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IGF-Projekt - 335 ZBG - 2K-Mikro-MID - Mikroaufbautechnik am HSG ...

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0910<br />

Schlussbericht<br />

der Forschungsstelle(n)<br />

Hahn-Schickard-Institut für <strong>Mikro</strong>aufbautechnik <strong>HSG</strong>-IMAT und Kunststoff-Zentrum in Leipzig<br />

zu dem über die<br />

im Rahmen des Progr<strong>am</strong>ms zur<br />

Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (<strong>IGF</strong>)<br />

vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages<br />

geförderten Vorhaben <strong>335</strong> <strong>ZBG</strong><br />

Wirtschaftliche Herstellung von miniaturisierten Moulded Interconnect Devices (<strong>MID</strong>) mit<br />

Zweikomponenten-<strong>Mikro</strong>spritzguss (<strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong>)<br />

Stuttgart, 29.11.12<br />

Leipzig, 29.11.12<br />

(Bewilligungszeitraum: 01.11.2009 - 31.07.2012)<br />

der AiF-Forschungsvereinigung<br />

Hahn-Schickard-Gesellschaft<br />

W. Eberhardt<br />

G. Jüttner<br />

Ort, Datum N<strong>am</strong>e und Unterschrift des/der <strong>Projekt</strong>leiter(s)<br />

an der/den Forschungsstelle(n)


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Zus<strong>am</strong>menfassung .......................................................................................................... 3<br />

2 Einleitung ......................................................................................................................... 4<br />

1<br />

2.1 <strong>Mikro</strong>formteilspritzgießen ..........................................................................................4<br />

2.2 Zweikomponenten(<strong>2K</strong>)-Spritzgießtechnik .................................................................4<br />

2.3 Umsetz-Indexverfahren für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>formteile ...........................................................4<br />

2.4 <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technologie .................................................................................................5<br />

3 Aufgabenstellung und <strong>Projekt</strong>struktur .............................................................................. 7<br />

4 Spezifikation Testbauteil 1 ............................................................................................... 8<br />

4.1 Entwicklungsziele .....................................................................................................8<br />

4.2 Formteilbeschreibung ...............................................................................................8<br />

5 Vorbereitende Untersuchungen zum Spritzguss des Testbauteils ................................... 9<br />

5.1 Voruntersuchungen zu Fließeigenschaften mit 1K-<strong>Mikro</strong>fließstabwerkzeug ..............9<br />

5.2 Simulation Testbauteil ............................................................................................ 12<br />

5.2.1 Theoretischer Vergleich der Funktionsweise der <strong>2K</strong>-Simulation ................12<br />

5.2.2 Theoretischer Softwarevergleich anhand des Testbauteils 1 .....................15<br />

5.2.3 Vergleich der Simulation mit den Ergebnissen der Spritzgießversuche <strong>am</strong><br />

KuZ ...........................................................................................................16<br />

5.2.4 Simulation der Spritzgießversuche mit SIGMASOFT® <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT ......18<br />

5.3 Werkzeugkonzept und Formeinsätze für <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage Battenfeld ............ 20<br />

5.4 Werkzeugkonzept und Formeinsätze für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage formicaPlast ... 23<br />

6 Technologische Untersuchungen zum Einfluss von Spritzpar<strong>am</strong>etern und Granulat ......24<br />

6.1 Spritzgießversuche auf <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage formicaPlast .............................. 24<br />

6.1.1 Versuchsserien mit LCP Vectra E820i Pd / LCP Vectra E130i ..................24<br />

6.1.2 Versuchsserien mit alternativen Formmassen ...........................................30<br />

6.2 Spritzgießversuche auf <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage Battenfeld ....................................... 33<br />

7 Technologische Untersuchungen zum Einfluss von Spritzgießpar<strong>am</strong>etern und Granulat<br />

auf die Metallbeschichtung und Drahtbonden .................................................................38<br />

7.1 Vorversuche zur Optimierung der Vorbehandlung .................................................. 38<br />

7.2 Untersuchungen zum Einfluss der Spritzgießpar<strong>am</strong>eter auf die Metallisierung<br />

(Testbauteile <strong>HSG</strong>-IMAT) .................................................................................. 42<br />

7.3 Untersuchungen zum Einfluss der Spritzgießpar<strong>am</strong>eter auf die Metallisierung<br />

(Testbauteile KuZ) ............................................................................................ 45


8 Testbauteil 2 ...................................................................................................................58<br />

9 Konzeption Musterbauteil ...............................................................................................62<br />

2<br />

9.1 Formteilfunktionen und –entwurf ............................................................................. 62<br />

9.2 Formteilbeschreibung ............................................................................................. 63<br />

10 Vorbereitende Untersuchungen zum Spritzguss der Musterbauteile ...............................65<br />

10.1 Simulation des Musterbauteils ................................................................................ 65<br />

10.2 Werkzeugkonzept und –fertigung ........................................................................... 67<br />

10.3 Erprobung und Werkzeugänderungen .................................................................... 68<br />

11 Untersuchungen zum Spritzguss des Musterbauteils......................................................70<br />

12 Untersuchungen zur Metallbeschichtung und zum Drahtbonden der Musterbauteile ......73<br />

13 Untersuchungen zur Zuverlässigkeit ...............................................................................78<br />

14 Einfaches Kostenmodell .................................................................................................80<br />

14.1 Kalkulationsbeispiel für <strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong> .......................................................................... 80<br />

14.1.1 Einleitung ..................................................................................................80<br />

14.1.2 Annahmen ................................................................................................80<br />

14.1.3 Ergebnisse ................................................................................................82<br />

14.1.4 Vergleich Laserdirektstrukturierung ...........................................................82<br />

15 Leitfaden zu Möglichkeiten und Grenzen der Formteilgestaltung ....................................84<br />

16 Ergebnistransfer .............................................................................................................87<br />

17 Literatur ..........................................................................................................................88<br />

18 Danksagung ...................................................................................................................89


1 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Im Vorhaben wurde untersucht, wie die neuen Möglichkeiten von <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschinen<br />

für die Herstellung von miniaturisierten <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong> genutzt werden können. Dabei wurde zum<br />

einen auf das Index-Umsetzverfahren in Verbindung mit der schussgewichtsoptimierten <strong>2K</strong>-<br />

<strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine formicaPlast und zum anderen auf das spezifische Umsetzverfahren<br />

einer <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine Microsystems 50 von Battenfeld zurückgegriffen.<br />

Für erste technologische Untersuchungen zum Spritzgießprozess wurden geeignete Testbauteile<br />

mit Leiter- und Isolationsbreiten bis 200 µm entworfen. Bei der Werkzeugauslegung<br />

für beide Spritzgießanlagen wurde darauf geachtet, dass die jeweiligen Formeinsätze sowohl<br />

auf der formicaPlast <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage <strong>am</strong> KuZ als auch auf der 1K- <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage<br />

<strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT verwendet werden können. Für die Auslegung von Formteil und<br />

Werkzeug wurden begleitende Füllsimulationen durchgeführt. Im Vorfeld wurde das Formfüllverhalten<br />

von relevanten Thermoplasten mit einem 1K-<strong>Mikro</strong>fließstabwerkzeug untersucht.<br />

Nach der Anfertigung der jeweiligen Spritzgießwerkzeuge für die Testbauteilf<strong>am</strong>ilie<br />

wurden umfangreiche technologische Untersuchungen zum Spritzgießprozess auf beiden<br />

<strong>Mikro</strong>spritzgießanlagen durchgeführt. Die Spritzgießpar<strong>am</strong>eter wurden variiert, weiterhin<br />

wurden unterschiedliche Granulatchargen der metallisierbaren Komponente untersucht. Neben<br />

der bisher oft verwendeten Materialkombination LCP/LCP wurden auch alternative<br />

Formmassen für die nicht metallisierbare Komponente getestet. Am vielversprechendsten<br />

hat sich dabei die Materialkombination LCP/PPA gezeigt. Die spritzgegossenen Testbauteile<br />

wurden dann umfangreichen technologischen Untersuchungen zur selektiven außenstromlosen<br />

Metallisierung mit dem Schichtsystem Kupfer/Nickel/Gold zugeführt und anschließend<br />

charakterisiert, wobei mikroskopische Verfahren wie Rasterelektronenmikroskopie und<br />

Lichtmikroskopie sowie Querschliffe eingesetzt wurden. Weiterhin wurde die Haftfestigkeit<br />

und Rauheit der abgeschiedenen Metallschichten charakterisiert. Es hat sich gezeigt, dass<br />

die untersuchten Spritzgießpar<strong>am</strong>eter beider <strong>Mikro</strong>spritzgießanlagen sowie die untersuchten<br />

verschiedenen Granulatchargen der metallisierbaren Komponente keine signifikanten Einflüsse<br />

auf das Ergebnis der Metallbeschichtung haben. Nach Optimierung der Vorbehandlung<br />

konnte auf allen Leiterbahnstrukturen eine homogene Metallbeschichtung erzielt werden.<br />

Aufbauend auf den Erkenntnissen zum Spritzguss- und Metallisierungsprozess der Testbauteile<br />

wurde gemeins<strong>am</strong> mit dem projektbegleitenden Ausschuss ein anwendungsnahes Musterbauteil<br />

entworfen. Bei der Auslegung des Musterbauteils wurde auf Füllsimulationen zurückgegriffen<br />

und entsprechende Formeinsätze angefertigt. Anschließend wurden wiederum<br />

umfangreiche technologische Untersuchungen zum Spritzguss- und Metallisierungsprozess<br />

der Musterbauteile durchgeführt. Versuche zum Drahtbonden haben gezeigt, dass der Vorbehandlungsprozess<br />

derart angepasst werden muss, so dass eine möglichst geringe Rauheit<br />

bei noch akzeptabler Haftfestigkeit erreicht wird. Ein zu intensiver Ätzprozess führt zu<br />

Oberflächentopographien mit Vertiefungen, die für den Drahtbondprozess kritisch sind. Weiterhin<br />

wurden die Musterbauteile im Hinblick einer ersten Zuverlässigkeitsuntersuchung einem<br />

Temperaturschocktest mit einer Online-Widerstandsmessung unterzogen, wobei keine<br />

Bauteilausfälle zu verzeichnen waren. Abschließend wurden die Ergebnisse in einem Leitfaden<br />

zus<strong>am</strong>mengefasst.<br />

Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.<br />

3


2 Einleitung<br />

Der Einsatz von Moulded Interconnect Devices (<strong>MID</strong>) als Systemträger für mikrosystemtechnische<br />

und mechatronische Baugruppen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Bereits einige<br />

Zeit vor der Laser-<strong>MID</strong>-Technik war die Zweikomponenten-Spritzguss-<strong>MID</strong>-Technik (<strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-<br />

Technik) bekannt. Die Vorteile der <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technik liegen in der höheren Gestaltungsfreiheit<br />

der Bauteilgeometrie und in der noch kürzeren Prozesskette, wo nach dem Spritzgießen<br />

direkt die Metallbeschichtung erfolgen kann. Es gibt allerdings auch Einschränkungen hinsichtlich<br />

Kosten, Werkstoffauswahl, Werkzeugtechnik und durch konsequente Auslegung der<br />

Prozesskette auf miniaturisierte <strong>MID</strong> kann die Fertigung kosteneffizienter und losgrößenflexibler<br />

werden und zusätzlich feinere Leiterbahnstrukturen ermöglicht werden.<br />

2.1 <strong>Mikro</strong>formteilspritzgießen<br />

Die zentrale Herausforderung des <strong>Mikro</strong>formteilspritzgießens ist die kontrollierte und sehr<br />

dyn<strong>am</strong>ische Füllung von Formteilvolumina deutlich unter 100 mm³. Im Kunststoff-Zentrum in<br />

Leipzig (KuZ) wurde die Zweistufen-Kolbenspritzgießmaschine „formicaPlast“ mit dem Ziel<br />

entwickelt, kleinste Schmelzemengen aufzubereiten und präzise einzuspritzen [1, 2, 3]. Dadurch<br />

ist es möglich, das Schussvolumen gegenüber den bisher verfügbaren kommerziellen<br />

<strong>Mikro</strong>spritzgießmaschinen um mindestens eine Größenordnung auf unter 10 mm³ zu reduzieren.<br />

