Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...
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Aktuell<br />
Augsburg. Kongresshalle. Oberflächenstruktur des Betons nach Instandsetzung<br />
(Foto: BLfD, Elke Hamacher)<br />
Das folgende Vorgehen zur Betoninstandsetzung war ausreichend:<br />
Schadhafte Stellen wurden aufgestemmt, die Eisen<br />
entrostet und mit Korrosionsschutz versehen. Die Fehlstellen<br />
wurden mit einem Mörtel verfüllt und die Oberfläche mittels<br />
einer mineralischen Spachtelmasse an die Umgebung<br />
angeglichen. Mit Hilfe von Matrizen konnte die Brettschalungsstruktur<br />
der Originaloberfläche auf den Reparaturstellen<br />
imitiert werden. Um nach den Reparaturen wieder ein<br />
einheitliches Bild der Sichtbetonoberfläche zu erhalten, aber<br />
dennoch die natürliche, wolkige Farbigkeit beizubehalten,<br />
wurde eine Retusche mit silikatischer Lasur vorgenommen.<br />
Hierzu hat man zunächst punktuell die Reparaturstellen<br />
im Farbton des Betons deckend gestrichen, anschließend<br />
erfolgte eine Lasur des gesamten Baukörpers mit stark verdünntem<br />
Material. Da man sich <strong>für</strong> einen vorbeugenden<br />
Schutz gegen das Eindringen von Wasser entschieden hatte,<br />
trug man vor dem zuletzt genannten Schritt ein Hydrophobierungsmittel,<br />
bestehend aus 100 % Silan, auf. Die Lasur<br />
erfolgte bereits wenige Stunden danach, da sich die wasserabweisende<br />
Eigenschaft des Hydrophobierungsmittels erst<br />
nach 24 Stunden ausbildet und nur in diesem Zeitfenster der<br />
Auftrag einer wässrigen Beschichtung möglich ist.<br />
Das Ergebnis dieser Instandsetzung, die eine nicht restauratorisch<br />
vorgebildete Malerfirma ausführte, ist eine Oberfläche,<br />
die im Vergleich zur Originaloberfläche nur wenig<br />
ihrer ursprünglichen Qualität eingebüßt hat. Reparaturstellen<br />
sind bei genauem Hinsehen noch als Schatten sichtbar,<br />
fallen aber beim Gesamtbild nicht ins Gewicht.<br />
Die technisch und ästhetisch überzeugende Lösung ist dem<br />
glücklichen Umstand zu verdanken, dass sich in diesem<br />
Fall alle Beteiligten darauf einigten, nicht nach den <strong>für</strong><br />
Deutschland gültigen Richtlinien (ZTV-Ing, RiLi-SIB) vorzugehen.<br />
Diese schreiben nämlich grundsätzlich nach jeder<br />
Betoninstandsetzung eine CO 2 -dichte Beschichtung vor, die<br />
aus einer vollflächigen Spachtelung und einem deckenden<br />
Acrylatanstrich besteht: eine Maßnahme, die den Verlust der<br />
qualitätvollen Originaloberfläche zur Folge gehabt hätte.<br />
Nicht nur am <strong>Denkmal</strong> ist der Sinn dieser vorgeschriebenen<br />
Maßnahme zu hinterfragen. Eine CO 2 -dichte Beschichtung<br />
soll verhindern, dass CO 2 eindringt und dass eine Karbonatisierung<br />
des oberflächennahen Betons stattfindet. Hintergrund<br />
ist, dass durch den Prozess der Karbonatisierung die<br />
24<br />
Alkalität des Betons herabgesetzt wird und die im Beton eingebetteten<br />
Bewehrungstähle ihren natürlichen Schutz gegen<br />
Korrosion verlieren. Allerdings bleiben bei dem Thema<br />
„Karbonatisierungsschutz nach Instandsetzung“ zwei wichtige<br />
Aspekte unberücksichtigt: Zum einen die Tatsache, dass<br />
ein gealterter Beton bereits soweit karbonatisiert sein kann,<br />
dass die vorgeschriebene Maßnahme viel zu spät kommt. In<br />
diesem Fall ist es primär nötig, den Beton vor dem Eindringen<br />
von Wasser und somit den Bewehrungsstahl vor Rost zu<br />
schützen. Gegen das Eindringen von Wasser in den Beton<br />
ist bereits eine transparente Hydrophobierung wirksam und<br />
als Maßnahme ausreichend.<br />
Weiterhin berücksichtigen die Richtlinien nicht das Alter<br />
des Betons, die Betonqualität und den sich daraus ergebenden<br />
Verlauf der Karbonatisierung. Da die Oberfläche mit<br />
dem Prozess der Karbonatisierung gleichzeitig an Härte<br />
zunimmt, wird die Karbonatisierung<br />
verlangsamt,<br />
und es kommt schließlich<br />
nach einigen Jahren zum<br />
Stillstand. Ein fester Beton<br />
mit ausreichend Überdeckung,<br />
der zudem über 40<br />
Jahre alt ist, benötigt auch<br />
in der Zukunft keinen Karbonatisierungsschutz:<br />
Dies<br />
ist der Fall an der Augsburger<br />
Kongresshalle.<br />
Viele Gebäude mit ähnlich<br />
qualitätvollen Betonoberflächen<br />
aus der Epoche der<br />
1960/70er Jahre fallen den<br />
Oberflächenstruktur nach Instandsetzung<br />
(Foto: BLfD, Elke Hamacher)<br />
schematisch angewandten<br />
Richtlinien zur Betoninstandsetzung<br />
zum Opfer.<br />
Dem extrem schlechten Wärmedurchlasswiderstand von<br />
Beton ist es zusätzlich anzulasten, dass die Entscheidung<br />
oft gar nicht erst auf eine Instandsetzung der Außenhaut<br />
fällt, sondern dass dem Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems<br />
der Vorzug gegeben – oder gleich der Abriss<br />
beantragt wird. Nicht zuletzt sorgt auch die immer noch<br />
anhaltende negative Konnotation des Baustoffs <strong>für</strong> eine allgemeine<br />
Ablehnung von Bauten aus Beton.<br />
Positive Rezeption<br />
Unter diesen Vorzeichen ist es erfreulich, dass die Instandsetzung<br />
der Kongresshalle stets positiv mit einem Vokabular<br />
wie „Sichtbeton ist trendy“ und „70er Jahre Charme“ von<br />
der Presse begleitet und auch von der Bevölkerung mitgetragen<br />
wurde. Auffällig war bisher, dass die 1960/70er Jahre<br />
sich in Form von „Retro-Chic“ im Bereich von Mode und<br />
Design zwar großer Beliebtheit erfreuten, die Wertschätzung<br />
„echter“ baulicher Zeugnisse dieser Epoche – zudem<br />
„vor der Haustüre“ – diesem „Retro“-Trend jedoch weit hinterherhinkte.<br />
Mit der positiven Rezeption der Sanierung der<br />
Kongresshalle Augsburg wächst die Hoffnung, dass sich<br />
eine neue Akzeptanz des „Betonzeitalters“ abzeichnet.<br />
Elke Hamacher