Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
NPD Landesvorsitzender Eckart Bräuniger links: Claus Schade, rechts: Andrew Hanisch<br />
Georg Magnus<br />
Berlin/Brandenburg“ verlor nach der Trennung des gemeinsamen Verbandes<br />
Berlin-Brandenburg mit seiner vierteljährlich erscheinenden Auflage<br />
von 200 Stück noch mehr an Bedeutung. Im Verbotsantrag der NPD 1999<br />
wird der Zündstoff noch oft zitiert, um den Antisemitismus der NPD zu belegen<br />
z.B: „Auf <strong>die</strong> Verauschwitzierung der deutschen Gegenwart (...) folgt<br />
nun <strong>die</strong> Verauschwitzierung der deutschen Zukunft? (...) Wer <strong>die</strong> deutsche<br />
Geschichte verbiegt und vergiftet und zum Nachteil Deutschlands in den<br />
Verkehr bringt und verbreitet, dem stehen in <strong>die</strong>sem Lande alle Türen und<br />
Ausstellungshallen offen.“ (3). Für den Inhalt zeichnet sich das Bundesvorstandsmitglied<br />
Thomas Salomon verantwortlich. Perspektivisch wird<br />
der Zündstoff weiter an Bedeutung verlieren und <strong>die</strong> Leserschaft einheitlich<br />
mit der Deutschen Stimme versorgt.<br />
Da <strong>die</strong> NPD sich immer weiter für rechte Subkulturen geöffnet hat, um<br />
ihre Stammwählerschaft, Anhänger und Umfeld freier Kameradschaften<br />
zu binden, war es logisch, dass <strong>die</strong>s bei den traditionell völkisch orientierten<br />
Gruppierungen Unmut hervorrief, was auch zu Abspaltungen führte.<br />
Die Publikation der JN Berlin/Brandenburg, „Jugend Wacht - für <strong>die</strong> nationalistische<br />
Jugendbewegung“, distanzierte sich im Streit um <strong>die</strong> Nominierung<br />
von Safet Babic Ende 20<strong>03</strong> ebenfalls von der NPD/JN, gründete<br />
den „Deutsche Jugend Verlag“ und arbeitete als Gruppierung „Deutsche<br />
Jugend“ parteiunabhängig mit der brandenburgischen BNO zusammen.<br />
Die „Jugend Wacht“ erscheint in unregelmäßigen Abständen und wird von<br />
dem Autorenkollektiv Jens Pakleppa, Jan Gallasch, Tino Wolf, Rene Neye,<br />
Steffen Nickel, Norman Ledge und Christian Kempe zusammengestellt,<br />
<strong>die</strong> zum Teil in Lichtenberg wohnen. Die „Deutsche Jugend“ vertritt einen<br />
völkischen Traditionalismus, der sich viel klarer als <strong>die</strong> NPD vom Straßenaktivismus<br />
der Freien Kameradschaften abgrenzt.<br />
Nationale Einheit und Volksfront-Strategie<br />
Mit dem zentralen Aufmarsch von etwa 3000 Neonazis am 1. Mai 2004<br />
durch Lichtenberg wollte <strong>die</strong> rechte Szene bundesweit wieder Einigkeit<br />
symbolisieren und <strong>die</strong> NPD ihren Führungsanspruch geltend machen.<br />
Doch schon beim Auftakt kam es zu handfesten Auseinandersetzungen<br />
zwischen Freien Kameradschaften und der NPD wegen des Umgangs mit<br />
polizeilichen Auflagen. Die frühzeitige Beendigung des Aufmarschs kurz<br />
vor Betreten des Bezirks Friedrichshain (dem eigentlichen Ziel), durch<br />
<strong>die</strong> NPD wurde <strong>auf</strong> Anraten der Polizei durchgeführt und der Aufmarsch<br />
zurück zum Auftaktkundgebungsort Bahnhof Lichtenberg geleitet. Dieser<br />
Rückzug brachte der NPD herbe Kritik ein und war für ihr Ziel, eine nationale<br />
Einheit zu bilden, nicht gerade förderlich.<br />
Der Aufmarsch ein Jahr später zum 8. Mai 2005 vom Alexanderplatz in<br />
Richtung Brandenburger Tor unter dem Motto „Schluss mit dem Schuldkult“,<br />
sollte ebenfalls <strong>die</strong> extreme Rechte unter dem Banner der NPD<br />
vereinen, was wiederum nicht nur an den GegendemonstrantInnen und<br />
der massiven Polizeipräsenz scheiterte. Während <strong>die</strong> Freien Kameradschaften<br />
ungehalten an den Polizeiketten rangelten, verhandelte <strong>die</strong> NPD-<br />
Spitze solange mit der Polizei, dass <strong>die</strong> 3000 Anhänger ohne nur einen<br />
Meter gel<strong>auf</strong>en zu sein wieder nach Hause fahren mussten.<br />
Angespornt durch <strong>die</strong> Wahlerfolge im sächsischen Landtag im September<br />
2004, rief <strong>die</strong> NPD das Konzept der „rechten Volksfront“ von Partei und<br />
freien Kräften aus und zog im Oktober 2004 ranghohe Kameradschaftsführer<br />
wie Thorsten Heise (Blood&Honour) und Thomas Wulff (Aktionsbü-<br />
