Thema: Freudenboten
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<strong>Freudenboten</strong> Sonntag, 23.12.2007 (4. Advent)<br />
Gottesdienst am Sonntag, 23.12.2007 (4. Advent)<br />
<strong>Thema</strong>: <strong>Freudenboten</strong><br />
Text: Jesaja 52,7-10<br />
Er war ein echtes Evangelistenoriginal. Aus Kanada kam er, Ernie Klassen. Von allen<br />
liebevoll Onkel Ernie genannt. Wem immer er begegnete, musste er einfach die frohe<br />
Botschaft von Jesus weitersagen, die sein Leben so bestimmte. Und mit seinem Humor<br />
verstand er es tatsächlich, immer und überall einen Anknüpfungspunkt zu finden. So war<br />
er eines Tages im Schuhgeschäft. Die Verkäuferin brachte ihm verschiedene Schuhe, die<br />
er der Reihe nach anprobierte. Immer wieder murmelte er dabei: „Hm, lieblich,<br />
lieblich…“ Die Frau stutzte ein wenig, sah ihn an. „Wirklich lieblich, finden Sie nicht<br />
auch?“ – Kurzes Räuspern: „Was meinen Sie, mein Herr?“ – „Nun, meine Füße. Sehr<br />
lieblich…“ Recht verdattert blickte die Frau auf. Sie wollte nicht unhöflich sein und so<br />
sagte sie. „Hm, ja, schon. Aber eben nicht unbedingt etwas Besonderes.“ – „Doch, doch!<br />
Lieblich eben. Das sagt schon die Heilige Schrift.“ Das Gesicht der armen Verkäuferin<br />
formte sich zum Fragezeichen. Ein kauziger Kunde. „Sie glauben mir nicht?“ Und schon<br />
hatte er seine kleine Taschenbibel bei der Hand und zeigte es ihr: „Hier schauen sie nur:<br />
‚Wie lieblich sind die Füße der <strong>Freudenboten</strong>, die da Frieden verkündigen und Gutes<br />
predigen.’ Dazu gehöre ich. Ich bin nämlich von Beruf solch ein Freudenbote, ein<br />
Evangelist…“ Und schon war er mitten im <strong>Thema</strong>.<br />
Und dabei strahlte er von einem Ohr bis zum andern, ja, bei ihm hüpfte die Freude aus<br />
jedem Knopfloch.<br />
Und genau dieser Text von den lieblichen Füßen der <strong>Freudenboten</strong> ist heute, so ganz<br />
dicht vor Weihnachten, unser Predigttext, Jesaja 52,7-10:<br />
7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der <strong>Freudenboten</strong>, die da Frieden<br />
verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist<br />
König!<br />
8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen<br />
werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt.<br />
9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat<br />
sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.<br />
10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller<br />
Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.<br />
Diese Worte des Propheten Jesaja sind voller Evangelium! Und zwar<br />
Weihnachtsevangelium.<br />
Wer die Weihnachtsgeschichte hört und diese Worte des Propheten Jesaja im Ohr hat,<br />
der findet sie da Stück für Stück wieder. Dazu lade ich Sie ein.<br />
Doch beginnen wir ganz vorn:<br />
Es geht ja ganz seltsam los: Wie lieblich sind die Füße…<br />
Merkwürdig! Ich habe einmal nachgeschaut, an welchen Stellen dieses Wort, das mit<br />
dem schönen Wort „lieblich“ übersetzt wird, in der Bibel sonst noch so vorkommt. Und<br />
Sie werden staunen: Es gibt es nur noch an einer anderen Stelle: Im Hohenlied! Jener<br />
Sammlung von Liebesliedern. Da beschreibt der Freund seine Freundin mit genau diesem<br />
