Abszess, Fissur, Fistel - Enddarm-Zentrum Mannheim
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<strong>Abszess</strong>,Analfistel,Analfissur<br />
AndreasK.Joos,DieterBussen,AlexanderHerold<br />
veröffentlichtin: Allgemein-undViszeralchirurgieup2dateHeft042009:221-236<br />
Analabszesse und Analfisteln sind unterschiedliche Verlaufsformen ein und derselben<br />
Grunderkrankung, wobei der <strong>Abszess</strong> die akute Form, die <strong>Fistel</strong> die chronische Form darstellt. In<br />
Deutschlandgibtesca.15000<strong>Fistel</strong>erkrankteproJahr,dieRezidivrateliegtzwischen10und50%.<br />
Etwa90%aller<strong>Abszess</strong>eund<strong>Fistel</strong>nsindaufeineunspezifischeInfektionderrudimentärangelegten<br />
Proktodealdrüsen,amhäufigstenimBereichderhinterenKommissur,zurückzuführen.DieEinteilung<br />
der<strong>Abszess</strong>eund<strong>Fistel</strong>nrichtetsichnachderanatomischenLokalisationbzw.demVerlaufinBezug<br />
aufdieSphinktermuskulatur.<br />
Bei einem <strong>Abszess</strong> steht der akut zunehmende Schmerz, teilweise mit Fieber und ausgeprägtem<br />
Krankheitsgefühl im Vordergrund, abhängig von der jeweiligen Lokalisation. Die Symptomatik der<br />
<strong>Fistel</strong>nbestehtmeistinderSekretabsonderung.<br />
Beim Abzess ist eine operative Intervention mit ausreichender Entdeckelung der Entzündungshöhle<br />
dringlich, eine vorsichtige <strong>Fistel</strong>suche sollte sich anschließen. Die Therapieoptionen bei <strong>Fistel</strong>n sind<br />
vielfältig,jenachVerlaufundLokalisationderselben.Die<strong>Fistel</strong>spaltungstelltdasVerfahrenderWahl<br />
bei einfachen, distal gelegenen <strong>Fistel</strong>n dar. Die Therapie bei proximalen <strong>Fistel</strong>n sind der plastische<br />
<strong>Fistel</strong>verschluss und die primäre oder sekundäre Sphinkterrekonstruktion. Verfahren wie die<br />
Fibrinklebungundder<strong>Fistel</strong>plugbietenschlechtereErfolgsratenalsobigeTechniken.<br />
Eine Analfissur gehört zu den häufigsten proktologischen Erkrankungen; es besteht ein länglicher,<br />
ulkusartiger Defekt im Anoderm, meist in der hinteren Kommissur. Starke Schmerzen mit einer<br />
reaktivenVerkrampfungderMuskulaturundeinerMinderdurchblutungdesGewebesmündenineinen<br />
Circulusvitiosus,derdieNeigungzudemchronischenKrankheitsverlauferklärt.<br />
Alleine aufgrund der anamnestischen Angaben sind Analfissuren mit den typischen,<br />
stuhlgangabhängigenSchmerzen,verkrampfterSphinktermuskulaturundBlutungenmeisteinfachzu<br />
erkennen.<br />
Basis jeder konservativen Therapie ist eine Stuhlregulierung. Neben der (wenig wissenschaftlich<br />
belegten) Dehnung mittels eines Analdilatators kommt im Wesentlichen eine „chemische<br />
Sphinkterolyse“ mit Nitropräparaten oder Kalziumantagonisten in Betracht mit Abheilungschancen in<br />
Höhevon50-70%.BeiVersagenderkonservativenTherapiewirdinDeutschlanddie<strong>Fissur</strong>ektomie<br />
(Ausschneidung der <strong>Fissur</strong> unter Mitnahme aller Sekundärveränderungen) bevorzugt mit<br />
Erfolgschancenvonüber90%.
<strong>Abszess</strong>eund<strong>Fistel</strong>n<br />
Definition. Analabszesse und Analfisteln sind unterschiedliche Verlaufsformen ein und derselben<br />
Grunderkrankung.Meistensistder<strong>Abszess</strong>auslösendfürdasLeidenundstelltdieakuteFormdar,die<strong>Fistel</strong>ist<br />
inderRegeldiesekundäreFolgeundsomitdiechronischeFormderEntzündung.<br />
Inzidenz. Man geht davon aus, dass etwa 2 % aller Menschen im Laufe ihres Lebens eine perianale<br />
Abszedierungoder<strong>Fistel</strong>ungerleiden.BeiAnalfistelnistinEuropaproJahrvon18Erkrankungenauf100000<br />
Einwohnerauszugehen,wasca.15000<strong>Fistel</strong>erkranktenproJahrinDeutschlandentspricht.Zwarhandeltessich<br />
zumindest beim <strong>Fistel</strong>leiden um keine lebensbedrohliche Erkrankung, allerdings ist diese für die Betroffenen<br />
nichtzuletztaufgrundeinerRezidivratezwischen10und50%durchausbelastend.<br />
Anorektale<strong>Abszess</strong>eund<strong>Fistel</strong>nsindbeimManndreimalhäufigeralsbeiderFrau.<strong>Abszess</strong>esindzwischendem<br />
20.und40.Lebensjahrund<strong>Fistel</strong>nzwischendem20.und50.Lebensjahramhäufigsten.<br />
Ätiopathogenese<br />
BereitsHippokrateshatdasanale<strong>Fistel</strong>leiden380v.Ch.erstmaligbeschriebenundhierauchdieFadentherapie<br />
erwähnt.Etwa90%aller<strong>Abszess</strong>eund<strong>Fistel</strong>nsindaufeineunspezifischeInfektionderimIntersphinktärraum<br />
nurnochrudimentärangelegtenProktodealdrüsenzurückzuführen,amhäufigstenimBereichderhinteren<br />
Kommissur.UrsächlichsindwohlbakterielleInfektionenmiteinernachfolgendenAbflussbehinderungin<br />
RichtungderKrypten.DieserPrimärabszesstrittklinischoftnichtinErscheinungundkannentwederspontan<br />
wiederabheilenodersichüberdieKrypteindenAnalkanalentleeren.WennsichdieInfektionallerdingsihren<br />
WegentlangvorgegebenerSpalträumeintersphinkär(amhäufigsten),submukös,subanodermal,transsphinktär<br />
odergarsuprasphinktärbahnt,resultiertderklinischimponierendeSekundärabszess.Beidiesemeigentlichen<br />
periproktalen<strong>Abszess</strong>isteinespontaneRückbildungnichtmehrmöglichundeskommtunbehandeltjenach<br />
LagezurPerforationindasRektum,indenAnalkanalodernachaußen.<br />
Einteilung<br />
Einteilung<strong>Abszess</strong>e<br />
DiefolgendeEinteilungder<strong>Abszess</strong>eistfürdiePraxisempfehlenswert;sieorientiertsichandenanatomischen<br />
Strukturen(Abb.1u.Tab.1).<br />
Tabelle1<strong>Abszess</strong>einteilung.<br />
� ArtdesAbsesses � Charakterisierung<br />
� ischiorektal � Die in der Ischiorektalgrube gelegenen <strong>Abszess</strong>e sind innen von der<br />
Sphinktermuskulatur, kranial vom Musculus levator ani und außen vom Sitzbein<br />
begrenzt.Siekönnenein-,aberauchdoppelseitigauftreten.<br />
� intersphinktär � Diese zwischen den beiden Sphinkteranteilen lokalisierten <strong>Abszess</strong>e<br />
imponieren häufig als inkomplette innere <strong>Fistel</strong>n. Da sie sich meist über die<br />
Ausführungsgänge der infizierten Proktodealdrüsen entleeren, kann sich bei der<br />
Untersuchung schwallartig Eiter entleeren; andere perforieren nach distal. Diese<br />
<strong>Abszess</strong>e können aber auch in den supralevatorischen Bereich aufsteigen und zu<br />
suprasphinktären<strong>Fistel</strong>nführen.<br />
� subanodermal/submukös � Solche <strong>Abszess</strong>e sind relativ selten, sie liegen oberflächlich zwischen<br />
Sphinkter und Anoderm bzw. Rektummukosa, somit wird zwischen subanodermalen<br />
undsubmukösen<strong>Abszess</strong>enunterschieden.BeieinersubkutanenAusdehnungkommt<br />
ursächlichaucheineanaleAcneinversainBetracht.<br />
� pelvirektal � DiesezwischenRektumwandundoberhalbderLevatormuskulaturgelegenen<br />
<strong>Abszess</strong>ewerdenauchalssupralevatorische<strong>Abszess</strong>ebezeichnet.<br />
Einteilung<strong>Fistel</strong>n<br />
Beidenanorektalen<strong>Fistel</strong>nwerdenjenachVerlauf5Typenunterschieden(Tab.2,Tab.3,Abb.1).Dieinnere<br />
(primäre) Öffnungistder Ausführungsgangeiner Proktodealdrüsebzw.einer Krypte. Dieäußere(sekundäre)<br />
Öffnungfindetsichmeistperianal.NachSpontanperforationindasRektumliegtdie(sekundäre)<strong>Fistel</strong>öffnung<br />
imoberenAnalkanalbzw.imunterenRektum. Zwei<strong>Fistel</strong>öffnungenperianalweisenaufeineHufeisenfistel<br />
hin,starkverzweigte<strong>Fistel</strong>nmitmehrerenÖffnungenwerdenalsFuchsbaufistelnbezeichnet.<br />