So können <strong>Mikro</strong>formteile, welche nur wenige mm³ Volumen haben, mit ausgewogenem<br />

Anguss-Formteil-Verhältnis realisiert werden [1, 2]. Daraus ergeben sich direkte verfahrenstechnische<br />

und ökonomische Vorteile.<br />

2.2 Zweikomponenten(<strong>2K</strong>)-Spritzgießtechnik<br />

Beim <strong>2K</strong>-Spritzguss müssen Bereiche der Werkzeugkavität zwischen den beiden Spritzvorgängen<br />

für die zweite Komponente freigemacht werden [4]. Dazu werden diverse Drehmechanismen<br />

oder bewegliche Kerne angewandt. Alternativ kann das Formteil zwischen den<br />

beiden Spritzvorgängen im Werkzeug oder zwischen zwei Maschinen umgesetzt werden.<br />

Bezogen auf <strong>Mikro</strong>formteile ist es sinnvoll, ein ausgewogenes Anguss-Formteil-Verhältnis zu<br />

wahren. Dies führt zu geringen Schussgewichten, welche wiederum kurze Angüsse von wenigen<br />

Millimetern erfordern. Die klassische Anordnung mehrerer Spritzeinheiten um das<br />

Werkzeug herum stellt für das <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießen keine optimale Lösung dar, weil eine<br />

zusätzliche zweite Spritzeinheit nicht nah genug an das Formnest geführt werden kann. Der<br />

Transfer zwischen zwei Maschinen ist wiederum bei den langen Wegen u. a. mit Positionierungsproblemen<br />

verbunden [5].<br />

2.3 Umsetz-Indexverfahren für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>formteile<br />

Im KuZ wurde auf Basis der „formicaPlast“ ein <strong>Mikro</strong>spritzgießkonzept für Zweikomponententeile<br />

(<strong>2K</strong>-Teile) entwickelt, welche die Vorteile des <strong>2K</strong>-Spritzgießens mit relativ geringem<br />

Aufwand für <strong>Mikro</strong>formteile zugänglich macht [6]. Die Lösung stellt eine Mischung aus der<br />

bekannten Indextechnik mit rotierenden Werkzeugteilen und aus der Transfertechnik mit<br />

parallel nebeneinander angeordneten Maschinen dar. Diese Maschinenanordnung ist nur bei<br />

konsequent miniaturisierten Baugruppen, wie die formicaPlast sie besitzt, möglich. Diese<br />

bietet wesentliche Vorteile beim <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießen, wie eine große Variantenvielfalt und<br />

hohe Designfreiheit, kurze Zykluszeiten durch gleichzeitiges Spritzen von Vor- und Fertigspritzling,<br />

verbunden mit einem ausgewogenen Anguss-Formteil-Verhältnis.<br />

4


Am Formteil „Lichtleiter“ konnte die Funktionalität durch ein wohl bis dahin unerreichtes Ges<strong>am</strong>tschussgewicht<br />

von 19 mg für ein <strong>2K</strong>-Formteil demonstriert werden [6]. Weitere bereits<br />

publizierte Formteile sind ein Optogehäuse für die Sensortechnik und ein Lupenchip für die<br />

Blutanalyse [7] sowie ein <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>prüfkörper [8]. Inzwischen ist die Lösung durch<br />

Desma Tec, Achim unter der Bezeichnung „formicaPlast <strong>2K</strong>“ in die Serie überführt worden.<br />

2.4 <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technologie<br />

Bei der <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technologie werden in der Regel Kunststoffkombinationen eingesetzt, bei<br />

denen eine Komponente kernkatalytisch ist und somit in einem außenstromlosen Metallisierungsprozess<br />

selektiv und haftfest metallisiert werden kann, d.h. eine Komponente weist<br />

unterschiedliches Verhalten gegenüber dem Vorbehandlungs- und Metallisierungsprozess<br />

auf [9]. Durch eine geeignete chemische Vorbehandlung wird die Oberfläche der kernkatalytischen<br />

Komponente selektiv aufgeraut und modifiziert. Die Aufrauung entsteht durch<br />

Herauslösen der oberflächennahen Füllstoffe in der Kunststoffoberfläche, wodurch Kavernen<br />

unterschiedlicher Geometrie erzeugt werden, welche eine gute mechanische Verankerung<br />

der abzuscheidenden Metallschicht ermöglichen. Weiterhin werden dadurch Katalysatorkeime<br />

für die außenstromlose Metallabscheidung freigelegt. Beim Einsatz des kernkatalytischen<br />

Thermoplasten LCP Vectra E820i Pd als metallisierbare Komponente erfolgt die Vorbehandlung<br />

durch Anätzen mit heißer Kalilauge. Danach werden in einem Neutralisations- und<br />

Spülschritt Laugenreste sowie angelöste Kunststoffpartikel entfernt. Der Metallisierungsprozess<br />

beginnt dann mit der außenstromlosen Abscheidung einer Kupferschicht. Aufbauend<br />

darauf wird als Diffusionsbarriere chemisch Nickel und als Endschicht Tauchgold abgeschieden<br />

[10,11].<br />

Im Hinblick auf die Realisierung von <strong>MID</strong>-Komponenten im <strong>2K</strong>-Spritzguss gibt es im Wesentlichen<br />

zwei Möglichkeiten (Abb. 1). Zum einen (Methode 1) stehen die Leiterbahnen erhaben<br />

auf dem Vorspritzling aus metallisierbarem Kunststoff und werden durch die zweite Komponente<br />

durch Auffüllen der Zwischenräume aus nicht metallisierbarem Kunststoff (Isolierschicht)<br />

voneinander getrennt. Zum anderen (Methode 2) enthält der Vorspritzling aus nicht<br />

metallisierbarem Kunststoff die späteren Leiterbahnen in Form von Gräben, die in dem zweiten<br />

Spritzvorgang mit metallisierbarem Kunststoff gefüllt werden.<br />

Speziell für das <strong>Mikro</strong>spritzgießen, auch unter Einbeziehung der Erfahrungen dieses <strong>Projekt</strong>es<br />

können die charakteristischen Merkmale der beiden Methoden wie folgt zus<strong>am</strong>mengefasst<br />

werden: In der Praxis kommt die erste Methode wegen der höheren Flexibilität bei der<br />

Leiterbahngestaltung häufiger zum Einsatz. Da die Leiterbahnen sich auf einem gemeins<strong>am</strong>en<br />

Grundkörper befinden, kann es bei dieser Methode bei unvollständigem Formschluss<br />

beider Komponenten zu Unterwanderungseffekten im Metallisierungsprozess und somit zu<br />

möglichen Kurzschlüssen kommen. Eine Unterwanderung ist hauptsächlich an den Grenzflächen<br />

zwischen den beiden Komponenten und in den Bindenahtbereichen zu erwarten.<br />

Aus Sicht der Spritzgießtechnologie ist die komplexe Strömungssituation mit vielfach aufgeteilten<br />

Schmelzeströmen und entsprechend vielen Bindenähten in der Isolierschicht zu beachten.<br />

Da die Fließquerschnitte im Vergleich zur Methode 2 i. d. R. groß sind, ist ein leichteres<br />

Füllen bei geringeren Drücken möglich. Die Leiterbahnen werden als Gräben im Werkzeugeinsatz<br />

strukturiert, sodass die für die Werkzeugeinsätze verfügbaren <strong>Mikro</strong>strukturierungsverfahren<br />

der Layoutgestaltung eine Grenze setzen. Die aktuell angestrebten Strukturbreiten<br />

sind durch <strong>Mikro</strong>fräsen aber noch gut herstellbar.<br />

5


Abb. 1: Varianten für die metallisierbare „Leiterbahnkomponente“<br />

Bei der Methode 2 haben die Bahnen wegen des fehlenden gemeins<strong>am</strong>en Untergrundes<br />

keine Verbindungsstellen zueinander. So besteht nicht die Gefahr eines Kurzschlusses<br />

durch Unterwanderungen beim Metallisierungsprozess. Die einzelnen Bahnen müssen aber<br />

individuell verankert und angespritzt werden. Letzteres grenzt die Möglichkeiten beim Leiterbahnlayout<br />

stark ein. Elemente zur Durchkontaktierung zweier Funktionsebenen mit beidseitig<br />

offenen Bahnen sind aber gut machbar. Bei der <strong>Mikro</strong>strukturierung der Formeinsätze<br />

sind sehr geringe Leiterbahnbreiten, allerdings bei nach unten begrenztem Bahnabstand<br />

realisierbar, da die Strukturen im Werkzeug erhaben sind. Als Folge der direkten Füllung der<br />

filigranen Leiterbahnenquerschnitte ergeben sich bei dieser Methode beim Spritzgießen hohe<br />

Drücke. Diese führen häufig zur Gratbildung an der zweiten Komponente und zur Deformation<br />

der Grundkomponente.<br />

6


3 Aufgabenstellung und <strong>Projekt</strong>struktur<br />

Das Ziel des Vorhabens ist die Untersuchung der <strong>Mikro</strong>spritzgießtechnik für die Herstellung<br />

von <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong>. Dabei sollen die wichtigsten Aspekte der ges<strong>am</strong>ten Produktionskette betrachtet<br />

werden. Im Einzelnen werden vier Teilziele verfolgt:<br />

7<br />

• Untersuchung der Grenzen des <strong>Mikro</strong>spritzgusses für die Herstellung von <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong><br />

• Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Spritzgießpar<strong>am</strong>etern, Materialchargen<br />

des Kunststoffgranulats der metallisierbaren Komponente und selektiver chemischer<br />

Metallbeschichtung der Leiterbahnen.<br />

• Untersuchungen zur Zuverlässigkeit sowie zur Eignung der <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong> für das<br />

Drahtbonden<br />

• Erarbeitung eines Leitfadens realisiert<br />

Die <strong>Projekt</strong>struktur des Vorhabens ist in Abb. 2 schematisch dargestellt.<br />

Testbauteile<br />

- Leiterbahnbreite<br />

- Leiterbahnabstand<br />

- Leiterbahnen<br />

angussnah/fern<br />

Simulation<br />

Formeinsätze<br />

Abb. 2: <strong>Projekt</strong>struktur<br />

Spritzgießen<br />

- formicaPlast ↔ Battenfeld<br />

- Granulatcharge<br />

- Spritzpar<strong>am</strong>eter<br />

- Charakterisierung<br />

Formeinsätze<br />

Musterbauteil<br />

Spritzgießen<br />

formicaPlast<br />

Metallisierung<br />

- Vorbehandlung<br />

- Rauheit<br />

- Haftfestigkeit<br />

- Selektivität und Homogenität<br />

Metallisierung und Charakterisierung<br />

Drahtbonden und Zuverlässigkeit<br />

Simulation


4 Spezifikation Testbauteil 1<br />

4.1 Entwicklungsziele<br />

Das Formteil für die Grundlagenuntersuchungen soll folgende Fragen in Bezug auf miniaturisierte<br />

<strong>MID</strong>s klären:<br />

8<br />

• Ausnutzung der Möglichkeiten des schussgewichtoptimierten Spritzgießens mit dem<br />

formicaPlast-Prinzip<br />

• Nutzung der Indextechnik für eine beidseitige Strukturierung<br />

• Eignung für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage formicaPlast sowie für 1K-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage<br />

Battenfeld<br />

• Der Grundaufbau soll die Erprobung verschiedener Methoden zur Leiterbahnbildung<br />

(Methode 1 und 2 aus dem vorigen Abschnitt) ermöglichen (s. später „Testbauteil 2“)<br />

• Miniaturisierbarkeit der Strukturen (mögliche Leiterbahnbreite und -abstand (Pitch),<br />

Durchmesser freistehender Kontaktstellen, Gestaltung von Durchbrüchen)<br />

• Möglichkeiten zur Haftfestigkeitsprüfung der Metallisierung<br />

• Eignung für verschiedene Formmassen<br />

4.2 Formteilbeschreibung<br />

Die Versuchsgeometrie ist mit zwei Formnestern (2-fach-Werkzeug) konzipiert, wobei nur ein<br />

Nest für das <strong>2K</strong>-Spritzgießen verwendet wird. Das zweite Nest dient zur Demonstration der<br />

Skalierbarkeit des Verfahrens und zur Untersuchung der Abformung von Durchbrüchen.<br />

