5.6 Anorektale Erkrankungen - Enddarm-Zentrum Mannheim
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(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
loskopie mit Stufenbiopsien (mindestens 4 Biopsien<br />
alle 10 cm) erfolgen. Bei eindeutiger und durch einen<br />
Referenzpathologen bestätigter hochgradiger intraepithelialer<br />
Neoplasie in flacher, nicht-entzündeter<br />
Schleimhaut ist dem Patienten die elektive, kontinenzerhaltende<br />
Proktokolektomie zu empfehlen.<br />
M. Crohn: Beim M. Crohn ist ebenfalls von einem<br />
erhöhten kolorektalen Karzinomrisiko auszugehen,<br />
allerdings existieren für Patienten mit M. Crohn<br />
keine Empfehlungen zur endoskopischen Überwachung.<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong><br />
A. HEROLD<br />
<strong>5.6</strong>.1 Analfissur<br />
Analfissuren sind längsgerichtete Defekte im hochsensiblen<br />
Anoderm zwischen Linea dentata und Linea<br />
anocutanea. Primäre Fissuren entstehen auf nicht<br />
vorgeschädigtem Anoderm, sekundäre Fissuren im<br />
Rahmen anderer Vorerkrankungen (z.B. M. Crohn).<br />
Analfissuren sind mit dem Hämorrhoidalleiden die<br />
häufigsten <strong>Erkrankungen</strong> des Analkanals.<br />
� Ätiopathogenese<br />
Die eigentliche Ursache ist wissenschaftlich noch<br />
nicht hinreichend bewiesen. In der Regel liegt eine<br />
multifaktorielle Genese zu Grunde, bei der der<br />
Sphinkterhypertonus eine zentrale Rolle einnimmt:<br />
Mikrotrauma (unter anderem bedingt durch mangelhafte<br />
Stuhlkonsistenz), Kontamination, oberflächliche<br />
Infektion (z.B. Kryptitis), Schmerz, reflektiver<br />
Hypertonus, dorsale Minderperfusion,<br />
chronische Fibrosierung und auch ein begleitend<br />
vorhandenes Hämorrhoidalleiden. 80–90% aller<br />
Fissuren finden sich in der hinteren Kommissur.<br />
� Klinisches Erscheinungsbild<br />
Die akute Fissur besteht nur wenige Tage und zeigt<br />
keine Sekundärveränderungen, die chronische Fissur<br />
ist meist rezidivierend, besteht über mehr als<br />
6 Wochen und zeigt als Sekundärläsionen Vorpostenfalte,<br />
Analfibrom, indurierte Ränder sowie einen<br />
freiliegenden und sklerosierten M. sphincter ani internus.<br />
Im Vordergrund steht ein fast immer defäkationsabhängiger,<br />
stechend, scharfer, brennender Schmerz,<br />
der über mehrere Minuten bis einige Stunden anhält.<br />
Meist ist dies kombiniert mit Blutspuren am<br />
92<br />
Toilettenpapier. Stärkere Blutungen sind nicht die<br />
Regel. Bei chronischem Verlauf kommen Sekretion<br />
und analer Juckreiz dazu.<br />
Die akute Form zeigt einen schmalen, länglichen<br />
Anodermdefekt von 0,5–2 cm Länge mit scharf begrenzten<br />
Wundrändern. Bei chronischer Veränderung<br />
findet man ein wulstiges, kallöses Ulkus mit<br />
den typischen Sekundärveränderungen (s.o.). Als<br />
Folgeveränderung treten inkomplette, subanodermale<br />
und intersphinktäre Abszesse und Fisteln auf.<br />
� Diagnostik<br />
Anhand einer klassischen Anamnese lässt sich mit<br />
ausschließlicher Inspektion und Palpation sowie einer<br />
Proktoskopie die Diagnose zweifelsfrei stellen.<br />
Bei der Palpation findet sich meist in der dorsalen<br />
Zirkumferenz eine Induration mit oberflächlichen<br />
narbigen Veränderungen. Die Proktoskopie, z.B.<br />
auch mit einem Spreizspekulum, zeigt den Anodermdefekt.<br />
Ist diese Untersuchung aufgrund des<br />
Schmerzes nicht durchführbar, empfiehlt sich eine<br />
Abklärung in Lokalanästhesie oder in Narkose (mit<br />
der Option einer simultanen operativen Sanierung).<br />
� Therapie<br />
Die Prophylaxe von Analfissuren besteht in einer<br />
physiologischen Defäkation. Die Therapie beinhaltet<br />
die Stuhlregulation, Anwendung von Lokaltherapeutika<br />
und operative Maßnahmen. Die akute<br />
Fissur heilt in 50% spontan, mit zusätzlichen Salben<br />
(Lokalanästhetika, Adstringentien, auch unspezifische<br />
Therapeutika) wird in 90% Heilung erreicht.<br />
In den letzten Jahren hat die Therapie mit Glycerintrinitrat<br />
(0,2%) eine wesentliche Verbesserung der<br />
konservativen Möglichkeiten bei chronischen Fissuren<br />
erreicht. Anfängliche Erfolgsraten bis zu 80%<br />
wurden in randomisierten Studien nicht erreicht. Mit<br />
50–60% liegen sie aber signifikant über der Placebowirkung.<br />
Die Verwendung von Botulinumtoxin zeigt<br />
mit 70–80% gute Therapieergebnisse, ist jedoch eine<br />
teure Alternative (s. Kap. II.5.4.1). Die besten Ergebnisse<br />
in Bezug auf eine Abheilung hat die operative<br />
Therapie: Eine Fissurektomie ist einer Sphinkterotomie<br />
vorzuziehen, auch wenn letztere in den USA als<br />
Methode der Wahl angesehen wird. Für beide Techniken<br />
liegen die Erfolgsraten bei über 90%.<br />
Literatur<br />
Brühl W. Ätiologie und Therapie von Analfissuren. Coloproctology<br />
1982; 4: 114–5.
