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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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Potsdam, Anti Antifa<br />

Traditionsstadt<br />

Auch wenn es still um <strong>die</strong> Potsdamer Neonaziszene geworden zu sein<br />

scheint, ist sie weiterhin aktiv. Ein Blick <strong>auf</strong> das Jahr 2004 zeigt, dass es<br />

zudem Bestrebungen gibt, besser organisierte Strukturen <strong>auf</strong>zubauen. Organisierte<br />

und unorganisierte Szenezusammenhänge gibt es dabei schon<br />

seit Jahren in Potsdam. Genauso wie der Intellekt der Organisierten nicht<br />

vorschnell überschätzt werden darf, darf auch <strong>die</strong> unorganisierte Szene<br />

nicht für ungefährlich gehalten werden.<br />

Anti Antifas<br />

Im Jahr 2004 wurde das so genannte „Anti Antifa Network - Sektion<br />

Potsdam“ <strong>auf</strong>gedeckt. Die Homepage <strong>die</strong>ser Gruppierung ist unregelmäßig<br />

online und hat neben nicht-rechten und linken Treffpunkten und Einrichtungen<br />

(zum Beispiel den Stadtjugendring) auch mehrere namentlich<br />

genannte Personen <strong>auf</strong> ihrer „Feindesliste“.<br />

Nachdem <strong>die</strong> ursprüngliche Version eine Weile nicht erreichbar war,<br />

tauchte sie unter dem Label „Antiantifa Network“ neben weiteren „Sektionen“<br />

für Berlin, Brandenburg, Bayern, Sachsen und NRW <strong>auf</strong> einem<br />

argentinischen <strong>Nazis</strong>erver wieder <strong>auf</strong>. Gingen <strong>die</strong> ersten Versionen wohl<br />

<strong>auf</strong> das Konto Potsdamer Neonazis, schienen für <strong>die</strong> aktuelleren, optisch<br />

verbesserten Seiten auch Berliner Neonazis mitverantwortlich gewesen zu<br />

sein. Ein Teil des ca. 20 Personen umfassenden Kreises der hinter <strong>die</strong>ser<br />

Seite bzw. dessen Erstellern steht, gehört zu einem aktivistischen Teil der<br />

Potsdamer Neonaziszene, der unter anderem mehrere Gewalttaten gegen<br />

nicht-rechte Jugendliche begangen hat. Zumindest mitverantwortlich für<br />

<strong>die</strong> Homepage der „Anti Antifa Potsdam“ ist oder war der Neonazi Oliver<br />

Kalies, der sich selbst dem Spektrum der freien Kameradschaften zurechnet.<br />

Bei ihm fand im Frühjahr 2004 eine Hausdurchsuchung statt.<br />

Die von den Neonazis initiierte Bezeichnung Anti Antifa zu übernehmen ist<br />

allerdings nicht unproblematisch, da <strong>die</strong>ser Begriff absichtlich gewählt ist,<br />

um neonazistischem Aktionismus und Gewalt eine scheinbare Begründung<br />

geben. Der Begriff suggeriert, „Anti Antifa“ wäre eine Reaktion <strong>auf</strong><br />

einen „linken Terror“ und <strong>die</strong>nt als Legitimation für Neonazis aktiv gegen<br />

nicht-rechte Menschen vorzugehen. Ein Blick <strong>auf</strong> <strong>die</strong> „Feindliste“ der<br />

Potsdamer „Anti Antifa“ zeigt, dass <strong>die</strong> Auswahl der dort <strong>auf</strong>geführten<br />

Personen eher zufällig ist. Für einen „linken Terror“ steht demnach, wer<br />

sich gegen <strong>die</strong> extreme Rechte äußert oder engagiert.<br />

Der Versuch, eine „Anti Antifa“ oder kameradschaftliche Zusammenschlüsse<br />

in Potsdam zu initiieren, ist nichts Neues. Schon Mitte der<br />

1990er Jahre tauchten in Potsdam immer wieder in <strong>die</strong>se Richtung<br />

zielende Plakate und Flugblätter <strong>auf</strong>. Im Dezember 1998 schrieb eine<br />

