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Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

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<strong>Denkmal</strong>forschung<br />

Landshut. Neustadt 442; nördliche Außenwand<br />

zur Reihe; Gussmauerwerk aus Mörtel<br />

und Bachkieseln im Wechsel mit Backsteinschichten<br />

(Foto: BLfD, Karl Schnieringer)<br />

28<br />

torischen Ausstattung<br />

des Hauses<br />

erhalten, von der im<br />

modernisierten 1.<br />

Obergeschoss und in<br />

der Gaststätte nichts<br />

mehr vorhanden war.<br />

Wie die während<br />

des Abbruchs aufgedeckten<br />

Balken<br />

einer bauzeitlichen<br />

Bohlenbalkendecke<br />

belegen, war jedoch<br />

auch in den unteren<br />

Stockwerken des<br />

Hauses der mittelalterliche<br />

Baubestand<br />

noch präsent.<br />

Der Duschlbräu<br />

hatte anschaulich<br />

die Gesamtanlage<br />

eines historischen<br />

Gasthofs in einer<br />

Marktstadt überlie-<br />

fert. Zu dieser Anlage gehörte hinter dem Haupthaus ein<br />

langgestreckter Seitenflügel, der einen Innenhof begleitete,<br />

und ein über die volle Grundstücksbreite reichender<br />

Stadel als abschließender Querriegel zu Vorderhaus und<br />

Seitenflügel. Der Seitenflügel enthielt im Erdgeschoss Stallungen<br />

<strong>für</strong> Pferde und Einstellmöglichkeiten <strong>für</strong> Kutschen,<br />

im Obergeschoss die über eine hofseitig vorgelegte Altane<br />

zugänglichen Zimmer <strong>für</strong> Übernachtungsgäste. Seine Dachkonstruktion<br />

datierte in das Jahr 1523, ein etwa 2 m tiefer<br />

liegender älterer Dachanschluss am rückwärtigen Giebel<br />

des Vorderhauses bezeugte eine nachträgliche Aufstockung<br />

des Seitenflügels. Ob diese mit Aufbringung der erhaltenen<br />

Dachkonstruktion erfolgt war oder später, unter deren<br />

Wiederverwendung, blieb ungeklärt. Nicht näher betrachtet<br />

wurde auch der Stadel, welcher wegen Schäden am Dach<br />

unzugänglich war. Sichtmauerwerk und schmale Schlitzfenster<br />

an der Rückseite zum Kollerparkplatz bezeugen<br />

jedoch auch hier einen mittelalterlichen Kernbestand.<br />

Haus Neustadt 442<br />

Bei dem etwas ärmlicher gebauten Haus südlich des<br />

Duschlbräus war selbst der Grundstückszuschnitt ein wenig<br />

schma ler. Das Haus war wohl seit seiner ersten urkundlichen<br />

Nennung im Jahr 1474 mehr als ein halbes Jahrtausend<br />

lang eine Schmiede gewesen; 1930 endete diese Tradition<br />

mit dem offenbar nicht mehr realisierten Plan, die „Huf- und<br />

Wagenschmiede“ zur Autoreparaturwerkstätte umzubauen.<br />

Die Werkstatt befand sich in dem geschlossenen Hausbereich<br />

neben der Durchfahrt. Mit etwa 3,20 m Höhe fügte<br />

sie sich in das beschriebene Bauschema mit hohen Erdgeschossräumen<br />

ein.<br />

Der Baubestand des Hauses stammte in seinen Grundzügen<br />

einschließlich der erhaltenen Dachkonstruktion aus<br />

den Jahren 1383/84, Teilbereiche waren noch deutlich älter<br />

und dürften bis auf die Gründung der Neustadt im 13. Jahr-<br />

hundert zurückgegangen sein. Ursprünglich zweigeschossig<br />

mit Kniestock angelegt, wurde das Haus nachträglich<br />

dreigeschossig ausgebaut und zeigte dadurch in der Fassade<br />

sehr gedrängte Fensterreihen. Wegen seines unscheinbaren<br />

Äußeren war das Haus nicht in der <strong>Denkmal</strong>liste verzeichnet<br />