DieheutegebräuchlicheEinteilungderAnalfistelngehtaufdasJahr1959zurück.Stelznerhattebereitseine3teilige<br />
Einteilung in intramuskulären, transsphinktären und extrasphinktären <strong>Fistel</strong>verlauf beschrieben. Diese
Einteilung wurde von Parks 1976 erweitert, wobei neben Entstehungsort, Ort der inneren und äußeren<br />
<strong>Fistel</strong>öffnungvorallemder<strong>Fistel</strong>verlaufdieHauptkriteriensind.DieParks-Klassifikationunterscheidet4Typen<br />
mitweiterenUntergruppierungen(inter-,trans-,supra-undextrasphinktär),zusätzlichsolltendavonsubkutansubanodermalebzw.submukösverlaufende<strong>Fistel</strong>nabgegrenztwerden(Tab.2u.Tab.3).<br />
Tabelle2Parks-Klassifikationderanorektalen<strong>Fistel</strong>n:<br />
Artder<strong>Fistel</strong> Charakterisierung<br />
subkutan/<br />
subanodermal/<br />
submukös<br />
SieverlaufenunterderäußerenHaut,demAnodermbzw.derRektumschleimhautundsindhäufig<br />
dieFolgeeinerKryptitisodereiner<strong>Fissur</strong>.<br />
intersphinktär Dieintersphinktäre<strong>Fistel</strong>kommt -invielenPublikationen-vonallen<strong>Fistel</strong>nam häufigstenvor. In<br />
derMehrzahl handelt es sichumdistaleVerläufezwischeninnerem undäußerem Schließmuskel,<br />
nicht selten bei chronischen <strong>Fissur</strong>en. Sie können inkomplette Seitenäste nach proximal bis weit<br />
retrorektalhaben.<br />
Von der intersphinktären infizierten Proktodealdrüse breitet sich der Infekt auf Höhe der Linea<br />
dentataindenAnalkanalausoderzuranderenSeitenachperianal.DieseltenereAusbreitungnach<br />
kranial führt zu einer im oberen Analkanal blind endenden <strong>Fistel</strong>, ggf. mit einer chronischen<br />
<strong>Abszess</strong>höhle.SeltenwerdendieRektumwandoderderBeckenbodendurchbrochen.<br />
transsphinktär Am zweithäufigsten sind transsphinktäre <strong>Fistel</strong>n, die durch den inneren und äußeren<br />
Schließmuskelanteil (distal-transsphinktär, intermediär-transsphinktär, hoch-transsphinktär)<br />
verlaufenundimBereichderperianalenHautenden.DesöfterenfindensichblindeSeitenarmeim<br />
Intersphinktärraum nach proximal. Auch hier sind Ausbreitungen nach kranial mit einer blind<br />
endenden <strong>Fistel</strong> oder die diffuse zirkuläre Ausbreitung im Ischiorektalraum möglich, was zur<br />
AusbildungeineschronischenHufeisenabszessesodereinerHufeisenfistelführt.<br />
suprasphinktär Dieser sehr seltene <strong>Fistel</strong>typ aszendiert im Intersphinktärraum, umfasst den gesamten Musculus<br />
sphincteraniexternus,umbogenförmigüberdiePuborrektalisschlingeindieFossaischiorectaliszu<br />
gelangen und von dort zur äußeren Haut. Auch hierbei finden sich häufig blinde, von dem<br />
Hauptgang der <strong>Fistel</strong> nach proximal abzweigende Nebengänge, die suprasphinktär wiederum<br />
chronische <strong>Fistel</strong>höhlen verursachen. Manche Autoren differenzieren Externus vom proximal<br />
liegenden Puborektalis und beschreiben diesen <strong>Fistel</strong>typ als einen, der zwischen Externus und<br />
PuborektalisdieSphinktermuskulaturdurchdringt.<br />
extrasphinktär Diese <strong>Fistel</strong>n lassen sich dem vorliegenden Schema nicht zuordnen, weil sie nicht von einer<br />
Proktodealdrüse ausgehen und damit die sonst übliche Verbindung zum Analkanal in Höhe der<br />
Lineadentatafehlt;dieInfektursacheliegtmeistimPelvirektalraum(z.B.analerM.Crohn),häufig<br />
auch intraabdominell (z.B. perforierte Sigmadivertikulitis) oder sie sind Folge iatrogener<br />
Manipulationen.SieverlaufenvoneinerinnerenÖffnungoberhalbderLineadentatainderAmpulla<br />
rectidurchdenLevatorzuräußerenHaut.<br />
rektovaginalbzw.<br />
anorektovaginal<br />
Auch <strong>Fistel</strong>n vom Anorektum zur Scheide hin sind obigem Schema der suprasphinktären Gruppe<br />
zuzuordnen. AufgrundderunterschiedlichenAnatomiebeisehrkurzem Verlauf werdensiejedoch<br />
meist als eigene Gruppe betrachtet. Der häufigste Verlauf hat sein inneres Ostium an der Linea<br />
dentataundverläuftnachventro-proximalumdengesamtenExternusherumzumIntroitusvaginae.<br />
Die <strong>Fistel</strong> steigt somit vom Analkanal zum Rektum hin auf, weshalb sowohl der Terminus<br />
rectovaginal als auch anorectovaginal verwendet wird. Solche <strong>Fistel</strong>n sind oft Folge<br />
geburtstraumatischerLäsionenodereinesMorbusCrohn.<br />
Tabelle3Parks-Klassifikationderanorektalen<strong>Fistel</strong>n:<br />
� Typen � Untergruppierungen<br />
� TypI–intersphinktär � einfacheruntererVerlaufmithohemblindemVerlauf<br />
� mithohemblindemVerlaufundÖffnungrektal<br />
� mitÖffnungimRektumohneperianaleÖffnung<br />
� extrarektaleAusbreitung<br />
� TypII–transsphinktär � unkompliziert<br />
� TypIII–suprasphinktär � unkompliziert<br />
� zusätzlicherhoherblinderVerlauf<br />
� zusätzlicherhoherblinderVerlauf<br />
� TypIV–extrasphinktär � aufdemBodeneinerpelvirektalenEntzündung<br />
� sekundärnachTraumen,AnalfistelnoderanorektalenErkrankungen
Abb.1<strong>Abszess</strong>-und<strong>Fistel</strong>-Lokalisation.<br />
KlinischeSymptomatik<br />
KlinischeSymptomatikvon<strong>Abszess</strong>en<br />
Meist kommt es innerhalb weniger Tage zu intensiven, teils pochenden Schmerzen, teilweise mit Fieber und<br />
ausgeprägtemKrankheitsgefühl.DieSymptomatikistdabeiauchvondergenauen<strong>Abszess</strong>lokalisationabhängig.<br />
Entwickelt sich der <strong>Abszess</strong> zunächst nach kranial (ischiorektal, pelvirektal, supralevatorisch), sind die<br />
Beschwerden anfangs geringer ausgeprägt. Bei spontaner Perforation lassen die Schmerzen erheblich nach,<br />
klingenaberwegenderungenügendenDrainagenichtganzab.EinesolchePerforationkann(abhängigvonder<br />
ursprünglichenLokalisation)nachaußen,indenAnalkanaloderauchindasRektumerfolgen.Danachkommtes<br />
meist zu einer erneuten Sekretverhaltung mit erneuten Beschwerden. Nach einer spontanen Perforation (oder<br />
einerungenügendenchirurgischenInzision)des<strong>Abszess</strong>esverbleibtbzw.bildetsichofteineanorektale<strong>Fistel</strong>.<br />
Nur bei operativer <strong>Abszess</strong>eröffnung und korrekter (geübter) Entfernung der zugehörigen <strong>Fistel</strong> ist eine<br />
komplikationsloseAbheilungzuerwarten.<br />
KlinischeSymptomatikvon<strong>Fistel</strong>n<br />
ImGegensatzzuden<strong>Abszess</strong>enistdieklinischeSymptomatikanorektaler<strong>Fistel</strong>nwenigdramatisch.Meiststeht<br />
die unterschiedlich starke Absonderung eines eitrig-serösen Sekrets im Vordergrund, oft begleitet von einem<br />
Analekzem. Zwar ist durch Epithelialisierung der äußeren <strong>Fistel</strong>öffnung ein vorübergehender Sekretverhalt<br />
möglich, allerdings heilt die <strong>Fistel</strong> damit nicht aus und somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder<br />
aufbricht.<br />
Auch bei anorektalen <strong>Fistel</strong>n ist eine spontane Rückbildung nicht zu erwarten. Die rezidivierende,<br />
unterschiedlich starke Sekretion eines eitrig-serösen Sekrets ist Ausdruck eines chronisch-entzündlichen<br />
Infiltrats.Unbehandelt kann dieszueiner Ausdehnungder Erkrankung mitder potentiellenEntstehungneuer<br />
<strong>Abszess</strong>e und weiterer <strong>Fistel</strong>n führen. Dies kann in einer dauerhaften Beeinträchtigung und<br />
Funktionseinschränkung des Kontinenzorgans resultieren. Bei immunologischen Störungen können auch<br />
PhlegmonenmitseptischenunddamitlebensbedrohlichenZuständenauftreten.Ebensosind<strong>Fistel</strong>karzinomebei<br />
langjährigemVerlaufbeschrieben.
