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Ausgabe 11 / 2008 - BankPraktiker

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führen darf. Damit findet die Verlagerung auf<br />

den offenen Stellvertreter darin ihre Grenze<br />

insoweit, als es aus der Sicht des Auslagerungsunternehmens<br />

um die Verlagerung von Entscheidungen<br />

auf den externen Dienstleister<br />

geht. Nun ist zunächst kein Kreditprozess vorstellbar,<br />

der ohne Entscheidungen abläuft. Die<br />

Entscheidungen müssen also aus der Sicht des<br />

Auslagerungsunternehmens gedanklich einem<br />

unterschiedlichen Wertmaßstab zugeordnet<br />

werden. Abzugrenzen sind die rein vorbereitenden<br />

Entscheidungen, die Vollzugshandlungen<br />

zu bereits getroffenen Entscheidungen<br />

bis hin zu Grundlagenentscheidungen. Innerhalb<br />

dieser Kategorisierung finden im Kreditvergabeprozess<br />

Entscheidungen unterschiedlicher<br />

Granularität und unterschiedlicher Risikobedeutung<br />

für das Auslagerungsunternehmen statt.<br />

1. Offene Stellvertretung<br />

Die Übertragung von Vertretungsbefugnissen<br />

auf Dritte als sog. offene Stellvertretung, ist<br />

grundsätzlich zulässig, soweit dies nicht gegen<br />

das Gesetz, den jeweiligen Gesellschaftsvertrag<br />

oder die jeweilige Satzung verstößt. Erbringt<br />

das Auslagerungsunternehmen in diesem Kontext<br />

Leistungen für das lizenzierte Institut, benötigt<br />

der Dienstleister nicht einmal eine Erlaubnis<br />

nach § 32 KWG 12 . Etwas anderes gilt, wenn<br />

das Auslagerungsunternehmen Bankleistungen<br />

i. S. von § 1 KWG erbringt, dann ist die Erlaubnis<br />

nach § 32 KWG erforderlich, nur die Anlage- und<br />

Abschlussvermittler unter der Haftung des Instituts<br />

benötigen keine KWG-Erlaubnis. Die Verlagerung<br />

von Entscheidungen über die Begründung<br />

neuer oder die Veränderung bestehender<br />

bankspezifischer Risiken auf den offenen Stellvertreter<br />

ist damit zulässig, wenn hierdurch die<br />

Fähigkeit der Geschäftsleitung zur angemessenen<br />

Risikosteuerung nicht unterlaufen wird.<br />

Bezieht man diese Vorgaben auf den Untersuchungsgegenstand<br />

der „Kreditfabrik“ kommt<br />

man zu dem Ergebnis, dass die auf das Auslagerungsunternehmen<br />

verlagerten Rechte<br />

zur Begründung oder Veränderung bankspezifischer<br />

Risiken nur als zulässig angenommen<br />

werden können, soweit der Entscheidungsspielraum<br />

des Auslagerungsunternehmens<br />

durch exakt vorher bestimmbare und nachprüfbare,<br />

objektive, Beurteilungs­ und Entscheidungskriterien<br />

vorgegeben ist. Diese<br />

Kriterien müssen grundsätzlich dem Vergleich<br />

mit den institutsinternen Kriterien in vergleichbaren<br />

Entscheidungsfällen genügen. Die Verfahren<br />

müssen so ausgestaltet sein, dass das Auslagerungsunternehmen<br />

faktisch keine eigene<br />

Entscheidungskompetenz für grundlegende<br />

Entscheidungen in Kernbereichen hat. Kernbereiche<br />

sind diejenigen Arbeitsschritte, in<br />

denen Grundlagenentscheidungen des Instituts<br />

zu fällen sind, wie insbesondere individuelle<br />

Kreditentscheidungen, Stundungsvereinbarungen,<br />

Geschäfts- und Risikostrategien. Die<br />

Grundlagenentscheidungen in Kernbereichen<br />

müssen durch vom Institut fest vorgegebene<br />

Kriterien und objektiv nicht vom Dienstleister<br />

beeinflussbare Tatsachen vorgegeben sein 13 .<br />

Reine Vorbereitungshandlungen, z. B. eines<br />

Kreditsekretariats, für Grundlagenentscheidungen<br />

sind damit auch auslagerungsfähig.<br />

2. Standardisierbares Mengengeschäft<br />

Als zulässiger Auslagerungstatbestand im Kreditgeschäft<br />

i. S. einer externen „Kreditfabrik“<br />

verbleibt damit letztlich als Schwerpunkt nur<br />

standardisierbares Retail-Mengengeschäft, auf<br />

der Basis von scoring-basierten Ratingverfahren,<br />

das „maschinengleich“ auf der Basis von<br />

vorher durch das Institut bestimmten Entscheidungsmustern<br />

durch den Dienstleister abgewickelt<br />

werden kann.<br />

Das grundsätzlich leicht standardisierbare<br />

Retailgeschäft bietet sich dann für ein Outsourcing<br />

an, wenn die folgenden Elemente im<br />

Wesentlichen bereits im Vorfeld der Auslagerung<br />

vorhanden sind:<br />

ß<br />

ß<br />

ß<br />

Standardisierung: Sind die einzelnen Bearbeitungs-Cluster<br />

bereits stark standardisiert,<br />

so besteht ein hoher Reifegrad für ein mögliches<br />

Outsourcing.<br />

Zentralisierung: Werden die Leistungen<br />

eines standardisierten Clusters bereits<br />

durch eine zentrale Instanz im Unternehmen<br />

gesteuert, liegt ein hoher Reifegrad vor.<br />

Werden die Leistungen eines Clusters hingegen<br />

noch von vielen dezentralen Abteilungen<br />

geführt, ist der Reifegrad der Organisation<br />

für das Outsourcing eher gering.<br />

Prozessverzahnung: Hierbei muss die Durchdringung<br />

der kernkompetenznahen Prozesse<br />

des Unternehmens durch die Leistungen<br />

des zuständigen Bereichs beurteilt werden.<br />

Je höher die individuelle Verzahnung der<br />

<strong>11</strong> / <strong>2008</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />

Beitrag<br />

» Als zulässiger<br />

Auslagerungstatbestand<br />

im Kreditgeschäft<br />

verbleibt<br />

als Schwerpunkt nur<br />

standardisierbares<br />

Retail­MengengeRetail­Mengengeschäft<br />

auf Basis von<br />

scoring­basierten<br />

scoring­basierten<br />

Ratingverfahren. «<br />

12 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 25 a KWG,<br />

2. Aufl. 2004, Rdn. 580.<br />

13 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 25 a KWG,<br />

Rdn. 583.<br />

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