gewesen. Zwei bauhistorische Besonderheiten legten<br />

aber eine intensive Untersuchung nahe: Die straßenseitig im<br />

1. Obergeschoss über der Werkstätte eingebaute bauzeitliche<br />

Wohnstube mit einer in flacher Bogenform verlegten Decke<br />

aus Balken und Bohlen im Wechsel und ehemals umlaufenden<br />

Holzwänden war eine Bohlenstube. Ihre in späterer Zeit<br />

im Zuge einer „Modernisierung“ entfernten Holzwände<br />

waren dem durchwegs in Massivbauweise errichteten Haus<br />

ursprünglich als eine innere Vorsatzschale vorgelegt und<br />

hatten <strong>für</strong> behaglich warme Wandoberflächen gesorgt. Mit<br />

der bogenförmigen Decke folgte die Stube einem im Schwäbischen<br />

bzw. Mittelfränkischen beheimateten Bauschema –<br />

eine Form, die bisher in Altbayern noch nicht nachgewiesen<br />

werden konnte. Etwas Besonderes war auch das Mauerwerk<br />

des Erdgeschosses im hinteren Teil der nördlichen Außenwand<br />

zum Duschlbräu. Es war bis zu einer Höhe von etwa<br />

2,25 m über dem aktuellen Erdgeschossniveau streifenweise<br />

in Mörtel-Gusstechnik mit lagig eingebrachten Bachkieseln<br />

hergestellt. Nach Streifen von ca. 60 bis 65 cm Höhe in Gussmauerwerk<br />

folgten jeweils fünf Schichten Backsteinmauerwerk<br />

zur Konsolidierung. Die Gusstechnik mit faustgroßen<br />

Bachkieseln war ein Rückgriff auf eine Technik aus der<br />

Zeit vor der Verfügbarkeit von Backsteinen. Hier diente sie<br />

der Substituierung des teuren Backsteinmaterials durch die<br />

reichlich verfügbaren großen Kiesel. Die etwa 50 cm starke<br />

Bachkieselmauer scheint als Brandwand errichtet worden zu<br />

sein, die den hinteren Hausbereich gegen Brandüberschlag<br />

schützte. Sie erstreckte sich, ausgehend von der Hofseite des<br />

Hauses, über eine Länge von 9,50 m und endete etwa 8 m<br />

von der Straßenseite entfernt mit einem Mauerkopf, auf dem<br />

Putz auflag. Der straßenseitige Hausbereich war offenbar<br />

anderweitig gegen Brandüberschlag geschützt, möglicherweise<br />

genügten hier die Vorkehrungen, die der angrenzende<br />

Nachbar getroffen hatte. Die Brandwand war der Rest einer<br />

Vorgängerbebauung: Weder die Längenausdehnung noch<br />

die Höhe korrelierte mit der erhaltenen Baustruktur des<br />

späten 14. Jahrhunderts. Besonders augenfällig wurde dies<br />

an der Aufmauerung bis zur Decke über dem Erdgeschoss,<br />

eine etwa 80 cm hohe und nur einen Stein starke Sparwand<br />

mit eng gereihten, halbsteinstarken Vorlagen, die im oberen<br />

Wandbereich als Nischen in Erscheinung traten.<br />

Landshut hat einen reichen Bestand an mittelalterlicher<br />

Bausubstanz, weshalb der Verlust einzelner Häuser keine<br />

große Aufmerksamkeit findet. Mit jedem Haus verliert die<br />

Stadt jedoch ein Stück ihrer geschichtlichen Überlieferung<br />

und Zug um Zug auch das Flair einer geschlossen erhaltenen<br />

Altstadt. Unauffällige Ersatzbauten können die Verluste<br />

kaschieren, aber nicht mehr rückgängig machen. In<br />

der Neustadt schlummert sicher noch ein großes Potenzial<br />

historischer Bausubstanz, und es ist zu hoffen, dass künftig<br />

die Ergebnisse der Bauforschung abgewartet und bei<br />

Entscheidungen über Abbrüche entsprechend gewürdigt<br />

werden.<br />

Karl Schnieringer

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