Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen
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3) Das Anleihen ist auf 2 Jahre vom 1. Jan. 1895 an unkündbar. Es kann vom 1. Jan. 1897 an jederzeit<br />
gekündigt werden und ist dann rückzahlbar bis zum Schluß des vom Kündigungstag an<br />
verfloßenen Jahres.<br />
4) Die Arbeiterzeitung kann ihrerseits schon früher, je nach Konvenienz Rückzahlung leisten.<br />
5) Die Einzahlung wird verzinst mit 4 percent jährlich.<br />
6) Die Einzahlung erfolgt allmählig vom 1. Jan 95 an, und sollen die Ratenzahlungen, deren letzte<br />
nicht später als 30. Juni 95 fällig sein darf, möglichst nach Konvenienz der Arbeiterzeitung geleistet<br />
werden.“ (IISG, Marx-<strong>Engels</strong>-Nachlaß, Sign. M 51/M 21.)<br />
Diese von <strong>Engels</strong> entworfene und von Louise Kautsky-Freyberger abgeschriebene Vereinbarung ist<br />
Adler offenbar nach dem 22. Dezember 1894 zugegangen (<strong>Engels</strong> an Victor Adler, 22. Dezember<br />
1894). Am 10. Januar 1895 überwies <strong>Engels</strong> 3500 fl. (Florin/Gulden) mit einem Scheck der Anglo-<br />
Foreign-Banking Company Limited an die Union Bank in Wien (<strong>Engels</strong> an Victor Adler, 12. Januar<br />
1895). Offensichtlich war <strong>Engels</strong> sich zu diesem Zeitpunkt des Erfolges einer täglich erscheinenden<br />
„Arbeiter-Zeitung“ sicher. Stoff, um eine solche Tageszeitung anspruchsvoll mit sozialdemokratischem<br />
Profil zu füllen, sah er genug. Im Brief an Adler vom 22. Dezember 1894 wies er in dieser<br />
Hinsicht auf die absehbare Wahlreform in Österreich, von ihm erwartete revolutionäre Ereignisse in<br />
Russland und Italien sowie auf die aggressive Außenpolitik des deutschen Kaisers hin.<br />
Trotz dieser günstigen Situation berichtete Adler am 24. Dezember 1894, also kurz vor dem täglichen<br />
Erscheinen der „Arbeiter-Zeitung“, noch etwas beklommen nach London: „Ich wollte die<br />
erste Nummer wäre schon erschienen und das Werk in Gang […] Unsere Aussichten werden aber<br />
täglich besser, die Stimmung für das Blatt ist glänzend und sein Erscheinen wird von allen Kreisen<br />
mit Spannung erwartet. Wenn ich nur nicht unter der Erwartung zurückbleibe“. Wahrscheinlich<br />
entschloss sich <strong>Engels</strong>, nachdem er diesen Brief erh<strong>alte</strong>n hatte, seine Glückwünsche zum täglichen<br />
Erscheinen der „Arbeiter-Zeitung“ nach Wien zu schicken (S. 329).<br />
Adler war ununterbrochen bemüht, ein europaweites Netz von Korrespondenten für die „Arbeiter-Zeitung“<br />
zu spannen. Bis Ende 1894 berichteten unter anderem August Bebel, Heinrich Braun,<br />
Wolfgang Heine und Bruno Schoenlank aus Deutschland, Caesar de Paepe aus Belgien und den<br />
Niederlanden, Clara Zetkin und Leo Frankel aus Frankreich, Andreas Scheu und Henry William<br />
Lee aus Großbritannien, Ion Nadejde aus Rumänien sowie Otto Lang und Dionyz Zinner aus der<br />
Schweiz für die Zeitung.<br />
Die Erweiterung des ständigen Korrespondentenstammes und die Gestaltung der neuen Tageszeitung<br />
besprach Adler ebenfalls mit <strong>Engels</strong>. So bat er diesen, neben Louise Kautsky noch weitere<br />
englische Korrespondenten für die „Arbeiter-Zeitung“ zu gewinnen. Dabei dachte er insbesondere<br />
an Eduard Bernstein und Eleanor Marx (Victor Adler an Eduard Bernstein, 28. Dezember 1894.<br />
RGASPI, Sign. f. 204, d. 105. Fotokopie), die schon früher gelegentlich für die Zeitung geschrieben<br />
hatten. Auf <strong>Engels</strong>’ Initiative hin wurde Max Beer als neuer englischer Berichterstatter gewonnen.<br />
Ferner schlug <strong>Engels</strong> die Mitarbeit von Paul Lafargue vor. Er übermittelte auch am 1. Januar 1895<br />
Emile Vandervelde Adlers Angebot, an dessen Zeitung mitzuarbeiten (<strong>Engels</strong> an Victor Adler, 9.<br />
Januar 1895). Vandervelde oder Eduard Anseele sollten über Belgien berichten, da dieses Land<br />
wegen des dort erfolgreich geführten Wahlrechtskampfes für die vergleichbare Auseinandersetzung<br />
in Österreich sehr wichtig sei. Ob es tatsächlich zu einer Mitarbeit dieser genannten Korrespondenten<br />
gekommen ist, konnte mit Ausnahme von Beer nicht ermittelt werden.<br />
Auf Adlers Anfrage hin lieferte <strong>Engels</strong> auch Informationen für geplante Feuilletons, so zum<br />
Thema „Karl Marx in Wien 1848“ (<strong>Engels</strong> an Victor Adler, 9. Januar und 12. Januar 1895). Ein<br />
entsprechender Artikel von Max Bach erschien in der Nr. 24 vom 24. Januar 1895. Bach erwähnt<br />
darin die „Freundlichkeit von Friedrich <strong>Engels</strong>“, Informationen über den Wiener Korrespondenten<br />
der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Eduard von Müller-Tellering, geliefert zu haben.<br />
<strong>Engels</strong> suchte Adler, der mit den Auslands-Nachrichten seiner Zeitung nicht zufrieden war (Victor<br />
Adler an <strong>Engels</strong>, 23. Januar 1895), darüber hinaus mit verschiedenen Materialien für die tägliche<br />
„Arbeiter-Zeitung“ zu versorgen. So sandte er ihm regelmäßig englische Arbeiterzeitungen („The<br />
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