Wort: Wie lieblich bist du! Aha, wir haben es hier also mit „verliebt sein“ zu tun! So wie<br />
ein frisch Verliebter sich auf seine Freundin freut, ja voller Sehnsucht, mit pochendem<br />
Herzen sie erwartet – genauso wartet das Volk auf jene <strong>Freudenboten</strong>, von denen Jesaja<br />
spricht. Wie ist unsere Erwartung an Weihnachten? Als Kind – ja, da kann man es kaum
<strong>Freudenboten</strong> Sonntag, 23.12.2007 (4. Advent)<br />
erwarten. Da klopft das Herz schneller beim Gedanken an Heiligabend, an die<br />
Geschenke, an den Lichterglanz des Weihnachtsbaums… Können wir uns vielleicht<br />
Verliebte und Kinder in der Weihnachtserwartung zum Vorbild nehmen, um ebenso<br />
sehnsüchtig Gottes Ankunft in unserem Leben zu erwarten, zu ersehnen?<br />
„Auf den Bergen“ – Merkwürdig. Jesaja schreibt diese Worte für das Volk Israel, das<br />
gefangen ist in Babylon. Nur – Babylon hat weit und breit keine Berge! Es ist eine platte<br />
Ebene. Ich glaube, Jesaja hat mehr im Blick als nur die Befreiung aus der babylonischen<br />
Gefangenschaft. Er ist Prophet und er sieht – sicher unbewusst – die<br />
Weihnachtsgeschichte voraus! Da sind die Berge! Bethlehem liegt umgeben von<br />
judäischen Bergland. Die Hirten auf dem Felde – die waren tatsächlich mit ihren Herden<br />
auf Bergen unterwegs.<br />
„Die Füße der <strong>Freudenboten</strong>…“ Wer sind sie denn, diese <strong>Freudenboten</strong>? Im Hebräischen<br />
wie auch im Griechischen ist das Wort für Bote dasselbe wie für Engel! Aha! Die<br />
<strong>Freudenboten</strong> – das sind in der Weihnachtsgeschichte Engel! Was sagen sie denn: „Siehe,<br />
ich verkündige euch große Freude.“ Aber Füße? Haben Engel Füße? Durchaus! Gottes<br />
Boten können menschliche Gestalt annehmen. Es heißt in der Weihnachtsgeschichte:<br />
„Und der Engel des Herrn trat zu ihnen.“ Da sind also Füße. Aber warum betont es<br />
Jesaja so? Weil die Botschaft laufen muss! Sie muss weitergehen. Sie muss die ganze<br />
Welt umfassen. Jeder soll sie hören, die Guten und Bösen, die Fröhlichen und Frechen,<br />
die Traurigen und Trauernden, die Geschlagenen und Geschundenen. Und jeder, der<br />
anderen diese Freudenbotschaft weitersagt, wird in gewisser Weise zum Engel für<br />
andere. Aber nun wollen wir uns noch den vierfachen Inhalt der Freudenbotschaft<br />
genauer anschauen, passend zu den 4 Adventssonntagen, den 4 Kerzen des<br />
Adventskranzes:<br />
die da 1) Frieden verkündigen, 2) Gutes predigen, 3) Heil verkündigen und 4) die da<br />
sagen zu Zion: Dein Gott ist König!<br />
1) Frieden verkündigen:<br />
Jesaja beschreibt hier ja haargenau die Weihnachtsgeschichte.<br />
Wie heißt es dort: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!“ Frieden auf Erden!<br />
Das gehört zur Freudenbotschaft. Ist dass nur ein frommer Wunsch? Ist die Erde nicht in<br />
den 2000 Jahren seit Christi Geburt dem Frieden keinen einzigen Schritt näher<br />
gekommen? Bekennende Atheisten machen sogar im Gegenteil den Gottesglauben für<br />
viele Kriege verantwortlich. Doch man muss schon genau hinhören auf die Botschaft der<br />
Engel: Der Satz hat zwei Teile und die gehören zusammen wie die zwei Seiten einer<br />
Münze. Ehre sei Gott in der Höhe heißt es zuerst – und dann Frieden auf Erden. Damit<br />
wird das Geheimnis des Friedens deutlich: Wo Menschen Gott die Ehre geben und nicht<br />
