder Wolf Schenk von Andegg, Komtur<br />

des Hauses zu Rohrdorf, und der Konvent daselbst verpflichten<br />

sich gegen das Kloster Zwiefalten, daß die Stiftung<br />

einer Messe in die Kapelle Rommelsbach, die zu ihrer Kirche<br />

in Oferdingen gehört, durch die armen Leute des Klosters<br />

diesem unschädlich sein soll. Siegel des Schenken hängt an<br />

(U 1034).<br />

33.) 1402 Febr. 25: Truchsess Heinrich zu Neuhausen streitet<br />

um Vogtei und Fischwasser (U 849). Im Jahre 1415 am 18.<br />

Januar wird er von König Sigismund damit belehnt.<br />

36.) 1407 Mai 4: Konz Dilier verkauft an die Kirche ULb.<br />

Frau, St. Michael und alle Heiligen zu Genkingen 1 Pfund<br />

Heller Zins aus Gütern zu Undingen um 14 rheinische Gulden.<br />

Siegler: Heinrich von Hertenstein, Marquard von Meldungen,<br />

und Hans von Meldungen Reinhards sei. Sohn (U<br />

571). Das erste Siegel ist erhalten.<br />

37.) 1411 Juli 20: Elsbeth von Ehrenfels, Konzen von Hornstein<br />

von Ensenheim Witwe, stiftet wie zuvor mit ihrem<br />

Mann dem Kl. Zwiefalten 3 Pfund ewigen Zins aus der Feste<br />

Aesenheim zu einem Seelgerät. Siegler: Die Ausstellerin,<br />

Ritter Georg Truchsess (von Ringingen), Heinrich von Fridingen<br />

und Hans von Stein, genannt Schnellinger (U 525). Der<br />

letztere besaß bis 1429 Straßberg!<br />

38.) 1413 Februar 24: Engel von Meldungen, Frau des Hans<br />

Hut von Hönau, streitet mit Hiltrud Schreiber von Trochtelfingen<br />

betr. zwei Höfe zu Wilsingen. Ritter Konrad vom<br />

Stain zu Monsberg entscheidet zu Gunsten der ersteren in<br />

Hayingen (U 1139). Monsberg und Munsperg ist abgegangene<br />

Burg bei Erbstetten/Münsingen.<br />

39.) 1417 Mai 15: Heinrich von Hertenstein und seine Frau<br />

Adele von Baustetten verkaufen ihren Teil des Laienzehnten<br />

zu Undingen, Muttererbe der letzteren, um II2V2 Pfd. Heller<br />

ans Kl. Zwiefalten und setzen als Bürgen: die edlen Hans von<br />

Hornstein, Hans von Liechtenstein, Kaspar von Killer und<br />

den ehrbaren Albrecht Urach, Richter zu Reutlingen (U 1098).<br />

40.) 1417 Nov. 5: Jörg Trucihsess von Ringingen siegelt, als<br />

Heinzmann von Stein dem Kl. Zwiefalten eine Leibeigene zu<br />

Zell und zwei zu Daugendorf verkauft (U 334).<br />

41.) 1420 Mai 6: Kunz Estetter schenkt der Kirche ULb.<br />

Frau und hl. Kreuz zu Oberstetten seinen Heuzehnten im<br />

Holz zu Eberhardsweiler zu einem Seelgerät. Siegler: Junker<br />

Georg Kaib und Pfaff Heinrich Wagner, Kirchherr zu Oberstetten<br />

(U 884).<br />

42.) 1420 Januar 9: Hans Schwelher der ältere ist Schiedsmann<br />

zwischen Kl. Zwiefalten und Heinz Schür zu Reutlingen;<br />

mit Siegel (U 233).<br />

43.) 1420 Sept. 26: Heinrich Hut, Kirchherr zu Kettenacker<br />

(U 556) und Berchtold Almann, Kirchherr zu Hätingen (Hettingen)<br />

(U 557).<br />

44.) 1421 März 12: Heinrich Pfäler zu Dettingen und seine<br />

Gattin Engel Mälchingerin verkaufen 3 Höfe zu Wilsingen ans<br />

Kl. Zwiefalten um 242 Pfund Heller (U 1141). (Zu Engel vgl.<br />

Nr. 38!)<br />

45.) 1421 Mai 26: Fritz von Sachsenheim, genannt Schwarzfritz.<br />

und seine Frau Anna von Lichtenstein verkaufen an<br />

Hans Schwelher ihr von Annas Vater stamendes Haus zu<br />

Reutlingen bei der Kirche U. Lb. Frau um 120 rh. fl. Ihr<br />

Bruder Werner von Lichtenstein ist Bürge (U 988).<br />

46.) 1421 Nov. 10: Heinz Ruff von Trochtelfingen und Consorten<br />

verkaufen an Benz Schneider von Pfraunstetten ein<br />

Gütle dahier um 10 Pfund Hlr. Siegler: Auberlin Mayger<br />

alter Schultheiß, und Benz Uelin, Schultheiß zu Trochtelfingen<br />

(S. fehlen) (U 939).<br />

47.) 1422 März 13: Abt Georg von Zwiefalten vergleicht<br />

sich mit Heinrich Pfäler und dessen Frau Engel Mälchingerin<br />

betr. Güter zu Wilsingen (U 1142).<br />

48.) 1423 Febr. 24: Priorin Agnes Gaser und Konvent zu<br />

Offenhausen (Lauter) verkaufen mit Benz Uelin, Schultheiß,<br />

und Auberlin Volk d. ält. und Kunz Volk d. jungen, Bürger<br />

zu Trochtelfingen, ihren Hof zu Tigerfeld an Eberlin Blank<br />

um 44 rheinische Gulden. Siegler: Kl. Offenhausen und Stadt<br />

Trochtelfingen (S. fehlt!) (U 1068).<br />

49.) 1424 Sept. 22: Truchseß Ulrich von Ringingen siegelt<br />

einen Vergleich zwischen Kl. Zwiefalten und Wolf von Stein<br />

zu Rechtenstein (U 499).<br />

50.) 1427 Febr. 4: Kl. Zwiefalten und Ritter Wolf v. Stein zu<br />

Rechtenstein werden weiterhin durch die Ritter Hans von<br />

Stadion und Wolf von Stein von Klingenstein, Dieter von<br />

Stein, Hans Truchseß, Vogt zu Urach betr. Vogtrechte zu<br />

Emeringen verglichen (U 500). (Hans war Tr. v. Bichishausen.)<br />

51.) 1428 Aug. 9: Anna Tüfelin von Reutlingen, Klosterfrau<br />

zu Stetten unter Zollern, erhält 5 Pfund Leibgeding aus Gütern<br />

zu Neuhausen. Sie ist Base der Klosterfrau Anna Tüfelin<br />

zu Eßlingen. Annas Bruder ist Hans, Hänslins sei. Sohn,<br />

Bürger zu Reutlingen. Ihr Aehne war Gerung Tüfelin. Zeuge:<br />

Erhard Tüfel... (U 850). (Vgl. 1441.)<br />

52.) 1429 März 29: Junker Ulrich der Truchsess (v. Neuhausen-Ringingen)<br />

zu Ehingen a. D. gesessen siegelt einen Revers<br />

des Jakob Sperlin gegen Junker Wolf von Stain zu<br />

Reichenstein betr. einen Hof zu Emerkingen, der U. Lb.<br />

Frauen Kapelle gehört. Das Truchsessensiegel beschädigt. Nebensiegler<br />

ist Hans von Stain zu Klingenstain, Diethelms<br />

Sohn (U 959).<br />

53.) 1431 März 13: Hans Schwelher ist letzter Zeuge bei<br />

Graf Friedrich von Helfenstein, der einen Streit entscheidet<br />

zwischen Kl. Zwiefalten und dem Trudisess Heinrich von<br />

Neuhausen(-Urach) und dessen Söhnen betr. Vogtei und<br />

Fischrecht zu Neuhausen: Vogtei, Gericht und halbe Fischenz<br />

gehören dem Truchsessen (U 851).<br />

54.) 1431 Mai 8: Truchsess Heinrich von Neuhausen(-Urach)<br />

verkauft dem Kl. Zwiefalten um 1200 fl seinen Teil des Dorfes<br />

Neuhausen (ausführlich). Bürgen: Ulrich Tachenhauser,<br />

Ulrich Schwelher zu Nürtingen etc. (U 853).<br />

Fortsetzung folgt.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 39<br />

Verschiedene Möglichkeiten der künstlerischen Ausdrucksgestaltung<br />

Neuere Madonna aus Freiburg Burladinger Madonna, nachgebildet von Karl Volk-Jungnau<br />

Madonna von Gisela Bär Veringendorf: Taufsteindeckel von Gisela Bär-Pforzhelm<br />

Zum Veringendorfer Taufsteindeckel<br />

Die Besprechung der Veringendorfer Pfarrkirche (Hohz.<strong>Heimat</strong> 1967, 9) und speziell des Taufsteindeckels hat manche<br />

Gemüter erregt. Damit sich nun jeder selbst ein Urteil über die künstlerische Qualität bilden kann, bringen wir heute ein<br />

Bild des Mittelstückes „Christus mit Nikodemus" von Gisela Bär, sowie eine Madonna von ihr in einer anderen Kirche.<br />

Gegenstücke dazu bilden eine moderne Madonna aus Freiburg und die meisterhafte Nachbildung der um 1610 angesetzten<br />

Statue des Hochaltars der St. Georgskirche in Burladingen, die K. Volk vor etwa 30 Jahren schuf.


40 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Im Kreis Balingen und den angrenzenden Bezirken wirkte<br />

in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ein Bildschnitzer,<br />

dessen Namen noch unbekannt ist, der aber wegen<br />

seines persönlichen, originellen Stils Beachtung verdient. Man<br />

nennt ihn den „Meister von Weilen", weil in der Dorfkirche<br />

in Weilen unter den Rinnen 5 Figuren von ihm im Jahr<br />

1923 wieder zu einem Altar vereinigt wurden. Auch in Heinstetten<br />

stand bis zum Jahr 1910 ein großer Schnitzaltar mit<br />

sechs Schreinfiguren und zwei Reliefflügeln des Meisters bzw.<br />

seiner Werkstatt. Jetzt ist dieser Altar in einer Neufassung<br />

in der Blumenegg-Kapelle des Freiburger Münsters zu sehen.<br />

Nach diesem Werk wird unser Holzbildhauer auch „Meister<br />

des Heinstetter Altars" genannt. In Geislingen bei Balingen<br />

müssen ein oder zwei Altäre von ihm gestanden haben, eine<br />

Barbara und eine Katharina sind noch an der Emporenwand<br />

der neuen Kirche angebracht. Der Nachweis seiner Werke<br />

ist nur durch Stilvergleiche möglich, da jegliche Signatur an<br />

den Schnitzwerken fehlt. Vermutlich hat er in Balingen oder<br />

Rottweil seine Werkstatt gehabt und dort auch mehrere Gesellen<br />

beschäfigt, denn es sind nicht alle, seinem Stil zugehörigen<br />

Arbeiten, von gleicher Qualität.<br />

Der Meister von Weilen<br />

Ein schwäbischer Bildschnitzer der Spätgotik<br />

tritt in diesen Gewändern auf, es bauscht sich vielmehr der<br />

sprödere, taft- oder seidenartige Stoff und legt sich in lebendigem,<br />

vielfältigem Rhythmus um den Körper.<br />

Im Altar von Weilen ist die Zentralfigur eine Madonna. Sie<br />

tritt in sechs Varianten verschiedener Schaffensperioden im<br />

Werk des Meisters auf. Um sie gruppieren sich Ottilie, Katharina,<br />

Nikolaus und Johannes der Täufer. Diese Art der<br />

Aufstellung war aber sicher nicht die ursprüngliche. Diese<br />

Plastiken sind wohl das reifste Werk, das zwischen 1520 und<br />

1530 zu datieren ist, weil das Gewand der Katharina modische<br />

Merkmale der ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts<br />

zeigt. Noch reicher und schwungvoller ist die Gewandrapierung,<br />

noch stärker das Gegeneinander von Diagonal- und<br />

bauschigen Knitterfalten. Mimik und Geste sind freier und<br />

lebendiger, aber die Körper behalten ihre gedrungenen Gestalten<br />

und ihre runden Köpfe.<br />

Katharina von Alexandrien, die zu den 14 Nothelfern gehört,<br />

ist in fünf Beispielen erhalten. In Weilen zeigt sie sich<br />

als stattliche stolze Königstocher in üppigem Gewand. Das<br />

Schwert in ihrer Linken trifft einen Kopf mit Turban zu<br />

ihren Füßen. Er wird als der des Kaisers Maximin gedeutet,<br />

Katharina Neufra Madonna Neufra Katharina Böhringen Barbara Geislingen<br />

Wir finden außerdem Arbeiten des Meisters bzw. seiner<br />

Werkstatt in Neufra bei Gammertingen, in Neukirch und<br />

Böhringen, Kreis Rottweil, in Friedingen/Donau, in Schlatt im<br />

Starzeltal, in Kreenheinstetten (eine Madonna, die vielleicht<br />

aus Ebingen stammt) und verschiedene in der Lorenzkapelle<br />

in Rottweil, die von Geislingen und Schörzingen kommen —<br />

im ganzen ein Opus von bis jetzt 32 bekannten Skulpturen.<br />

Diese Schnitzwerke zeigen gedrungene Gestalten mit meist<br />

heiteren Gesichtern. Nase, Kinn, Mund und Wangen sind in<br />

weichen Formen gearbeitet. Die Haare fallen in Wellen oder<br />

Locken über die Schultern. Die gotische S- oder Gegen-S-<br />

Linie wird vielfach noch beibehalten. Stand- und Spielbein<br />

lassen sich wegen der reichen Gewanddrapierung kaum erkennen.<br />

Die Behandlung des Gewandes, vor allem die des<br />

Mantels, ist viel lebendiger als bei den meisten schwäbischen<br />

Bildschnitzern. Diese Skulpturen stehen der oberrheinischen<br />

Art dieser Zeit näher als der schwäbischen, mehr verhaltenen<br />

Gestaltungsweise.<br />

Knitterige, knorpelige Falten beleben die sonst in Geste<br />

und Mimik wenig lebendigen Körper und Gesichter zu einer<br />

nicht unsympathischen Unruhe. Die langgezogenen Diagonalfalten<br />

verstärken diese Wirkung der bauschigen Falten, die<br />

bis zum Boden reichen. Nicht die weich fallende Stofflichkeit<br />

der sie von ihrem Glauben abbringen wollte. Sie aber besiegte<br />

die von ihm beauftragten 50 Philosophen durch ihre<br />

Beredsamkeit und Klugheit und bekehrte sie zu Christen. —<br />

Einfacher und schlichter ist sie in Neufra zu sehen, wo Bescheidenheit,<br />

Demut und adlige Gesinnung sich vereinen zu<br />

einem sehr ansprechenden Wesen. Ottilie trägt das Kleid der<br />

Nonnen mit Skapulier und Schleier. In der Rechten hält sie<br />

ein Buch mit Augen darauf, in der Linken einen Kelch. Der<br />

Legende nach soll diese blindgeborene Herzogstochter bei<br />

ihrer Taufe im Kloster wieder sehend geworden sein. Sie ist<br />

Stifterin der Klöster Odilienberg und Neumünster im Elsaß.<br />

Als Landespatronin wird sie vor allem dort viel verehrt.<br />

Nikolaus, mit Mitra und Krummstab in der Rechten und<br />

dem Buch mit den drei goldenen Kugeln in der Linken, war<br />

Bischof von Myra in Lykien und soll, wie die Legende berichtet,<br />

drei Töchtern eines verarmten Edelmannes die drei<br />

goldenen Kugeln in ihre Kammer geworfen haben, damit sie<br />

ihre Aussteuer kaufen konnten. Der Geislinger Nikolaus<br />

stammt aus etwas früherer Zeit.<br />

Auch Johannes der Täufer zeigt die typischen Gewandmerkmale<br />

des Meisters. Mit lockigem Haupt, in ein Schafsfell<br />

gehüllt, trägt er zusätzlich noch einen bauschigen Mantel<br />

mit den eigenartigen Knorpelfalten. In der rechten Hand hält


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 41<br />

Madonna Fridingen<br />

er den Kreuzstab mit dem Spruchband: „Ecce Agnus Dei".<br />

Der Zeigefinger deutet auf das Lamm, das er mit dem Buch<br />

in der Linken trägt.<br />

Sehr nahe in der Gestaltung stehen sich die Madonna aus<br />

Neufra und Fridingen und die Barbara aus Geislingen. Sie<br />

gehörten sehr wahrscheinlich mit einer Katharina zusammen<br />

zu einem Altar. Gesichtsschnitt, Haarbehandlung und Gewanddrapierung<br />

zeigen weitgehende Parallelen. Barbara, die<br />

auch zu den 14 Nothelfern gehört, hält ihr Attribut, den<br />

Turm, auf der linken Seite. Sie wurde wegen ihrer Schönheit<br />

von ihrem Vater, wenn er abwesend war, in einen Turm<br />

gesperrt, der zwei Fenster hatte. Zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit<br />

ließ sie ein drittes Fenster einbrechen und auf der<br />

Schwelle das Kreuzeszeichen anbringen. Unter Kaiser Maxi-<br />

1447 März 3 (Fr. v. Reminiscere)<br />

Jakob Hertter von Herttneck, Rudolf von Ehingen und<br />

Konrad von Bubenhofen, alle 3 Räte des Grafen Ludwig (I.)<br />

von Wirtemberg und Mömpelgard bekennen, daß der feste<br />

Werner von Tieringen, Vogt zu Hechingen, mit dem ehrbaren<br />

weisen Martin Holtzwart, Vogt zu Tübingen, von Amts<br />

wegen Streitigkeiten wegen Diensten und „anderen Sachen"<br />

gehabt und sie um deren Austrag gebeten hätten, wozu Graf<br />

Ludwig einer- und Graf Sigmund von Hohenberg sowie<br />

Junker Simon von Stoffeln, Freiherr zu Justingen, als Vormünder<br />

und Pfleger des unmündigen Grafen von Zollern<br />

anderseits ihr Einverständnis erklärt haben, und sie nun,<br />

nachdem sie auf beiderseitige Bitten und auf Befehl Graf<br />

Ludwigs den Austrag übernommen hätten, nach Anhörung<br />

beider Seiten und deren Kundschafter von Fall zu Fall so<br />

entscheiden:<br />

(1) In Hausen und anderen Orten im Killertal soll jede<br />

Partei den Ihren, unter wem sie auch sitzen, die Dienste selbst<br />

festsetzen, jedoch ohne der anderen Seite Eintrag zu tun, und<br />

zwar in dem Maß wie sie üblich waren, bevor Albrecht Hurnus<br />

sei., Altschultheiß zu Tübingen, im Auftrag der Frau von<br />

Mömpelgard sei., die damals Hechingen und anderen Besitz<br />

im Tal gehabt hatte, den Umfang der Dienste festgelegt hatte.<br />

Diese Regelung soll bis zur Mündigkeit des Grafen von Zollern<br />

gelten. Falls dann eine Partei eine Neuregelung anstrebt,<br />

soll die jetzige Regelung dem nicht im Wege sein. (2) Den<br />

Fladenmul soll der Vogt von Tübingen wegen der 6 fl vernehmen<br />

und dieser sich durch einen Fürsprech verantworten.<br />

Falls die Richter zu keinem Ergebnis kommen, sollen sie sich<br />

dahin wenden, wo sie ihr Recht holen. (3) In Sachen des<br />

Untergangs (Grenzbegehung) wegen der Weitraite zu Hausen<br />

Killertal 1<br />

Altar In Weilen Foto: Wedler<br />

min wurde sie gefoltert, und als sie das zweitemal vor den<br />

Richter kam, von ihrem eigenen Vater umgebracht.<br />

Außerdem erscheinen als Skulpturen des Meisters oder<br />

seiner Werkstatt die Heiligen: Margarete, Agathe, Christopherus<br />

und Dionysius, dann Johannes Evangelist und Andreas.<br />

Die vielfigurige Beweinung in Harthausen an der Scher<br />

wird sicher mit Unrecht auch dem Meister von Weilen zugerechnet.<br />

Eine solche spannungsgeladene Szenerie lag unserm<br />

Meister nicht. Der geistige Ausdruck der Geschichter<br />

und die Behandlung der Gewänder deuten auf einen ganz andern<br />

persönlichen Stil.<br />

Trotzdem müssen wir die Originalität des Meisters von<br />

Weilen anerkennen und dürfen ihn als eine Bereicherung im<br />

künstlerischen plastischen Schaffen der Spätgotik schätzen<br />

lernen, der die Unruhe der Zeitenwende in seinem individuellen<br />

Stil durch eine expressive Linienführung zum Ausdruck<br />

bringt. Seine Werke und auch die meisten seiner Werkstatt<br />

können sich im Reigen der spätgotischen Skulpturen wohl<br />

sehen lassen, wenn sie auch nicht zu den höchsten künstlerischen<br />

Leistungen gehören. Wedler, Kurt.<br />

dürfen beide Seiten den Untergängern Beweismittel und eingezogene<br />

Kundschaften vorbringen. Was die Untergänger nach<br />

Anhörung der Kundschafter und nach eigenem Erachten entscheiden,<br />

soll Rechtens sein. Die Kundschafter dürfen von der<br />

Sache selbst nicht berührt werden und ihre Zahl darf bei<br />

beiden Parteien 13 nicht überschreiten. (4) Wegen der beiden<br />

in Hechingen wohnhaften Töchter des Buchmüllers, Endlin<br />

des Bronbers und Aellin, Fritz Walckers Weib, und wegen<br />

des armen Mannes Konrad Bryol zu Starzein, der zur Zahlung<br />

von 30 fl angeleitet ist, wird entschieden: daß Konrad<br />

Bryol und Hans Binder der Sprengler von Tübingen Leibeigene<br />

des Herrn v. Wirtemberg, dafür aber die beiden Buchmüllerinnen<br />

Leibeigene des Herrn von Zollern werden sollen.<br />

Die 30 fl, zu deren Zahlung die Schwestern angeleitet sind,<br />

werden ihnen erlassen. Bryol soll dem Herrn von Zollern den<br />

Rest der 30 fl bezahlen. Die Verschreibung über 50 fl, die er<br />

nach dem Tod seines Vaters der Herrschaft Zollern gegeben<br />

hat, wird hinfällig und soll ihm durch den Vogt von Hechingen<br />

alsbald herausgegeben werden. Hans Sengler soll das<br />

Seine, das er in Hechingen besitzt, ausgefolgt werden. (5) Da<br />

der Baiinger die geforderten 10 fl dem Herrn von Wirtemberg<br />

schon bezahlt hat, soll es dabei bleiben. (6) Eigenleute der<br />

Herrschaft Zollern, die der Herrschaft Wirtemberg gehörende<br />

Eigengüter gekauft haben, und die der Vogt von Tübingen<br />

wie andere Herrenleute behandeln will, welches Recht ihm<br />

der Vogt von Hechingen bestreitet, besonders das Recht auf<br />

Erhebung des Landschadens (Steuer), soll der Vogt von Tübingen<br />

wie wirtembergische Untertanen behandeln. (7) Wegen<br />

des Rinds, das der Härin auf Befehl des Vogtes von<br />

Hechingen wegen ihres Erbteils an der Lehenschaft des Hofes<br />

zu Killer zu halten hat, was ihr der Vogt von Tübingen aber


42 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

verbietet, wird entschieden, daß diese Gebote nichtig sein sollen,<br />

und die gen. Härrin zusammen mit den anderen Erben<br />

einen Träger stellen soll, der dem Grafen von Zollern seine<br />

Zinsen und Gülten sammeln und geben soll und die Härrin<br />

wegen der Rinder und anderer Gebote wegen gehorchen soll,<br />

damit der Hof im rechten Bau bleibt. (8) Wegen der Hennen, die<br />

der Vogt zu Hechingen nach Meinung des Vogts zu Tübingen<br />

zu Unrecht im Todesfall von den wirtembergischen Eigenleuten<br />

zu Schlatt genommen habe, wogegen der Hechinger Vogt vorbringt,<br />

daß er das nicht speziell als zollerischer Vogt tun, sondern<br />

von jedem dort Wohnhaften eine Henne nehme, und<br />

das schon mehr als 50 Jahre geschehe, wird entschieden, daß<br />

die zollerischen Amtleute auch weiterhin von wirtb. Eigenleuten<br />

in deren Eigenschaft als Einwohner von Hausen die<br />

Hennen nehmen möge, doch unbeschadet der Rechte der<br />

Herrschaft Wirtemberg an ihnen als ihren Leibeigenen. (9)<br />

Wegen der Leibeigenen, die die Herrschaft Wirtemberg in<br />

Zollern bzw. die Herrschaft Zollern in Wirtemberg besitzt,<br />

wird entschieden, daß jede Seite der anderen gestatten soll,<br />

daß die Leibeigenen ihren Leibherren nach üblichem Brauch<br />

schwören, huldigen und Bürgschaft leisten und daß künftig so<br />

in Zwingen und Bännen des Killertals und in Schlatt verfahren<br />

werden soll. (10) Wegen des Almosens, das an die<br />

Frühmesse zu Killer gegeben ist, wird entschieden, daß der<br />

Herr von Zollern als Kastvogt der Kirche in Killer oder seine<br />

Vormünder und Pfleger dem Kirchherrn von Killer einen Termin<br />

zur Rechnungslegung über die Frühmesse geben und diesen<br />

Termin dem wirtembergischen Amtmann zu Jungingen<br />

und den Amtleuten im Tal rechtzeitig anzeigen soll, damit<br />

die Amtleute und die Untertanen, soweit sie oder ihre Vorfahren<br />

etwas an das Almosen vergabt haben, bei der Rechnungslegung<br />

zugegen sein und ihre Ansicht dartun können.<br />

Der Herr von Zollern oder seine Vormünder sollen dann erklären,<br />

das Almosen werde ganz im Sinne der Schenker zur<br />

Frühmesse geschlagen, doch dem Herrn von Zollern ohne<br />

Schaden an seiner Kastvogtei. (11) Die der Herrschaft Wirtemberg<br />

leibeigene Frau zu Boll, der in Jungingen ein Erbe<br />

zugefallen sei, dessen Annahme ihr der Vogt zu Tübingen<br />

wegen Ungenossenschaft — sie hat einen unter der Herrschaft<br />

Zollern sitzenden Mann geheiratet — nicht erlaubt hat, muß<br />

wegen der Ungenossenschaft dem Herrn von Wirtemberg 1<br />

Pfund Heller zahlen und darf dann das Erbe antreten. Sie<br />

und ihre Kinder müssen aber wie andere Eigenleute der<br />

Herrschaft Wirtemberg huldigen und schwören. (12) In jeder<br />

der beiden Herrschaften sollen künftig unbehindert Erbschaften<br />

von Erbberechtigten aus der anderen Herrschaft angetreten<br />

werden können. (13) Der Schuhmacher, der das<br />

Schütterlinsgut zu Jungingen gekauft hat, soll dem Herrn von<br />

Zollern 6 fl zahlen und darnach der Herr von Zollern mit<br />

dem Gut nichts mehr zu tun haben, unbeschadet der dem<br />

Heiligen zustehenden Zinsen. Drei fl. soll der Schuhmacher<br />

am 11. November 1448 („nächst Martini über ein Jahr"), weitere<br />

3 fl am 11. November 1449 zahlen. (14) Untertanen, die<br />

in Hausen auf Gütern des Herrn von Wirtemberg sitzen, beteiligen<br />

sich an der Abgabe des Raubhabers. Eine Aenderung<br />

kann erst nach Mündigwerden des Herrn von Zollern erfolgen.<br />

(15) Lücke Hamel zu Mössingen bleibt weiterhin Leibeigene<br />

des Herrn von Zollern und kann behühnert werden<br />

ohne Hinderung von Seiten Wirtembergs. (16) Ist Iienslin<br />

Meyer vor dem „Uebertrag" zwischen dem Herrn von Wirtemberg<br />

und Graf Ytelfritz von Zollern sei. von Mössingen<br />

nach Weilheim gezogen, gehört er weiterhin dem Herrn von<br />

Zollern; im andern Fall fällt er an die Herrschaft Wirtemberg.<br />

Siegler: die 3 Aussteller. Perg. Orig., 3 Siegel: 1, 2, 3.<br />

(Wirtemberg. Regesten Nr. 5072; Orig. im Hauptstaatsarchiv<br />

Stuttgart.)<br />

1473 Mai 8 (Sa. v. Jubilate)<br />

Killertal 2<br />

Ueber folgenden Tausch wurde verhandelt:<br />

Graf Eberhard (V. v. Wirtbg.) soll dem Gr. von Zollern<br />

Leute, Gülten, Güter und Gerechtigkeiten im Killertal, in<br />

Jungingen, Starzein, Killer, Hausen und Burladingen, samt<br />

Gülten, die aus anderen Orten ins Killertal gedient haben,<br />

übertragen und dafür von dem Gr. von Zollern Leute, Gülten,<br />

Güter und Gerechtigkeit in Schlaitdorf, Riet (?Altenried),<br />

Dörnach und Haslach erhalten. Der von Zollern soll Gr. Eberhard<br />

im Voraus den Mehrnutzen aus der Schönbuch-Gerechtigkeit<br />

gegenüber(?) den Wäldern im Killertal widerlegen.<br />

Von den Abgaben wird Pfund gegen Pfund und Sack Korn<br />

gegen Sack Korn gerechnet. Ein Unterschied bis zu 30 Personen<br />

bleibt beim Tausch der Eigenleute unberücksichtigt.<br />

Was darüber geht, muß widerlegt (ersetzt) werden. Entsteht<br />

Streit wegen des Ueberhangs an Leuten oder Gülten oder<br />

wegen der Vorleistungen des Gr. von Zollern, soll Gr. Eberhard<br />

einen Obmann unter Merk von Hailfingen, Wilhelm von<br />

Urbach, Kaspar Remp und Werner Schenk auswählen, dem<br />

beide Parteien je 2 Schiedleute beigeben. Die Entscheidung<br />

dieses Schiedsgerichts ist bindend. Pap. Orig.: Wü. Reg. 5081.<br />

Killertal 3<br />

1473 Juli 15 (15. Tag Höwmonats)<br />

Zur Vollendung des Tausches zwischen Gr. Eberhard (v.)<br />

von Wirtemberg und Graf Jos Nikiaus von Zollern hatten<br />

beide Grafen den festen Wilhelm von Urbach als Gemeinmann<br />

genommen, und als er den folgenden Beschluß nicht<br />

billigte, durch den festen Kaspar Remp ersetzt laut der Absprache,<br />

von der jede Partei einen „usgeschnitten zedel" hat.<br />

Zusätze Graf Eberhards sind Ludwig Hafenberg, Altvogt, und<br />

Johannes Kungot, neuer Vogt zu Urach; des Grafen Jos<br />

Niklas von Zoller Zusätze sind Balthasar von Bühl und Johannes<br />

Keller, Vogt zu Nürtingen. Gemeinmann und Zusätze<br />

entscheiden: 1) Gülten im Killertal, die Graf Eberhard dem<br />

Grafen Jos geben und fertigen soll: 33 Pfd. jährliche Steuer,<br />

1 Pfd. 15 ß Fleischsteuer; an jährlichen Zinsen 62 Pfd. 2 ß 1 hl;<br />

je 10 Malter 672 Vtl Dinkel u. Haber; 8 Malter 2 tl Vogthaber,<br />

alles Tübinger Maß, 2 Gänse, 154 Hühner, 1700 Eier, 1 Malter<br />

Aepfel; Aus Maygingen und Burladingen 4 Pfund 15 ß Hl, je<br />

7Va Scheffel Dinkel und Haber, Reutlinger Meß, 18 Hühner<br />

und 600 Eier als Gült. 2) Gülten, die Gr. Eberhard dem Gr.<br />

Jos geben, aber nicht fertigen soll: 13 Pfund 3 ß 4Hlr. Umgeld<br />

aus dem Killertal, 3 Pfund für das Wasser (Fischwasser);<br />

Ackergült nach der Zeig 3 Malter V2 Vtl, tut jährlich 2 Malter<br />

4 Vtl, ferner 77 Malter 2 Vtl von der Landgarbe und den<br />

Weitraiten. 3) Die nachgeschriebenen Gülten zu Schlaitdorf,<br />

Riet, Dörnach und Haslach soll Gr. Jos Nikiaus an Gr. Eberhard<br />

übergeben und fertigen: In Riet 3 Pfund Steuer, in<br />

Dörnach 5 Pfund Steuer und 3 Pfund 11 ß 10 hl jährlich Zins<br />

12 Fh (Fasanen?), 69 Hühner, 6V2 Scheffel Roggen, 7'/a Scheffel<br />

Dinkel, 16 V2 Scheffel Haber, alles Reutl. Meß; In Schlaitdorf<br />

5 Pfund Steuer und 30 Pfund Weidezins; In Sulz a. Neck.<br />

127s Pfund Hlr Geld, das Jakob Gut innegehabt hatte.<br />

4) Gülten, die Graf Jos Nikiaus an Gr. Eberhard übergeben<br />

hat und nicht fertigen soll: In Schlaitdorf 6 Pfund 16 ß 8 hl<br />

Umgeld und 34 Leibhühner. In Riet 11, in Häslach 7 und in<br />

Dörnach 7 Leibhühner. 5) Bei den Früchten soll Sack gegen<br />

Sack verglichen (verrechnet) werden. 6) wegen der Uebergilten,<br />

die Gr. Jos dem Gr. Eberhard widerlegen soll, hat<br />

man sich geeinigt: Graf Jos soll jedes Pfund Geld mit 22<br />

Pfund ablösen oder für Eberhard in dessen Land Gülten kaufen<br />

oder Leute zur Aufnahme von Gülten bringen, wobei 1<br />

Pfund Gült für 1 Pfund Gült angerechnet wird. 7) Für die<br />

Wälder im Killertal, die auf 600 Morgen angeschlagen werden,<br />

und die Frondienste (wie Holzen, Wilpretführen nach Tübingen,<br />

Hegen und Jagen, wozu die armen Leute von Schlaitdorf,<br />

Riet, Dörnach und Häslach den Grafen von Wirtemberg<br />

wegen des Schönbuchs verpflichtet waren) hat Gr. Jos Niklas<br />

das Dörflein Gniebel mit Zugehörde und Herrlichkeit sowie<br />

das Wasser zu Kirchentellinsfurt („Kirchen"), die Jakob Gut<br />

bis jetzt innehatte, gegeben. 8) Dafür daß Gr. Jos im Killertal<br />

mehr Handlohn und Weglösin bekommt, als Eberhard in<br />

den 4 gen. Dörfern, sowie für Atzung, die deren Einwohner<br />

bei manchen Zinszahlungen zu reichen ist, hat Gr. Jos zum<br />

Ausgleich für das Wasser im Killertal 3 Pfund Heller zu<br />

zahlen. 9) Beide Parteien sollen einander unverzüglich Leute,<br />

Gülten und Güter übergeben. Gr. Jos hat bis zum Martinitag<br />

die nicht widerlegten Gülten zu bezahlen. 10) Beide Parteien<br />

sollen den Tausch fertigen und alle Briefe, Register und was<br />

sonst sie haben, einander übergeben. 11) Für die gegenseitige<br />

Fertigung nach Landesgewohnheit hat jede Partei der andern<br />

2 Gewährsmänner und 2 Bürgen zu stellen. 12) Beide Partenen<br />

haben künftig ungehinderte Möglichkeit, alte Schulden<br />

in den ausgetauschten Orten einzutreiben. 13) Zur Beurkundung<br />

sind gleichlautende Zettel angefertigt, auseinandergeschnitten<br />

und jeder Partei einer gegeben worden.<br />

Pap. Orig. Unterschrift: „Mathias Horn prothonotarius opidi<br />

Urach hec scripsit manu propria."<br />

Wü. Reg. 5081 (im Hauptstaatsarchiv Stuttgart).<br />

Die Abschrift der langatmigen Urkunden verdanken wir<br />

der Freundlichkeit des Herrn Dr. Hans Jänichen in<br />

Tübingen.