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
Hyman N. Incontinence after lateral internal sphincterotomy:<br />
a prospective study and quality of life assessment.<br />
Dis Colon Rectum 2004; 47: 35–8.<br />
Lund J, Scholefield J. A randomised prospective doubleblind<br />
placebo-controlled trial of glycerin trinitrate ointment<br />
in the treatment of anal fissure. Lancet 1997; 349:<br />
11–4.<br />
Jost W, Schimrigk K. Therapy of anal fissure using botulinum<br />
toxin and long-term results. Dis Colon Rectum<br />
1997; 40: 1029–32.<br />
Notaras M. Lateral subcutaneus sphincterotomy for anal<br />
fissure: a new technique. Pro R Soc Med 1969; 62: 713.<br />
Nelson R. A systematic review of medical therapie for<br />
anal fissure. Dis Colon Rectum 2004; 47: 422–31.<br />
<strong>5.6</strong>.2 Analfisteln und -abszesse<br />
Analfisteln und Analabszesse sind eng miteinander<br />
verbundene Krankheitsbilder und auf dasselbe<br />
Grundleiden zurückzuführen. Fast immer ist der<br />
Abszess das vorausgehende primäre Ereignis (akutes<br />
Stadium) und die Fistel eine sekundäre Folge (chronisches<br />
Stadium). Selten kommt es zum Auftreten<br />
perianaler Fisteln, ohne dass ein Abszess vorgelegen<br />
hätte.<br />
� Ätiopathogenese<br />
Periproktale Abszesse sind meist auf eine Infektion<br />
der Proktodealdrüsen zurückzuführen. Diese kryptoglandulären<br />
Strukturen findet man am häufigsten<br />
im Bereich der hinteren Kommissur. Wenn sich die<br />
Entzündung ihren Weg entlang vorgegebener Spalträume<br />
submukös, subanodermal, intersphinktär<br />
oder transsphinktär bahnt, führt dies zum Auftreten<br />
eines Abszesses.<br />
� Klinisches Erscheinungsbild<br />
Die Symptomatik der periproktalen Abszesse ist<br />
stark von deren Lokalisation abhängig. Anfangs<br />
kommt es zu einem unangenehmen Druck oder<br />
Fremdkörpergefühl, ehe sich mit zunehmender<br />
Ausdehnung starke Schmerzen, Fieber oder Schüttelfrost<br />
einstellen.<br />
Im Gegensatz zu den Abszessen ist die klinische<br />
Symptomatik perianaler Fisteln weniger dramatisch.<br />
Im Vordergrund steht die unterschiedlich<br />
starke Absonderung eines eitrig serösen Sekrets.<br />
Sekundär treten Juckreiz, Brennen und auch Blutspuren<br />
hinzu. Da diese Beschwerden meist subjektiv<br />
nicht sehr belästigend sind, wird dies nicht selten<br />
über lange Zeit toleriert.<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
Meist erfolgt die Sekretion im Bereich der äußeren<br />
perianalen Region und hat nicht selten ausgeprägte<br />
Analekzeme zu Folge. Durch Epithelialisierung der<br />
äußeren Fistelöffnung ist ein vorübergehender Sekretverhalt<br />
möglich, ohne dass darunter aber eine<br />
Abheilung zu verstehen wäre. Im Allgemeinen erfolgt<br />
die Sekretion dann nach innen in den Analkanal,<br />
oder es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine Fistel<br />
oder ein neuer Abszess auftritt.<br />
� Einteilung<br />
Folgende Einteilung hat sich in der klinischen Praxis<br />
bewährt (Abb. I.5-22):<br />
M. sphincter<br />
ani internus<br />
pelvirektaler<br />
Abszess<br />
M. levator<br />
ani<br />
ischiorektaler<br />
Abszess<br />
intersphinktärer<br />
subkutaner,<br />
Abszess<br />
subanodermaler<br />
Abszess<br />
subanodermale<br />
Fistel<br />
intersphinktäre<br />
Fistel<br />
Abb. I.5-22 Einteilung der Analfisteln und -abszesse.<br />
Abszesse<br />
extrasphinktäre<br />
Fistel<br />
suprasphinktäre<br />
Fistel<br />
transsphinktäre<br />
Fistel<br />
❚ Subanodermal/submukös/subkutan: Sie treten<br />
relativ selten auf und sind oberflächlich zwischen<br />
Sphinktermuskulatur und Anoderm bzw. Rektummukosa<br />
gelegen. Demnach unterscheidet man<br />
hierbei zwischen submukösen und subanodermalen<br />
Abszessen. Liegen sie ganz peripher, kommt<br />
eine rein subkutane Ausdehnung dazu.<br />
❚ Intersphinktär: Zwischen den Sphinkteren lokalisierte<br />
Abszesse entleeren sich meist innerhalb kurzer<br />
Zeit über die Ausführungsgänge der infizierten<br />
Proktodealdrüsen und imponieren dann häufig als<br />
inkomplette innere Fisteln, aus denen sich z.B. bei<br />
der Untersuchung schwallartig Eiter entleert; andere<br />
perforieren nach distal. Durchaus können<br />
diese Abszesse aber auch in den suprasphinktären<br />
Bereich aszendieren und von dort zur Bildung<br />
supralevatorischer Fisteln führen.<br />
❚ Ischiorektal: In der Ischiorektalregion gelegene<br />
Abszesse sind nach innen von der Sphinktermuskulatur,<br />
nach oben vom M. levator ani und nach<br />
93<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
außen vom Sitzbein begrenzt. Wenn diese Abszesse<br />
dicht unter der Haut liegen, werden sie auch als<br />
perianale Abszesse bezeichnet.<br />