DiagnostischesVorgehen<br />
DiagnostischesVorgehenbei<strong>Abszess</strong>en<br />
Ein „reifer“ <strong>Abszess</strong> ist auf Grund der Anamnese, klinischer Symptomatik, Inspektion und Palpation nicht<br />
schwer zu diagnostizieren. Ischiorektale <strong>Abszess</strong>e zeigen bei oberflächlicher Lage meist eine rötlich livide<br />
VerfärbungmitdeutlichsichtbarerProminenz(Abb.2).Ausgedehnte<strong>Abszess</strong>ekönnenzueinerVerziehungder<br />
RimaaniführenundgelegentlicheineFluktuationaufweisen.ZuBeginnkannesschwierigsein,pelvirektale<br />
oderauchtiefeischiorektale<strong>Abszess</strong>esicherzudiagnostizieren.InsolchenFällenhilftoftdiebidigitalerektale<br />
UntersuchungmittastbarerSchwellungundauslösbaremDruckschmerzimAnalkanaloderimunterenRektum.<br />
Nur in ganz seltenen Fällen ist eine apparative Diagnostik mittels transanaler Endosonografie,<br />
transcutanerSonografieoderCTbzw.MRTdesBeckenserforderlich.<br />
Abb.2Anorektalabszess. Abb.3Analfistelbei8Uhr Steinschnitt-Lage(SSL)<br />
DiagnostischesVorgehenbei<strong>Fistel</strong>n<br />
Schwierigkeiten in der Diagnostik anorektaler <strong>Fistel</strong>n treten meist nur bei komplizierten Verläufen auf. Die<br />
häufigsten<strong>Fistel</strong>n(intersphinktärundtranssphinktär)lasseninderRegeleinegutsichtbare,äußere<strong>Fistel</strong>öffnung<br />
undimAnalkanaldieinnereÖffnungerkennen(Abb.3).<br />
Sondierung.NachderGoodsallschenRegelistderVerlaufdieser<strong>Fistel</strong>nmitäußererÖffnungunterhalbeiner<br />
Linie zwischen 3 und 9 Uhr in Steinschnittlage („analer Horizont“) überwiegend bogenförmig und oberhalb<br />
davongradlinig(AusnahmenbestätigenaberauchhierdieRegel).BeidezenterEntzündunglässtsichmittels<br />
KnopfsondenderenVerlaufgutverfolgen.BeiausgeprägterEntzündungkanndieSondierungProblemebereiten<br />
und es besteht die Gefahr einer via falsa, welche dann oft zu komplizierten <strong>Fistel</strong>n führt. Besonders bei<br />
<strong>Fistel</strong>verläufenmitNebengängenisthieranzudenken.SomitsollteniemalseineSondierungerzwungenwerden.<br />
InderLiteraturwirdübereineRatevonca.einemDrittelsondierbarer<strong>Fistel</strong>nimAkutstadiumberichtet.<br />
Bildgebung. Eine radiologische Darstellung von <strong>Fistel</strong>n mit Kontrastmittel (Fistulografie) ist obsolet, da es<br />
lediglichdie<strong>Fistel</strong>,nichtjedochdendreidimensionalenVerlaufdarstellt.Isteinepräoperative<strong>Fistel</strong>darstellung<br />
überhaupt notwendig, so kommen heute die Endosonografie oder Kernspintomografie in Betracht, im<br />
Wesentlichenbeikomplexen<strong>Fistel</strong>nundRezidiven.BeideVerfahrensindinhohemMaßeuntersucherabhängig,<br />
sonst aber gleichwertig, wobei die Endosonografie deutlich billiger ist und auch intraoperativ durchgeführt<br />
werdenkann.DadieBildgebungaberimmeraufdenPatientenprojeziertwerdenmussundeinerInterpretation<br />
unterliegt, wird in der täglichenPraxis eine Untersuchung inNarkosepräferiert,dieser muss heute von allen<br />
diagnostischenMethodenderhöchsteStellenwerteingeräumtwerden.<br />
Differenzialdiagnostik<br />
Neben einer primären Infektion der Proktodealdrüsen muss differenzialdiagnostisch auch an einen Morbus<br />
Crohn gedacht werden, denn 10–30 % dieser Patienten haben ihre Erstmanifestation im Analbereich. Diese<br />
<strong>Abszess</strong>e und <strong>Fistel</strong>n sind oft im Gegensatz zu den vorbeschriebenen Verläufen an keinerlei vorgegebene<br />
OrganstrukturengebundenundtretendamitwahllosinallenSektorendesAnalkanalsoderRektumsauf.
Bei der Akne inversa treten gelegentlich teils großflächige, multiple, oft konfluierende Abszedierungen mit<br />
meistzahlreicheneiternden<strong>Fistel</strong>öffnungenauf,i.d.R.ohneeineVerbindungzumAnalkanaloderRektum.<br />
DieLokalisationeinesPilonidalsinusinunmittelbarerNähederRimaanilässtdifferenzialdiagnostischselten<br />
Zweifelaufkommen,auchwenndieserineinerakutabszedierendenoderchronischfistelndenFormauftreten<br />
kann.<br />
Wesentlichseltener (1–3%)sind beiderTuberkulose perianale<strong>Fistel</strong>nzuerwarten, welche wohlvoneiner<br />
KontaminationderProktodealdrüsendurchverschluckteTuberkelbakterienausgehenundsomitschwervonden<br />
klassischen<strong>Fistel</strong>nzuunterscheidensind.<br />
TherapeutischesVorgehenbei<strong>Abszess</strong>en<br />
Indikationsstellung.Einanorektaler <strong>Abszess</strong>stellteinedringlicheOP-Indikationdar,weilimmerdieGefahr<br />
einerProgressionindieumliegendenStrukturenund–wennauchselten–dieGefahreinerlebensbedrohlichen<br />
Sepsisbesteht.<br />
Vorgehen.DahersolltegrundsätzlichunverzüglichnachDiagnosestellunggespaltenundausreichenddrainiert<br />
werden. Auch eine zeitliche Verzögerung durch Abwarten bis zum Eintritt einer Fluktuation oder eine<br />
probatorische Therapie mit „Zugsalbe“ sind nutzlos und falsch, ebenso wie alleinige Antibiotikagaben. Eine<br />
ergänzende Therapie mit Antibiotika bleibt Ausnahmefällen vorbehalten (z. B. pararektale Ausdehnung,<br />
Immunsupression oder septische Begleitreaktionen). Die Einlage von Drainagen bzw. Kathetern ist nur bei<br />
wenigenSonderfällensinnvollundalleineauchbeieinemunkomplizierten<strong>Abszess</strong>nichtausreichend.<br />
BeiOperationenaufgrund einesanorektalen <strong>Abszess</strong>es solltein gleicher Sitzung nach der Ursachegefahndet<br />
werden. Wird eine <strong>Fistel</strong>verbindung zum Analkanal gefunden, so wird diese entweder primär saniert oder<br />
zunächst mit einem Faden zur Drainage versehen, um später endgültig versorgt zu werden. Auf brüske<br />
ManipulationsolltewegenderGefahreinerviafalsaverzichtetwerden.<br />
TherapeutischeMaßnahmen<br />
Exzision perianal. Kleinere perianale <strong>Abszess</strong>e können oft als Erstmaßnahme ambulant eröffnet werden;<br />
allerdings muss unbedingt eine ausreichende Drainage bzw. vollständige Entdeckelung erreicht werden; die<br />
Wundeheiltanschließendsekundäraus.<br />
EntdeckelungimAnalkanal.Einintersphinktärer<strong>Abszess</strong>wirdaufGrundderoftperianalfehlendentypischen<br />
RötungundSchwellungvielfachzuspätfestgestellt;eristmeistnuraneinemakuten,heftigen,imAnalkanal<br />
lokalisierten Schmerz zu erkennen. Bei Zweifeln empfiehlt sich zunächst die Untersuchung in Narkose und<br />
anschließend eine komplette Entdeckelung der <strong>Abszess</strong>höhle - meist unter Mitnahme distaler Anteile des M.<br />
sphincteraniinternus.<br />
Entdeckelungnachrektal.BeieinerAusbreitungeinesintersphinktären<strong>Abszess</strong>esnachretrorektalhinmuss<br />
dieEntlastungindasRektumhineinerfolgen.HierzuistdiebreiteExzisionderRektumwandoftunumgänglich.<br />
