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Sprache als Wertevermittler

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<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong><br />

Tim Peters, M.A.<br />

MEDIZINISCHE FAKULTÄT<br />

Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Menü<br />

1) <strong>Sprache</strong> und Werte<br />

2) Kommunikation <strong>als</strong> Medium der Wertevermittlung<br />

3) „Gefahren“ bei interkultureller Kommunikation<br />

4) Schlussfolgerungen<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Wahrnehmung<br />

„In interkulturellen Kontakten<br />

stellt die sprachliche Kommunikation<br />

ein größeres Problem dar <strong>als</strong> die<br />

unterschiedlichen Werthaltungen<br />

der Gesprächspartner.“<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

<strong>Sprache</strong> und Werte<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

<strong>Sprache</strong> Werthaltungen<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Kommunikation <strong>als</strong> Medium der Wertevermittlung<br />

In jeder Konversation tauschen Gesprächspartner kommunikativ ihre Werte<br />

und Ansichten aus.<br />

�Auftreten<br />

�Klatsch und Tratsch<br />

�Vorwürfe<br />

�„Jetzt haben Sie endlich mal etwas Ruhe vor Ihrer Familie.“<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Selbstpositionierung<br />

Implizit<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

(Günthner 1999)<br />

Beispiele<br />

- Arzt: dominante Körperhaltung, Unterbrechungen<br />

- Arzt: „Haben Sie noch Fragen?“<br />

- Patient: Kurze Antworten, keine inhaltlichen Nachfragen<br />

- Patient: „Das habe ich nicht verstanden. Erklären Sie mir das noch mal.“<br />

Missverständnisse möglich (Höflichkeit, Rollenerwartungen, Rituale etc.)<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Selbstpositionierung<br />

Explizit<br />

Beispiele<br />

- Arzt: „Ich finde, dass der Patient immer über seinen Körper<br />

entscheiden sollte.“<br />

- Arzt: „Da können wir dann mal schauen, wofür wir uns entscheiden.“<br />

- Arzt: „Wir Ärzte kennen uns da schon besser mit aus.“<br />

- Patient: „Ich kenne meinen Körper am besten.“<br />

- Patient: „Sie sind doch der Fachmann.“<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Dialogisches Verstehen<br />

Aufbauend auf den Selbstpositionierungen folgen initiative und responsive<br />

Gesprächsabläufe, um die Haltung des Gegenübers zu erkunden und um das<br />

weitere Vorgehen auszuloten.<br />

Initiative<br />

Beispiele<br />

- Arzt: „Ich verschreibe Ihnen jetzt mal was.“<br />

- Arzt: „Das Medikament ist das Wirksamere.“<br />

- Patient: „Jetzt sagen Sie doch mal was!“<br />

- Patient: „Und welche Optionen haben wir da jetzt?“<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Dialogisches Verstehen<br />

Responsive Reaktion auf Initiativen<br />

Ablehnung oder Zustimmung<br />

Neuinitiierungen möglich<br />

Beispiele<br />

- Arzt: „So geht das nicht.“<br />

- Arzt: „Gut, wenn Sie möchten.“<br />

- Patient: „Ja, machen sie mal.“<br />

- Patient: „Andere Möglichkeiten gibt es nicht?“<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

[27]<br />

..<br />

Ärztin [v] würde ihnen eigentlich (.) sie sind ja noch relativ JUNG und wahrscheinlich<br />

Zentrum für Medizinische Ärztin Lehre[p]<br />

gestikuliert leicht<br />

Tim Peters, M.A. Ptient [p]<br />

[28]<br />

.. 36 [01:51.4] 37 [01:51.7]<br />

Ärztin [v] beruflich (-) aktiv sehe ich das richtig? (.) °h deshalb würde ich<br />

Ärztin [p] schaut kurz in die Akte schaut<br />

Ptient [v] ja;<br />

Ptient [p] nickt zieht eine Augenbraue hoch<br />

[29]<br />

.. 38 [01:55.3]<br />

Ärztin [v] ihnen Eher den kalziumantagonisten (-) empfehlen, weil (-) die<br />

Ärztin [p] zum Patienten gestikuliert leicht<br />

Ptient [p] presst die Lippen zusammen<br />

[105]<br />

.. 123 [06:39.5] 124 [06:40.0] 125 [06:40.8]<br />

Ärztin [v] ne (.) <strong>als</strong>o wenn sie selbst ne<br />

Ärztin [p] nickt leicht schaut kurz in die Akte gestikuliert leicht<br />

Ptient [v] mmh (-)<br />

Ptient [p] faltet die Hände<br />

[106]<br />

.. 126 [06:43.5]<br />

Ärztin [v] PRÄferenz haben, (---) können sie ja AUCH sagen was ihnen LIEber ist,<br />

Ärztin [p]<br />

[107]<br />

127 [06:45.2] 128 [06:47.8]<br />

Ärztin [v]<br />

Ärztin [p]<br />

die wassertablette oder eben die KALziumtablette. (.)<br />

Ptient [v]<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong><br />

Ptient<br />

| Hannover<br />

[p]<br />

| 07.06. 2012<br />

°hh <strong>als</strong>o<br />

zieht eine AUgenbraue<br />

9<br />

10


[109]<br />

..<br />

Zentrum für Medizinische Ärztin Lehre [v]<br />

Tim Peters, M.A. Ärztin [p]<br />

Ptient [v]<br />

[ mh ]<br />

nickt<br />

<strong>als</strong>o meine GROßmutter hat früher auch [immer] wassertabletten<br />

