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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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einen Gruß an „die Oesterreicher“ enthält, als Erstdrucke. Bei einem weiteren Grußschreiben (S.<br />

274) konnte <strong>Engels</strong> davon ausgehen, dass es in der „Arbeiter-Zeitung“ erscheinen würde, was aus<br />

vorwiegend organisatorischen Gründen (S. 1105) jedoch nicht geschah. Hinzu kommen neun zumeist<br />

kleinere Arbeiten als Nachdrucke aus anderen Periodika. Darüber hinaus wurden drei seiner<br />

Reden (S. 376, 378 und 379) veröffentlicht, davon die Rede in Wien (S. 378) als Erstdruck. Außerdem<br />

verfasste <strong>Engels</strong> eine Grußadresse für die Mai-Festschrift der „Arbeiter-Zeitung“ des Jahres<br />

1893 (S. 234).<br />

Im Zentrum von <strong>Engels</strong>’ Interesse an der „Arbeiter-Zeitung“ stand in diesen Jahren das Projekt<br />

ihrer Umwandlung in eine Tageszeitung. Initiator dieses Vorhabens war Victor Adler, der darüber<br />

seit Anfang der neunziger Jahre ausführlich mit <strong>Engels</strong> korrespondierte. Bereits Ende Dezember<br />

1891 hatte er an <strong>Engels</strong> geschrieben: „Was uns not täte, wäre ein tägliches Blatt: die ‘Arbeiter-<br />

Zeitung’ ist unzulänglich in jeder Beziehung. Sie leidet an Einförmigkeit, weil sie immer nur einer<br />

schreibt […] Dazu kommt, daß wir Geldmangel haben, mehr als je. […] Wenn Du wieder einmal<br />

Geld für Parteizwecke locker machst, vergiß die armen Österreicher nicht, wir können es brauchen!!“<br />

(Victor Adler an <strong>Engels</strong>, 29. Dezember 1891.) In seinem Antwortschreiben zeigte sich <strong>Engels</strong><br />

überzeugt, dass Adler mit der Zeit eine Tageszeitung bekommen würde, er sie sich aber selbst<br />

schaffen müsste: „Bei Euer Preßgesetzgebung scheint mir der Schritt vom Wochenblatt zum Tagblatt<br />

ein sehr großer zu sein, der lange und starke Beine erfordert und Euch ganz anders als bisher in<br />

die Hände der Regierung liefert.“ Weiter äußerte er Bedenken, ob sich die „Arbeiter-Zeitung“ als<br />

Tageszeitung sechs Monate gegen eventuelle Geldstrafen würde h<strong>alte</strong>n können (<strong>Engels</strong> an Victor<br />

Adler, 19. Februar 1892). Im selben Brief informierte <strong>Engels</strong> Adler noch über eine Vereinbarung,<br />

die er in Reaktion auf Adlers finanziellen Hilferuf im Januar mit Johann Heinrich Wilhelm Dietz<br />

getroffen hatte, wonach Adler „alles Honorar von Sachen gebührt, die bei Dietz erscheinen“, also<br />

Honorare für die Erst- und Neuauflagen seiner und Marx’ Werke (siehe S. 1115) sowie für seine<br />

Artikel in der „Neuen Zeit“. (Siehe auch <strong>Engels</strong> an Karl Kautsky, 26. Januar 1892.) <strong>Der</strong> Modus der<br />

finanziellen Unterstützung für Adlers Partei- und Redakteurstätigkeit durch <strong>Engels</strong> wurde endgültig<br />

im Verlaufe des Besuchs von August Bebel und Paul Singer bei ihm im Mai 1892 festgelegt (<strong>Engels</strong><br />

an Victor Adler, 19. Mai 1892). Da Adler in dieser Zeit unter sehr komplizierten persönlichen<br />

Umständen lebte, war <strong>Engels</strong>’ finanzielle Zuwendung, über die Adler frei verfügen konnte, auch<br />

wichtig, um die „Arbeiter-Zeitung“ am Leben zu erh<strong>alte</strong>n. (Victor Adler an <strong>Engels</strong>, 26. Mai 1892.)<br />

Im Zusammenhang mit dem Beginn der Wahlrechtsbewegung in Österreich in der zweiten Jahreshälfte<br />

1893 erschien die „Arbeiter-Zeitung“ ab 31. Oktober zweimal wöchentlich. Adler beklagte<br />

sich in einem Brief an <strong>Engels</strong>, dass ihm das zweimalige Erscheinen „furchtbare Arbeit“ mache<br />

(Victor Ader an <strong>Engels</strong>, 1. Januar 1894). Vermutlich erklärt dies <strong>Engels</strong>’ Bedenken, ob Adler es<br />

schaffen werde, die „Arbeiter-Zeitung“ täglich herauszugeben, oder ob er, ähnlich wie Jules Guesde<br />

mit seinem Vorhaben eines täglich erscheinenden „Socialiste“, scheitern werde (<strong>Engels</strong> an Karl<br />

Kautsky, 26./27. Juni 1894). Zu diesem Zeitpunkt spitzten sich die Diskussionen um den Wahlrechtskampf<br />

in der österreichischen Arbeiterbewegung weiter zu. <strong>Der</strong> vierte Parteitag der österreichischen<br />

Sozialdemokratie im Frühjahr 1894 hatte dies deutlich gezeigt (Siehe S. 1104).<br />

Vor diesem Hintergrund schrieb Adler am 13. Juli 1894 an <strong>Engels</strong>, dass sie leider gezwungen<br />

seien, ein tägliches Blatt herauszugeben. Erklärend fuhr er fort: „Ich sage leider, denn es wird<br />

furchtbare Arbeit in jeder Beziehung machen und wenn wir nicht müßten, hätten wir nicht die Courage<br />

dazu. […] Wir müssen aber, weil die Preßreform, über die wir so unbändig schimpfen, geradezu<br />

die Bedeutung hat, uns ein Tagblatt zu ermöglichen, indem sie den Verschleiß freigibt. Machen<br />

wir das Tagblatt nicht, so gibt irgend eine Druckerei es sofort heraus […] Wir warten also die Sanktion<br />

des Gesetzes ab, um einen Aufruf für einen Gründungsfonds zu erlassen und im Spätherbst<br />

oder doch Jänner 1895 wird das Tagblatt da sein. Die Ungeduld unserer Leute, die Begeisterung<br />

dafür ist groß und so hoffe ich das Geld – 30 000 fl. Gründungsfonds – in wenigen Monaten aufzubringen.<br />

Weit mehr Ärger als das Geld macht mir die Organisation des Blattes. Wir haben nicht<br />

einen einzigen Menschen, der gelernter Journalist ist, ich selbst bin blutiger Dilettant in der ganzen<br />

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