sich selbst in ihrem Machtstreben, in ihrem Geltungsdrang, in ihrer Selbstsucht, da<br />
wächst Friede! Echter tiefer Frieden. Wenn unsere Beziehung zu Gott in Ordnung<br />
kommt, dann eröffnet sich die Chance, dass auch unsere Beziehungen zu den<br />
Mitmenschen heil werden. Wenn mir meine Schuld von Gott vergeben wird, dann fällt es<br />
mir vielleicht leichter, auch anderen zu vergeben. Und das ist wirklich eine<br />
Freudenbotschaft, ein Evangelium!<br />
1944 Heiligabend mitten in der Ardennenschlacht. Ein Vater wollte seine Familie in<br />
Sicherheit bringen und verlegte sie in sein Jagdhäuschen. Plötzlich klopfte es und<br />
draußen standen drei bewaffnete Amerikaner mit einem verwundeten Kollegen. Obwohl<br />
es Feinde waren, bat Mutter sie ins Haus und kümmerte sich um den Verwundeten. Sie<br />
lud sie auch zum Essen ein: Die Soldaten hatten sich verirrt und waren halb erfroren.<br />
Mutter wusste was es bedeutete: Wenn wir Gott in der Höhe ehren, kehrt bei uns hier<br />
der Frieden ein – nicht der große Weltfriede – aber der Friede, der in unserm Herzen
<strong>Freudenboten</strong> Sonntag, 23.12.2007 (4. Advent)<br />
beginnt und Kreise zieht. Da klopfte es wieder, aber diesmal waren es keine verirrten<br />
Amerikaner, sondern deutsche Soldaten, die ihre Einheit verloren hatten. Mutter trat zur<br />
Tür und wünschte ihnen frohe Weihnachten. Sie erwiderten den Gruß und baten um<br />
Unterkunft bis Tagesanbruch. Mutter war willig, sie aufzunehmen, sagte aber: "Wir<br />
haben aber noch drei Gäste hier, die ihr nicht als Freunde ansehen werdet. Heute ist<br />
Heiliger Abend, und hier wird nicht geschossen." "Amerikaner?" Mutter schaute sie streng<br />
an: "Ihr, und auch die da drinnen, könnten meine Söhne sein. Einer ist verwundet und<br />
ringt um sein Leben. Heute Nacht wird nicht getötet! denkt an die Botschaft der Engel!"<br />
Schweigen. "So, jetzt ist genug geredet. Legt die Waffen dorthin und schnell zum Tisch,<br />
sonst essen die anderen alles auf!" Als Mutter aus der Kammer kam, lehnte sich ein<br />
deutscher Soldat über den verwundeten Amerikaner und begann, ihm die Wunde zu<br />
reinigen. Der deutsche Unteroffizier zog zögernd eine Flasche Rotwein aus seinem<br />
Tornister: "Für den Verwundeten." Allmählich lockerte sich die Atmosphäre. Der Friede<br />
hielt auch am Morgen an. Sie aßen, Mutter betete das Tischgebet, den Soldaten kamen<br />
die Tränen.<br />
2) Gutes predigen<br />
Gutes – Das Gute – das erinnert an die Schöpfung. Denn hinter jedem Schöpfungstag<br />
heißt es: Und Gott sah an, was er gemacht hatte, und siehe es war gut.-<br />
Können wir das eigentlich so bejahen? Sehen wir nicht auch ganz viel Schlimmes. Wo wir<br />
Gott einfach nicht verstehen? Verbirgt sich Gott nicht manchmal in seinem Handeln.<br />
Etwa, wenn ein langes Krankheitsleiden Menschen quält und Schmerzen nicht zum<br />
Aushalten sind. Etwa, wenn der Tod unvermittelt in das Leben tritt. Etwa, wenn wir<br />
erfolglos gegen böse Mächte in unserem Leben ankämpfen. Dann kommt schon die Frage<br />
auf: Wo ist Gott? Und: Ist Gott wirklich nur gut? Den Hirten auf dem Felde scheint es<br />
nicht anders gegangen zu sein. Als der Engel des Herrn zu ihnen trat, heißt es: Und die<br />
Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie freuten sich sehr… - Nein! So steht es nicht,<br />
