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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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Das Label ANB<br />

In der Region Berlin bestimmten in den vergangenen Jahren nicht mehr<br />

Organisationen und deren Strategien das Auftreten von Neonazis in der<br />

Öffentlichkeit, sondern ein Personenkreis von politisch aktiven Kadern.<br />

Deren jeweilige Interessen, Streitereien, Vorlieben und Lebenssituation<br />

prägen <strong>die</strong> Neonazi-Szene. Ein Machtvakuum innerhalb der Berliner<br />

Neonazi-Strukturen, dass durch den Rückzug tonangebender führender<br />

Kader der alten Kameradschafts-Strukturen entstanden ist, bedingt eine<br />

spezielle Form politischer Orientierung. Die führenden Protagonisten aus<br />

der Kameradschaftsszene sagen sich zunehmend von den dogmatischen<br />

extrem rechten kulturellen Mustern los und orientierten sich an den<br />

kulturellen Codes der linksradikalen autonomen Bewegung, <strong>die</strong> sie mit<br />

eigenen Ideologie-Fragmenten versetzen. Sie treten u.a. unter dem Label<br />

„Autonome Nationalisten“ <strong>auf</strong>. Auf der Basis des Artikels „Label ‚Autonome<br />

Nationalisten’“ aus dem Antifaschistischen Info Blatt Nr. 69 wird, an<br />

<strong>die</strong>ser Stelle ein Überblick zu <strong>die</strong>sem Neonazi-Label geboten.<br />

Autonome Nationalisten?<br />

„Autonome Nationalisten“ – hinter <strong>die</strong>ser Worthülse verbirgt sich im Moment<br />

keine geheimnisvolle Neonazi-Struktur. Es handelt sich vielmehr um<br />

ein provokantes, aber inhaltsloses Label. Der Begriff „autonom“ kann von<br />

den „Autonomen Nationalisten“ kaum mit Inhalten gefüllt werden. Selbst<br />

der sonst so schreibfreudige und mitteilungsbedürftige westdeutsche<br />

Neonaziaktivist Axel W. Reitz beantwortete <strong>die</strong> Frage „Wieso überhaupt<br />

‚Autonome Nationalisten?’“ in einem Neonazi-Internetforum Ende 2004<br />

zunächst nur mit einem knappen „Was sind ‚autonome Nationalisten’,<br />

eigenständige Nationalisten, Punkt, Aus, Ende, das war’s.“ Der Hamburger<br />

Neonazikader Christian Worch greift später helfend in <strong>die</strong> Diskussion<br />

ein und definiert den Begriff „autonom“ als Notlösung, da mehrere „freie<br />

Nationalisten“ mittlerweile NPD-Parteiangehörige geworden seien und<br />

daher der Begriff „frei“ verwässert wäre. Ein „autonomer Nationalist“,<br />

beteuert an <strong>die</strong>ser Stelle, dass er selbstverständlich im „obligatorischen<br />

Braunhemd“ zum Treffen erscheine, aber trotzdem den autonomen Stil<br />

für einen wichtigen Lifestyle halte. Ein anderer Nutzer führt zu <strong>die</strong>sem<br />

Thema aus: „Zudem bezieht sich das autonom auch <strong>auf</strong> den Lebenswandel<br />

der Bewegung, weg vom Skinhead Image und hinein ins moderne Leben.“<br />

Und weiter: „Wir sind unabhängig von bestehenden Strukturen oder<br />

festgefahrenen Denkweisen (...) es ist keine Subkultur wie z.B. Skinheads,<br />

es ist ein Lebensgefühl, eine Einstellung, eine Lebensart eine ‚Kampfesart‘<br />

(...)“ versucht ein anderer User das „autonom“ der „autonomen<br />

Nationalisten“ zu erklären.<br />

Diese Formen von widersprüchlichen Patchworkidenditäten, <strong>die</strong> zwischen<br />

