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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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<strong>Fight</strong>.<strong>Back</strong>.3 - 2006<br />

Neonaziläden in Berlin<br />

Als im Dezember 1997 in Berlin das „Café Germania“ (Betreiber: Andreas<br />

Voigt) eröffnet wurde, stellte es den ersten Versuch der Berliner<br />

Neonaziszene dar, eine eigene Infrastruktur von der Szene für <strong>die</strong> Szene<br />

<strong>auf</strong>zubauen. Das Cafe, das in den zwölf Monaten seines Bestehens<br />

bundesweite Beachtung erlangte, stellte für <strong>die</strong> Berliner und Brandenburger<br />

Neonaziszene einen wichtigen Treffpunkt, Vernetzungsort und eine<br />

Finanzquelle dar. Hier fanden Kameradschafts- und Liederabende statt,<br />

von hier gingen Übergriffe <strong>auf</strong> MigrantInnen und Linke aus. Die antifaschistische<br />

Kampagne, <strong>die</strong> zur Schließung des Cafés führte - bestehend<br />

aus einer breiten Öffentlichkeitsarbeit, großen Demonstrationen und<br />

militanten Aktionen - steht beispielhaft für erfolgreiches Vorgehen gegen<br />

Neonazi-Infrastruktur. Sieben Jahre später zeigt sich, dass in Berlin ein<br />

verzweigtes Netz von Neonaziläden, Tattooshops und Kneipen vorhanden<br />

ist, <strong>die</strong> teilweise von Neonazis betrieben werden, teilweise aber auch von<br />

Geschäftsleuten, <strong>die</strong> in den Neonazis eine lukrative Geldquelle entdeckt<br />

haben. Egal wer der Betreiber ist, <strong>die</strong> Geschäfte sind Teil einer Infrastruktur,<br />

<strong>die</strong> von den Berliner Neonazis genutzt wird. Das Geld, das mit dem<br />

Erlös der Neonazi-CDs und –T-Shirts erwirtschaftet wird, fließt zudem zu<br />

einem Teil zurück in <strong>die</strong> Szene. Im Folgenden wird an ein paar Beispielen<br />

<strong>die</strong> Vielfalt der Neonazi-Infrastruktur geschildert.<br />

Parzifal (Marienstraße / Schöneweide :: Inhaber: Philip Schlaffer „Accessoires<br />

Handel Deutschland“)<br />

Der Parzifal (eröffnet am 8. Oktober 2005)<br />

stellt derzeit den einzigen Laden dar, der<br />

vermutlich einen Teil des Gewinns direkt in<br />

<strong>die</strong> Neonaziszene zurückfließen lässt. Der<br />

Betreiber des Ladens, Alexander Willibald<br />

Bahls, ist Gründungsmitglied der Neonaziband<br />

„Spreegeschwader“ und war in der Vergangenheit<br />

an gewalttätigen Übergriffen gegen<br />

AntifaschistInnen beteiligt.<br />

Der Laden ist am Merchandise der Berliner<br />

Neonazibandprojekte „Spreegeschwader“ und<br />

„Lunikoff“ (dem Soloprojekt des „Landser“-Sängers Michael Regener)<br />

ausgerichtet. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Neonazidevotionalien,<br />

wie Aufnäher, T-Shirts, Springerstiefel und natürlich Musik-CDs.<br />

Andycap (Dietzgenstraße / Pankow :: Inhaber: Normen Weißleder)<br />

Der Andycap ist einer der ältesten Neonaziläden<br />

in Berlin. Er besteht aus einem kleinen<br />

Ladengeschäft, in dem legale Marken, wie<br />

„Fred Perry“ und „Lonsdale“, aber auch<br />

Fanartikel rechter Bands angeboten werden.<br />

Darüber hinaus befinden sich Lagerräume<br />

unter dem Geschäft, in denen illegale Waren,<br />

wie z.B. verbotene Neonazi-CDs erstanden<br />

werden können. Dazu gehört noch ein kleiner<br />

Versand, der über <strong>die</strong> Adresse des Ladens<br />

läuft. Die abgelegene Lage des Ladens lässt<br />

vermuten, dass ein Großteil der Geschäfte über den Versand abgewickelt<br />

wird.<br />

Doormen (Jan-Petersen-Straße / Hellersdorf :: Inhaber: René Schwemmin)<br />

Der Doormen befindet sich im „Carree<br />

Marzahn“ (Berlin). Obwohl auch Marken wie<br />

„O’Neill“ und „Jet Lag“ angeboten werden,<br />

erkennt mensch durch <strong>die</strong> mitten im Laden<br />

hängende „Walhall“-Fahne, dass der Inhaber<br />

des Doormen, der in Köpenick wohnende<br />

René Schwemmin, auch in der rechten Ecke<br />

fischt. Es gibt T-Shirts mit Aufdrucken wie<br />

„Afrika Korps“, „88% gegen Gewalt“ oder „It’s<br />

no crime to be white“. Auf Nachfrage kann<br />

mensch auch Motivwünsche für T-Shirts äußern, <strong>die</strong> dann von René<br />