sondern: und sie fürchteten sich sehr. Die Nähe Gottes, sein Licht machte ihnen Angst.<br />
Sie erschraken. So wie wir manchmal, wenn Gott plötzlich und manchmal hart in unser<br />
Leben tritt. Doch die Freudenbotschaft des Engels lautet: Fürchtet euch nicht! Das ist<br />
das Gute! Wir brauchen vor Gott keine Angst zu haben, selbst wenn wir ihn nicht<br />
verstehen. Ernie Klassen. Ein Freudenbote – Doch als er vor genau 90 Jahren, 1917, als<br />
sechstes Kind der Familie Klassen geboren wurde, war der Familie nach alle andern als<br />
nach Freude zumute. Man gab ihm sehr bewusst den Namen „Ernst“ – denn es war eine<br />
ernste Zeit. Große Armut herrschte in der Familie. Die Familie war arm: in jedem Bett<br />
mussten zwei oder gar drei Kinder gemeinsam schlafen. Die Familie verlor mehrfach<br />
durch Naturkatastrophen ihr gesamtes Habe. Trotzdem ließen ihr Glaube und ihr<br />
Pioniergeist sie immer von vorne anfangen, ohne zu verzagen.<br />
3) Heil verkündigen<br />
Heil verkündigen – Jesus wird Heiland genannt. Was heißt dieses alte Wort? Jemand, der<br />
etwas heil macht.<br />
Und das haben wir alle nötig. Wie viel Kaputtes gibt es im Leben. Wo uns etwas kaputt<br />
geht,<br />
Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein<br />
Volk getröstet und Jerusalem erlöst.<br />
Können Trümmer fröhlich sein? Doch nur, wenn sie jemand wieder aufbaut, heil macht.<br />
Wenn also Heil verkündigt wird. Noch einmal ein Blick in die hebräische Sprache. Heil<br />
heißt: Jeshua und aus diesem Wort wiederum ist der Name Jesus gebildet. Also: Das<br />
sind die wahren <strong>Freudenboten</strong>, die Jesus verkünden. Genau das haben ja die Engel
<strong>Freudenboten</strong> Sonntag, 23.12.2007 (4. Advent)<br />
gemacht bei den Hirten: Euch ist heute der Heiland geboren! Der, der das Heil schenkt,<br />
für das er sogar am Kreuz stirbt. Die Krippe und das Kreuz – beides gehört zusammen!<br />
4) „Gott ist König“ sagen<br />
10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller<br />
Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.<br />
Ernie Klassen wurde einmal an der österreichischen Grenze von dem Beamten aufgrund<br />
seiner Nationalität gefragt, ob er sehr reich sei. "Natürlich", antwortete dieser. "Sehen<br />
sie sich doch um, das gesamte Land, die Berge und die Seen, alles gehört meinem Vater<br />
- und ich bin sein Erbe." Ja – Onkel Ernie hatte begriffen, dass Gott der König ist. Dem<br />
die ganze Welt gehört. Wenn wir ihn als Vater haben, dann kann uns das im Hinblick auf<br />
unsere eigenen Zukunftsängste und Lebensfragen ruhig machen, getrost und geborgen.<br />
Wie Paul Gerhardt dichtet: Bist du doch nicht Regente, der alles führen soll – Gott sitzt<br />
im Regimente und führet alles wohl. Die Engel in der Weihnachtsgeschichte, sie haben<br />
diese Botschaft gehabt: Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der<br />
Herr. Dieses „der Herr“ bedeutet: Er ist wirklich Herr über alles! König der Welt. Die<br />
Krippe und die Krone – beides gehört zusammen.<br />
Wenn wir diese Freudenbotschaft richtig in uns aufnehmen, dann können auch wir selbst<br />
<strong>Freudenboten</strong> werden für andere. Vielleicht nicht wie Onkel Ernie – aber jeder auf seine<br />
Weise. Amen.<br />
Pastor Gero Cochlovius