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Der einsame Felix Sturm - BoxSport

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Daniel Geale:<br />

Ein Wolf im Schafspelz<br />

Australier hat in seinem Kampfrekord nur eine Niederlage<br />

Wolf im Schafspelz? Bei der Pressekonferenz in<br />

Oberhausen wirkte es fast so, als wollte sich Daniel<br />

Geale hinter seinem Gürtel verstecken<br />

Daniel Geale wirkt<br />

schüchtern, als er das<br />

Podest zur Pressekonferenz<br />

in der König-Pilsener-Arena<br />

in Oberhausen betritt.<br />

<strong>Der</strong> 31 Jahre alte IBF-Weltmeister<br />

im Mittelgewicht blickt<br />

scheu durch die Runde von<br />

Journalisten und Fotografen,<br />

den Kopf leicht gesenkt. Den rot<br />

schillernden Gürtel seines Verbandes<br />

legt er demütig vor sich<br />

ab, anstatt ihn – wie bei Weltmeistern<br />

seines Sports üblich –<br />

prunkvoll vor sich aufzustellen.<br />

Geale, in Tasmanien geborener<br />

Australier, macht den Eindruck<br />

eines ängstlichen Kängurus, das<br />

sich im Revier des tasmanischen<br />

Teufels verlaufen hat und sich so<br />

leise und unbemerkt wie möglich<br />

umherschleicht, um den<br />

Klauen des Raubtieres zu entgehen.<br />

Auf diese Schüchternheit<br />

angesprochen, ist davon jedoch<br />

nichts mehr zu spüren. Da wirkt<br />

Geale vielmehr wie ein Wolf im<br />

Schafspelz: „Was zählt, ist im<br />

Ring. Und im Ring ist alles anders.“<br />

Dass er im Ring alles andere<br />

als ängstlich ist, hat Geale am<br />

7. Mai 2011 in Neubrandenburg<br />

Was in ihm steckt, bewies Geale bei seinem Kampf gegen Sebastian Sylvester am 7. Mai in Neubrandenburg, als er<br />

sich den IBF-Titel holte<br />

bewiesen. Seit diesem Tag ist<br />

der an Nummer drei der Welt<br />

geführte Australier Champion<br />

des Verbandes IBF – durch einen<br />

knappen Punktsieg über<br />

Ex-Sauerland-Boxer Sebastian<br />

Sylvester. Seitdem hat er zwei<br />

Titelverteidigungen gemacht,<br />

die er beide durch klare Punktsiege<br />

gewann. Sein Kampfrekord<br />

liegt bei 27 Siegen (15 durch<br />

K.o.) und einer Niederlage in 28<br />

Kämpfen.<br />

„Ich denke, es spricht für<br />

meine Stärke, dass ich den IBF-<br />

Titel auf einer Veranstaltung des<br />

amtierenden Champions gewonnen<br />

habe“, so Geale über seinen<br />

Erfolg gegen Sylvester. „Warum<br />

sollte mir dies also auch nicht<br />

gegen <strong>Felix</strong> <strong>Sturm</strong> gelingen?“<br />

Da der Kampf gegen den Superchampion<br />

ungleich schwerer<br />

wird, fügt er hinzu: „Ich habe<br />

zwar <strong>Felix</strong>‘ letzte Kämpfe nicht<br />

gesehen. Aber er ist ein ganz,<br />

ganz starker Boxer. Für mich<br />

ist er neben Martinez der beste<br />

Mann im Mittelgewicht. Technisch<br />

macht ihm keiner was<br />

vor.“ Also doch Känguru gegen<br />

tasmanischen Teufel? „Ich weiß<br />

genau, wie ich mich vorbereiten<br />

muss“, sagt Geale. „Auch <strong>Felix</strong><br />

hat seine Schwächen. Ich bekomme<br />

mit dieser Titelvereinigung<br />

eine Riesenchance und die<br />

will ich nutzen.“<br />

Auf die abwertenden Kommentare<br />

vieler Experten, er sei<br />

der schwächste der vier amtierendenMittelgewichtsweltmeister,<br />

reagiert Geale sachlich:<br />

„Auf dem Niveau, auf dem wir<br />

uns bewegen, gibt es keine Unterschiede.<br />

Jeder der vier großen<br />

Verbände führt in den Top 5<br />

sehr, sehr gute Boxer. Davon zu<br />

sprechen, dass mein IBF-Gürtel<br />

weniger wert ist, als ein Gürtel in<br />

den anderen großen Organisationen,<br />

halte ich für Blödsinn.“<br />

Den Gürtel eines weniger<br />

anerkannten Boxverbandes<br />

konnte Daniel Geale schon einmal<br />

gewinnen. Im Juni 2008 gewann<br />

er den Titel der IBO gegen<br />

Geard Ajetovic, einen 31 Jahre<br />

alten Mittelgewichtler, der heute<br />

im Vorprogramm drittklassiger<br />

Boxveranstaltungen auftritt.<br />

Bereits im Mai 2009 verlor er<br />

den Gürtel nach einer Punktniederlage<br />

gegen Anthony Mundine<br />

– bis heute Geales einzige<br />

Niederlage.<br />

Für Geale, der als Amateur<br />

viermal die Kontinental- und<br />

fünfmal die Landesmeisterschaften<br />

gewann und an den<br />

Olympischen Spielen 2000 in<br />

Melbourne teilnahm, ist der<br />

Kampf in Oberhausen eine<br />

Riesenchance. „Ich bin <strong>Felix</strong><br />

<strong>Sturm</strong> und meinem Management<br />

dankbar, dass der Kampf<br />

möglich gemacht wurde“, so<br />

der 31-Jährige. „Wenn ich gewinne<br />

und mit einem zweiten<br />

WM-Gürtel nach Australien zurückkehre,<br />

habe ich Großes für<br />

mein Land geleistet.“ Für den<br />

„Kampf seines Lebens“ bereitet<br />

sich Geale mit Trainer Graham<br />

Shaw in Australien vor, um dann<br />

eine Woche vor dem Fight nach<br />

Deutschland zu fliegen. „Um<br />

dem Jetlack noch rechtzeitig zu<br />

entgehen“, so der Australier, der<br />

allerdings gerne nach Deutschland<br />

kommt. „Es ist wirklich<br />

schön hier und die Frauen sind<br />

sehr hübsch“, sagt er mit einem<br />

Schmunzeln. „Doch die beste<br />

Vorbereitung bekomme ich nun<br />

einmal zu Hause.“ Zu Hause in<br />

Australien, der Heimat des tasmanischen<br />

Teufels.<br />

Gino Casale<br />

<strong>BoxSport</strong><br />

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