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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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2. September 2002 REP-Kundgebung <strong>auf</strong> dem Alexanderplatz<br />

Die Republikaner<br />

Der Umgang der NPD mit anderen rechten Parteien wie DVU und REP<br />

in Berlin ist durch das notwendige Bekenntnis zur NS-Ideologie und <strong>die</strong><br />

dementsprechend historische Ausrichtung aktueller Politik geprägt. Da<br />

REP und DVU bürgerlicher rekrutiert sind als <strong>die</strong> NPD kam es hier zu<br />

Reibungspunkten einzelner Politiker mit ihren Parteivorständen. Im Juni<br />

20<strong>03</strong> konnte sich der damalige Landesvorsitzende der Republikaner<br />

Bernd Bernhard nicht gegen den Bundesvorstand seiner Partei durchsetzen,<br />

<strong>die</strong> Distanz zur NPD <strong>auf</strong>zulösen und trat zusammen mit dem Berliner<br />

Pressesprecher von seinen Ämtern zurück.<br />

Mit nur zwei aktiven Kreisverbänden in Reinickendorf und Mitte können<br />

<strong>die</strong> Republikaner in Berlin schon seit Jahren ihr rechts-konservatives Profil<br />

nur knapp halten, was sich auch in den miserablen Wahlergebnissen von<br />

0,5 % zur Bundestagswahl 2005 und immerhin 1,4 % zur Europawahl<br />

2004, niederschlägt. Ihre Bundeszentrale in der Garbáty-Villa in Pankow<br />

haben sie dementsprechend <strong>auf</strong>gegeben und sind in ein kleines Büro<br />

in der gleichen Straße gezogen. Die Schwäche der REPs macht sich <strong>die</strong><br />

NPD zu Nutze und kann wenige REPs und deren WählerInnenschaft für<br />

sich gewinnen. In Sachsen hat sich ähnliches vollzogen, als einen Tag vor<br />

der Wahl im September 2004 <strong>die</strong> sächsische Landesvorsitzende der Republikaner,<br />

Kerstin Lorenz, ihren Austritt aus der Partei und ihren Beitritt<br />

zur NPD verkündete und damit eine bisher fehlende Perspektive für REPs<br />

öffentlich sichtbar machte.<br />

Konrad Voigt, Landesvorsitzender der REPs in Berlin trat im Januar<br />

2005 ebenfalls aus der Partei aus und erklärte<br />

zeitgleich mit REP-Funktionären aus Hamburg und<br />

Sachsen seinen Beitritt zur NPD. Die REP-Führung<br />

habe „<strong>die</strong> historische Stunde zum gemeinsamen<br />

Kampf aller Patrioten für unser Vaterland<br />

verschlafen“ und sich in das „selbstgewählte<br />

politische Abseits“ gebracht. Das Bedürfnis des<br />

Berliner Landesverbands, <strong>die</strong> Politik an der NPD<br />

auszurichten, scheiterte also bisher am Bundesvorstand<br />

und den 1990 vereinbarten „Ruhstorfer<br />

Konrad Voigt<br />

Abgrenzungsbeschlüssen“. Ein weiterer Versuch<br />

aus <strong>die</strong>sem Dilemma auszubrechen ereignete<br />

sich in Spandau nach der Bundestagswahl 2005.<br />

Im Oktober 2005 gründete Beate Neitzel zusammen<br />

mit ihrem Mann, dem langjährigen Spandauer<br />

REP-Vorsitzenden Olaf Neitzel und dem<br />

Spandauer REP-Sprecher Roland Hirsch, sowie<br />

Oliver Straube, Mitglied des Landesvorstands der<br />

REPs, einen lokalen Ableger der Familienpartei in<br />

Spandau. Nach Hinweisen von AntifaschistInnen<br />

ging <strong>die</strong> Familienpartei gegen das ungeliebte Kind<br />

Peter Warnst<br />

mit rechtlichen Schritten vor.<br />

Die REP-Kreisverbände Tiergarten, Mitte und Wedding vereinigten sich im<br />

April 2005 und werden vom Landesvorsitzenden Peter Warnst (gelernter<br />

Polizeibeamter, 34) geleitet. Sein Stellvertreter für den Landesvorsitz ist<br />

Tibor Viktor Haraszti (27), der seit 20<strong>03</strong> den Kreisverband Reinickendorf<br />

leitet, wo er auch zur Wahl antrat. Weiterhin aktiv im Kreisverband<br />

Reinickendorf sind Peter Blank und Uwe Barteis. Marieluise Jeschke ist<br />

Landesschatzmeisterin. Die anderen Kreisverbände sind in ihren Aktivitäten<br />

nicht oder nur kaum wahrnehmbar. Der Vollständigkeit halber seien <strong>die</strong><br />