Jahrgang 1967 H O H E N Z O L L, E R I S C H E HEIMAT 43<br />

Zu den Familien, die in unserem Ringingen (Hohz.) am<br />

längsten seßhaft nachgewiesen werden können, gehören die<br />

Maier, deren Name vor 1870 auch oft als Mayer erscheint.<br />

Er bedeutet eigentlich „Bauer" (vgl. Maierhof), d. h. Inhaber<br />

eines Lehenhofes. Noch im Fleckenbuch von 1530 werden die<br />

Bauern allgemein Maier genannt. Alle heutigen Träger des<br />

Namens Maier (mit i) dahier sind miteinander verwandt,<br />

gehen auf den einen Stammvater „Hans Mayer den alten"<br />

zurück, der von 1653 bis 1666 nachzuweisen war. Von dieser<br />

Abstammung ist unter der Bevölkerung nichts mehr bekannt.<br />

Wohl zu merken, daß Raphael Mayer (mit y) im Neuen Weg<br />

Nr. 206 nicht von diesem Stamme ist, sondern 1932 aus Gauselfingen<br />

hereinheiratete!<br />

Schon im Jahre 1524 erscheinen zu Ringingen Klaus und<br />

Hans Mayer, 1545 dann Kaspar und Hieronymus, 1578—84<br />

Ludwig, 1578—89 Michael, 1542—56 Balthas, 1542—56 Valentin<br />

des Hans. Im folgenden Jahrhundert begegnen uns Balthas<br />

Mayer 1608—15, Georg Mayer aus Wessingen 1622, Hans<br />

der ältere 1653 — 66, Hans der junge 1659—66, Kaspar<br />

1632—62, Kaspar der junge 1670—94; Matheis als Sohn<br />

des alten Hans 1675—94, Michael (wohl der obige) noch 1608,<br />

Ludwig (der obige) 1608. Obiger Hans Mayer, der alte, steht<br />

an der Spitze der heutigen Maiergenossen. Die Abstammung<br />

in 10 Generationen von ihm zeigt folgendes Schema, das eine<br />

Handreichung für die Familienforschung sein will, aber nicht<br />

vollständig sein kann, weil vor 1710 die Kirchenbücher fehlen,<br />

und nur das Toten- und Ehebuch bis 1660 zurückreichen.<br />

— 8<br />

5a 13<br />

10<br />

I<br />

11<br />

_!_<br />

12<br />

I<br />

14—15<br />

16 17 18 19<br />

I<br />

21—22<br />

I<br />

23 24<br />

I<br />

25 26<br />

I<br />

27 28<br />

35—36<br />

J_ L<br />

44<br />

I<br />

45 45<br />

37<br />

47<br />

38<br />

Die Familie Maier zu Ringingen<br />

61<br />

30—32 33 34<br />

62 63<br />

I I<br />

41 42 43<br />

1) Hans Mayer, der alte, 1653—1666.<br />

2) Matheiß von 1, 1675—94; heir. 1675 mit Maria Bayler,<br />

Lai 15.<br />

3) Johann von 2, gb. um 1676, starb 14. Dez. 1728, heir. 1708<br />

Anna Vogel des Johann (Hs. 123) u. der Maria geb. Rueß.<br />

4) Franz von 2, heir. 1723 die Witwe Rosina Baur, verwitwete<br />

4) Beck: Hs. 96 (Wanger-Franz).<br />

5) Felix von 3, heir. 1738 auf Hs. 123 mit Magdalena Beck.<br />

Er war Stiefsohn des Christian Heinzelmann, den die<br />

Mutter 1730 nach des Vaters Sohn geehelicht hatte. Der<br />

Sohn Martin Mayer (Nr. 5a) des Felix heir. 1775 in Hs. 123<br />

mit Walburga Ott des Oswald von Hs. 46, deren Tochter<br />

Elisabeth Mayer 1781—1857 heir. 1806 den Kaspar Dietz<br />

des Veit, 1777—1861 in Hs. 21.<br />

6) Franz von 3, Wagner, heir. 1745 aufs Hs. 15 mit Barbara<br />

Rueß des Matheuß und der Maria gb. Kraus. Der<br />

Sohn Franz Xaver (Nr. 6a) heir. 1781 mit Mar. Agatha<br />

Schneider des Pius. Ihr Kind hieß Josef (6b). Xaver war<br />

schon 1784 tot. Die Witwe heir. den Wagner Ignaz Buck<br />

aus Inneringen, 1757—1836, Haus 15 im Lai.<br />

7) Julius von 3, Wirt, gb. 1723, heir. Mar. Ursula Volk des<br />

Balthas ins Hs. 48. Des Julius Schwester Barbara (7a) sei<br />

nicht weiter verfolgt.<br />

J_<br />

39<br />

I<br />

54—58 59—60<br />

I<br />

48—53<br />

Von Joh. Adam Kraus<br />

20<br />

29<br />

40<br />

8) Johann von 3, 1726—1805, heir. am 4. Nov. 1749 ins Hs. 67<br />

im Bach mit Mar. Magdalena Kraus des Lorenz. Sie<br />

1729—72.<br />

9) Johann von 4, gb. 1726, heir. 1749 die Salome Bailer.<br />

Wohnte in Hs. 96.<br />

10) Thomas von 8, 1753—1830, heir. 1784 mit Anna Maria Dorn<br />

des Johann von Hs. 70: 1754—1821. Thomas erwarb 1786<br />

das Hs. 48 von seinem Vetter Julius.<br />

11) Leonhard von 8, 1770—1834, heir. 1811 die Magdalena<br />

Schmid des Raphael in Hl. 80 bei der Hilb. Sie 1776—1843.<br />

12) Theodor von 8, 1762—1834, in Hs. 67, heir. 1790 mit Justina<br />

Beck d. Joh., in Hs. 31. Sie 1763—1830.<br />

13) Basilius von 9, 1756—1791, heir. 1786 mit Veronika Straubinger<br />

von Salmendingen: 1738—1842. Ihr Kind hieß Marianne.<br />

Die Witwe heir. den Abraham Emele ins Hs. 57.<br />

14) Pelagius von 10, 1786—1859, heir. 1817 ins Hs. 48 mit<br />

Magdalena Hipp d. Johann von Hs. 50. Sie 1785—1835.<br />

15) Jakob von 10, Wagner, 1790—1863, heir. 1817 ins Hs. 96 mit<br />

Salome Emele d. Abraham. Sie 1795—1863.<br />

16) Bruno von 11, Zimmermann, in Hs. 80, 1803—68, heir.<br />

1832 Theresia Jochum von Hettingen, 1805—82.<br />

17) Viktoria von 12, 1782—1849, heir. 1825 mit Synes Kraus<br />

ins Hs. 116. Er 1791—1843, Glaser und Bauer.<br />

18) Augustin von 12, 1796—1862, heir. im Hs. 67 1830 mit<br />

Elisabeth Pfister d. Hilarius vom Nachbarhaus 68. Sie<br />

1801—68.<br />

19) Andreas von 12, heir. nach Meldungen.<br />

20) Titus von 12, Schneider, 1805—84, heir. .1839 ins .Hs. 143<br />

mit Anna M. Ott d. Lukas, 1814—69; kaufte 1Ö52 den<br />

„Adler" Nr. 58 und stockte ihn auf.<br />

21) Maria von 14, 1821—88, heir. 1859 den Witwer Sebastian<br />

Emele zur Sonne, 1814—94.<br />

22) Nikolaus von 14, 1818—80, heir. 1848 ins Hs. 48 die<br />

Franziska Rueß, 1826—52 und 1853 die Katharina Kraus<br />

d. Fridolin aus Hs. 7, die 1828—88 lebte.<br />

23) Johann Bapt. von 15, Schuster, 1824—67, heir. 1850 ins Hs.<br />

25 die Elisabeth Faigle d. Franz von Hs. 118, 1827—1904.<br />

Johann vertauschte sein Haus i. J. 1854 mit Nr. 119 des<br />

Wunibald Neser, Peitschenmacher, der nach Amerika<br />

ging und dort 1855 starb.<br />

24) Johann Georg von 15, Wagner in Hs. 96, 1820—86, heir.<br />

1848 Elisabeth Barth d. Kaspar, 1825—93.<br />

25) Nikolaus von 16, Zimmermann in Hs. 80, 1836—1923, heir.<br />

1868 Katharina Kraus d. Gottfried von Hs. 37, 1838—1906.<br />

26) Maria von 16, 1839—1917, heir. 1869 Franz Xaver Feßler,<br />

Schneider, in Hs. 92, 1845—1914. Söhne: Mathias in Hs. 81;<br />

Raphael Feßler in Hs. 41.<br />

27) Barbara von 18, 1832—1907, heir. 1863 den Lehrer Markus<br />

Dieter 1829—1904, Sohn d. Andreas von Hs. 86a. Sie<br />

brachte ihm das Hs. 67. Söhne: Andreas, Professor i. Sasbach,<br />

August in Hs. 67 und Karl Dieter in 15. Die Schwester<br />

Justina Mayer der Barbara blieb ledig.<br />

28) Bibiana von 18, 1835—1916, heir. 1873 Christian Bailer in<br />

Hs. 111 bei der Kirche, 1835—1913.<br />

29) Theodor von 20, Adlerwirt, 1842—98, heir. 1869 Kunigunde<br />

Emele des Sebastian u. d. Mar. Ann. gb. Honold z. Sonne.<br />

Sie 1848—1922.<br />

30) Theresia von 22, 1850—1900, heir 1879 Johann Dietz d.<br />

Jakob (Veitenkaspars) 1850—1918, Hs. 21.<br />

31) Barbara von 22, 1869—1933, heir. 1892 Sebastian Honer d.<br />

Balthas von Hs. 91, 1867—1918. Baute Hs. 13 an Hälschloch.<br />

Töchter: Katharina, Ottilie (Sr. Jukundina in Laudenbach<br />

bei Mergentheim), Maria.<br />

32) Konrad von 22, zog nach Stetten u. Holnstein und dann<br />

Mengen.<br />

32a) Magdalena von 22, 1849—81, heir. 1875 Balthas Bailer d.<br />

Konrad in Hs. 60. Er 1846—1923.<br />

33) Valentin von 22, 1863—1905 i. Hs. 48, heir. 1890 Rosina<br />

Kraus des Markus 1864—1940.<br />

34) Fridolin von 22, 1865—1922, Lehrer in Bingen u. a.; verh.<br />

mit Sophie Amann von Heudorf bei Meßkirch.<br />

35) Wilhelm von 23, Schuster, 1851—1923, heir. 1879 ins Hs. 23<br />

im Kreben mit Antonie Dorn des Michael von dort. Sie<br />

1844—1918.<br />

36) Georg von 23, Zimmermann, Polizei, Hs. 119, 1859—1927,<br />

heir. 1882 Agnes Pfister des Titus, 1856—1935.<br />

37) Balthas von 24 (Wangerbalthes) i. Hs. 96, 1853—1936, heir.<br />

1880 Notburga Dorn des Egide u. der Maria geb. Pfister<br />

von Hs. 16. Sie 1851—1919.<br />

37a) Josefine von 24, heir. 1879 Michael Wahl d. Johann in<br />

Hs. 10. Sie 1855—1926, er 1857—1904.


44 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

38) Jakob von 24, Wagner, 1862—1948, heir. 1895 Marianne<br />

Rieber des Sebastian von Burladingen ins Hs. 40; Sie<br />

1873—1911.<br />

39) Markus von 25, Zimmermann, 1882—1950, heir. 1906 ins<br />

Hs. 26 im Gäßle die Pauline Schmid des Balthas. Sie<br />

1882—1941.<br />

40) Titus von 29, Adlerwirt i. Haus 58, 1876—1906, heir. 1901<br />

Ursula Beck d. Lorenz v. Hs. 31 im Kreben. Sie 1877—1949.<br />

41) Nikolaus von 33, gb. 1891, Pfarrer und Dekan i. R. in<br />

Gammertingen, Geistl. Rat.<br />

41a) Markus von 33, 1893—1923, starb an einem Kriegsleiden.<br />

42) Katharina von 33, gb. 1895, Haushälterin bei ihrem geistl.<br />

Bruder.<br />

43) Rudolf von 34, Dr. Gymnasialprofessor u. Studienr. in Sigmaringen<br />

mit 2 Söhnen u. 2 Schwestern Martha u. Luise.<br />

44) Johann Bapt. von 35, 1879—1955, heir. ins Hs. 23 im J.<br />

1907 mit Maria Dehmer v. Stetten u. Holnstein, 1886—1962.<br />

Der Sohn Wilhelm (44a) ist im Hitlerkrieg vermißt.<br />

45) Johann von 36, 1883—1960, heir. 1920 die Witwe M. Anna<br />

Dietrich von Hs. 27. Kinderlos. Sie 1884—1963.<br />

45a) Elisabeth von 36, gb. 1900, heir. 1925 Johann Faigle d.<br />

Josef v. Hs. 17 ins Hs. 119. Organist, wie sein Sohn Georg.<br />

46) Luitgard von 36, 1894—1962, heir. 1920 ins Hs. 59 den Josef<br />

Pfister d. Mathias, Zimmermann, 1887—1959.<br />

47) Ambrosius von 37, Wagner i. Hs. 96, 1888—1951, heir. 1912<br />

Margaretha Bailer d. Balthas von Hs. 60. Sie 1885—1914.<br />

Schwestern des Hausvaters: 47a) Elisabeth 1881—1958,<br />

Maria 1888—1967, Marianne 1890—1951.<br />

48) Georg von 38 in Hs. 40, gb. 1900, heir. 1932 Maria Riescher<br />

d. Johann und der Anna gb. Hauser, gb. 1906. Ihre Adoptivtochter:<br />

Waltraut, verehel. Nadler.<br />

49) Kaspar von 38, Förster im Haus 47, gb. 1902, heir. ins 1929<br />

neugebaute Hs. 199 im Neuen Weg am 1. Juni 1931 mit<br />

Ringinger Grabungsbericht<br />

Burlafingen (bei Ulm), den 5. Mai 1929.<br />

Hochw. Herr Kaplan (Joh. A. Kraus, Bietigheim b. Rastatt)!<br />

Verzeihen Sie gütigst, wenn ich Ihr Schreiben vom 24.<br />

April erst heute beantworten kann, da ich auswärts in einer<br />

Kirche beschäftigt war. Ich bin nämlich nicht bloß Burgenforscher,<br />

sondern auch Kirchenmaler, bzw. Gemälde-Restaurator.<br />

Die Grabungen der Burg Ringingen auf dem Nehberg<br />

wären normal verlaufen, wenn die Arbeitskräfte etwas zuverlässiger<br />

gewesen wären. Ueber Verpflegung etc. kann ich<br />

nicht klagen. Die gleiche Unzuverlässigkeit ist mir an anderen<br />

Burgstellen schon öfters begegnet und ich habe mich<br />

bald daran gewöhnt. Wenn die Leute nicht gleich kostbare<br />

Funde machen, ist das Interesse schnell dahin, mit Ausnahme<br />

von einigen wenigen. Herr Karl Dietrich (Steinhauermeister)<br />

hat mit Begeisterung bis zum Schluß ausgeharrt, was anerkannt<br />

werden muß.<br />

Zu umfangreichen gründlichen Grabungen bildeten auch<br />

hier Waldbäume das Haupthindernis. Trotz der Schwierigkeiten<br />

konnte ich noch die Hauptgrundzüge der einstigen<br />

Burganlage feststellen. Ohne reiche Erfahrung wäre dies<br />

kaum möglich gewesen. Mancher hätte entmutigt die Sache<br />

bald aufgegeben. Die Grundmauern waren erbarmungslos bis<br />

auf die Fundamente gewaltsam zerstört (wohl nicht durch<br />

Belagerer, sondern nachträglich zur Gewinnung von Bausteinen.)<br />

An manchen Stellen waren auch die Fundamente<br />

entfernt, sodaß der Zusammenhang als folgerichtig rekonstruiert<br />

werden mußte.<br />

Der Turm bildet, wie Sie richtig meinen, kein ganz regelmäßiges<br />

Quadrat. Die nördliche Stirnseite mißt 8,5 m, die<br />

westliche 7,5 m, die südliche Seite 8 m und die Ostseite 7,75<br />

m. Der Innenraum bildet ein Rechteck von 2,95 zu 2,10 m.<br />

Der Konstruktion nach könnte der Turm noch aus dem 12.<br />

Jahrhundert stammen. (Erste Nennung: 1180 Ritter Otto und<br />

Dietrich von Ringingen) Die Entstehungszeit einer Burg kann<br />

übrigens nur in den seltensten Fällen genau festgestellt<br />

werden. Die Ringmauer ist, aus der Mauertechnik zu schließen,<br />

gleichzeitig mit dem Turm entstanden. (Doch läuft die<br />

Nordwestmauer in den Turm hinein, sodaß dieser an die schon<br />

bestehende Mauer an- und aufgebaut worden sein muß!) Auch<br />

der Palas dürfte bald an die Ringmauer eingeschlossen worden<br />

sein. Diese bildete zugleich die verstärkte Außenmauer,<br />

die anscheinend eine Stärke von 1,7 bis 1,8 m aufweist. Im<br />

hohenzollerischen Burgenwerk (von Zingeler-Buck 1906) heißt<br />

es über die Anschlüsse der Ringmauer, daß diese an der Ostseite<br />

des Turmes 1,2 m und auf der Nordwestseite 3,5 m hoch<br />

und 2 m stark sei. Das letztere Maß könnte einigermaßen<br />

Magdalena Feßler d. Mathias von Hs. 82, gb. 19. Jan. 1905.<br />

Nach der Hochzeit des Sohnes Mathias zog Kaspar mit<br />

Frau ins Hs. 47 am Enggaß-Eck.<br />

50) Sebastian v. 38, gb. 1906, Pfarrer i. d. Schweiz: Oberkirch.<br />

51) Balthas von 38, in Burladingen verheiratet.<br />

52) Elisabeth von 38, Haushälterin bei ihrem geistl. Bruder.<br />

53) Barbara von 38, gb. 1899, heir. 1925 Gregor Nadler des<br />

Mathäus ins Hs. 74. Er 1899—1959.<br />

54) Raphael von 39, gb. 1907, Maurer, Reichenau.<br />

55) Lorenz Markus von 39, gb. 1915, Sägerei am Stichle 218,<br />

heir. 1953 Gisela Kehl von Stuttgart.<br />

56) Balthas von 39, Flaschnermeister, in Killer verheiratet.<br />

57) Katharina von 39, 1909—60, heir. Alfons Thumm, gb. 1896:<br />

Hs. 216 im Gäßle.<br />

58) Maria von 39, gb. 1917, heir. Karl Dratz von Karlsruhe,<br />

gb. 1906, Hs. 217.<br />

59) Theodor von 40, gb. 1902, Oberfinanzpräsident i. Frankfurt/Main<br />

mit Familie.<br />

60) Karoline von 40, gb. 1903, heir. 1934 den Zimmermann<br />

Alex Hochsticher des Markus von Hs. 8. Er wird Adlerwirt:<br />

drei Töchter.<br />

61) Franz von 44, gb. 1924 (mit mehreren Geschwistern), heir.<br />

1960 Mar. Anna Kraus d. Christian u. d. Maria gb. Feßler<br />

von Hs. 68.<br />

62) Georg von 47, gb. 1914 in Hs. 96, heir. 1946 Theresia<br />

Nadler des Jakob von Hs. 189. Sie gb. 1916.<br />

63) Balthas von 47, gb. 1913, heir. 1946 ins Hs. 97 (neue Nr.<br />

215!) Anna M. Neser des Moritz von Hs. 34. Sie gb. 1911.<br />

64) Mathias von 49, heir. ins Haus 199 im Jahre 1958 Mathilde<br />

Pfister des Josef von Hs. 46.<br />

Etwaige Irrtümer, die bei den vielen Zahlen leicht möglich<br />

sind, möge man gütigst verbessern.<br />

des Burgenforschers 1929<br />

stimmen. Der Maueransatz an der Südostecke des Turmes<br />

scheint hoch oben (ca. 7 m) nur 1 bis 1,20 m stark zu sein.<br />

Diese Stärke kann sich aber nur auf den Wehrgang auf dieser<br />

Mauer beziehen, auf oder an dem wohl einst Wehrzinnen<br />

herumführten. Es ist undenkbar, daß gerade an der<br />

Angriffsseite die Mauer viel schwächer sein soll, als an der<br />

von der Natur aus geschützten westlichen Stelle. Da im allgemeinen<br />

an der gefährdetsten Stelle die Ringamauer am<br />

stärksten ausgebildet ist, dürfte zwischen dem (ca. 10 m<br />

breiten und noch 3—4 m tiefen) Halsgraben und dem Turm<br />

bzw. anstoßenden Ringmauer zur Verstärkung ohne Zweifel<br />

noch ein Zwinger vorgelegt gewesen sein, wie man aus dem<br />

vorhandenen Raum schließen kann. Außerdem lief noch ein<br />

Zwinger um die Burg herum. (Zwinger nennt man einen ummauerten<br />

Vorraum.) Der Palas (Wohnhaus) war ein langgestrecktes<br />

Gebäude im Süden. An diesen war an der Nordwestseite<br />

etwas angebaut in unregelmäßiger Dreieckform. Ob<br />

dieser Raum überbaut war (wie auf dem Plan angenommen<br />

ist), oder nur einen leeren Hof bildete, bleibt noch eine offene<br />

Frage. Der eigentliche Burghof bildete ein Fünfeck, in dessen<br />

nördliche Ecke der Bergfried eingebaut ist. Eine Nebenpforte<br />

war vermutlich an der nordwestlichen Ringmauer an der<br />

Stelle, wo diese einen ausspringenden Winkel macht (und<br />

ein alter 25prozentiger Weg heraufkommt). (Als Hauptgang<br />

ist eine Zugbrücke anzunehmen, die vom hinteren Vorhof<br />

über den Halsgraben in den Zwinger führte, und von hier<br />

ein zweites Tor nahe am Bergfried in den Burghof.) Im Burghof<br />

sieht man noch die (neu aufgedeckte) abgerundete Eingangsschwelle<br />

in den Palas. Der Keller ist ohne Zweifel im<br />

westlichen Teil des Palas anzunehmen. Der Brunnen war vermutlich<br />

im inneren Hof. Ein zweiter Brunnen könnte vielleicht<br />

noch im Zwinger gewesen sein? Auf Keller und Brunnen<br />

könnte man nur stoßen, wenn der metertiefe Schutt<br />

weggeräumt werden könnte. Einzelheiten über Turmeingang<br />

u.s.f. ist im genannten Burgenwerk enthalten. (Der Turmeingang<br />

liegt 6 m über dem Boden, ist 1,2 m breit, gewölbt,<br />

bis zum Widerlagerbalken 2,17 m, bis zum Scheitel 2,45 cm<br />

hoch. Das Loch für den ehemaligen Verschlußriegel der Einganstür<br />

ist links noch zu sehen. Er konnte nach Osten in die<br />

Mauerdicke zurückgeschoben werden. Das Stockwerk über<br />

dem Eingang ist durch ein Fenster beleuchtet. Das obere<br />

Stockwerk vom Mauerabsatz bis zur Mauerkrone 4 m hoch<br />

hat eine Lichtweite von 4,22 auf 4,50 M. Es ist nach der Nordwestseite<br />

um 1,25 m, nach den übrigen Seiten um 0,80 m abgesetzt<br />

und ebenfalls durch ein 13,10 m hoch liegendes Fenster<br />

beleuchtet. Die Mantelmauer des Turmes ist aus unregelmäßigen<br />

Kalksteinen, das Innere der Mauer in Grätenform<br />

gegossen, die Ecken aus großem Buckelquadern herge-


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 45<br />

stellt. Nach dem Bau ließ man die waagrecht liegenden Bengel<br />

des Gerüstes eingemauert und hat sie bloß abgehauen. Einige<br />

davon staken noch 1914 in der Mauerdicke.)<br />

In der südöstlichen Zwingerecke sind Spuren eines Wächterhäuschens<br />

und etwas mehr südlich ist ein Tor anzunehmen<br />

(auf das der jetzige Schloß weg führt). An beiden Enden des<br />

Halsgrabens sieht man vorspringende runde Hügel vom Grabenaushub.<br />

In großem Abstand zieht sich der äußere Wallgraben<br />

an der Ost- und Südseite um das östliche Gelände<br />

herum, einen großen Vorhof einschließend (1545 „Hinterer<br />

Vorhof"). Gegen Norden fällt der Nehberg steil ab. Die Beschaffenheit<br />

des Wallgrabens, der im Norden an der Halde<br />

aufhört, erinnert an vorgeschichtliche Anlagen, ähnlich wie<br />

Burg Eselsberg und Führheim b. Heidenheim. Ursprünglich ist<br />

Palisadenbefestigung hinter diesem Graben sehr wahrscheinlich.<br />

Ob im Mittelalter an dessen Stelle eine Ummauerung<br />

kam, konnte noch nicht genügend untersucht werden. (Die<br />

Mauerfundamente sind gut sichtbar, dort wo der Fußweg<br />

am Nordabhang diesen Hinteren Graben schneidet, dem übrigens<br />

in wenig Abstand noch ein zweiter vorgelagert gewesen<br />

zu sein scheint!) Die ganze Burganlage mit ihren Gräben<br />

und Wällen gehört zu den Abschnittburgen. Gegen eine Gipfelburg<br />

spricht der Umstand, daß gegen Osten ein großes ebenes<br />

Gelände (eben der 1545 sog. Hintere Vorhof) vorgelagert<br />

ist.<br />

Eineck (d. h. das Frundspürglin von 1545 auf dem Seeheimerberg)<br />

war sicherlich eine Ritterburg. Man sieht Spuren<br />

von zwei Gebäuden und Zwinger. Ein Turm scheint nicht<br />

vorhanden gewesen zu sein.<br />

Aloises Schlößle (der um 1930 wiederentdeckte Ringelstein)<br />

habe ich genau aufgenommen. Grabungen sind hier<br />

zwecklos, da alles auf nacktem Felsen aufgebaut ist. Die<br />

Mauern konnten noch an allen fünf Seiten ohne weiteres<br />

festgestellt werden. Dieses Bürgle denke ich mir ehemals als<br />

Wohnturm und diente wohl als eine Art Vorposten einer größeren<br />

Burg zur Vermittlung von Signalen in Zeiten der Gefahr.<br />

(Doch war Ringelstein nach Ausweis der Urkunden eine<br />

selbständige, wenn auch kleine Burg. Man sieht von ihm gut<br />

Trochtelfinger Flurnamen<br />

Der Schreiber sieht sich veranlaßt, die Flurnamen aus der<br />

Flurkarte, aufgenommen 1847, zu veröffentlichen, damit diese<br />

Freunden der <strong>Heimat</strong>kunde und evtl. der Sprachwissenschaft<br />

Anlaß zu Ueberlegungen gebe.<br />

Ortsbezirk Trochtelfingen: Neue Wiese, Mittelwiesen, Schutzengel,<br />

In der Bitze, Braike, beim Käpelle, Mühlgäßle,<br />

Eittingen, Tannenhart, am Talweg, Kressenberg, Hinter<br />

den Mauern.<br />

Blatt I: Haidbirken, äußerer Hühnerbühl, innerer Hühnerbühl.<br />

Blatt II: Großengstinger Grenze, Haid, Haidbirken, Finstere<br />

Birken, Beim Kreuzstein, Haid b. Großengstinger Fußweg.<br />

Blatt III: Finstere Birken, Auf Hinten, Brauninger Thal,<br />

Buch, Meidelstetter Oeschle, Spitzhäule.<br />

Blatt IV: Schopfenlocher Burren, Schopfloch.<br />

Blatt V: Innerer Hühnerbrühl, Im Zimmerloch, hinter Schopfloch,<br />

Schopfenloch, Mönchsbühl, vor der Stundtafel, Kutzhut,<br />

Haid, vor dem Klammberg, Birkschachen.<br />

Blatt VI: Haid, Schweikertsbühl, vor dem Klammberg, vor<br />

Schweikertsbühl, Haid am Großengstinger Fußweg, Hinterm<br />

Klammberg, Heiligental, Greifenwirtsbühl.<br />

Blatt VII: Haid am Großengstinger Fußweg, Braunings Thal,<br />

am Buch, Triebbuch, Mittelbuch, das hintere Buch, Wasserstein.<br />

Blatt VIII: Killberg, Rubenhäule — (oder Bubenhäule), Wasserstein,<br />

Ameisen Burren, Aiwiesen, Häulen, Dacherstein<br />

F. F. Herrschaftswald.<br />

Blat IX: Eichert, Sonnenthäle, beim äußeren Apfelbaum, Hohen<br />

Oesch, auf äußeren Kerren, auf Engstergert, Brosisberg,<br />

Schopflochburren.<br />

Blatt X: Mönchsbühl (kann auch Münchsbühl heißen), Schopfloch,<br />

hinter Gattenberg, Kutzhut, Gattenberg, Birkschachen,<br />

hinter Stumpbuch, in der Stumpbuch, Stumpbuch,<br />

Ziegelberg, Brosishag, Auf Engstergert, vor Gatten, auf<br />

der obern Thunsäure, Im Heuweg, vor Stumbuch, Heiligenbühl,<br />

Halbstundtafel, vorm Ziegelberg, Bottenhäle,<br />

hinter Spitzigenberg.<br />

Blatt XI: Birkschachen, vor dem Klammberg, Hasenthäle, hinter<br />

Ziegelberg, Ruprechtsberg, Greifenwirthsbühl, Rosbühl,<br />

Triebbuch, vor Ruprechtsberg, Ziegelberg, Bottenthal, hinter<br />

Spitzigenberg, Kästle, innerer Buchbühl, Goldberg.<br />

zur Burg Ringingen und zur namenlosen Burg auf dem Hausener<br />

Kapf!)<br />

Ich bin in Ringingen sehr gut aufgenommen worden. Ihr<br />

Herr Bruder hat mich am Bahnhof mit einem Fuhrwerk abgeholt.<br />

Mit Landeskonservator Prof. Laur habe ich mich gut<br />

verstanden. Er meinte, wenn etwas Ordentliches herauskomme,<br />

werde er den Plan für das Hohenzollerische Denkmälerwerk<br />

verwenden können. Der Plan ist 43 zu 25 cm groß<br />

und kann beliebig photographiert werden, wenn zuvor die<br />

Zeichnung in Tusche und Feder ausgeführt ist, was noch geschieht.<br />

Von den Steinabzügen kommt das Stück deshalb auf<br />

3 Mark, weil diese mit Wappen etwas von Hand koloriert<br />

werden sollten. Die Arbeit für auf den Stein zeichnen muß<br />

auch mit einkalkuliert werden. Ohne Farben kommt das<br />

Stück auf ca. 2 Mark. Billiger käme es nur, wenn einige<br />

hundert gedruckt würden. Bei kleinerer Zahl kommt nur<br />

Handabzug in Frage. Beginnen kann ich damit erst nach<br />

Pfingsten, indem ich zuvor noch in Upfingen die freigelegten<br />

Wandgemälde fertig machen muß. Im Augenblick habe ich<br />

eine größere Anzahl Oelgemälde zu restaurieren nach Iii er -<br />

tissen. Vom Burgenforschen allein kann ich nicht leben. So<br />

muß ich Gemälderestaurieren dazunehmen, um die Zeit auszufüllen.<br />

Falls Sie den Beschrieb mit der Schreibmaschine<br />

umschreiben, bevor dieser in Druck kommt, können Sie ruhig<br />

in der Satzstellung Verbesserungen vornehmen. Nur der Sinn<br />

sollte erhalten bleiben, obschon noch manches problematisch<br />

bleibt.<br />

Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster<br />

Konrad Albert Koch."<br />

Nachschrift: Das Eingeklammerte ist von mir ergänzt.<br />

Die Ergebnisse der Burgenforschung wurden in den Blättern<br />

des Schwäb. Albvereins 1930, Sp. 205 ff. mit Bildern veröffentlicht.<br />

Eine weitere Beschreibung steht in „Hohenz. <strong>Heimat</strong>"<br />

1961 S. 6 und 23 mit allen Ergänzungen, Grundriß und<br />

Rekonstruktion. Ringelstein und Eineck (Frundspurglin) sind<br />

dann ebenda 1961, 40—42 beschrieben. Die Klischees liegen in<br />

der Hohenzoll. <strong>Heimat</strong>bücherei Hechingen. Joh. A. Kraus.<br />

der Flurkarte von 1847<br />

Blatt XII: Triebbuch, das vordere Buch, Mittelbuch, Wasserstein,<br />

Killberg, Eggenfrischer Burren, Eggenfrischerthal,<br />

Goldberg, Rubenhäule.<br />

Blatt XIII: Killberg, Rubenhäule, Wasserstein, Ameisen Burren,<br />

Aiwiesen, Haulen, Dacherstein F. F. Herrschaftswald,<br />

Wasserstein Stadtwald.<br />

Blatt XIV: auf Eichert, beim Bitzerthau, Bizerthau, Bitzert,<br />

in Schießbirken.<br />

Blatt XV: Auf Eichert, Sonnenthäle, beim äußeren Apfelbaum,<br />

auf äußeren Kerren, zwischen Kerren, Au, bei der<br />

runden Buch, Innere Kerren, Bizert, Säuren, Schießbirken,<br />

Michelbergsrain, Dirnenthal, innerer Heuweg, beim<br />

Eichele, Häbere.<br />

Blatt XVI: im Heuweg, innere Kerren, Grindel, Halbstundtafel,<br />

Hasenthal, Hinterspitzigberg, Hintere Burg, Ziegelhaus,<br />

Gaisbühl, Flachsbühl, Staigle, Hasenthal, Ehraus.<br />

Blatt XVII: Hinter Spitzigenberg, Kästle, vorderer Spitzigenberg,<br />

Hintere Burg, Staigle, Stekberg, Erbsenland, Lipetshorn,<br />

Aichelenberg, Goldberg, Roßbühl, bei Wezeisburg.<br />

Blatt XVIII: Goldberg, Lippertshorn, beim Aichelenberg,<br />

Bübenhäule, Ameisenberg, Bissingen, bei Wetzeisburg,<br />

Wetzeisburg, hinter Wetzeisburg, Altenmannshorn, Laien,<br />

hinter Bargen, Bargen.<br />

Blatt XIX: beschreibt einen Ausschnitt Steinhilber Gemarkung<br />

und deren Flurnamen.<br />

Blatt XX: Schießbirken, Wolfsbühl, Wilhelmsbühl, Nutenberg,<br />

Grafenthal, Schlegelswelze.<br />

Blatt XXI: Schießbirken, Frühmeßbühl, Schießbirken, Dirrenthal,<br />

Michelsbergersrain, Schwanberg, beim geschlagenen<br />

Kreuz, Häbere, beim Eichele, Dirrenthal, Dettenloch,<br />

Wilhelmsbühl, Melchingerweg, Nutenberg, Hinter<br />

Rukbein, Hofäcker, am Krähenbergle, Lettcngrüble.<br />

Blatt XXII.: Dettenloch, Wolfsstock, Sandgrube, am Grehenbergle,<br />

hinter Kallenberg, Kallenberg (müßte Galgenberg<br />

heißen!), an der Burg, hinter der Burg, Ehraus, Stekberg,<br />

Hagbronnen, Ehraus, Burg, an der Burg, Burgstall.<br />

Blatt XXIII: Stekberg, Hinterm Stekberg, Storkenhalde, auf<br />

Rieden, Burgstall, Roßbuckel, Rübteiläcker, Bargen, Wezelsburg,<br />

Rieden, Tiefental.<br />

Blatt XXIV: Wezelburg, vor Wezelburg, hinter Wezelburg.<br />

Blatt XXV: Schlegel Wälzle, Huttenberg, Grafenthal, Badersbergle,<br />

Eulenberg, Lange Halden.