Die beiden Formteile für die Grundlagenuntersuchungen „Testbauteil 1“ und „Testbauteil 2“<br />

(Abb. 3) haben einen gemeins<strong>am</strong>en Grundkörper mit zwei gegenüber liegenden ebenen Flächen<br />

(8 x 5 mm²). Davon ist auf der Frontseite eine rechteckige Fläche von 4,2 x 7,2 mm²,<br />

auf der Rückseite eine beschnittene Kreisfläche von Ø6 mm strukturierbar.<br />

Abb. 3: Das Formteil „Testbauteil 1“ für die Voruntersuchungen. Links sind jeweils die<br />

Komponenten getrennt dargestellt, rechts Front- und Rückseite mit charakteristischen<br />

Maßen<br />

Die Strukturen des Formteils „Testbauteil 1“ (Abb. 3) dienen zur Untersuchung der Strukturierungsmöglichkeiten<br />

für die „Methode 1“ (erhabene Leiterbahnen in Verbindung mit einer<br />

Isolierschicht). Dazu sind auf der Frontseite Leiterbahnstrukturen mit Breiten von 0,2, 0,25<br />

und 0,3 mm verschiedener Länge sowie Kontaktstellen in Form von Kreiszylindern zwischen


Ø0,2 und Ø0,6 mm untergebracht. Auf der Rückseite dominiert eine Kreisfläche mit Ø3 mm<br />

für die Haftungsuntersuchung der Metallschicht mittels Stirnabzugtest.<br />

Die Grundkörper der Formteile werden durch einen Tunnelanschnitt angespritzt (Abb. 4,<br />

links). Somit wird der Anguss nach dem ersten Spritzvorgang bei dem Öffnen des Werkzeuges<br />

abgetrennt und ausgeworfen. Die zweite Komponente hat eine rechteckige Direktanbindung<br />

an der frontseitigen Strukturfläche (Abb. 4, rechts) und verbleibt nach der Entformung<br />

<strong>am</strong> Formteil. Über Durchbrüche im Grundkörper gelangt die Schmelze auf die Rückseite des<br />

Formteils. Dadurch ist eine mechanische Verankerung der zweiten Komponente immer gegeben.<br />

Abb. 4: Spritzreihenfolge <strong>am</strong> Beispiel des Formteils „Testbauteil 1“ mit Angabe der Formteil-<br />

und Angussvolumina<br />

5 Vorbereitende Untersuchungen zum Spritzguss des Testbauteils<br />

5.1 Voruntersuchungen zu Fließeigenschaften mit 1K-<strong>Mikro</strong>fließstabwerkzeug<br />

Mit Hilfe eines <strong>Mikro</strong>fließstabes werden die Fließeigenschaften der Formmassen unter den<br />

instationären Bedingungen des Spritzgießprozesses an der <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine<br />

formicaPlast <strong>am</strong> KuZ untersucht. Dabei soll erstens geklärt werden, welcher Einfluss der<br />

Füllstoff (LCP Vectra E130i vs. LCP Vectra E820i Pd) und zweitens der Herstellprozess (verschiedene<br />

Chargen der LCP Vectra E820i Pd) zeigt. Dazu werden Massetemperatur TM<br />

(330°C, 340°C), Werkzeugtemperatur TWz (80°C, 120°C) und Wanddicke des Fließstabes d<br />

(0,2 mm, 0,3 mm) praxisgerecht variiert. Die verwendete Modellgeometrie besitzt eine Fließweglänge<br />

von 47 mm und eine Kanalbreite von 1,5 mm (Abb. 5).<br />

Anhand der Darstellung in Abb. 5 wird die Genauigkeit deutlich, die der folgenden Auswertung<br />

zu Grunde gelegt werden kann. Sie zeigt den Werkzeuginnendruckverlauf einer kompletten<br />

Formfüllstudie für den <strong>Mikro</strong>fließstab mit 6 Versuchspunkten, die durch die Variation<br />

des Einspritzweges entstehen. Da für jeden Versuchspunkt jeweils fünf aufeinander folgende<br />

Spritzzyklen realisiert werden, wird für eine anschauliche Darstellung jeweils eine geglättete<br />

Mittelwertskurve (Abb. 5 links) anstatt der fünf separaten Kurven abgebildet (Abb. 5 rechts).<br />

Die Druckkurven jeder Versuchsreihe sind bis auf den jeweils letzten Abschnitt in der Ab-<br />

9


kühlphase nahezu identisch. Außerdem liegen die Spitzenwerte aller Druckkurven eindeutig<br />

auf einer gemeins<strong>am</strong>en, aufsteigenden Kurve.<br />

Abb. 5: Links: Werkzeuginnendruckverläufe für 6 verschiedene Umschaltpunkte sU<br />

(� Fließweglängen) einer kompletten Versuchsreihe, rechts oben: <strong>Mikro</strong>fließstabgeometrie,<br />

rechts unten: blaue Mittelwertkurve aus den fünf grauen Kurven<br />

der Versuchsreihe mit sU = 20,0 mm<br />

Zur Untersuchung der Fließeigenschaften mit dem Fließstab werden zwei Vorgehensweisen<br />

praktiziert. Bei der ersten Untersuchungsmethode werden mit vorgegebenen Einspritzgeschwindigkeiten<br />

(zwischen 20 und 200 mm/s) und bei einer festen Druckbegrenzung Fließstäbe<br />

gespritzt. Längere Fließstäbe als Ergebnis deuten auf bessere Fließeigenschaften hin<br />

(Abb. 6).<br />

Bei der zweiten Methode werden durch Verstellung des Umschaltpunktes verschiedene Füllgrade<br />

realisiert und dabei im Angussbereich der Werkzeuginnendruck gemessen. In diesem<br />

Fall ist ein geringerer Druckbedarf bei gleichem Füllgrad mit besseren Fließeigenschaften<br />

gleichbedeutend. Der Versuchspunkt mit den hohen Schmelze- und Werkzeugtemperaturen<br />

kann mit dem VectraE820i Pd nicht durchgeführt werden, da hier das Formteil düsenseitig<br />

stecken bleibt und beim anschließenden manuellen Entformen zerstört wird.<br />

10


Abb. 6: Geschwindigkeitsabhängige Fließweglänge<br />

Abb. 7: Fließwegabhängiger Druckbedarf<br />

11


Abb. 8: Untersuchung des Einflusses der Chargenschwankungen von VectraE820i Pd<br />

Beide Untersuchungsmethoden (Abb. 6, Abb. 7) weisen nach, dass die Formmasse LCP<br />

Vectra E130i bessere Fließeigenschaften im ges<strong>am</strong>ten untersuchten Verarbeitungsfenster<br />

besitzt.<br />

Wie schon vermutet, zeigt sich bei beiden Kunststoffen für die Versuchspunkte mit Wanddicke<br />

von 0,2 mm ein höherer Druckbedarf für die Formfüllung als bei 0,3 mm Wanddicke. Der<br />

durch die geringere Wanddicke kleiner werdende Fließquerschnitt der Schmelze führt zur<br />

schnelleren Erstarrung. Das Erstarren der Fließfront zeigt sich <strong>am</strong> Fließstab in Form eines<br />

angussnahen Grates.<br />

Eine Veränderung der Fließeigenschaften durch Chargenschwankungen, die durch unterschiedliche<br />

Granulatkorngrößen mit entsprechender Verteilung des Füllstoffes charakterisiert<br />

sind, konnte dagegen mit keiner der beiden Methoden gefunden werden (Abb. 8).<br />

5.2 Simulation Testbauteil<br />

5.2.1 Theoretischer Vergleich der Funktionsweise der <strong>2K</strong>-Simulation<br />

Zur Darstellung wie praxisnah sich die Formfüllung beim Mehrkomponenten-Spritzgießen<br />

simulieren lässt, wurde eine <strong>2K</strong>-Testgeometrie (Abb. 9, oben links) generiert. Für beide<br />

Komponenten kommt das LCP VectraE130i zum Einsatz. Nach Implementierung der wichtigsten<br />

maschinentypischen Par<strong>am</strong>eter erfolgt die Simulation der Formfüllung mit den beiden<br />

Simulationsprogr<strong>am</strong>men Autodesk Moldflow 2012 und Cadmould im KuZ.<br />

Die erste Komponente bei der in Abb. 9 dargestellten <strong>2K</strong>-Testgeometrie ist grau schattiert.<br />

Für die zweite Komponente ist die Formfüllung mit fortschreitender Fließfront in Form von<br />

farblich veränderten Fließlinien visualisiert. Der schwarze Punkt beschreibt die Position über<br />

12


die Dicke, an der die zur Auswertung benötigten Daten wie Temperatur, Geschwindigkeit<br />

und Scherrate über die Formteildicke entnommen werden.<br />

Abb. 9 zeigt ebenfalls die Simulationsergebnisse beider Simulationsprogr<strong>am</strong>me in der<br />

1K(Stahl/Stahl)- und <strong>2K</strong>(Kunststoff/Stahl)- Grenzfläche. Bei beiden Progr<strong>am</strong>men lässt sich<br />

für die <strong>2K</strong>-Variante die isolierende Wirkung der 1. Komponente erkennen. Durch den Kontakt<br />

mit dem Kunststoff kann die Schmelze immer noch fließen, was sich ganz deutlich an der<br />

noch vorhandenen Fließgeschwindigkeit der Schmelze im Randbereich des Formteiles gegen<br />

Ende des Einspritzens deutlich macht. Indessen ist bei der 1K-Variante ein typisches<br />

Geschwindigkeitsprofil während des Formfüllvorganges vorzufinden.<br />

Abb. 9: Darstellung der berechneten Geschwindigkeit über die Dicke der zweiten Komponente<br />

der <strong>2K</strong>-Testgeometrie unter Verwendung von Cadmould und Autodesk<br />

Moldflow 2012<br />

13


Abb. 10: Vergleich der Simulationsergebnisse der zwei Versionen Autodesk Moldflow<br />

2011 und 2012 für die Geschwindigkeit der Schmelze während des Formfüllvorganges<br />

über die Wanddicke der zweiten Komponente<br />

Widersprüche zeigen sich zu Beginn der Untersuchung bei der <strong>2K</strong>-Simulation mit der Version<br />

Autodesk Moldflow 2011 (Abb. 10). Das Material erstarrt laut Simulation an der Kunststoffwandung<br />

schneller, als an der Werkzeugwand aus Stahl. Theoretisch ist jedoch an der<br />

Stahlwandung eine schnellere Erstarrung infolge geringerer Kontakttemperatur zu erwarten.<br />

Auch die Variation der Wärmeübergangskoeffizienten bringt keine qualitative Änderung. Mit<br />

der Version Autodesk Moldflow 2012 ändern sich die Verhältnisse (Abb. 10) und stimmen<br />

dadurch mit den theoretischen Überlegungen überein.<br />

14


5.2.2 Theoretischer Softwarevergleich anhand des Testbauteils 1<br />

Der Einsatz der Simulation mit dem Formteil „GL1“ dient in diesem Fall nicht der Vorhersage<br />

und wird nicht zur Unterstützung der Formteilauslegung verwendet, sondern soll den Stand<br />

der Simulationstechnik <strong>am</strong> Beispiel eines komplexen Anwendungsfalles punktuell prüfen. Die<br />

Komplexität ergibt sich aus den kleinen Dimensionen (Kanalquerschnitte und Wandstärken),<br />

der komplexen Strömungssituation mit zahlreichen Fließhindernissen sowie aus dem zweiten<br />

Spritzvorgang, bei dem die Kanalwand teils aus Kunststoff und teils aus Stahl besteht.<br />

Abb. 11: Vergleich der Simulationsergebnisse von Autodesk Moldflow 2012 und<br />

Cadmould über die Entstehung von Bindenähten (KuZ)<br />

Die Simulationsserie, deren wichtigsten Ergebnisse in Abb. 11 zus<strong>am</strong>mengefasst sind, zeigt<br />

einen Vergleich zwischen den Progr<strong>am</strong>men Autodesk Moldflow 2012 und Cadmould. Die<br />

Ergebnisse werden anhand der resultierenden Bindenahtlage beurteilt. So haben die Werkzeugtemperaturen<br />

bei beiden Progr<strong>am</strong>men keinen nennenswerten Einfluss. Der Par<strong>am</strong>eter<br />

