16.01.2013 Aufrufe

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

Denkmalpflege Informationen Denkmal - Bayerisches Landesamt für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Baugeschichte<br />

Der Bau ist Ergebnis eines Wettbewerbs, der 1962 ausgeschrieben<br />

wurde und den der junge Architekt Max Speidel<br />

aus Stuttgart <strong>für</strong> sich entscheiden konnte. Die neue Halle<br />

sollte an Stelle einer bereits bestehenden Veranstaltungshalle<br />

im Heimat-/Jugendstil, des „Ludwigsbaus“, errichtet<br />

werden. Obwohl noch relativ jung und im Krieg nur minimal<br />

beschädigt, plante man diesen durch einen Neubau zu ersetzen,<br />

der „den heutigen Ansprüchen entsprechen“ sollte.<br />

Trotz einstimmiger Entscheidung <strong>für</strong> den Entwurf Speidels<br />

dauerte der Bau bis zur Fertigstellung zehn statt der veranschlagten<br />

drei Jahre, und die Bausumme steigerte sich von<br />

ursprünglich 10 auf 23,5 Millionen D-Mark. Bei der Eröffnung<br />

im Jahr 1972 wurde die Kongresshalle in der Presse<br />

als „Wegmarke der Baugeschichte“ gefeiert und erhielt das<br />

Prädikat „zeitlos“. Ein Baubeteiligter wird zitiert mit: „Die<br />

Jahreszahl 1972 ist ihr nicht rundum aufgeprägt wie einer<br />

Modesache“.<br />

Was damals „zeitlos“ wirkte, lässt sich heute unstrittig einer<br />

Epoche zuordnen, auch wenn deutlich wird, dass bereits<br />

Entwurf und Ausführung unterschiedlichen Entwurfshaltungen<br />

angehören. Der Wettbewerbsentwurf war von Glasfassaden,<br />

Entwurfsraster und einer ruhigen, waagerechten<br />

Linienführung geprägt. Während der Ursprungsentwurf<br />

von 1962 noch am Hauptbau abzulesen ist, gab die lange<br />

Zeit zwischen Entwurf und Ausführung Speidel die Gelegenheit,<br />

Details und Materialien einer mittlerweile aktuelleren<br />

Formensprache anzupassen.<br />

Die Wahl des Materials Beton, die Behandlung der Eingangsbauten<br />

als skulpturale Elemente, die „fliegenden<br />

Dächer“ und nicht zuletzt die Schwere und Wuchtigkeit<br />

erinnern stark an Le Corbusiers Bauten nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg, etwa das Parlament von Chandigarh. Le Corbusier<br />

war es auch, der, ausgehend von dem französischem<br />

Wort „brut“ <strong>für</strong> „roh, unbearbeitet“, den Begriff „Brutalismus“<br />

<strong>für</strong> diesen Baustil populär machte.<br />

Ein „Spiegel“-Artikel von 1967, der die „neue Baubewegung“<br />

beschreibt, führt an: „Konstruktionen müssen<br />

‚ablesbar‛ sein – Träger und Lasten bleiben sichtbar, auch<br />

Leitungen und Installationen werden stets äußerlich, nie<br />

unter Putz, verlegt. Baustoffe müssen roh und unbearbeitet<br />

verwendet werden – sie dürfen nachträglich weder verkleidet<br />

noch verschönt, vergipst noch übertüncht werden.“<br />

Augsburg. Kongresshalle. Modell (Repro nach: Wettbewerb Kongress- und<br />

Konzerthalle in Augsburg, hrsg. v. d. Stadt Augsburg, o. J. [wohl 1964] S. 9)<br />

Aktuell<br />

Augsburg. Kongresshalle im Wittelsbacher Park. Lageplan (Repro nach:<br />

Wettbewerb Kongress- und Konzerthalle in Augsburg, hrsg. v. d. Stadt<br />

Augsburg, o. J. [wohl 1964] S. 8)<br />

Dass mit der neuen Kongresshalle auch eindeutig ein<br />

Gegenentwurf zum als „kitschig“ empfundenen Ludwigsbau<br />

geschaffen werden sollte, wird in einem Interview<br />

der „Augsburger Allgemeinen“ mit Max Speidel deutlich.<br />

Dieser gibt an, bei der Kongresshalle dem Leitsatz „form<br />

follows function“ gefolgt zu sein und interpretiert ihn als<br />

Aufruf zur Schmucklosigkeit: „… so verbietet sich natürlich<br />

bei der Gestaltung eines modernen Gebäudes jede Anlehnung<br />

an vergangene Bauformen ebenso wie das Schielen<br />

nach Publikumsgunst durch die Anwendung gefälliger,<br />

pseudo-moderner Architekturelemente und Materialien.“<br />

Nur auf den ersten Blick hat Speidel tatsächlich „schmucklos“<br />

gebaut: Auf offensichtliche Dekorationselemente wird<br />

zwar verzichtet, doch übernimmt die Durchästhetisierung<br />

funktionaler Elemente diese Aufgabe: die Betonhaut mit<br />

Schalungsmuster, die kubischen Wasserspeier, eine als<br />

Skulptur der Fassade vorgestellte Nottreppe usw.<br />

Baumaterial: Beton<br />

Dem verwendeten Beton wurde bereits bei der Erstellung<br />

des Gebäudes einiges abverlangt: Beim Betonierprozess<br />

muss in einem einzigen Herstellungsschritt Tragstruktur,<br />

Raumabschluss und eine ästhetische Außenhaut gebildet<br />

werden. Eine nachträgliche Spachtelung oder ein deckender<br />

Anstrich, um Makel nachträglich zu kaschieren, verbietet<br />

sich selbstredend. Der Beton musste ausreichend Schutz<br />

gegen Korrosion der Bewehrungsstähle bieten und in diesem<br />

Fall die gesteigerten Anforderungen bewältigen können, die<br />

sich aus der reduzierten Anwendung von schützenden Elementen<br />

wie Blechen und Rinnen ergaben.<br />

Dies ist dem Beton an der Kongresshalle tatsächlich gelungen:<br />

Nicht nur ist die Betonhaut ästhetisch tadellos, zudem<br />

konnte dem Beton selbst nach 40 Jahren auch ein technisch<br />

hervorragender Zustand attestiert werden. Einzig im Bereich<br />

unzureichender Wasserführung wies die Betonoberfläche<br />

lokale Schäden auf. So ist das <strong>Denkmal</strong> „Kongresshalle<br />

Augsburg“ nicht zuletzt ein technisches <strong>Denkmal</strong> und ein<br />

Zeugnis <strong>für</strong> das handwerkliche und technische Können der<br />

Epoche.<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!