46 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Blatt XXVI: Nutenberg, Hinter Rukbein, Rukbein, Wannen,<br />

Klein Oeschle, in der Bitze, im mittleren Oeschle, auf<br />

langen Halde, Lange Halde, vor langen Halde, Langenhalde,<br />

bei der Kapelle, Mühltal, in krummen Acker,<br />

Aufzügen.<br />

Blatt XXVII: Kallenberg, an der Burg, Braike, zwischen den<br />

Mühlen, beim Kapelle, Eittingen, Burgstall, Katzenstaigle,<br />

Tannenhart, in der Bitze, im mittleren Oeschle, Aufhöfen,<br />

Mittelwiesen, Schutzengel, Mühlgäßle, am Thalweg, Neue<br />

Wiesen, Brühl, hinter den Mauern, Kressenberg, auf der<br />

Staig, Vogelberg, Aufzügen, Mühlthal, Degelberg.<br />

Blatt XXVIII: Rieden, Oberstetter Weg, Katzensteigle, auf<br />

Tannenhart, Tannenhart, Thalweg, auf der Staig, Vogelberg,<br />

Bahnholz, Harthauser Weg, am Steinhilber Todtenweg,<br />

bei Roßhart Schachen.<br />

Blatt XXIX: Oberstetterweg, Roßartschachen, hinter dem<br />

Bahnholz, Bahnholz.<br />

Blatt XXX: Langehalde, vor langen Halden, Winkelhau, in<br />

Krummenacker, im Winkel, in Aufzügen, in alten Rübteilen,<br />

Hennerstein.<br />

Franziskaner-Hochschule aufgelöst<br />

Sigmaringen. Die Theologisch-Philosophische Hochschule<br />

des Franziskanerordens in Sigmaringen wird wegen fehlenden<br />

Nachwuchses aufgelöst. Die thüringische Provinz der<br />

Franziskaner in Fulda wird in Zukunft ihre Novizen zusammen<br />

mit denen der bayerischen Provinz in München und<br />

in Fulda studieren lassen. Die Hochschule in Sigmaringen,<br />

eine vollgültige Hochschule mit zwei Fakultäten, wurde 1894<br />

in dem damals wiederbesiedelten Franziskanerkloster Gorheim<br />

in Sigmaringen eingerichtet. In ihr haben seither viele<br />

Hundert in Deutschland tätige Franziskaner der thüringischen<br />

Provinz, Japan-Missionare und zahlreiche Ausländer,<br />

darunter Japaner und andere Asiaten, studiert.<br />

Alle Patronatsrechte aufgehoben hat (laut Amtsblatt der<br />

Erzdiözese Freiburg vom 8. März 1967) der Papst Paul VI.<br />

durch Motu proprio vom 13. August 1966. Die hohenzollerischen<br />

Pfarreien, für die bisher die Fürsten von Hohenzollern<br />

und Fürstenberg die Seelsorger präsentierten, unterstehen<br />

also künftig nur noch dem Erzbischof zur freien Verleihung.<br />

Hohenzollerische Mönche und Laien sind aufgeführt in dem<br />

Werk von Klaus Schreiner „Sozial- und standesgeschichtliche<br />

Untersuchungen zu den Benediktinerkonventen im östlichen<br />

Schwarzwald (1964 Kohlhammerverlag. B/Forschungen 31):<br />

Fauler Stephan von Hettingen 1590, 1603 im Kloster<br />

Reichenbach Mönch; entschließt sich katholisch zu bleiben (S.<br />

222). Dietrich von Steinhilben 1343, Laie, ist Vormund<br />

der dementia geb. Bellenstein und ihres Sohnes Hug<br />

von Thalheim (S. 213). Jakob von Steinhilben 1474,<br />

1490, 1509 Prior zum Kniebis (S. 290). Werner von<br />

Steinhilben 1296, Mönch und Kustos im Kl. Reichenbach;<br />

sein Verwandter ist Diemo von Steinhilben 1289<br />

(S. 210). Menloch der Hülwer (urspr. wohl von Steinhilben)<br />

1358 mit Geschwistern Elisabeth und Adelheid, Klosterfrauen<br />

zu Engeltal, und Heinz der Hülwer von<br />

Schenkenzell 1361, 1388; und Dietrich der Hülwer 1388<br />

(S. 213). Pirster Willibald aus Haigerloch (S. 299)<br />

machte 1627 Profess im Kl. Kniebis, hatte in Dillingen studiert,<br />

1628 in Ochsenhausen, 1638 Vikar in Furtwangen, Prior<br />

von Amtenhausen 1647—54, wo er starb. Seine Schwester<br />

Maria Jakobea war Nonne im Kl. Stetten bei Hech. 1644<br />

nach Mones Quellensamml. II. 444. Wilhelm von Ringelstein,<br />

Heinrichs Sohn, ist 1452 zweiter Gatte der Ursula<br />

von Stetten i. R., deren erster Mann Reinhard Maiser<br />

vom Berg 1408—1443 vorkommt (Stammtafel S. 146, 147).<br />

Sauter Fabian von Haigerloch, Konventual in Alpirsbach<br />

1509, Prior 1523; wird 1535 vom Hz. Ulrich von Wirtemberg<br />

durch ein Leibgeding von jährl. 40 Gulden abgefertigt (S. 281<br />

bis 282). Johann von Trochtelfingen (Hohz.) 1307<br />

Konventual in Reichenbach, niederadlig (S. 211). Laut Wappens<br />

ist sein Stammesgenosse Ulrich von Truchtelfingen<br />

(beachte unten!), 1339 Mönch in St. Georgen,<br />

Abt 1347, 1359 abgesetzt, wieder Abt 1364, starb in Rottweil<br />

am 3. März 1368. Er hatte 1365 im Wappen einen stehenden<br />

Teufel wie der Laie Ulrich von Trochtelfingen<br />

1418. Des Abtes Schwestermann war Erkenbold von Ortenberg<br />

1379 (S. 225). Vgl. dazu „Hohz. <strong>Heimat</strong>" 1958, 28! BurkartderZimmerer<br />

(wohl Heiligenzimmern) 1344 Mönch<br />

in St. Georgen, 1379 Propst in St. Marx, stiftet beim Klostereintritt<br />

für sich und seinen Bruder Dietrich, Konventbruder<br />

zu St. Georgen, ein Leibgeding mit Gütern zu Balgheim,<br />

Dürbheim und Zeysenheim (S. 235). Krs.<br />

Blatt XXXI: in Aufzügen, in alten Rübteilen, Neu Wasser,<br />

Schelmenthal, Kressenberg, Vogelberg, Gritter, Buchschorren,<br />

Nussenhäule, Hünenstein, unter Wasser, Rothe<br />

Halde, auf der rothen Halde.<br />

Blatt XXXII: auf der Staig, Vogelberg, Kressenberg, Ziegel -<br />

häule, Grittier, Gmeinenmerk, auf der Sommerau, Langenhag,<br />

im Thäle, am Harthauser Weg, Bahnholz, hinter dem<br />

Bahnholz, im Brand, viereckige Schachen.<br />

Blatt XXXIII: Bahnholz, hinter dem Bahnholz, im Brand,<br />

viereckiger Schachen, vor Süssen, hinter Garbetsrain,<br />

Garbetsrain.<br />

Blatt XXXIV: Buchschorren, Nussenhäule.<br />

Blatt XXXV: Gemeinmerk, Schwarzhülb, auf der Sommerau,<br />

ob der Schwarzhülb, Süssen.<br />

Blatt XXXVI: Vor Süssen, Süssenwald, Garbetsrain, Herrenwäldle,<br />

Hinter Süssen.<br />

Die Flurnamen wiederholen sich, weil die verschiedenen<br />

Blätter wesentliche Ueberschneidungen aufweisen. Es ist beachtenswert,<br />

daß die Schreibweise von Blatt zu Blatt verschieden<br />

ist. Johannes Martin S c h o s e r.<br />

Erdöl wird seit einiger Zeit auch in Hohenzollern aus dem<br />

Boden gepumpt, nachdem seit fast 20 Jahren in der Pfullendorfer<br />

Gegend danach gebohrt wurde. So sieht man im südlichen<br />

Weithart bei Mottschieß und Magenbuch die<br />

gemächlich auf- und abnickenden Pumpen in Tätigkeit. Seit<br />

Januar 1967 begann auch auf Gemarkung Kloster Wald die<br />

Förderung des begehrten Oels aus 900 m Tiefe, während sonst<br />

meist 1500 m tief gebohrt werden mußte. Die Grundstückseigentümer<br />

sollten sich von vorn herein gewisse Prozente<br />

sichern. Krs.<br />

Besitz der Grafen von Zollern in Stetten bei Haigerlocli?<br />

Nach der Zwiefalter Chronik des Mönchs Berthold 1 ) schenkte<br />

die Gräfin Udilhild von Zollern, geborene von Urach (gest.<br />

um 1134) ans Kloster Zwiefalten u. a. „Kelch, Meßgewand und<br />

andere Kirchengeräte, obendrein noch eine Hube in Stetten,<br />

eine in Engstlatt, eine in Hart, eine in Streichen und<br />

zwei in Thanheim". Die Herausgeber der Chronik bemerken<br />

zu Stetten lediglich, es liege in Hohenzollern. Hans Josef<br />

Wollasch 2 ) deutete es als Stetten bei Haigerloch, weil dieser<br />

ganze Ort mit Ausnahme eines Mansus ans Kloster St. Georgen<br />

im Schwarzwald kam, und er einen Mansus als gleichbedeutend<br />

mit Hube oderBauerngut ansah. Auch wollte<br />

er aus dieser Vermutung auf eine Verwandtschaft des St.<br />

Georger Stifters Hesso mit den Zollergrafen schließen. Es<br />

blieb jedoch leere Vermutung, dieser Mansus habe in Stetten<br />

bei Haigerloch gelegen, zumal Rudolf Seigel den Mansus ltdiglich<br />

als „Hofstätte mit Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden"<br />

erklärt 3 ). Daß die Grafen von Zollern ausgerechnet in<br />

Stetten bei Haigerloch begütert gewesen seien, ist eine weitere<br />

unbewiesene Vermutung, wahrscheinlich erschlossen aus<br />

der irrigen Gleichsetzung der alten Grafen von Haigerloch-<br />

Wieseneck mit den Zollergrafen. Neuestens hat Hansmartin<br />

Schwarzmaier 4 ) die These Wollaschs wieder aufgegriffen und<br />

sie als „sorgfältige Beweisführung" bezeichnet. Ich selbst vermutete<br />

5 ) im fraglichen Stetten die Stiftung Udilhilds von<br />

Zollern das Dorf Stetten unter Zollern, wo natürlich<br />

dieser Mansus später mit ziemlicher Sicherheit ans jüngere<br />

Frauenkloster Stetten gekommen sein dürfte. Es stehen<br />

also Vermutung gegen Vermutung, wobei sicherlich<br />

die Grafen von Zollern eher in Stetten bei Hechingen<br />

bzw. unter Zollern, als bei Haigerloch, dem alten Gebiete der<br />

Haigerlocher Grafen, begütert gewesen sein werden! Schwarzmaier<br />

konnte sich nun nicht versagen, am angegebenen Ort<br />

zu bemerken, meine kritischen Notizen zu Wollachs Buch<br />

„gingen an dessen eigentlichem Anliegen völlig vorbei und<br />

erweckten den Anschein, es handle sich hierbei um eine in<br />

vielen Fällen anfechtbare besitzgeschichtliche Untersuchung;<br />

das tatsächliche Thema bleibe davon unberührt". Dies klingt<br />

merkwürdig, da laut Ueberschrift meines Aufsatzes mir das<br />

Anliegen Wollachs völlig nebensächlich war. Es ging nur<br />

um die Festlegung oder Lokalisierung des<br />

St. Georger Klosterbesitzes. Man kann sich des<br />

Eindrucks nicht erwehren, als ob es Schwarzmaier ungelegen<br />

kam, daß ein gewöhnlicher „Kärrner", und nicht ein approbierter<br />

„Doktor", zu diesen besitzgeschichtlichen Fragen Stellung<br />

genommen hatte. J. A. Kr aus.<br />

A merkungen: i) König-Müller, Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und<br />

Bertholds, Stuttgart 1941, S. 171. 2) Hans Josef Wollasch, Die Anfänge des<br />

Klosters St. Georgen im Schwarzwald, Freiburg 1964, S. 15, Anmerkung 52, und<br />

S. 65 u. 75. 3) Zeitschrift f. Hohenzollerische Geschichte 1966, S. 10. 4) Ebenda.<br />

S. 30. 5) Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 112, 1964, 533 f.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 47<br />

Die Funde vom Gammertinger Alten Schloß an der Fehla<br />

(12. Jh.), die bei den Ausgrabungen der letzten Jahre zutage<br />

gekommen waren, haben ausnahmsweise wegen ihrer Seltenheit<br />

auch einen hohen materiellen Wert gezeitigt. Es handelt<br />

sich um sechs aus Bein geschnitzte Schachfiguren und<br />

fünf Spielsteine mit Tierdarstellungen, die vom Gemeinderat<br />

um 25 000 DM an das Württembergische Landesmuseum<br />

verkauft worden sind. An sich einfach gestaltet, gehören<br />

sie wegen ihres historischen Wertes in ein großes<br />

Museum, wo auch die notwendigen Sicherungsmaßnahmen<br />

getroffen sind, wie sie die Stadt Gammertingen niemals bieten<br />

könnte. Sie begnügt sich mit Kopien, die übrigens von den<br />

Originalen kaum zu unterscheiden sind! Krs.<br />

Wanderschulmeister<br />

Im Jahre 1768 wurde zu Ringingen (Hohz.) ein Johann<br />

LeonhardRupprecht aus Augsburg, ein „vagabund<br />

u s", als Schulmeister angenommen, der bis 1771 hier blieb.<br />

Die Bezeichnung vagabundus im Kirchenbuch bedeutet aber<br />

beileibe nicht Vagabund oder Landstreicher, sonder „Herumziehender"<br />

(nämlich Krämer und Schulmeister). Auch der 1725<br />

bis 1732 in Ringingen tätige Schulmeister und Krämer Thaddäus<br />

Seltner aus Geislingen bei Balingen erscheint dann<br />

als Lehrer im Killertal. Er war also ebenfalls ein „Wanderer".<br />

Solche Wanderschulmeister sind schon im Jahre 1517 in der<br />

Waldshuter Gegend nachzuweisen und haben im ganzen<br />

Lande mit Prospekten für sich geworben, also sich angetragen,<br />

die Bildung zu mehren. Ein derartiger Prospekt aus der<br />

Hand keines Geringeren als Holbeins des Jüngeren<br />

ist noch in Basel erhalten. Darin erbot sich einer: „falls jemand<br />

hier wäre, der gern weit lernen dütsch schriben und<br />

läsen", dazu Anleitung zu geben und versprach, „daß jeder<br />

drüwlich gelert wirt, allerdings umb ein zimblichen (agemessenen)<br />

Lon". In Waldshut war ein Großteil der Bevölkerung<br />

damals (1517) von den Lehrern nicht sehr begeistert. Die Einwohner<br />

sagten: „Die Schuelmaister, die dahie dütsch leren<br />

und allerhand Zeüg, sind wol guet für die patrizischen (vornehmeren)<br />

Leut. Unsereins aber soll zu sehen, daß die Kindt<br />

arbaiten lernen, das Handwerk begriffen und in der Kirch<br />

ufpassen. Wir bruchen kaine Schuelmeister. Auch die Kosten<br />

sind zu vill." Der gleichen Ansicht waren manche Waldshuter<br />

noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Lehrer längst<br />

nicht mehr wanderten: „Wozu brauchen wir soviele Lehrer.<br />

Sie kosten nur viel Geld. Sie züchten Intelligenz, die gefährlich<br />

werden kann!"<br />

Da die herumziehenden Schulmeister meist nicht lange am<br />

Ort zu bleiben pflegten, ist über sie auch nicht viel aufgeschrieben.<br />

In Ringingen kann man einen eingeborenen Lehrer<br />

erst seit 1701 nachweisen, darf jedoch annehmen, daß schon<br />

vorher schreibkundige Leute, vielleicht Wanderer, ihre Kunst<br />

gelehrt haben. Wenigstens konnten 1666 immerhin einige<br />

Männer, wenn auch nicht alle, nachweisbar ihren Namen<br />

schreiben. Krs.<br />

Salmendinger Inschrift: Auf dem linken Seitenaltar der<br />

Pfarrkirche, der 1750 vom Ringinger Schreiner Joseph Neser<br />

geschaffen wurde, und ein Gemälde „Josephs Tod" von Franz<br />

Jos. Spiegier von 1752 zeigt, sieht man eine vom Kunstdenkmälerwerk<br />

nicht beachtete Inschrift: „ex Inslgnl benefICIo<br />

Iosephl Dieter CaVponls agnl et Marlae annae relnln<br />

Vxorls eIVs" d. h. Aus besonderer Wohltat des Lammwirts<br />

Joseph Dieter und seiner Gattin Maria Anna Reinin". Das<br />

Merkwürdige ist, daß die römischen Zahlbuchstaben, die<br />

groß gemalt sind, zusammengezählt weder das Jahr der<br />

Entstehung des Altars, noch des Bildes, sondern 1 7 3 0 ergibt.<br />

Wer kann dieses Rätsel erklären? Handelt es sich um ein<br />

Versehen, wie bei der Inschrift auf dem Grabkreuz des<br />

Ringinger Pfarrers Johann Bapt. Maria Bitzenhofer, der am<br />

Melchinger Kirchturm begraben liegt? Dort ist das Geburtsjahr<br />

irrig mit 1669, statt richtig 1699 angegeben! Bei größeren<br />

Arbeiten mit hunderten von Namen und Zahlen sind Versehen<br />

sehr leicht möglich, was unerfahrene Leser oft übel<br />

nehmen. So z. B., wenn einmal in Ringingen der Meistertitel<br />

ungewollt vom Flaschner B. Maier auf den Zimmermann<br />

A. Hochsticher hinüberrutschte, oder wenn dem Setzer aus<br />

„Eselein" einmal lächerliche „Eseleien" wurden!<br />

Berichtigung: Gerne teilen wir den geneigten Lehern mit,<br />

daß laut freundlicher Mitteilung des Statistischen Landesamtes<br />

die neuesten Karten 1 :25000 seit 1947 auch wieder<br />

auf Blatt Trochtelfingen die Namen Haid und Hintere<br />

Burg (d. i. die neuentdeckte H a i d b u r g der vorigen Nummer)<br />

verzeichnen, was in den früheren Ausgaben nicht der<br />

Fall gewesen war.<br />

Kraus<br />

Vilsingen und Inzigkofen<br />

An Zinstag vor Maria Reinigung (Jan. 29) des Jahres 1499<br />

urkundete Graf Jörg von Werdenberg über eine Tagsatzung:<br />

Amtmann, Richter und Gemeinde Vilsingen klagten gegen die<br />

Bauernschaft zu Inzigkofen: Wiewohl Trieb und Tratt und<br />

Waidgang in der Schlichten, der Speck und dem Wylerholz<br />

ihnen und dem Dorf zustehen und sie diese mit ihrem Vieh<br />

beschlagen und genossen haben, so unterstehen sich die Inzigkofer,<br />

mit ihrem Zug- und Herdenvieh auch darein zu treiben.<br />

Inzigkofen antwortet: Sie und ihre Vorfahren hätten mit<br />

Zug- und Herdenvieh in der Schlichten, vor dem Sunderhart<br />

hinaus gen Kalchbrunnen, in der Oespan und im Wylerholz<br />

allweg gehalten und vermeinen, daselbst Trieb und Tratt zu<br />

haben. Vilsingen entgegnet: Die Inzigkofer seien nur gelegentlich<br />

mit ihrem Zugvieh in das Wylerholz gefahren, aber nur<br />

mit Vilsinger Erlaubnis und niemals mit dem Herdenvieh.<br />

Trieb und Tratt gehörten nur den Vilsingern. Nach Verhörung<br />

der Kundschaft und gepflogenem Rat fällte der Kommissar,<br />

nämlich der Sohn des Grafen Jörg, Christoph Graf zu Werdenberg,<br />

das Urteil: Die Inzigkofer müssen mit ihrem Herdenvieh<br />

die Vilsinger an ihrem Trieb und Tratt in der<br />

Schlichten, der Speck und Wylerholz ungeirrt lassen. Mit dem<br />

Zugvieh dürfen sie aber den Espan, an der Schlichten hinunter,<br />

durch das Wylerholz hinaus gen Kalchbrunnen einen<br />

Triebweg haben, doch nicht darin Halt machen. (Staatsarchiv<br />

Sigmaringen; ungenau im Fürstenbg. Urkb. 7, 191; Der Kalchbrunnen<br />

dürfte wohl das Kriesenlochbrünnele sein? Krs.<br />

Die Frühjahrsstürme im Februar und März haben auch in<br />

Hohenzollern in Wäldern größten Schaden verursacht. Die<br />

Gemeinde Gammertingen beziffert das Sturmholz auf 5000<br />

Festmeter in den Abteilungen Gamenloch, Keckental, Wiedenhau,<br />

Offenberg und Herdle.<br />

Mit Hätzen, Käuzen und Leimruten durfte man einst im<br />

Zollerischen den Vögeln nachstellen (Hohz. JHeft 1964, 203).<br />

Bergemann sagt dazu: „Die Bedeutung des Ausdruckes Hätzen<br />

ist fraglich. Es kann sich um eine besondere Jagdart, aber<br />

auch um eine Beizvogelart handeln." Letzteres dürfte wohl<br />

gemeint sein, da man in der Mundart unter Hätzen die<br />

Elstern (Pica) versteht.<br />

Gocke(n)hea(n)le heißen in Ringingen die rot und später<br />

blau blühenden Waldpflanzen der Platterbse (Latyrus).<br />

Nach H. Fischers Schwäb. Wörterbuch werden mit diesem<br />

Namen in Schwaben noch eine ganze Reihe erbsenähnlicher<br />

Pflanzen belegt. Warum gerade „Gockel und Hühnle"?<br />

Wegen der beiden Farben? Krs.<br />

K. II. Kiesinger, der Bundeskanzler, stammt aus einer<br />

Mischehe in Ebingen. Seine Ahnen gehen nach dem nahen,<br />

protestantischen Tieringen zurück. Sprachlich dürfte der<br />

Name Kiesinger mit dem Ort Kissingen zusammenhängen,<br />

oder mit dem Dorf Gisingen, dem heutigen Geisingen.<br />

An das<br />

Postamt<br />

in


48 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

Grimeus Jakob, nicht Primeus, steht tatsächlich 1581 in den<br />

Matrikeln der Universität Freiburg für den Veringer<br />

Studenten. Das ist natürlich verhört für Grineus, Griner,<br />

heute Gröner (Matrikel hgg. von J. Mayer I, 590 Nr. 8 und<br />

Hohenz. <strong>Heimat</strong> 1967, 10). H. H. Josef Schülzle aus Burladingen<br />

in Köln hat auf den vermutlichen Irrtum hingewiesen,<br />

und das Universitätsarchiv bestätigte den Flüchtigkeitsfehler.<br />

Krs.<br />

Kätene Oefen<br />

Kingingen. ..Kätene Oefen bleiben länger warm, als eiserne",<br />

pflegten die Alten zu sagen. In vielen Stuben standen<br />

große Kastenöfen aus gegossenen Platten, in anderen dagegen<br />

Kachelöfen, eben „k ä t e n e". Die Gauselfinger Häfner Klaiber<br />

haben noch vor wenigen Jahren solche selbst hergestellt,<br />

die Kacheln gebrannt, einige sogar mit dem hiesigen Ortswappen<br />

geschmückt, und dann kunstvoll mit Lehm aufgebaut.<br />

Was soll nun der Name kätene Oefen? Nach H.<br />

Fischers Schwäbischem Wörterbuch liegt das mittelhochdeutsche<br />

Wort k a t zugrunde, das verwandt ist mit dem<br />

norddeutschen Kot, und soviel bedeutet wie Dreck, Lehm,<br />

ja selbst Exkremente. Der Name stammt also aus einer Zeit,<br />

als die Oefen noch ganz aus Lehm hergestellt wurden. Das<br />

Wort Ofen selbst hieß im Althochdeutschen o v a n, angelsächsisch<br />

ofen. Es hat viele Verwandte in der indogermanischen<br />

Sprachsippe und bedeutet eigentlich, der altertümlichsten<br />

Form des Ofens entsprechend, Hafen oder Topf, der<br />

ja ursprünglich auch nur aus Lehm geformt war. Als letzte<br />

Erinnerung daran erscheint noch auf den Oefen des 16. Jahrhunderts<br />

ein kuppeiförmiger Aufsatz ähnlich einem umgestülpten<br />

Hafen. Im Schwarzwald war bis vor kurzem als<br />

Teil des Ofens eine Art Bank sehr beliebt, die miterwärmt<br />

wurde und den Namen „K u n s t" führte. Die Bedeutung<br />

dieses Wortes ist umstritten. Vermutlich bedeutet es „kunstvoll<br />

gebaut." Krs.<br />

Inzigkofen und Kalkofen haben angeblich mit Hof und<br />

Ofen nichts zu tun (Zeitschr. für Hohz. Gesch. 2, 1966 S. 246<br />

unten). Dies klingt nicht recht glaubhaft und hätte bewiesen<br />

werden sollen. Denn Kalkofen erinnert doch viel zu stark an<br />

einen Brennofen für Kalk, und Inzigkofens älteste Form lautete<br />

nach Ansicht der Namenforscher Inzing-hofen, war<br />

also eigentlich ein -Ingenort. Was eine „Kufen-(Einschnitt)<br />

-Rodung" sein soll, bleibt schleierhaft. Der häufige Name Espan,<br />

Aispen o. ä. wurde an dieser Stelle schon als E-spann<br />

erklärt (nach Schnetz), d. h. es bezeichnet einen Platz in Ortsnähe,<br />

auf dem rechtmäßig das Vieh „gespannt" (oder<br />

leicht an den Vorderfüßen gefesselt) und geweidet werden<br />

darf. Krs.<br />

Wer verschenkt ältere Nummern der „HOHENZOLLERI-<br />

SCHEN HEIMAT" an interessierten Historiker? Jede Nummer<br />

ist willkommen. Adresse: Werner Häberle, 78 Freiburg-<br />

St. Georgen, Am Dorfbach 28.<br />

BESTELL-SCOEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug<br />

durch die Post Stück „Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>",<br />

