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Fight Back 03 - Nazis auf die Pelle rücken

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Kameradschaft Tor<br />

Als <strong>die</strong> „Kameradschaft Tor (KS Tor)“ und <strong>die</strong> „Mädelgruppe KS Tor“ am 9.<br />

März 2005 vom Berliner Innensenator Ehrhardt Körting verboten wurden,<br />

waren sie zwei der aktivsten und öffentlichkeitswirksamsten neonazistischen<br />

Gruppen in Berlin. Sie zeichneten sich in Zusammenarbeit mit der<br />

„Berliner Alternative Süd-Ost (BASO)“ (ebenfalls am 9.3.05 verboten) und<br />

dem Brandenburger Zusammenschluss „Märkischer Heimatschutz“ für<br />

<strong>die</strong> meisten Demonstrationen, Propaganda-Aktionen und Aktionen gegen<br />

politische GegnerInnen verantwortlich. Sie waren Teil einer in neonazistischen<br />

Kreisen breitangelegten Diskussion über das äußere Auftreten von<br />

Aktivisten und Organisationen.<br />

Dass ein Verbot der KS Tor <strong>die</strong>se vielfältigen Aktivitäten nicht zum<br />

Erliegen brachte, liegt <strong>auf</strong> der Hand. Vielmehr führte das Verbot zu einer<br />

erneuten Transformation <strong>die</strong>ses Spektrums. Neben einer weiteren Verfestigung<br />

des Kerns der Kameradschaft wird derzeit versucht, das jugendliche<br />

Umfeld der Kameradschaft aktiv einzubinden. Zudem hat der, schon<br />

vor dem Verbot dominante, Aktivismus der Neonazis zu Ungunsten einer<br />

inhaltlichen Differenzierung aktuell völlig Überhand genommen.<br />

Das vorerst letzte Ereignis im Zusammenhang mit der verbotenen Kameradschaft<br />

Tor war eine großangelegte Razzia am 10. Januar 2006 in 20<br />

Objekten, <strong>die</strong> Personen der Organisation „Freie Kräfte Berlin“ zugeordnet<br />

wurden. Unter den 14 Durchsuchten befanden sich <strong>die</strong> Neonazis Björn<br />

Wild, Nicole Stenzel, Hendrikije Herder, Sebastian Glaser, Sebastian<br />

Schmidtke, Sebastian Zehlecke und vermutlich auch der Greifswalder<br />

Lutz Giesen. Ihnen wird vorgeworfen, <strong>die</strong> verbotene Kameradschaft unter<br />

anderem Namen weitergeführt zu haben. Die Neonazis reagierten mit<br />

einem von Sebastian Schmidtke angemeldeten Spontan<strong>auf</strong>marsch durch<br />

den Lichtenberger Weitlingkiez, an dem ca. 80 Neonazis teilnahmen,<br />

unter ihnen auch <strong>die</strong> von der Durchsuchung Betroffenen.<br />

Kameradschaft Tor – The Past<br />

Am 21. August 1999 lud der Berliner Verband der extrem rechten „Republikaner“<br />

zu einem Liederabend mit dem Neonazi-Barden Frank Rennicke<br />

in <strong>die</strong> Friedrichshainer Kneipe „Zum Valentin“ in der Pufendorfstraße. Aufgrund<br />

antifaschistischer Proteste mussten sich <strong>die</strong> Neonazis in <strong>die</strong> Kneipe<br />

„Zur Laterne“ in der Frankfurter Allee zurückziehen. Dabei fielen neben<br />

Funktionären der Republikaner auch <strong>die</strong> Jungnazis Björn Wild, Mathias<br />

Mario Wallraf, Kai Nestmann, Dirk Lothar Müller, Gunnar Dirk Gei<strong>die</strong>s,<br />

Daniel Ralf Meinel, Ingo Hinz und Patrick Mario Wallraf <strong>auf</strong>. Nach<br />

12 Strukturen<br />

<strong>Fight</strong>.<strong>Back</strong>.3 - 2006<br />

Mitglieder der KS Tor protestieren gegen ihr Verbot: Sebastian Zehlecke (Transpi mitte), Björn Wild (Transpi rechts), Daniel<br />

