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Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

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Relikte des Kalten Krieges<br />

Steckschachtsperre bei Gunzenhausen in der <strong>Denkmal</strong>liste<br />

Vorbereitete Sperren sollten während des Kalten Krieges<br />

den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in die<br />

Bundesrepublik Deutschland verzögern. Heute, 24 Jahre<br />

nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, sind sie größtenteils<br />

zurückgebaut und weitgehend vergessen. Als Zeugen der<br />

latenten militärischen Bedrohung während dieser Epoche<br />

der deutschen Nachkriegsgeschichte haben mittlerweile<br />

elf solcher vorbereiteter Sperranlagen <strong>Denkmal</strong>eigenschaft<br />

erlangt. Vor Kurzem wurde nun erstmals auch eine Steckschachtanlage<br />

unter Schutz gestellt.<br />

Der Kalte Krieg<br />

Der Kalte Krieg war die Folge der amerikanisch-sowjetischen<br />

Rivalität um die Dominanz in der Weltpolitik.<br />

Nach 1945 standen sich im geteilten Deutschland mit der<br />

Nato und dem Warschauer Pakt zwei ideologisch konträre<br />

Allianzen gegenüber. Die innerdeutsche Grenze sowie die<br />

Grenze zur ehemaligen Tschechoslowakei, der sog. Eiserne<br />

Vorhang, bildeten die Frontlinie. Im Fall eines Dritten Weltkriegs<br />

wäre damit vor allem das geteilte Deutschland zum<br />

Schlachtfeld geworden. Der Kalte Krieg wurde aber nicht<br />

mit militärischen Mitteln, sondern mit Propaganda und<br />

Drohgebärden ausgetragen. Dieses stete Hin und Her an<br />

Provokationen hatte zur Folge, dass in beiden Lagern das<br />

Gefühl einer permanenten Bedrohung vorhanden war. Man<br />

hat deshalb die Grenze zwischen den Blöcken hermetisch<br />

abgeriegelt und im Grenzraum auf beiden Seiten Truppen<br />

zusammengezogen. So gab es vor allem in Ostbayern bis<br />

in die 1990er Jahre eine hohe Kasernendichte. Es handelte<br />

sich dabei vorwiegend um Kampftruppen, wie Panzer,<br />

Panzergrenadiere, Panzeraufklärer und Panzerjäger, sowie<br />

Kampfunterstützungstruppen, wie Pioniere oder Artillerie,<br />

die dort stationiert waren. Die Politik der militärischen<br />

Abschreckung dürfte mit dazu beigetragen haben, dass es<br />

zu keinem Dritten Weltkrieg kam.<br />

Das Szenario<br />

Im Falle eines konventionell geführten Angriffs durch<br />

Truppen des Warschauer Pakts ging man u. a. davon aus,<br />

dass der zahlenmäßig überlegene Feind vom Staatsgebiet<br />

der ehemaligen Tschechoslowakei aus mit starken Panzerverbänden<br />

in Ostbayern einfällt. Um seinen Vorstoß in die<br />

Tiefe des Raumes zu verzögern bzw. seine Bewegungen in<br />

bestimmte Bahnen zu lenken, errichtete man im ganzen<br />

Land kurzfristig aktivierbare Sperren. So entstanden vorwiegend<br />

in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren<br />

allein in Bayern über 2000 Sperranlagen, die sich im grenznahen<br />

Bereich sowie an Verkehrspforten konzentrierten.<br />

Miteinander vernetzt, bildeten sie einen festen Bestandteil<br />

der vorbereiteten Territorialverteidigung und unterlagen der<br />

Geheimhaltung. Der Feind wusste jedoch bestens darüber<br />

Bescheid, was auch beabsichtigt war, sollte ihm doch damit<br />

Abwehrbereitschaft signalisiert werden. Seit dem Fall des<br />

Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 und dem Ende des Kalten<br />

Krieges besteht <strong>für</strong> die Bundesrepublik Deutschland und<br />

<strong>Denkmal</strong>forschung<br />

die NATO von dieser Seite keine militärische Bedrohung<br />

mehr. Man hat deshalb die Sperreinrichtungen größtenteils<br />

zurückgebaut und ihre Geheimhaltung aufgehoben.<br />

Die vorbereiteten Sperren<br />

Bei den vorbereiteten Sperren handelte es sich um Sperr- und<br />

Unterbrechungseinrichtungen in Straßen, Brücken, Unterführungen,<br />

Tunnels und Gleiskörpern. Sie lagen in verkehrsmäßig<br />

sensiblem Gelände wie natürlichen oder künstlichen<br />

Engstellen, Geländeeinschnitten und Hängen. Zu über 90 %<br />

waren es Straßensprengschächte, sog. Trichtersperren.<br />

Dabei handelte es sich meist um drei 5–6 m tiefe Schächte,<br />

die im Abstand von 20 m hintereinander angeordnet waren.<br />

Im Ernstfall wären sie mit Sprengstoff (TNT) geladen und<br />

damit gewaltige Trichter in die Straße gesprengt worden,<br />

um sie <strong>für</strong> Panzer unpassierbar zu machen. Um ein Umfahren<br />

der Sperren zu erschweren, wäre ihr Umgriff zusätzlich<br />

vermint worden. Steckschachtanlagen waren dagegen vergleichsweise<br />

selten und, da bei ihnen kein Sprengstoff zum<br />

Einsatz gekommen wäre, praktisch zerstörungsfrei. Errichtet<br />

wurden sie vor allem in innerstädtischen Bereichen und<br />

in Staudämmen, Unterführungen unter Wasserstraßen oder<br />

in Tunnels.<br />

Die Sperrsituation bei Gunzenhausen<br />

Die Steckschachtsperre bei Gunzenhausen lag in der Sperrlinie<br />

der Altmühl. Sie war durch den Bau des Altmühlsees<br />

notwendig geworden, der in Verbindung mit dem Brombachspeicher<br />

die wasserwirtschaftliche Situation in Franken<br />

verbessern sollte. Rund um den See verläuft ein Damm,<br />

der auf der Ostseite eine Höhe von bis zu 5 m erreicht. Etwa<br />

1 km südwestlich von Schlungenhof führt der auf ihm verlaufende<br />

Betriebsweg auf einer Brücke über das Auslaufbauwerk<br />

des Altmühlsees, über das bei Bedarf Wasser in<br />

Gunzenhausen, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen. Die Brücke über das<br />

Auslaufbauwerk des Altmühlsees, davor die Schächte <strong>für</strong> die Steckträger.<br />

Wegen Setzungen des Widerlagers im Fahrbahnbereich sind die drei<br />

Schächte der hinteren Reihe heute überteert (Foto: Mathias Conrad)<br />

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