❚ Pelvirektal: Diese Abszesse finden sich zwischen<br />
Rektumwand und Levatormuskulatur und werden<br />
auch als supralevatorische Abszesse bezeichnet.<br />
Gelegentlich liegen auch mehrere äußere Fistelöffnungen<br />
vor, die beiderseits des Afters auftreten können<br />
(z.B. Hufeisenfistel).<br />
Fisteln<br />
❚ Subkutan/submukös/subanodermal: Sie verlaufen<br />
unter der Rektummukosa, dem Anoderm<br />
bzw. der äußeren Haut und sind häufig Folge eines<br />
lokalen Abszesses, einer Kryptitis oder einer<br />
Fissur.<br />
❚ Intersphinktär: Die Gänge dieser Fisteln finden<br />
sich zwischen innerem und äußerem Schließmuskel.<br />
In der Mehrzahl handelt es sich um distale Verläufe,<br />
die nicht selten ursächlich auf Fissuren zurückzuführen<br />
sind. Sie können inkomplette<br />
Ausläufer im Intersphinktärraum nach proximal<br />
bis nach retrorektal haben.<br />
❚ Transsphinktär: Diese Fisteln durchbohren sowohl<br />
den M. sphincter ani externus als auch internus,<br />
münden im Bereich der perianalen Haut nach<br />
außen. Auch hierbei finden sich zusätzlich inkomplette,<br />
vom Hauptgang abzweigende Nebengänge.<br />
❚ Suprasphinktär: Der Verlauf dieser Fisteln ist im<br />
Intersphinktärraum aszendierend, umfasst den gesamten<br />
M. sphincter ani externus, um meist bogenförmig<br />
über die Puborektalisschlinge in die<br />
Fossa ischiorectalis zu gelangen und von dort zur<br />
äußeren Haut.<br />
❚ Extrasphinktär: Extrasphinktäre Fisteln umgehen<br />
den gesamten Analkanal, münden im Rektum und<br />
haben keine Verbindung zum Analkanal in Höhe der<br />
Linea dentata. Ihr Verlauf führt von einer inneren<br />
Öffnung deutlich proximal der Linea dentata durch<br />
den M. levator ani zur äußeren Haut. Da hier keine<br />
kryptoglanduläre Verbindung besteht, sind sie ursächlich<br />
auf andere <strong>Erkrankungen</strong> (z.B. M. Crohn)<br />
zurückzuführen bzw. oft iatrogen verursacht.<br />
85–95% aller Fisteln sind den inter- und transsphinktären<br />
Fisteln zuzuordnen und haben einen<br />
unkomplizierten Verlauf.<br />
� Klinisches Erscheinungsbild<br />
Die Rückbildung eines periproktalen Abszesses ist<br />
nicht möglich. Wenn er durch operative Maßnahmen<br />
94<br />
nicht entlastet wird, kommt es in jedem Falle zu einer<br />
spontanen Perforation. Diese wird abhängig von der<br />
Lokalisation nach außen, in den Analkanal oder auch<br />
in das Rektum erfolgen. Damit ist eine schnelle Rückbildung<br />
der klinischen Symptomatik (Schmerzen,<br />
Fieber, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl)<br />
verbunden und eine folgenlose Abheilung möglich.<br />
Meist geht das akute Abszessstadium in das chronische<br />
Fistelstadium über.<br />
Die ständige Sekretion eines eitrig-serösen Sekrets ist<br />
Ausdruck einer im Fistelbereich nicht abklingenden<br />
Entzündung. Unbehandelt muss man mit einer Ausdehnung<br />
der Erkrankung in Form neu auftretender<br />
Abszesse oder weiterer Fisteln rechnen. Die Beeinträchtigung<br />
und Funktionseinschränkung des Kontinenzorgans<br />
ist eine zwangsläufige Folge. Bei immunologischen<br />
Störungen können massive Nekrosen<br />
mit lebensbedrohlichen Zuständen auftreten.<br />
� Diagnostik<br />
Der Abszess ist mit Anamnese, klinischer Symptomatik,<br />
Inspektion und Palpation zu diagnostizieren.<br />
Abszesse im ischiorektalen Bereich führen bei oberflächlicher<br />
Lage meist zu einer rötlich lividen Verfärbung<br />
mit deutlich sichtbarer Prominenz. Im<br />
Frühstadium kann es Schwierigkeiten machen, pelvirektale,<br />
aber auch ischiorektale Abszesse sicher zu<br />
objektivieren. In solchen Fällen hilft die digitale rektale<br />
Untersuchung, bei der sich vom Analkanal oder<br />
unterem Rektum eine Schwellung und vermehrte<br />
Druckschmerzhaftigkeit feststellen lässt.<br />
Eine exakte Diagnostik perianaler Fisteln ist nur bei<br />
komplizierten Fisteln mit größeren Problemen verbunden.<br />
Die überwiegend vorkommenden interund<br />
transsphinktären Fisteln lassen eine meist gut<br />
sichtbare, unterschiedlich weit vom After entfernte<br />
äußere Fistelöffnung erkennen und im gleichen Sektor<br />
des Analkanals die innere Öffnung. Mit Knopfsonden<br />
lässt sich deren Verlauf gut verfolgen. Eine<br />
Sondierung sollte in keinem Fall erzwungen werden.<br />
Die röntgenologische Darstellung von Fisteln (Fistulographie)<br />
ist obsolet. Bei komplizierten Fisteln<br />
sind eine Endosonographie, die Computertomographie<br />
oder die Kernspintomographie hilfreich.<br />
� Therapie<br />
Ein anorektaler Abszess wird grundsätzlich unverzüglich<br />
nach Diagnosestellung gespalten und ausreichend<br />
drainiert. Da immer die Gefahr einer Progression<br />
mit zunehmender Beteiligung umliegender
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