Potsdamer „Anti Antifa“ an Mitglieder der Kampagne gegen Wehrpflicht,<br />

Zwangs<strong>die</strong>nste und Militär Drohbriefe. Ebenfalls erhielt ein Mitglied der<br />

Kampagne 1998 mehrfach telefonische Morddrohungen. Durch eine<br />

Fangschaltung konnte festgestellt werden, dass der Anruf vom Telefonanschluss<br />

einer Person durchgeführt wurde, <strong>die</strong> dem näheren Umfeld der<br />

ehemaligen Potsdamer Naziband „Proissenheads“ zuzurechnen ist.<br />

42 Brandenburg<br />

Musik & Waffen<br />

Neonazis vor dem Landgericht Potsdam. 1.v.r. Danny Leszinski, 2.v.r. Oliver<br />

Kalies, 5.v.r. mit Fischerhut Sven Lisch, mittig mit Sonnenbrille und Basecap<br />

Oliver Oeltze, ganz links: Roland Baumgarten<br />

Im August 1998 tauchten in Potsdam Plakate einer Gruppe „White Youth<br />

Potsdam“ <strong>auf</strong>. Die White Youth Germany war eine Gruppe <strong>die</strong> junge Neonazi<br />

Skinheads an „Blood & Honour“ heranführen sollte.<br />

Für mediales Aufsehen sorgte der Versuch von Personen des Blood &<br />

Honour Spektrums im Juli 2000 gegen <strong>die</strong> linke „Die Stadt sind wir alle“<br />

- Demonstration vorzugehen. Insbesondere gerieten hier <strong>die</strong> Neonazis<br />

Dirk Horn (B & H) und Uwe Menzel (Proissenheads) in Verdacht, wobei<br />

genauer gesagt der Verdacht bestand eine Racheaktion für das vorgeblich<br />

durch AntifaschistInnen abgebrannte Auto Horns sei geplant. Horn war<br />

neben Sven Schneider, Jens Rechlin, Nadine Schulz, Manuela Winkler,<br />

Henning Klinz, Ronny Mrose und Stefan Rietz eine treibende Kraft bei<br />

der Organisation von Nazikonzerten aus dem Blood & Honour Spektrum.<br />

Zuvor war Menzel in einen Waffendeal mit der Königs Wusterhausener<br />

Neonaziszene um Carsten Szczepanski (VS-Spitzel), Ralf Luckow und<br />

Ronny Müller (Klausdorf) involviert gewesen, bei welchem er sich ein<br />

Repitirgewehr anschaffte. In <strong>die</strong>ser Sache mussten sich auch <strong>die</strong> Potsdamer<br />

Tino Wiesner, Marko Kühn und Christian Wenndorf (Rechtsrockband<br />

„Landser“) gerichtlich verantworten. Ein Zeuge in der Sache war im Übrigen<br />

der hinlänglich bekannte Neonazi Hooligan Matthias Rettcke.<br />

Aktuell fühlt sich für das Fotografieren vermeintlicher politischer Gegner<br />

<strong>die</strong> 20-jährige Melanie Witassek verantwortlich. Ihr Dokumentationsdrang<br />

ist ungebremst und sie ist im gesamten Bundesgebiet <strong>auf</strong> Neonazidemos<br />

mit ihrer Kameraausrüstung unterwegs, um vermeintliche politische<br />

Gegner im Sinne der so genannten „Anti Antifa“ abzuknipsen. Witassek<br />

ist seit etwa fünf Jahren in der Neonazi-Szene Potsdams tätig. So scheint<br />

sie auch Verbindung zu den Musikern der Potsdamer Band Bloodshed<br />

(von denen einige schon bei den Proissenheads dabei waren) zu haben.<br />

Im Beiheft einer CD ist ein Foto von ihr zu sehen. Bei der Gerichtsverhandlung<br />

gegen den <strong>Nazis</strong>chläger Heiko Groch fotografierte Witassek<br />

BesucherInnen der Gerichtsverhandlung. In den dar<strong>auf</strong>folgenden Wochen<br />

machte sie wahllos Aufnahmen von linken Jugendlichen in der Innenstadt<br />

und fotografierte GegendemonstrantInnen am Rande der Neonazidemo<br />

am 30. Oktober 2004.<br />

Matthias Rettcke Dirk Horn

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