Einspritzgeschwindigkeit verschiebt dagegen die Bindenahtlage deutlich, wobei mit Ausnahme<br />

der sehr langs<strong>am</strong>en Einspritzgeschwindigkeiten die Ergebnisse der beiden Progr<strong>am</strong>me<br />

sehr ähnlich ausfallen.<br />

15


5.2.3 Vergleich der Simulation mit den Ergebnissen der Spritzgießversuche <strong>am</strong><br />

KuZ<br />

Die zweite Simulationsserie vergleicht die Ergebnisse einer praktischen Füllstudie, bei der<br />

die Füllstufen durch die Veränderung des Umschaltpunktes entstehen, mit den Simulationsergebnissen<br />

von Autodesk Moldflow und Moldex3D.<br />

Abb. 12: Ausschnitt aus dem sequentiellen Vergleich der Simulationsergebnisse von<br />

Autodesk Moldflow (Mitte) und Moldex3D (unten) mit den praktisch durchgeführten<br />

Füllstudien mit einer Einspritzgeschwindigkeit von 20 mm/s<br />

16


Ausgewählte Ergebnisse für 2 verschiedene Einspritzgeschwindigkeiten sind in Abb. 96 und<br />

Abb. 97 dargestellt. Der signifikante Einfluss der Einspritzgeschwindigkeit bei den Simulationsergebnissen<br />

bestätigt sich auch beim Vergleich mit der Füllstudie des Formteiles GL1.<br />

Aufgrund des geringen Einspritzdruckes bei 20 mm/s stagniert die Schmelze schon beim<br />

Erreichen der Leiterbahnen und fließt dann aus dem breiteren Bereich im Inneren des Formteiles<br />

nach außen. Bei höheren Geschwindigkeiten erstarrt die Schmelze in diesen engen<br />

Leiterbahnbereichen nicht. Hier zeigt sich im Widerspruch zu den praktischen Füllstudien die<br />

Besonderheit, dass die äußeren Bahnen langs<strong>am</strong>er gefüllt werden, betrachtet man nur die<br />

oberen Leiterbahnen in der links dargestellten Draufsicht.<br />

Abb. 13: Ausschnitt aus dem sequentiellen Vergleich der Simulationsergebnisse von<br />

Autodesk Moldflow (Mitte) und Moldex3D (unten) mit den praktisch durchgeführten<br />

Füllstudien mit einer Einspritzgeschwindigkeit von 220 mm/s<br />

17


5.2.4 Simulation der Spritzgießversuche mit SIGMASOFT® <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

Um Aussagen zum Füllverhalten, der Bildung von Lunkern und Bindenähten sowie der Faserorientierung<br />

über das Testbauteil zu erhalten, wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT eine <strong>2K</strong>-Spritzgusssimulation<br />

mit dem Progr<strong>am</strong>m SIGMASOFT ® durchgeführt. Die Komponente K1 besteht aus<br />

zwei Formnestern, davon ist ein Formnest für ein Dummy-Formteil ohne Leiterbahnstruktur<br />

und ein Formnest für ein Formteil mit Leiterbahnstruktur ausgeformt. Bei der Komponente K2<br />

wird der Bereich zwischen den Leiterbahnen gefüllt (Abb. 14).<br />

Abb. 14: Komponente K1 (links), Komponente K2 (rechts)<br />

Bei der <strong>2K</strong>-Spritzgießsimulation wurden für die Komponente K1 (metallisierbare Komponente)<br />

die Materialdaten des Thermoplasten LCP Vectra E820i Pd und für die Komponente K2<br />

(nicht metallisierbare Komponente) die Materialdaten des Thermoplasten LCP Vectra E130i<br />

verwendet. Für die Spritzgießsimulation wurden jeweils die Massetemperatur der Schmelze<br />

mit 340°C und die Werkzeugtemperatur mit 100°C gemäß Herstellerempfehlung gewählt. Die<br />

Umlagerungszeit der Komponente K1 in die Kavität des Formnests der Komponente K2 wurde<br />

für eine Drehtellervorrichtung mit 2 s gewählt. Beim Füllverhalten von K1 zeigte sich eine<br />

Quellströmung, die zu einer homogenen Füllung der Kavität führt (Abb. 15).<br />

Abb. 15: Füllverhalten von K1<br />

Die Auswertung der <strong>2K</strong>-Spritzgusssimulation hinsichtlich der Bindenahtbildung der Komponente<br />

K1 zeigt, dass sich die Bindenähte nicht im Bereich der Leiterbahnen bilden und somit<br />

für die Metallisierung der Testbauteile unkritisch sein sollten (Abb. 16). Die Faserorientierung<br />

18<br />

Dummy-<br />

Bauteil<br />

K1 des<br />

Testbauteils<br />

K2 des<br />

Testbauteils


der Komponente K1 zeigen keine signifikanten Schwachstellen des Materials durch die Bindenähte.<br />

Abb. 16: Darstellung der berechneten Faserorientierung und Bindenähte der Vorder- und<br />

Rückseite von K1<br />

Die Auswertung der <strong>2K</strong>-Spritzgusssimulation hinsichtlich der Bindenahtbildung und der Faserorientierung<br />

der Komponente K2 zeigt, dass insbesondere die Bindenähte im rotmarkierten<br />

Bereich (Abb. 17) zu einer Verringerung der mechanischen Festigkeit führen können.<br />

Abb. 17: Darstellung der berechneten Faserorientierung und Bindenähte der Vorder- und<br />

Rückseite von K2<br />

19


5.3 Werkzeugkonzept und Formeinsätze für <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage Battenfeld<br />

Für das Testbauteil 1 wurde ein Werkzeugkonzept für die 1K-<strong>Mikro</strong>spritzgießanalage <strong>am</strong><br />

<strong>HSG</strong>-IMAT erarbeitet. Bei der Erstellung des Werkzeugkonzeptes wurde darauf geachtet,<br />

dass die Formeinsätze sowohl auf der formicaPlast <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage <strong>am</strong> KuZ als<br />

auch auf der 1K- <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT verwendet werden können.<br />

Bei der 1K-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT handelt es sich um eine Battenfeld<br />

Microsystem 50 (Abb. 18). Die Plastifizierung der Schmelze erfolgt mit einer<br />

Extruderschnecke mit einem Durchmesser von 14 mm und das Einspritzen der Schmelze in<br />

die Kavität erfolgt durch einen Einspritzkolben mit einem Durchmesser von 5 mm. Mit dieser<br />

Plastifizier- und Einspritzeinheit können Schussgewichte von 1 – 1000 mg realisiert werden.<br />

20<br />

Düse<br />

Angußverteiler<br />

Spritzling<br />

Dosierhülse mit Druckmesskolben<br />

Werkzeug Maschine<br />

Extruderschnecke<br />

Η 14mm<br />

Sperrventil<br />

Heizung<br />

EinspritzkolbenΗ<br />

5mm<br />

Abb. 18: Battenfeld Microsystem 50 <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT (links), Darstellung der Plastifizier- und<br />

Einspritzeinheit (rechts)<br />

Die Battenfeld Microsystem 50 ist vom Aufbau her nur für 1K-Spritzguss geeignet. Für die<br />

Herstellung der <strong>2K</strong>-Testbauteile muss deshalb auf die Umsetztechnik zurück gegriffen werden.<br />

Bei der Umsetztechnik wird die spritzgegossene 1. Komponente mit Hilfe eines<br />

Handlinggeräts in die Kavität für die 2. Komponente eingelegt und anschließend umspritzt.<br />

Bei der Firma <strong>Mikro</strong>technik Freudenreich wird dies über die Verkopplung von zwei Battenfeld<br />

Microsystem 50 Maschinen durch Drehteller und Handlingsystem realisiert. Im Rahmen des<br />

<strong>Projekt</strong>es wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT folgender Prozessablauf durchgeführt:<br />

- Spritzguss einer ausreichenden Anzahl von Komponente K1<br />

- Werkzeug- und Materialwechsel auf K2<br />

- Einlegen von Komponente K1 in Werkzeug K2<br />

- Umspritzen von Komponente K1 mit K2<br />

Im Vergleich zur <strong>2K</strong>-Spritzgusstechnik <strong>am</strong> KuZ werden die Komponenten chargenweise gefertigt.<br />

Das Einlegen der Komponente K1 in das Werkzeug K2 ist aufwändiger zu realisieren.<br />

Durch die Umsetztechnik wird die bereits erkaltete Komponente K1 in das Spritzgusswerkzeug<br />

eingelegt. Allerdings ist für diesen Prozessablauf nur ein Spritzaggregat erforderlich<br />

und man besitzt eine größere Geometriefreiheit bei der Auslegung der Bauteile.<br />

Die Rahmenbedingungen für das Werkzeugkonzept werden zum einen durch die Verwendbarkeit<br />

der Formeinsätze auf den beiden Spritzgussmaschinen <strong>am</strong> KuZ und <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

sowie der spezifischen Anforderungen durch die Battenfeld Microsystem 50 wie folgt gegeben:


21<br />

- Formeinsätze auf der Düsen- und Auswerferseite bei KuZ und <strong>HSG</strong>-IMAT identisch<br />

- Konstruktion von jeweils einer Aufnahme für die Formeinsätze K1 und K2<br />

- Auswerferpaket maschinenspezifisch<br />

- Änderung des Angusses zur Anbindung der Formeinsätze an Battenfeld<br />

- 3 Platten-Werkzeug zur Abtrennung des Battenfeld spezifischen Angusses<br />

- Pneumatikzylinder für die Bewegung der dritten Platte<br />

Abb. 19 zeigt den 1. und 2. Schuss des <strong>2K</strong>-Testbauteils mit dem Battenfeld spezifischen<br />

Anguss, der beim Auswurf durch das 3-Plattenwerkzeug abgetrennt werden soll.<br />

Abb. 19: 1. Schuss des <strong>2K</strong>-Testbauteils (links), 2. Schuss des <strong>2K</strong>-Testbauteils (rechts)<br />

Die Auslegung des <strong>2K</strong>-Testbauteils und die genannten Anforderungen führten zur Konstruktion<br />

eines St<strong>am</strong>mwerkzeuges für die Battenfeld Microsystem 50 (Abb. 20).<br />

Abb. 20: Konstruktion des 3-Platten St<strong>am</strong>mwerkzeuges für die Battenfeld Microsystem 50


In Abb. 21 sind die wechselbaren gemeins<strong>am</strong>en Formeinsätze der Werkzeuge von KuZ und<br />

<strong>HSG</strong>-IMAT rot markiert. Die Trennebene des Testbauteils ist identisch wie beim Werkzeug<br />

des KuZ angeordnet. Bedingt durch das 3-Platten Spritzgusswerkzeug dient die zweite<br />

Trennebene dazu den Battenfeld spezifischen Anguss abzutrennen.<br />

Abb. 21: Querschnitt des St<strong>am</strong>mwerkzeuges für die Battenfeld Microsystem 50<br />

Die Umsetztechnik, d.h. das Einlegen der Komponente K1 in die Form K2, soll über eine<br />

Vorrichtung erfolgen (Abb. 22). Dazu wird die Komponente K1 mittels Vakuum-Ansaugung<br />

auf der Vorrichtung positioniert und in die Form K2 eingelegt. Zur Positionierung der Vorrichtung<br />

in der Form K2 dienen Auffädel-Stifte. Nach dem Spritzgussvorgang wird das<br />

umspritzte Testbauteil mit derselben Vorrichtung entnommen. Dieser Vorgang kann grundsätzlich<br />

manuell oder automatisiert erfolgen.<br />

Abb. 22: Schematische Darstellung zur Umsetzung der <strong>2K</strong>-Testbauteile (links), Vorrichtung<br />

zur Umsetzung der <strong>2K</strong>-Testbauteile (rechts)<br />

Die Kavitäten für das Testbauteil wurden mittels <strong>Mikro</strong>fräsen angefertigt (Abb. 23). Das 3-<br />

Plattenwerkzeug für die Battenfeld Microsystem 50 wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT angefertigt und<br />

abgemustert.<br />

22


Abb. 23: Formeinsatz Komponente K1 mit gefräster <strong>Mikro</strong>struktur<br />