a b<br />
c d<br />
Abb. I.5-23<br />
Operationsschema: Plastischer Fistelverschluss (Flap-Technik).<br />
Strukturen besteht, ist ein zeitlicher Aufschub kontraindiziert.<br />
Die Therapie erfolgt durch breite trichterförmige<br />
Eröffnung der Haut und anschließende<br />
Sekundärheilung. Eine ergänzende Therapie mit<br />
Antibiotika ist nur in wenigen Fällen sinnvoll, z.B.<br />
bei immunsupprimierten Patienten, bei begleitender<br />
Weichteilphlegmone oder schwerer septischer<br />
Begleitreaktion.<br />
Bei der Operation eines anorektalen Abszesses sollte<br />
nach Möglichkeit in gleicher Narkose nach einer ursächlichen<br />
Fistel gefahndet werden. Lässt sich die<br />
Fistelverbindung zum Analkanal finden, wird die<br />
Fistel primär operiert oder mit einem Faden zur<br />
Drainage für einige Wochen angeschlungen und<br />
später dann definitiv chirurgisch versorgt. Ist bei der<br />
Revision eine Fistel primär nicht zu finden, sollte<br />
auf brüske Manipulation wegen der Gefahr einer<br />
Via falsa verzichtet werden.<br />
Eine symptomatische Analfistel stellt eine Indikation<br />
zur Operation dar. Das Ziel jeder Fistelchirurgie<br />
ist die Sanierung ohne Kontinenzeinbuße und<br />
ohne Rezidiv. Die operative Maßnahme orientiert<br />
sich am Verlauf der Fistel und somit an ihrem Bezug<br />
zum Sphinkterapparat.<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
Subanodermale, submuköse, intersphinktäre und<br />
distale (tiefe) transsphinktäre Fisteln, die nur einen<br />
kleinen Anteil der Sphinktermuskulatur umfassen,<br />
können ohne Einschränkung der Kontinenz<br />
komplett gespalten werden. Die Rezidivrate liegt<br />
unter 10%, während die Kontinenzstörung direkt<br />
vom Ausmaß der Sphinkterbeteiligung abhängt.<br />
Hat man früher bis zu zwei Drittel der Muskelmasse<br />
durchtrennt, geht man heute zurückhaltender vor.<br />
In der Literatur wird die postoperative Kontinenzstörung<br />
mit 5–40% angegeben.<br />
Proximale (hohe) transsphinktäre, suprasphinktäre<br />
und extrasphinktäre Fistelgänge, die<br />
wesentliche Muskelanteile durchbohren, werden<br />
primär fadendrainiert und im nicht-entzündlichen<br />
Stadium in zweiter Sitzung exstirpiert und<br />
plastisch verschlossen (Abb. I.5-23). Hierzu wird<br />
nach kompletter Exstirpation des Fistelgangs insbesondere<br />
der kryptoglandulären Region eine direkte<br />
Naht der Sphinktermuskulatur durchgeführt<br />
und diese mit einem Verschiebelappen aus<br />
Mukosa oder Mukosa/Submukosa/Internus gesichert,<br />
somit die innere Fistelöffnung verschlossen.<br />
Eine unmittelbare Nahtinsuffizienz tritt in bis<br />
95<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
zu 10–25% auf, die Rezidivrate liegt zwischen 5<br />
und 30%.<br />
In Einzelfällen können auch andere Techniken<br />
zum Einsatz kommen: eine direkte komplette Spaltung<br />
und ein- oder zweizeitiger Wiederaufbau der<br />
Muskulatur sowie auch die Interposition von Muskulatur<br />
(z.B. M. gracilis oder M. rectus abdominis),<br />
langzeitige Fadendrainage und Fibrinklebung.<br />
Eine Sonderform der anorektalen Fistel stellen die<br />
rekto- bzw. anovaginalen Fisteln dar. Aufgrund<br />
ihrer Lokalisation sind jedoch meist plastische Verfahren<br />
notwendig. Bedingt durch das in diesem<br />
Bereich fehlende umgebende Binde- und Muskelgewebe<br />
des Septum rectovaginale sind die Erfolgsraten<br />
schlechter als bei den anderen Anorektalfisteln.<br />
Anale Fisteln im Rahmen eines M. Crohn sind in<br />
75% kryptoglandulären Ursprungs und folgen obigen<br />
Verläufen. Dagegen folgen 25% nicht den anatomischen<br />
Strukturen und durchdringen destruierend<br />
das Gewebe. Die Therapie folgt obigen<br />
Strategien.<br />
Eine kompetente konservative Therapie der<br />
Grunderkrankung ist Vorbedingung erfolgreicher<br />
chirurgischer Maßnahmen.<br />
Aufgrund der hohen Rezidivrate bei der Grunderkrankung<br />
können in vielen Fällen wiederholte chirurgische<br />
Eingriffe notwendig werden, die Schonung<br />
der Sphinktermuskulatur ist hier besonders wichtig.<br />
Vor einer operativ-rekonstruktiven Fistelsanierung<br />
muss die Grunderkrankung kontrolliert und die lokalen<br />
Verhältnisse müssen infektfrei sein. Bei komplexen<br />
Fisteln mit rezidivierenden Schüben ist die<br />
lockere Langzeitfadendrainage über Monate und<br />
Jahre eine vom Patienten i.d.R. sehr gut tolerierte<br />
Maßnahme, die die Stomaanlage verhindert oder zumindest<br />
verzögert.<br />
Literatur<br />
Buchmann P, Alexander-Williams J. Classification of<br />
perianal Crohn’s disease. Clin Gastroenterol 1998; 9:<br />
323–30.<br />
Christiansen J, Ronholt C. Treatment of recurrent high<br />
anal fistula by total excision and primary sphincter reconstruction.<br />