Neonaziideologie, modern jugendlichem Lifestyle und dem Lebensstil der<br />

Vorbilder aus der linksautonomen Szene hin und her pendeln, be<strong>die</strong>nen<br />

sich des Begriffes „autonome Nationalisten“ als beliebiges Label. „Der<br />

autonome Style ist ein Stil der sich in den letzten Monaten herauskristallisierte<br />

und mittlerweile ein fester Bestandteil unser Zusammenhänge<br />

mit eigenem politischen Anspruch geworden ist“ resümierte Axel W. Reitz<br />

zwar im November 2004, konnte jedoch keine näheren Angaben zu dem<br />

eigenen politischen Anspruch der „autonomen Nationalisten“ bieten.<br />

Auch einige Monate später konnte Axel W. Reitz immer noch nicht <strong>die</strong><br />

Inhalte der „autonomen Nationalisten“ präsentieren, sondern nur deren<br />

Rolle in der Neonazi-Szene beschreiben: „Der Begriff Autonom steht auch<br />

für eine Profilierung, einer Entwicklung in unseren Reihen.“ Als er im Juli<br />

2005 jedoch erneut nach den „autonomen Nationalisten“ gefragt wurde,<br />

gestand er genervt ein: „Nationalautonom ist zu allerst ein Begriff und<br />

je nach Apologet <strong>die</strong>ses an sich oberflächlichen Wortkonstruktes wird er<br />

anders definiert (...) Eine verbindliche Definition über den Begriff kann Dir<br />

also niemand geben (...)“<br />

Autonome Nationalisten Berlin (ANB)<br />

In Berlin entstanden 2002 <strong>die</strong> „Autonomen Nationalisten Berlin“. Dieser<br />

lose Zusammenhang von Aktivisten aus der Kameradschaftsszene versuchte<br />

mit einer Serie von Aufklebern und Sprühereien eine Drohkulisse<br />

gegen AntifaschistInnen <strong>auf</strong>zubauen. Auf Neonazi-Demonstrationen traten<br />

<strong>die</strong> „Autonomen Nationalisten Berlin“ mit einem eigenen Transparent<br />

(„Organisiert den nationalen schwarzen Block – Unterstützt örtliche Anti-<br />

Antifa-Gruppen - Wehrt Euch und schlagt zurück - Autonome Nationalisten<br />

Berlin“) <strong>auf</strong>. Zu den Aktivisten <strong>die</strong>ser Neonazi-Clique zählten Björn Wild<br />

(Kameradschaft Tor), Daniel Meinel (Kameradschaft Tor), Oliver Oeltze<br />

(Kameradschaft Tor), Christopher Wilhelm, genannt „Puffa“, (Kameradschaft<br />

Pankow), Toni Böhm, Kevin Platzk (Vereinigte Nationalisten<br />

Nordost), Andy Fischer (Vereinigte Nationalisten Nordost) und Martin Stelter<br />

(Vereinigte Nationalisten Nordost). Auch Oliver Schweigert (Nationaler<br />

Widerstand Berlin-Brandenburg) stand zu Beginn des Projektes den „Autonomen<br />

Nationalisten Berlin“ nahe und bewarb sie <strong>auf</strong> seiner Homepage.<br />

Zum engeren Umfeld konnten auch Dirk Müller, Paul Schneider und Alex<br />

Elsholz aus Pankow gezählt werden.<br />

Autonomer Style?<br />

„Autonome Nationalisten“ bei einer Aktion gegen <strong>die</strong> Verurteilung<br />

der neonazistischen Band „Landser“ im Januar 2005<br />

Trotz der inhaltlichen und konzeptionellen Unbestimmtheit blieb <strong>die</strong> Entstehung<br />

der „autonomen Nationalisten“ nicht ohne Folgen. In der Praxis<br />

bedeutete <strong>die</strong> Loslösung von den dogmatischen extrem rechten kulturellen<br />

Mustern, dass der ausgrenzende Zugang zur Kameradschafts-Szene<br />

Analyse 3

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