Meinel (Bild ganz rechts), Oliver Oeltze (vorne Mitte), Lars Wünsche (Transpi links)<br />

<strong>die</strong>sem Zwischenspiel bei den „Republikanern“ und einer kurzen Zeit im<br />

Umfeld der „Jungen Nationaldemokraten-Nordost (JN)“ entschlossen sich<br />

einige <strong>die</strong>ser Gruppe, im Jahr 2001 <strong>die</strong> Kameradschaft Tor, benannt nach<br />

dem „Frankfurter Tor“, zu gründen.<br />

Diese Gruppe war anfangs im Auftreten und in Aktionsformen eine typische<br />

Neonazikameradschaft, deren Mitglieder hauptsächlich in Lichtenberg<br />

und Friedrichshain wohnten und aktiv waren. Die Neonazis um <strong>die</strong><br />

Kader Björn Wild und Daniel Meinel beschränkten sich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Teilnahme<br />

an Aufmärschen, organisierten Zeltlager und verteilten selbsthergestellte<br />

Propaganda. Es wurden eigene T-Shirts gedruckt und eine Fahne mit dem<br />

Gruppenlogo (einem Schwert mit Eichenblättern) hergestellt. Eigenständige<br />

Impulse in <strong>die</strong> Neonaziszene gingen von der KS Tor zu <strong>die</strong>ser Zeit<br />

nicht aus. Vielmehr war <strong>auf</strong> der eigenen Internetseite noch deutlich <strong>die</strong><br />

ideologische Nähe zur JN zu bemerken.<br />

Der äußerlich eher alternativen Kreisen zuzuordnende Dirk Müller (auch<br />

bei den Autonomen Nationalisten Berlin) war in <strong>die</strong>ser Zeit als Anti-Antifa<br />

aktiv. Im Umfeld <strong>die</strong>ser Gruppe war außerdem Ines Wegner (später<br />

Mitglied der verbotenen BASO, heute „Nationale Aktivisten Prenzlauer<br />

Berg“) unterwegs. Im L<strong>auf</strong>e der Zeit war im Zusammenhang mit einer<br />

Diskussion über Inhalte und Auftreten von „nationalen Aktivisten“ eine<br />

Transformation des Outfits und der Publikationen zu beobachten. Die<br />

Diskussion führte dazu, dass Aktivisten der Kameradschaftsszene nicht<br />

mehr <strong>auf</strong> das enge Korsett der traditionalistischen Scheitel oder der Neonaziskinheads,<br />

mit ihrem Auftreten, ihrer Musik und ihren Verhaltensweisen<br />

festgelegt waren. So legten <strong>die</strong> Mitglieder der KS Tor ihre Harringtons,<br />

Camouflage-Hosen und „Fred Perry“-Hemden ab und tauschten sie gegen<br />

schwarze Windbreaker, Basecaps, Gürteltaschen und Sportschuhe,<br />

das Outfit aktionsorientierter AntifaschistInnen, ein. Auf Transparenten<br />

und <strong>auf</strong> Flugblättern fanden englische Slogans und bildliche Zitate aus<br />

linken Publikationen Einzug; der Versuch neonazistische Strukturen für<br />

Jugendliche attraktiv darzustellen. Zu <strong>die</strong>sem Zweck wurde von KS Tor-Aktivisten<br />

in Zusammenarbeit mit Pankower Neonazis das Label „Autonome<br />

Nationalisten Berlin (ANB)“ ins Leben gerufen (siehe Artikel „Autonome<br />

Nationalisten“). Dieses Verhalten führte nicht nur unter AntifaschistInnen<br />

einige Zeit zu Verwirrungen, auch bei Neonazis wurde erhitzt über <strong>die</strong>se<br />

neuen Entwicklungen diskutiert, was zu einigen Verwerfungen führte.<br />

Der BASO-Kameradschaftsführer René Bethage, genau wie der Lichtenberger<br />

„National-Anarchist“ Peter Töpfer wurden <strong>auf</strong> Aufmärschen von<br />

Neonazis angegangen, weil sie mit vermeintlich linker Symbolik an ihrer

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