5.4 Werkzeugkonzept und Formeinsätze für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage<br />

formicaPlast<br />

Funktion: Im ersten Spritzvorgang wird der mikrostrukturierte Grundkörper hergestellt. Dieser<br />

Vorspritzling wird gemeins<strong>am</strong> mit dem auswerferseitigen Einsatz in die zweite Spritzposition<br />

geschwenkt. Dabei wird das Formteil im Einsatz nur partiell gehalten. So wird es möglich,<br />

neben der üblichen düsenseitigen <strong>2K</strong>-Struktur auch eine auswerferseitige <strong>2K</strong>-Struktur zu<br />

realisieren. D<strong>am</strong>it werden für die Formteile die erweiterten Möglichkeiten des Indexprinzips<br />

zur beidseitigen Strukturierung ausgenutzt.<br />

Aufbau: Als Werkzeug-Grundaufbau wird ein formicaPlast-<strong>2K</strong>-St<strong>am</strong>mwerkzeug verwendet.<br />

So erfordert das Formteil „Testbauteil 1“ nur folgende formteilspezifische Teile, die neu gefertigt<br />

werden: Werkzeugeinsätze (4 St.), Konturkerne (4 St.), Zwischenplatten (2 St.), Auswerfer-Klemmplatten<br />

(2 St.) und Auswerfer (9 St.). Um das weitere Formteil „GL2“ zu realisieren,<br />

sind darüber hinaus lediglich 2 neue Teile notwendig: ein düsenseitiger Werkzeugeinsatz<br />

und ein auswerferseitiger Konturkern. (Abb. 24)<br />

Abb. 24: Werkzeugkonzept. Links die auswerferseitige Werkzeughälfte mit der Aushub-<br />

und Dreheinheit, rechts die projektspezifischen Komponenten mit dem Indexarm<br />

23


<strong>Mikro</strong>strukturbildung: Die frontseitige Strukturierung der jeweils ersten Komponente erfolgt<br />

durch den düsenseitigen Einsatz, die rückseitige durch einen strukturierten Stift im<br />

auswerferseitigen Einsatz. Die Einsätze der zweiten Komponente sind unstrukturiert und<br />

werden bei den Teilen der Grundlagenuntersuchungen nicht getauscht (Abb. 25). Um eine<br />

neue Struktur zu testen, muss lediglich der düsenseitige Einsatz und ein auswerferseitiger<br />

Konturstift getauscht werden (Kap. 8).<br />

Abb. 25: <strong>Mikro</strong>strukturierung durch <strong>2K</strong>-Spritzguss. Die Elemente der ersten (Mitte) und<br />

zweiten (links) Komponente. Rechts die auswerferseitigen Konturstifte mit Einsatz,<br />

der die Vorspritzlinge in die zweite Spritzposition umsetzt.<br />

Erprobung: Das hier beschriebene Werkzeugkonzept hat sich für die Voruntersuchungen<br />

optimal bewährt. Umsetzmechanismus, Zentrierungen und Konturen zeigen nach mehreren<br />

längeren Serien mit je über 30 000 Schuss keinerlei Verschleißerscheinungen. Formteil- und<br />

Werkzeugkonzept erlauben ein großes Verarbeitungsfenster und eine breite Palette an<br />

Formmassen.<br />

6 Technologische Untersuchungen zum Einfluss von Spritzpar<strong>am</strong>etern<br />

und Granulat<br />

6.1 Spritzgießversuche auf <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>spritzgießanlage formicaPlast<br />

6.1.1 Versuchsserien mit LCP Vectra E820i Pd / LCP Vectra E130i<br />

6.1.1.1 Ziele<br />

Bei der Musterung werden die Formteile „Testbauteil 1“ und „Testbauteil 2“ zunächst für eine<br />

schnellere visuelle Beurteilung mit LCP Vectra E130i schwarz als nicht metallisierbare Komponente<br />

gefertigt, bevor die für den Metallisierungsprozess gedachten Serien aus LCP<br />

24


Vectra E130i natur hergestellt werden. Die umfangreichen Versuchsserien mit dem Formteil<br />

„Testbauteil 1“ dienen primär der Bereitstellung von unterschiedlich hergestellten Formteilen<br />

für die Metallisierung.<br />

6.1.1.2 Technologische Einstellungen<br />

Die Einstellstrategie für die Temperaturen orientiert sich an den Herstellervorgaben (TM= <strong>335</strong><br />

… 345°°C; TWZ = 80 … 120 °C). Es zeigt sich, dass an dem Vorspritzling schon bei einer<br />

geringeren Massetemperatur von 330 °C alle <strong>Mikro</strong>strukturen scharfkantig abformbar sind.<br />

Bei niedrigeren Einspritzgeschwindigkeiten und Werkzeugtemperaturen wird die Anzahl der<br />

Teile mit ungefüllten <strong>Mikro</strong>strukturen (Zylinder Ø 0,2 und 0,3) erwartungsgemäß höher.<br />

Abb. 26: Einspritzgeschwindigkeitsprofile für Komponente 1 und 2<br />

Höhere Einspritzgeschwindigkeiten zeigen eine stabilere <strong>Mikro</strong>strukturfüllung. Bei zu hohen<br />

Einspritzgeschwindigkeiten ist die Gratbildung bei großer Streuung nicht beherrschbar. Daher<br />

werden für die Versuchserien die Massetemperaturen höher eingestellt und konstant<br />

gehalten (Düse: 350 °C, Spritzzylinder 340°C, Vorplastifizierung 330 °C als TM= 340 °C bezeichnet),<br />

und mit moderaten, aber immer noch hohen Einspritzgeschwindigkeiten (Abb. 26<br />

oben) kombiniert. So steht ein breites Fenster für die Werkzeugtemperatur von 80 – 120 °C<br />

zur Verfügung, welche gekoppelt an die zweite Komponente bei dem Versuchsplan für die<br />

zweite Komponente voll ausgenutzt wird.<br />

Unter der Voraussetzung des Werkzeugtemperaturbereiches von 80 – 120 °C ergibt sich für<br />

die zweite Komponente eine breite Palette von nutzbaren Einspritzprofilen mit Maximalgeschwindigkeiten<br />

zwischen 100 und 240 mm/s (Abb. 26 unten).<br />

Der Versuchsplan für die <strong>2K</strong>-Formteile (Abb. 27) kombiniert 4 Materialchargen der ersten<br />

(metallisierbaren) Komponente mit 3 Geschwindigkeitsprofilen für die zweite Komponente<br />

25


und mit 3 gemeins<strong>am</strong>en Werkzeugtemperaturen der ersten und zweiten Komponente. Das<br />

Geschwindigkeitsprofil für die erste Komponente und die Massetemperaturen für beide<br />

Komponenten werden nicht variiert. Die Teile werden bei vollautomatischem Zyklus nach<br />

einer ausreichenden Einlaufphase entnommen.<br />

Abb. 27: Versuchsplan für die <strong>2K</strong>-Formteile<br />

6.1.1.3 Ergebnisse<br />

Es zeigt sich schon in den Vorversuchen für die Versuchsplanung, dass mit der Materialkombination<br />

LCP Vectra E 820i Pd / LCP Vectra E130i ein sehr breites Verarbeitungsfenster<br />

realisierbar ist. Es zeigt sich aber auch, dass trotz der Breite des Verarbeitungsfensters die<br />

Morphologie – hier speziell der Faseranteil in der Randschicht der ersten Komponente –<br />

nicht beeinflusst werden kann. Ein signifikanter Einfluss unterschiedlicher Materialchargen<br />

lässt sich weder an den Prozessgrößen noch an den Formteileigenschaften erkennen.<br />

An der Topografie der Oberflächen sind dagegen die Einflüsse der Spritzgießtechnologie<br />

festzustellen. Die Oberflächen werden durch einen Linienscan berührungslos (FRT <strong>Mikro</strong>-<br />

Prof, mit chromatischem Weißlichtsensor, max. z-Auflösung 3 nm, lat. Auflösung 2 µm, z-<br />

Messbereich 0,3 mm) charakterisiert. In Abb. 28 sind die Messstelle und ein beispielhaftes<br />

Messergebnis dargestellt. Im Diagr<strong>am</strong>m ist neben der gemessenen Höheninformation auch<br />

die Soll-Struktur der ersten Komponente symbolisch (d. h. nur die Grenzmarkierungen zwischen<br />

den beiden Komponenten sind relevant) zu sehen. Die Höhenprofile werden auf die<br />

Randbereiche der Proben ausgerichtet. Sie charakterisieren zuverlässig die Einfallstellen<br />

und Unebenheiten, die Rauheit (hochfrequente Schwingung) ist dagegen nur tendenziell<br />

auswertbar. An den Höhenprofilen sind auch die Grenzen zwischen den beiden Kunststoffkomponenten<br />

als Gräben erkennbar. Da die Messmethode steile Flanken nicht zuverlässig<br />

26


messen kann, kann nur der Ort, nicht aber die Tiefe und Breite der Gräben ausgewertet werden.<br />

Abb. 28: Profilschnitt mit Messstelle (links) und Ergebnis (rechts) der Topografiemessung<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Einspritzgeschwindigkeit die Ausbildung der Einfallstellen<br />

und Stufungen der Oberfläche nicht beeinflusst (s. Abb. 29 für die TWz = 100°C und Charge<br />

Nr. 1). Für die Charge Nr. 4 ist keine Änderung gegenüber Charge 1 erkennbar (ohne Abb.).<br />

Auch die Werkzeugtemperatur zeigt in Verbindung mit hohen Einspritzgeschwindigkeiten<br />

keinen signifikanten Einfluss auf die Einfallstellen und Stufung der Oberfläche (Abb. 30). Es<br />

deutet sich bloß eine leichte Tendenz zu größeren Einfallstellen bei hohen Werkzeugtemperaturen<br />

an. Auch in diesem Fall ist kein Chargeneinfluss erkennbar (gemessen Ch1 und 4,<br />

ohne Abbildung). Bei niedrigen Einspritzgeschwindigkeiten kann für zwei untersuchten Chargen<br />

ein Einfluss der Werkzeugtemperatur detektiert werden: Die Einfallstelle in der Mitte wird<br />

mit zunehmender Werkzeugtemperatur tiefer (Abb. 31: Charge 1 und Abb. 32: Charge 4).<br />

27


Abb. 29: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ in Abhängigkeit von der Einspritzgeschwindigkeit<br />

(Profilschnitte von je 3 Formteilen)<br />

Abb. 30: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ in Abhängigkeit von der Werkzeugtemperatur<br />

bei hohen Einspritzgeschwindigkeiten (Profilschnitte von je 3 Formteilen)<br />

28


Abb. 31: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ in Abhängigkeit von der Werkzeugtemperatur<br />

bei niedrigen Einspritzgeschwindigkeiten für die Materialcharge 1 (Profilschnitte<br />

von je 3 Formteilen)<br />

Abb. 32: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ in Abhängigkeit von der Werkzeugtemperatur<br />

bei niedrigen Einspritzgeschwindigkeiten für die Materialcharge 4 (Profilschnitte<br />

von je 3 Formteilen)<br />

29


6.1.2 Versuchsserien mit alternativen Formmassen<br />

6.1.2.1 Materialpalette und Spritzgießpraxis<br />

Eine Versuchsserie mit alternativen Formmassen für die 2. Komponente zeigt sehr vielversprechende<br />

Resultate (Abb. 33). Dabei kommen nur für Reflow-Löten geeignete Hochtemperaturwerkstoffe<br />

zum Einsatz. Die Materialien PPA Grivory HTV-4X1-natur, PPA Grivory HTM-<br />

4H1-schwarz und PPE Noryl GFN 1720 Resin zeigen eine noch bessere Verarbeitbarkeit,<br />

als die an sich schon sehr gut geeigneten LCP Vectra E-Typen. Lediglich die Formmasse<br />

PPS Fortron erscheint wegen des engen Verarbeitungsfensters und des hohen Druckbedarfs<br />

weniger für die gewählte Anwendung geeignet zu sein.<br />

Alle gefertigten Formteile werden dem Metallisierungsprozess zugeführt, um – unter anderem<br />