Int J Colorect Dis 1995; 10: 207–9.<br />
Corman M. Anorectal abscess and anal fistula. In: Corman<br />
M (ed.). Colon and rectal surgery, 224–71. Lippincott-Raven<br />
Philadelphia 1998.<br />
96<br />
Gordon PH. Anorectal abscesses and fistula-in-ano. In:<br />
Gordon PH, Nivatvong S (eds.). Principles and Practice<br />
of the Surgery for the Colon, Rectum and Anus, 241–86.<br />
Quality Medical Publishing, St. Louis, 1999.<br />
Hoexter B, Labow SB, Moseson MD. Transanal rectovaginal<br />
fistola repair. Dis Colon Rectum 1985; 28: 572–5.<br />
Parks A, Gordon P, Hardcastle J. A classification of fistula-in-ano.<br />
Br J Surg 1976; 63: 1–12.<br />
Stelzner F. Die anorectalen Fisteln. Springer, Berlin,<br />
1981.<br />
<strong>5.6</strong>.3 Hämorrhoidalleiden<br />
Oberhalb der Linea dentata, unter der Rektumschleimhaut,<br />
findet sich ein zirkulär angelegtes arterio-venöses<br />
Gefäßkonglomerat, das Corpus cavernosum<br />
recti. Bei einer Hyperplasie dieser<br />
Gefäßstrukturen spricht man von Hämorrhoiden<br />
und bei zusätzlich auftretenden Beschwerden von einem<br />
Hämorrhoidalleiden.<br />
Entgegen der früheren Meinung ist heute wissenschaftlich<br />
belegt, dass es sich nicht um Venen handelt,<br />
sondern um arterio-venöse Schwellkörper mit typischen<br />
Prädilektionsstellen bei 3, 7 und 11 Uhr in<br />
Steinschnittlage, denen eine wichtige Funktion bei der<br />
Feinkontinenz zukommt.<br />
� Ätiopathogenese<br />
So häufig diese Erkrankung auftritt, so unzureichend<br />
wissenschaftlich belegt ist ihre Ätiologie.<br />
Die Beschwerden und die damit verbundenen morphologischen<br />
Veränderungen können sowohl genetisch<br />
bedingt sein als auch Folge einer gestörten Defäkation<br />
bzw. mangelhafter Stuhlkonsistenz. Dies<br />
betrifft besonders Personen mit chronischer Verstopfung,<br />
die meist nur unter starkem Pressen harten<br />
Stuhl absetzen können.<br />
Das übermäßige Pressen führt im Verlauf von Jahren<br />
zur Vergrößerung und Dislokation des Hämorrhoidalgewebes<br />
nach distal. Auch nicht geformter,<br />
breiiger bis durchfallartiger Stuhl stellt eine unphysiologische<br />
Belastung der Hämorrhoidalkonvolute<br />
dar. Unter diesen Umständen erfolgt die Defäkation<br />
gegen den nicht ausreichend relaxierten Analsphinkter<br />
und die nur ungenügend entleerten Hämorrhoidalpolster.<br />
� Klinisches Erscheinungsbild<br />
Die auf Hämorrhoiden zurückzuführenden Beschwerden<br />
sind uncharakteristisch und auch bei
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
Tab. I.5-4 Stadieneinteilung der Hämorrhoiden.<br />
Stadium Charakteristikum<br />
1 Proktoskopisch sichtbare Polster<br />
2 Prolaps bei der Defäkation, retrahiert sich<br />
spontan<br />
3 Prolaps bei der Defäkation, manuell<br />
reponibel<br />
4 Prolaps fixiert, fibrosiert, thrombosiert,<br />
nicht reponibel<br />
vielen anderen proktologischen <strong>Erkrankungen</strong> in<br />
ähnlicher Weise vorhanden. Sie sind nicht von der<br />
Größe der Hämorrhoiden abhängig. Am häufigsten<br />
sind Blutungen. Typisch sind wechselnde Phasen:<br />
Blutungen, die täglich, bei jeder Defäkation<br />
auftreten und ohne besondere Behandlungsmaßnahmen<br />
über Wochen, aber auch Monate wieder<br />
verschwinden.<br />
Bei stark vergrößerten und prolabierenden Hämorrhoiden<br />
ist die Feinkontinenz gestört. Dies führt zu<br />
unterschiedlich starkem Nässen, Schmieren und<br />
stuhlverschmutzter Wäsche. Mit Juckreiz einhergehende<br />
Analekzeme sind eine indirekte Folge des Hämorrhoidalleidens.<br />
Hämorrhoiden machen in der Regel keine Schmerzen.<br />
Häufig sind Schmerzen auf synchron bestehende<br />
Fissuren zurückzuführen (bei Hämorrhoiden<br />
2. Grades bis zu 70%). Starke Schmerzen finden sich<br />
dagegen beim inkarzerierten Hämorrhoidalprolaps.<br />
� Klassifikation<br />
Beim Hämorrhoidalleiden wird der Lokalbefund in<br />
vier Stadien eingeteilt (Tab. I.5-4).<br />
Hämorrhoiden Grad 1 sind im Proktoskop zu erkennende<br />
wulstige, prall elastische, mit Schleimhaut<br />
bedeckte Knoten.<br />
Hämorrhoiden Grad 2 prolabieren bei der Defäkation,<br />
um sich anschließend spontan wieder zurückzuziehen.<br />
Bei den prolabierenden Knoten lässt sich<br />
zwischen solchen unterscheiden, die von Rektumschleimhaut<br />
bedeckt sind und solchen, die als<br />
pralle Schwellung unter dem Anoderm imponieren.<br />
Wenn Anoderm bei prolabierenden Hämorrhoiden<br />
außerhalb des Analkanals sichtbar wird,<br />
spricht man von einem Anodermprolaps (synonym:<br />
Analprolaps).<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
Hämorrhoiden Grad 3 unterscheiden sich vom<br />
morphologischen Befund nicht von Hämorrhoiden<br />
Grad 2 und zeichnen sich nur dadurch aus, dass sie<br />