Verlagspostamt Gammertingen, zum halbjährigen Be-<br />

zugspreis von DM 1.40.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bzw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um<br />

deutliche Schrift wird gebeten.<br />

Berichtigungen zu H. H. 1967 Seite 17, Zeile 20 von unten:<br />

1012—1080. Zeile 15 v. u.: Die fünf Sternchen bei den Grafennamen<br />

sind irrig stehen geblieben, trotz der Korrektur durch<br />

den Verfasser. Es sollten Kreuzchen sein, also Todesjahre<br />

anzeigen. Seite 21 links: Heinrich von Haidek vermittelte 1240<br />

zwischen Kl. Weißenau (nicht Reichenau). Seite 26 Mitte<br />

links: Almandgasse (nicht Aland-). Seite 26 Mitte rechts Halde<br />

(nicht Hilde). Seite 27 links: Mettelhans Schwelher. Daselbst<br />

Zeile 33: „also genannt". Seite 18 Mitte links: Gattin Judith<br />

864 (nicht 1864). Seite 18 Zeile 16 v. u.: Im Zwiefalter Nekrolog,<br />

wenigstens in der Ausgabe der Monumenta Germaniae,<br />

stehen allerdings viele auswärtige Wohltäter und Freunde des<br />

Klosters, dabei unterm 21. Februar das Gedächtnis des Grafen<br />

Berthold von Hätingen, aber kein Wort davon,<br />

daß er „hic sepultus", d. h. in Zwiefalten begraben sei. Es<br />

muß ein Irrtum vorliegen! Zudem ist diese Angabe der Zimmernschen<br />

Chronik für die Frühzeit mit größter Vorsicht aufzunehmen.<br />

Dies ist der Grund, weshalb bisher niemand auf die<br />

originelle Hypothese kam, Graf Berthold von Hätingen sei ein<br />

Sproß des Gammertinger Grafenhauses gewesen. Im Uebrigen<br />

sind die Forschungen sehr zu begrüßen, damit man endlich<br />

über die im Hohz. Jahresheft 1950, S. 145 fg. gebotenen<br />

Ausführungen hinauskommt!<br />

Anmerkung zur Berichtigung<br />

.. Der Nekrologeintrag: Graf Berthold von Hettingen „hic<br />

sepultus" wurde zitiert nach H. M. Maurer, „Die hochadeligen<br />

Herren von Neuffen und Sperberseck im 12. Jahrhundert"<br />

(Zeitschrift für Württ. Landesgeschichte 1966). Maurer gibt<br />

als Quelle an: Necr. I. 245. Es ist richtig, daß die Angaben<br />

der Zimmerschen Chronik für die Frühzeit mit Vorsicht zu<br />

betrachten sind. Hier handelt es sich aber offensichtlich um<br />

einen Augenzeugenbericht des Chronisten über die alten<br />

Adelsgräber, die im 16. Jahrhundert in Zwiefalten zu sehen<br />

waren. Wie käme er sonst z. B. auf den Grafen Arnold von<br />

Gammertingen, der vom Chronisten Berthold ein einziges Mal<br />

in einem Nebensatz erwähnt wird (Zimmersche Chronik Barack<br />

221; 23).<br />

Nachdem Berthold von Hettingen wegen des Löwenwappens<br />

nicht mit Berthold von Neuffen identisch sein kann,<br />

war die Idee, ihn einer anderen Familie zuzuordnen, keineswegs<br />

originell. Kraus hat schon 1950 versucht, ihn mit Berthold<br />

von Ronsberg gleichzusetzen (Hohenz. Jahreshefte 1950).<br />

Da der Ronsberger aber nicht in Zwiefalten, sondern in Ottobeuren<br />

begraben wurde, kann auch er nicht Berthold von<br />

Hettingen sein. Nachdem es seit Adalbert I. von Gammertingen,<br />

Hettingen und Achalm eine Hettinger Grafenlinie gab,<br />

lag es nahe, Berthold dieser Familie zuzuordnen. Auch das<br />

Wappen (Hettingen roter Löwe in Gold, Gammertingen<br />

blauer Löwe in Silber) drängt diese Verbindung geradezu<br />

auf.<br />

Baldenstein<br />

In dieser Zeitschrift wurde schon öfters nach der Lage von<br />

Baldenstein gefragt. Der Zwiefalter Chronist Berthold berichtet,<br />

daß die Nonne Adelheid, eine Tochter des Grafen Ulrich<br />

(II.) von Gammertingen, dem Kloster 4 Huben und eine Mühle<br />

in Baldenstein schenkte. Das war das halbe Dorf. Die andere<br />

Hälfte des Dorfes, 6 Huben, schenkte Gepa von Dietfurt.<br />

Nach Sulger soll Baldenstein zwischen Inneringen und Jungnau<br />

gelegen haben. Auf den Markungen Inneringen, Hochberg<br />

und Jungnau gibt es jedoch nicht den geringsten Anhalt<br />

für einen Flurnamen Baldenstein. Baldenstein findet man<br />

aber in allernächster Umgebung, nämlich auf Markung<br />

Veringenstadt. Hier gab es noch lange Zeit einen Baldensteiner<br />

Hof. Zusammen mit einigen anderen Höfen bildete<br />

er den Weiler Veringerfeld, der zur Pfarrei Deutstetten gehörte.<br />

Der Weiler erstreckte sich südlich der Straße Veringenstadt—Inneringen<br />

auf der Höhe bis zur Markungsgrenze<br />

Inneringen. In den „Kunstdenkmälern Hohenzollerns" (Bd.<br />

II S. 389) heißt es: „Baldenstein. Abgegangener Hof auf der<br />

Höhe links über dem Tal. 1329 erhält Graf Heinrich von<br />

Veringen den Hof vom Kloster Zwiefalten auf 6 Jahre Nutzung."<br />

Hier ist also nicht nur der Name, sondern auch der<br />

Zwiefalter Besitz erwähnt. Zur Zeit der Schenkung war Baldenstein<br />

ein stattliches Dorf mit 10 Huben und einer Mühle<br />

und 1329 nur noch ein Hof. Was ist in der Zwischenzeit vor<br />

sich gegangen? Allem Anschein nach, sind die Bewohner von<br />

Baldenstein im Anfang des 13. Jahrhunderts in die neugegründete<br />

Stadt Veringen gezogen, ebenso wie die Bewohner<br />

von Deutstetten, Trebstetten und anderer kleiner<br />

Weiler und Höfe in der Umgebung. Von dem Platz, wo Baldenstein<br />

stand, zieht sich ein Trockental zur Lauchert<br />

herunter. Hier bei der Jungeies Wies (Neue Volksschule von<br />

Veringenstadt) dürfen wir die Baldensteiner Mühle vermuten.<br />

Sicherlich mußte sie dem Stadtbau weichen und bekam eine<br />

Nachfolgerin in der Veringer Stadtmühle. Dr. Burkarth


HohenzoDerisehe <strong>Heimat</strong><br />

Vierteljahresblätter für Schule und Haus<br />

Schriftleitung:<br />

Fritz S c h o d e r, Hauptlehrer<br />

7451 Rangendingen, Mühlweg 22<br />

4 P 3828 F<br />

Preis halbjährlich 1.40 DM<br />

Druck und Verlag:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15<br />

Nummer 4 Gammertingen, Oktober 1967 j17. Jahrgang<br />

Vergangen ist des Sommers hohe Zeit. Die wogenden Fruchtfelder<br />

harrten unter brütender Sommerhitze der Ernte. Erwartungsvoll<br />

sah der Bauer wie seit eh und je derselben entgegen.<br />

Aber wie ganz anders ist heute ihr Vollzug und ihr<br />

Verlauf gegenüber früher. Die Wirtschaftsform im Getreideanbau<br />

blieb zwar dieselbe; die Dreifelderwirtschaft hat sich<br />

trotz des Zeitenwandels erhalten und der Anbau von Weizen,<br />

Gerste und Hafer (bzw. Mischfrucht) in einem Winter-<br />

Sommer-Brachösch wechselt auf unserer Ackerflur in derselben<br />

Folge wie vor Jahrhunderten. Zwar ist der Brachösch<br />

mit Klee und anderen Futterpflanzen, mit Kartoffeln,<br />

Rüben und vereinzelt auch mit Ackerbohnen bebaut. Die<br />

einst gelbblühenden und honigduftenden Rapsfelder und die<br />

blaublühenden Flachsfelder sind verschwunden, desgleichen<br />

hat das Korn (Dinkel), das uns früher so gutes Brot, Küchle<br />

und Bauernspätzle lieferte, dem ertragreicheren Weizenanbau<br />

weichen müssen.<br />

Nachstehende Ausführungen über den Ablauf der Ernte in<br />

früherer Zeit sollte nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit<br />

wachrufen, sondern in einem Beitrag den grundlegenden<br />

Wandel in allen Lebensbereichen zur Industrieund<br />

Massengesellschaft mit aufzeigen. Noch vor Jahrhunzehnten<br />

war Rangendingen ein Kleinbauerndorf. Die Existenzgrundlage<br />

seiner Bewohner bildete in der Hauptsache<br />

der Ackerbau und die Viehzucht. In Ermangelung landw.<br />

Maschinen und motorisierter Zug- und Transportmittel war<br />

der bäuerliche Mensch auf seine eigene Arbeitskraft und auf<br />

die seiner Zugtiere angewiesen. Zwischen ihm, seinem Grund<br />

und Boden, der Natur und dem Herrgott bestanden sehr<br />

enge Beziehungen und die Ernte, die die Ernährung sicherte,<br />

war ein großes gemeinsames Anliegen unserer Bevölkerung.<br />

In einer gewissen Ruhepause zwischen Heuet und Ernte<br />

trafen unsere Väter vielseitige und umfangreiche Erntevorbereitungen.<br />

Zunächst mußte auf dem Fruchtbarn Platz<br />

für die neue Ernte geschaffen werden. Die Mäh- und Erntegeräte<br />

waren auszubessern und teilweise durch neue zu ersetzen.<br />

Das Schneiden der Wieden und diese zum Binden<br />

bereit zu machen, nahm einige Tage in Anspruch. Im Walde<br />

suchten die Bauern schlanke Laubholzschößlinge, schnitten<br />

sie mit dem „Häple", banden sie in Büscheln und ersetzten<br />

damit die fehlenden Garbenbänder. Bereits gebrauchte vom<br />

Vorjahr wurden zum Weichmachen ins Wasser oder in die<br />

Jauchegrube gelegt, damit sie geschmeidig und biegsam wurden.<br />

Im Schopf oder in der Scheune, wo es kühl und schattig<br />

war, saßen die Bauern und machten die frischen Wieden<br />

bindebereit. Das „Knitten" derselben war eine interessante<br />

Tätigkeit und erforderte Geschick und Erfahrung. Stückweise<br />

abgezählt und in Büscheln gebunden standen sie dann<br />

für die Ernte griffbereit. Auch das zum Binden erforderliche<br />

Schaubstroh, das angenetzt auf den Acker gebracht wurde,<br />

wurde bereitgelegt. Hiervon nahm man zum Binden jeder<br />

Garbe einen Wisch und befestigte diesen am oberen Ende der<br />

Wiede, um den der „Wiedboten" gedreht und dann untergeschoben<br />

wurde. Der Schwiebel zum Aufziehen der Garben<br />

durchs „Obadaloch" war zu schmieren und in Ordnung<br />

zu bringen. Ferner waren die Leiterwagen aufzubauen und<br />

leicht gangfähig zu machen und die Gatter, das Spannseil,<br />

die Wellen und Wagentücher wurden angebracht und auf<br />

einwandfreien Gebrauch überprüft. Sogar das Wasserfäßchen<br />

(Lägel) fand unter dem Hinterteil des Wagens seinen Platz.<br />

Für einen einwandfreien Ablauf der Ernte mußte noch an<br />

vieles gedacht werden, wenn man „Unterhäspei" vermeiden<br />

wollte. Kurz vor der Ernte überprüften die Bauern ihre<br />

Fruchtäcker auf Schnittreife. Nach ortsüblicher Bekanntgabe<br />

durch Schellenruf waren die Gewandwege zu öffnen, damit<br />

Die Ernte in früherer Zeit<br />

jedermann ungehindert und ohne Schaden zu verursachen zu<br />

seinem Acker gelangen konnte, und der Feldschütz hatte<br />

darüber zu wachen, daß die alten Ueberfahrtsrechte gewahrt<br />

blieben. Mit Beginn der Ernte zogen schon am frühen Morgen<br />

Männer, Frauen und Jugendliche mit geschärften Sicheln und<br />

mit dem Wetzgeschirr umgürtet zum Schneiden des Brotgetreides<br />

aus. Den Haushalt und den Stall versorgten vielfach<br />

alte Leute und größere Kinder und um die Mittagszeit brachte<br />

man den Schnittern auf weit vom Dorfe abgelegene Aecker<br />

in Körben das Essen und frischen Trank. Mit geübter Hand<br />

wurde die Frucht mit der Sichel geschnitten und jeder armvoll<br />

Getreide in „Sammelten" sorgfältig auf den Acker ausgebreitet,<br />

und oft erst am Abend kehrten die Schnitter müde<br />

und von der Sonne und Hitze fast wie ausgedörrt, aber über<br />

das geleistete Tagwerk, einen Acker geschnitten zu haben,<br />

erfreut, nach Hause. Wenn dann Vater und Mutter zu Hause<br />

einen einigermaßen geordneten Haushalt und einen versorgten<br />

Stall antrafen, ohne noch groß Hand anlegen zu müssen,<br />

waren sie sichtlich erfreut.<br />

Reges Leben herrschte auf den Aeckern beim Binden und<br />

Einbringen der Garben. Mancher Kleinbauer wartete mit<br />

Sehnsucht auf die ersten Garben, besonders dann, wenn der<br />

Mehltrog leer war, und der Fruchtvorrat keine „Mühlefahrt"<br />

mehr gab. In solchen Fällen wurde zum Flegel gegriffen, um<br />

die fehlende Fruchtmenge durch Dreschen oder „Abbausen"<br />

zu gewinnen, denn Mehl und Brot brauchte man in den<br />

Hauptarbeitszeiten in jedem Haushalt mehr als sonst, weil<br />

das oft mehrere Tage hintereinander ausgefallene Mittagessen<br />

durch das Vesper ersetzt werden mußte. Jeder kleinbäuerliche<br />

Betrieb bot für das Einbringen der Ernte — nur<br />

größere Betriebe hatten Knechte oder Mägde oder vorübergehend<br />

eingestellte Erntehelfer zur Verfügung — die gesamte<br />

Mannschaft auf; auch die Kinder mußten sich hierbei,<br />

manchmal über ihre Kräfte hinaus, irgendwie nutzbar<br />

machen. Mit Sicheln wurde die Frucht von den „Sammelten"<br />

in die bereitgelegten Wieden eingetragen und von den Bindern<br />

mit dem Bindnagel zu Garben geknüpft. In der Zwischenzeit<br />

wurden die Zugtiere eingespannt und die Leiterwagen<br />

fahrbereit gemacht, die Zugtiere mit Bremsenöl anzustreichen<br />

durfte so wenig vergessen werden als das Grastuch,<br />

das an der Leiter hing, in dem Essen und Getränke<br />

für die auf dem Acker Beschäftigten in Gras oder Klee möglichst<br />

frischhaltend verstaut war. Wagen an Wagen, schwer<br />

beladen oder leer, rollten über die Straßen und Feldwege<br />

feld- oder heimwärts. Die gebundenen Garben wurden auf<br />

dem Acker gezählt und zu Hause im Bauernkalender aufgeschrieben<br />

und dann sorgfältig auf den Wagen geladen,<br />

„Gleg" um „Gleg". Das Spannen der Wagenladung mit dem<br />

Wiesbaum war eine sehr wichtige Tätigkeit, denn es ging<br />

oft über holperige und einseitig abhängende Feldwege und<br />

nicht selten mußten die Garbenwagen bei der Ausfahrt vom<br />

Acker in den Fahrweg mit Gabeln gestützt werden — man<br />

mußte „Draheba" —, damit sie nicht umfielen. Das „Umkeien"<br />

war ein sehr unliebsamer, hemmender und nicht selten vorkommender<br />

Zwischenfall. Als man noch keine „Bohle" - breite<br />

Rechen - hatte, mußten die Kinder die zurückgebliebenen<br />

Halme und die abgefallenen Aehren sauber auflesen, denn<br />

ehrfürchtig achtete man die Frucht als Gottesgabe. Zwei<br />

zusammengekoppelte Wagen schafften die Zugtiere vom „Judenwinkel"<br />

über das Lindach und die Steigung vom Bruckbach<br />

herauf meistens nicht, weshalb letzterer an Steigungen<br />

abgehängt und nachgeholt werden mußte, was den Arbeitsablauf<br />

unliebsam störte. Wenn wir auf der Heimfahrt auf<br />

den Erntewagen sitzen durften, freuten wir uns besonders.<br />

Auch das verlängerte Wagenbrett (Schnätter) bot besonders


50 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

für ältere Leute ein willkommene Sitzgelegenheit, denn der<br />

Weg zum und vom Feld wurde zu Fuß gemacht, wenn keine<br />

Gelegenheit zum Aufsitzen war. Das Entladen der Garbenwagen<br />

war im Gegensatz zu heute sehr mühsam und zeitraubend.<br />

Das Anschlagen der Garben war Kinderarbeit und<br />

es war sehr ärgerlich, wenn der Vater, der die Garben auch<br />

mit hochzog, abnahm und ordnungsgemäß barnte, heruntersteigen<br />

und eine aufgegangene Garbe wieder binden mußte.<br />

Wenn das Korn eingebracht war, wurde die Sommerfrucht<br />

geerntet. Die Gerste, wenn sie aufrecht stand, wurde zunächst<br />

noch mit der Sichel geschnitten, denn sie galt im weitesten<br />

Sinne noch als Brotfrucht, während der Hafer mit dem<br />

„Schwoirer", bei Lagern auch mit der Grassense gemäht<br />

wurde. Mit dem Einheimsen der Sommerfrucht ließen sich<br />

die Bauern Zeit.<br />

Nach Beendigung der Ernte wurde „Sichelhenke" gehalten.<br />

In jedem Haushalt buk man zahlreiche „Beeten" und wohlschmeckende<br />

Küchle und im engen Familienkreis gab es<br />

zudem auch rote Würste für die Kinder, die tatkräftig in<br />

der Ernte mitgeholfen hatten. Die „Sichelhenke" wurde vom<br />

Gemeindebäcker bestimmt, und mit selbstgebackenen „Beeten"<br />

wurde im Wirtshaus bei fröhlicher Unterhaltung, bei<br />

Gesang und Tanz dieser ereignisreiche Tag gemeinsam gefeiert.<br />

Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Dank an den<br />

Herrgott im Gottesdienst öffentlich und sinnvoll zum Ausdruck<br />

gebracht.<br />

Ich überlasse es dem Leser, die Ernte als hochwichtige<br />

bäuerliche Tätigkeit einst und jetzt vergleichend zu betrachten.<br />

Der einschneidende Wandel, der sich auch auf diesem<br />

Gebiet vollzogen hat, hat auch sein Für und Wider und<br />

darf nicht nur nach materiellen Gesichtspunkten gesehen<br />

werden. L. H.<br />

Vorstehender Bericht dürfte von überörtlicher Bedeutung<br />

sein. Interessanterweise hatte man auf der Alb, z. B. in<br />

Ringingen (also nur ca. 25 km von Rangendingen entfernt)<br />

zum Teil andere Fachausdrücke. Das Knitten der Wieden hieß<br />

man K1 e (n) k a. Den Ausdruck Wiedboten hörte ich nie.<br />

Der Schwiebel heißt bei uns Lotterer, das Obadaloch da-<br />

gegen Oberta-Loch. Haigätter kannte man seit 1910, die<br />

man auch für Fruchtwägen benutzte. Wagentücher waren unbekannt<br />

und der B i e s b o m (Wiesbaum) hatte sich nur in<br />

der Erinnerung erhalten. Die Lägel mit dem Spunden und<br />

dem Rairle zum Trinken war allgemein im Gebrauch (griech.<br />

lagynos = Flasche; lat. lagella = Fäßchen). Unterhäspei war<br />

unbekannt. Gewannwege-öffnen nannte man Eschweag<br />

a u f t o a. Mit Sicheln wurde in Ringingen um 1910 nicht<br />

mehr geerntet, sondern nur noch gelegentlich Brennesseln<br />

und ähnliches Unkraut an Gartenzäunen geschnitten. Die<br />

Sichel war ersetzt durch die S ä a g e s s, den Wetzstein trug<br />

man imStoifuetter oder K u m p f. Alles Getreide schnitt<br />

man mit dem Habergeschirr (Name nachweisbar seit<br />

1780) und legte es gleich in Maden ab. Diese wurden nachher<br />

durch „Aufziehen" mittels Holzrechen gehäufelt und die<br />

Häufchen mit den Armen in die Wieden oder S o i 1 e „angetragen"<br />

und dann gebunden. „Sammelten" kannte man<br />

nicht. B außen (= Stoßen, Schlagen, vgl. Amboß) hieß das<br />

Abschlagen der Aehren der ungeöffneten Garben, wenn man<br />

dringend Saatgetreide oder Brot brauchte. B i (n) d n ä g e 1<br />

waren lange außer Gebrauch, lagen aber noch in Scheuern<br />

herum. Statt dem Grastuch, das viereckige mit 4 langen Bändeln<br />

zum Futtergrasholen diente, bediente man sich des<br />

O (n) s e r s oder Brotsacks, in dem Brot, Rauchfleisch, Käse,<br />

Gsälz, Most, Bier und teils auch Milch in Zwieselhäfen oder<br />

Flaschen ihren Platz fanden. Statt mit dem Wiesbaum spannte<br />

man nur mit 2 Seilen. Trotz „Anhebens" mittels Gabeln<br />

und mit der Hand hat mancher krumme Wagen „u m k e i t".<br />

Der große Holzrechen hieß Hansel bei der Getreideernte.<br />

Scharen von Aehrenlesern aus Burladingen und dem Killertal<br />

bevölkerten die Aecker, die frisch abgeerntet waren. Die<br />

Schnättera hatte wohl den Namen von dem Geräusch<br />

des hinten aus dem Leiterwagen herausstehenden Brettes.<br />

Auch Gerste und Haber schnitt man mit dem Habergeschirr,<br />

einer Sense mit Holzgestell, das fünf lange Holzzähne über<br />

dem Säagessen-Blatt enthielt. Den Stiel der Sense hieß man<br />

Säagessa-Warb, das Versäen des frischgemähten Grases<br />

„warben". Der Name „Schwoier" ist in Ringingen unbekannt,<br />

ebenso „Beeten", die man Kuchen nennt. Krs.<br />

Melchinger und Salmendinger Einwohner 1535<br />

Am 28. Juni 1535 wurde eine Urkunde ausgestellt über die<br />

Beendigung eines Zehntstreits zwischen Melchingen, das verschiedene<br />

Zehntherren hatte und dem fürstenbergischen Salmendingen.<br />

Nämlich es urkundeten Hans Schmidt, Schultheiß<br />

zu Willmandingen als Vertreter des Herzogs Ulrich von<br />

Wirtemberg, Jakob Massabach, Schultheiß zu Salmendingen<br />

als Anwalt des Grafen Friedrich von Fürstenberg, Hans<br />

Weber, Schultheiß zu Talheim im Auftrag des Junkers<br />

Eberhard von Karpfen, Jörg K r u s (Kraus), Schultheiß zu<br />

Melchingen als Anwalt der Priorin und des Convents von<br />

Offenhausen an der Lauter, genannt Gnadenzell, ferner die<br />

ehrsamen Stefan Gänkinger, Jakob Kuppinger und<br />

Hans G r e t e r als Bürger zu Ebingen und Pfleger des hl.<br />

Martin, des Husvatters der dortigen Pfarrkirche. Es heißt,<br />

es sei Streit gewesen, da etliche Aecker im Melchinger und<br />

Salmendinger Zwing und Bann mehr dann ohne am Ort den<br />

Zehnten gaben. Die Männer hätten daher die Felder besichtigt<br />

und beschrieben, was und wieviel jedem Zehntherrn<br />

zugehörig, damit die Zehntsammler desterbas wissen könnten,<br />

was jedem Zehntherrn zustehe. Folgende Aecker geben<br />

also den Zehnten an Ort und End, wie von Item zu Item folgt.<br />

Im Esch Hinderberg stoßen folgende Grundstücke<br />

einerseits auf den Steig gen Melchingen und unterhalb uf<br />

den gemeinen (gemeinsamen) Bühel und teilen den Zehnten<br />

wie folgt (zwischen Salmendingen und Melchingen: diese drei<br />

Wörter fehlen im Text und sind von mir ergänzt!) Conrad<br />

Viseis Acker teilt bis in Grund, Aberlin Dyepolds Acker teilt<br />

bis in Grund, Ludwig Vogels Acker teilt bis in Grund. Balthus<br />

Walchen Acker teilt bis in Grund. Claus Lochers Acker<br />

teilt bis in Grund. Hans Volken Acker teilt gar (also vollständig).<br />

Peter Hagen Acker teilt gar. Item sant Michaelis,<br />

Husvatters der Pfarrkirche zu Salmendingen Acker teilt gar.<br />

Mehr 1 Acker daran des genannten Heiligen, teilt gar. Baltus<br />

Nolharts Acker teilt gar. Mehr 1 Acker des Heiligen zu Salmendingen<br />

teilt gar, Hans Boschen des jungen Acker teilt gar.<br />

Grethen Emelins Acker teilt gar. Clausen Emelins Acker teilt<br />

gar. Mehr 1 Acker des Heiligen zu Salmendingen teilt gar.<br />

Im Esch in Bysental teilen gen Melchingen und Salmendingen:<br />

nämlich Jakob Walzen Acker teilt gar, Caspar<br />

Dietzen Acker, Peter Schmidts, Claus Locher, Antoni Emelin,<br />

Grethen Emelin, Ludwig Talmiller, Jakob Waltz, Gebhard<br />

Schlegel, Bastian Emelin, Wernher Rhein, Hans Rhein, Peter<br />

Schmidt, Jörg Arnold, Jörg Folck. Des Heiligen von Salmendingen<br />

Acker. Hans Schmids Acker anwandet uf Hansen<br />

Strubingers Anwander, teilt oben daran 1 Jauchart. Ludwig<br />

Viseis Acker stoßt auf Salmendinger Weg und teilt gar. Item<br />

Graf Friedrich von Fürstenbergs Acker stoßen auf Salmendinger<br />

Weg und teilen gar.<br />

AekerinNassa gelegen teilen also: Hans Gutbierers<br />

Acker streckt auf Ludwig Viseln und teilt gar. Bastian Emelins<br />

Acker anwandet uf Graf Friedrich von Fürstenbergs<br />

Acker und teilt gar. Ludwig Vogels Acker streckt auf Ludwig<br />

Kingolt. Item Graf Friedrich von Fürstenberg, Balthus Walzen<br />

Acker anwandet hinab uf Hans Strubinger. Der Acker<br />

Graf Friedrichs von Fürstenberg, der neun Furchen hat, Gebhard<br />

Schlegels Acker, alle teilen gar.<br />

Aeker im Unteren Esch teilen den Zehnten nach<br />

Melchingen, Salmendingen und an den von Karpfen in Talheim:<br />

Graf Friedrichs von Fürstenberg Aecker inhalb der<br />

Heerstraße am Weg hinein liegend, der auf die gemeine Egerten<br />

geht, anderseits Hans Kunkelin tretten uf die genannte<br />

Egert auf Schützen Bann. Ludwig Emelin, Bastian Emelin,<br />

Jakob Walz, Klaus Emelin, Hans Dieterlin, Hans Dietzen<br />

Acker anwandet auf den Talheimer Weg und teilen solche<br />

Acker im genannten Esch, wie oben steht. Item Ludwig<br />

Emelins Acker zinst nach Ringingen.<br />

Von dieser Beschreibung wurden zwei Exemplare gefertigt<br />

und da die Unterhändler kein eigenes Siegel führten, ersuchten<br />

sie den ehrenfesten Junker Felix Werdenberger, derzeit<br />

Vogt zu Trochtelfingen, die Urkunden zu siegeln. Gegeben<br />

uf Montag nach St. Johannis des Täufers Tag tausend fünfhundert<br />

dreißig und im fünften Jahr (28. Juni 1535).<br />

Felix Werdenbergers Siegel zeigt auf einem Dreiberg eine<br />

fünfblättrige Blume auf krummem Stiel, und als Helmzier<br />

den Dreiberg mit der Blume. Der Siegler war ein natürlicher<br />

Sohn des Grafen Ulrich von Werdenberg 1497, erscheint 1525<br />

bis 1535 als Vogt zu Trochtelfingen, 1538 solcher zu Hettingen,<br />

1544 wird ein jüngerer erwähnt, wohl Sohn des älteren.<br />

Während in der Urkunde das Kloster Offenhausen noch<br />

als existierend vorkommt, muß es bald darauf von Wirtemberg<br />

anektiert worden sein, zusammen mit seinen Melchinger<br />

Zehntrechten. (Hohz. <strong>Heimat</strong> 1953, 58, Staatsarchiv Stuttg.<br />

A 511. Urk. 55.) Krs.


Jahrgang ¡967 H O H E N Z O LLE RI S C H E HEIMAT 51<br />

Grabungen in der St. Martinskirche in Trochtelfingen<br />

Im Frühjahr 1964 wurde die St. Martinskirche in Trochtelfingen<br />

dem Baustil und dem Konzil entsprechend einer sehr<br />

gründlichen, leider nicht konsequent durchgestandenen, Renovierung<br />

unterzogen. Dabei wurde der schadhafte und<br />

unebene Sandsteinboden in der ganzen Kirche herausgenommen,<br />

weil sowohl die Altarstufen, der gesamte Boden<br />

und die Heizung erneuert werden mußten.<br />

So mußte vom Ende des Chores durch das ganze Langhaufi<br />

ein Heizungskanal, ca 0.70 m tief und ca. 0.80 m breit gegraben<br />

werden.<br />

Einem Zufall ist es zu verdanken, daß die folgenden Aufzeichnungen,<br />

Entnahmen, Messungen und Fotoaufnahmen<br />

von mir gemacht werden konnten. Sie sind primitiv und<br />

unter die Stufe von Notgrabungen einzuordnen, dennoch<br />

scheinen sie m. A. wert festgehalten zu werden.<br />

Für wenige Stunden brachte dieses Aufreißen des Bodens<br />

einen Einblick in die bisher völlig unbekannte Geschichte<br />

der Kirche. Aeltere Urkunden vor 1320 sind von der<br />

Kirche nicht bekannt; damals sind sie verbrannt. Die Stellungnahme<br />

des Herrn Landeskonservators i. R. Genzmer,<br />

das hätte den Bauablauf unnötig aufgehalten und doch<br />

keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gebracht —- er zog<br />

Vergleiche zu Esslingen etc. — können vielleicht durch diesen<br />

Bericht etwas entkräftet werden. Eine bescheidene Aufnahme,<br />

die in 3—4 Tagen hätte erfolgen können, hätte<br />

manches Rätsel lösen können.<br />

Das Hereinragen des Kirchturms in den Chor — er besteht<br />

im Unterbau aus kräftigem Bossenquadermauerwerk (Größe<br />

7 x 7 m über 2 m = 3,4) hat schon immer auf den Urbezirk<br />

der Kirche hingewiesen. Der Turmschaft hat auch den<br />

Brand von 1320 überstanden und könnte so ein höheres<br />

Alter haben, als von Armbruster „die Lindauer Heidenmauer<br />

unsere verkannten Römertürme" unter Trutztürme und Verwandtem<br />

ausgewiesen hat.<br />

So wurden große Steinquader und Mauerwerk in nordsüdlicher<br />

Richtung vom Turm ausgehend festgestellt (siehe<br />

Skizze). Anschließend an die großen Steinquader fand sich<br />

eine Stufe.<br />

Unter den großen Steinquadern fand sich eine Tönscherbe<br />

mit Strichen, ein Begrenzungsstein einer Feuerstelle, sowie<br />

eine schwarze Tonscherbe. Diese Teile wurden entnommen.<br />

Zeitlich sind diese Funde den Kelten zuzuordnen.<br />

N«-<br />

O<br />

A.<br />

Y<br />

w<br />

-•s<br />

TURM -4<br />

Johannes Martin Schoser<br />

TONSCHERBE + HOLZKOHLE<br />

MAUERFUNDAMENT<br />

R EUERSTELLE<br />

In Verlängerung nach Westen (etwa 2 m von den Steinquadern<br />

entfernt) fand sich ein gestörtes Grab in der Tiefe<br />

von ca. 0.70 m. Die vorgefundenen Gebeine deuten auf ein<br />

Kindergrab hin. In unmittelbarer Nähe wurden Reste von<br />

Eichendielen ca. 0.10 m dick gefunden.<br />

In der sehr knappen Zeit für die Aufnahme wurde versucht<br />

(siehe Abb. 1 und 2 sowie Skizze) an einer Stelle bis zum<br />

Mutterboden zu kommen. Dies wurde getan in unmittelbarem<br />

Anschluß an das gestörte Grab.<br />

Der Schnitt:<br />

IV ? cm Sandsteinplatten<br />

? cm Auffüllmaterial Sand<br />

20 cm aufgefüllt mit<br />

Kalksplit<br />

einheimischem<br />

10 cm schwarzer Boden<br />

III 3 cm fester Kalkestrich<br />

Farbe weiß (Probe entnommen)<br />

3 cm schwarzer Boden und Humus<br />

Holzkohlenreste<br />

3 cm, feiner brauner Humusboden<br />

2 cm festgestampfter Lehm<br />

II<br />

2 cm<br />

3 cm<br />

feiner brauner Humus<br />

schwarzer Humus<br />

(bemerkenswerter Flund: Zahn<br />

3 cm<br />

und kleine Scherben<br />

fester Kalkestrich<br />

Farbe rötlich, (Probe entnommen)<br />

14 cm fester Kalkestrich<br />

Farbe gelblich (Probe entnommen)<br />

12 cm Steinfundament mit Sand ausgefüllt<br />

(Steine etwa Faustgröße)<br />

3 cm schwarzer Humus<br />

4 cm<br />

Boden braun mit Holzkohlen<br />

(Holzkohlen entnommen)<br />

8 cm<br />

Steinfundament (kleinere Steine<br />

ausgefüllt mit Sand)<br />

20 cm<br />

schwarz-brauner Boden - gewachsen<br />

jedoch Reste von Kalk u. Holzkohle<br />

SAKRISTEI<br />

GROSSE<br />

ST. MARTINSKIRCHE<br />

TROCHTELFINGEN<br />

STEINQUADER<br />

SCHNITT<br />

> GESTORTES<br />

KINDERGRAB<br />

HEIZUNGSKANAL<br />

GRÄBER<br />

UR'KIRCHE<br />

BIS 1320<br />

NACH 1451<br />

(Lageplan und Einzeichnungen Martinskirche Trochtelfingen)