Schwemmin gedruckt werden. Dabei ist es ihm egal, ob es sich um verbotene<br />

Aufdrucke handelt, solange mensch nicht verrät, dass es aus seinem<br />

Laden stammt.<br />

Roby Rob Shop (Warschauer Straße / Friedrichshain :: Inhaber: Peter<br />

Bramman)<br />

Der äußerlich unscheinbare Multimedia-Laden<br />

Roby Rob Shop befindet sich in Friedrichshain.<br />

Lediglich der Besitzer des Ladens<br />

Peter Bramman offenbart, dass der Laden<br />

eine Einnahmequelle der Neonaziszene ist.<br />

Bramman ist bekennender Nationalsozialist<br />

und Sänger der Berliner Rechtsrockband D.S.T.<br />

(„Deutsch, Stolz, Treu“ oder auch „Doktor<br />

Sommer Team“). Diese Band ist fest in der<br />

Bramman<br />

Berliner Rechtsrockszene verankert, was sich<br />

an gemeinsamen Konzerten mit den Bands Spreegeschwader und Legion<br />

of Thor zeigt. Auch verkehren vermehrt Mitglieder der Vandalen im Umfeld<br />

des Roby Rob Shops. Der Shop ist also als eine rechte Struktur in Berlin<br />

und Friedrichshain im speziellen zu bewerten.<br />

Hinzu kommt eine Reihe von Geschäften, bei denen <strong>die</strong> Betreiber nicht<br />

klar dem extrem rechten Milieu zugerechnet werden können, <strong>die</strong> aber<br />

ihr Angebot klar <strong>auf</strong> Neonazis ausgerichtet haben. Die meisten <strong>die</strong>ser<br />

Läden werden von Vertretern des Rocker-Milieus betrieben.<br />

Kategorie C (Zingsterstraße / Hohenschönhausen :: Betreiber: André Sommer)<br />

Ein Beispiel für <strong>die</strong>se Vermischung von Rocker-<br />

Milieu und Neonaziszene ist das „Kategorie<br />

C“. Das „Hells Angels“-Member André Sommer<br />

übernahm das Geschäft von Christian<br />

Müller, einem Hooligan, bei dem mehrere Kilo<br />

Kokain, Munition und Handgranaten gefunden<br />

wurden. Die davor offen angebotenen Neonaziutensilien<br />

verschwanden danach aus dem<br />

Sch<strong>auf</strong>enster und wurden durch Hooligan-Bekleidung<br />

ersetzt. Die „Müller Kozmaz GbR“ <strong>die</strong><br />

weiter den Laden betreibt, zeigt jedoch, dass<br />

weiterhin eine Vernetzung mit der Neonaziszene stattfindet. Die Kozmaz-<br />

Brüder halten unter anderem Kontakte zu der Band „Spreegeschwader“.<br />

Sommer betreibt weiterhin das Lokal Germanenhof und das Berliner<br />

Fußball Café (siehe unten).<br />

Harakiri (Bornholmerstraße / Prenzlauer Berg :: Betreiber: Henry Harm)<br />

Seit 1995 existiert das Harakiri in Prenzlauer<br />

Berg. Der Laden ist der Nachfolger des Pankower<br />

Ladens No Remorse, der auch von Harm<br />

betrieben wurde. Aus den Räumen in der<br />

Grellstraße zog der der Harakiri 20<strong>03</strong> in <strong>die</strong><br />

Bornholmer Straße. Auch der Betreiber des<br />

Harakiris pflegt gute Verbindungen zu Rocker-<br />

Vereinigungen. Regelmäßig wird für Veranstaltungen<br />

des MC „Born to be wild“ geworben. In<br />

dem Ladengeschäft und dem angeschlossenen<br />

Versand, wird explizit um extrem rechtes<br />

Publikum geworben.<br />

Ostzone (Weitlingstraße / Lichtenberg)<br />

Das Geschäft Ostzone ist ein Tattooshop, an<br />

den ein kleines Bekleidungsgeschäft angeschlossen<br />

ist. Dort werden unter anderem <strong>die</strong><br />

rechten Marken „Rizist“ und „ProViolence“<br />

vertrieben.<br />

Strukturen 23

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