sich nach der Defäkation nicht spontan zurückziehen,<br />
sondern manuell reponiert werden müssen.<br />
Hämorrhoiden 4. Grades sind nicht mehr zu reponierende<br />
Knoten<br />
� Diagnostik<br />
Nicht prolabierende Hämorrhoiden (Hämorrhoiden<br />
1. Grades) sind nur proktoskopisch zu erkennen.<br />
Prolabierende Hämorrhoiden zeigen sich am<br />
deutlichsten nach der Defäkation. Außen fixierte<br />
und nicht mehr zu reponierende Hämorrhoiden<br />
(Hämorrhoiden 4. Grades) sind schon bei der Inspektion<br />
gut zu beurteilen. Weitere Untersuchungen<br />
sind zur Diagnostik eines Hämorrhoidalleidens<br />
nicht erforderlich.<br />
Differentialdiagnose<br />
Besonders von Laien werden Marisken gern mit<br />
Hämorrhoiden verwechselt. Häufig sind Hämorrhoiden<br />
mit Anodermprolaps und Marisken kombiniert.<br />
Auch bei perianalen Thrombosen handelt<br />
es sich nicht um Hämorrhoiden, sondern um<br />
Thrombosen in den subkutanen Analrandvenen.<br />
Verwirrend ist hier oft der Begriff von „äußeren<br />
Hämorrhoiden“ im angloamerikanischen Sprachraum.<br />
� Therapie<br />
Von einer lokalen Behandlung mit Salben, Suppositorien<br />
oder Analtampons ist bei Beschwerden, die<br />
ausschließlich auf Hämorrhoiden zurückzuführen<br />
sind (z.B. Blutungen), kein Erfolg zu erwarten, da<br />
hier nur symptomatisch und nicht kausal eingegriffen<br />
wird. Allerdings können sie die bei Hämorrhoiden<br />
auftretenden, entzündlichen, ödematösen Begleitveränderungen<br />
günstig beeinflussen.<br />
Sklerosierungsbehandlung<br />
Die Sklerosierungstherapie ist die erste Wahl bei<br />
Hämorrhoiden 1. Grades (Abb. I.5-24). Bei der<br />
Blond-Methode wird die Sklerosierungslösung<br />
(z.B. Polidocanol, Thesit, Chinin, Calcium-Zinkchlorid)<br />
im Blond'schen Proktoskop tropfenweise<br />
zirkulär oberhalb der Linea dentata submukös injiziert.<br />
Dafür sind 0,5–1,0 ml Sklerosierungslösung<br />
ausreichend, die im Abstand von 8–14 Tagen 2- bis<br />
3-mal verabreicht werden.<br />
97<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
Abb. I.5-24 Sklerosierungstechnik nach Blond.<br />
Bei der Sklerosierungstechnik nach Blanchard bzw.<br />
Bensaude werden je 1–3 ml einer Phenol-Mandelöl-Lösung<br />
oder einer Phenol-Erdnussöl-Lösung<br />
in den Bereich der zuführenden Hämorrhoidalarterien<br />
bei 3, 7 und 11 Uhr in Steinschnittlage appliziert.<br />
Auch bei dieser Technik sind allenfalls 2 bis<br />
3 Behandlungen im Abstand von 1–2 Wochen nötig.<br />
Der therapeutische Effekt ist auf eine Fixierung<br />
der Hämorrhoidalkonvolute oberhalb der Linea<br />
dentata zurückzuführen.<br />
Vergleichende Untersuchungen über die Wirksamkeit<br />
beider Methoden sprechen für eine bessere Effizienz<br />
des Blond’schen Verfahrens. Hämorrhoidale Beschwerden<br />
(Blutungen) sind mit dem Blond’schen<br />
Verfahren nach zwei Sklerosierungsbehandlungen<br />
schon in 70–80% abgeklungen. Langfristig ist mit einer<br />
hohen Rezidivquote zu rechnen, die nach drei<br />
Jahren bei 70% liegt.<br />
Infrarotkoagulation<br />
Die Infrarotkoagulation ist ein Therapieverfahren,<br />
das sich bei der Behandlung blutender Hämorrhoiden<br />
1. Grades bewährt hat. Da heute andere Methoden<br />
favorisiert werden, ist die Infrarotkoagulation<br />
in den letzten Jahren deutlich in den<br />
Hintergrund getreten.<br />
Gummiringligatur<br />
Sie gilt als Therapie erster Wahl zu Behandlung von<br />
Hämorrhoiden 2. Grades (Abb. I.5-25). Mit Hilfe<br />
98<br />
eines speziellen Ligators werden im vorn offenen<br />
Proktoskop knotig vergrößerte Hämorrhoiden mit<br />
Hilfe von kleinen Gummiringen so abgeschnürt,<br />
dass sie innerhalb kurzer Zeit nekrotisieren und abfallen.<br />
Die Behandlungserfolge mit Gummiringligaturen<br />
bei Hämorrhoiden 2. Grades liegen zwischen<br />
70 und 80%. Im Vergleich zur Sklerosierungsbehandlung<br />
und Infrarotkoagulation werden überwiegend<br />
bessere Resultate mitgeteilt. Die Rezidivrate<br />
liegt bei 25% in den ersten 4 Jahren.<br />
Dopplergesteuerte Hämorrhoidalarterienligatur<br />
(HAL)<br />
Bei Hämorrhoiden 2. und 3. Grades lassen sich mit<br />
einem Spezialproktoskop, in das ein Dopplertransducer<br />
eingebaut ist, die zuführenden Hämorrhoidalarterien<br />
orten und gezielt ligieren. Innerhalb kurzer<br />
Zeit schrumpfen die Hämorrhoidalkonvolute. Dadurch<br />
soll nicht nur der Hämorrhoidalprolaps verschwinden,<br />
sondern auch die damit verbundenen<br />
Beschwerden.<br />
Diese Methode wird erst seit kurzer Zeit in wenigen<br />
Kliniken eingesetzt. Die wenigen Publikationen berichten<br />
einen Therapieerfolg in 50–90%. Eine abschließende<br />
Beurteilung der Effektivität ist noch<br />
nicht möglich.<br />
Operation<br />
Hämorrhoiden 3. Grades sind nur in Ausnahmefällen<br />