52 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

Der Schnitt mißt 1.10 m. Diese Höhe ist als sogenannte<br />

Kulturschicht anzusprechen.<br />

Die Einteilung in 5 bzw. 4 Schichtgruppen (0—IV) ist<br />

gemacht worden, um eine gewisse Unterteilung zu bekommen.<br />

Die Kriterien sind die vorhandenen dünnen Schichten<br />

in denen Holzkohle bzw. Asche oder schwarze Branderde<br />

enthalten sind. Dies erklärt vier Perioden mit jeweiliger<br />

Vernichtung der Bebauung des Holzes, entweder des ganzen<br />

Baues oder der Bedachung. Die im 3. Abschnitt vorhandene<br />

Holzkohle dürfte zum Turmschaft gehörend bezeichnet<br />

werden. Der heutige Turmeingang weist auf eine<br />

romanische Sandsteineinfassung auf. Damit dürfte in der<br />

3. Periode ein Steinhaus mit romanischen Bauelementen<br />

vorhanden gewesen sein (vor 1320).<br />

In der Entfernung von ca. 8 m von der ehemaligen<br />

Kommunionbank aus gemessen, stieß man auf Mauerreste<br />

bzw. Fundamente. Diese hatten Fortsetzung sowohl in<br />

östlicher als auch nördlicher Fortsetzung.. Eine südliche<br />

Fortsetzung konnte nicht festgestellt werden. Dies dürfte<br />

die Umrisse der Urkirche ausmachen, in der Abmessung<br />

8 x 8 m und in nordöstlicher Anordnung der Turm, der<br />

evtl. als letzte Br.stion zu betrachten wäre (siehe Skizze).<br />

Wiederum in westlicher Richtung, ausgehend von der<br />

ehem. Kommunionbank, wurde eine weitere Fundamentation<br />

festgestellt. Dies war bei Marke 15,5 m. Die Stärke der<br />

Fundamentation machte etwa 1 m aus. Die gleiche Stärke<br />

wie die heutigen Ummauerungen. Dies dürfte die westliche<br />

Begrenzung der Kirche bis 1320 gewesen sein. Der Bau nach<br />

1451 stellt sich gleich mit der heutigen Ummauerung. Als<br />

Beweis hierfür bietet sich an, daß vom Schloß zur Kirche<br />

ein überdeckter Uebergang bestand. Eine kleinere Kirche<br />

hätte sich mit den anderen Gebäuden um Schloß und Kirche<br />

nicht in Zusammenhang bringen lassen.<br />

In Fortsetzung von der Marke 15,5 m bis zur heutigen Westmauer<br />

wurden Reihengräber gefunden. Die Gebeine hatten<br />

eine nord-südliche Ausrichtung. Auch dies ist ein Argument<br />

zur vorgehenden Feststellung. Wohl war bis 1501 der Fried-<br />

Abbildung Nr. 1<br />

St. Martinkirche Trochtelfingen<br />

Grabung Heizungskanal<br />

Tiefe ca. 1,10 m<br />

Ort: westlich vom Turm<br />

bei Marke 5—6<br />

Sommer 1964<br />

hof bei der Martinskirche. Die Errichtung des Langhauses<br />

in der heutigen Begrenzung erfolgte 1451. Gleichfalls wurden<br />

eine Unmenge Gebe'ne zwischen den Marken 8 m und<br />

15,5 m gefunden, wie die Grabenden anschließend sagten.<br />

Ueber die Lage, den Zusammenhang konnten keine Aufschlüsse<br />

mehr gegeben werden.<br />

Bei den Gebeinen im letzten Teil der Kirche wurde ein<br />

Messer gefunden — einen Aufschluß aus welcher Zeit es sei,<br />

konnte noch nicht gegeben werden.<br />

Bei diesen Grabungen wurden keine sensationellen Ergebnisse<br />

zu Tage gebracht, das möge auch nicht der Sinn<br />

dieser Aufzeichnung sein. Dennoch scheinen die Argumente,<br />

die Herr Landeskonservator Genzmer in der Ausgabe der<br />

Hohenzollerischen Geschichtsblätter anführt, widerlegt: „Eine<br />

systematische Grabung hätte sich bestimmt nicht gelohnt<br />

und wäre zum Zeit- und Kostenaufwand in keinem Verhältnis<br />

gestanden." Fachleute sollten mit solchen Urteilen<br />

vorsichtiger sein! In Sigmaringen oder Hechingen wäre dies<br />

bestimmt interessant gewesen! Es darf erwähnt werden, daß<br />

die Werdenberger Linie, die in Trochtelfingen mit einer<br />

Zweiglinie ihren Stammsitz hatte, eben auch in der Annahme<br />

von Dr. Schoss.", Tübingen und Pfarrer Kraus,<br />

Freiburg von den Tübinger Pfalzgrafen Trochtelfingen gegründet<br />

und zur Stadt erklärt wurde, doch ein bedeutender<br />

Platz war. Die Zeitläufe haben Trochtelfingen degradiert.<br />

Dieser Beitrag erhärtet die Auffassung von Pfarrer Kraus,<br />

der die Nennung im Lorscher Codex Laureshamensis aus<br />

dem Jahre 767 „Trogolfinger Marca" auf das Trochtelfingen<br />

Kreis Sigmaringen bezieht. Wohl wissen gelehrte württembergische<br />

Männer und Institutionen Argumente anzuführen,<br />

die bei der bisherigen Auffassung beharren, daß die „trogolfinger<br />

marca" das Trailfingen bei Münsingen sei. Eine<br />

Grabung kann nur eine Hilfe für eine Beweisführung darstellen,<br />

zudem wenn ein Laie dies tut! Vielleicht sagen<br />

Scherben, Estriche und Kohlenreste mehr als wissenschaftliche<br />

Sprachdeutungen. Doch müßte man sich daran machen,<br />

in Trailfingen auch Scherben zu suchen, dann wäre den<br />

Stuttgarter Staatsarchiv Argumenten zu zustimmen.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 53<br />

Abbildung Nr. 3<br />

St. Martinkirche Trochtelfingen<br />

Grabung Heizungskanal<br />

Ort: südlich vom Turm<br />

Chorvorraum<br />

Tiefe ca. 0,60 m<br />

Sommer 1964<br />

In alten Zeiten hatte das kleine Gotteshaus andere Patrone.<br />

Im 14. Jahrhundert war es der Märtyrer Pankratius, einer<br />

der Eisheiligen, dem die Kapelle geweiht war. Am 29. August<br />

1312 vergibt Otto von Wurmlingen, zu Tübingen gesessen,<br />

einen Weinberg zu Wendelsheim dem Gotteshaus, „das da<br />

liegt in dem Dorf zu Kaiseringen, da Hauswirt ist St. Pankratius"<br />

(Schmid, Urkundenbuch Nr. 230). Schon im folgenden<br />

Jahrhundert weicht der einzelne Martyrerheilige der<br />

Gesamtheit von „Allen Heiligen", welchen nunmehr die<br />

Schutzherrschaft über das kleine Gotteshaus u. die Gemeinde<br />

anvertraut ist. In einer Verkaufsurkunde aus dem Jahre 1433,<br />

nach welcher der Ebinger Kaplan Konrad Lott Güter an die<br />

Kapelle abgibt, tritt zum ersten Male das Allerheiligenpatronat<br />

auf, das auch heute noch besteht. Woher der Wechsel des<br />

Patronates kommt, verdient noch eine Untersuchung. Daß die<br />

Kapelle schon in alten Zeiten allen Heiligen geweiht war, bezeugt<br />

der reizvolle Altar, der dem 1. Viertel des 16 Jh. angehört.<br />

Maria wird gekrönt und gesegnet von Gott Vater und<br />

Christus u. dem Hl. Geist, sie ist umgeben von Heiligen, welche<br />

in Halbfiguren die Mittelgruppe umziehen. Die Gerechten des<br />

Alten Bundes sind vertreten durch Moses und David, die<br />

Apostel durch Petrus und Paulus. Der Chor der Märtyrer<br />

durch Laurentius und Barbara, die Bekennerschar durch Anna<br />

selbdritt und Elisabeth. Durch die Wappen der Grämlich und<br />

Homburg am unteren Rande des Schreines ist der Altar als<br />

eine Stiftung der genannten Familie gekennzeichnet, welche<br />

am Anfang des 16. Jahrhunderts Kaiseringen als Lehen des<br />

Stiftes Buchau in Händen hatten. (Das Hirschgeweih in Gold<br />

Abbildung Nr. 2<br />

Von der Kapelle in Kaiseringen<br />

St. Martinkirche Trochtelfingen<br />

Grabung Heizungskanal<br />

Tiefe ca. 1,10 m<br />

Ort wie Abbildung 1<br />

Sommer 1964<br />

deutet auf Wolf von Homburg. Der Steinbock in Silber auf<br />

desen Gemahlin Afra, Tochter des Gremiich von Krauchenwies.<br />

1508—1532.) (Vergl. „Der Zoller" Hechingen Nr. 226/1920.)<br />

Die Kirche in Kaiseringen gilt als Wallfahrtsort. Eine eindrucksvolle<br />

Pieta, um 1620 entstanden, ist Mittelpunkt der<br />

Wallfahrt. Die Statue stand schon 1793 in dem angeblich baufälligen<br />

Gotteshaus auf dem Altar, der 1811 von Lukas Flöß<br />

von Inneringen neu gemalt wurde. Bildhauer Alois Dürr von<br />

Ueberlingen lieferte um 3 Gulden 39 Kreuzer ein Altarkreuz.<br />

Leider hat man bei der Renovation Anno 1811 die Votivtafeln<br />

pietätlos von den Wänden herabgenommen und sie<br />

öffentlich versteigert, meistens zwei bis drei Stück zusammen.<br />

Es waren 41 Tafeln, ein Kruzifix, ein Marienbild, zwei<br />

Antipendien. „Die Allerheiligen", das heutige Altarbild waren<br />

also in jener Zeit beiseite gedrückt, sie sollten auf einem<br />

Pfeiler angebracht werden. Das Bild war ganz oben in die<br />

Mauer eingelassen, davor ein Fenster mit vielen Scheiben,<br />

von unten habe man es gar nicht erkannt. Im Vorbeigehen<br />

betete man „O heiligste Dreifaltigkeit". Der Schmerzensfreitag<br />

ist schon 1792 großer Wallfahrtstag. 200 bis 300 Pilger<br />

kamen zusammen.<br />

Die Kirchenrechnung 1772 heißt: „Schmerzhafte Mutter<br />

Gottes und Allerheiligen zu Kaiseringen." Bemerkenswert ist,<br />

daß außer Geld auch Naturalien, z. B. Schmalz geopfert<br />

wurde, das man nachher verkaufte. 1893 hat der Landeskonservator<br />

Professor Laur in den edlen Formen der<br />

Frühgotik das jetzige schöne Gotteshaus gebaut. Kunstmaler<br />

Hermann Anton Bantle malte nach dem ersten Weltkrieg den<br />

Innenraum mit großer Liebe aus. Nikolaus Maier.


54 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

Vor 40 Jahren schrieb der damalige Kaplan von Straßberg,<br />

Nikolaus Maier, heute Geistlicher Rat und Ehrendekan in<br />

Gammertingen, in der Hechinger Tageszeitung „Der Zoller"<br />

(1927, Nr. 45 und 46) einen Aufsatz über altmodische Oefen<br />

in den Bauernstuben, der so viel Kulturgeschichte enthält,<br />

daß wir ihn hier in der Hauptsache wiederholen wollen.<br />

Herr Karl Wahl am Landratsamt Hechingen hatte die große<br />

Güte, den Aufsatz aus dem „Zoller"exemplar der Hohenzollerischen<br />

<strong>Heimat</strong>bücherei zu besorgen:<br />

„Gelegentlich geziemt es sich, daß die Leser demjenigen<br />

Gegenstand in der Stube einmal ihre Aufmerksamkeit zuwenden,<br />

der in der kälteren Jahreszeit die behagliche Wärme<br />

ausstrahlt, dem Ofen. Und zwar gelten diese Zeilen dem<br />

gußeisernen Ofen.<br />

In der Bauernstube ist er zuweilen noch ein Erbstück aus<br />

alter Zeit, meistens leider das einzige. Alles haben die<br />

„Kunsthändler" den Bauern abgeschwätzt: die alten Statuen<br />

aus dem Tischeck und die Unterglasbilder, wenn sie nicht<br />

noch hinter dem Trog (Truhe) in der Kammer verborgen und<br />

vergessen liegen. Auch das alte Porzellangeschirr aus dem<br />

Stubenkasten und die Zinnteller, ja selbst dlie Uhr und der<br />

schöngeschmiedete „Pfannenknecht" und das „Kerzenscherle",<br />

alles, was nicht angenagelt war, ist verschwunden. Manchmal<br />

sagte man dem Bauern noch, er könne froh sein, für das<br />

alte Zeug jetzt etwas Neues zu bekommen. Leider hatten<br />

auch Besitzer die Achtung vor dem Erbstück verloren und<br />

tauschten es gern in der Stadt um in klingende Münze, ja<br />

in der Inflationszeit um einen Papierschein. Auch manche<br />

neumodische junge Frau mag schuld sein, daß das Alte aus<br />

der Stube und aus dem Hause kam.<br />

Alte Oefen mit Bildern und Wappen<br />

Doch der auf dem Dorf meist gußeiserne Ofen blieb bisher<br />

der Stube treu, auch wenn er den Besitzern heute manchmal<br />

zu behäbig und breit dasteht und sogar, wie mancher<br />

Mann äußerte, unwert ist. Aber darf er nicht etwas mehr<br />

Platz beanspruchen als so ein modernes Fabrikstück? Er<br />

sah deinen Vater, deinen Ehne und Urehne schon als Kinder<br />

in der Stube spielen. Er kannte noch die Leute, deren Grabsteine<br />

längst verschwunden sind, in der alten malerischen<br />

Tracht. Geschlechter kamen und gingen, er aber blieb. Er<br />

war Zeuge glücklicher Stunden. Aber auch Unglück und<br />

Krankheit haben sich manchmal Hausrecht bei ihm in der<br />

Stube angeeignet. Manchen Sarg hat man am Ofen vorbeigetragen.<br />

Für die Familie kamen schwere Zeiten. Schulden<br />

drückten die junge Witwe. Der Wucherer kam oft ins Haus<br />

damals, als es noch keine „Spar- und Leihkasse" gab. (Die<br />

vielen mit einem Faden zusammengehefteten Zettel in der<br />

Schublade im alten „Kästle" sind noch aus jener Zeit.) Der<br />

Ofen weiß das alles noch gut. Er könnte aber auch ein Lied<br />

singen vom Gottvertrauen deiner Vorfahren. Er hörte ja die<br />

Gespräche, er hörte jeden Tag den Chor der täglichen Gebete,<br />

bei denen Jung und Alt vor dem Herrgottswinkel standen<br />

und andächtig mitmachten. Er hörte, wie an den Winterabenden<br />

auß der dicken Heiligenlegende von einem Schulkinde<br />

das Heiligenleben vom folgenden Tag vorgelesen<br />

wurde, während die Frauen strickten oder das Spinnrädle<br />

schnurren ließen und ab und zu einen gedörrten Apfelschnitz<br />

in den Mund nahmen, um diesen feucht zu halten.<br />

Nur wenn ein Rädle nicht geschmiert war, verstand man<br />

die klare Kinderstimme nicht gut. Ein armseliges Aempele<br />

erhellte die „Lichtstube" notdürftig. Euer Ofen weiß auch<br />

viel von Sorgen und Aengsten des Krieges. Wie spannend<br />

hat der Urgroßvater, in dem „Ohrenstuhl" sitzend, den Kindern<br />

erzählt, was er mit seinen Kameraden auf den Eisfeldern<br />

Rußlands mitgemacht hat. Und sind in jener Zeit<br />

nicht gar oft Truppen durchmarschiert, bald Oesterreicher,<br />

bald Franzosen? Und als 1813 gar die Kosaken kamen. Bei<br />

Nachts wars. Mutter und Kinder hatten Todesangst. Man<br />

ging nicht ins Bett. Das brennende Licht stellten sie ins<br />

Ofenröhrle, daß der Schein nicht auf der Straße zu sehen<br />

war. Auch das traurige Hungerjahr 1817 sah der Ofen. Eiweiß<br />

auch noch von der Aufregung im Revolutionsjahr 1848.<br />

Ja, was hat denn dein Stubenofen nicht schon alles erlebt,<br />

immer als treuer Freund deiner Voreltern. Er verdiente<br />

darum, mit einer Art Ehrfurcht angeschaut und mit Liebe<br />

und Schonung behandelt werden.<br />

Sicherlich hast Du dir die Platten eures Ofens schon als<br />

Bub angeschaut, als du dir die Füße wärmtest nach dem<br />

Schlittschuhfahren. Weißt du aber auch, was die Figuren<br />

auf dem Ofen bedeuten? Es bietet sich natürlich für gewöhnlich<br />

keine erstklassige Kunst dar. Meist sind die Stücke<br />

jedoch eine Zierde der Stube. Drei Platten sind nötig für<br />

den Heizraum des Ofens, der von der Küche aus mit Holz<br />

gespeist wird. Die schmale Stirnplatte hat vielfach ein Wappen,<br />

die Seitenplatten gewöhnlich eine Szene oder ein Ornament.<br />

Der Tragstein der Platten ist oft kunstvoll behauen.<br />

Zuweilen erfüllen auch zwei eiserne Stützen diesen Dienst<br />

oder ein Mauerstück, besonders wenn nach altem Brauch<br />

der Wohnort der Turteltaube unter dem Ofen war.<br />

Ueber die Herkunft der Platten schreibt Konservator Dr.<br />

Karl Gröber—München, in einem Aufsatz: Die Ofenwand<br />

im altwürttembergischen Schwarzwald: „Die Eisenplatten<br />

lieferten die einheimischen Gießereien und bei der Haltbarkeit<br />

des Materials werden bei neuen Ofenbauten meist die<br />

alten Platten wieder verwendet. Vom 16. Jahrhundert bis<br />

herauf ins 19. waren es die Erzeugnisse der Hütten des<br />

Brenztales in Württemberg, besonders die Gießereien der<br />

um 1550 aufgehobenen Abtei Königsbronn (so unter Abt<br />

Melchior Ruff 1513—1539), die das ganze Schwaben bis ins<br />

Allgäu versorgten. Im 19. Jahrhundert verdrängten die Erzeugnisse<br />

der Wässeralfinger Gießerei allmälich alles andere.<br />

Die Platten des 17. Jahrhunderts zeigten meist Szenen biblischen<br />

Inhalts oder Wappen der Herrschaften, für<br />

deren Gebiet sie bestimmt waren. Damit wurde es allerdings<br />

nie sehr genau genommen, denn das wohl am meisten hergestellte<br />

Wappen des Hauses Württemberg findet sich öfters<br />

in Teilen Oberschwabens, die erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

württembergisch wurden . .. ."<br />

Unsere Gegend wurde auch vom Laucherthaler Hüttenwerk<br />

versorgt (mitgeteilt von H. Dr. Hebeisen- Sigmaringen), wo<br />

1708 der Schmelzofen neu erbaut wurde, und wohl auch von<br />

Tiergarten, wo das Hüttenwerk 1671 vom Fürstenbergischen<br />

Haus in Betrieb gesetzt war (Stehle, Hohenzollern 434 und<br />

450). In Straßberg kenne ich nur einen Ofen mit biblischen<br />

Szenen. Er steht in der großen Stube auf dem Schloß und<br />

zeigt die Jahreszahl 1695, dazu ein Kreuz und auf der andern<br />

Platte die hl. Familie auf der Wanderung nach Aegypten. Der<br />

Ofen soll übrigens vom Hettinger Schlosse stammen. In Kaiseringen<br />

trägt ebenfalls ein Ofen das Kreuz. In Ringingen<br />

sieht man auf einer Platte die Hochzeit zu Kana. (Siehe unter<br />

II.) .. .<br />

Besonders bei der Jugend beliebt sind die Szenen der spielenden<br />

Kinder, Jagdbilder usw., die gewöhnlich an den beiden<br />

Seitenplatten zu sehen sind. Entwürfe, die auf Figürliches<br />

verzichten und nur Rokoko- oder Empire-Ornamente<br />

enthalten, gefallen weniger. Fast ganz ratlos stehen wir aber<br />

oft den Wappen gegenüber auf der Stirnseite des Ofens. Zur<br />

Erleichterung des Verständnisses sei einmal versucht, die<br />

einzelnen Zeichen zu erklären. Da sehr oft auch bei uns<br />

württembergische Wappen zu finden sind, sei mit diesen begonnen.<br />

Meist zeigen sie nur einen Schild, gelegentlich dabei<br />

noch die sogenannte Helmzier und aus der Zeit des Königreichs<br />

sah ich Ofenwände mit den schildhaltenden Tieren.<br />

Der älteste Teil des württembergischen Schildes, die drei<br />

Hirschstangen (Geweihe) untereinander, ist auf allen Wappen<br />

vertreten. Er stammt übrigens von den Grafen von Veringen.<br />

Durch die Erwerbung Mömpelgards kamen zwei Barben<br />

(Fische) ins Wappen, etwa seit 1450. Seit dem Jahr 1495 führte<br />

Graf Eberhard im Bart nach der Belehnung durch den Kaiser<br />

I F ' ^ f<br />

: # r é L * £ s ä f.''**. i<br />

K&r v - ->'-7 M£r v^fr* < ¿)¡ * * «$¿<br />

•XÍ-f T T'J'.i:-ií- l i «• < J u,!, M¡t<br />

V/under des Propheten Elisäus (Foto: J. Dieter 1. 1967)


Jahrgang 1967 H O H E N Z O L L E Ii ISCHE H E I M A T 55<br />

Maximilian die Wecken von Teck (Schild schwarz-gold geweckt,<br />

Rhombusformen) und die Reichssturmfahne mit dem<br />

Adler. Württemberg war berechtigt, im Krieg und bei besonderen<br />

Anlässen diese Fahne voran zu tragen. 1693 kam in<br />

den Titel und ins Wappen der „Herr in Heidenheim", das<br />

Brustbild eines bärtigen Heiden mit gestülpter Mütze. Nun<br />

wurden die Hirschstangen, also das Stammwappen, in die<br />

Mitte der vier anderen Wappen gelegt, d. h. zum Herzschild<br />

gemacht.<br />

Gelegentlich finden wir über diesem Schild die Helmzier<br />

dieser Einzelwappen: Hiefhorn (Jagdhorn), Weibsrumpf mit<br />

den Barben statt der Arme, Adler und den „Heiden" von Heidenheim.<br />

Ich kann mich nicht erinnern, auf Oefen ausführlichere<br />

Wappen gesehen zu haben. Da aber da und dort doch<br />

vielleicht solche Exemplare vorhanden sind, seien auch die<br />

späteren Wappenteile genannt: 1751 kam Justingen, 1782<br />

Limburg, 1784 Bönnigheim zu Württemberg. Ersteres hatte<br />

einen gedornten Schrägbalken von links oben nach rechts<br />

unten und als Helmschmuck einen Schwanenhals mit Pfauenspiegeln.<br />

Limburgs Wappen ist geviert: Die Felder 1 und 4<br />

zeigen die fränkischen weiß-roten Heerspitzen, 2 und 3 die<br />

weißen Streitkolben oder Schippen in Blau der Grafen von<br />

Limburg und als Zier 2 weiß-rote Büffelhörner. Bönnigheim<br />

zeigt die Mondsichel an. Im Jahre 1803 wurde Herzog Friedrich<br />

II. Kurfürst. Die Erwerbungen vom Reichsdep.-Hauptschluß<br />

kamen ins Wappen: nämlich die Bischofsmütze der<br />

Propstei Ellwangen, Kreuz und Schwurhand von Schwäbisch<br />

Hall und schwarzer Adler der Reichsstädte. Schon 1806 war<br />

die Erhebung Württembergs zum Königreich. Dessen Wappen<br />

zeigt als Herzschild links vom Beschauer die 3 Hirschstangen,<br />

rechts 3 schwarze Leoparden übereinander als Wappen der<br />

staufischen Herzöge, dies wegen des Erwerbs der großen<br />

oberschwäbischen Gebiete durch Württemberg. Das Feld des<br />

Hauptschildes ist dreimal geteilt: 1. Reihe: Teck und rote<br />

Kirchenfahne der Pfalzgrafen von Tübingen in Gold, 2. Reihe:<br />

Ellwangen und Mömpelgard. 3. Reihe: Reichsturmfahne und<br />

Justingen. 4. Reihe: wie die dritte im kurfürstlichen Wappen.<br />

Der Herzschild trägt außerdem die Königskrone. Als Schildhalter<br />

kommen hinzu schwarzer gekrönter Löwe und goldener<br />

Hirsch, je das Reichsbanner haltend.<br />

Von 1817 an finden wir nur noch Löwe und Hirsch ais<br />

Schildhalter und je 3 Hirschstangen und 3 Leoparden im<br />

Schild. Diese Art ist noch auf vielen Oefen zu finden. Die<br />

lateinischen Buchstaben über dem Wappen bedeuten den damaligen<br />

Herzog von Württemberg. Sie seien hier angeführt:<br />

Friedrich Karl 1677—1693; Eberhard Ludwig 1693—1733; Carl<br />

Alexander 1733—1737; Carl Eugen 1737—1793; Ludwig Eugen<br />

1793—1795; Friedrich Eugen 1795—1797; Kurfürst und König<br />

Friedrich 1797—1816; König Wilhelm 1816—1864. (Vgl. Alberti,<br />

Württbg. Adels- und Wappenbuch.)<br />

Es sei noch bemerkt, daß gelegentlich die Zahlen nicht genau<br />

mit den Herrscher jähren übereinstimmen. Ob dabei dem<br />

Ofenfabrikanten ein Irrtum unterlief oder ob Geschäftsinteressen<br />

eine Rolle spielten, wird sich schwer entscheiden lassen.<br />

Vermutlich benützten sie eben noch die alten Mödel!<br />

Das Hohenzollerische Wappen fand ich seltener an Oefen<br />

vertreten. Es besteht aus dem weiß (silbernen) und schwarz<br />

viergeteilten Zollerschild, der auf den mir bekannten Oefen<br />

immer die 1. und 4. Stelle einnimmt, wobei die Felder 2. und<br />

3. den Sigmaringer Hirsch zeigen. Das Herzwappen in der<br />

Mitte enthält die 2 kreuzweise übereinander gelegten Zepter.<br />

Im Jahre 1505 hatte nämlich der Graf Eitel Friedrich<br />

das Erb-Kämmereramt mit diesem Wappenschild erhalten.<br />

Zum vollständigen hohenzollerischen Wappen gehören außerdem<br />

der Nürnberger schwarze Löwe in goldenem<br />

Schild mit rotweiß gestückter Einfassung, Haigerloch mit<br />

weiß und rot quergeteiltem Schild, Veringen: drei rote<br />

Hirschstangen in Gold. Grafschaft Berg (kam 1781 an Hohenzollern-Sigmaringen)<br />

roter Löwe in silbernem Schild, dessen<br />

schwarzer Rand 11 goldene Kugeln trägt. Das Wappen<br />

halten die beiden Bracken (Hunde). (Näheres bei Zingeler:<br />

das fürstl. hohenz. Wappen.)<br />

In einem Hause Straßbergs sah ich als öteiliges Ofenwappen:<br />

einköpfigen gekrönten Adler im Herzschild mit Wolkenrand.<br />

Auf dem 1. und 4. Feld ist die werdenbergische Fahne.<br />

Der im 2. und 3. Feld sichtbare dreimal stufenweise gebrochene<br />

Schrägbalken deutet auf die Grafschaft Heiligenberg.<br />

Das Ganze ist das Fürstenbergische Wappen, stammt<br />

also wohl aus Tiergarten.<br />

Von Zizenhausen stammend weist sich laut Inschrift<br />

ein anderer Ofen aus, den je 1 Hirsch und 1 Löwe im Walde<br />

schmücken,<br />

Es ist selbstverständlich, daß hier kaum alle Ofenfirmen<br />

genannt sind, die für unsere Gegend in Betracht kommen. In<br />

anderen Gemeinden werden, entsprechend ihrer Geschichte,<br />

wohl noch andere Wappen vorkommen. Nur wenn man anfängt,<br />

die Aufmerksamkeit auf diese oft verachteten Stücke<br />

zu richten und das, was man findet bekannt macht, kann<br />

eine Uebersicht gewonnen werden.<br />

Mit einer kleinen Anregung möchte ich schließen. Ich fand<br />

derartige Ofenplatten schon oft in Museen, und das mit<br />

Recht. Ich fand sie aber auch schon vor Stallungen über<br />

Jauchegruben. Ich meine, wenn man schon den Ofen außer<br />

Dienst setzen muß, dann könnten die Platten in der Stube<br />

irgendwo an der Wand befestigt werden und gäben da, gut<br />

geschwärzt und geglänzt, nicht nur einen würdigen Wandschmuck,<br />

sondern auch einen Anschauungsunterricht für die<br />

Jugend, die <strong>Heimat</strong> und das Ererbte zu lieben, das Alte und<br />

das Alter zu achten und zu ehren". Soweit N. Maier, 1927.<br />

II.<br />

Der alte Kastenofen, der schon vor Jahren im Haus Nr. 40<br />

zu Ringingen bei Familie Georg Maier des Jakob einem modernen<br />

weichen mußte, wird hier in zwei Bldern vorgestellt.<br />

Die ungleiche Größe derselben möge nicht irre machen, sie<br />

geht auf Konto der Photographen! Die Platten des Ofens waren<br />

ungefähr gleich groß. Die eine Gußplatte der Stirnseite<br />

zeigt die Hochzeit zu Kana: In zwei Räumen mit<br />

Kreuzgewölben sieht man links sechs Personen am Tisch und<br />

einen Diener, der aus einem Gefäß Wein in einen Krug gießt.<br />

Rechts der Mittelsäule ist Jesus dargestellt, der zwei Dienern<br />

den Auftrag gibt: „Füllet die Krüge mit Wasser! Hier sieht<br />

man nur 5 Krüge (einen undeutlich). Darunter steht in einer<br />

Linie:<br />

„CHRISTVS MACHT WASSER ZV WEIN. JOHAN AM 2.<br />

(Kapitel)." Ferner liest man in einer Kartusche: „DAS IST<br />

DAS ERSTE ZEICHEN - DAS IHESUS THET. GESCHE-<br />

HEN ZV CANA IN G ALI LEA. JOHAN AM 2. (Kapitel)."<br />

Diese Ofenplatte wurde leider vor etlichen Jahren veräußert.<br />

Das Foto stammt von S. Maier 1927.<br />

Erhalten sie die beiden anderen gleichen Platten, die drei<br />

festliche vorhanggeschmückte gewölbte Räume zwischen gewundenen<br />

Säulen zeigen. Im linken Feld bringt ein Bub von<br />

rechts auf dem Kopfe ein Gefäß, während eine Frau (?) aus<br />

einer Kanne etwas in einen hohen Krug gießt. Unten sind<br />

beiderseits zwei Reihen Fässer aufgestapelt. Mittelfeld: Links<br />

und rechts steht je eine Person mit einem Henkelkörbchen in<br />

der Hand, zwischen ihnen eine Frau, die Oel aus einer Kanne<br />

in ein Gefäß schüttet. Vor der Frau steht ein großer Bottich<br />

Die Hochzeit zu Kana (Foto: S. Maier 1927)


