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Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

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Mit den im Band vereinigten biographischen Artikeln setzte <strong>Engels</strong> eine bemerkenswerte Seite<br />

seines Gesamtschaffens fort. Soweit diese Skizzen Marx betreffen, sind sie auch als Bestandteil<br />

seines Vorhabens anzusehen, eine ausführliche Marx-Biographie zu schreiben. (Siehe S. 923–927.)<br />

Die Porträtskizze von Max Stirner (S. 194) ist insofern bemerkenswert, als sie trotz möglicherweise<br />

mangelnder Ähnlichkeit vermutlich die einzige erh<strong>alte</strong>ne bildliche Darstellung des Verfassers von<br />

„<strong>Der</strong> Einzige und sein Eigentum“ ist und durch John Henry Mackays Buch über Stirner eine weite<br />

Verbreitung fand.<br />

Zu den Arbeiten des Bandes, bei denen sich schon aus ihrer Form und Funktion gewisse übergreifende<br />

Gesichtspunkte für ihren Platz im Schaffen von <strong>Engels</strong> ergeben, gehören auch die Gesprächsaufzeichnungen<br />

und die von ihm besorgten beziehungsweise autorisierten Übersetzungen,<br />

deren Umfang ebenfalls Besonderheiten dieser Schaffensperiode sind.<br />

Im Vorwort zum dritten Band des „Kapitals“ hat <strong>Engels</strong> mit Understatement auf seine Mitwirkung<br />

bei Übersetzungen der Arbeiten von Marx und ihm durch Dritte hingewiesen: „Wer den kolossalen<br />

Anwachs der internationalen sozialistischen Literatur während der letzten zehn Jahre, und<br />

namentlich die Anzahl der Übersetzungen früherer Arbeiten von Marx und mir einigermaßen verfolgt<br />

hat, der wird mir recht geben, wenn ich mir Glück wünsche, daß die Anzahl der Sprachen sehr<br />

beschränkt ist, bei denen ich dem Übersetzer nützlich sein konnte und also die Verpflichtung hatte,<br />

eine Revision seiner Arbeit nicht von der Hand zu weisen.“ 40 Wie die in verschiedener Form im<br />

wissenschaftlichen Apparat dargebotenen Übersetzungsvergleiche (Näheres dazu bei den editorischen<br />

Hinweisen) und herangezogenen Briefstellen zeigen, legte <strong>Engels</strong> bei den Übersetzungen<br />

zwar entscheidendes Gewicht auf die authentische Wiedergabe des Textbestandes in der jeweiligen<br />

Sprache. Er scheute sich aber auch nicht, auf neuen Einsichten beruhende begriffliche Fassungen in<br />

die Übersetzungen aufzunehmen, wie er das in geeigneter Form auch bei Neuausgaben von Schriften<br />

in der gleichen Sprache tat. Außerdem verlangte der sprachwissenschaftlich interessierte <strong>Engels</strong><br />

von den Übersetzern, den Text nicht wortwörtlich, sondern den Eigenheiten der Fremdsprache und<br />

ihrer speziellen Bildhaftigkeit gemäß zu übertragen. Und bei alledem suchte er den speziellen Erfahrungs-<br />

und Gesichtskreis derer zu berücksichtigen, die durch die Übersetzung erreicht werden<br />

sollten. 41<br />

Die Gesprächsaufzeichnungen ε bilden eine nicht unwichtige Ergänzung unserer Kenntnis von<br />

Fragen, mit denen <strong>Engels</strong> sich in diesen Jahren beschäftigte. Das betrifft sowohl den Gesamtumfang<br />

dieser Fragen als auch einzelne ihrer Gesichtspunkte. Die Authentizität der Aufzeichnungen ist unterschiedlich<br />

(Aussagen dazu enth<strong>alte</strong>n die Apparatteile Entstehung und Überlieferung). Aber das<br />

zu ihrer Feststellung verfügbare sichere Kriterium – Vergleich mit schriftlichen und damit, soweit<br />

es den Band betrifft, in der Regel öffentlichen Äußerungen von <strong>Engels</strong> – ist nicht hinreichend.<br />

Nähme man es zur alleinigen Grundlage für die Aufnahme solcher Aufzeichnungen durch Dritte in<br />

den Band, gingen gerade jene Seiten verloren, die die Gesprächsaufzeichnungen besonders interessant<br />

machen und die auf der stets vorhandenen Differenz zwischen mündlicher, meist spontaner<br />

Äußerung einerseits und schriftlicher Fassung bestimmter Gedanken andererseits beruhen. Diese<br />

Differenz äußert sich in verschiedener Weise: Erste skizzenhafte Gedanken aus den Gesprächen<br />

fanden in den schriftlichen Arbeiten eine umfassendere Ausgestaltung; bereits schriftlich Vorliegendes<br />

erhielt durch den Gesprächsverlauf eine weitere Facette; und auch <strong>Engels</strong> ging davon aus,<br />

dass es in der Politik nicht immer angehe, alles öffentlich zu sagen, was gedacht, und es so zu sagen,<br />

wie es gedacht wird (siehe zum Beispiel S. 49.39–51.38 und 350.19–20). Freilich muss dies<br />

40 MEGA 2 II/15. S. 5.<br />

41 Siehe auch Richard Sperl: Die editorische Dokumentation von Übersetzungen in der Marx-<strong>Engels</strong>-Gesamtausgabe.<br />

In: edito. Internationales Jahrbuch für Editionswissenschaft. Hrsg. von Bodo Plachta und Winfried Woesler. Bd.<br />

14. Tübingen 2000. S. 54–71.<br />

ε Siehe dazu die diesbezügliche Passage in der Vorbemerkung.<br />

15

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