– Rückschlüsse zur Spritzgießtechnologie zu ziehen.<br />

Abb. 33: „Testbauteil 1“ mit verschiedenen Formmassen für die 2. Komponente. Von Links<br />

nach rechts: ohne, E130i schwarz, E130i natur, PPA Grivory natur, PPA Grivory<br />

schwarz, PPE Noryl und PPS Fortron<br />

6.1.2.2 Topografie der Leiterbahnstruktur<br />

Die Diagr<strong>am</strong>me in diesem Abschnitt, teilweise untermauert mit REM-Aufnahmen, zeigen<br />

ausgewählte Phänomene im Zus<strong>am</strong>menhang mit verschiedenen Materialkombinationen. Die<br />

Oberflächen werden analog zu Ergebnissen in Kap 6.1.1.3 charakterisiert (FRT <strong>Mikro</strong>Prof, z-<br />

Messbereich 0,3 mm). Abb. 34 zeigt typische Effekte, die bei LCP beobachtet werden. Stabile,<br />

geschlossene Strukturen sind bei der Materialkombination LCP E820i Pd / LCP E820i<br />

natur zu beobachten. Ausbildung von Gräben tritt häufiger bei der Materialkombination LCP<br />

E820i Pd / LCP E130i natur auf, wobei der hier dargestellte Scan für V3 besonders ausgeprägt<br />

ist (s. auch REM-Bild in Abb. 35 Mitte). Die zweite Komponente kann im Vergleich zu<br />

ersten Komponente sowohl leicht einfallen (Abb. 34, LCP E840 LDS / LCP E130i nat), oder<br />

sich erhaben zeigen (Abb. 34, LCP E130i nat / LCP E130i sw). Ersteres ist visuell nicht<br />

wahrnehmbar (ohne Bild), letzteres ist an den verengten Leiterbahnen gut erkennbar (Abb.<br />

35, oben).<br />

Die Oberflächenscans für die Alternativmaterialien bestätigen die oben geschilderten Erfahrungen.<br />

Die PPA- und PPE-Typen haben geringe Einfallstellen und sehr gut bis exzellent<br />

geschlossene Oberflächen (Abb. 36 und Abb. 35 unten). Die schwere Verarbeitbarkeit von<br />

PPS wird ebenfalls bestätigt, die Kurven sind aber ohne Kenntnis über die visuelle Erscheinung<br />

schwer zu deuten.<br />

30


Abb. 34: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ für ausgewählte Versuchspunkte mit<br />

verschiedenen LCP-Kombinationen<br />

31


LCP Vectra 130i natur / LCP Vectra 130i schwarz<br />

LCP Vectra 820i Pd / LCP Vectra 130i natur<br />

LCP Vectra 820i Pd / PPA Grivory HTM 4H1<br />

Abb. 35: REM-Aufnahmen der Oberflächenstrukturen verschiedener Materialkombinationen<br />

bei ausgewählten Verarbeitungspar<strong>am</strong>etern. Links Übersicht über 3 Bahnen,<br />

rechts die Grenzfläche zwischen Isolationsschicht (jeweils rechte Seite) und<br />

metallisierbare Komponente<br />

32


Abb. 36: Oberfläche des Formteils „Testbauteil 1“ für ausgewählte Versuchspunkte mit<br />

verschiedenen LCP-Alternativen als zweite Komponente<br />

6.2 Spritzgießversuche auf <strong>Mikro</strong>spritzgießanlage Battenfeld<br />

Aufgrund des Einsatzes der Umsetztechnik <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT wurde zuerst die erste Komponente<br />

von Testbauteil 1 untersucht. Dazu erfolgte die Abmusterung der ersten Komponente<br />

des Testbauteils 1 mit LCP Vectra E820i Pd (Abb. 37). Um den Einfluss der Werkzeugtemperatur<br />

sowie unterschiedlicher Granulatchargen auf die nachfolgende Metallisierung (s.<br />

Kap. 7.2) zu untersuchen, wurden diese variiert. Dazu wurden Testbauteile aus zwei verschiedenen<br />

Granulatchargen mit jeweils zwei verschiedenen Werkzeugtemperaturen von<br />

90°C und 140°C angefertigt (Abb. 38).<br />

33


Abb. 37: Erste Komponente von Testbauteil 1 mit Anguss und Angussverteiler aus<br />

LCP Vectra E820i Pd<br />

Abb. 38: Untersuchte Granulatchargen mit den entsprechenden Spritzgießpar<strong>am</strong>etern für<br />

Komponente K1<br />

Zum Vergleich der Füllsimulation mit dem realen Spritzgussprozess der Komponente K1<br />

wurde eine Füllstudie angefertigt. Die Füllsimulation zeigt mit der praktischen Füllstudie eine<br />

gute Übereinstimmung (Abb. 39).<br />

34


Abb. 39: Vergleich Füllstudie und Füllsimulation der ersten Komponente von Testbauteil 1<br />

Nach der Anfertigung der ersten Komponente von Testbauteil 1 wurden diese Bauteile mit<br />

der Vorrichtung zur Umlagerung in die Kavität des Formeinsatzes der Komponente K2 eingelegt<br />

und umspritzt. Die Komponente K2 des Testbauteils wurde aus Ticona LCP Vectra<br />

E130i angefertigt (Abb. 40). Um Überspritzungen im Bereich der Leiterbahnen besser sichtbar<br />

machen zu können, wurde zunächst schwarz eingefärbtes Material verwendet.<br />

Abb. 40: Zweite Komponente von Testbauteil 1 mit Anguss aus LCP Vectra E130i schwarz<br />

Wie für Komponente K1 wurde für den Vergleich mit der Spritzgießsimulation eine praktische<br />

Füllstudie durchgeführt. Die Füllsimulation zeigt auch hier eine gute Übereinstimmung mit<br />

der Füllstudie (Abb. 41).<br />

35


Abb. 41: Vergleich Füllstudie und Füllsimulation der zweiten Komponente von Testbauteil<br />

1<br />

Zur Beurteilung der Stufenhöhe des Testbauteils wurden Profilometermessungen mit einem<br />

FRT Micro Glider durchgeführt. Abb. 42 zeigt den Messausschnitt im Bereich der Leiterbahnen<br />

sowie die gemessenen Höhenprofillinien entlang der roten, blauen und grünen Messlinien.<br />

Die gemessenen Stufenhöhen sind kleiner als ± 10 µm.<br />

Abb. 42: Profilometermessungen von Testbauteil 1 im Bereich der Leiterbahnen (links),<br />

gemessenes Höhenprofil (rechts)<br />

Die Breiten der Leiterbahnen des Testbauteils wurden im Lichtmikroskop vermessen. Bei<br />

einer Soll-Leiterbahnbreite von 300 µm wurde eine Ist-Leiterbahnbreite von ca. 270 µm gemessen<br />

(Abb. 43). Generell zeigte sich eine Abweichung von der Soll-Leiterbahnbreite zur<br />

Ist-Leiterbahnbreite von ca. 10 %, die auf leichte Überspritzungen zurückzuführen ist.<br />

36


Abb. 43: Lichtmikroskopaufnahmen Testbauteil 1 im Bereich der Leiterbahnen<br />

In einer weiteren Versuchsreihe wurden Variationen der Spritzgusspar<strong>am</strong>eter von Komponente<br />

K2 durchgeführt, wobei hier LCP Vectra E130i natur eingesetzt wurde. Die Spritzgusspar<strong>am</strong>eter<br />

für Komponente K1 waren fest (s. Abb. 38; Versuch 4). Hintergrund dieser Versuchsreihe<br />

ist die Untersuchung des Einflusses der Spritzgusspar<strong>am</strong>eter auf die Selektivität<br />

der Metallisierung (s. Kap. 7.2).<br />

Abb.44: Übersicht der untersuchten Spritzgießpar<strong>am</strong>eter für Komponente K2<br />

37


7 Technologische Untersuchungen zum Einfluss von Spritzgießpar<strong>am</strong>etern<br />

und Granulat auf die Metallbeschichtung und Drahtbonden<br />

7.1 Vorversuche zur Optimierung der Vorbehandlung<br />

Die Vorbehandlung von <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Substraten durch einen Ätzprozess mit einer wässrigen<br />

stark alkalischen Lösung hat einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis der Metallbeschichtung<br />

hinsichtlich Fremdmetallisierung sowie Rauheit und Haftfestigkeit der Metallschicht.<br />

Aus diesem Grund wurden in einer ersten Versuchsreihe Voruntersuchungen zum<br />

Einfluss der Ätzzeit (6 min, 7.5 min, 10 min) durchgeführt. Der Prozessablauf zur Metallisierung<br />

der <strong>2K</strong>-Bauteile sieht folgendermaßen aus:<br />

1. Vorbehandlung Ätzen<br />

2. Spülen<br />

3. Chemisch Kupfer<br />

4. Spülen<br />

5. <strong>Mikro</strong>ätzen<br />

6. Spülen<br />

7. Konditionieren<br />

8. Aktivieren<br />

9. Spülen<br />

10. Chemisch Nickel<br />

11. Spülen<br />

12. Tauchgold<br />

13. Spülen<br />

14. Heißspülen<br />

15. Trocknen<br />

Im Anschluss an die Metallbeschichtung erfolgte die Charakterisierung der Testbauteile mittels<br />

Lichtmikroskopie, REM, Querschliffen sowie hinsichtlich Rauheit (Tastschnitt) und Haftfestigkeit<br />

(Stirnabzugtest) (Abb. 45).<br />

38


Abb. 45: Charakterisierungsmethoden Testbauteil 1<br />

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Charakterisierung dargestellt. In Abb. 46 ist zu<br />

erkennen, dass mit steigender Ätzzeit eine stärkere Aufrauhung der Oberfläche von Komponente<br />

K1 stattfindet.<br />

Abb. 46: REM-Aufnahmen Komponente K1 nach Ätzen<br />

39


Jedoch wird mit steigender Ätzzeit auch die zweite Komponente stärker angegriffen, wie in<br />

Abb. 47 dargestellt, was im folgenden Metallisierungsprozess zu unerwünschter Fremdmetallisierung<br />

führen kann.<br />

Abb. 47: REM-Aufnahmen Komponente K2 nach Ätzen (oben) und lichtmikroskopische<br />

Aufnahmen Komponente K2 nach Cu/Ni/Au (unten)<br />

In Abb. 48 und Abb. 49 sind die Ergebnisse der Haftfestigkeitsbestimmung (Stirnabzugstest)<br />

sowie der Rauheitsmessung (Tastschnitt) der Metallschicht dargestellt.<br />

Abb. 48: Charakterisierung Haftfestigkeit (Stirnabzugstest, Mittelwerte aus je 14 Einzelwerten)<br />

nach Cu/Ni/Au<br />

40


Abb. 49: Charakterisierung Rauheit (Mittelwerte aus je 6 Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 50 zeigt Querschliffe von Proben, die mit unterschiedlichen Ätzzeiten prozessiert wurden.<br />

Proben, welche 10 min geätzt wurden, zeigen tendenziell eine etwas knollige Metallschicht.<br />

In Abb. 51 sind die Ergebnisse der Versuchsreihe zur Vorbehandlung zus<strong>am</strong>mengefasst.<br />

Abb. 50: Querschliffe nach Cu/Ni/Au<br />

41<br />

Ätzzeit 6 min Ätzzeit 7,5 min Ätzzeit 10 min<br />

Ätzangriff K1 ungleichmäßig gleichmäßig gleichmäßig<br />

Ätzangriff K2 gering<br />

vereinzelt herausgelöste<br />

Glasfasern<br />

Metallisierung homogen homogen knollig<br />

viele<br />

herausgelöste<br />

Glasfasern<br />

Haftfestigkeit 6,6 ± 2,9 /mm 2 7,3 ± 2,8 N/mm 2 6,9 ± 1,4 N/mm 2<br />

Rauheit Rz 11,3 ± 0,4 µm 12,9 ± 1,3 µm 16,2 ± 0,3 µm<br />

Abb. 51: Zus<strong>am</strong>menfassung der Versuchsreihe zur Vorbehandlung


7.2 Untersuchungen zum Einfluss der Spritzgießpar<strong>am</strong>eter auf die Metallisierung<br />

(Testbauteile <strong>HSG</strong>-IMAT)<br />

In einer weiteren Versuchsreihe wurden Untersuchungen zum Einfluss der Spritzgusspar<strong>am</strong>eter<br />

von Komponente K2 auf die Selektivität der Metallisierung durchgeführt (Abb. 52). Die<br />