56 H O H E N Z O L L, E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

(wohl mit Mehl) und zu beiden Seiten sind wieder Fässer aufgestapelt.<br />

Rechtes Feld: Eine Person mit einem Henkelkörbchen<br />

kommt zwischen zwei Stapeln Oelfässer hervor. Die<br />

Erklärung ergibt sich aus der Inschrift darunter:<br />

„DAS OHL IM KRVG SICH REICHLICH MEHRT,<br />

DER SOHN VOM TOD ZVM LEBEN KEHRT.<br />

INDEM SICH GOTTES GVT BEWEIST<br />

MIT WENIG BROD VIEL MENSCHEN SPEIST.<br />

4 REGYM AM 4. CAPITEL. ANNO 1697."<br />

Das Foto fertigte Joh. Dieter I in Ringingen. Die gleichen<br />

Gußplatten sind 73 cm breit und 68 cm hoch, die eine etwas<br />

deutlicher zu lesen. Im 4. Kapitel des 4. Buchs der Könige<br />

sind die Wundertaten des Propheten Elisäus<br />

erzählt: Oelvermehrung für die Witwe, Tod und Auferwekkung<br />

eines Knaben, Entgiftung der Speise und Brotvermehrung<br />

für Hunderte.<br />

Der frühere Landeskonservator Prof. Laur habe für den<br />

Ofen s. Zt. einen neuen setzen und den alten ins Museum auf<br />

den Zoller nehmen wollen. Aber H. H. Pfarrer Leibold in<br />

Thanheim, der aus dem Hause Nr. 40 stammte, willigte beim<br />

Graf Berthold<br />

Oswald Gabelkofer hat um 1580 in seinem im Staatsarchiv<br />

Stuttgart erhaltenen und von mir vor Jahrzehnten eingesehenen<br />

Collectaneen Seite 144a den Inhalt der Urkunde<br />

des Grafen Heinrich von Hättingen vom 7. Okt.<br />

1289C) angegeben und das Wappen des anhängenden Siegels<br />

beschrieben: „Drei Hirschhorn im Schild und auf dem Helm<br />

beiderseits eins." Er erkannte wohl, daß es sich um einen<br />

Veringer Grafen handelte und fuhr daher fort: „Danach ist<br />

die pictura (Malerei) in Zwiefalten falsch: In der Vorhalle<br />

dieser Kirche steht: Berthold Graf zu Hätingen, und<br />

dabei ein roter Löwe im gelben Feld".<br />

Auf diese Mitteilung Gabelkofers, die von mir selbst kaum<br />

richtig gewürdigt wurde, baute Dr. Burkarth seine interessante<br />

These über das Hettinger Grafenhaus und Gründung<br />

der Städte Gammertingen und Hettingenp). Graf Berthold<br />

von Hätingen, dessen Gedächtnis laut Mon. Germ. Nekrol. I.<br />

245 in Zwiefalten am 21. Februar gefeiert wurde, sieht er also<br />

mit guten Gründen für einen Abkömmling der Grafen von<br />

Gammertingen an, während H. M. Maurer ihn noch jüngst<br />

für Berthold von Neifen hielt( 3 ). Von dem Beisatz „hier begraben"<br />

ist trotz Maurer nichts im gedruckten Nekrolog zu<br />

finden. Es hängt also alles davon ab, ob das Gemälde in<br />

Zwiefalten, das seit dem barocken Neubau nicht mehr vorhanden<br />

ist, auf Richtigkeit beruhte. Tatsächlich lösen sich<br />

nach Burkarths These spielend die Schwierigkeiten der Stadtwappen<br />

Gammertingen und Hettingen, die seit 1473 bzw.<br />

1535 farbig nachzuweisen sind, wobei Hettingen inzwischen<br />

den ursprünglich roten Löwen in Gelb umänderte in „gelben<br />

Löwen in Grün". Freilich wäre gut, wenn man feststellen<br />

könnte, ob es sich bei den Wappen der Zwiefalter Kirche<br />

um solche von Wohltätern oder nur vor dort Beerdigten handelte.<br />

Auch sollte man sicher stellen, ob der Maler zu unbekannter<br />

Zeit nicht einfach das s. Zt. bestehende Wappen<br />

von Hettingen zu dem Grafennamen dazumalte. Otto von<br />

Alberti hält z. B. im Württbg. Adels- und Wappenbuch II<br />

den in Zwiefalten ebenfalls gemalt gewesenen Schild des<br />

Walther von Rüttehalde (mit rotem aufrechten Löwen in<br />

Grün) für „schwerlich authentisc h", wobei ich ihm<br />

Neubau des Hauses nicht ein. Damals vermutete man, der<br />

Ofen stamme aus dem Kloster Stetten, was unsicher bleibt,<br />

denn dort hatte man ja nur eine Wärmewand! Höchstens<br />

käme das Beichtigerhaus in Frage. Oefen mit religiösen Motiven<br />

sind in den württembergischen Gießereien Königsbronn<br />

(hier schon zu Klosterzeiten) und dann auch wohl in Christophstal,<br />

Ludwigstal und Wasseralfingen mit Vorliebe gegossen<br />

worden. Der unsere könnte von Königsbronn stammen.<br />

Unter dem Ofen befand sich die „Steig" für eine Turteltaube,<br />

oben drauf ein kleiner Aufsatz mit „Bratkachel".<br />

Deren Türchen war durchbrochen und zeigte in der Mitte<br />

einen halbrücklings liegenden nackten Jüngling, der auf<br />

einem Horn blies oder daraus trank. Der Ofen war von der<br />

Küche aus heizbar. Eine ganze Reisbuschel hatte bequem<br />

darin Platz. In der Glut pflegte man den krautgefüllten Dreifußhafen<br />

mittels einer Ofengabel zu postieren. Das ist längst<br />

vergangen und vergessen!<br />

Außer gußeisernen gibt es auch Kachelöfen, die man bei<br />

uns „kätene" heißt (von mittelhochdeutsch k a t, d. i. Lehm,<br />

Dreck). Das Wort Ofen ist schon althochdeutsch nachzuweisen<br />

und bedeutet, der ältesten Ofenform entsprechend, eigentlich<br />

Hafen oder Topf. J. A. Krs.<br />

von Hätingen<br />

nicht folgen möchte. Man müßte vor allem das von<br />

Alberti zitirte Manuskript dieser Zwiefalter<br />

Wappen, das in Stuttgart liegen muß, daraufhin<br />

nachprüfen! Was nun die Zimmerische<br />

ChronikC) von den in Zwiefalten (oft im Kapitelssaal!) beigesetzten<br />

Adeligen berichtet, erweckt ebenfalls einige Bedenken,<br />

die sich jedoch wohl lösen lassen. Graf Imfried ist<br />

wohl als Hunfried zu lesen, ein Graf Mangold von Gammertingen<br />

ist unbekannt, und den Grafen Ulrich nennt sie<br />

gar nicht. Hermann von Wartstein ist in der Chronik Bertholds<br />

nicht als dort beerdigt genannt, so wenig als Graf<br />

Berthold von Hätingen. Graf Ginos von Urach dürfte als<br />

Egino zu deuten sein, aber einen Grafen Ulrich von Neifen<br />

gab es m. W. gar nicht mehr. Der Freiherr Berchthold von<br />

Rockstein ist ebenfalls unbekannt. Vielleicht sollte er zur<br />

Gauselfinger Burg Leckstein gehört haben? Waren etwa<br />

einige der Namen und Wappen gar nicht mehr oder nicht<br />

gut zu erkennen, etwa Adelberts von Hettingen, oder hatte<br />

der Zimmerner seine Kenntnisse nur vom Hörensagen?<br />

Beachte: Die Wappen waren im 16. Jahrhundert in der Vorhalle<br />

zu sehen, die ältesten Gräber aber lagen im Kapitelssaal!<br />

So bestechend Burkarths These auch ist, sie sollte<br />

weiterhin mit Gründen gestützt werden. So z. B. der frühe<br />

Ansatz der Gründung der beiden Städte Gammertingen und<br />

Hettingen vor 1232, die man bisher erst um Mitte des 13.<br />

Jahrhunderts annahm. Auch ist die Annahme eines Bruders<br />

Berthold für den Gammertinger Anherrn Arnold etwas<br />

unsicher, und ernsthafte Interessenten wären für genaue<br />

Quellenangabe dankbar, weil sonst eine nötige Nachprüfung<br />

fast unmöglich wird.<br />

Wir alle aber sind auf weitere Forschungen und Ergebnisse<br />

auf dem Gebiet der engeren <strong>Heimat</strong>geschichte gespannt.<br />

Kraus<br />

Anmerkungen: i) Mitt. Hohz. 4, 1870, S. 3 und Wirtbg. UB 9, 301.<br />

2) Hohenzollerische <strong>Heimat</strong> 1967, S. 18 und 48.<br />

3) Maurer in Zeitschrift f. württ. Landesgesch. 1966, S. 94 u. 129.<br />

4) Zimmerische Chronik I, 220.<br />

Kalchbrunn-Kaltenbrunnen bei Vilsingen<br />

In der Nr. 3 der Hohenz. <strong>Heimat</strong> Seite 47 war die Frage<br />

gestellt, ob der Kalchbrunnen von 1499 identisch sei mit dem<br />

Griesenlochbrünnele. Herr Studienrat A. Teufel (Freiburg,<br />

Burgunderstraße 6), der in Engelswies aufwuchs, hatte die<br />

Freundlichkeit, unterm 20. 7. 67 mitzuteilen: „Es handelt<br />

sich bei dieser Quelle um den stets wasserspendenden<br />

Kaltenbrunnen auf der Gemarkung Vilsingen hart am<br />

Grenzstein gegen Engelswies. Dicht dabei steht die Verenakapelle,<br />

zu Engelswies gehörig. Das vermutete Kriesenlochbrünnele<br />

auf Langenharter Gemarkung bzw. an der<br />

Grenze gegen Gutenstein kann niemals in Frage kommen.<br />

Die Entfernung ist zu groß und keine der beiden Gemeinden<br />

Vilsingen und Inzigkofen grenzt an es. Dagegen liegt der<br />

ebenfalls erwähnte Sonderhartsbühl am Wege von<br />

Vilsingen und auch von Inzigkofen gegen Kaltenbrunnen<br />

hinaus."<br />

Nachdem so die Frage geklärt ist, darf noch ein Geschichtle<br />

der Zimmerischen Chronik von 1566 angeführt werden, die<br />

teils von Kalch-, von Kaltbrunnen oder Verenabrunnen<br />

spricht (Meersburger Ausgabe von Hermann II, 92 u. I, 440):<br />

„Der Bronn habe besonders gutes Wasser. Als einmal der<br />

Barbier des Grafen Gottfried Wernher von Zimmern dorthin<br />

kam, fand er ein altes häßliches Weib, das nackend und<br />

mit zerstrobeltem Haar wie eine Erinnye (griechische Rachegöttin)<br />

in dem Brunnen saß. Aus Zorn über die Verunreinigung<br />

des Trinkwassers packte er einen langen Stecken und<br />

schrie die Alte mit rauhen Worten an. Da zeigte sich das<br />

Wunderwerk des Brunnens: Das bisher halb lahme und hinkende<br />

Weible war plötzlich gesund und pfurrte aus dem<br />

Wasser und nackt davon durch den Wald, schneller als der<br />

staunende Barbier laufen konnte." Allerdings äußert der<br />

Chronist selber Zweifel, ob der Bronn und seine Tugenden<br />

oder die Furcht vor dem Stecken die Lahme gesund gemacht<br />

habe. Krs.


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 57<br />

Das Leben eines geschätzten, aufrechten und braven Mannes<br />

hat sich erfüllt. Kreisarchivar Kurt Ro ckenbach,<br />

weit über die Grenzen des von ihm seit vielen Jahren heimatpflegerisch<br />

betreuten Landkreises Balingen hinaus bekannt,<br />

ist am 3. Juli 1967 für immer heimgegangen.<br />

Seit über 20 Jahren lebte er in dem kleinen und liebenswerten<br />

mittelalterlichen Städtchen Rosenfeld, in der Nähe<br />

des kleinen Heubergs. Kurt Rockenbach hätte keinen passenderen<br />

Ort für sich und seine Arbeit finden können. Hierher<br />

gehörte er so richtig, alles paßte zu ihm und er paßte so gut<br />

zu diesem Ort, wenn er mit Stock und Fotoapparat, Karte<br />

und Zeichenblock sowie seinem Dackel „Wulli" an der Leine<br />

auf der Hauptstraße mitten durch den Ort dahinschritt, um<br />

einen seiner vielen Beobachtungspunkte zu erreichen. So oft<br />

einem Kurt Rockenbach in seiner hageren Gestalt begegnete,<br />

konnte man sicher sein, daß er mit einem bestimmten Ziel<br />

vor Augen unterwegs war. Sei es, daß er seine Wetterstation<br />

kontrollierte, bei einem Umbau oder einer Renovierung<br />

seinen denkmalpflegerischen Rat erteilte (auch wenn er so<br />

manches mal nicht dazu aufgefordert worden war), bei Ausschachtungen<br />

die nötige Spurensicherung der Vorzeit durchführte<br />

oder einem sonstigen geologisch, botanisch oder kulturgeschichtlich<br />

wichtigen Punkte zusteuerte. Immer aber,<br />

wenn Kurt Rockenbach im „Gelände" war, wie er dies selbst<br />

zutreffend bezeichnete, galt es zu erhalten, zu erforschen<br />

oder für die Zukunft zu sichern. Dann griff Kurt Rockenbach<br />

auch gelegentlich zum Zeichenstift und umriß mit wenigen,<br />

dafür aber treffsicheren Strichen jenes für ihn Wichtige.<br />

Damit nicht genug. Seiner Hand entstammen eine Reihe<br />

bedeutender Rekonstruktionszeichnungen und ausgesprochen<br />

lieblicher Skizzen. Kurt Rockenbach war auch schriftstellerisch<br />

tätig. So arbeitete er entscheidend an der 1960/1961<br />

r.eu erschienenen Baiinger Kreisbeschreibung mit und veröffentlichte<br />

verschiedenes historisch wertvolle Material in<br />

den „<strong>Heimat</strong>kundlichen Blättern". Besonders bemüht war er<br />

um die Erhaltung, den Ausbau und die Vervollständigung der<br />

Stadt- und Gemeindearchive des Kreises wie überhaupt um<br />

alles <strong>Heimat</strong>kundliche. Ein privates <strong>Heimat</strong>museum in Rosenfeld<br />

ist seiner Initiative zu verdanken.<br />

Kurt Rockenbach war ein äußerst naturverbundener<br />

Mensch. Galt seine Liebe der Botanik, seinen gefiederten<br />

Freunden und all den kleinen hilflosen Lebewesen, so war<br />

seine Freude die Geologie und eng damit verbundene Archäologie<br />

im heimatlichen Kreis. Schöne und anerkannte Erfolge<br />

55.) 1432 Febr. 19: Ulrich Truchsess zu Pflummern ist neben<br />

Hans von Hornstein zu Schatzberg, Hans von Grafeneck,<br />

Gerwig von Sulmentingen, Wolf von Stain-Klingenstain,<br />

Eberhard von Landau Bürge für Jörg Kaib von Hohenstein<br />

(bei Oberstetten) und seine Frau Anna von Wöllwart und<br />

Schwester Magdalena betr. Wälder zu Sunderbuch. Kaibs<br />

Mutter war Elz Truchsessin von Höfingen gewesen (U 1042).<br />

56.) 1433 Aug. 13: Truchsess Heinrich von Ringingen beurkundet<br />

mit Jörg Kaib von Hohenstein, Vogt auf dem Bussen,<br />

einen Vergleich Zwiefaltens mit dem Ritter Wolf von Stain<br />

von Reichenstain betr. Kapelle zu Reichenstein (Büschel 183).<br />

57.) 1433 Juli 4: Edelknecht Ulrich Truchsess von Ringingen<br />

ist Zeuge bei Lehenentfremdung eines Gutes zu Bach (U 243).<br />

58.) 1438 Febr. 3: Heinrich Truchsess von Ringingen bürgt<br />

u. a. für Jörg Kaib von Hohenstein, Vogt auf Bussen, der<br />

das Burgstall Hohenstain mit Oberstetten an Albrecht Späth,<br />

seinen Vetter, verkauft (U 885). 1439 erscheint ein Heinrich<br />

Späth mit dem Beinamen Zahnreff (U 856).<br />

59.) 1441 März 6: Hans Sachs von Esslingen verkauft seine<br />

Güter zu Neuhausen ans Kl. Zwiefalten um 140 rh. Gulden<br />

und 10 Pfund Leibgeding für die Schwestern Anna und Ursula<br />

Teufel, Klosterfrauen zu Stetten bei Hechg. unter Bürgschaft<br />

seiner Brüder Ulrich Sachs, Bürger zu Esslingen und<br />

Jörg Sachs, Bürger zu Reutlingen (Dok. Buch 6, 48b).<br />

60) 1442 Nov. 26: Fritz Schwelher zu Straßberg verkauft<br />

ans Kl. Zwiefalten sein Haus, Hofraite und Gesäß zu Reutlingen<br />

in der neuen Stadt zwischen des Pfarrers und des<br />

Raten Häusern, am Zwiefalter Hof, wie er es von seinem<br />

Vater Hans Schwelher dem älteren ererbt, um 85 rh. Gulden.<br />

Er siegelt mit seinem Schwäher Heinrich Boß zu Grüningen<br />

(U 993).<br />

In memoriam Karl Rockenbach<br />

von Ferdinand Furtmeier, München<br />

Zollerisches aus Zwiefalter Urkunden<br />

haben ihm dies des öfteren bewiesen. In seiner bescheidenen<br />

Art machte er aber nie großes Aufhebens daraus.<br />

Seine ruhige und besonnene Art, seine vielseitige Begabung<br />

und seine ideellen Neigungen waren es, die Kurt Rockenbach<br />

zu einem liebenswerten Menschen machten. Große Geselligkeiten<br />

lagen ihm nicht. Im kleinen Freundeskreise fühlte er<br />

sich wohl. Dort kamen dann sein geschulter Geist, verbunden<br />

mit seinem feinen Humor, zum Tragen. Seine bescheidene<br />

Lebensführung ohne jeglichen Aufwand vervollständigt seine<br />

Persönlichkeit. Es ging Kurt Rockenbach immer nur um die<br />

Sache. Wenn er eine solche als wichtig erkannt hatte, setzte<br />

er sich rast- und selbstlos dafür ein. Viele Beispiele bestätigen<br />

dies. Noch in seinen letzten Lebensjahren, bereits von<br />

dem unheilbaren Leiden erfaßt, das ihn schließlich niederwarf<br />

und von dem er und seine engsten Freunde wußten, war<br />

er noch unaufhaltsam tätig. So überwachte er wochenlang die<br />

Straßenverbreiterungsarbeiten um Rosenfeld aus kulturgeschichtlicher<br />

Sicht, führte Notgrabungen im Bubenhofer-Tal<br />

durch und leistete Entscheidendes bei der endgültigen Festlegung<br />

des Verlaufes der alten Römerstraßen im Kreis Balingen.<br />

Sein letztes Werk aber dürfte die Renovierung des<br />

Marktbrunnens der Stadt Rosenfeld gewesen sein, die ihn<br />

— wie er sagte — noch zu Tode plagen würde. In dieser<br />

wohlgelungenen Wiederinstandsetzung des Rosenfelder Marktbrunnens<br />

hat sich Kurt Rockenbach selbst ein bleibendes<br />

Denkmal gesetzt.<br />

Kurt Rockenbach wurde am 28. Juni 1899 in Nürnberg<br />

geboren. Seine Studienjahre verbrachte er in Hamburg. An<br />

der dortigen Universität war er später wissenschaftlicher<br />

Assistent für Geologie und Biologie. 1947 kam er nach Rosenfeld,<br />

das ihm von seinem Vater und seiner Großmutter, die<br />

aus Trichtigen stammte, bekannt war. Anfang dieses Jahres<br />

mußte Kurt Rockenbach in das Kreiskrankenhaus Balingen<br />

eingeliefert werden. Noch bei meinem Besuch zu Pfingsten<br />

sah es für ihn recht hoffnungsvoll aus. Leider aber verstarb<br />

er schon wenige Wochen später. Am 3. Juli 1967 wurde Kurt<br />

Rockenbach von seinem langen und schweren Leiden erlöst.<br />

Unter größter Anteilnahme aller Bevölkerungsschichten ist<br />

er am 5. Juli 1967 auf dem Rosenfelder Friedhof zur letzten<br />

Ruhe gebettet worden.<br />

Der Kreis Balingen hat einen überzeugten und ehrlichen<br />

Sachwalter aller seiner heimatkundlichen Belange, die Stadt<br />

Rosenfeld eine ihrer markantesten Persönlichkeiten, wir<br />

aber einen guten Freund verloren, den wir immer vermissen<br />

werden.<br />

61.) 1442 Dez. 23: Hans Späth erhält die Hälfte von Aichelau<br />

als württembergisches Lehen. Sein Bruder ist Albrecht Späth<br />

(Dok.Buch III, 84).<br />

62.) 1449 April 12: Heinrich Boss verkauft dem Hans<br />

Schwelher genannt Mettelhans die Sandwiese an der Brücke<br />

zu Daugendorf um 130 Pfund (U 351).i<br />

63.) 1449 Mai 31: Wilhelm von Stain von Jungingen<br />

verkauft an Jörg Burggraf einen Hof zu Kirchen bei Mochental-Munderkingen,<br />

Lehen Wilhelms von Gundelfingen,<br />

um 88 fl (U 672). Ob unser Jungingen? Vgl. Mitt. Hohz. 63,<br />

16 Anmerk.)<br />

64) 1450 Nov. 2: Ritter Burkart von Hainburg (Homburg?)<br />

und seine Frau Anna vom Stain, bekennen, daß ihr Streit<br />

mit Wilhelm von Stain von Jungingen über den Nachlaß<br />

der Barbara von Stain geborener von Reischach, Annas<br />

Mutter, wegen des Hofes zu Kirchen beigelegt ist. Siegler:<br />

Aussteller und seine Frau, Ritter Sigmund von Stain und<br />

Eberhard von Stain zu Emerkingen (U 673).<br />

65.) 1554 März 14: Hans Krausenbarth, Burger zu Trochtelfingen,<br />

und seine Frau Anna Holzelfing verkaufen an Pfaff<br />

Konrad, den Dekan zu Stetten u. Holstein ihre Wiese zu<br />

Stetten u. H. um 11 Pfund Heller (Dok.Buch V, 281). Am 22.<br />

Februar 1487 schenkte Pfaff Konrad diese Wiese zu einem<br />

Seelgerät ans Kl. Zwiefalten (ebenda V, 282).<br />

66.) 1456 März 18: Konrad Hermann von Riedlingen verkauft<br />

an Junker (Mettel-)Hans Schwelher ein Pfund Heller<br />

Zins aus einer Wiese zu Daugendorf um 20 Pfund. Siegler:<br />

Truchsess Heinrich von Ringingen und Benz Flur d. ältere zu<br />

Riedlingen (U 356). Schon am 9. März hat er 1 Pfund Hlr.<br />

aus der Haldenwiese um 20 Pfund an denselben veräußert<br />

(Dok.Buch II, 60b).


58 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

67.) 1458 Febr. 25: Die Junker (Mettel-)Hans Schwelher und<br />

Heinrich Truchsess von Ringingen, beide zu Riedlingen wohnhaft,<br />

siegeln dem Ulrich Müli von Unterstadion, der Zinsen<br />

ans Kl. Zwiefalten veräußert (U 1111). Die Siegel fehlen heute.<br />

68.) 1458 März 9: Hans Mayer genannt Fiel und seine Frau<br />

Greta Stoll zu Trochtelfingen verkaufen an die Heiligenpflege<br />

Maria und Georg in Wilsingen Wiesen und ein Hanfgärtlein<br />

um 19 Pfund Heller. Siegel der Stadt Trochtelfingen fehlt<br />

heute (U 1146).<br />

69.) 1458 Dez. 11: Schultheiß Benz Uelin zu Trochtelfingen<br />

siegelt für Hans Weißhaar zu Wilsingen. Siegel erhalten<br />

(U 1147).<br />

70) 1459 Jan. 8: Junker Heinrich Truchsess von Ringingen<br />

siegelt für den Gomaringer Kirchherrn Bartholomäus Jocher<br />

(früher in Gammertingen) und dessen Bruder Matthäus, Konventual<br />

zu Marchtal, betr. Hof zu Daugendorf (U 358). Ebenso<br />

siegelt er 1460 Nov. 11 für Anna Bachmaier betr. Güter zu<br />

Daugendorf und ist am 13. Mai 1461 zu Riedlingen seßhaft<br />

(U 359 und 360).<br />

71) 1462 Febr. 6: Vogt Konrad Braitnower zu Gammertingen<br />

verkauft an Georg Löser zu Zwiefalten seinen Hof zu<br />

Kirchen bei Munderkingen um 140 fl. Siegler: Junker Heinrich<br />

Truchsess (von Ringingen) und Junker Wolf Speth.<br />

Siegel erhalten (U 678).<br />

72.) 1463 Sept. 29: Jörg Truchsess von Ringingen entscheidet<br />

mit Abt Johannes von St. Georgen und Junker Jakob von<br />

Falkenstein einen Streit zwischen Kl. Zwiefalten und Peter<br />

Betzmann von Rottweil betr. Güter zu Bach (U 245).<br />

73) 1464 Dez. 3: Margaretha Bergerin, Witwe des (Mettel-)<br />

Hans Schwelher, verkauft an Johannes Werntz, Konventbruder<br />

zu Zwiefalten, und die Pfleger der Nikolauskapelle zu<br />

Mochental eine Wiese an der Donau. Siegler: Truchseß Heinrich<br />

von Ringingen (U 797).<br />

74.) 1466 April 27: Junker Heinrich Truchsess von Ringing'en<br />

siegelt dem Konrad Sindelin von Altheim b. Riedlingen,<br />

der Zinsen an die 11 000 Mägde der Kapelle Ensmad verkauft<br />

(U 539).<br />

75.) 1466 Mai 23: Siegel des Gammertinger Vogts Konrad<br />

Braitnower erhalten: U 435. Ein Jakob Berner (Biener!) sitzt<br />

zu Dürrenwaldstetten.<br />

76.) 1468 Juni 30: Margaretha Bergerin, Witwe des Mettelhans<br />

Schwelher von Ringingen, stiftet einen Jahrtag nach<br />

Zwiefalten für sich, ihren Mann, ihre Eltern, ihren ersten<br />

Mann Burkart von Sachsenheim mit Zustimmung ihres Sohnes<br />

Hans von Sachsenheim, nämlich die Kastenvogtei des<br />

Kirchensatzes mit Widdum und halbem Zehnten zu Willmandingen<br />

und 1 Scheuer daselbst, vorbehaltlich der Einlagerung<br />

ihrer Frucht und der Hälfte der Scheuer. Sie siegelt<br />

neben ihrem Sohne Hans (U 1279).<br />

77.) 1469 Febr. 3: Junker Heinrich Truchsess von Ringingen<br />

zu Riedlingen siegelt für Ulrich Pur von Daugendorf, der<br />

einen Acker verkauft (U 365).<br />

78.) 1469 Febr. 16: Heinrich Späth ist Bürge für die Brüder<br />

Wolf und Ludwig Späth, als sie an Hans Truchsess von Bichishausen<br />

den älteren ihr Dorf Kirchen bei Munderkingen<br />

um 3000 fl verkaufen, daneben bürgen Heinrich und Konrad<br />

von Reischach zu Dietfurt.<br />

79.) 1469 Juli 24: Jodokus Fuler (Fauler), Kaplan des Johannes<br />

Evang. Altars zu Niederveringen (Veringendorf) und<br />

die Pfleger desselben verkaufen an Johannes Werntz, Konventherrn<br />

zu Zwiefalten, und die Pfleger des Nikolausaltars<br />

zu Mochenwangen ein Gütlein zu Dürrenwaldstetten um 25 fl.<br />

Siegel der Stadt Veringen fehlt (U 437).<br />

80.) 1473 Febr. 23: Jörg Mürlin, Bürger zu Trochtelfingen,<br />

belehnt den Martin Schneider von Pfronstetten mit einem<br />

Gütle daselbst, das er von seinem Schwäher Benz Uelin geerbt<br />

hat. Zeugen: Benz Uelin, Vogt zu Trochtelfingen, Heinz<br />

Schimpfer aus Feldhausen, Hans Beringer von Pfronstetten<br />

und Klaus Schneider, Martins Bruder. Siegler: Hans Murer,<br />

Schultheiß zu Trochtelfingen. Siegel fehlt heute (U 141).<br />

81.) 1474 März 1: Hans von Sachsenheim (Stiefsohn des<br />

verst. Mettelhans Schwelher) bestätigt die Stiftung seiner<br />

Mutter in Willmandingen (Nr. 76), nachdem er zuerst die des<br />

halben Zehnten und der Scheuer bestritten gehabt, da diese<br />

als Beweisung und Widerlegung nach ihrem Tod den Erben<br />

des Mettelhans Schwelher (von Ringingen) heimgefallen und<br />

von ihm denselben abgekauft seien. Siegler: Aussteller, Konrad<br />

Uelin als Burgermeister zu Reutlingen, Johann Stählin<br />

als Stadtschreiber daselbst u. Werner Urach, Richter (U 1280).<br />

82) 1476 Januar 29: Benz Uelin, Vogt zu Trochtelfingen und<br />

Heinz Späglin, genannt Hosser daselbst, belehnen den Konrad<br />

Acker mit ihrem Hof zu Wilsingen. Siegel der Stadt<br />

Trochtelfingen erhalten (U 1149, 1150).<br />

83.) 1476 Dez. 6: Truchseß Konrad von Ringingen zu Neuhausen<br />

siegelt für die Gemeinde daselbst (Dok.Buch 6, 54b).<br />

84.) 1478 Apr. 8: Burkart von Freyberg zu Neusteußlingen<br />

entscheidet zwischen Landhofmeister Hans von Bubenhofen<br />

(wegen der Leute von Feldhausen, Harthausen und Kettenacker)<br />

und dem Kl. Zwiefalten (wegen seiner Leute zu Tigerfeld)<br />

über ein Recht im Hart und Attentat (U 1080).<br />

85) 1479 März 15: Junker Konrad Truchsess von Ringingen<br />

zu Neuhausen siegelt eine Verkaufsurkunde des Hans Egen<br />

des älteren von Dettingen im Urachertal betr. Güter zu Dettingen<br />

(U 430).<br />

86) 1481 März 2: Junker Fritz Schenk, Pfleger zu Wartstein<br />

an der Lauter siegelt (Siegel aufrechte Hirschstange)<br />

(U. 247). (Im Jahre 1507 gab Graf Eitelfritz von Zollern die<br />

verbrannte Burg Wartstein an Hans Späth von Granheim gegen<br />

ein Viertel am Dorf Ringingen.)<br />

87.) 1484 Nov. 5: Anna Diem zu Dietfurt verkauft an Anna<br />

Dietz zu Ittenhausen ihren Hof hierselbst um 295 Pfund, der<br />

nach Hettingen vogtbar ist. Siegler: Junker Hans von Mulfingen,<br />

Vogt zu Sigmaringen, und Junker Marquard von<br />

Ramsperg zu Dietfurt (U 636).<br />

88) 1491 April 19: Mathis Schmid von Veringen verkauft<br />

Gülten ans Kirchlein der 11 000 Mägde zu Ensmad. Siegler:<br />

Vogt Hans Klenck und Michel Kastner, beide zu Gammertingen<br />

(U 541).<br />

89.) 1493 Juli 2: Hans Mur, Schultheiß zu Sigmaringen und<br />

Jörg Laußer des Gerichts zu Zwiefalten, schlichten einen<br />

Streit zwischen den Pfarreien Laiz und Bingen über den<br />

Zehnten zu Hargarten (wo?) (U. 308).<br />

90) 1495 Dez. 7: Die Brüder Reinhard, Georg und Hans Spät<br />

von Schülzburg, Wolfs Söhne, verkaufen an Hans Kaspar von<br />

Bubenhofen die Dörfer Oberstetten Oedenwaldstetten, Aichenloch<br />

(Aichelau) und den Hof Maßhalderbuch um 9 500 fl<br />

(U 210). Im Jahre 1497 verkauft er alles an Zwiefalten um<br />

9 350 fl mit Siegeln des Hans Heinrich von Bubenhofen des<br />

Ausstellers und seines Bruders Wolf (U 241).<br />

91.) 1504 Mai 7: Peter Schmid, genannt von Stetten, ist zu<br />

Gönningen seßhaft. Siegel der Stadt Trochtelfingen abgegangen<br />

(U 1155).<br />

92.) 1506 Dez. 25: Hans Späth zu Granheim (Gronau) gesessen,<br />

ebenso 1509. (Derselbe hat ein Viertel Ringingens an<br />

Zollern gegeben: 1507.) Ein Großhans Späth erscheint 1511<br />

als Sohn des Heinrich Späth, der um Martini 1506 starb;<br />

wohl identisch mit Hans (Pfeilsticker, Neues württbg. Dienerbuch<br />

Nr. 1576; erschien 1957 ff.).<br />

93.) 1507 Mai 3: Konrad Mürlin zu Trochtelfingen verkauft<br />

1 Gütlein zu Wilsingen an die Heiligenpflege St. Jörgen daselbst.<br />

Siegel der Stadt Trochtelfingen abgegangen (U 1156).<br />

94.) 1507 Juni 2: Obervogt Michel Käß zu Trochtelfingen<br />

siegelt (U 1157).<br />

95.) 1517 Febr. 28: Konrad Mürlin zu Trochtelfingen verkauft<br />

an Klaus Scherer von Gammertingen das Eigentum<br />

seines Hofes zu Pfronstetten um 80 Pfund Heller unter dem<br />

Siegel des Burkart Fattlin, Schultheißen zu Trochtelfingen<br />

(U 944).<br />

96.) 1513 Jan. 12: Hans Murr zu Urach verkauft an Thomas<br />

Brälin, Pleban zu Oberstetten, seine Hälfte des Acker'schen<br />

Erblehens zu Wilsingen um 78 rh. Gulden weniger 10 Schilling<br />

Heller (U 1159).<br />

97) 1514 Okt. 30: Meister Berthold Mürlin, Kirchherr zu<br />

Trochtelfingen, verkauft an Abt Sebastian vom Kl. Zwiefalten<br />

sein Recht an Konrad Eberlins Gut zu Oberstetten. Siegel<br />

des Michael Keß, Vogt zu Trochtelfingen, abgegangen (U 892).<br />

98) 1532 Mai 20: Felix Werdenberger, Vogt zu Trochtelfingen,<br />

vergleicht als Gemeinmann die Gemeinden Harthausen<br />

und Wilsingen über Trieb und Tratt, und siegelt (U 1163).<br />

99.) 1608 erscheint zu Trochtelfingen der fürstenbergische<br />

Untervogt Andreas Wey (U 1173), zu Wilsingen ein Georg<br />

Zeiler (U 1172), Wey auch 1609. Im Jahr drauf heißt er Vogt<br />

(U 1176). Vom 8. Februar 1610 datiert eine Urkunde mit Siegel<br />

des Anton Bregenzer, Pfarrers zu Trochtelfingen (U 1175).<br />

100.) 1616 Mai 4: Pfarrer Martin Sauter zu Langenenslingen<br />

(schon 1613 dort) verkauft mit Zustimmung des Grafen<br />

Ernst Georg von Hohenzollern an Johannes Haß, Pfarrer zu<br />

Dürrenwaldstetten, eigene Grundstücke um 105 fl. Siegel des<br />

Dr. Joachim Rassler, hohz. Rat und Advokat der Grafschaft<br />

Veringen (U 548).<br />

101.) 1701 Febr. 11: Protokoll über den beabsichtigten<br />

Tausch des großen Zehnten zu Oberstetten samt Patronatsrecht<br />

von Seiten Hohenzollern-Hechingen ans Kloster Zwiefalten,<br />

gegen die diesem verpfändeten Orte Stetten und<br />

Hörschwag (Büschel 173),


Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 59<br />

Aus dem Sterberegister der Pfarrei Gammertingen<br />

Manche Pfarrer haben die laufenden Einträge im Totenbuch<br />

liebevoll mit einigen charakteristischen Beiworten ausgeschmückt.<br />

Außer dem Sterbetag steht oft der Beruf, das<br />

Alter des Verschiedenen. Wichtig für den Seelsorger ist die<br />

Mitteilung, ob der Verstorbene noch die hl. Sakramente der<br />

Buße, der Krankenölung und Wegzehrung empfangen hat,<br />

oder ob dies bei plötzlichem Tod nicht mehr möglich war.<br />

Tabellenartige Vordrucke waren bis etwa 1850 noch nicht in<br />

Uebung. Sie wurden aber von Geistlichen schon früher nach<br />

irgend einem Muster eingezeichnet. Bis dahin hat man die<br />

Einträge im fortlaufenden Text getätigt.<br />

Im folgenden werden Auszüge aus dem Totenbuch ab 1800<br />

dargeboten, die kulturell oder aus anderen Gründen von besonderem<br />

Interesse sind. Es sind Uebersetzungen, da in jener<br />

Zeit die lateinische Sprache in Uebung war, wie es das Rituale<br />

vorschrieb.<br />

Gammertingen gehörte bis 1806 den Freiherrn von Speth zu<br />

Zwiefalten („Die Herrschaft"). Die Landeshoheit über unser<br />

Gebiet ging damals an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />

über. Den gesamten Besitz und die verbliebenen Reste<br />

kaufte 1827 Fürst Anton Alois von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