Ptient [p] gestikuliert<br />

[110]<br />

.. 130 [06:55.9] 131 [06:57.2]132 [06:57.5]<br />

Ärztin [v] gut.<br />

Ärztin [p] nickt schaut kurz in die<br />

Ptient [v] genommen deswegen, °h wär mir das erstmal NÄher; würd ich auch<br />

Ptient [p] zuckt mit den Schultern runzelt die Stirn zuckt mit den<br />

[111]<br />

.. 133 [07:00.2]<br />

Ärztin [v] [ nein ] [sie sind<br />

Ärztin [p] Akte schüttelt den Kopf schüttelt<br />

Ptient [v] sagen <strong>als</strong>o da hab hab ich noch nie was schlechtes von [geHÖRT],<br />

Ptient [p] Schultern gestikulliert<br />

[112]<br />

.. 134 [07:02.0]<br />

Ärztin [v] von der wirksamkeit] GLEICHwertig, das (-) dann können wir gerne (-)<br />

Ärztin [p] den Kopf nickt<br />

Ptient [v] [(unverständlich 0,5s) ]<br />

Ptient [p]<br />

[113]<br />

..<br />

Ärztin [v] kann ich ihnen gerne die wassertablette (-) <strong>als</strong>o ein diuretikum wie es heißt (<br />

Ärztin [p] schaut kurz in die Akte lächelt<br />

Ptient [p]<br />

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[114]<br />

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Tim Peters, M.A.<br />

Kommunikative Praktiken<br />

� Werteanamnese<br />

„Was sagt Ihre Familie dazu?“<br />

„Warum glauben Sie, haben Sie diese Krankheit?“<br />

„Haben Sie bisher schon jemanden außer mir um Hilfe gebeten?“<br />

� Metakommunikation<br />

„Ich bin etwas überrascht, weil ich so etwas bisher nicht gefragt wurde.“<br />

„Sie wirken auf mich, <strong>als</strong> ob sie das Gesagte nicht ganz verstanden haben.“<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Zwei „Gefahren“<br />

1) Xenolekt<br />

Gefahr der Diskriminierung<br />

Mangelhafter Wissenstransfer<br />

2) Dolmetschen<br />

Qualität der Übersetzung<br />

Gefahr der Interpretation / Meinungsfärbung<br />

„Der Übersetzer ist kein Briefträger.“<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Ein Negativbeispiel<br />

„Ein afghanisches Mädchen dolmetscht für ihre Eltern bei einer ärztlichen<br />

Untersuchung ihres kleinen Bruders. Bei dieser Untersuchung soll den Eltern<br />

mitgeteilt werden, dass das Kind am Down-Syndrom leidet. In der Herkunftskultur<br />

des Mädchens werden Behinderungen <strong>als</strong> Strafe Gottes oder <strong>als</strong> Flüche aus der<br />

Vergangenheit gesehen und daher nur schwer akzeptiert, was das Mädchen<br />

weiß. Die Ärzte erklären dem Mädchen, dass das Down-Syndrom keine heilbare<br />

Krankheit ist. Das Mädchen soll den Eltern diese Informationen in der<br />

Muttersprache vermitteln. Das Mädchen dolmetscht zwar, doch am Ende ist den<br />

Eltern nicht klar, dass die Behinderung unheilbar ist. Die Eltern hoffen, dass ein<br />

religiöses Ritual in der Heimat dem Kind helfen würde, und ziehen diese Option<br />

ernsthaft in Erwägung. Das Mädchen bringt es nicht übers Herz, den Eltern die<br />

schlechte Botschaft zu überbringen.“<br />

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(Rajic 2006)<br />

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Zentrum für Medizinische Lehre<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Schlussfolgerungen<br />

� Kommunikation und die ethische Dimension interkultureller Kontakt sind nicht<br />

zu trennen!<br />

� Konsequente Ausbildung des medizinischen Person<strong>als</strong> (Sensibilisierung)<br />

� Sprach- und Kulturmittler statt ad-hoc-Dolmetscher<br />

� Professionelle Übersetzungen erhöhen die Patientenzufriedenheit und sparen<br />

Kosten ein (Wyssmüller/Kaya)<br />

� Finanzierung<br />

� „Outsourcing von Kultur“<br />

<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> | Hannover | 07.06. 2012<br />

Institut Zentrum für für Medizinische Ethik Lehre und Geschichte der Medizin<br />

Germanistisches Tim Peters, M.A. Institut<br />

Tim Peters, M.A.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />

Tim.Peters@rub.de<br />

Die <strong>Sprache</strong> interaktionale <strong>als</strong> <strong>Wertevermittler</strong> Aushandlung | Hannover des Arzt-Patienten-Verhältnisses | 07.06. 2012<br />

in der Medizinischen Ausbildung | Bochum | 30.11. 2009<br />

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