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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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an August Bebel, 19. November 1892). In dem Interview, das er 1893 der englischen liberalen Tageszeitung<br />

„The Daily Chronicle“ gab, bezog er sich bei seinen Aussagen über die Wahlergebnisse<br />

in Deutschland auf die Zahlenangaben des „Vorwärts“ (S. 368/369). Wie aufmerksam <strong>Engels</strong> die<br />

im „Vorwärts“ enth<strong>alte</strong>nen Berichte und Leitartikel zur Kenntnis nahm, geht auch daraus hervor,<br />

dass er sich in einem Gespräch mit Rusanov, das keine Aufnahme in den Band fand, an dessen Artikel<br />

über die Hungersnot in Russland erinnerte.<br />

<strong>Engels</strong> empfing aus dem „Vorwärts“ auch Anregungen für seine eigenen Arbeiten. So ging der<br />

Abfassung des Artikels „Le Socialisme en Allemagne“ (S. 62–71) ein umfangreicher Meinungsaustausch<br />

mit Bebel voraus. Die Grundlage dafür war Bebels Artikel „Die russische Anleihe“ im<br />

„Vorwärts“, Nr. 226 vom 27. September 1891 (siehe dazu <strong>Engels</strong> an August Bebel, 29. September –<br />

1. Oktober 1891 und August Bebel an <strong>Engels</strong>, 9. Oktober 1891). Auch an der Diktion seiner 1894<br />

geschriebenen Arbeit „Die Bauernfrage in Frankreich und Deutschland“ ist erkennbar, dass <strong>Engels</strong><br />

die im „Vorwärts“ zur Agrarfrage laufende Debatte berücksichtigt hat. (Siehe S. 1168–1171.)<br />

Bei den Artikeln, die <strong>Engels</strong> unmittelbar für den „Vorwärts“ schrieb, ist eine große Themenvielfalt<br />

festzustellen. Sie umfasst unter anderem Fragen, die von strategischer Bedeutung für die Arbeiterpartei<br />

waren („Kann Europa abrüsten?“), eine biographische Skizze („Carl Schorlemmer“), Ereignisse<br />

und Aktivitäten in den herrschenden Klassen („Vom italienischen Panama“, „Zum jüngsten<br />

Pariser Polizeistreich“, „Die amerikanische Präsidentenwahl“) und die Ankündigung zum Erscheinen<br />

des dritten Bandes des „Kapitals“. Sehr deutlich wird dabei, dass <strong>Engels</strong> ausschließlich solche<br />

Arbeiten an den „Vorwärts“ schickte, die hochaktuell und politisch brisant waren. Das geschah vor<br />

allem deshalb, weil er mit Hilfe des „Vorwärts“ einen größeren Leserkreis ansprechen konnte als<br />

etwa mit einer theoretischen Zeitschrift wie der „Neuen Zeit“ und er schneller Einfluss auf den<br />

Meinungsbildungsprozess in der Arbeiterbewegung nehmen konnte. Alle Artikel von <strong>Engels</strong>, die im<br />

„Vorwärts“ erschienen sind, ordnen sich in die aktuelle Berichterstattung der Zeitung über die jeweiligen<br />

Sachverh<strong>alte</strong> ein. So erlangte für die organisierte Arbeiterbewegung das Verhältnis von<br />

Lohnarbeit und Kapital im Zusammenhang mit der Politik des sogenannten „Neuen Kurses“ eine<br />

erhöhte Bedeutung. Dazu hatte der „Vorwärts“ im Frühjahr 1891 eine Reihe von Artikeln publiziert,<br />

in denen dargestellt worden war, dass diese Politik für die Arbeiter kaum positive Auswirkungen<br />

haben würde (siehe zum Beispiel: Im <strong>alte</strong>n Kurs. Nr. 108, 12. Mai 1891 und Ein neues Stück<br />

„Socialpolitik“. Nr. 91, 19. April 1891). Deshalb entschloss sich die Redaktion der Zeitung zum<br />

Vorabdruck der „Einleitung zu Karl Marx’ ‘Lohnarbeit und Kapital’“. Am deutlichsten wurde <strong>Engels</strong>’<br />

Absicht, die Arbeiten, die von unmittelbarer Aktualität waren, im „Vorwärts“ zu publizieren,<br />

bei der Abfassung der Beitragsfolge „Kann Europa abrüsten?“. Die Spezifik einer Tageszeitung<br />

beachtend, verfasste er acht, in sich abgeschlossene Artikel, die eine separate Publizierung zuließen,<br />

selbst wenn dadurch die Darstellung des politischen Hauptanliegens einiges an Prägnanz einbüßte<br />

(siehe S. 993). Auch diese Arbeit ordnet sich in die umfangreiche Berichterstattung des „Vorwärts“<br />

über die Verhandlungen der Militärvorlage im Deutschen Reichstag 1892/93 ein; denn in dieser<br />

Zeit erschien kaum eine Nummer der Zeitung, ohne zur Militärvorlage Stellung zu nehmen.<br />

Für den Aufsatz „Vom italienischen Panama“ war eine ähnliche Aktualität gegeben, zumal er<br />

auch in die Berichterstattung über den eigentlichen Panamaskandal in Frankreich 1892/1893 eingeordnet<br />

werden muss. Gerade im Zusammenhang mit den Meldungen über den Panamaskandal sorgte<br />

<strong>Engels</strong> dafür, dass Informationen, die Lafargue <strong>Engels</strong> brieflich übermittelt hatte, im „Vorwärts“<br />

publiziert wurden (<strong>Engels</strong> an August Bebel, 3. Dezember 1892). Am 6. Dezember veröffentlichte<br />

der „Vorwärts“ anhand dieses Materials in der Nr. 286 den anonymen Beitrag „Man schreibt uns<br />

aus Paris über den Panamaskandal“.<br />

Mit Korrespondenzen von <strong>Engels</strong> stellte der „Vorwärts“ im Einzelfall auch Fehler und lückenhafte<br />

Informationen in vorausgegangenen Artikeln richtig beziehungsweise ergänzte sie. So enthielt<br />

<strong>Engels</strong>’ Zuschrift „Zum jüngsten Pariser Polizeistreich“ einige Korrekturen gegenüber einem Artikel<br />

vom Vortag (Russische Polizei Allmacht in Paris. In: Vorwärts. Nr. 10, 12. Januar 1893). Auf<br />

<strong>Engels</strong> Gegendarstellung in der „Neuen Zeit“ (Zur Veröffentlichung von Buch 4 des „Kapitals“;<br />

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