Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen
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len Sozialistischen Arbeiterkongreß in Zürich am 12. August 1893“ (S. 376) veröffentlicht. Außerdem<br />
publizierte die Zeitung die „Einleitung zur deutschen Ausgabe (1891) von Karl Marx’ ‘Lohnarbeit<br />
und Kapital’“ (S. 21–28) als Vorabdruck. Gegen den Abdruck aller bisher genannten Arbeiten<br />
erhob <strong>Engels</strong> keinerlei Protest, so dass davon ausgegangen werden kann, dass er mit der Art und<br />
Weise ihrer Publizierung einverstanden war. Demgegenüber protestierte er gegen die Veröffentlichung<br />
von Auszügen aus seiner „Einleitung (1895) zu Karl Marx’ ‘Klassenkämpfen in Frankreich<br />
1848 bis 1850’“ (S. 330–351) mehrmals sehr heftig (zum Beispiel <strong>Engels</strong> an Karl Kautsky, 1. April<br />
1895; siehe auch S. 1205).<br />
<strong>Der</strong> „Vorwärts“ war aus dem 1884 gegründeten „Berliner Volksblatt“, der sozialdemokratischen<br />
Lokalzeitung Berlins, hervorgegangen. 100 Er löste damit den unter dem Sozialistengesetz in Zürich<br />
und später in London gedruckten „Sozialdemokrat“ als Zentralorgan der Partei ab. Das auf dem<br />
Hallenser Parteitag der SPD angenommene Organisationsstatut legte im § 17 fest: „Zum offiziellen<br />
Parteiorgan wird das ‘Berliner Volksblatt’ bestimmt. Dasselbe erhält vom 1. Januar 1891 ab den<br />
Titel: ‘Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands’.“<br />
(Protokoll über die Verhandlungen des Parteitags der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands …<br />
1890. S. 8.) Mit der Wahl des Titels wurde an das letzte legal erschienene Zentralorgan der Partei<br />
angeknüpft, das vom 1. Oktober 1876 bis 26. Oktober 1878 in Leipzig erschienen war. Wie am<br />
Leipziger „Vorwärts“ wurde die Chefredaktion des neuen Zentralorgans Wilhelm Liebknecht übertragen,<br />
der, nach seinen eigenen Worten, mit der Annahme dieses Postens eher der Pflicht als der<br />
Neigung folgte und „lieber […] in Leipzig geblieben“ wäre (Protokoll über die Verhandlungen des<br />
Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands … 1892. S. 121). Paul Singer hatte <strong>Engels</strong><br />
über diese vorgesehene Personalie bereits in einem Brief vom 13. Mai 1890 informiert. Die<br />
Kontinuität zum „Berliner Volksblatt“ wurde insofern gewahrt, als dessen Jahrgangszählung weitergeführt<br />
wurde. Demzufolge leitete die Nummer eins des Jahres 1891 den achten Jahrgang des<br />
„Vorwärts“ ein.<br />
<strong>Der</strong> „Vorwärts“ erschien seit dem 1. Januar 1891 täglich außer montags mit manchmal zwei und<br />
selten drei Beilagen. Die einzelnen Nummern und die Beilagen umfassten in der Regel vier Seiten.<br />
Die Redaktion der Zeitung befand sich in der Beuthstraße 2 in Berlin S.W. <strong>Der</strong> Druck erfolgte im<br />
gleichen Gebäude in der Druckerei von Max Bading. Den Vertrieb übernahm der Verlag der Expedition<br />
des „Vorwärts“, ein 1891 gegründetes Parteiunternehmen.<br />
Bereits in einem nicht überlieferten Brief von Ende September 1890 bat Liebknecht <strong>Engels</strong> um<br />
dessen ständige Mitarbeit an dem von ihm übernommenen Blatt. Am 7. Oktober 1890 sagte <strong>Engels</strong><br />
dies unter den bereits bei der „Neuen Zeit“ genannten zwei Konditionen zu. Zugleich monierte er in<br />
diesem Brief den bisher „ertötend langweilige[n] Ton“ des Blattes und äußerte die Hoffnung, dass<br />
Liebknecht „etwas Leben in die Bude“ bringen werde.<br />
Zu den fest angestellten Mitarbeitern des „Vorwärts“ gehörten anfangs neben Liebknecht noch<br />
drei Redakteure. (Bäuerle: Das sozialdemokratische Zentralorgan … S. 273.) In der ausgiebigen<br />
Debatte über die Zeitung auf dem Berliner Parteitag der SPD von 1892 ist von fünf Redakteuren,<br />
einem Hilfsarbeiter und zwei Korrektoren die Rede. (Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages<br />
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands … 1892. S. 92 und 94.) Um die von mehreren<br />
Seiten beanstandete Qualität des Zentralorgans zu verbessern, wurde ab 1. März 1892 Bruno<br />
Schoenlank an die Zeitung verpflichtet. (Paul Mayer: Bruno Schoenlank 1859–1901. Reformer der<br />
sozialdemokratischen Tagespresse. Hannover 1972. S. 50.) Er sollte vor allem in Liebknechts häu-<br />
100 Zu den materiellen und personellen Gegebenheiten sowie zu Struktur, Verbreitung und Funktion der Zeitung im<br />
ersten Jahrzehnt ihres Bestehens siehe Bärbel Bäuerle: Das sozialdemokratische Zentralorgan in Berlin. Materialien<br />
zum ersten Dezennium des „Vorwärts“. In: Jahrbuch für Geschichte. Bd. 35. Berlin 1987. S. 269–295; siehe auch<br />
Dieter Fricke: Handbuch zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1869–1917. Bd. 1. Berlin 1987. S. 553–<br />
559; Volker Schulze: Vorwärts (1876–1933). In: Heinz-Dietrich Fischer: Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts.<br />
Pullach 1972.<br />
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