— Das herrschaftliche Spital, eine Stiftung der Barone von<br />

Speth, wurde erst nach dem 2. Weltkrieg abgebrochen. (Heute<br />

am Fidelisweg). Es war außen mit Blumen und Sprüchen bemalt,<br />

die erst beim Abbruch unter der Tünche hervorkamen.<br />

— Die Todesfälle in Wien und anderen Orten Oesterreichs<br />

lassen eine engere Verbindung nach dort ahnen, die besonders<br />

auch wirtschaftlich begründet war. — Maler Ambrosius Reiser<br />

war tätig 1782 an der Stiftskirche in Hechingen, 1788 in<br />

Melchingen. Anton Reiser malte ebenfalls an der Kirche in<br />

Melchingen. Zum Eintrag 1814: Josef Anton Reiser, Obervogt,<br />

malte das ehemalige Hochaltarbild in der Pfarrkirche Gammertingen,<br />

das heute über dem Taufstein hängt, auch das<br />

Deckenbild im Treppenhaus des Schlosses dürfte von ihm<br />

stammen.<br />

1805 1. Juni Herr Fidelis Fauler, Oberschultheiß und durch<br />

30 Jahre Vorsteher der herrschaftlichen Oekonomie. Mit<br />

allen Sakramenten versehen.<br />

29. November Johannes Bugg, Der älteste in der ganzen<br />

Nachbarschaft, da er 1710 geboren ist. Ein vortrefflicher<br />

Mann und durch mehrere Jahre zweiter Consul. Versehen,<br />

sei es in der Kirche, sei es in seinem Hause. Oftmals.<br />

1806 Valentinus Burkhart, den ich als fleißigsten Mann kennenlernte:<br />

denn von ihm aus Ackersteinen und Bruchsteinen<br />

errichtete Mauern beweisen es. Für das Heil<br />

seiner Seele war er noch mehr besorgt als für den Leib.<br />

Ueber 70 Jahre alt, starb er mit allen Sakramenten<br />

versehen.<br />

15. November Herr Johann Peter Bieler, in kaufmännischen<br />

Diensten, wurde er hier im Gasthaus zur Krone<br />

vom Schlage gerührt. Mit der hl. Oelung allein ausgerüstet<br />

starb er, wie seine Papiere ausweisen 55 Jahre<br />

alt und wurde hier begraben.<br />

1807 Herr Franz Josef Sidler, ledig, aus der Unteren Mühle<br />

entstammend, Candidat der Philosophie, durch 40 Jahre<br />

Kammerer im Dienste des Hochw. Rom. Kaiserl. Fürsten<br />

und Abtes von St. Blasien und sein Sekretär. Er<br />

wurde hier vom Schlagfluß erfaßt, starb nach Empfang<br />

der hl. Oelung im 63. Lebensjahr.<br />

11. Dezember Franz Xaver Reiser, Dragoner unter dem<br />

landesfürstlichen, d. h. Sigmaringischen Militär, in einem<br />

Feldlazarett in Zieser im Brandenburgischen im<br />

28. Lebensjahr an Brustwassersucht.<br />

1808 11. Juli Frau Maria Agatha Geggel, Vorsteherin der<br />

Post. Mit allen Sakramenten versehen.<br />

15. August Franz Xaver Geiger von hier. Von unheilbarem<br />

Krebs angesteckt und nach 50 Jahren auf einem<br />

Wagen wiederum hierher ins Spital gebracht, von allen<br />

vernachlässigt. Da der Pfarrer nichts davon wußte,<br />

starb er ohne Sakramente.<br />

1810 12. Januar: Heute wurde durch einen überbrachten<br />

Brief aus Lindenmark in Oberösterreich mitgeteilt, daß<br />

dort am 24. Mai vergangenen Jahres Johanne Steinhart,<br />

Flickschneider, gestorben ist.<br />

17. Januar: Ignaz Sauter, Gardist des Herzogs von<br />

Württemberg durch 40 Jahre, starb 77 Jahre alt.<br />

1810 6. Juni Katharina Singerin, ein Mädchen von zirka 22<br />

Jahren, ohne Wohnsitz, die vor 8 Tagen in einem Reise-<br />

wagen hierher gebracht wurde (Rheda procaria). Sie ist<br />

seiner Zeit in Hermentingen geboren und wurde dort<br />

getauft und starb hier im Spital nach Empfang der hl.<br />

Sakramente.<br />

20. August Ein Brief aus Wien in Oesterreich bezeugt,<br />

daß der hier vor etwa 50 Jahren geborene und aus der<br />

Unteren Mühle stammende Herr Johann Nepomuck<br />

Sidler, von Jugend an im Dienste Hausmeister der Durchlauchtigen<br />

Prinzessin von Esterhazy, gestorben ist.<br />

13. November Anton Reiser, Maler, starb 70jährig.<br />

1811 18. Mai Die wohledle Frau Maria Anna von Wanner,<br />

geborene von Majerhofen, aus Scheer, von einem plötzlichen<br />

Streckfluß erfaßt; sie wurde bedingungsweise<br />

absolviert und bekam die hl. Oelung, ist im 58. Lebensjahr<br />

gestorben.<br />

1. Oktober Frau Maria Agatha Schmid, geb. Ott, aus<br />

Inneringen, Vorsteherin der Post, starb 35jährig vor<br />

ihrer Entbindung an Nervenfieber.<br />

1812 10. Februar starb in Neu Lerchenfeld bei Wien in<br />

Oesterreich Anton Sauter/Güetler, 34 Jahre alt.<br />

30. März starb hier der wohledle und gestrenge Herr<br />

Georg Gross von Würzburg. Hier 7 Jahre hindurch<br />

Obervogt, 38 Jahre alt.<br />

23. September In der Stadt Voeringen starb der hier<br />

geborene und verbürgerte Herr Evaristus Steinhart,<br />

Dr. der Medizin und Chirurgie, 51 Jahre alt.<br />

1813 6. März Michael Bayler, Kaminfeger.<br />

25. August Balthasar Binder, herrschaftlicher Kastenknecht.<br />

1814 8. Februar Herr Josef Anton Reiser, Maler und Obervogt,<br />

im 56. Lebensjahr gestorben.<br />

Emerentia Reiser, Tochter des Kreüzwirts, und Haushälterin<br />

im Pfarrhaus Seefelden bei Rottweil beim dortigen<br />

Pfarrer, der ein Bruder ihrer Mutter ist, 16 J. alt.<br />

9. Oktober Josef Reiser, Chirurg, 80 Jahre alt.<br />

1815 18. März Marquard Eisele von Bronnen, Soldat im<br />

württembergischen Heer, starb im Vorjahr im Feldkrankenhaus<br />

in Tettnang an Entkräftigung.<br />

Ambrosius Reiser, Maler, einst Oberbürgermeister, starb<br />

am 7. Oktober mit allen Sakramenten versehen, fast<br />

90 Jahre alt.<br />

10. Oktober Johannes Baptista Beck, genannt „Der<br />

Wiener", Chirurg, nicht ganz 50 Jahre alt.<br />

14. September In Lebenzona in Italien starb Philipp<br />

Göggel, Laienbruder der Fürstabtei in Einsiedeln, noch<br />

nicht 50j ährig.<br />

1813 starb in Wien in Oesterreich am 3. Januar Bierbrauer<br />

Josef Göggel von hier.<br />

28. Juni Sophie, Gräfin von Sickingen, starb, vorschriftsmäßig<br />

versehen, eines frommen Todes. Sie<br />

wurde im Schiff der Kirche direkt unter den Stufen<br />

beerdigt.<br />

14. Mai Karl Anton Reiser, Pfarrer und früherer Kamerer,<br />

mit allen Sakramenten versehen ,beendete sein<br />

Leben im 70igsten Jahre.<br />

21. September Franz Xaver Behr, herrschaftlicher Bote.<br />

In Würzburg stirbt das Kind Rudolfina des Franz Ludwig<br />

von Speth-Gammertingen, und der Freifrau Kreszentia<br />

geb. Gräfin v. Sickingen-Hohenburg, 13 Jahre alt.<br />

In Nesselhausen am 13. Oktober 1837 die Tochter Euphenia,<br />

17 Jahre alt, von denselben Eltern.<br />

Die Todesanzeige der letzten Baronin Speth lautete:<br />

Freifrau Josephine Zobel von Giebelstadt/Darstadt, geb.<br />

Freiin von Speth-Zwiefalten auf Gammertingen und<br />

Freifrau Maria Zobel von Giebelstadt-Darstadt, geborene<br />

Freiin von Speth-Zwiefalten auf Gammerdingen<br />

geben geziemend Nachricht, von dem höchstbetrüblichen<br />

Hinscheiden ihrer geliebten Mutter, der hochwohlgeborenen<br />

Frau<br />

Freifrau Creszentia von Speth-Zwiefalten auf Gammerdingen,<br />

geborenen Gräfin zu Sickingen-Hohenburg,<br />

Sternkreuzordensdame und Ehrendame des St. Thereresienstiftes.<br />

Sie starb zu Würzburg am 3. Juni 1865 im<br />

85. Lebensjahr infolge eines Herzleidens.<br />

31. Dezember 1841 starb in Mustapha in Algier Ludwig<br />

Stehle von Gammertingen im Militärhospital.<br />

Nikolaus Maier.


60 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1967<br />

Der Name Daigger (Daiker o. ä.) wird als Teiger erklärt<br />

(Mann, der mit Teig umgeht, Bäcker). Im 16. Jahrhundert<br />

erscheint er im Zollerischen als Toeker und vielleicht sogar<br />

Decker, wenn das c nicht aus i verlesen wurde. Die Ringinger<br />

Familie läßt sich zurückverfolgen bis 1590.<br />

1) Melchior D e u g k e r, des Wendelins Sohn, zu Starzein<br />

1590. Er heiratete 1595 mit Anna Schmid von Ringingen<br />

und zog von Starzein fort. Er ist 1609 zu Ringingen herrschaftlicher<br />

Ochsenknecht, und wohnte in Hs. 89 unterm<br />

Nähberg „im Khai".<br />

2) Christian, Sohn von 1, ist 1622 im Hs. 89 nachweisbar.<br />

3) Jakob, starb 1663.<br />

4) Martin, wohl von 1, in Hs. 34 im J. 1666. Er hatte 1656<br />

die Ursula Quintlin geheiratet und starb 1675 an der Pest.<br />

4a) Mathias, wohl Sohn von 2, starb 1667.<br />

5) Michael von 2 in Hs. 90, heir. 1648 die Maria Gfrörer von<br />

Stetten b. Hechg. und 1656 eine andere Ursula Quintlin;<br />

beide starben 1675.<br />

6) Christian von 2, in Hs. 89, heir. 1658 mit Barbara Vogel<br />

und lebt noch 1714.<br />

6a) Maria von 2, heir. 1671 den Johann Martin in Hs. 25.<br />

7) Jakob von 4 in Hs. 30, heir. 1672 die Elisabeth Frey von<br />

Hs. 68 und 1675 die Katharina Kraus, Witwe des Friedrich<br />

Beck.<br />

8) Christian von 5, in Hs. 90a; er ist noch 1714 und 1728<br />

erwähnt.<br />

9) Johann von 5 in Hs. 90, gb. 1658, heir. 1683 die Margaretha<br />

Böhler (Bailer), Tochter d. Jakob. Haben 5 Kinder.<br />

10) Michael von 6, in Hs. 90, heir. 1684 die Anna Werner, ist<br />

1693—1700 Mesner. Kinder: Christina, Maria und Josef.<br />

11) Christian von 6, Gabelmacher i. Hs. 89, heir. 1688 die<br />

Maria Dorn.<br />

12) Andreas von 6, gb. 1664, starb 1745, heir. 1687 die Maria<br />

Beck in Hs. 25.<br />

13) Augustin von 6, in Hs. 90, heir. 1697 die Anna Mar. Bailer<br />

des Jakob jun.; Augustin starb 1723, war 1701 Lehrer<br />

bzw. Schulmeister.<br />

14) Michael von 9, i. Hs. 84, heir. 1717 die Magdalena Frey<br />

und 1718 die Maria Stelzle und 1728 die Maria Stopper.<br />

15) Josef von 10, in Hs. 95, Mesner, heir. 1720 die Regina<br />

Nadler und 1725 die Theresia Brunner und 1735 die Anna<br />

Mar. Widmann. Er starb 1763 als Bettler.<br />

16) Andreas von 11, in Hs. 89, heir. 1713 Barbara Maier, wird<br />

1724 mit 5 Kindern gefirmt.<br />

17) Josef von 11, gb. 1699, heir. 1735 in Hs. 89 mit Eleonore<br />

Nadler des Mich. Josef starb 1758 mit 60 Jahren.<br />

18) Josef von 12.<br />

19) Didakus von 12, heir. 1742 ins Hs. 23 die Cäcilia Dietz<br />

des Josef von Hs. 21.<br />

19a) Anna von 12, heir. 1735 den Witwer Christian Dorn in<br />

Hs. 74.<br />

20) Susanna von 12, heir. 1767 den Nizetas Kramer, Hs. 121.<br />

21) Johann von 13, i. Hs. 73, Weber, heir. 1724 Franziska<br />

Stopper des Franz und starb 1758.<br />

22) Georg von 13 i. Hs. 79, gb. 1702, heir. 1728 Anna Mar.<br />

Wahl und 1743 die Juliana Rueß. Ist 1745—61 Schultheiß<br />

und starb 1771.<br />

23) Aurelius von 13, in Hs. 40, Lehrer, heir. 1736 die Anna M.<br />

Pfister d. Josef.<br />

24) Augustin (oder Josef?) von 13.<br />

25) Paul von 15 i. Hs. 93, gb. 1735, heir. 1772 Kordula Kohler<br />

d. Jud. Thadd. und 1794 die Barbara Schenzle.<br />

26) Peter von 15, i. Hs. 95, gb. 1737, heir. 1765 Monika Kaus<br />

von Bechtoldsweiler.<br />

27) Josef von 15, vielleicht 1763 gestorben, wo wenigstens<br />

einer dieses Namens im Totenbuch steht.<br />

28) Kaspar von 21, gb. 1739, Weber i. Haus 52, heir. 1764<br />

Theresia Kraus des Franz Xaver. Sie 1720—92.<br />

29) Augustin von 21, i. Hs. 90, gb. 1727, heir. 1757 Katharina<br />

Dorn. Ihr Kind hieß Margaretha. Er heir. wieder 1772 mit<br />

Anna Mar Dietz.<br />

30) Augustin von 22, gb. 1731.<br />

30a) Michael von 22, i. Haus 79, heir. 1773 Elisabeth Stecher<br />

des Gregor von der Seemühle.<br />

31) Gregor von 22, i. Hs. 24, gb. 1748, heir. 1767 Anna M.<br />

Nadler des Michael und 1777 mit Afra Dorn des Johann.<br />

Gregor ist Schultheiß 1791—1806.<br />

32) Katharina von 23, heir. 1782 Josef Beck i. Hs. 40.<br />

33) Jakob von 23, heir. 1771 Anna Neser des Josef.<br />

34) Agnes von 25, 1780—1818, heir. 1800 den Franz Wahl des<br />

Joachim i. Hs. 93. Franz lebte 1773—1847.<br />

Die Daigger (Dayker) zu Ringingen<br />

Von J. A. K r a u s<br />

35) Josef von 26, Weber i. Hs. 94, 1769—1815, heir. 1794 Mar.<br />

Ursula Ott d. Joh. und der Anna gb. Kraus des Markus.<br />

Sie lebte 1762—1834.<br />

36) Kaspar von 28, i. Hs. 52, gb. 1739, heir. 1764 Theresia<br />

Kraus d. Xav. 1720—1792 und zum zweitenmal 1794 Franziska<br />

Ott von Sigmaringen und ein drittes Mal Sophie<br />

Bailer des Sebastian.<br />

37) Georg von 30, i. Hs. 79, 1780—1838, heir. 1810 Dorothea<br />

Rueß d. Josef und d. Rosina gb. Neser, 1779—1860.<br />

37a) Regula von 30, 1781—1833 mit ill. Sohn von Johann<br />

Kraus namens David Kraus, der nach Straßberg heiratete.<br />

38) Longin von 35, i. Hs. 94, 1794—1869, heir. 1828 Johann<br />

Hascher des Andreas, 1798—1869.<br />

39) Christian von 36, i. Hs. 52, 1809—1839, heir. 1831 Judith<br />

Dietz d. Alex und der Klara gb. Dorn, 1810—71, die in 2.<br />

Ehe den Christian Dorn d. Eugen heiratete, der 1803—76<br />

lebte.<br />

40) Josef von 37 i. Hs. 79, 1811—84, heir. 1834 Ottilie Beck d.<br />

Anton, 1812—90.<br />

41) Benjamin von 38, heir. 1860 nach Schlatt, 1838—1898.<br />

42) Kunigunde von 38, i. Hs. 94, 1834—1907, heir. 1860 Johann<br />

Faigle d. Franz (von Hs. 118). Er ging nach Amerika,<br />

ohne sie!<br />

43) Josef von 38, ledig, Mesner um 1895, lebte 1830—99.<br />

43a) Sophie von 39, gb. 1832, heir. 1851 nach Hausen i. Kill.<br />

44) Sebastian von 39, 1838—1894, in Hs. 52, heir. 1864 Emma<br />

Dietz d. Ignaz, 1837—88. Sebastian stürzte in der Scheune<br />

zu Tode.<br />

45) Michael von 40, i. Hs. 79, 1834—1902, heir. 1868 Franziska<br />

Faigle d. Fridolin von Hs. 117. Sie 1843—1926.<br />

45a) Anton von 40, gb. 1837, starb 1878 in Amerika.<br />

45b) Georg von 40, gb. 1839, ging nach St. Louis in Amerika.<br />

45c) Patrize von 40, gb. 1841, ging nach Amerika.<br />

45d) Dorothea von 40, 1844—1902, heir. 1864 den Andreas<br />

Emele i. Hs. 4, 1839—1898. Deren Kinder: 1) Lidwina<br />

1865—1923, heir. Anton Dieter; 2) Josef Emele 1867—1947,<br />

heir. 1893 Franziska Räch, i. H. 106. Sie 1866—1960. 3) Ottilie<br />

Emele 1872—1957, heir. 1898 Sebastian Ott d. Makkar.<br />

45e) Benedikt von 40, gb. 1846; ging nach Amerika.<br />

45f) Sara von 40, gb. 1849, gestorben dahier am 27. Mai<br />

1935. Ihre Tochter von Maurer Selg von Oberzell<br />

bei Ravensburg hieß Sophie, gb. 1875, heir. 1897 den<br />

Gottfried Kraus. Sie starb 1945, Hs. 37.<br />

45g) Judith von 40, 1853—1938, heir. 1873 den Metzger Josef<br />

Neser, 1849—1924, kinderlos, Hs. 122.<br />

45h) Anna Maria von 40, 1858—84, heir. 1881 mit Schuster<br />

Anton Dieter, 1857—1904. Dessen zweite Frau war Lidwina<br />

Emele d. Andreas 1865—1923, Hs. 4.<br />

46) Johann Bapt. von 31 i. Hs. 24, 1783—1863, heir. 1804 Maria<br />

Bailer des Johann von Hs. 98, 1783—1840.<br />

47) Christian von 44, i. Hs. 52, 1865—1949, heir. 1895 Johanna<br />

Bailer des Michael von Hs. 106, 1872—1959.<br />

48) Ignaz von 44, 1870—1936, Kaufmann in München.<br />

49) August v. 44, 1872—1945, Postamtmann in Bad Cannstatt.<br />

50) Konrad v. 44, 1875—1943, Kaufmann in Landau i. d. Pfalz.<br />

51) Josef von 45, i. Hs. 79, 1877—1933, heir. 1901 Theresia Rist<br />

des Gottlieb von Hs. 134, kinderlos. Sie 1875—1966.<br />

52) Anton von 45, i. Hs. 74, gb. 19. Januar 1880, gest. Mettwinkel<br />

24. November 1907.<br />

53) Michael von 46, i. Hs. 24, 1805—64, heir. 1840 Agnes<br />

Pfister des Hilari von Hs. 68, 1806—77.<br />

54) Georg von 46; 1815—89 i. Hs. 120, heir. 1856 Franziska<br />

Hipp des Baltas von Hs. 50, 1830—1902.<br />

55) Christina von 46; heir. 1835 den Witwer Mathias Beck<br />

in Haus 109.<br />

56) Gregor von 47, i. Hs. 52, gb. 1902, heir. 1932 Rosa Hochsticher<br />

des Marks.<br />

57) Josef von 47, gb. 1905, heir. 1929 ins Hs. 134 die Barbara<br />

Rist des Jakob.<br />

58) Johann von 54, i. Hs. 120, 1857—1905, heir. 1890 Anna M.<br />

Maier von Hs. 96, 1870—1929.<br />

59) Michael von 54, i. Hs. 120, 1876—1939, heir. 1906 die genannte<br />

Witwe Anna M. gb. Maier.<br />

60) Gregor von 57, i. Hs. 120, gb. 1903, heir. 1933 Mechtilde<br />

Daigger von Meldungen, gb. 1903. Zwei Brüder Gregors<br />

sind im 1. Weltkrieg gefallen.<br />

61) Elisabeth von 58, gb. 1906, heir. 1934 ins Hs. 35 mit Christian<br />

Schmid d. Karl von Hs. 111, gb. 1907.<br />

Diese Zusammenstellung macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit,<br />

will nur im Großen den genealogischen Zusammenhang<br />

zeigen. Interessenten könnten noch manche Einzelheit<br />

dazu ergänzen. Siehe folgende Seite!


Jahrgang [967 HOHENZOL.LERISCHE HEIMAT 61<br />

Nach einer Urkunde vom 13. Oktober 1457 haben Heinz<br />

Rüsch von Ringingen („Ringen"!) und seine Gattin Anna<br />

Schuolerin, derzeit Pfründner im Kloster zu Pfullingen, um<br />

ihres besseren Nutzens willen dem Frauenkonvent Pfullingen<br />

(st. Clauren Ordens) ihren Hof zu Mähringen uf den Härdern<br />

(7 Km südöstlich von Tübingen) verkauft. Den Hof bebaute<br />

derzeit Ital Rieh. Ferner veräußerten die beiden ihren Teil<br />

und ihre Rechte an der Vogtei daselbst mitsamt der Wiese<br />

im Brühl in Größe von 2 Mannsmahdt und allen Zubehör,<br />

wie sie alles von Werner Urrich dem älteren erworben gehabt,<br />

samt lVa Juchart Acker daselbst, den sie vom genannten<br />

Ital Rieh erwarben. Der Erlös betrug dritthalbhundert und<br />

vierzig (290!) rheinische Gulden. Der Hof warf jährlich 1<br />

Pfund 5 Schilling Heller ab, als Gilt. Als Siegler erbaten<br />

die Verkäufer den vesten und weisen Junker Hans von<br />

Mälchingen und Eberhard Becht- einen Richter von Reutlingen.<br />

Der Brief war ausgestellt am nächsten Dornstag vor<br />

St. Gallentag, da man zählte tausendvierhundertfünfzig und<br />

sieben Jahre. (Staatsarch. Stuttgart: Pfullingen A 514, Nr. 262).<br />

Dieser Hans von Mälchingen wird 1462 letztmals erwähnt<br />

(Mitt. Hohz. 33, 8). Von der Familie Rüsch weiß niemand<br />

mehr. Entweder war sie kinderlos, oder ihre Kinder waren<br />

schon versorgt. Offenbar hatten sie schon länger die Alb<br />

verlassen und sich im Unterland niedergelassen. Die Frau als<br />

geborene Schuolerin dürfte aus dem Killertal gestammt haben.<br />

Die beiden, die ziemlich begütert gewesen sein müssen,<br />

hatten sich im Klarissenkloster Pfullingen zur Ruhe gesetzt.<br />

Der Name Ringingen erscheint in der Urkunde als<br />

Ringen, wie auch 1291 Jungingen zu Jungen zusammengezogen<br />

wurde. Der Familienname Rüsch dürfte mit dem<br />

schweizerischen Ort Rüsch zusammenhängen, auf den wohl<br />

auch die längere Form Rüscher-Riescher zurückgeht. Krs.<br />

a) Nachtrag zu den Daigger in Ringingen und Melchingen:<br />

Die 1804 heiratenden Eheleute Johann B. Daigger 1783—1863<br />

und Maria Bailer 1783—1840 zu Ringingen hatten fünf Kinder:<br />

a) Michael 1805—64, heir. 1840 Agnes Pfister d. Hilari<br />

1806—77. b) Alois 1808—97, heir. nach Melchingen mit der<br />

Lehrerstochter Klara Faigle von dort, c) Christina 1811—66,<br />

heir. 1835 mit Mathias Beck in R. d) Georg 1815—89, heir.<br />

1856 Franziska Hipp, e) Afra 1822—77, heir. 1848 den Johann<br />

Adam Hipp des Jakob, 1825—83. Deren Tochter Maria heiratete<br />

nach Kaiseringen einen Bantle und leitete dort<br />

Namen Afra weiter. — Kinder des Alois Daigger zu<br />

Melchingen: a) Gottlieb 1843—1919, heiratete 1868 Theresia<br />

Maichle. b) Katharina, ledig. Kinder des Gottlieb in Melchingen:<br />

a) Klara, verehelichte Faigle. b) Alois 1870—1949,<br />

heir. 1899 Mathilde Emele 1875—1956. c) Maria, heir. den<br />

Dreher Dorn in M. d) Oskar, starb als Arzt 1910 ledig in<br />

Staufen i. Brsg. und wurde nach Melchingen überführt,<br />

e) Eugenie, heir. einen Maichle. f) Katharina, heiratete den<br />

Lehrer Abt, der dann in Ostrach wirkte. Kinder des Alois<br />

in M.: a) Julius, geb. 1898, heir. Brigitte Schanz, b) Theresia,<br />

geb. 1900, heir. einen Barth, c) Mechtilde, geb. 19. Sept. 1903,<br />

heir. nach Ringingen zurück den Gregor Daigger des Johann<br />

1934. Deren 1935 geborene Tochter Anna heir. in Ringingen<br />

den Johann Emele des gefallenen Josef. (Frdl. Auskünfte von<br />

H. H. Pfr. Höll-Salmendingen und Frau Mechtild Daigger-<br />

Ringingen.)<br />

b) Nachtrag zu Schloß Straßberg: Der bisherige Bewohner<br />

Dr. Schneider-Leyer hat inzwischen das Schloß Scheer gekauft,<br />

während Dr. Ing. Laschimke, Metallurge zu Lauchertal,<br />

bisher in Sigmaringen, das Schloß Straßberg erwarb.<br />

Baldensteins Lage ist unbekannt<br />

Leider! Zwar nach den Ausführungen in H. H. 1967, 48,<br />

könnte man meinen, dies sei nicht der Fall. Allein mit Beweisen<br />

oder auch nur Anhaltspunkten für die Richtigkeit<br />

der Behauptung, der Ort finde sich zwischen Veringenstadt<br />

und Inneringen auf dem sog. Veringerfeld ist es sowohl dort<br />

als bei Dr. E. Zillenbiller im Veringer <strong>Heimat</strong>buch sehr<br />

schlecht bestellt. Beweise werden überhauptnichtversucht,<br />

kein diesbezüglicher Flurname angegeben und auch<br />

nicht gesagt, daß diese Lokalisierung (als Versuch!) nicht neu,<br />

sondern von Seb. Locher stammt und in den Mitteilungen des<br />

Hohz. <strong>Geschichtsverein</strong>s Jg. 4, 1870, Seite 35, ohne jeden Beweis<br />

zu lesen ist und von König-Müller bei der Herausgabe<br />

der Zwiefalter Chroniken einfach übernommen wurde. Der<br />

Historiker Arsenius Sulger nennt in seinen Annalen von<br />

Zwiefalten 1698 den Ort Baldenstein S. 77, 81, 313 und sucht<br />

ihn (außer bei Inneringen) S. 276 auch bei Wimsen ! Er<br />

war somit selbst sehr im Unklaren. Die Angabe des hohenzollerischen<br />

Kunstdenkmälerwerks II, S. 389 geht auf Locher<br />

zurück und beweist somit gar nichts. Nebenbei gesagt irrt<br />

sich Zillenbiller in der Angabe, das abgegangene O s t h e i m<br />

habe auch auf dem genannten Veringerfeld gestanden. Es ist<br />

am Oesterberg bei Riedlingen abgegangen (OA.-Beschr. Riedlingen<br />

S. 618).<br />

Reine Vermutung dürfte es sein, die Mühle Baldenstein<br />

habe in der Nähe der heutigen Volksschule Veringenstadt<br />

bei Jungeiis Wiese an der Laudiert gestanden. Das wären<br />

ja mehr als 2,5 bis 3 km vom Veringerfeld entfernt, wo<br />

der Weiler und spätere Hof Baldenstein gesucht werden will.<br />

Dies klingt im höchsten Grade unwahrscheinlich und erregt<br />

schwerste Bedenken! Beweise sucht man vergebens! Zwar<br />

nennt das Habsburger Urbar von ca. 1316—13 bei Veringen<br />

viele (mindestens vier) Mühlen, aber keine mit Namen Baldenstein.<br />

Nach der Urkunde vom 4. Juli 1329 erhielt der Graf<br />

Heinrich von Veringen vom Kloster Zwiefalten den H o f zu<br />

Baldenstein, darauf er Vogt und Herr war, auf die nächsten<br />

sechs Jahre zur Nutznießung für die gewöhnliche Jahresgilt.<br />

Wollte er diese nicht entrichten, so sollten dem Kloster dafür<br />

seine Vogtrechte über diesen Hof, sowie über den Hof und die<br />

Mühle zu Wimsen (Wimsheim) zufallen (Zwiefalter Urkunde<br />

Nr. 466 in Stuttgart, was in H. H. 1967, S. 37 Nr. 8 vom<br />

Drucker irrig weggelassen wurde samt dem Zusatz: „Im<br />

Repertorium Zwiefalten II. 678 heißt es: Baldensteinist<br />

bei Wimsen abgegangen").<br />

Wieso aus dem Wortlaut der Urkunde die Lage Baldensteins<br />

bei Veringenstadt hervorgehen soll, ist völlig<br />

unerklärlich. Eher ist eine solche bei Wimsen anzunehmen.<br />

Der Name Baldenstein deutet auf einen bedeutenden Stein<br />

oder Felsen und die dortige Mühle des 12. Jh. auf einen<br />

Wasserlauf. Solange also keine näheren Gegenbeweise<br />

vorliegen, haben wir es mit dem Verfasser des Stuttgarter<br />

Repertoriums zu halten: Baldenstein ist mit seiner Mühle bei<br />

Wimsen oberhalb Zwiefaltens abgegangen! Krs.<br />

Uf dem Grinig unter der Linde zu Kirchzarten fand nach<br />

dem Rodel von 1395 das Ding-Gericht statt. Man durfte kein<br />

Wasser aus dem Grinig schlagen, an den viele Grundstücke<br />

grenzten. Fünf Schilling Strafe zahlte der, auf dessen Gütern<br />

man es fand (Festbuch Kirchzarten zur Zwölfjahrhundertfeier<br />

1967 S. 182, 206, 257). Der Bearbeiter Dr. Max Weber<br />

kann das Wort Grinig (1418 Gryning) nicht erklären, wohl<br />

aber innerhalb des Dorfes lokalisieren. Er meint, wegen des<br />

„Wasserschlagens" sei dort ein Brunnen gewesen oder ein<br />

Bach geflossen, was schwerlich stimmt. „Die Wasserschläge"<br />

heißt im nahen Littenweiler ein Walddobel, in dem Quellen<br />

zur Wasserleitung gefaßt sind. Wasserschlagen scheint also<br />

soviel zu meinen, als „Wasser ergraben und ableiten". Nach<br />

M. R. Bucks Flurnamenbuch bedeutet Grien soviel wie<br />

Gries, Sand, Kies-Bank. Daß solche im Dreisamtal auch<br />

Wasser enthalten, liegt nahe. Grinig dürfte eine erweiterte<br />

Form von Grien, K i e s b a n k, darstellen. Krs.<br />

Interessante Funde machte man neulich bei Hüfingen in<br />

einem Begräbnisplatz der Merowingerzeit. Dort kamen im<br />

Holzkistengrab eines adeligen Kriegers aus dem siebten<br />

Jahrhundert zwei schöne Metallscheiben mit geprägten Darstellungen<br />

eines Reiterheiligen und der Madonna zum Vorschein,<br />

also unzweifelhaft christliche Bilder. Schon vor einigen<br />

Jahren fand man in Württemberg (m. W. in Steinheim)<br />

ein sog. Goldplattkreuz, das am Schnittpunkt der Balken<br />

einen Christuskopf zeigt.<br />

Die Ziegler wurden 1489 in Tuttlingen ebenso beaufsichtigt,<br />

wie die Müller, Becken, Wirte und Metzger. Die Ziegelschauer<br />

mußten geloben bei ihrer Treue an Eides Statt: Wenn<br />

der Ziegler einen Brand fertig und die Ware aus dem Ofen<br />

getragen hat, müssen sie die Arbeit beschauen. Falls sie keine<br />

Gewähr zu bieten scheint, sollen sie dieselbe auf ihren wahren<br />

Wert schätzen und dabei nichts anderes walten lassen als<br />

Ehrlichkeit, ohne jede Hinterlist. Die Ziegelhütte wurde vom<br />

Schultheiß und Gericht folgendermaßen verliehen: Wenn der<br />

Ziegler einen Brand tut, soll er ihn der Stadt acht Tage lang<br />

zur Verfügung halten. Dabei hat er das Tausend „Ziegel unter<br />

Dach" um 1 Pfund 2 Schilling und 1 Tausend Oberziegel um<br />

1 Pfund Heller zu geben und 1 Fuder Kalk um 9 Schilling.<br />

Er hat die Hütte mit Ziegel zu decken. Falls ers nicht tut, und<br />

die Hütte wird geschädigt, so hat er den Schaden den Bürgern<br />

zu ersetzen. Der Herausgeber des Stadtbuchs, Prof. Dr. Eimer,<br />

verstand unter „Ziegeln unter Dach" die Backsteine,<br />

was jedoch nicht so ganz sicher ist. Man könnte auch an<br />

Oberdach- und Unterdachziegel denken, also Hohlziegel mit<br />

der Höhlung nach oben („Münch") und nach unten „Nonnen").<br />

Letztere brauchten eine Nase zum Aufhängen und waren daher<br />

teurer. Das Wort Ziegel kommt vom lat. tegula, tegere =<br />

decken. Drei Mödel, ein Hebeisen, 1 Ber- oder Formeisen,<br />

1 Bickel, 2 Hauen, 1 Hammer und anderes Ziegelwerkzeug in<br />

der Hütte gehören den Bürgern. Krs.