Diesehatsozuerfolgen,dassmöglichstekeinenicht-ausreichend drainierteHöhlenzurückbleiben;auchhier<br />
kann eine partielle Durchtrennung, diesmal allerdings des proximalen Anteils des M. sphincter ani internus<br />
notwendigsein.<br />
Exzision tiefer ischiorektaler bzw. pelvirektaler <strong>Abszess</strong>e. Dehnt sich der <strong>Abszess</strong> in die Tiefe des<br />
ischiorektalenRaumesbzw.bisoderüberdenLevatoraus,somussauchhiereineausreichendeExzisionbzw.<br />
Entdeckelungdurchgeführtwerden.Problematischhierbeiist,dasseinerseitsmitdemVordringenindenBereich<br />
desBeckenbodensBlutgefäßeundNerven(A.u.V.oburatoria,N.pudendus)inerreichbareNäherücken und<br />
andererseitsvorallembeijeweilslateralerLokalisationdes<strong>Abszess</strong>eseineanatomischeEngebestehtzwischen<br />
Analkanal bzw. Rektum und seitlichem Sitzbeinknochen (Tuber ischiadicum). Dehnt sich eine <strong>Abszess</strong>höhle<br />
weitnachproximalausunddurchdringtdenmuskulärenBeckenboden,soliegthinterdem„Flaschenhals“M.<br />
levatoroftmalsnocheinegroßeEntzündungshöhle,dieschwierignachaußenzudrainierenist.Daheristauch<br />
hiereinebreiteDrainagenachdistalerforderlich.HilfreichkanndieEinlageeinesSpülkathetersoderggf.eines<br />
VAC-Schwammessein.<br />
TherapeutischesVorgehenbei<strong>Fistel</strong>n<br />
Indikationsstellung. Eine Analfistel stellt meist eine Indikation zur Operation dar, da Spontanheilungen nur<br />
extrem selten berichtet wurden und mit Rezidivabszessen gerechnet werden muss. Auch sind Malignome in<br />
lange bestehenden Gängen beschrieben. Das prinzipielle Ziel jeder <strong>Fistel</strong>chirurgie ist die Sanierung ohne
KontinenzeinbußeundohneRezidiv.DieoperativeMaßnahmeorientiertsichamVerlaufder<strong>Fistel</strong>undsomit<br />
derenBezugzumSphinkterapparat.<br />
Spaltung. Subanodermale, submuköse,subkutane,intersphinktäreund distale(flache) transsphinktäre<strong>Fistel</strong>n,<br />
die nur einen kleinen Anteil der Sphinktermuskulatur umfassen, können ohne Einschränkung der Kontinenz<br />
komplettgespaltenwerden.DieRezidivrateliegt weitunter10%,währenddieKontinenzstörungdirektvom<br />
AusmaßderSphinkterbeteiligungabhängt.HatmaninfrüherenJahrenzwischen50und65%desSphinktersim<br />
Sinne einer einfachen <strong>Fistel</strong>spaltung durchtrennt, ist man heutzutage deutlich zurückhaltender. Denn<br />
Langzeituntersuchungen nach <strong>Fistel</strong>spaltungen weisen noch nach Jahren eine nicht unerhebliche<br />
Kontinenzstörungnach.DadieErgebnissevon(sekundären)Sphinkterrekonstruktionenbeibereitsbestehender<br />
Inkontinenz eine ausbleibende Besserung in ca. 40 % aufweisen und die Ergebnisse einer primären<br />
Rekonstruktion bzw. eines plastischen <strong>Fistel</strong>verschlusses hinsichtlich der Inkontinenzrate deutlich besser<br />
abschneiden,bestehtderTrend,nurnochsehrdistaletranssphinktäre<strong>Fistel</strong>nzuspalten.<br />
Drainage.ImStadiumderakutenEntzündungbzw.beiVorliegeneines<strong>Abszess</strong>eswirdvorallembeibereits<br />
vorgeschädigtemSphinkterundbeiproximalen(hohen)transsphinktären,suprasphinktärenundextrasphinktären<br />
<strong>Fistel</strong>gängen, die wesentliche Muskelanteile betreffen, zunächst eine Fadendrainage durchgeführt. Im<br />
nichtentzündlichenStadium(ca.3MonatenachErstoperation)wirddannineinerzweitenSitzungdieendgültige<br />
<strong>Fistel</strong>sanierungmitExstirpationundVerschlussangestrebt.<br />
Risiken.Nochmalssolldaranerinnertwerden,imRahmenderakutenEntzündungkeinezubrüske<strong>Fistel</strong>suche<br />
oder ein „Bohren“ durchzuführen, denn im entzündlich veränderten, teils zundrigen Gewebe ist eine nicht<br />
vorhandene <strong>Fistel</strong> schnell „sondiert“. Kann problemlos eine ursächliche <strong>Fistel</strong> erkannt werden, sollte eine<br />
primäre Spaltung wirklich nur bei distalem und bei intersphinktärem Verlauf erfolgen. Da die Anatomie bei<br />
akut-entzündlichenVeränderungenmeistschwerzuerkennenist,stelltdieFadendrainageindiesemStadiumden<br />
weitaussichererenWegdarundistimZweifelderprimärenSpaltungimmervorzuziehen.<br />
Exkurs:AnaleCrohnfisteln<br />
Vorkommen.AnaleCrohnfistelnsindzu75%analogzudenanderen<strong>Fistel</strong>nkryptoglandulärenUrsprungsund<br />
folgen den typischen Verläufen. 25 % der Crohn-<strong>Fistel</strong>n halten sich allerdings nicht an die anatomischen<br />
StrukturenunddurchdringendiffusdestruierenddasGewebe.HierkommenallemöglichenVariationenvor,oft<br />
handeltessichumkomplexe<strong>Fistel</strong>nmitvielenNebengängenundäußeren<strong>Fistel</strong>öffnungen(Fuchsbau-<strong>Fistel</strong>n).<br />
Vorgehen. Ihre Therapie erfolgt prinzipiell ebenfalls entsprechend obigen Strategien. Da bedingt durch die<br />
GrunderkrankungeneinehoheRezidivratevorliegt,werdeninvielenFällenwiederholtechirurgischeEingriffe<br />
notwendig sein, um eine endgültige Abheilung zu erreichen; alleine deshalb sollte eine Schonung der<br />
Sphinktermuskulatur während des therapeutischen Vorgehens zentral sein. Vor allem muss vor einer<br />
rekonstruktiven <strong>Fistel</strong>sanierungdie systemische,abdominelleErkrankung kontrolliert werdenund dielokalen<br />
Verhältnisse müssen infektfrei sein. Bei komplexen <strong>Fistel</strong>n mit rezidivierenden Schüben ist die lockere<br />
LangzeitfadendrainageüberMonateundJahreeinevomPatienteni.d.R.sehrguttolerierteMaßnahme,dieeine<br />
Stomaanlageverhindertoderzumindestverzögernkann.<br />
Exkurs:Rekto-bzw.anovaginale<strong>Fistel</strong><br />
Eine Sonderform der anorektalen <strong>Fistel</strong> stellt die rekto- bzw. anovaginale <strong>Fistel</strong> dar. Sie wird analog obigen<br />
Prinzipien diagnostiziert und therapiert. Auf Grund ihrer Lage sind jedoch meist plastische Verfahren<br />
notwendig.BedingtdurchdenganzkurzenVerlaufunddasindiesemBereichfehlendeumgebendeBinde-und<br />
MuskelgewebedesSeptumrektovaginalesinddieErfolgsratenschlechteralsbeidenanderenAnorektalfisteln.<br />
Neben den im Folgenden erläuterten Maßnahmen (s. auch Box „Übersicht“) wie <strong>Fistel</strong>spaltung, plastischem<br />
<strong>Fistel</strong>verschluss,primärerSphinkter-Rekonstruktionund<strong>Fistel</strong>-PlugkommeninEinzelfällenbzw.beiVersagen<br />
dergenanntenMethodenauchandereTechnikeninBetracht,wiez.B.einedirekteSpaltungundeinein-oder<br />
zweizeitigerWiederaufbauderMuskulatursowiedieInterpositionvonMuskulatur(Gracilis-Plastik).<br />
<strong>Fistel</strong>spaltung<br />
Vorgehen.Dabeiwirddie<strong>Fistel</strong>übereinerliegendenSondegespaltenunddieWundeoffengelassen.Beider<br />
