16.01.2013 Aufrufe

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Berichte: Tag des offenen <strong>Denkmal</strong>s<br />

Nun, so großartig wird diesen Bau auch damals niemand empfunden<br />

haben. Karlheinz Kümmel, der Leiter eines selbst ins<br />

Leben gerufenen Luftschutzarchivs und ehrenamtlich ständig<br />

mit der Vermittlung der damaligen Ereignisse und architektonischen<br />

Überbleibsel beschäftigt, hat uns zahlreiche Einzelheiten<br />

erzählt. Als Sechsjähriger hat er noch das Kriegsende<br />

erlebt und mit Gleichaltrigen die Ruinen nach Bombenresten<br />

durchstöbert: dringend gebrauchtes Metall – und <strong>für</strong> die<br />

Kinder eine Möglichkeit, das<br />

Taschengeld aufzubessern.<br />

Mancher Mutter mag da bei<br />

dem Gedanken heute noch<br />

schlecht werden. Mit dem<br />

Eintreten der Amerikaner in<br />

den Krieg und der zunehmenden<br />

Gefährdung auch des<br />

Hinterlandes durch den Luftkrieg<br />

hat man ab den 1940er<br />

Jahren eine ganze Reihe von<br />

Bunkern zum Schutz der<br />

Zivilbevölkerung errichtet,<br />

denjenigen in der Blumenstraße<br />

laut Baugesuch 1941:<br />

München, Hochbunker Blumenstraße<br />

22 (Foto: Presse-Foto-Kümmel)<br />

80<br />

einen freistehenden, sechsstöckigen<br />

Hochbunker, einen<br />

Block über 14 m im Qua-<br />

drat, teilweise aus Eisen- und Stampfbeton ausgeführt. Bis<br />

zu 1,30 m dick sind die Außenmauern, unter der Erde sogar<br />

1,80 m, die abschließende Eisenbetondecke über dem fünften<br />

Geschoss misst 2 m. „Der aufgesetzte Turm ist ein Zeltdach“,<br />

wie es Kümmel im Vorabdruck seiner geplanten Publikation<br />

über Bunker in München formuliert, „welches mit einem<br />

Dachreiter und Laterne abschließt und dient lediglich zur<br />

Tarnung, damit sich der Luftschutzbunker in die Umgebung<br />

einpasst und aus der Luft nicht als solcher erkennbar<br />

ist.“ (Luftschutzbunker in München – Der Luftschutzdienst<br />

und die Luftschutzbauten 1914–1945“ ISBN 3-00-010373-2)<br />

Bis 1945 existierte eine Niederdruckdampfheizung und eine<br />

Belüftungsanlage der Firma Dräger, Lübeck. Die nutzbare<br />

Gesamthöhe einschließlich der Betonplatte beträgt 17,80 m;<br />

auf fünf Ebenen konnte man 1200 Personen in den Bau hineinpferchen:<br />

dicht an dicht und Rücken an Rücken sitzend, in<br />

langen Reihen und keine 2 m Luftraum über sich – also über<br />

200 Menschen pro Raum und weitere im Kellergeschoss.<br />

Karlheinz Kümmel im Vortragssaal am Tag des offenen <strong>Denkmal</strong>s (Foto:<br />

BLfD, Karlheinz Hemmeter)<br />

Gerne würde Karlheinz Kümmel hier im Hochbunker in der<br />

Blumenstraße ein Luftschutzbunker-Museum <strong>für</strong> München<br />

einrichten und seine zahlreichen Exponate, die von Fotos<br />

und Tonaufnahmen über zeitgenössische Gebrauchsgegenstände,<br />

Mobiliar und den fertig gepackten Luftangriffskoffer<br />

reichen, den jeder mit Urkunden und dem Notwendigsten<br />

immer gepackt bereithielt, um damit in den Keller oder den<br />

nächsten Schutzraum zu fliehen. Bisher fand er aber in der<br />

Stadtpolitik leider kein offenes Ohr. Dabei hat Herr Kümmel,<br />

wie die vielen einschlägigen <strong>Informationen</strong> erahnen lassen,<br />

ungemein Wichtiges zu übermitteln. Die Besucher am Tag<br />

des offenen <strong>Denkmal</strong>s waren alle von der Notwendigkeit<br />

eines solchen Museums überzeugt – konnten sich doch die<br />

meisten der überwiegend jungen Leute die Verhältnisse während<br />

der Kriegsjahre oder danach überhaupt nicht vorstellen.<br />

Und wenn man dann nach etwa anderthalbstündiger Unterweisung<br />

in dieser Art Zeitmaschine aufatmend durch die<br />

Stahltür wieder ans Sonnenlicht tritt, kann man sich auch<br />

nicht vorstellen, mit welchen Gefühlen die Menschen 1942,<br />

1943, 1944 den Schutzraum wieder verlassen haben – vielleicht<br />

bang auf die Bilder starrend, die sich ihnen draußen<br />

boten: eine zerbombte, brennende Stadt? Mit der dröhnenden<br />

Frage – nein, nicht im Hinterkopf, sondern ganz vorne und<br />

ganz vordringlich –, ob denn das eigene Haus noch steht oder<br />

ob die gesamte Habe im Bombenhagel oder Feuersturm untergegangen<br />

ist, ob die Angehörigen, die Freunde, die Nachbarn<br />

noch leben, die es nicht in den Bunker geschafft hatten?<br />

Vielleicht wussten sie damals ja nicht einmal, dass ihr Leben<br />

selbst im Bunker an einem seidenen Faden gehangen hatte,<br />

die Betondecke doch nur 50-kg-Bomben standgehalten hätte,<br />

wie man sie in den frühen Kriegsjahren verwandt hatte. Die<br />

bis zu 250 kg schweren Bomben, von denen heuer zwei die<br />

Münchner Bürger als Blindgänger zu Tode erschreckt hatten<br />

und wegen denen ein halbes Stadtviertel evakuiert werden<br />

musste, hätten bei einem Volltreffer ein Inferno hinterlassen.<br />

1985 hat die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer<br />

den Hochbunker in der Blumenstraße zu einem Schutzraum<br />

<strong>für</strong> 750 Personen umbauen lassen; auch eine neue Lüftungsanlage<br />

wurde vor wenigen Jahren eingebaut. Für welches<br />

Danach sollten wir uns aber in diese Bunker begeben, und<br />

welche Welt böte sich uns wohl, wenn wir dann ins Sonnenlicht<br />

hinaustreten würden? Mit den heutigen Waffen könnte<br />

man aus Übersee zielgenau den Dachreiter herabschießen –<br />

und noch mehr. Karlheinz Hemmeter<br />

Einer der Unterstellräume im Hochbunker (Foto: BLfD, Karlheinz Hemmeter)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!