16.01.2013 Aufrufe

Tanja Walther: Kick it out – Homophobie im Fußball

Tanja Walther: Kick it out – Homophobie im Fußball

Tanja Walther: Kick it out – Homophobie im Fußball

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Tanja</strong> <strong>Walther</strong>: <strong>Kick</strong> <strong>it</strong> <strong>out</strong> <strong>–</strong> <strong>Homophobie</strong> <strong>im</strong> <strong>Fußball</strong><br />

funktionieren zu können, um den Selbsthass und die Selbstverleugnung zu tolerieren,<br />

braucht es enorme Verdrängungsleistungen“ sagt EGGELING (HAGEL et. al. 2005).<br />

Der zwe<strong>it</strong>e Erklärungsversuch zur Abwesenhe<strong>it</strong> von Schwulen <strong>im</strong> <strong>Fußball</strong> geht davon aus,<br />

dass Schwule durch die Art und Strukturen des <strong>Fußball</strong>s selektiert werden. Sie kommen<br />

aufgrund des Systems gar nicht in die Profiligen, da sie zu wenig kompatibel sind. Das<br />

System <strong>Fußball</strong> m<strong>it</strong> seiner Abneigung gegenüber anderen sexuellen Orientierungen sortiert<br />

sie aus. Schwule halten den Druck und die Diskr<strong>im</strong>inierung nicht aus. Es gibt (Sport-)<br />

Systeme, die Homosexual<strong>it</strong>ät ermöglichen bzw. akzeptieren, <strong>Fußball</strong> gehört defin<strong>it</strong>iv nicht<br />

dazu.<br />

Egal welche Theorie den Tatsachen entspricht, <strong>Fußball</strong> hat Strukturen, die Homosexual<strong>it</strong>ät<br />

unsichtbar machen. Es existiert eine feindselige Haltung gegenüber Schwulen, die durch<br />

frühere Coming-Outs noch verstärkt wird:<br />

Das einzige Coming-Out eines Profifußballers gab es 1990. Der Engländer Justin Fashanu<br />

verkaufte seine Geschichte an die SUN. Verletzungsbedingt war er als Profi nur noch zwe<strong>it</strong>e<br />

Wahl und versuchte so zu Geld zu kommen. 1998 brachte er sich um. Ob Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

aufgrund seiner Homosexual<strong>it</strong>ät diesen Selbstmord provozierte oder ob Fashanu verhindern<br />

wollte, dass eine Straftat bekannt wurde, konnte nicht mehr geklärt werden.<br />

Der ehemalige br<strong>it</strong>ische Sportminister, Tony Banks, versuchte vergeblich, schwule<br />

<strong>Fußball</strong>profis zu einem Coming-Out zu überreden, um so den Diskr<strong>im</strong>inierungen Einhalt zu<br />

gebieten und zu demonstrieren, dass schwule <strong>Fußball</strong>er existieren.<br />

In Deutschland versteckte Heinz Bonn, in den 70er Jahren ein hoffnungsvolles Talent be<strong>im</strong><br />

Hamburger SV, seine Homosexual<strong>it</strong>ät. Nach mehreren Verletzungen sche<strong>it</strong>erte sein<br />

Comeback 1973. Alkohol war der einzige Trost nach dem Ende seiner Karriere und gegen<br />

die Angst vor Entdeckungen. Bonn wurde 1991 von einem Stricher ermordet.<br />

Es ist also nicht verwunderlich, dass es offiziell keine Schwulen <strong>im</strong> <strong>Fußball</strong> gibt. Nicht nur in<br />

den oberen Ligen des Männerfußballs gibt es <strong>Homophobie</strong>, auch <strong>im</strong> Bre<strong>it</strong>ensport spielt die<br />

Ablehnung von Homosexual<strong>it</strong>ät eine große Rolle. Auch hier ist die Atmosphäre geprägt von<br />

„wahrer Männlichke<strong>it</strong>“ und Heterosexual<strong>it</strong>ät. Nur solange Spieler ihre Homosexual<strong>it</strong>ät<br />

verschweigen - Homosexual<strong>it</strong>ät ist <strong>im</strong> Gegensatz zu Sex m<strong>it</strong> Frauen sowieso Privatsache <strong>–</strong><br />

solange nicht über das Schwulsein gesprochen wird, ist Platz für Schwule in den Vereinen<br />

des Bre<strong>it</strong>ensports. Deshalb erfahren Schwule Diskr<strong>im</strong>inierung nicht direkt, sondern durch<br />

homophobe Sprüche, die dem Schiedsrichter oder dem gegnerischen Team gelten. Sobald<br />

sie sich <strong>out</strong>en, fühlen Schwule sich nicht mehr wohl, verstecken sich oder gehen in Vereine<br />

für Homosexuelle (vgl. Kap<strong>it</strong>el 3.3).<br />

Auch hier findet <strong>Homophobie</strong> ihren Ausdruck in Unsichtbarke<strong>it</strong> und Schweigen aufgrund<br />

einer Atmosphäre von Intoleranz und Angst vor allem Fremden.<br />

10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!