62 HOHKNZOLLKRISCHEHEIMAT Jahrgang 1967<br />

Die Laudiert (1267 Locha) hat noch im Elsaß bei Colmar<br />

westlich von Breisach eine Schwester „La Lauch (1259<br />

Louchach) und eine weitere in Lauche, die in der Schweiz<br />

der Murg zustrebt. Während Michel Buck 1881 in seinem<br />

Flurnamenbuch meinte, das Wort sei kaum deutsch, und Otto<br />

Springer es als W a 1 d b a c h erklären wollte (loh = Wald),<br />

stellen neuere Forscher das Wort zu den Wörtern Lauch,<br />

Schnittlauch (solchen gibt es als „Lauchelen" massenhaft im<br />

Quellgebiet der Lauchert am „Fürchtle" des Ringinger Talwieses)<br />

und Locke und somit zum indogermanischen 1 u k,<br />

lug, was biegen bedeutet (russisch 1 u k der Bogen, griechisch<br />

1 y g o s biegsamer Zweig). Lauchert wäre somit ein<br />

Wasserlauf mit vielen Biegungen, was wohl stimmen<br />

dürfte.<br />

Schwelher Hans, ein bisher unbekannter Bruder oder eher<br />

frühverstorbener Sohn des edlen Peter Schwelher von<br />

Straßberg siegelte laut freundl. Mitteilung des Herrn Staatsarchivrats<br />

Dr. Natale-Sigmaringen am 10. Juli 1500 zusammen<br />

mit Wolf von Bubenhofen eine Urfehde des Hans Zech<br />

von Laufen als „Hans Sweller". Sein Siegelschild ist fünfmal<br />

geteilt. (Stauffenbergarchiv im Sigm. Staatsarchiv II, Lautlingen<br />

d 54). Krs.<br />

Die Bischofsfigur an der Alpirsbacher Vorhalle, in der von<br />

mir (H. H. 1964, 54) der Kirchenpatron Nikolaus vermutet<br />

wurde, bringt P. Virgil Fiala in Zusammenhang mit der ehemaligen<br />

Abtskapelle zu Ehren des hl. Martin. So möchte er<br />

annehmen, daß es sich um einen hl. Martin handelt, der dann<br />

nachträglich hier an der Vorhalle angebracht worden sei<br />

(Zeitschrift für württ. Landesgesch. 1966, 375). Krs.<br />

Rugerus von Halberingen starb als Kirchenrektor von<br />

Herrlingen bei Ulm laut Grabsteinumschrift am 13. Februar<br />

1342. Halberingen scheint nicht bekannt zu sein. Wenn statt<br />

des anlautenden H ein ursprüngliches S vermutet werden<br />

könnte, handelte es sich um Salmendingen, das um jene Zeit<br />

als „Sälberingen" erscheint. Krs.<br />

Openwilare = Pfaffenweiler? Das Weindorf Pfaffenweiler<br />

bei Freiburg i. Brsg. feierte im Sommer 1967 sein 1250jähriges<br />

Bestehen, d. h. so viele Jahre seien seit der ersten urkundlichen<br />

Nennung verflossen. Das ist umso interessanter, als<br />

der Ort Openwilare in einer St. Galler Urkunde, die<br />

zwischen 716 und 720 zu datieren ist, früher auf Wolfenweiler<br />

gedeutet wurde. Der letzthin verstorbene Pfarrer<br />

Deichelbohrer von Pfaffenweiler hat jedoch überraschend<br />

Openwilare als Popenwilare erklärt, das sich in sprachlicher<br />

Gleichheit von Pope und Pfaffe zu Pfaffenweiler entwickelt<br />

habe! Es wurde ein Gedenkstein enthültt, auf dem<br />

steht: „Schon 716 lieferte Openwilare den Wein an das<br />

Kloster St. Gallen."<br />

Außerhalb Obses: Alles, was innerhalb der Ringmauer und<br />

„usserhalb Obsses wirt", erklärt die Zeitschr. f. Hohz. Gesch.<br />

2, 1966, S. 41 merkwürdigerweise als: „Was außerhalb der<br />

Dachtraufe wächst oder geboren wird." Beweis? Heißt es nicht<br />

einfach: Was innerhalb der Ringmauer wächst, ausgenommen<br />

das Obst?"<br />

Kästle-Kastelburg<br />

Die Flur Kästle auf dem Trochtelfinger Blatt 11 und<br />

17 (H. H. 1967, 45) bei den Namen Spitziger Berg und Hintere<br />

Burg scheint auf eine Befestigung hinzuweisen, vermutlich<br />

eben auf die Hintere Burg, als deren alten Namen man Haidegg<br />

gefunden hat. Es fällt nämlich auf, daß auch bei<br />

Ringingen die Ruine Ringelstein oder Aloises Schlößle sich<br />

am Abhang des Kästlesbühl findet und daß eine bedeutende<br />

Burgruine bei Waldkirch im Breisgau heute Kastelburg<br />

heißt. Während der Familienname Kast oder<br />

Kästle von Arbogast abgeleitet wird, dürfte bei obigem Burgennamen<br />

das lateinische Wort castellum (Befestigung, Burg)<br />

zugrunde liegen. Oder wer weiß eine bessere Erklärung? Ein<br />

norddeutscher Forscher leitet sogar den Stadtnamen Kassel<br />

von castellum ab und ein Tübinger Gelehrter möchte auch<br />

in bestimmten Fällen die Flur Kessel darauf zurückfühen,<br />

nämlich dann, wenn das Gelände dies nahelegt. Krs.<br />

170 Wohnplätze sind nach Feststellung eines <strong>Heimat</strong>freundes<br />

im heutigen Hohenzollern abgegangen, nämlich Dörfer,<br />

Weiler, Burgen, Höfe. Auch Pettenweiler von 851 dürfte<br />

in Nähe von Vilsingen (nicht bei Nusplingen, wie Dr. Jänichen<br />

wollte!) abgegangen sein, wo noch die Flur Weiler vorkommt.<br />

Dagegen bestehen in Hohenzollern noch 160 Siedlungen.<br />

Stadt und Statt<br />

Stadt und Statt waren ursprünglich gleichbedeutend:<br />

„wo etwas steht", (ahd. und mhd. „stat" = Ort, Stätte). Vor<br />

der mittelhochdeutschen Zeit wurde die Bedeutung von Stadt<br />

durch das Wort „Burg" ausgedrückt, z. B. in Offenburg, Freiburg,<br />

Straßburg. Im Melchinger Fleckenbuch von ca. 1450, das<br />

erst 1945 verloren ging, heißt es: „Das Dorf oder der Fleck<br />

Meldungen soll fürder in ewige Zeiten stett recht mit<br />

freien Märkten haben, wie schon bisher Gewohnheit war,<br />

dazu Stock und Galgen nach unsrer gnäd. Herrschaft. Item<br />

welcher alhie an den freien Märkten a i n statt (Platz,<br />

Standort, Marktstand) einnimmt, um fail zu haben, es seien<br />

Kramer, Gerber, Schuhmacher, und was sonst statt empfängt,<br />

gibt jeder 4 Heller zu Zoll und stattrecht! (Hohz.<br />

JHeft 1954, 172.) Eine Stadt galt somit damals als ein Platz,<br />

an dem Märkte stattfanden, ohne daß freilich Meldungen selber<br />

je das Stadtrecht im heutigen Sinne erlangte! Krs.<br />

Das Schloß zu Straßberg, das stolz über dem Schmeiental<br />

auf einem Berge thront, wurde diesen Sommer eingerüstet<br />

und im Einvernehmen mit dem Amt für Denkmalpflege außen<br />

renoviert. Es ist kürzlich vom fürstlichen Haus Hohenzollern<br />

käuflich an Dr. Ing. Laschimke - Sigmaringen<br />

übergegangen. Das „Denkmälerwerk" würdigte das Bauwerk<br />

eingehend und im Hohz. Jahresheft 1959, 1—184, wurde die<br />

Geschichte der ganzen Herrschaft Straßberg dargestellt. Eine<br />

Beschreibung des Schlosses um 1620 findet sich daselbst S.<br />

170. Sie stammt nicht aus einem Pfarr-Urbar von 1668, wie<br />

behauptet wurde. Im Jahre 1782 wurden nach einem Blitzschlag<br />

von der Abendseite drei, von der Morgenseite zwei<br />

Stockwerke abgetragen und das Ganze zu einem bequemen<br />

Wohnsitz für den „Schloßmeyer" eingerichtet. Krs.<br />

Als Benzinger Pfarrer wird am 14. April 1384,, Pfaff Heinrich<br />

der Leutpriester und Kammerer daselbst" erwähnt,<br />

ferner der Kirchherr zu Frohnstetten, namens Abel (Stuttg.<br />

Staatsarchiv B 476, Nr. 57). Letzterer fehlt in der Pfarrliste<br />

Frohnstettens im Hohenz. JHeft 1959, S. 78 f. Krs.<br />

Walger von Bisingen siegelte am 24. Mai 1381 dem Wernher<br />

von Rosenfeld, dem Sohn des Burkart von Schalksburg in<br />

einer Urkunde betr. ein Hofgut zu Pfeffingen (Staatsarch.<br />

Stuttg. B 476, Nr. 81): Ergänzung zum Bisinger <strong>Heimat</strong>buch<br />

Seite 5. Krs.<br />

Die Weiße Sammlung zu Rottweil bezog im Jahre 1554 vom<br />

Grafen Jos Nikiaus von Zollern je auf Michaelis 10 fl. Vom<br />

Jerg Bröchtlin von Stauffenberg jeweils auf Ostern 5 fl, (abgelöst<br />

1579); von Hans Eißelin zu Harthausen auf der Alb<br />

(Amt Gammertingen) je auf Martini seit 1548 fünf Gulden<br />

(später von Baschian Mayer zu Feldhausen). Von den Städten<br />

Hettingen, Gammertingen und dem Dorf Neufra je auf Mitfasten<br />

5 fl. Von der Gemeinde Burladingen je auf Mathäi des<br />

Apostels Tag 10 fl (noch 1594); Von Philipp Dietrich Speth<br />

von Zwiefalten zu Hettingen und Gammertingen je auf Lichtmeß<br />

seit 1578 sechzig Gulden (noch 1594). Vom gleichen auf<br />

Dreikönig seit 1584 je 20 Gulden (noch 1594). Endlich von der<br />

Gemeinde Straßberg je auf Martini (1554) fünfzehn Gulden,<br />

vorher von Hans Warter (Urbar H 232, Nr. 282, Seite 17a im<br />

Hauptstaatsarchiv Stuttgart). — Die Betreffenden hatten also<br />

bei den Dominikanerinnen zu Rottweil Darlehen erhalten, die<br />

sie mit den angegebenen Beträgen verzinsen mußten. Krs.<br />

Reginboto von Neuneck war 1161 Mönch in Reichenbach<br />

und wurde später im Chor der Kirche daselbst begraben.<br />

(Gabelkofer nach Schreiner Nr. 41, dessen Buch von uns in<br />

Hohenz. <strong>Heimat</strong> 1967, 46, zitiert ist). Nach Hans Rommels<br />

Freudestädter <strong>Heimat</strong>blättern ist dieser Reginboto der älteste<br />

Vertreter des Namens. Tatsächlich nennt Locher in seinen<br />

Neunecker Regesten das Geschlecht erst seit 1236 (Mitt. Hhz.<br />

XI. 1877, S. 71, was richtig 87 heißen müßte).<br />

Zoll- und Chauseegelder<br />

Das Chauseegeld im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen<br />

bringt nach glaubwürdiger Nachricht 5 000 fl. und der Zoll<br />

24 000 fl. Dieser wirft in den beiden österreichischen Grafschaften<br />

Hohenberg jährlich 75 bis 100 000 fl. ab, zu deren Einbringung<br />

3 Haupt- und 62 Nebenzollstationen angelegt sind.<br />

Die beträchtlichste Zolleinnahme ist vom Getreide, das in die<br />

Schweiz geführt wird. Im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />

ist auch ein österreichisches Zollamt und 14 Nebenzoll-<br />

Stationen.<br />

Nicolai, Reise durch Deutschland. 1781.


Jahrgang 1967 H O H EN Z O LLE RI S C H E HEIMAT 63<br />

Ein bisher unbekannter Brief des Erzbischofs Hermann von<br />

Vikari an Thomas Geiselhart<br />

Thomas Geiselhart, Gründer des Gymnasial-Konviktes St.<br />

Fidelishaus und des Waisenhauses Nazareth in Sigmaringen<br />

war schon als Gymnasiast in Konstanz mit Hermann von<br />

Vikari, dem späteren Erzbischof von Freiburg, bekannt geworden.<br />

Als dieser von der Armut des Gymnasiasten erfuhr,<br />

nahm er sich hilfreich seiner an. Geiselhart zeigte sich zeitlebens<br />

dankbar, nahm an den großen Sorgen des Erzbischofs<br />

innig Anteil und suchte ihn nach Kräften zu unterstützen.<br />

Als Kuratieverweser in Laiz-Inziigkofen (1851—1854) war ihm<br />

auch die Seelsorge für die fünf letzten Klosterfrauen des<br />

Augustinerklosters Inzigkofen übertragen. Sie hatten die<br />

Erlaubnis, in ihrem aufgehobenen Kloster zu leben und bezogen<br />

von der fürstlichen Verwaltung eine Pension. Um diese<br />

ersparten Gelder handelt es sich offenbar in nachfolgendem<br />

Brief. Auf ihre Bitte hatte der Erzbischof von Freiburg ihnen<br />

Geiselhart als geistlichen Beistand und Rechtsberater gegeben.<br />

Geiselhart berichtet dazu in seinem Tagebuch:<br />

„Ich meine, diesen Auftrag recht besorgt zu haben, habe<br />

ich doch genau ihren letzten Willen in einem gemeinsamen<br />

Testament verfaßt, bin beim Sterben aller fünf Frauen gewesen,<br />

habe für die Dienstboten und den Haushalt gesorgt.<br />

Am 31. Juli 1856 starb Frau Salesia Pfeiffer als letzte."<br />

[J. Wetzel: Thomas Geiselhart 1811—1891, M. Liehner-Sigmaringen.]<br />

Hochwürdiger, Innigst verehrtester Herr Stadtpfarrer!<br />

Sie haben mich mit Ihrem mit 114 Goldstücken belegtem<br />

Schreiben vom 23. vor(igen) Monats ganz überrascht; die<br />

edel gesinnnten Frauen von Inzikofen haben Solche vom<br />

Munde abgesparrt, um für die Ehre Gottes und das Seelenheil<br />

Jünglinge zu guten Priestern erziehen zu können im<br />

Seminario Puerorum, und wollen auch noch zu kirchlichen<br />

Zwecken die Ueberbleibsel verwendet wissen; dass kann<br />

nur der Allvergelter diesen Edlen ersetzen; ich nur kann und<br />

will jeden Monat für die noch lebenden und verstorbenen<br />

Antheilnehmerinnen eine hl. Messe lesen, dass der Allerbarmer<br />

die Lebenden in seiner vollen Gnade erhalte und die<br />

Verstorbenen in Himmel eingehen lassen wolle, wenn noch<br />

etwas lasten sollte, was aber bei solch wohlgesinnten nicht<br />

zu besorgen ist.<br />

Diese zur Ehre Gottes geschenkte reiche Gabe bestehet in<br />

ß7 Dukaten á 5 Gulden 36 Kreuzer 375 Gulden 12 Kreuzer<br />

40 Louisdor ä 11 Gulden 440 Gulden<br />

3 Doppellouisdor 66 Gulden<br />

4 Doppeldukaten 44 Gulden<br />

114 Stück betragen in Summa 925 Gulden 12 Kreuzer<br />

Gott vergelte es. —•<br />

Ueber den Verlust Ihrer braven Frauen bedaure ich Sie.<br />

Die Verstorbene Selbst ist jetzt besser daran, auch werde<br />

für Selbe opfern.<br />

Kommen Sie auch später zum Genuss der Trauben; bis<br />

anfangs September bin ich abwesend in Funktion, theils<br />

zu Weihungen, theils zu firmen. Ich habe noch viele harte<br />

unbillige Kämpfe zu bestehen.<br />

Leben Sie wohl, der Herr segne Sie alle; ich verbleibe<br />

in Verehrung und Liebe<br />

Ihr dankschuldigster Freund<br />

t Hermann<br />

Freiburg Erzbischof<br />

6. August 1852 Nikolaus Maier.<br />

Hohenzollerische Mönche und Laien sind aufgeführt in dem<br />

Werk von Klaus Schreiner „Sozial- und standesgeschichtliche<br />

Untersuchungen zu den Benediktinerkonventen im östlichen<br />

Schwarzwald (1964 Kohlhammerverlag. B / Forschungen 31:<br />

Fauler Stephan von Hettingen 1590, 1603 im Kloster<br />

Reichenbach Mönch; entschließt sich katholisch zu bleiben (S.<br />

222). Dietrich von Steinhilben 1343, Laie, ist Vormund<br />

der dementia geb. von Bellenstein und ihres Sohnes<br />

Hug von Thalheim (S. 213). Jakob von Steinhilben<br />

1474, 1490, 1509 Prior zum Kniebis (S. 290). Werner von<br />

Steinhilben 1296, Mönch und Kustos im Kl. Reichenbach;<br />

sein Verwandter ist Diemo von Steinhilben 1289 (S.<br />

210). Me nloch derHülwer (urspr. wohl von Steinhilben)<br />

1358 mit Geschwistern Elisabeth und Adelheid, Klosterfrauen<br />

zu Engeltal, und Heinz der Hülwer von Schenkenzell<br />

1361, 1388; und Dietrich der Hülwer 1388 (S. 213).<br />

Pirster Willibald aus Haigerloch (S. 299) machte 1627<br />

Profeß im Kl. Kniebis, hatte in Dillingen studiert, 1628 in<br />

Ochsenhausen, 1638 Vikar in Furtwangen, Prior von Amtenhausen<br />

1647—54, wo er starb. Seine Schwester Maria Jakobea<br />

war Nonne im Kl. Stetten b. Hech. 1644 nach Mones<br />

Quellensamml. II. 444. Wilhelm von Ringelstein,<br />

Heinrichs Sohn, ist 1452 zweiter Gatte der Ursula von Stetten<br />

i. R., deren erster Mann Reinhard Maiser von Berg 1408—43<br />

vorkommt (Stammtafel S. 146, 147). Sauter Fabian von<br />

Haigerloch, Konventual in Alpiersbach 1509, Prior 1523: wird<br />

1535 vom Hz. Ulrich von Wirtemberg durch ein Leibgeding<br />

von jährlich 40 Gulden abgefertigt (S. 281—282). Johann<br />

von Trocht'elfingen (Hohz.) 1307 Konventual in Reichenbach,<br />

niederadlig (S. 211). Laut Wappens ist sein Stammesgenosse<br />

Ulrich von Truchtelfingen (beachte u!)<br />

1339 Mönch in St. Georgen, Propst 1341, Abt 1347, 1359 abgesetzt,<br />

wieder Abt 1364, starb in Rottweil am 3. März 1368.<br />

Er hatte 1365 im Wappen einen stehenden Teufel wie der<br />

Laie Ulrich von Trochtelfingen 1418. Des Abtes<br />

Schwestermann war Erkenbold von Ortenberg 1379 (S. 225).<br />

Vgl. dazu Hohz. <strong>Heimat</strong> 1958, 28!<br />

Burkart der Zimmerer (wohl Heiligenzimmern) 1344 Mönch<br />

in St. Georgen, 1379 Propst in St. Marx, stiftet beim Klostereintritt<br />

für sich und seinen Bruder Dietrich, Konventbruder<br />

zu St. Georgen, ein Leibgeding mit Gütern zu Balgheim,<br />

Dürbheim und Zeysenheim (S. 235).<br />

Graf Felix von Werdenberg und die Stadt Scheer<br />

Anfangs August wurde in der Tagespresse vom Verkauf<br />

des Stadtschlosses zu Scheer sn der Donau durch den Fürsten<br />

von Thum und Taxis an einen Privatmann berichtet, der ein<br />

Museum darin einrichten wolle. Leider schlichen sich in die<br />

angefügten geschichtlichen Angaben einige Irrtümer ein, die<br />

berichtigt seien. Das Vorgehen des Grafen Felix von Werdenberg,<br />

der den Grafen von Sonnenberg im Jahre 1511 umbrachte,<br />

wurde niemals so gesühnt, wie es eigentlich geschehen<br />

sollte. Dr. K. Th. Zingeler hat über die ruchlose Tat<br />

und deren Folgen ausführlich in Mitt. d. Vereins f. Geschichte<br />

Hohenzollerns Jg. 17, 1883, S. 1—47 berichtet. Nur die Inschrift<br />

des Sühnebildes über dem Schloßeingang in Sigmaringen,<br />

das aus Laiz stammen soll, zeigt die Reue des Grafen an:<br />

„Mater dei memento mei = Mutter Gottes, gedenke meiner.<br />

Felix Graf zu Werdenberg und zu dem Hailigenberg 1526."<br />

Dieser Graf hat tatsächlich das Kloster Laiz 1522 bis 1527<br />

wieder aufgebaut, vielleicht als Sühne. Was jedoch von seinem<br />

Tod die Zeitung behauptete, er sei 1530 zu Augsburg im<br />

Bett erschlagen gefunden worden, ist reine Fabel. Die Zimmerische<br />

Chronik, der die Schauermär entnommen ist, schreibt<br />

an anderer Stelle, der Graf sei anscheinend in apoplexia, also<br />

am Schlag gestorben. Die Füssener Annalen von Gallus Knöringer<br />

bezeugen ganz eindeutig: „In Augsburg auf dem Reichstag<br />

starb der edle Graf Felix von Werdenberg. Abends spät<br />

fühlte er sich etwas krank und am Morgen (12.<br />

Juli 1530) fand man ihn tot." Keine der zahlreichen Chroniken<br />

jener Zeit weiß etwas von einem gewaltsamen Ende. Auch<br />

das Skelett in der Trochtelfinger Gruft zeigt keinerlei Spuren<br />

gewaltsamer Einwirkung. Und die Zimmerische Chronik<br />

schließt ihre Schauergeschichte: „Gott weißt die rechte Wahrheit,<br />

wie es ergangen." Man darf annehmen, daß der leidenschaftlich<br />

jähzornige Mann einer Herzattacke erlag.<br />

Was nun die Stadt Scheer angeht, dessen Schloß der Wohnsitz<br />

des Opfers des Grafen Felix vorher gewesen, so hat sie<br />

mit der Grafschaft S c h e r r a nichts weiter als den Namen<br />

gemeinsam, der nämlich von den Felszacken oder „Schären"<br />

(scerrae) genommen ist. Die Stadt kann auch niemals, soweit<br />

An das<br />

Postamt<br />

In


64 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 19(57<br />

Adelheid, Gräfin von Gammertingen 22<br />

Alte Lieder 32<br />

Alte Fachwerkhäuser in Hausen i. K. 21<br />

Altes Rathaus in Haigerloch 22<br />

Alte Oefen mit Bildern und Wappen 54<br />

Anfänge von Habsburg und Zollern 17<br />

Baldenstein 48, 62<br />

Benzingen, Vaganten-Familien 13<br />

Bericht eines Auswanderers<br />

vom Jahre 1852 3<br />

Besitz der Grafen von Zollern<br />

in Stetten b. Haigerloch 46<br />

Burg Haideck: bei Trochtelfingen 20<br />

Burladinger Marienkapelle 35<br />

Christian Großbayer 5<br />

Daigger (Dayker) zu Ringingen 60<br />

Das Brautgeschenk 8<br />

Das große Wappen des Fürsten<br />

von Hohenzollern 31<br />

Das „Häusle" 28<br />

Der Meister von Weilen 40<br />

Erdöl 46<br />

Ernte in früherer Zeit 49<br />

Familie Maier in Ringingen 43<br />

Feld- und Missionskreuze<br />

in Rangendingen 36<br />

Franziskaner-Hochschule aufgelöst 4G<br />

Funde v. Gammertinger Alten Schloß 47<br />

Fürstäbtissin Maria Franziska<br />

von Buchau 12<br />

Gammertingen,<br />

190 Jahre Reichspoststation 27<br />

Gammertingen,<br />

Aus dem Sterberegister der Pfarrei 59<br />

Gammertingen,<br />

Zur Geschichte der Kaplanei 4<br />

Gebhard von Pleitingau 9<br />

wir Kunde haben, der Hauptort der Grafschaft gewesen sein,<br />

die ja nicht in die alemannische Zeit, sondern die Periode<br />

Karls des Großen zurückreichte. Ihre östliche Grenzlinie lief<br />

der Starzel-Fehla-Lauchert entlang bis unterhalb Jungnau,<br />

dann nach Gorheim-Vilsingen-Emmingen ab Egg. Das Gebiet<br />

des heutigen Kreises Saulgau wurde also nicht berührt. Krs.<br />

Ein Glatter Klösterlein, das völlig vergessen scheint, wird<br />

in dem Buch „Kaltbrunn-Wittichen" von Albert Hiss (Gemeindeverwaltung<br />

1967) zum Jahr 1548 erwähnt. Es heißt<br />

dort Seite 73/74 urkundlich: „Zwei Klosterfrauen in der<br />

Sammlung zu Glatt unter Herr Renhart von Neuneck wollen<br />

gern gen Wittichen unter die Regel der hl. Klara kommen",<br />

wo damals Schwesternmangel herrschte. Renhart von Neuneck<br />

starb 1551. Sammlung nannte man damals eine klösterliche<br />

Gemeinschaft. Krs,<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug<br />

durch die Post Stück „Hohenzollerische <strong>Heimat</strong>",<br />

Verlagspostamt Gammertingen, zum halbjährigen Be-<br />

zugspreis von DM 1.40.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bzw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um<br />

deutliche Schrift wird gebeten.<br />

Sachregister des Jahrgangs 1967<br />

Gliederung der Zollerngrafschaft<br />

im 16. Jahrhundert 31<br />

Glockengießer Johann Bapt. Algeyer 30<br />

Grabungen in der<br />

St. Martinskirche in Trochtelfingen 51<br />

Grafen von Hettingen 18<br />

Graf Berthold von Hätingen 56<br />

Graf Felix von Werdenberg<br />

und die Stadt Scheer 63<br />

Grimeus Jakob 48<br />

Hans Murer 64<br />

Hätzen 47<br />

<strong>Heimat</strong>literatur 16<br />

Hermentinger Pfarrer 20<br />

Hettinger Seelsorger 19<br />

Hexenwahn in Hohenzollern 1<br />

Hohenz. <strong>Heimat</strong>erinnerungen 34<br />

Hohenz. Mönche 46<br />

Hohenz. Studenten an der<br />

Universität in Freiburg 10<br />

Hörschwager Heiligeneinkommen 1544 26<br />

In memoria Karl Rockenbach 57<br />

Inzigkofen und Kalkofen 48<br />

Johann Evangelist Stauß 6<br />

Kalchbrunn-Kaltenbrunn b. Vilsingen 56<br />

Kapelle in Kaiseringen 53<br />

Kätene Oefen 48<br />

Killertal 1, 2, 3 41, 42<br />

Kirche in Veringendorf 24<br />

Klaiber als Familienname 31<br />

Klause in Rangendingen 32<br />

Knaupp Kaspar 31<br />

Patronatsrechte 46<br />

Prokopoe und Ferdinand 11<br />

Magnusstab im Breisgau 32<br />

Melchinger und<br />

Salmendinger Einwohner 1535 50<br />

Raine 32<br />

Ravenna-Schlucht 64<br />

Rätselhafte Inschriften 32<br />

Rechtsbestimmungen früherer Zeit 30<br />

Reginboto von Neuneck 63<br />

Ringinger Grabungsbericht<br />

des Burgenforschers 1929 44<br />

Salmendinger Inschrift 47<br />

Schloß Sigmaringen 31<br />

Sigmaringen, 120 Jahre<br />

Fürst-Carl-Landeskrankenhaus 33<br />

Statuten des Landkapitels Ebingen 24<br />

1200 Jahre Trochtelfingen 8<br />

Trochtelfinger Flurnamen 45<br />

Trochtelfinger Naturschutzgebiet 7<br />

Veringendorfer Michaelskirche 9<br />

Veringendorfer Taufsteindeckel 39<br />

Vilsingen und Inzigkofen 47<br />

Wanderschulmeister 47<br />

Wolf vom Stein von Jungingen 30<br />

Zollerisches aus Zwiefalter Urkunden 37<br />

Interessante Funde 61<br />

Die Ziegler 61<br />

Die Laudiert 62<br />

Schwelher Hans 62<br />

Die Bischofsfigur 62<br />

Rugerus von Halberingen 62<br />

Openwilare - Pfaffenweiler 62<br />

Außerhalb Obses 62<br />

Kästle-Kastelburg 62<br />

Stadt und Statt 62<br />

Das Schloß zu Straßberg 62<br />

Als Benzinger Pfarrer 62<br />

Walger von Bisingen 62<br />

170 Wohnplätze 62<br />

Die Weiße Sammlung 62<br />

Ein bisher unbekannter Brief<br />

an Thomas Geiselhart 63<br />

„Mein guet Veder" vermachte 1384, wie früher mitgeteilt,<br />

Verena von Klingenberg nach Diessenhofen. Das Register des<br />

8. Bandes des Thurgauischen Urkundenbuchs erklärt Veder<br />

als flaumiges Pelzwe rk. Es irrt jedoch, wenn es zur<br />

Testamentbestimmung „In 8 Klausen auf der Scherr je 10<br />

Schilling" sagt, — die Scherr liege im Krs. Saulgau. Gemeint<br />

ist der Forst auf der Scheer zwischen Starzeln-Lauchert<br />

und Spaichingen-Vilsingen usw. Auch stammte der alte<br />

Swenger von Liechtenstein schwerlich aus Oesterreich,<br />

sondern vermutlich von unserem Liechtenstein bei<br />

Neufra/Fehla. Auch ist Hornstein keine Burgruine bei<br />

Hornberg im Schwarzwald, sondern liegt an der Laudiert<br />

unweit Sigmaringen. Auch ist „Ave Maria" nicht nur der<br />

Name des Glockengeläutes bei Sonnenaufgang! Sondern<br />

unser „Betläuten". Doch mindern diese kleine Schönheitsfehler<br />

keineswegs das herrliche Werk des Urkundenbuchs<br />

!<br />

Wechsel der Schriitleitung der<br />

„Hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>"<br />

Infolge vermehrter Arbeit als Lehrer und Chorleiter ist es<br />

mir nicht mehr möglich, die Schriftleitung der „Hohenzollerischen<br />

<strong>Heimat</strong>" zu übernehmen. Mit der Oktober-Nummer<br />

des Jahrgangs 1967 gebe ich die Schriftleitung ab und danke<br />

auf diesem Wege allen Mitarbeitern und Lesern, welche der<br />

<strong>Heimat</strong>zeitung während der Jahre 1966 und 1967 diie Treue<br />

gehalten haben. Neuer Schriftleiter ist Herr Hauptlehrer<br />

Gerhard Deutschmann, 7471 S t r a ß b e r g/Hohenz.,<br />

Bohlstraße 341. Die Herren Mitarbeiter mögen bitte ihre<br />

Beiträge u. Aufsätze für die Januar-Nummer 1968 an Herrn<br />

Deutschmann senden! Abschließend wünsche ich dem neuen<br />

Schriftleiter viel Erfolg bei seiner Arbeit und der „Hohenzollerischen<br />

<strong>Heimat</strong>" ein langjähriges Fortbestehen.<br />

Fritz Schoder, Hauptlehrer.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!