sehr ähnlichen Fistulektomie wird zusätzlich das dorsal liegende perifistuläre Narbengewebe exzidiert. Die<br />
Abheilungszeit beträgt zwischen 8 und 12 Wochen. Die Fistulotomie („lay open“) ist die einfachste der<br />
definitiven<strong>Fistel</strong>therapien.<br />
Entscheidungsfaktoren.WichtigistbeiderEntscheidungübereine<strong>Fistel</strong>spaltungdieBeantwortungderFrage,<br />
wievielSphinktermuskulaturgespaltenwerdendarfbzw.abwelchemGradSymptomederInkontinenzdrohen.<br />
DieseFrageistnichtpauschalzubeantworten,sondernmussanhandfolgenderFaktorenbeantwortetwerden:
� Geschlecht.DaderAnalkanalderFrauwesentlichkürzeristalsderdesMannes,solltenbeieinerFraunur<br />
weitdistalgelegene<strong>Fistel</strong>ngespaltenwerden.<br />
� Alter. Bei älteren Menschen kommt es zu einer zunehmenden Sklerosierung des Internus und die<br />
Muskelkraftinsgesamtläßtnach.Somitistauchhiereine<strong>Fistel</strong>spaltungnurbeiweitdistalgelegenen<strong>Fistel</strong>n<br />
indiziert.<br />
� <strong>Fistel</strong>lage. Bei Frauen ist die ventrale bzw. anteriore Muskelmasse insgesamt dünner ausgeprägt als der<br />
dorsalebzw.posterioreSphinkteranteil.<br />
� Prätherapeutische Sphinkterfunktion und <strong>Fistel</strong>rezidiv. Sind bereits <strong>Fistel</strong>-Operationen durchgeführt<br />
worden oder besteht bspw. bei einem M. Crohn ein bereits destruierter Sphinkter, so besteht mit jeder<br />
weiterenSphinkterdurchtrennungdieGefahreinerKontinenz-Verschlechterung.<br />
� EinfacherVerlaufoderkomplexe<strong>Fistel</strong>.Beieinfachem<strong>Fistel</strong>verlaufmitdistaler<strong>Fistel</strong>isteineSpaltung<br />
eher möglich als bei komplexen <strong>Fistel</strong>n mit Nebengängen oder ggf. mehreren Verbindungen in den<br />
Analkanalbzw.insRektum.<br />
� Nebenerkrankungen.NebenerkrankungenwiebeispielsweisederMorbusCrohn,Diarrhoenverschiedener<br />
ÄtiologieodervorausgegangeneBestrahlungensindzuberücksichtigen,weilsieeinennegativenEffektauf<br />
die Heilungsrate haben. Solche Nebenerkrankungen beeinflussen dann zusätzlich die Wahl des OP-<br />
Verfahrens,daz.B.beiüberwiegendbreiigemStuhlgangeinehöhereAnforderungandasKontinenzorgan<br />
resultiert.<br />
Risiken.JedeSpaltungeinerAnalfistel(mitAusnahmedersubmukösenundsubanodermalenbzw.subkutanen<br />
<strong>Fistel</strong>) gehtmiteinemgewissenSphinkterverlusteinher.Beiintersphinktären<strong>Fistel</strong>näußertsichdies–wenn<br />
überhaupt–nurgeringmitStuhlschmierenoderSekretabgang.<br />
Beitranssphinktären<strong>Fistel</strong>spaltungenkanneinehöhergradigeInkontinenzdieFolgesein,v.a.beiDurchtrennung<br />
von „zuviel“ Schließmuskel; eine Inkontinenz kann sich ggf. aber auch erst nach einigen Jahren langsam<br />
einstellen. Andererseits sorgt die komplette Offenlegung der entzündlichen Veränderungen für sehr niedrige<br />
RezidivratenmeistimeinstelligenProzentbereich.<br />
Rezidivrate. Die Entscheidung zwischen <strong>Fistel</strong>spaltung und sphinktererhaltender Operation ist manchmal<br />
schwierig. Die <strong>Fistel</strong>spaltung weist zwar kaum Rezidive (5-10 %) auf, birgt aber das Risiko einer<br />
Kontinenzminderung. Bei rekonstruktiven <strong>Fistel</strong>eingriffen sind die Rezidivraten höher, dafür das<br />
Inkontinenzrisiko geringer. Die alleinige Orientierung an präoperativen Manometriewerten ist völlig<br />
unzureichend,dadieManometrie-ErgebnissenichtmitderwirklichenKontinenzleistungkongruentsind(nicht<br />
nurdieSphinkterkraftistverantwortlichfürdieKontinenz).AmEndespieltnebeneinerBerücksichtigungder<br />
oben genannten Entscheidungskriterien für oder gegen eine <strong>Fistel</strong>spaltung die langjährige proktologische<br />
ErfahrungeineentscheidendeRolle,dieallerdingsschwermessbarist.<br />
Plastischer<strong>Fistel</strong>verschluss<br />
Vorgehen.HierbeiwirddasfisteltragendeGewebetrichterförmigaufdenSphinkterhinunterErhaltdesselben<br />
exzidiertunddieMuskulaturamDurchtrittdurchdenAnalkanalvonsämtlichem<strong>Fistel</strong>gewebebefreit.Danach<br />
erfolgt der Verschluss der inneren <strong>Fistel</strong>öffnung mittels Muskelnaht. Die zusätzliche Deckung des inneren<br />
DefekteswirddurcheinenlokalenVerschiebelappen(sog.„Flap“)gewährleistet,umhierdurcheineSchonung<br />
derMuskelnahtzuerreichen.JenachverwendetemGewebeunterscheidetman:<br />
� Mukosa-Flap<br />
� Mukosa-Internus-Flap<br />
� Vollwand-Flap<br />
� inseltenenFälleneinendistalgestieltenAnoderm-Flap.<br />
Somitwirddieinnere<strong>Fistel</strong>öffnunginder„Hochdruckzone“kulissenartigverschlossen(Abb.4).DieseMethode<br />
stelltzunehmenddenEingriffdererstenWahlbeihöhergelegenen<strong>Fistel</strong>ndar.
Abb.4Plastischer<strong>Fistel</strong>verschluss.<br />
Rezidivrate. Die Ergebnisse haben sich in den letzten Jahren etabliert und liegen bei einer langfristigen<br />
Rezidivrate zwischen 20 und 40 %, abhängig von Selektion und dem Anteil der Crohn-Patienten. Eine<br />
unmittelbareNahtinsuffizienztrittinbiszu30%derFälleauf.DieInkontinenzratenbewegensichum20%für<br />
erst-undzweitgradigeInkontinenz,einedrittgradigeInkontinenztrittseltenauf.<br />
PrimäreSphinkter-Rekonstruktion<br />
Vorgehen. Bei dieser Methode erfolgt zunächst die komplette Exzision des <strong>Fistel</strong>gangs bis an den<br />
Schließmuskel heran. Danach wird der betroffene Muskelanteil gespalten und von sämtlichem <strong>Fistel</strong>gewebe<br />
debridiertbzw.der<strong>Fistel</strong>grundexzidiert.EserfolgtdanndiesofortigeRekonstruktiondesSphinkterapparates<br />
durch End-zu-End Naht von Externus, Internus und Anoderm bzw. Mukosa. Die äußere Wunde bleibt zum<br />
Sekretabflussweitoffen(Abb.5).<br />
Abb.5FistulektomiemitprimärerSphinkter-Rekonstruktion.<br />
Risiken und Chancen. Obwohl erste Beschreibungen der Methode bereits 1985 vorlagen, konnte sie sich<br />
zunächstnichtdurchsetzen,auchbisherexistierennurwenigeStudienhierzu.Ursächlichhierfüristzumeinen<br />
dieBefürchtung,dassdieWundheilungdesgenähtenSchließmuskelsdurchdieKontaminationunddieständige<br />
Muskelspannungbeeinträchtigtwird,zumanderenbestehtbeieinergestörtenWundheilung(mitderFolgeeiner<br />
kompletten Sphinkter-Naht-Dehiszens) möglicherweise die Gefahr höhergradiger Inkontinenz. Allerdings<br />
bestehtimGegensatzdazugeradebeiPatientenmiteinerpräoperativbestehendenInkontinenzdieChance,diese<br />
durcheineSchließmuskelnahtwiederumzuverbessern.<br />
Rezidivrate. Diese liegen zwischen 5 und 15% und sind damit ggf. sogar besser als die Ergebnisse des<br />
plastischen<strong>Fistel</strong>verschlusses.DieDehiszensrateliegtzwischen5und10%mitdeutlicher Abhängigkeitvom<br />
AusmaßderrekonstruiertenMuskulatur.
