Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken
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Treptow-Köpenick<br />
Der Bezirk Treptow-Köpenick zählt bereits seit Jahren zu einem Schwerpunkt<br />
extrem rechter Gewalt. Fast wöchentlich macht der Bezirk Schlagzeilen.<br />
Zumeist sind es Gewalttaten gegen nicht-deutsche, nicht-rechte<br />
und Andersdenkende, spontane Demonstrationen oder Propagandadelikte<br />
in Form gesprühter Hakenkreuze. Als der Berliner Innensenator Körting<br />
am 9. März 2005 <strong>die</strong> Berliner Kameradschaften „Berliner Alternative<br />
Süd-Ost“ und <strong>die</strong> „Kameradschaft Tor“ samt ihrer „Mädelgruppe“ verbot,<br />
dachten viele das <strong>die</strong> Gewalttaten abnehmen. Die Statistik der Berliner<br />
Opferberatungsstelle Reach Out zeigt leider das Gegenteil <strong>auf</strong>. Im Jahr<br />
2005 wurden 104 Gewalttaten registriert, im Vorjahr waren es 63.<br />
Im folgenden werden wir <strong>die</strong> „Kameradschaft Berliner Alternative Süd-<br />
Ost“ sowie ihre zahlreichen Aktionen, <strong>die</strong> JN-Berlin (Stützpunkt Treptow-<br />
Köpenick) und <strong>die</strong> rechte Infrastruktur im Bezirk näher beleuchten. Wer<br />
sich einen Überblick über rechte Strukturen und Aktionen seit der Wende<br />
im Bezirk Treptow-Köpenick verschaffen will, dem seien <strong>die</strong> bereits erschienenen<br />
Ausgaben der <strong>Fight</strong> <strong>Back</strong> sowie der Süd-Ost Bote empfohlen.<br />
Zum Download unter www.treptowerantifa.de<br />
Die „Berliner Alternative Süd-Ost“ (BASO)<br />
Gegründet wurde <strong>die</strong> „Berliner Alternative Süd-Ost“ im Herbst 20<strong>03</strong> vom<br />
ehemaligen Kreisvorsitzenden der NPD, Rene Bethage. Der 1965 geborene<br />
Bethage ist gelernter Steuerfachangestellter, ver<strong>die</strong>nt sich jedoch<br />
den einen oder anderen Euro als Unternehmensberater und im Bereich<br />
Security<strong>die</strong>nste dazu. Seine Karriere begann er beim „Bund freier Bürger“<br />
und in der vom mehrfach verurteilten Holocaustleugner Horst Mahler<br />
gegründeten „Initiative Unser Land“. Nach seinem Eintritt in <strong>die</strong> NPD im<br />
Jahr 2000 fungierte er dort erst als Pressesprecher,<br />
wurde 2001 als Kandidat für<br />
<strong>die</strong> Wahl zum Abgeordnetenhaus <strong>auf</strong> der<br />
Landesliste und zu den Bezirksverordnetenversammlungen<br />
in Treptow-Köpenick<br />
<strong>auf</strong>gestellt. Nach internen Querelen trat<br />
er im September 20<strong>03</strong> aus. „Die NPD<br />
hat den Fehler gemacht, alles von oben<br />
nach unten durchzud<strong>rücken</strong>“, begründet<br />
er seine jetzige Tätigkeit. „Aber wenn<br />
man keine funktionierende Basis hat,<br />
klappt es eben nicht.“ Seine „Basis“, das<br />
sind Jugendliche aus Treptow, deren Weltbild<br />
es Bethage zufolge zu festigen gilt.<br />
René Bethage, Gründer der BASO<br />
28 Bezirke<br />
<strong>Fight</strong>.<strong>Back</strong>.3 - 2006<br />
Die „Wolfsschanze“: illegaler Jugendclub von Neonazis in Johannisthal<br />
Einige <strong>die</strong>ser Jugendlichen verhaftet <strong>die</strong> Polizei am 22. November 20<strong>03</strong><br />