Versuche wurden mit Testbauteilen durchgeführt, welche <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-IMAT spritzgegossen<br />

wurden. Die Spritzgießpar<strong>am</strong>eter der Komponente K1 wurden dabei nicht variiert. Die unterschiedlichen<br />

Par<strong>am</strong>etervarianten der Testbauteile wurden im gleichen Metallisierungslos<br />

prozessiert und anschließend charakterisiert (Abb. 53).<br />

Abb. 52: Übersicht der untersuchten Spritzgießpar<strong>am</strong>eter für Komponente K2<br />

(Testbauteil 1 <strong>HSG</strong>-IMAT)<br />

Abb. 53: Charakterisierungsmethoden Testbauteil 1<br />

42


Wie in Abb. 54 bis Abb. 56 zu sehen ist, wurden bei den unterschiedlichen Spritzgießpar<strong>am</strong>etern<br />

der Testbauteile keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Metallisierungsergebnisses<br />

festgestellt.<br />

Abb. 54: REM-Aufnahmen Komponente K2 (angussnah) nach Ätzen (7,5 min)<br />

Abb. 55: REM-Aufnahmen Komponente K2 (angussfern) nach Ätzen (7,5 min)<br />

43


Abb. 56: Lichtmikroskopische Aufnahmen nach Cu/Ni/Au<br />

Im Anschluss wurden Testbauteile mit unterschiedlichen Werkzeugtemperaturen und<br />

Granulatchargen für Komponente K1 und der Spritzgießpar<strong>am</strong>etervariation TB-IMAT-4 für<br />

Komponente K2 spritzgegossen (Abb. 57). Danach erfolgte die Untersuchung hinsichtlich<br />

Haftfestigkeit. Um den Einfluss von Werkzeugtemperatur und Granulatcharge bei Komponente<br />

K1 auf die Haftfestigkeit ermitteln zu können, wurden die Testbauteile in einem Los<br />

geätzt (7,5 min) und anschließend metallisiert. Die in Abb. 58 dargestellten Ergebnisse zeigen,<br />

dass es zwischen den verschiedenen Bauteilen keine signifikanten Unterschiede bezüglich<br />

der Haftfestigkeiten gibt.<br />

Abb. 57: Variation Werkzeugtemperatur und Granulatcharge für Komponente K1<br />

Abb. 58: Charakterisierung Haftfestigkeit (Strinabzugtest, Mittelwerte aus je 10 Einzelwerten)<br />

nach Cu/Ni/Au<br />

44


7.3 Untersuchungen zum Einfluss der Spritzgießpar<strong>am</strong>eter auf die Metallisierung<br />

(Testbauteile KuZ)<br />

Um den Einfluss der Granulatcharge der ersten Komponente sowie der Spritzgießpar<strong>am</strong>eter<br />

(Werkzeugtemperatur und Einspritzprofil) der zweiten Komponente zu ermitteln, wurden die<br />

in Abb. 59 aufgeführten Spritzvarianten in Hinsicht auf selektive Metallisierbarkeit untersucht.<br />

45<br />

Variante Charge K1 Werkzeugtemperatur [°C] Einspritzprofil<br />

<strong>2K</strong>-V1 GL 80109004 100 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V3 GL 80109004 100 P23 (v↓)<br />

<strong>2K</strong>-V4 GL 80109004 120 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V6 GL 80109004 80 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V8 GL 40723029 100 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V9 GL 40723029 100 P23 (v↓)<br />

<strong>2K</strong>-V10 GL 00112009 100 P23 (v↓)<br />

<strong>2K</strong>-V11 GL 00112009 100 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V12 GL 00308024 100 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V14 GL 00308024 100 P23 (v↓)<br />

<strong>2K</strong>-V16 GL 00308024 120 P20 (v↑)<br />

<strong>2K</strong>-V17 GL 00308024 80 P20 (v↑)<br />

Abb. 59: Übersicht der untersuchten Spritzgießpar<strong>am</strong>eter (Testbauteil 1 KuZ)<br />

Die Vorbehandlung und Metallisierung aller Varianten erfolgte in einem Los. Anschließend<br />

wurden die Testbauteile charakterisiert (Abb. 60). In Abb. 61 bis Abb. 65 sind exemplarische<br />

REM- und Schliffbilder der prozessierten Testbauteile zu sehen.


Abb. 60: Charakterisierungsmethoden Testbauteil 1<br />

Abb. 61: REM-Aufnahmen Komponente K1 (angussfern) nach Cu/Ni/Au<br />

46


Abb. 62: REM-Aufnahmen Komponente K1 (angussnah) nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 63: REM-Aufnahmen Komponente K2 (angussnah) nach Cu/Ni/Au<br />

47


Abb. 64: REM-Aufnahmen Komponente K2 (angussnah) nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 65: Querschliffe nach Cu/Ni/Au<br />

In den REM- sowie Schliffbildern sind zwischen den unterschiedlichen untersuchten Spritzgusspar<strong>am</strong>etern<br />

keine signifikanten Unterschiede ersichtlich.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Haftfestigkeit sind in Abb. 66 dargestellt. Die Haftfestigkeiten<br />

schwanken zwischen 5-9 N/mm², wobei kein Einfluss der Spitzgießpar<strong>am</strong>eter<br />

erkennbar ist. In Abb. 67 sind exemplarische Bruchbilder zweier unterschiedlicher Proben<br />

nach Durchführung des Stirnabzugtests zu sehen. Auffällig ist, dass bei der Probe mit höhe-<br />

48


er Haftfestigkeit (9N/mm 2 ) mehr Kunststoff auf dem Abzugspin zu sehen ist, was auf eine<br />

sehr gute Haftung der Metallschicht auf dem Substrat zurückzuführen ist.<br />

Abb. 66: Charakterisierung Haftfestigkeit (Stirnabzugtest, Mittelwerte aus je 4-6<br />

Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 67: Bruchbilder nach Stirnabzugtest<br />

Bei der Betrachtung der Rauigkeit (Abb. 68) sowie der Kupferschichtdicke (Abb. 69) sind<br />

zwischen den unterschiedlichen untersuchten Spritzgusspar<strong>am</strong>etern keine signifikanten Unterschiede<br />

erkennbar.<br />

49


Abb. 68: Charakterisierung Rauheit (Mittelwerte aus je 6 Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 69: Schichtdickenmessung (Röntgenfluoreszenz) nach Cu<br />

Die lichtmikroskopische Charakterisierung der metallisierten Vias auf dem entsprechenden<br />

Testbauteil hat gezeigt, dass auch die Vias mit dem kleinsten Durchmesser von 200 µm<br />

metallisiert werden konnten (Abb. 70).<br />

50<br />

Ra [µm]<br />

Rz [µm]


Abb. 70: Lichtmikroskopische Aufnahmen der Vias<br />

In einer weiteren Versuchsreihe wurden Testbauteile untersucht, bei denen die nicht<br />

metallisierbare Komponente K2 variiert wurde:<br />

51<br />

• PPA Grivory HTV-4x1 schwarz (PPA sw)<br />

• PPA Grivory HTV-4x1 transparent (PPA tr)<br />

• PPE Noryl GFN 1720 (PPE)<br />

• PPS Forton 1140L6 (PPS)<br />

• LCP Vectra E130i (LCP E130i)<br />

• LCP Vectra E820i (LCP E820i)<br />

Da die Testbauteile nach der Cu-Beschichtung teilweise noch Fehlstellen aufwiesen (Abb.<br />

71), wurde die Vorbehandlung intensiviert, das heißt, die Ätzzeit wurde erhöht. Die unterschiedlichen<br />

Varianten der Testbauteile wurden anschließend in einem Metallisierungslos<br />

beschichtet.<br />

Abb. 71: Fehlstellen nach der Cu-Beschichtung


Im Anschluss an die Metallbeschichtung erfolgte die Charakterisierung der Testbauteile mittels<br />

Lichtmikroskopie, REM, Querschliffen sowie hinsichtlich Rauheit (Tastschnitt) und Haftfestigkeit<br />

(Stirnabzugtest) (Abb. 72).<br />

Abb. 72: Charakterisierungsmethoden Testbauteil 1<br />

In Abb. 73 sind exemplarische REM-Aufnahmen des Angussbereichs der metallisierbaren<br />

Komponente K1 nach dem Ätzen eines Bauteils aus LCP / PPA sw zu sehen. Zwischen den<br />

untersuchten Werkstoffkombinationen gab es keine signifikanten Unterschiede.<br />

Abb. 73: REM Aufnahme Komponente K1 eines Testbauteils aus LCP / PPA sw nach Ätzen<br />

(Angussbereich)<br />

52


Bei der anschließenden Cu-Beschichtung k<strong>am</strong> es wie in Abb. 74 ersichtlich im Angussbereich<br />

von Komponente K1 teilweise zu einer ungleichmäßigen Kupferabscheidung. Die Beschichtung<br />

außerhalb des Angussbereichs war jedoch sehr homogen. Zwischen den unterschiedlichen<br />

Ätzzeiten sowie den verschiedenen Materialkombinationen wurden keine signifikanten<br />

Unterschiede beobachtet.<br />

Abb. 74: Lichtmikroskopische Aufnahmen Komponente K1 nach Cu<br />

In Abb. 75 bis Abb. 79 sind lichtmikroskopische Aufnahmen der verschiedenen untersuchten<br />

Materialkombinationen nach der Metallisierung zu sehen.<br />

Abb. 75: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 (LCP/PPA sw) nach Cu (links) und<br />

nach Cu/Ni/Au (rechts)<br />

53


Abb. 76: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 (LCP/PPA tr) nach Cu (links) und<br />

nach Cu/Ni/Au (rechts)<br />

Abb. 77: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 (LCP/PPS) nach Cu (links) und<br />

nach Cu/Ni/Au (rechts)<br />

54


Abb. 78: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 (LCP/PPE) nach Cu (links) und<br />

nach Cu/Ni/Au (rechts)<br />

Abb. 79: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 (LCP/LCP E130i) nach Cu (links)<br />

und nach Cu/Ni/Au (rechts)<br />

Aus den Aufnahmen wird ersichtlich, dass PPA als nicht metallisierbare Komponente eine<br />

sehr gute Alternative zum LCP E130i darstellt, wobei der Typ „schwarz“ tendenziell besser<br />

als der Typ „transparent“ ist. Die Verwendung von PPS als nicht metallisierbare Komponente<br />

führte zu starken Überspritzungen der zu metallisierenden Strukturen, so dass dieser Werkstoff<br />

keine gute Alternative zum LCP E130i darstellt. PPE als nicht metallisierbare Komponente<br />

neigt etwas zu „ausgefransten“ Leiterstrukturen. Abb. 80 zeigt Querschliffe von Testbauteilen<br />

aus unterschiedlichen Werkstoffkombinationen.<br />

55


Abb. 80: Querschliffe nach Cu/Ni/Au<br />

In Abb. 81 sind die Ergebnisse der Rauheitsmessungen (Tastschnitt) dargestellt. Man erkennt<br />

keine signifikanten Unterschiede zwischen den unterschiedlichen untersuchten Werkstoffkombinationen.<br />

Abb. 81: Charakterisierung Rauheit (Mittelwerte aus je 3 Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

Da bei den bisherigen Untersuchungen zur Haftfestigkeit mittels Stirnabzugtest auf <strong>2K</strong>-<br />

Substraten sehr starke Streuungen auftraten, sollten die ermittelten Haftfestigkeiten mit denen<br />

von laserdirektstrukturierten Substraten verglichen werden. Um einen Einfluss von Bauteilgeometrie<br />

und Bauteilaufnahme zu vermeiden, wurden für diese Untersuchungen Testbauteile<br />

mit der Werkstoffkombination LCP E840i LDS / LCP E130i spritzgegossen (Abb.<br />

82). Anschließend wurde der für den Stirnabzugtest vorgesehene Bereich laserdirektstrukturiert.<br />

56


Abb. 82: Lichtmikroskopische Aufnahme Testbauteil 1 (LCP E840i LDS / LCP E130i) nach<br />