noch konservativ mit zufriedenstellendem Ergebnis<br />
therapierbar. Daher ist hier die Indikation<br />
zur Operation gegeben, für die verschiedene Verfahren<br />
angewandt werden können:<br />
❚ Offene Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan,<br />
❚ geschlossene Hämorrhoidektomie nach Ferguson,<br />
❚ submuköse Hämorrhoidektomie nach Parks,<br />
❚ rekonstruktive Hämorrhoidektomie nach Fansler-<br />
Arnold,<br />
❚ supraanodermale Hämorrhoidektomie nach Whitehead.<br />
❚ supraanodermale Mukosektomie mit dem Stapler.<br />
Insbesondere bei segmentären Hämorrhoidalvorfällen<br />
sind die Verfahren nach Milligan-Morgan und<br />
Ferguson empfehlenswert (Abb. I.5-26). Die vergrößerten<br />
Hämorrhoidalknoten werden segmentär reseziert<br />
und ausreichend breite Brücken am Anoderm<br />
erhalten, um Stenosen und Kontinenzeinbußen vorzubeugen.<br />
Die Methode nach Milligan-Morgan belässt<br />
die so entstandenen Wunden im Anoderm zur
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
a<br />
c<br />
Abb. I.5-25 Technik der Ligaturbehandlung.<br />
Sekundärheilung offen, während bei der Technik<br />
nach Ferguson etwas mehr Anoderm erhalten wird,<br />
um die Wunde durch Naht zu verschließen. Die Rezidivrate<br />
wird in der Literatur der letzten 20 Jahre zwischen<br />
3 und 26% angegeben. Als subanodermale/<br />
submuköse Resektion der Hämorrhoiden mit gleichzeitiger<br />
Reposition des dislozierten Anoderms – somit<br />
bei fortgeschritteneren Befunden zu bevorzugen<br />
– kommt alternativ die Operationstechnik nach<br />
Parks zur Anwendung.<br />
Die Hämorrhoidenoperation mit dem Zirkularstapler<br />
(Abb. I.5-27) gilt als das ideale Verfahren beim zirkulären<br />
Hämorrhoidalleiden 3. Grades. Mit Hilfe des<br />
Klammernahtgeräts sowie eines speziellen Einführungssets<br />
werden die prolabierenden Hämorrhoiden<br />
reponiert und das proximal liegende Mukosagewebe<br />
zirkulär reseziert. Hierdurch wird eine Fixation des<br />
vorfallenden Anoderms und Hämorrhoidalgewebes<br />
in seiner physiologischen intraanalen Position erreicht.<br />
Im weiteren Verlauf kommt es durch sekun-<br />
b<br />
d<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
däre Umbauvorgänge zu einer Gewebsreduktion auf<br />
eine normale Größe. Da das Verfahren keine Wunde<br />
im sensiblen Anoderm setzt, hat es sich, bedingt<br />
durch den resultierenden höheren Patientenkomfort,<br />
zu einer effektiven Alternative entwickelt. Der Vorteil<br />
liegt insbesondere in den geringeren postoperativen<br />
Schmerzen.<br />
Ist der Hämorrhoidalprolaps nicht mehr reponibel,<br />
liegen Hämorrhoiden 4. Grades vor. Im Falle einer<br />
akuten Thrombosierung oder Inkarzeration ist die<br />
konservative Therapie mit Antiphlogistika, Analgetika<br />
und lokalen Maßnahmen zu bevorzugen. In erfahrenen<br />
Händen kann auch eine sofortige Operation<br />
zum Einsatz kommen. Hier ist vor allem die<br />
Gefahr einer postoperativen Stenose bedingt durch<br />
übermäßige Resektion im ödematösen Stadium zu<br />
berücksichtigen.<br />
Bei chronischen, fibrosierten, fixierten Befunden meist<br />
mit einem begleitenden zirkulären Anodermprolaps<br />
sind auch plastisch-rekonstruktive Verfahren sinnvoll.<br />
99<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
Abb. I.5-26<br />
c<br />
Operationstechnik der Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan.<br />
Diese operativ-technisch und auch zeitlich wesentlich<br />
aufwändigere Technik (Operationszeit 30–<br />
60 Minuten) erzielt neben der Resektion des hämorrhoidalen<br />
Gewebes mittels plastischer Verschiebelappen<br />
eine zirkuläre bzw. semizirkuläre komplette Rekonstruktion<br />
des Analkanals. Dies resultiert in einer<br />
hohen postoperativen Komplikationsrate von bis zu<br />
20%.<br />
Bei allen Techniken liegt die Beschwerdefreiheit<br />
nach 2 Jahren über 90%. Rezidive nehmen im Zeitverlauf<br />
zu, sind aber meist mit konservativen Maßnahmen<br />
beherrschbar. Die Reoperationsrate liegt<br />
unter 5%.<br />
Literatur<br />
Barron J. Office ligation treatment for hemorrhoids. Dis<br />
Colon Rectum 1963; 6 : 109–13.<br />
Brühl W, Schmauz R. Injection Sclerotherapy and Bulk<br />
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Ganio E, Altomare F, Gabrielli F, Milito G, Canuti S.<br />
Prospective randomised multicentre trial comparing<br />
100<br />
a<br />
b<br />
d<br />
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355: 782–5.<br />
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alone in the treatment of hemorrhoids. Int J of Colorect<br />
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recti – die Grundlage der inneren Hämorrhoiden.<br />
Canterbeck’s Arch Chir 1962; 299: 302–12.
