15.01.2013 Aufrufe

Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

Der alte Engels - Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Arbeiter Erfolge im Ringen um größere soziale Sicherheit und mehr politische Rechte. Diese wurden<br />

mit Ausnahme von Großbritannien und den USA jedoch vorwiegend unter gesellschaftlichen<br />

Verhältnissen durchgesetzt, in denen die von den herrschenden Klassen vor allem mittels des Staates<br />

ausgehenden Tendenzen der Konfrontation und Ausgrenzung gegenüber der sozialistischen Arbeiterbewegung<br />

nach wie vor dominierten. Damit war für diejenigen Arbeiter, die sich ihrer Interessen,<br />

in welchem Grade auch immer, bewusst glaubten, eine Realisierung ihrer Bedürfnisse im Rahmen<br />

des Kapitalismus schwer vorstellbar. Insofern banden zumindest die politisch fortgeschrittenen<br />

Teile der Lohnabhängigen ihre Hoffnungen in dieser Hinsicht an eine revolutionäre Umwälzung<br />

dieser Verhältnisse in Richtung einer auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den wichtigsten Produktions-<br />

und Austauschmitteln beruhenden sozialistischen Gesellschaft. Im Unterschied zu den<br />

verschiedenen sich allmählich verstärkenden Bestrebungen zur Integration der politisch engagierten<br />

Arbeiter in die bestehenden oder zu reformierenden gesellschaftlichen Verhältnisse war <strong>Engels</strong>’<br />

Wirken darauf gerichtet, die Einsicht in ein solches partiell empfundenes Grundinteresse an schließlich<br />

revolutionären Veränderungen zu verbreitern und zu vertiefen sowie die Befähigung der Agierenden<br />

zu dessen schrittweiser Verwirklichung zu befördern. Somit prägen <strong>Engels</strong>’ Auffassungen<br />

von der historischen Folgerichtigkeit dieser revolutionären Umwälzung, ihrer letztlich ökonomischen<br />

Bedingtheit und Notwendigkeit sowie ihrer politischen Erfordernisse besonders im Handeln<br />

der sozialistischen Parteien den hauptsächlichen Inhalt seiner hier vorliegenden Arbeiten.<br />

Diese Themen bearbeitete <strong>Engels</strong> in einem historischen Milieu, in dem nach wie vor als Grundüberzeugung<br />

galt, dass wissenschaftlich-technischer Fortschritt zugleich auch humanen Fortschritt<br />

bedeute. Die damals enorme Zunahme empirischer Erkenntnisse aus Natur und Gesellschaft 33 , die<br />

<strong>Engels</strong> stets interessiert verfolgte, wurde vornehmlich mit dieser vor allem auf Francis Bacon zurückgehenden<br />

Erwartung verbunden. Die heute weit verbreitete und durch zahlreiche Befunde begründete<br />

Skepsis gegenüber der Selbstverständlichkeit einer solchen Auffassung 34 kann deshalb<br />

nicht als Maßstab an diese Texte angelegt werden. Soweit aus den Ergebnissen der damaligen Wissenschaften<br />

bereits Zweifel an einer wachsenden Erkenntnisfähigkeit des Menschen und der darauf<br />

basierenden Idee eines gesellschaftlichen Fortschritts aufkamen, so konnte <strong>Engels</strong> dem nicht folgen.<br />

Im Gegenteil, die von ihm erwartete soziale Umwälzung sollte selbst die unter kapitalistischen Bedingungen<br />

von ihm ausgemachten unvermeidlichen Kehrseiten des zivilisatorischen Fortschritts<br />

verschwinden lassen. 35<br />

Für seine Tätigkeit konnte <strong>Engels</strong> eine für ihn erfreuliche und oben schon erwähnte neue Dimension<br />

in Rechnung stellen, die die internationale sozialistische Arbeiterbewegung gerade am Wechsel<br />

von den 1880er zu den 1890er Jahren erreicht hatte. Sie lässt sich in einem groben Überblick folgendermaßen<br />

kennzeichnen 36 :<br />

Harrer, Helga Grebing, Dieter Groh, Arno Klönne, Wilhelm Heinz Schröder, Hans-Josef Steinberg und Hans-<br />

Ulrich Wehler, die allerdings nur teilweise in das Verzeichnis der im Apparat ausgewerteten Quellen und der benutzten<br />

Literatur aufgenommen wurden.<br />

33 Siehe etwa Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918. Bd. 1. 2. Aufl. München 1991. S. 602–691. Siehe<br />

auch MEGA 2 I / 27. S.17 * –19 * .<br />

34 Gernot Böhm: Am Ende des baconschen Zeit<strong>alte</strong>rs. Studien zur Wissenschaftsentwicklung. Frankfurt/M. 1993.<br />

35 Friedrich <strong>Engels</strong>: Karl Marx. In: MEGA 2 I/25. S. 109; ders.: Anti-Dühring. In: MEGA 2 I/27. S. 314 und 335; derselbe:<br />

Dialektik der Natur (1873–1882). In: MEGA 2 I/26. S. 97–99 und S. 551–553.<br />

36 Überblicke in: Georges Haupt: Programm und Wirklichkeit. Die internationale Sozialdemokratie vor 1914. Neuwied,<br />

Berlin 1970; Geschichte des Sozialismus. Von 1875 bis 1918. Hrsg. von Jacques Droz. Bd. 4–7. Frankfurt/M<br />

[u.a.] 1975; Die internationale Arbeiterbewegung. Fragen der Geschichte und der Theorie. Bd. 2. Moskau 1981;<br />

Labour and socialist movements in Europe before 1914. Ed. by Geary. Oxford, New York, Munich 1989; The formation<br />

of labour movements. 1870–1914. Ed. by Marcel van der Linden und Jürgen Rojahn. Vol. 1. 2. Leiden<br />

[u.a.] 1990; Gary P. Steenson: After Marx, before Lenin. Marxism and socialist working-class parties in Europe,<br />

1884–1991. Pittsburgh 1991.<br />

12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!