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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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– Freie Kräfte“ „Freie Kräfte Berlin“ und „Autonome Nationalisten Berlin<br />

– Hohenschönhausen“ benutzt. Diese „Gruppen“ traten meist nur durch<br />

Aufkleber und Plakate in der Öffentlichkeit <strong>auf</strong>. Die Routen <strong>auf</strong> denen<br />

<strong>die</strong>se Aufkleber geklebt wurden, waren mit den alten KS Tor Routen identisch.<br />

Das Label „Freie Kräfte Berlin“, dass derzeit von <strong>die</strong>sen Strukturen<br />

benutzt wird, ist dabei eine neue Struktur <strong>auf</strong>zubauen. So existiert eine<br />

eigene Internetseite, <strong>die</strong> von Björn Wild betrieben wird. Aufmärsche,<br />

<strong>die</strong> von <strong>die</strong>ser Gruppe organisiert werden, meldet der aus Strausberg<br />

stammende und inzwischen in Berlin wohnende Sebastian Schmidtke an.<br />

Intern bezeichnet sich das Grüppchen weiterhin als „Kameradschaft Tor“.<br />

Die JN-Berlin, <strong>die</strong> sich kurz nach dem Verbot der Kameradschaften neugründete,<br />

kann ebenfalls als Nachfolgeorganisation angesehen werden.<br />

Die „unverbietbare“ Jugendorganisation der NPD wird maßgeblich von<br />

Markus Loszczynski (Ex-BASO) und Stefanie Piehl (Ex-KS Tor Umfeld) organisiert.<br />

Die Organisation wird von den Neonazis genutzt, um <strong>auf</strong> legaler<br />

Basis so weiterzumachen, wie es ihnen mit den verbotenen Kameradschaften<br />

nicht mehr möglich ist.<br />

Auch ist eine weitere Radikalisierung zu beobachten. Aus dem kleinen<br />

Kreis der verbotenen Kameradschaften sind seit dem Verbot mehr<br />

Übergriffe verübt worden, als in den Jahren zuvor. Die Neonazis Oliver<br />

Oeltze, Sebastian Glaser, Sebastian Zehlecke, Nicole Stenzel, und Christian<br />

Bentz waren dabei besonders oft zu beobachten. So wurden am 1.<br />

September 2005 zwei linke Plakatierer von vier Neonazis, darunter Bentz<br />

und Glaser verfolgt und schließlich angegriffen. Während eines Infostandes<br />

der NPD am S-Bahnhof Prenzlauer Allee wurde ein Antifaschist von<br />

Stenzel, Zehlecke und Oeltze angegriffen.<br />

Viele <strong>die</strong>ser Neonazis versuchen zusammen mit Potsdamer Neonazis<br />

auch in Potsdam militant gegen AntifaschistInnen vorzugehen. So wurde<br />

Oeltze wegen der Übergriffe <strong>auf</strong> AntifaschistInnen im Oktober <strong>die</strong>sen<br />

Jahres in Untersuchungshaft genommen. Nach den Übergriffen in Potsdam,<br />

wegen denen gegen ihn ermittelt wurde, hatte er sich an weiteren<br />

Übergriffen in Berlin beteiligt.<br />

Die meisten ehemaligen Mitglieder der KS-Tor wohnen inzwischen im Lichtenberger<br />

Weitlingkiez. Dort befindet sich eine intakte Infrastruktur mit<br />

dem Mischszene-Laden „Ostzone“ und mehreren Kneipen, in denen sie<br />

sich ungestört treffen können, wie <strong>die</strong> „Kiste“ und das „Piccolo“. In dem<br />

Kiez starten sie eine Vielzahl ihrer Aktionen und bauen eine Drohkulisse<br />

gegenüber alternativen Jugendlichen aus <strong>die</strong>ser Gegend <strong>auf</strong>. Im direkten<br />

Wohnumfeld der Neonazis tauchen seit einiger Zeit eine Vielzahl von<br />

Sprühereien <strong>auf</strong>, <strong>die</strong> unverholen dem Nationalsozialismus huldigen oder<br />

zur Ermordung politischer Gegner <strong>auf</strong>fordern. Die Sprüche sind meist so<br />

chiffriert, dass sie nur noch vom politischen Gegner verstanden werden<br />

(„C4 4 Reds“ – Sprengstoff für Rote; „Winke Winke Wiesenthal“ – Verhöhnung<br />

des vor kurzem gestorbenen „Nazijägers“ Simon Wiesenthal).<br />

Der Spruch „Nur Hitler“, mit dem Björn Wild seine privaten Nachrichten in<br />

Neonazi-Foren beendet, findet sich unter einer Vielzahl von Sprühereien<br />

im Weitlingkiez und in Nordhohenschönhausen. Im Zeitraum der Silvio-<br />

Meier-Demonstration 2005 verstärkten <strong>die</strong> Neonazis ihre Angriffe deutlich.<br />