<strong>Fistel</strong>-Plug<br />
Definition. Beim <strong>Fistel</strong>plug handelt es sich um ein konisch geformtes Implantat aus gereinigter<br />
Schweinemukosa, dasohneweiterechirurgischeTherapieindie<strong>Fistel</strong>eingebrachtunddurchNahtfixiertwird.<br />
Vorgehen. DerPlugwirdvonderinnerenÖffnungmittelseinesFadensindie<strong>Fistel</strong>eingezogen,biserfest<br />
sitzt;danachwirdderüberstehendeAnteilinnenundaußenabgeschnittenundmittelsresorbierbarerNahtander<br />
Internusmkulatur im Bereich der inneren Öffnung fixiert. Unklar ist, ob ein Verschluss von Mukosa und<br />
Submukosa analog eines Flaps über dem Plug vorteilhaft ist. Ebenso unklar ist die Notwendigkeit einer<br />
präoperativenDarmspülung,einerAntibiotikaprophylaxeodereinerpostoperativenNahrungskarenz.Die<strong>Fistel</strong><br />
wirdlautOriginalverfahrenvorhermiteinerWasserstoffperoxidlösunggespült,obwohlWasserstoffperoxideine<br />
toxischeWirkungaufintakteZellenhat,wieausderWundtherapiebekanntist.AuchaufeineKürettageoderein<br />
Debridementsollverzichtetwerden,dadieseden<strong>Fistel</strong>gangerweiternwürde;dieswidersprichtallerdingsden<br />
bisherigenErfahrungender<strong>Fistel</strong>therapie,dassnämlichsämtliche<strong>Fistel</strong>resteentferntwerdensollten.<br />
Anwendung. Laut einer Konsensus-Konferenz in 2007 sind transsphinktäre, suprasphinktäre und<br />
extrasphinktäre<strong>Fistel</strong>n für dasPlug-Verfahren geeignet.Unkomplizierteintersphinktäre<strong>Fistel</strong>n,rektovaginale<br />
undpouchvaginale<strong>Fistel</strong>nsindaufgrundeineszukurzen<strong>Fistel</strong>gangesnichtgeeignet.DiePlug-Therapiesollte<br />
ähnlichdenanderenrekonstruierendenVerfahrennichtimentzündlichenStadiumerfolgen.<br />
Vor-undNachteile.VonVorteilistsichereinegeringeKomplikationsrate,eswirdlediglichübervereinzelte<br />
WundinfekteundspätereAbszedierungenberichtet.EineKontinenzbeeinträchtigungistdurchdenPlugnichtzu<br />
erwarten,dajaamSphinkter selbstpraktisch keinerlei Substanzdefekt herbeigeführt wird;außerdemist nach<br />
einemmißlungenenVersucheinanderesVerfahrenzum<strong>Fistel</strong>verschlussproblemlosmöglich.Nachteiligsind<br />
diehohenKostendesPlugs, dieimdeutschenDRG-SystemzumaktuellenStand in keiner Weiseabgebildet<br />
werden.<br />
Rezidivrate. In weiteren Studien mit höheren Fallzahlen, längeren Nachbeobachtungszeiten und eindeutigen<br />
DefinitionenvonRezidivundHeilungwirdsichderzukünftigeStellenwertderPlug-Technikzeigen.Kritischist<br />
anzumerken, dass die initialen Heilungsraten von ca. 85 % in den ersten randomisierten Studien nicht zu<br />
erreichenwaren,hierlagendieHeilungsratenunter30%.<br />
Fibrinklebung<br />
Vorgehen. Bei der Fibrinklebung wird, nach Behandlung des Akutstadiums mit Fadendrainage, im reizlosen<br />
Zustanddie<strong>Fistel</strong>inNarkosekürettiertundvonderäußeren<strong>Fistel</strong>öffnunghermitFibringefüllt,bisesausder<br />
inneren<strong>Fistel</strong>öffnunghervortritt.<br />
DieseMethodewirdinletzterZeitmitneuartigenFibrinklebernwiedervermehrtpropagiert,nachdemvor20<br />
Jahrenbereitseineähnliche Phaseinder <strong>Fistel</strong>therapiedurchlaufen wurde.Dieneuen autologenFibrinkleber<br />
(autologousfibrintissueadhesive =AFTA)zeichnensichdurcheinebesondersguteGewebehaftunggegenüber<br />
früher verwandten Klebern aus. Wahrscheinlich setzt eine erfolgreiche <strong>Fistel</strong>sanierung aber minimale<br />
Entzündungsaktivitäten voraus, um die <strong>Fistel</strong> zu verschließen, wozu die langzeitige Fadendrainage eine gute<br />
Vorbereitungwäre.<br />
Rezidivrate.IndenletztenJahrenwurdenofterstaunlichguteErgebnisseveröffentlicht,selbstbeikomplexen<br />
<strong>Fistel</strong>leiden.DiedurchschnittlicheRezidivrateliegtbei25-50%.AllerdingssinddieseErgebnissevorallemvon<br />
derDauerderNachbeobachtungundderDefinitiondes„Rezidiv“oderder„Heilung“abhängig.Einerealistische<br />
Heilungsrateliegtsomitsicherunter10-20%.<br />
Vor-undNachteile.PatientenmiteinemkomplexenoderRezidiv-<strong>Fistel</strong>leidenprofitierensicherseltenervon<br />
einerFibrinklebung.InStudienschnittbeieinemVergleichderFibrinklebungmiteinerchirurgischenSanierung<br />
die operative Therapie deutlich besser ab. Einziger Vorteil einer Fibrinklebung ist, dass es sich um ein<br />
risikofreies Verfahren handelt und keinerlei Beeinträchtigung des Sphinkters zu erwarten ist. Nachteilig sind<br />
nebenderhohenRezidivrateauchdiehohenKostenfürdenKleber.<br />
Langzeit-Fadendrainage<br />
Definition.DieEinlageeinesFadens(heutzutagesinddünneSilikon-Loopszubevorzugen)istinersterLinieals<br />
PlatzhalterfürspäteredefinitiveTherapienzusehen.<br />
Vorgehen.EinelangzeitigeFadendrainagestelltimGegensatzdazueineTherapieoptionfürausgewählteFälle<br />
anorektaler<strong>Fistel</strong>ndar,z.B.beiCrohn-<strong>Fistel</strong>n.SiehatdasZiel,innerhalbmehrererWochenbisMonateeine<br />
weitgehendeEpithelisierungdes<strong>Fistel</strong>eingangszuerreichen.Dazuwerdendie<strong>Fistel</strong>gänge–ggf.auchmehrere–
mit Silikonloops drainiert und die Enden zu einer lockeren Schlaufe verknotet. So wird durch ständiges<br />
OffenhalteneinSekretstauverhindert.DamitistinnahezuallenFällenmiteinerSymptomreduktionzurechnen<br />
(auchbeischonvoroperierten<strong>Fistel</strong>n),ohnedassdasSphinkterorganinMitleidenschaftgezogenwird.<br />
Therapieansätze, bei denen ein Faden die Fibrosebildung bewirken und somit zu einer Fixierung der<br />
Muskelstümpfe führen soll, damit diese bei einer anschließenden Spaltung nicht mehr auseinanderweichen<br />
können, haben sich nicht bewährt. Mehrere Autoren fanden bei transsphinktären <strong>Fistel</strong>n eine langfristige,<br />
höhergradigeInkontinenz,außerdemkonntedievermeintlicheFibrosebildunginkeinerStudiegenauerevaluiert<br />
werden.<br />
ObsoletesVerfahren.DieFadendrainagenachHypokrates(„cuttingseton“)istheuteobsolet.Hierwurdeein<br />
FadensofestumdenSchließmuskelgespannt,dasseinelangsameDurchtrennungdesSphinkterapparatsdurch<br />
das Fremdmaterial und eine gleichzeitige schrittweise narbige Verheilung der durchtrennten Muskelstümpfe<br />
