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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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Bei aller geistigen und körperlichen Frische, die er angelegentlich von Dankesbriefen zu Geburtstags-<br />

und Jahreswechselglückwünschen vermeldete 17 , musste <strong>Engels</strong> sich doch mehr und mehr<br />

auch krankheitsbedingte Arbeitseinschränkungen eingestehen. Als sich bei ihm im März 1895 jene<br />

Krankheit anbahnte, die schließlich zu seinem Tode führte, tröstete er sich mit dem Eingeständnis<br />

darüber hinweg, dass ihn ein solches „Frühjahrsleiden“ seit vier bis fünf Jahren regelmäßig für einige<br />

Wochen lahm gelegt habe. 18 Andere gesundheitliche Belästigungen waren 1894 hinzugetreten. 19<br />

Krankheit hatte schon 1892 dazu geführt, dass <strong>Engels</strong> seine Reise auf den Kontinent auf das folgende<br />

Jahr verschieben musste. 20 Nur dadurch fiel sie dann mit dem internationalen sozialistischen Arbeiterkongress<br />

von Zürich zusammen, auf dem er seine weit verbreitete Schlussrede (S. 375/376)<br />

hielt. Besonders nachteilig schränkte ihn ein zwar offenbar wechselhaft starkes, aber doch langjähriges<br />

Augenleiden ein, das es ihm zeitweise kaum erlaubte, bei künstlichem Licht zu arbeiten. Unter<br />

Londons klimatischen Bedingungen bedeutete das eine erhebliche Beeinträchtigung. 21 Diese nachlassende<br />

körperliche Frische wurde auch in <strong>Engels</strong>’ Umfeld konstatiert. 22<br />

Nachhaltige Auswirkungen auf <strong>Engels</strong>’ Lebensumstände und Arbeitsweise dieser Jahre hatte<br />

auch der Tod der langjährigen Haushälterin Helena Demuth am 4. November 1890. 23 In dessen Folge<br />

kam Louise Kautsky, Karl Kautskys erste Ehefrau, in sein Haus. Im Unterschied zu Helena Demuth<br />

führte Louise Kautsky ihm nicht nur den Haushalt, sondern übernahm auch sein „Sekretariat“,<br />

wozu gehörte, dass er ihr, um seine Augen zu schonen, diktierte oder „Sachen zum Abschreiben“<br />

gab. 24 Eine erste große „Sache“ war die Herstellung der Druckvorlage von Marx’ Kritik am Gothaer<br />

Programmentwurf von 1875, die <strong>Engels</strong> unter dem Titel „Zur Kritik des sozialdemokratischen Programms.<br />

Aus dem Nachlaß von Karl Marx“ in der „Neuen Zeit“ veröffentlichte. 25 Im vorliegenden<br />

Band schlägt sich diese Arbeitsweise ebenfalls nieder. (Siehe S. 664, 744, 848, 948, 1331, 1429,<br />

1436 und 1444.)<br />

Louise Kautskys Familiengründung mit dem Arzt Ludwig Freyberger führte außerdem dazu,<br />

dass <strong>Engels</strong> Anfang Oktober 1894 noch einmal die langwierige Vorbereitung und die Unannehmlichkeiten<br />

eines Umzugs, wenn auch innerhalb der gleichen Straße, auf sich nehmen musste. 26 Darüber<br />

hinaus weckte die enge Verbindung zwischen <strong>Engels</strong> und dem Ehepaar Freyberger das Misstrauen<br />

von Eleanor Marx 27 , was auch <strong>Engels</strong> nicht verborgen blieb und ihn belastete 28 .<br />

Angesichts der Fülle von Verpflichtungen einerseits und beschränkender Bedingungen, sie<br />

wahrzunehmen, andererseits gehört es zu den Charakteristika der im Band vereinten Schriften, dass<br />

sie weniger Ergebnis neuer Forschungen sind, sondern eher auf dem angesammelten Wissens- und<br />

17 Etwa an Laura Lafargue, 1. Dezember 1890, Natalie Liebknecht, 2. Dezember 1891, Friedrich Adolph Sorge, 6.<br />

Dezember 1892 und 4. Dezember 1894.<br />

18 <strong>Engels</strong> an Hermann <strong>Engels</strong>, 20. März 1895.<br />

19 <strong>Engels</strong> an Hermann <strong>Engels</strong>, 12. Januar 1895.<br />

20 <strong>Engels</strong> an August Bebel, 23. Juli und 8. August 1892.<br />

21 <strong>Engels</strong> an Hermann <strong>Engels</strong>, 9. Januar 1890, Ludwig Schorlemmer, 4. Dezember 1890 und an Laura Lafargue, 19.<br />

Dezember 1891. Siehe auch <strong>Engels</strong> im Vorwort zum dritten Band des „Kapitals“ (MEGA 2 II/15. S. 5).<br />

22 Siehe zum Beispiel August Bebel an Ludwig Kugelmann, 15. Januar 1893. In: Bebel 5. S. 25.<br />

23 Siehe Heinrich Gemkow: Helena Demuth – „eine treue Genossin“. In: Marx-<strong>Engels</strong>-Jahrbuch. 11. Berlin 1989. S.<br />

324–348.<br />

24 <strong>Engels</strong> an Victor Adler, 12. Dezember 1890.<br />

25 Die Neue Zeit. Stuttgart. Jg. 9. 1890/1891. Bd. 1. S. 561–575; siehe MEGA 2 I/25. S. 531/532.<br />

26 Am ausführlichsten <strong>Engels</strong> an Friedrich Adolph Sorge, 10. November 1894 und an Hermann <strong>Engels</strong>, 12. Januar<br />

1895.<br />

27 August Bebel an Eleanor Marx, 20. September 1894 (Auszug). In: August Bebel. Ausgew. Reden und Schriften.<br />

Bd. 5. Briefe 1890 bis 1899. Hrsg. von Gustav Seeber. Bearb. von Anneliese Beske [u.a.] München [u.a.] 1995. S.<br />

53/54; siehe auch Yvonne Kapp: Eleanor Marx. Vol. 2. London 1976. S. 561–587.<br />

28 Siehe etwa <strong>Engels</strong> an Laura Lafargue, 19. Januar 1895.<br />

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