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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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trachtete (ebenda. Jg. 9. 1890–1891. S. 1). <strong>Der</strong> „Fälschung“ dieses Sozialismus „durch die bürgerliche<br />

eklektische Sozialisterei“ sollte entgegengewirkt werden (ebenda. S. 2). Allerdings sollte der<br />

Marxismus nicht als Dogma präsentiert werden, denn „alle Resultate der Untersuchungen von Marx<br />

und <strong>Engels</strong> beanspruchen nur solange Giltigkeit, als sie nicht durch neuere wissenschaftliche Untersuchungen<br />

widerlegt werden können, irgend eine endgiltige Wahrheit letzter Instanz kennt der<br />

Marxismus nicht.“ (Ebenda. Jg. 11. 1892–1893. Bd. 1. S. 10.) Vorgabe aber war zugleich, „die<br />

Richtigkeit und Fruchtbarkeit seiner [des Marxismus] Methode an der Hand geschichtlicher und<br />

ökonomischer Untersuchungen, die Zweckmäßigkeit derselben für die Beurtheilung der Probleme<br />

der modernen Arbeiterbewegung an der Hand der Analyse politischer und sozialer Tagesereignisse<br />

nachzuweisen“ (ebenda. S. 11). Darüber hinaus war die Zeitschrift bestrebt, „alle die Neuzeit erfüllenden<br />

Probleme, alle wichtigeren Erscheinungen der Gegenwart in ihren Sp<strong>alte</strong>n zu besprechen<br />

und auch ihre Bedeutung für den Emanzipationskampf des Proletariats, diese wichtigste aller Erscheinungen,<br />

[…] zu untersuchen“ (ebenda). Auch wenn Kautsky den Marxismus im Hinblick auf<br />

seinen undogmatischen Charakter „nicht […] außerhalb aller Diskussion“ sah (ebenda. S. 10), so<br />

lag es jedoch nicht in seiner Intention, mit der „Neuen Zeit“ ein Forum für die Debatte um theoretisch<br />

und politisch unterschiedlich begründete Sozialismusauffassungen zu bieten. Und daran war<br />

auch <strong>Engels</strong> nicht gelegen.<br />

In Bezug auf die aktuell-politischen Fragen lag das Hauptgewicht der Berichterstattung – neben<br />

den bereits erwähnten internationalen Korrespondenzen – auf der Vorbereitung, Durchführung und<br />

Auswertung der einzelnen Parteitage der SPD, der internationalen Arbeiterkongresse sowie der<br />

Maifeiern der organisierten Arbeiterbewegung. Die Auseinandersetzung mit der Politik der herrschenden<br />

Klassen konzentrierte sich auf die Polemik gegen den preußisch-deutschen Militarismus<br />

und erstarkenden Nationalismus. Wichtige Themen bei der Erörterung von Fragen zur Entwicklung<br />

der Partei waren die Programmdiskussion, die Auseinandersetzung um die Staatssozialismus-Ideen<br />

Vollmars und andere Sozialismusauffassungen, die Haltung zum Generalstreik und zur Beteiligung<br />

an den preußischen Landtagswahlen sowie die Agrarfrage.<br />

Am vom Kautsky angestrebten Nachweis der fruchtbaren Erkenntnismethode des Marxismus für<br />

die Untersuchung einzelwissenschaftlicher Probleme beteiligte sich eine Reihe von deutschen und<br />

internationalen Sozialisten mit zahlreichen Beiträgen zu Fragen aus Ökonomie, Ethnologie, Geschichte<br />

und Urgeschichte sowie aus Literatur, Kunst und Ethik. Häufig erfolgte dies in Einheit mit<br />

der Zurückweisung der verschiedensten Angriffe auf die Marxsche Lehre als ganzer, wie sie in den<br />

damals dominierenden Teilen der sozialdemokratischen beziehungsweise sozialistischen Führungseliten<br />

in unterschiedlicher Ausprägung präsent war.<br />

In diese von ihm weitgehend gebilligte Ausrichtung der Zeitschrift ordnete sich <strong>Engels</strong> mit seinem<br />

Engagement und seinen Beiträgen ein, die für Kautsky immer einen besonderen Stellenwert<br />

besaßen. (Siehe etwa Karl Kautsky an <strong>Engels</strong>, 3. Juli 1890, 23. Juni, 23. Juli, 21. November 1894<br />

und 25. Mai 1895.)<br />

Wie bereits erwähnt, unterstützte <strong>Engels</strong> Kautsky bei der Auswahl und Gewinnung neuer Mitarbeiter,<br />

und er äußerte seine Meinung zur beabsichtigten Formveränderung sowie zur inhaltlichen<br />

Ausrichtung des Blattes insgesamt. Des weiteren gab er – teilweise auf ausdrückliche Anfragen<br />

Kautskys – Einschätzungen zu einzelnen Artikeln. So äußerte er sich in allgemeiner Form lobend<br />

über verschiedene Artikel von Kautsky, Bernstein, Mehring, Bebel, Paul Lafargue, Plechanov und<br />

Conrad Schmidt (siehe unter anderem <strong>Engels</strong> an Karl Kautsky, 11. und 23. Februar, 13. Juni, 28.<br />

September, 3. Dezember 1891, 4. und 29. September 1892, 20. März, 1. Juni 1893 und 9. Januar<br />

1894).<br />

Ferner beriet <strong>Engels</strong> Kautsky bei dessen redaktioneller Tätigkeit. So empfahl er ihm, regelmäßig<br />

ein Exemplar der „Neuen Zeit“ an „The Review of Reviews“, London, zu senden, die Inhaltsangaben<br />

und Auszüge aus einer Vielzahl von deutschen und ausländischen Zeitschriften veröffentlichte<br />

und durch ihre hohe Auflage von über 100 000 Exemplaren zur Verbreitung und Popularisierung<br />

der rezensierten Zeitschriften beitrug. Deshalb empfahl <strong>Engels</strong> auch, dieses Blatt für die „Neue<br />

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