in einem Keller <strong>auf</strong> einem stillgelegten Industriegelände in Schöneweide.<br />
Beim betreten der Kellerräume werden von der Polizei mehrere Räume<br />
<strong>auf</strong>gefunden, <strong>die</strong> von den „Jugendlichen“ in mühevoller Handarbeit mit<br />
unzähligen Hakenkreuzen, SS-Runen und anderen verbotenen Symbolen<br />
verziert worden sind. Unter den dort verkehrenden Neonazis befanden<br />
sich unter anderen Markus Loszczynski, Rico Mike Stern, Stefan Hache,<br />
Phillip Linde, Daniel Krivian, Milan Mauersberger und Thomas Gräber.<br />
Nachdem ihr alter Treffpunkt nun nicht mehr nutzbar war, forderte <strong>die</strong><br />
BASO im Rahmen der Kampagne „Freiräume schaffen, nationale Zentren<br />
erkämpfen“ ein „Jugendzentrum Süd-Ost“. Diesem Ansinnen verliehen<br />
sie mit mehreren Aktionen Nachdruck. Mehrfach veranstalteten sie<br />
spontane Kundgebungen im Bezirk, schrieben Briefe an den Bezirksbürgermeister<br />
und hingen Transparente an leerstehende Häuser um <strong>die</strong>s<br />
später im Internet als eine Hausbesetzung zu verk<strong>auf</strong>en. Zudem führte<br />
<strong>die</strong> BASO am 6. Dezember 20<strong>03</strong> sowie am 4. Dezember 2004 Demonstrationen<br />
mit jeweils ca. 200 Neonazis durch. Ende Juli 2004 gab es in<br />
Treptow-Köpenick bereits eine „Initiative für ein Jugendzentrum Süd-Ost“,<br />
hinter der sich verschiedene Neonazi-Gruppen wie <strong>die</strong> BASO, <strong>die</strong> Berliner<br />
Nationale Jugend, <strong>die</strong> Deutsche Gemeinschaft Süd, <strong>die</strong> Nationalen Aktivisten<br />
Prenzlauer Berg, <strong>die</strong> Kameradschaft Neukölln und <strong>die</strong> verbotene<br />
Kameradschaft Tor samt Mädelgruppe verbergen.<br />
Auch am 3. Dezember 2005 zogen 100 Neonazis unter dem Motto<br />
„Jugend braucht (wieder) Perspektive“ durch Treptow-Köpenick. Abgeschirmt<br />
von über 1000 Polizisten lief der von Sebastian Schmidtke (MHS)<br />
angemeldete Aufmarsch durch den Treptower Stadtteil Johannisthal. Auch<br />
<strong>die</strong>smal demonstrierten mehrere hundert AntifaschistInnen gegen den<br />
Neonazi-Aufmarsch.<br />
Bis zu ihrem Verbot zählte <strong>die</strong> Kameradschaft BASO neben der „Kameradschaft<br />
Tor“ & „Mädelgruppe Tor“ zu einer der aktivsten Berliner Neonazigruppen.<br />
Die Mitglieder der BASO nahmen an nahezu jeder Berliner<br />
und auch an überregionalen Aufmärschen teil. Darüberhinaus fielen <strong>die</strong><br />
Aktivisten immer wieder durch Gewalttaten gegen Andersdenkende <strong>auf</strong>.<br />
Beispielhaft sei hier der Vorfall genannt, bei dem am 5. April 2005 ein vietnamesischer<br />
Imbissbetreiber vom Bethage Zögling Markus Loszczynski,<br />
sowie Tobias Brähmer und Dennis Reinhard Eister mit einem Kantholz<br />
mehrmals <strong>auf</strong> den Kopf und in das Gesicht geschlagen wird. Weil er den<br />
Neonazis kein Bier anschreiben wollte lag der Imbissbetreiber mehrere<br />
Wochen im Krankenhaus und hat zudem bleibende Schäden davongetragen.<br />
Die Täter wurden zu geringen Bewährungstrafen und in einem Fall zu<br />
90 Arbeitsstunden verurteilt.