Kreisvorsitzenden dennoch erwähnt: Karsten Kosgalwies (Friedrichshain),<br />

Thomas Weisbrich (Lichtenberg), Günther Nestmann (Marzahn-Hellersdorf),<br />

André Kalicinski (Mitte), Marina Posse (Neukölln), Michael Rauschenbach<br />

(Pankow), Axel Günther (Steglitz), Reinhard Haese (Tempelhof).<br />

20 Strukturen<br />

Fazit<br />

Tibor Haraszti (Reinickendorf)<br />

André Kalicinski (Mitte)<br />

<strong>Fight</strong>.<strong>Back</strong>.3 - 2006<br />

Die NPD Berlin versucht seit einiger Zeit durch <strong>die</strong> verstärkte Zusammenarbeit<br />

mit Freien Kameradschaften aus dem Dornröschenschlaf einer<br />

Wahlpartei zur Aktionspartei mit kontinuierlicher Lokalpolitik <strong>auf</strong>zugehen.<br />

Damit verliert <strong>die</strong> NPD an BürgerInnennähe und wird als eine gewalttätig<br />

agierende Gruppierung wahrgenommen, <strong>die</strong> eine bestimmte jugendliche<br />

Klientel anspricht. Ob <strong>die</strong>se Klientel, mit der Herabsetzung des Wahlalters<br />

<strong>auf</strong> 16 Jahre bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 groß genug für eine<br />

Beteiligung im Senat ist, bleibt abzuwarten.<br />

Der personelle Rückhalt durch <strong>die</strong> Kameradschaftsaktivisten und der logistische<br />

Aufwand durch <strong>die</strong> einzelnen Berliner NPD Kader verschafft dem<br />

Landesverband neuen Aufwind und einigen Kreisverbänden wie Pankow<br />

eine aktionistische Außenwirkung. Die Gründung neuer Kreisverbände wie<br />

z.B. in Neukölln sind eher formal und werden wahrscheinlich nur zu Wahlkampfzeiten<br />

<strong>auf</strong>rechterhalten. Inhaltlich hat der Landesverband nicht viel<br />

zu bieten und richtet seine Politik stur am Bundesvorstand aus. Ob das so<br />

bleibt, wird sich zeigen, wenn der gleichzeitige Kuschelkurs zur DVU und<br />

den Kameradschaften lokal nicht mehr zu vereinbaren ist.<br />

Mit einem jugendkulturellen Angebot versucht <strong>die</strong> NPD für Jugendliche,<br />

ihre WählerInnenschaft, wieder attraktiver zu werden. Das Eindringen der<br />

NPD und ihrer Anhänger in bisher nicht-rechte Subkulturen hat neben der<br />

Enttabuisierung rechter Denk- und Verhaltensweisen auch ein Aufweichen<br />

der Neonaziszene zur Folge. Die Spaltungen der letzten Jahre in Brandenburg<br />

und auch in Berlin um <strong>die</strong> „Jugend Wacht“ sind Ausdruck <strong>die</strong>ser<br />

neuen Entwicklung.<br />

Über den juristischen Weg schafft es <strong>die</strong> Partei sich in bürgerliche Räume<br />

einzuklagen und Aufmärsche durchzusetzen, was wiederum dem Selbstbewusstsein<br />

zugute kommt. Dennoch ist <strong>die</strong> neue Dynamik nur Produkt<br />

der teilweisen Fokussierung des Bundesvorstands <strong>auf</strong> den Wahlkampf in<br />

Berlin und dem Wirken von einigen Selbstdarstellern wie Eckart Bräuniger<br />

und Jörg Hähnel. Ob eine kontinuierliche Parteiarbeit ohne oder entgegen<br />

der Politik der Freien Kameradschaften möglich ist, und wie sich <strong>die</strong> Berliner<br />

NPD beim ersten großen Streit in den neu geschlossenen Bündnissen<br />

verhält, kann interessant werden. Zumindest liegt hier viel Potential zur<br />

Spaltung.<br />

Antifaschistisches Engagement in der Hauptstadt muss <strong>die</strong> fließenden<br />

Übergänge und Bündnisse von „unabhängigen Nationalisten“ und der<br />

NPD stärker ins Blickfeld <strong>rücken</strong> und <strong>die</strong> lokale NPD mehr zum Thema<br />

machen. Weiterhin bleibt <strong>die</strong> 2000 nach Köpenick gezogene Bundeszentrale<br />

und <strong>die</strong> von dort aus gesteuerte bundesweite Politik Inhalt antifaschistischer<br />

Arbeit, da sie maßgeblich für den Aufschwung des Berliner<br />

Verbandes verantwortlich ist.<br />

Fußnoten<br />

(1) TAZ, 09.02.2004 „Die NPD Prignitz will rein doitsch bleiben“<br />

(2) 24. April 2005: Ein Wahlkampfstand der NPD am Lindencenter in<br />

Hohenschönhausen wird von dem Kreuzberger Andrew Hanisch und dem<br />

NPD Kreisvorsitzenden für Lichtenberg-Hohenschönhausen Claus Schade<br />

betreut. Als sich Jugendliche in kritischer Absicht nähern zieht Hanisch<br />

ein Pfefferspray. Danach wird der Stand im gegenseitigem Einvernehmen<br />

abgebaut.<br />

31. Juni 2004: Die NPD macht am Bhf. Schönhauser Allee einen<br />

Infostand. Als ein Passant Infomaterial zerreißt wird er von dem NPDler<br />

Andrew Hanisch verfolgt, gewürgt und zu Boden gezerrt.<br />

(3) Zündstoff Heft 4/99, S. 1

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