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Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

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Bauforschung im eigenen Haus<br />

Brücke über den Münchner Hofgraben 1580 gebaut<br />

Historische Dachwerke sind in München seit den Zerstörungen<br />

des Zweiten Weltkriegs eine Rarität. Umso größer war daher<br />

die Überraschung, dass sich ein – wenn auch vergleichsweise<br />

unscheinbares – Dachwerk eines Flügels der Alten Münze<br />

(Hofgraben 4) durch dendrochronologische Altersbestimmung<br />

als homogene Konstruktion von 1580 erwies.<br />

Vom Alten Hof her führt zum Dienstsitz des <strong>Landesamt</strong>es<br />

in München – dem ehemaligen Marstall und der späteren<br />

Münze – eine weitspannende Brücke über die heutige Pfisterstraße,<br />

ehemals aber vor allem über den an dieser Stelle<br />

verlaufenden Hofgrabenbach. Dieser führte an der Außenseite<br />

des ersten Stadtmauerrings entlang und mündete an<br />

der Südostecke unseres Gebäudes an der Kreuzung mit der<br />

heutigen Sparkassenstraße in den Pfisterbach.<br />

Der in Nord-Süd-Richtung gespannte Rundbogen besitzt eine<br />

Stärke von 73,5 cm und besteht vermutlich aus zwei hochkant<br />

gestellten Ziegelreihen von jeweils 35–36 cm Länge. An der<br />

Untersicht des das Westende der Pfisterstraße überbrückenden<br />

Bogens wurde bei Putzerneuerung 1998 Ziegelmauerwerk<br />

nach Art der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts festgestellt.<br />

Tatsächlich ist der Verbindungsbogen zum Alten Hof über die<br />

Pfisterstraße hinweg in Rechnungen von 1580/81 genannt.<br />

Auf dem Ziegelbogen sitzt ein geschlossenes Geschoss<br />

mit Satteldach, welches zur Zeit funktional dem zweiten<br />

Obergeschoss der Alten Münze zugeordnet, zum südlich<br />

anschließenden Neubau des Alten Hofes jedoch verschlossen<br />

ist. Der Raum dient dem <strong>Landesamt</strong> als Luftbildarchiv.<br />

Wegen laufender Planungen zur Verbesserung der raumklimatischen<br />

Situation war es 2010 nötig, Boden- und Deckenaufbauten<br />

zu ermitteln.<br />

Ein kleines, einfaches Kehlbalkendach mit 4,15 m Spannweite<br />

und 3,90 m Höhe überdeckt den Brückenraum.<br />

Einheitliche und regelmäßige Abbundzeichen sind den ein-<br />

Querschnitt des Brückenaufbaus (Zeichnung: BLfD, Simone Kreuzeder,<br />

2010)<br />

<strong>Denkmal</strong>forschung<br />

zelnen Gespärren zugeordnet, gezählt von Nord nach Süd.<br />

Eine dendrochronologische Untersuchung bestätigte: Das<br />

Holz <strong>für</strong> das Brückendachwerk wurde im Winter 1579/80<br />

geschlagen und wohl im Folgejahr verbaut.<br />

Der Stadtplan von Tobias Volckmer (1613) zeigt an dieser<br />

Stelle bereits den Brückenbau in seiner jetzigen Gestalt.<br />

Auch Matthäus Merian stellt den Baukörper in seinem Kupferstich<br />

von 1644, wenn auch sehr vereinfacht, so dar.<br />

Der Marstall war schon 1563–67 errichtet worden. Der<br />

ehemalige Pfisterstock des Alten Hofes, „ein anspruchsvoll<br />

gestalteter Neubau <strong>für</strong> die Hofkammer“, der 1599 auch die<br />

Hofbibliothek aufnehmen sollte und von dem aus die Verbindungsbrücke<br />

zum Marstall geschlagen wurde, wird im<br />

Kern ebenfalls den Jahren 1579 und 1581 zugeschrieben.<br />

München. Brücke über die Pfisterstraße zur Alten Münze (Foto: BLfD,<br />

Karlheinz Hemmeter, 2012)<br />

Ein kleines Rätsel ist nun, dass schon im Stadtmodell von<br />

Jakob Sandtner, das in das Jahr 1570 datiert wird, ein Verbindungsbau<br />

zwischen Altem Hof und Marstall dargestellt<br />

ist. Die oberirdischen Verbindungen gehen weiter nach<br />

Norden bis zur nordöstlichen Stadtmauerbebauung, eventuell<br />

sogar damals schon bis zur Neuen Residenz. Möglicherweise<br />

bildete Sandtner hier eine Vorgängerbrücke mit kurzer<br />

Bestandszeit – oder vielleicht die erst geplante Brücke ab.<br />

Auch eine nachträgliche Einfügung in das Modell wäre zu<br />

überprüfen. Für die Darstellung einer Planung spricht, dass<br />

die heute verlorene nördliche Weiterführung in den Plänen<br />

von Volckmer und Merian fehlt und erst wieder im Plan von<br />

Matthias Paur 1705 zu finden ist, also wohl erst über hundert<br />

Jahre nach der Planung ausgeführt wurde.<br />

Nachdem der Nordostflügel des Alten Hofes, der ehemalige<br />

Pfisterstock, nach den Kriegsbombardierungen als Totalverlust<br />

gewertet werden musste und die Ruine abgebrochen<br />

wurde, ist der originale kleine Brückenbau des 16. Jahrhunderts<br />

<strong>für</strong> München umso wertvoller.<br />

Simone Kreuzeder und Thomas Aumüller<br />

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