resultieren sollte. Die hohen Inkontinenzrate (bis zu 75 %) und die starken Schmerzen während der<br />
wochenlangen Behandlung sind sicher nichtakzeptabel. Zudemhat die „langsame“Spaltung inden wenigen<br />
vorliegendenStudienkeineVorteilegegenüberdersofortigenkomplettenSpaltungzeigenkönnen.<br />
Analfissuren<br />
Vorbemerkungen<br />
Definition. Die Analfissur gehört zu den häufigsten proktologischen Erkrankungen und ist aufgrund ihrer<br />
klinischenSymptomatikmitdenimVordergrundstehendenoftintensivenSchmerzeneindrucksvoll.Eshandelt<br />
sich dabei um einen länglichen, ulkusartigen Defekt im Bereich des hochsensiblen Anoderms meist in der<br />
hinteren Kommissur. Die akute <strong>Fissur</strong> betrifft in der Regel nur das Anoderm. Als chronische <strong>Fissur</strong> werden<br />
solche bezeichnet, die mehr als 6–12 Monaten symptomatisch sind und schließlich zu einer tieferreichenden<br />
DestruktionbisindenSphincteraniinternusführen.<br />
Ätiopathogenese<br />
DemStuhlgangscheintbeidermultifaktoriellenGenesediegrößteBedeutungzuzukommen.Allerdingskann<br />
nichtnureinharterStuhlzumAuftretenvonAnalfissurenführen,sondernaucheinbreiigerbisdurchfallartiger<br />
Stuhl.Letztererkann<br />
� konstitutionellvorliegen,<br />
� FolgeeineschronischenLaxantienabususoder<br />
� Folgechronisch-entzündlicherDarmerkrankungensein.<br />
Voroperationen mit einem Elastizitätsverlust des Anoderms und mechanische Scherkräfte durch<br />
HämorrhoidenoderAnalpolypenscheinenebenfallsätiologischvonBedeutungzusein.Sokommtesselbstbei<br />
einerphysiologischenBeanspruchungdesAnalkanalsunterderDefäkationzuEinrissendesAnodermsmiteiner<br />
schlechtenAbheilungstendenz.<br />
Begünstigt wird dieser Krankheitsverlauf durch starke Schmerzen mit einer reaktiven Verkrampfung der<br />
MuskulaturundeinerMinderdurchblutungdesGewebes.DamithatsicheinCirculusvitiosusaufgebaut,derdie<br />
NeigungzuchronischenKrankheitsverläufenerklärt.<br />
Einteilung<br />
Akute Analfissur. Dieser Typ tritt meist mit einem plötzlichen Schmerzereignis auf, heilt allerdings in der<br />
MehrzahlderFälleinnerhalbwenigerTagewiedervonselbstab.<br />
Chronische Analfissur. Besteht eine Analfissur länger als 6–12 Wochen und/oder zeigen sich sog.<br />
Sekundärveränderungen als Ausdruck einer Chronifizierung (Vorpostenfalte bzw. Mariske, hypertrophe<br />
Analpapille, Anodermulcus, Randwall), so handelt es sich um eine chronische <strong>Fissur</strong>, die ohne adäquate<br />
Therapienichtvonselbstabheilt(Abb.6).
Abb.6ChronischeAnalfissurmitSekundärveränderungen.<br />
KlinischeSymptomatik<br />
Schmerzsympomatik.DietypischeSymptomatikbestehtinstuhlgangabhängigenSchmerzen,diewährendder<br />
Defäkationbereitsbeginnen,aberfastnochtypischerinein„Nachbrennen“amEndederDefäkationmünden,<br />
dasmehrereMinuten,aberauchStundenanhaltenkann.BeihäufigemStuhlgangsinddieBetroffenenkaumfrei<br />
vonSchmerzen.AndernfallsklingendieSchmerzenzumAbendundwährendderNachtmeistab,umsicham<br />
folgendenTagemitdemStuhlgangwiederneueinzustellen.<br />
Die ebenfalls typische schmerzbedingte Verkrampfung des Sphinkters macht eine digitale Untersuchung oft<br />
kaum möglich; Blut findet sich oft auf der Stuhlsäule oder am Toilettenpapier beim Säubern. Durch die<br />
AbsonderungvonWundsekretkannsichdanneinAnalekzembilden.<br />
Vorkommen. Analfissuren finden sich zu 80 % in der hinteren Kommissur, zu 10–15 % in der vorderen<br />
KommissurundseltenindenseitlichenSektoren.<br />
Akute<strong>Fissur</strong>en imponierenalsflachelängliche Defekte von0,5–1 cmLängeimBereichdes Anoderms.Der<br />
Wundgrundistanfangsblutigunterlaufenundspäterschmierigbelegt.AuffallendsindindiesemStadiumscharf<br />
begrenzteRänder.Immerwiederlassensichapikalder<strong>Fissur</strong>vertiefteKryptensondieren.<br />
ChronischeAnalfissurenerinnernaneinkallösesUlkusmitaufdemBodenquerverlaufenden,weißlichenFasern<br />
desMusculussphincteraniinternus.DieRändersindderbundaufgeworfenundoftunterminiert.Typischsind<br />
hypertrophierte Analpapillen und Mariskenals sogenannte Vorpostenfalten.Chronische <strong>Fissur</strong>en könnenzum<br />
Auftreteninkompletter,innerer<strong>Fistel</strong>nführen,dievomGrundder<strong>Fissur</strong>ausgehenund nachkaudalgerichtet<br />
sindundspäteraucheinen<strong>Abszess</strong> nachsichziehenkönnen.<br />
DiagnostischesVorgehen<br />
AlleineanamnestischsindAnalfissurenaufgrunddertypischen,stuhlgangabhängigenSchmerzen,verkrampfter<br />
Sphinktermuskulatur und Blutungen nach der Defäkation meist recht einfach zu diagnostizieren. Die<br />
Untersuchung ist aufgrund der Schmerzhaftigkeit oft unangenehm, lässt sich aber am besten mit dem analen<br />
SpreizspekulumunddurchUnterspritzender<strong>Fissur</strong>miteinemLokalanästhetikumerleichtern.MitSondenlassen<br />
sichmöglicheTaschen-und<strong>Fistel</strong>bildungenfeststellenunddieoftvertieftenKryptenbeurteilen.<br />
Beichronischen<strong>Fissur</strong>enistdieUntersuchungimAllgemeinenwenigerproblematisch,schonbeimSpreizender<br />
Nateskanndie<strong>Fissur</strong>ofterkanntwerden.BeiderdigitalenAustastungdesAnalkanalslässtsicheineRinnebzw.<br />
ein Ulkus tasten und die Untersuchung mit einem schmalen Analspreizspekulum ist im Allgemeinen schon<br />
ausreichendzurSicherungderDiagnose.<br />
Ein„Analspasmus“liegtzwarbeieinigenPatientenvor,jedochweisen19%derMännerund42%derFrauen<br />
einennormalenodererniedrigtenSphinktertonusauf.SphinkterdruckmessungenhabensomitbeiAnalfissuren<br />
keine Relevanz.<br />
Differenzialdiagnose<br />
<strong>Fissur</strong>artigeDefektefindensichzwarauchbeianderenanalenErkrankungen,beinhaltenabermeisteineandere<br />
klinische Symptomatik. Atypische <strong>Fissur</strong>en bei Morbus Crohn treten in allen Sektoren des Analkanals auf,<br />
führen jedoch selten zu Schmerzen und Sphinkterspasmus. Ähnlich zeigen sich fissurartige Läsionen bei der<br />
analen Lues. <strong>Fissur</strong>oide Defekte des Analkanalkarzinoms können wie bei der typischen <strong>Fissur</strong> mit<br />
stuhlgangabhängigen Schmerzen einhergehen. Häufig sind schmerzhafte radiär angeordnete Rhagaden und<br />
Erosionenbeimirritativ-toxischenAnalekzem.