Höhepunkt war ein versuchter Angriff von einem Dutzend Neonazis,<br />

darunter Sebastian Zehlecke, Sebastian Glaser und Roman Berger <strong>auf</strong><br />

einen Antifa-Infostand. Die Neonazis griffen mit Flaschen, Schlagstöcken<br />

und Reizgas an, konnten nach kurzer Zeit jedoch vertrieben werden.<br />

Etwa zehn Neonazis versuchten am 15. Dezember 2005 eine Bürgerveranstaltung<br />

in Karlshorst zu stören. Auch hierbei wurden Sebastian<br />

Zehlecke und Nicole Stenzel gesehen. Die Neonazis verschwanden, als<br />

<strong>die</strong> Polizei anrückte.<br />

14 Strukturen<br />

Oliver Schweigert, Kritiker der<br />

„Autonomen Nationalisten“<br />

Lars Wünsche, von der NPD zu „Freien Kräften“ Stefanie Piehl, von den „Freien Kräften“ zur JN Lutz Giesen, seit Jahren in<br />

Kameradschaften aktiv<br />

Am 5. Januar 2006 versuchte eine Gruppe von 20 Neonazis eine<br />

antifaschistische Veranstaltung am S-Bhf. Lichtenberg anzugreifen. Die<br />

Angreifer, unter ihnen Nicole Stenzel, Christian Bentz und Stefanie Piehl,<br />

bewarfen <strong>die</strong> Gäste der Veranstaltung mit Flaschen und Steinen und<br />

versuchten sie mit Stahlruten zu attackieren. Sie wurden jedoch in <strong>die</strong><br />

Flucht geschlagen.<br />

Eine weitere Strategie, welche <strong>die</strong> Reste der KS Tor und der BASO verfolgen<br />

sind spontane Aufmärsche <strong>die</strong> im engeren Kreis kurzfristig mobilisiert<br />

werden und an denen immer nur ca. 40-50 Neonazis teilnehmen. Als Anlass<br />

für <strong>die</strong>se Kurz<strong>auf</strong>märsche müssen <strong>die</strong> verschiedensten und unwichtigsten<br />

Themen herhalten. Mal ist eine Verhaftung der Anlass, mal ein<br />

kaputtes Naziauto oder ein gutes NPD-Wahlergebnis. Fast immer dabei<br />

sind Björn Wild, Oliver Oeltze (derzeit ins Untersuchungshaft), Sebastian<br />

Glaser, Sebastian Zehlecke, Hendrikije Herder, Nicole Stenzel, Christian<br />

Bentz, Lars Wünsche (der Lichtenberger war früher in NPD-Kreisen unterwegs,<br />

treibt sich inzwischen aber eher bei den KS-Tor Überbleibseln rum)<br />

Sebastian Schmidtke und Ines Wegner.<br />

Kameradschaft Tor – The Future<br />

Die Hoffnung des Berliner Innensenats, mit dem Verbot der KS Tor und<br />

der BASO, <strong>die</strong> beiden aktivsten Kameradschaften Berlins auszubremsen,<br />

hat sich als Trugschluss herausgestellt. Ein großer Teil der benannten<br />

Aktivisten ist weiterhin aktiv. Die KS Tor wird intern unter gleichem, extern<br />

unter stets wechselnden Namen weitergeführt und setzt da an, wo sie vor<br />

dem Verbot stehengeblieben war.<br />

Dass sie dabei noch radikaler vorgehen können, liegt zum einen daran,<br />

dass sie größtenteils aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden<br />

sind und so <strong>die</strong> Kräfte, <strong>die</strong> zivilgesellschaftlich oder repressiv dagegen<br />

wirken könnten, <strong>die</strong> Aktionen nur noch selten wahrnehmen.<br />

Da <strong>die</strong> KS Tor zu einem großen Teil jedoch <strong>auf</strong> genau <strong>die</strong>se Öffentlichkeit<br />

zur Kommunikation ihrer Aktionen angewiesen war, erhöht sie <strong>die</strong><br />

Frequenz ihrer Aktivitäten – in den zwei Wochen vor dem Todestag des<br />

Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß veranstalteten sie sieben Aufmärsche;<br />

der wiederholte Marsch durchs Brandenburger Tor erreichte <strong>die</strong>ses Mal<br />

nicht annährend <strong>die</strong> Resonanz, wie beim ersten Mal – und gestalten sie<br />

ihre Aktionen drastischer. So versuchten sie mit ca. 35 Neonazis, <strong>die</strong><br />

Gelöbnix-Demo mit Steinen anzugreifen, wurden aber frühzeitig von der<br />

Polizei gestoppt und nach Hause geschickt. Auch aus Aufmärschen heraus<br />

versuchen sie vermehrt GegendemonstrantInnen anzugreifen, was<br />

meist an der Polizei oder der Übermacht der Protestierenden scheitert.<br />

Wieder zeigt sich, dass das beste Mittel gegen organisierte Neonazis nicht<br />

staatliche Verbote, sondern eine starke antifaschistische Bewegung und<br />

eine linke Gegenkultur sind. Nur so können <strong>die</strong> Neonazis direkt zurückgedrängt<br />

werden und ihnen langfristig der Nährboden entzogen werden.

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