18 Strukturen<br />
Albrecht Reither<br />
Andreas Storr<br />
Matthias Wichmann<br />
ro-Norddeutschland) in <strong>die</strong> Partei. Ziel war es B<strong>rücken</strong> zu Freien Kräften<br />
und anderen neonazistischen Gruppierungen zu schlagen. So trat auch<br />
der verurteilte und mittlerweile inhaftierte Berliner „Landser“ Sänger<br />
Michael Regener in den Berliner Kreisverband 8 Pankow-PrenzlauerBerg-<br />
Weißensee der Partei ein. Damit war <strong>die</strong> Hoffnung verbunden <strong>die</strong> Rechtsrockszene,<br />
Vandalen und Hooligans <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Linie der NPD zu bringen und<br />
ihr unabhängiges Potential strukturell nutzen zu können. Zur Bundestagswahl<br />
2005 trat sogar der Chef des Märkischen Heimatschutz (MHS), Gordon<br />
Reinholz, für <strong>die</strong> NPD in Berlin-Mitte an, wofür <strong>die</strong> Kameradschaften<br />
im Gegenzug ein eigenes Wahlplakat von der NPD gesponsert bekamen.<br />
Mobilisierung rechter Subkulturen und „Freier Kräfte“<br />
Stella Palau und Jörg Hähnel<br />
Als der frischgebackene NPD-Kreisvorsitzende von Treptow-Köpenick,<br />
Eckart Bräuniger, im Juni 2004 <strong>auf</strong> dem KFZ-Werkstattgelände des resignierten<br />
Landesvorsitzenden Albrecht Reither in Lichtenberg ein „Treffen<br />
europäischer Nationalisten“ abhielt, spielten zahlreiche Rechtsrock-Bands<br />
wie Spreegeschwader und Michael Regener (Lunikoff). „Das ist u.a. <strong>die</strong><br />
Art der Parteiarbeit, wie wir sie in der Reichshauptstadt praktizieren“ ließ<br />
Bräuniger <strong>auf</strong> einer Internetseite verlautbaren. Dass er auch kameradschaflich<br />
organisiert ist, zeigt eine von der Polizei gestürmte Wehrsportübung<br />
der Kameradschaft Nordland im April 2004, bei der auch Bräuniger<br />
im Wald bei Finowfurt festgenommen wurde.<br />
Die Berliner NPD betreibt bei der Organisierung solcher neonazistischer<br />
Events nicht nur aktive Jugendarbeit, sondern will auch rechte Subkulturen<br />
im Allgemeinen und Freie Kameradschaften im Speziellen stärken.<br />
Dieser Schulterschluss manifestiert sich auch in sog. „Kameradschaftsabenden“,<br />
<strong>die</strong> der Kreisverband Lichtenberg-Hohenschönhausen in regelmäßigen<br />
Abständen abhält. Dieser Kreisverband unter der Leitung von<br />
Claus Schade ist es auch, welcher sein offizielles Büro in der Siegfriedstraße<br />
184 in Lichtenberg (gelegen in der Bornitzstraße) dem Märkischen<br />
Heimatschutz als wöchentlichen Treffpunkt zur Verfügung stellt.<br />
Jörg Hähnel, rechter Liedermacher, NPD Kreisvorsitzender für den Großbezirk<br />
Pankow und stellvertretender Landesvorsitzender der NPD, ist öfter<br />
bei Aktionen der Kameradschaften anzutreffen als bei der NPD. So griff<br />
er zusammen mit 20 weiteren Neonazis Ende 20<strong>03</strong> einen vermeintlich<br />
linken Jugendclub in Pankow an und beteiligte sich an dem „schwarzen<br />
Block“ von Berliner Kameradschaften <strong>auf</strong> zahlreichen Aufmärschen. Im<br />
Wahlkampf 2005 griff er mit einer drei Meter langen Stange vermeintliche<br />
AntifaschistInnen an, <strong>die</strong> ihn beim Plakate<strong>auf</strong>hängen beobachteten.<br />
Gelegentlich tritt er unter dem Namen der Gruppierung „Vereinte Nationalisten<br />
Nordost“ <strong>auf</strong>. Weiterhin ist er zusammen mit seiner Lebensabschnittspartnerin<br />
Stella Palau, mit der er auch seit Februar 2004 ein Kind<br />
hat, im NPD-Bundesvorstand im „Arbeitskreis Propaganda und Werbung“,<br />
weshalb viele Werbemittel ihn als V.i.S.d.P. angeben.<br />
Der Kreisverband Pankow ist unter Hähnel der aktivste in Berlin und gibt<br />
<strong>auf</strong> der Internetpräsenz <strong>die</strong> Aktionen der Kameradschaften in Berlin z.T.<br />
als eigene aus. Zum NPD-Kreisverband Pankow zählen ca. 40 Mitglieder.<br />
Auch bei den NPD Veranstaltungen, wie z.B. Infostände, überwiegen<br />
Kameradschaftsaktivisten. Der organisatorische Unterschied zwischen<br />
„parteiungebundenen“ oder „nationalen Aktivisten“ und NPD-Mitgliedern<br />
hat im Kreisverband 8 keine Bedeutung. So beteiligten sich Hähnel und<br />
sein Kameradschaftsanhang zusammen mit der DVU und den Republika-