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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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siehe auch Karl Marx, Friedrich <strong>Engels</strong>: Zirkularbrief an Bebel, Liebknecht, Bracke und andere …<br />

I. In: MEGA 2 I/25. S. 171–174.) Gleichzeitig äußerte sich <strong>Engels</strong> auch skeptisch zu einer Anstellung<br />

Schoenlanks, der nach Hirschs Absage für den Redakteursposten vorgesehen wurde: „Auch<br />

Schoenlank hat seine Mucken; soweit ich urtheilen kann, ist er viel zu schlappig um den nöthigen<br />

Widerstand zu leisten, und würde bald soviel Bummelsünden auf dem Kerbholz haben, daß er in<br />

seinem Vorredakteur einen wirklichen Vorgesetzten erhielte. Nun wie’s gehn wird, ist abzuwarten,<br />

schlimmer kann’s kaum werden.“ (<strong>Engels</strong> an August Bebel, 1. Dezember 1891.) Nachdem aber<br />

Schoenlank 1892 seine Tätigkeit am „Vorwärts“ aufgenommen hatte, korrigierte <strong>Engels</strong> offenbar<br />

seine Meinung über dessen Arbeitsauffassung, denn am 8. März 1892 schrieb er an Bebel: „Übrigens<br />

hat sich der Vorwärts in der letzten Zeit entschieden gebessert.“<br />

Besonderes Interesse bekundete <strong>Engels</strong> für die Besetzung der französischen Korrespondentenstelle.<br />

Bei seinem Besuch im September 1893 in Berlin (siehe S. 1304–1306) wird <strong>Engels</strong> vermutlich<br />

mit Liebknecht über die seiner Ansicht nach unzulänglichen Korrespondenzen aus Frankreich<br />

gesprochen und dabei erfahren haben, dass vorgesehen war, Paul Lafargue als Mitarbeiter zu<br />

gewinnen. Nach seiner Rückkehr nach London erkundigte sich <strong>Engels</strong> am 13. Oktober 1893 bei<br />

Lafargue, ob dieser die Arbeit bereits aufgenommen habe, und versprach, sich gegebenenfalls selbst<br />

einzusch<strong>alte</strong>n. Auch bei Liebknecht erkundigte er sich nach dem Stand der Realisierung dieses<br />

Vorhabens. Dieser schrieb ihm am 17. Oktober 1893, dass er in Geldfragen vom Parteivorstand<br />

abhängig sei und somit die Sache nicht allein entscheiden könne. <strong>Engels</strong>, der diese Erklärung für<br />

nicht ausreichend erachtete, stellte daraufhin gegenüber Bebel fest: „Mir kommt es fast vor, als<br />

wenn L[ie]bk[necht] in seiner wachsenden ausschließlichen Freundschaft für Vaillant gar keine<br />

besondre Lust hätte mit Laf[argue] abzuschließen“, und er drängte auf eine schnelle Klärung im<br />

Parteivorstand (<strong>Engels</strong> an August Bebel, 18.–21 Oktober 1893). Diese erfolgte jedoch erst am 14.<br />

November 1893. In einem Brief vom gleichen Tage unterrichtete Bebel <strong>Engels</strong> über die Entscheidung<br />

und darüber, dass Lafargue die Korrespondenzen gleichzeitig an den „Vorwärts“ und das<br />

„Hamburger Echo“ in deutscher Sprache schicken sollte, da, sobald Übersetzungen notwendig wären,<br />

Verzögerungen und Unordnungen eintreten würden, namentlich beim „Vorwärts“. Für jeden<br />

Beitrag sollte Lafargue 25 Francs erh<strong>alte</strong>n. Damit konnte er die finanziellen Einbußen, die er durch<br />

den Verlust seines Abgeordnetenmandats hinnehmen musste, weitestgehend wettmachen. Lafargues<br />

erster Bericht erschien in der Nr. 276 vom 24. November 1893, 2. Beilage, unter dem Titel „Die<br />

Eröffnung der französischen Kammer“. Von da an veröffentlichte der „Vorwärts“ wöchentlich eine<br />

Zuschrift von ihm. Bereits am 19. Dezember 1893 stellte <strong>Engels</strong> gegenüber Laura Lafargue fest:<br />

„Paul’s letters to the Vorwärts so far are very good, we look for them every week. And they are not<br />

quite so badly germanized as I have seen others done.“ An dieser Einschätzung hielt <strong>Engels</strong> auch<br />

1894 fest. Er war sogar der Meinung, dass Lafargues Korrespondenzen das Beste am „Vorwärts“<br />

seien (<strong>Engels</strong> an Laura Lafargue, 4. Juli 1894). Gelegentlich wird sichtbar, dass Lafargue seine Berichte<br />

offenbar mit entsprechenden Äußerungen in Briefen von <strong>Engels</strong> abgeglichen hat. Sehr deutlich<br />

wird dies zum Beispiel, bei einem Vergleich des Briefes von <strong>Engels</strong> an Paul Lafargue vom<br />

22. Januar 1895 mit Lafargues Artikel „Warum Casimir-Perrier abdankte“ (Vorwärts. Nr. 24,<br />

29. Januar 1895).<br />

Trotz aller vorwiegend kritischen Bemerkungen von <strong>Engels</strong> zum „Vorwärts“ war das Blatt mit<br />

seiner Berichterstattung über die SPD doch eine wichtige Informationsquelle für ihn. Er las die Zeitung<br />

regelmäßig und trug zu ihrer Verbreitung im Ausland bei. So sandte er Sorge mehrmals verschiedene<br />

Nummern (<strong>Engels</strong> an Friedrich Adolph Sorge, 10. November 1894) oder schickte seine<br />

im „Vorwärts“ abgedruckten Arbeiten an Freunde und Bekannte. <strong>Der</strong> „Vorwärts“ war für ihn die<br />

erste Informationsquelle über die Ereignisse in Deutschland. Im „Vorwärts“ konnte er zeitnah die<br />

Sitzungen des Deutschen Reichstages verfolgen und sofort sein Urteil über die Reden sozialdemokratischer<br />

Parlamentarier kundtun (zum Beispiel <strong>Engels</strong> an August Bebel, 24. Januar und<br />

9. Februar 1893, an Karl Kautsky, 12. Januar 1893). Auch die ersten Eindrücke über die Parteitage<br />

der SPD entnahm er natürlich dem „Zentralorgan“ (<strong>Engels</strong> an Karl Kautsky, 25. Oktober 1891 und<br />

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