TherapeutischesVorgehen<br />
Vorbemerkungen<br />
Wichtig isteine frühzeitige Unterbrechungdes vorliegendenCirculus vitiosus geradebeiakuten<strong>Fissur</strong>en,da<br />
sonsteineChronifizierungzubefürchtenist,waszwarzuwenigerdramatischenBeschwerdenführtundsogarzu<br />
völligbeschwerdefreienIntervallen,aber auchzueiner fehlenden Abheilungder <strong>Fissur</strong>.Somitkannjederzeit<br />
eineakuteExazerbationundabszedierende<strong>Fistel</strong>erkrankungauftreten,womitinderFolgeeineGefahrfürdas<br />
Kontinenzorganentsteht.<br />
KonservativeTherapie<br />
Basis jeder konservativen Therapie ist immer eine Stuhlregulierung (z. B. ballaststoffreiche Ernährung) und<br />
ausreichendeTrinkmenge(mind.2l/Tag).<br />
ProtrahierteDehnung/Analtampons.InderVergangenheitwurdeoftohneausreichendenBelegdietägliche<br />
Eigendehnung des Sphinkters mithilfe eines Analdehners und einer anästhesierenden Creme als Therapie<br />
indiziert,ergänztdurchdieanschließendeApplikationähnlichwirkenderAnaltampons.<br />
Bei weniger schmerzhaften <strong>Fissur</strong>en kann die tägliche Applikation von Analtampons bzw. Sphinkterdehnung<br />
auchohneeineinitialeLA-Infiltrationerfolgen.<br />
Chemische Sphinkterolyse. Unter demBegriff chemische Sphinkterolyse werden alle Substanzen summiert,<br />
welcheeinenrelaxierendenEffektaufdenM.sphincteraniinternushaben.DreiSubstanzklassenbewirkendies:<br />
� Glyceroltrinitrat bzw. Glyceroldinitrat. Trinitratpräparate werden bei lokaler Applikation in einer<br />
Konzentration von 0,1–0,4 % (Dinitrate 1 %) im Musculus sphincter ani internus und externus zu<br />
Stickstoffmonoxid(NO)metabolisiertundwirkenletztlichalsinhibitorischerNeurotransmitter;sowirdder<br />
Sphinktertonus reduziert, die anodermale Durchblutung verbessert und damit die Voraussetzung zum<br />
Abheilender<strong>Fissur</strong>geschaffen.DieSubstanzwirdalsSalbe2–3-maltgl.perianalaufgetragen.Häufigste<br />
Nebenwirkung sind Kopfschmerzen, die aber meist innerhalb der ersten Tage unter Anwendung<br />
verschwinden.<br />
� Ca-Antagonisten. Kalzium-Antagonisten (z.B. Diltiazem oder Nifedipin) wirken hemmend auf die<br />
MigrationvonKalziumindieMuskelzelle,wasebenfallsineinerRelaxationdesSphincterinternusmündet.<br />
Auch hier wird die Substanz (2 %ige Konzentration) als Salbe 2–3-mal tgl. perianal aufgetragen.<br />
NebenwirkungensindbeiderAnwendungbei<strong>Fissur</strong>enbishernichtbekannt.<br />
� Botulinumtoxin.DieseSubstanzisteinbakteriellesToxinvonClostridiumbotulinum.Beiintramuskulärer<br />
Verabreichung wird es von den motorischen Nervenendigungen aufgenommen und bewirkt über eine<br />
Hemmung der Acetylcholinausschüttung eine etwa 3-monatige Muskellähmung. In dieser Zeit kann die<br />
<strong>Fissur</strong>dannabheilen.In12%derFälleistmiteinerpassagerenEinschränkungderSchließmuskelfunktion<br />
zurechnen.NachteiligsinddiehohenKostensowiedieoftalsschmerzhaftempfundeneInjektioninden<br />
Sphincterinternus.<br />
Ergebnisse.DieprotrahierteSphinkterdehnungmiteinemAnaldehnerführtbeiakutenAnalfissureninca.90%<br />
zur Abheilung, allerdings ist auch in über 50 % mit einer Spontanheilung zu rechnen. Die Behandlung mit<br />
Glyceroltrinitrat und Diltiazem zeigt ähnliche Ergebnisse. Nicht nur akute, sondern auch chronische<br />
Analfissurenlassensichsoerfolgreichbehandeln.HierwerdenAbheilungsratenzwischen50und70%erreicht.<br />
DiesepositiventherapeutischenEffektevonGTNgehenmiteinernachweisbarenReduktiondesSphinktertonus<br />
undeinerverbessertenDurchblutungparalleleinher.<br />
Unterschiedliche Konzentrationen gerade bei Glyceroltrinitrat sind eher für verstärkte Nebenwirkungen<br />
(Kopfschmerzen,SynkopaleAnfälle)verantwortlich,aufdieAbheilungsratehabensiekeinennachgewiesenen<br />
Einfluss. Insbesondere auf den <strong>Fissur</strong>schmerz haben Nitropräparate einen signifikant besseren Effekt als<br />
Placebo.<br />
BeiderVerwendungvonBotulinumtoxinzurBehandlungvonAnalfissurenzeigensichähnlicheResultate;hier<br />
scheinteinehöhereDosierung(25unitsstatt15units)zueinerinsgesamteffektiverenLangzeitwirkungführt.<br />
Von Bedeutung ist auch der Ort der Injektion. Die Applikation links und rechts des Analkanals führt bei<br />
posteriorenAnalfissurenzubesserenAbheilungenundeinerlängerenMuskellähmungalsbeiderInjektionim<br />
BereichderhinterenKommissur.<br />
Die Therapiedauer mit Glyceroltrinitrat oder Diltiazem-Salbe sollte mind. 6–12 Wochen betragen, bei<br />
ausbleibenderkompletterAbheilungkannein2.Zyklusangeschlossenwerden.<br />
<strong>Fissur</strong>en mit hypertrophierten Analpapillen, Vorpostenfalten oder unterminierten narbigen Rändern können<br />
durchkonservativeBehandlungsmaßnahmenoftnichtausreichendsaniertwerden.<strong>Fissur</strong>enmitAnalfisteloder<br />
garakuten<strong>Abszess</strong>ensolltenprimäreineroperativenTherapiezugeführtwerden.
OperativeTherapie<br />
Indikation.EineOperationder<strong>Fissur</strong>istindiziert,wennkonservativeTherapiennichtzumErfolggeführthaben<br />
oder Sekundärveränderungen wie hypertrophierte Analpapillen mit vertieften Krypten, unterminierte<br />
Vorpostenfaltenodereine<strong>Fistel</strong>des<strong>Fissur</strong>grundeseineAbheilungnichtzulassen.3Verfahrenstehenprinzipiell<br />
zurVerfügung:<br />
� lateraleSphinkterotomienachNotarasoderParks<br />
� medianeoderposterioreSphinkterotomienachEisenhammer<br />
� <strong>Fissur</strong>ektomienachGabriel(Abb.7)<br />
Abb.7<strong>Fissur</strong>ektomie.<br />
Alle3Verfahrenkönnenambulant,bisweileninLokalanästhesiedurchgeführtwerden.<br />
Bei der lateralen Sphinkterotomie wird der kaudale Rand des Musculus sphincter ani internus links-lateral<br />
inzidiertunddie<strong>Fissur</strong>kannüberdensoreduziertenTonusabheilen.DerEingrifflässtsichoffen(Parks)oder<br />
geschlossen (Notaras) vornehmen. Die eigentliche <strong>Fissur</strong> mit ihren sekundären Veränderungen und eventuell<br />
vorhandener vertiefter Krypte sollte gleichzeitig exzidiert werden, in der Originaltechnik wurde hierauf<br />
allerdingsverzichtet.<br />
Bei der <strong>Fissur</strong>operation nach Eisenhammer wird mit der Exzision der <strong>Fissur</strong> und ihren<br />
SekundärveränderungeneinetiefeSphinkterotomieimBereichder<strong>Fissur</strong>vorgenommen.Nachteiligisthierdie<br />
MöglichkeiteinessogenanntenSchlüssellochdefektes,derdanndieFeinkontinenzbeeinträchtigt.<br />
<strong>Fissur</strong>ektomie.GabrielhatunterdiesenGesichtspunktenaufdietiefeSphinkterotomieverzichtetundnurdie<br />
<strong>Fissur</strong>unddiechronischenVeränderungenwieVorpostenfalten,hypertrophierteAnalpapillen,vertiefteKrypten<br />
undNarbenränderbeseitigt,waszugleichgutenResultaten,aberwenigerNebenwirkungenführte.DieWunde<br />
soll sekundär heilen, eine Naht ist kontraproduktiv. In Verbindung mit einer vorsichtigen manuellen<br />
SphinkterdehnunginentsprechenderAnästhesiewirddieseOperationvorwiegendimnicht-angloamerikanischen<br />
Raumangewandt.Grundhierfürist,dassdielateraleSphinkterotomieeingrößeresRisikofüreinenachJahren<br />
auftretende(Fein-)Inkontinenzbeinhaltet.<br />
Postoperativ ausreichende Analgesie und lauwarme Sitzbäder haben einen günstigen Einfluss auf die<br />
SchmerzenunddieneneinergründlichenWundreinigungnachdemStuhlgang.Anschließendempfiehltessich,<br />
denAfterunddieWundevorsichtigtrockenzutupfenundkleineMullvorlagenzwischendenGesäßhälftenzu<br />
tragen.DamitbeugtmandurchdasWundsekretbedingtenAnalekzemenvor.DerStuhlsolltenichtzuweich<br />
sein,sonstverzögertsichdieWundheilung.<br />
DiechirurgischeVersorgungchronischerAnalfissurenführtzubesserenResultaten,alsessichaufkonservative<br />
Weisebzw.miteinerchemischenSphinkterolyseerreichenlässt.DieErfolgsrateliegtbeica.95%.
ZumWeiterlesenundVertiefen<br />
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Korresponenzadresse<br />
Dr.med.AndreasK.Joos<br />
End-undDickdarm-<strong>Zentrum</strong><strong>Mannheim</strong><br />
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