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
a b<br />
d<br />
Abb. I.5-27 Operationstechnik der Stapler-Hämorrhoidpexie.<br />
Walker A, Leicester R, Nicholls R et al. A prospective<br />
study of infrared coagulation, injection and rubber<br />
band ligation in the treatment of hemorrhoids. Int J Colorectal<br />
Dis 1990; 5: 113–6.<br />
<strong>5.6</strong>.4 Analkanalkarzinom<br />
Tumoren des Analkanals entstehen im Bereich des<br />
Anoderms sowie der Transitionalzone. Analkanalkarzinome<br />
reichen somit von der Linea anocutanea<br />
nach proximal bis zum anorektalen Übergang. Ihre<br />
Einteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation<br />
(Tab. I.5-5) und der UICC-Stadieneinteilung<br />
(Tab. I.5-6).<br />
Tumoren distal der Linea anocutanea bis 5 cm lateral<br />
(entspricht der Perianalregion) werden als Analrandkarzinome<br />
bezeichnet. Diese werden den Tumoren<br />
der Haut zugeordnet und entsprechend den<br />
dortigen Empfehlungen therapiert.<br />
e f<br />
c<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
� Epidemiologie<br />
Das Analkanalkarzinom ist ein seltener Tumor, der ca.<br />
1% aller Malignome des Gastrointestinaltrakts ausmacht.<br />
Frauen sind auffällig häufiger betroffen als<br />
Männer. Die Inzidenz beträgt ca. 0,5 Neuerkrankungen<br />
pro 100 000 Einwohner und Jahr. Histologisch<br />
handelt es sich i.d.R. um Plattenepithelkarzinome,<br />
seltener um Basalzellkarzinome, infiltrierende Adenokarzinome<br />
oder maligne Melanome.<br />
� Klinisches Erscheinungsbild<br />
Je nach Größe und Sitz des Tumors kann die Symptomatik<br />
variieren. Anamnestisch werden am<br />
häufigsten anale Blut- und Schleimabgänge angegeben,<br />
seltener oberflächliche Hautveränderungen,<br />
perianale Schmerzen, Fremdkörpergefühl, Juckreiz,<br />
Sekretion, Stuhlunregelmäßigkeiten, Kontinenzstörungen,<br />
Fistelbildungen und vergrößerte Leistenlymphknoten.<br />
101<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
5 Kolon und Rektum<br />
Tab. I.5-5 TNM-Klassifikation bei Analkanalkarzinom.<br />
Charakteristikum Stadium<br />
Tumorausbreitung<br />
Lymphknotenmetastasen<br />
� Diagnostik<br />
Durch Anamnese und klinische Untersuchung mit<br />
Inspektion und Palpation des Analkanals sowie<br />
Rektoskopie und Proktoskopie lässt sich der Primärtumor<br />
vermuten. Mit Hilfe einer Tumorbiopsie<br />
(kleine Tumoren < 1 cm sollten als Totalbiopsie<br />
komplett entfernt werden) wird die maligne Veränderung<br />
histologisch gesichert. Zur Beurteilung des<br />
Tumorstadiums sind CT oder MRT von Abdomen<br />
und Becken insbesondere zur Beurteilung der ilia-<br />
102<br />
Befund<br />
T0 Kein Anhalt für Primärtumor<br />
Tis Carcinoma in situ<br />
T1 Tumor ≤ 2 cm<br />
T2 Tumor > 2 cm, ≤ 5 cm<br />
T3 Tumor > 5 cm<br />
T4 Infiltration in angrenzende<br />
Organe<br />
N0 Keine regionären<br />
Lymphknotenmetastasen<br />
N1 Metastasen in<br />
perirektalen LK<br />
N2 Metastasen einseitig in<br />
inguinalen Lymphknoten<br />
oder an der<br />
A. iliaca interna einer<br />
Seite<br />
N3 Metastasen beidseitig<br />
in perirektalen, inguinalen<br />
oder iliakalen<br />
Lymphknoten<br />
Fernmetastasen M0 Keine Fernmetastasen<br />
M1 Fernmetastasen<br />
Tab. I.5-6 UICC-Klassifikation beim Analkanalkarzinom<br />
Stadium TNM-Befund<br />
T L M<br />
1 T1 N0 M0<br />
2 T2, T3 N0 M0<br />
3a T4 N0 M0<br />
T1, T2, T3 N1 M0<br />
3b T4 N1 M0<br />
T1, T2, T3 N2, N3 M0<br />
4 Jedes T Jedes N M1<br />
kalen, inguinalen und paraaortalen Lymphknoten<br />
hilfreich.<br />
� Therapie<br />
Eine lokale Tumorexzision erfolgt bei Tumoren<br />
< 2 cm, die distal der Linea dentata gelegen sind<br />
und keine Metastasen zeigen.<br />
Aufgrund der sehr guten 5-Jahres-Überlebensrate<br />
von bis zu 80%, bei über 4 cm großen Tumoren bis<br />
55%, bei gleichzeitiger Erhaltung der Kontinenz hat<br />
sich als Therapie der Wahl bei allen anderen Tumoren<br />
die primäre Radiochemotherapie gegenüber der<br />
Rektumexstirpation durchgesetzt. Ein etabliertes<br />
Therapieregime ist die kombinierte Radiochemotherapie<br />
mit Mitomycin C 10 mg/m 2 Körperoberfläche<br />
an Tag 1 und Tag 30; 5-Fluorouracil<br />
1000 mg/m 2 Körperoberfläche pro 24 h in der 1.<br />
und 5. Woche kombiniert mit externer Bestrahlung<br />
1,8 bis 2,0 Gy/Tag über 5 Wochen und zusätzlicher<br />
Bestrahlung der Leistenlymphknoten. Nur bei<br />
verbleibendem Resttumor 6 Wochen nach Ende<br />
der primären Radiochemotherapie oder im Fall<br />
eines Tumorrezidivs erfolgt die abdominoperineale<br />
Rektumexstirpation. Gegebenenfalls ist vor Radiochemotherapie<br />
im Falle eines hochgradig stenosierenden<br />
Tumors oder bei kompletter Inkontinenz<br />
ein Kolostoma notwendig. Bei der Mehrzahl der<br />
kurativ behandelbaren Patienten ist ein permanentes<br />
Kolostoma jedoch vermeidbar.
(aus S. Kahl, G. Kähler, A. Dormann. Interventionelle Endoskopie, Elsevier, München 2007)<br />
Literatur<br />
Greenall MJ, Quan SHQ, Stearns MW et al. Epidermoid<br />
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Gordon PH, Nivatvongs S (Hrsg.). Principles and<br />
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447–72. Quality Medical Publishing, St. Louis 1999.<br />
<strong>5.6</strong> <strong>Anorektale</strong> <strong>Erkrankungen</strong> 5<br />
Notaras M. Lateral subcutaneus sphincterotomy for<br />
anal fissure: a new technique. Pro R Soc.<br />
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of the anus, rectum and colon, pp. 1092–11. WB Saunders,<br />
London 1993.<br />
103<br />
I<br />
GASTROINTESTINALE ERKRANKUNGEN