Laserdirektstrukturierung und Cu/Ni/Au<br />

Die Ergebnisse des Stirnabzugtests sind in Abb. 83 dargestellt. Man erkennt, dass die Haftfestigkeit<br />

nach dem <strong>2K</strong>-Prozess höher als nach dem LDS-Prozess ist. Die Streuungen der<br />

Messwerte unterscheiden sich bei beiden Technologien aber kaum voneinander.<br />

Abb. 83: Charakterisierung Haftfestigkeit (Stirnabzugtest, Mittelwerte aus je 9 Einzelwerten)<br />

nach Cu/Ni/Au<br />

Bei der Verwendung des glasfasergefüllten LCP Vectra E130i als nicht metallisierbare Komponente<br />

kann vor allem bei einer zu intensiven Vorbehandlung eine Fremdmetallisierung<br />

bevorzugt auf den Glasfasern auftreten (Abb. 84 links). Aus diesem Grund wurde untersucht,<br />

ob der Ersatz des glasfasergefüllten LCP Vectra E130i durch das mineralgefüllte LCP Vectra<br />

E820i zu einer Verbesserung hinsichtlich der Fremdmetallisierung führt.<br />

Abb. 84: Lichtmikroskopische Aufnahmen Testbauteil 1 aus LCP E820i Pd / LCP E130i<br />

(links) und LCP E820i Pd / LCP E820i (rechts) nach Metallisierung<br />

57


In Abb. 84 erkennt man eine homogene Fremdmetallisierung des Testbauteils aus LCP<br />

E820i Pd / LCP E820i. LCP Vectra E820i ist somit keine Alternative zu LCP E130i als nicht<br />

metallisierbare Komponente.<br />

8 Testbauteil 2<br />

Da es zu den Zielen der Formteilentwicklung im Rahmen des <strong>Projekt</strong>es (Kap 4.1) gehört,<br />

beide Methoden zur Leiterbahnbildung zu testen, wird bei dem Formteil „Testbauteil 2“ (Abb.<br />

85, rechts) die „Methode 2“, also das Auffüllen von Leiterbahn-Gräben mit metallisierbarem<br />

Kunststoff erprobt. Die Struktur teilt die Schmelze der zweiten Komponente fächerförmig in 8<br />

Einzelbahnen mit 0,2 mm Breite in 0,2 mm Abstand auf und vereint diese <strong>am</strong> Fließwegende<br />

wieder. Die Rückseite dient in diesem Fall nur der Verankerung. Dazu sind zwei<br />

hinterschnittige Durchbrüche im Bereich der Verteiler realisiert.<br />

Abb. 85: Das Formteil „Testbauteil 2“ für die Voruntersuchungen. Außenabmessungen<br />

sind mit denen von „Testbauteil 1“ identisch.<br />

Die Außenkontur des Grundkörpers und die Anspritzmethode ist mit dem von der „Testbauteil<br />

1“ identisch. Um die neue Struktur zu realisieren, muss. – wie schon bei dem Werkzeugkonzept<br />

für „Testbauteil 1“ beschrieben – lediglich der düsenseitige Einsatz und ein<br />

auswerferseitiger Konturstift neu gefertigt werden Im konkreten Fall sind es ein<br />

auswerferseitiger Strukturkern und ein düsenseitiger Formeinsatz der ersten Komponente<br />

(Abb. 86).<br />

58


Abb. 86: Werkzeugeinsätze für die <strong>Mikro</strong>strukturierung des Formteils „Testbauteil 2“. Nur<br />

ein auswerferseitiger Strukturkern (links) und ein düsenseitiger Formeinsatz<br />

(rechts) der ersten Komponente werden neu gefertigt.<br />

Aus der Sicht der Spritzgießtechnologie ist der auffälligste Unterschied zum Formteil „Testbauteil<br />

1“ der deutlich erhöhte Druckbedarf. Grund dafür sind die engen Fließquerschnitte.<br />

Der erhöhte Druckbedarf führt zum Überspritzen der isolierenden Bereiche der ersten Komponente<br />

durch die zweite (hier die metallisierbare) Komponente. So ist eine zufriedenstellende<br />

Füllung der Bahnen ohne Überspritzung nicht näherungsweise möglich. Der Grund dafür<br />

ist, dass wegen des geringeren Druckbedarfes die Blindseite des Formteiles schneller gefüllt<br />

wird, während die Schmelze in den Gräben der Leiterbahnen fast zum Stillstand kommt<br />

(Abb. 87). Die Abkühlung der Schmelze erhöht den Druckbedarf weiter. Wenn die Blindseite<br />

gesperrt wird, verbessert sich die Situation erheblich (Abb. 88). Eine weitere Verbesserung<br />

kann nur durch eine stärkere Vorspannung des Vorspritzlings durch den Schließvorgang<br />

erreicht werden. (Abb. 89).<br />

59


Abb. 87: Stagnierende Fließfront im unausbalanciertem Werkzeug mit starken Überspritzungen<br />

als Folge<br />

Abb. 88: Verbesserte Situation gegenüber Abb. 87 bei gesperrter Nebenkavität<br />

Abb. 89: Spritzgegossene Formteile. „Testbauteil 2“ als Vorspritzling und mit LCP Vectra<br />

E130i natur für den Metallisierungsprozess<br />

60


Mit dem spritzgegossenen Testbauteil 2 aus LCP Vectra E820i Pd / LCP Vectra E130i wurden<br />

dann Untersuchungen zur selektiven Metallisierung durchgeführt. Hierbei wurde derselbe<br />

Prozess wie für Testbauteil 1 eingesetzt. In Abb. 90 sind lichtmikroskopische Aufnahmen<br />

der beschichteten Bauteile dargestellt.<br />

Abb. 90: Lichtmikroskopische Aufnahme Testbauteil 2 (LCP Vectra E820i Pd / LCP Vectra<br />

E130i) nach Cu/Ni/Au<br />

Beim Vorbehandlungsprozess wurden zwei Chargen mit verschiedenen Ätzzeiten prozessiert.<br />

Nach der anschließenden Metallisierung erfolgte die Charakterisierung der Testbauteile<br />

mittels Querschliffen (Abb. 91) und Rauheitsmessung (Abb. 92). Bei Betrachtung der Schliffbilder<br />

in Abb. 91 erkennt man bei der längeren Ätzzeit einen tendenziell etwas stärkeren<br />

Ätzangriff auch auf das Interface beider Komponenten, was zu einer Metallabscheidung in<br />

diesem Bereich führt. Betrachtet man die Rauheitswerte, so sind diese mit den Rauheitswerten<br />

von Testbauteil 1 vergleichbar. Insges<strong>am</strong>t konnte auch auf dem Testbauteil 2 eine sehr<br />

homogene und selektive Beschichtung erzielt werden.<br />

Abb. 91: Querschliffe nach Cu/Ni/Au<br />

61


Abb. 92: Charakterisierung Rauheit (Mittelwerte aus je 3 Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

9 Konzeption Musterbauteil<br />

9.1 Formteilfunktionen und –entwurf<br />

Das Musterbauteil soll die Erkenntnisse mit den beiden Vorversuchsteilen auf ein praxisrelevantes<br />

<strong>Mikro</strong>formteil übertragen. Dabei sind oft Funktionen wie Durchkontaktierungen,<br />

Steckverbindungen über Kontaktstellen und dreidimensional verlaufende Leiterbahnen zu<br />

realisieren (Abb. 93). Das Formteil soll nicht nur die erreichbaren Dimensionen und die d<strong>am</strong>it<br />

verbundenen Vorteile für die Weiterverarbeitung demonstrieren, sondern auch Möglichkeiten<br />

des Spritzgießens zur Funktionsintegration nutzen. Zusätzlich soll das Formteildesign die<br />

spätere elektrische Prüfung erleichtern. Das Formteil soll gezielt für die <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technik kritische<br />

Formteilmerkmale aufweisen, wie Leiterbahnführungen über enge Radien und mit Bindenahtstellen.<br />

Abb. 93: Typische <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Formteile mit kleinen Dimensionen. Quellen: Osr<strong>am</strong>, Bosch<br />

So werden <strong>am</strong> Anfang der Konzeption zwei Geometrien dem <strong>Projekt</strong>begleitenden Ausschuss<br />

(PBA) zur Diskussion gestellt. Das erste Formteil (Abb. 94) ist nach der „Methode 2“ aus<br />

Abb. 1 ausgelegt und stellt die Funktion zur Durchkontaktierung in den Mittelpunkt. Der<br />

Grundkörper mit den Gräben für die Leiterbahnen wird mit einem Tunnelanschnitt angespritzt.<br />

Die Leiterbahnen sind – um die elektrische Trennung der einzelnen Bahnen zu reali-<br />

62


sieren – ausgehend von einem zentralen Angusskegel einzeln angebunden. Der zweite Anguss<br />

soll mechanisch entfernt werden. Eine umgekehrte Spritzreihenfolge („Methode 1, „Leiterbahnen<br />

erhaben als K1“ wäre aus geometrischer Sicht mit wenigen Korrekturen möglich,<br />

aus der Sicht der Spritzgießtechnologie jedoch kaum realisierbar. Der Grund ist die enorme<br />

Differenz der Fließquerschnitte zwischen den Leiterbahnen einer Gruppe und zwischen den<br />

Leiterbahngruppen. Das zweite Formteil (Abb. 95) ist nach der „Methode 1“ aus Abb. 1 ausgelegt<br />

und stellt ein Gehäusebauteil mit Leiterbahnen dar.<br />

Abb. 94: Formteilvorschlag mit der Funktion „Durchkontaktierung“ nach der Fertigungsmethode<br />

1<br />

Abb. 95: Formteilvorschlag mit der Funktion „Gehäuse“ nach der Fertigungsmethode 1.<br />

Links Ansichten des Formteils, rechts die Spritzreihenfolge.<br />

9.2 Formteilbeschreibung<br />

In Abstimmung mit dem PBA stellt sich heraus, dass ein Formteil nach der Methode 1 auf<br />

größeres Interesse stößt. Basierend auf den Ergebnissen der Diskussion und auf dem Formteil<br />

aus Abb. 95 wird ein Formteil mit folgenden Merkmalen entwickelt (Abb. 96):<br />

63


64<br />

• Innenliegende Leiterbahnen. D<strong>am</strong>it ist die Gehäusefunktion deutlicher, und die komplette<br />

(prinzipbedingte) Metallbeschichtung der Außenseite wirkt als elektromagnetische<br />

Abschirmung.<br />

• Leiterbahnen, die kompatibel zu Mini-USB-Standard sind und für eine vereinfachte<br />

Funktionsprüfung dienen (Abb. 97)<br />

• Zusätzliche Formmerkmale, wie Durchbruch, Dom und Rippe demonstrieren die Möglichkeiten<br />

der kunststoffgerechten Funktionsintegration auf <strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong> (Abb. 96)<br />

• Auch in diesem Fall wird das Formteil beidseitig (Düsen- und Auswerferseite) mit der<br />

zweiten Komponente überspritzt. Im Gegensatz zum Vorversuchsformteil „Testbauteil<br />

1“, bei dem eine verhältnismäßig große Fläche davon betroffen ist, wird hier diese<br />

Technik an einem kleinen Formteilmerkmal verwendet, konkret um eine Leiterbahnverbindung<br />

zu realisieren.<br />

Der Vorspritzling wird durch einen Tunnelanschnitt angespritzt (Abb. 98, links). Somit wird<br />

der Anguss nach dem ersten Spritzvorgang beim Öffnen des Werkzeuges abgetrennt und<br />

ausgeworfen. Die zweite Komponente hat eine 4fache Direktanbindung <strong>am</strong> Umfang des<br />

Durchbruches (Abb. 98, rechts) und verbleibt nach der Entformung <strong>am</strong> Formteil. Über<br />

Durchbrüche im Grundkörper gelangt die Schmelze auf die Rückseite des Formteils. Dadurch<br />

ist eine mechanische Verankerung der zweiten Komponente immer gegeben.<br />

Abb. 96: Formteilentwurf für das Musterbauteil mit räumlichem Bahnverlauf über verschieden<br />

geneigte Flächen und über konvexe und konkave Kanten mit verschiedenen<br />

Rundungsradien. Das Foto rechts zeigt, dass die Leiterbahnverbindung über die<br />

Trennebene verläuft und den Punktanschnitt umschließt.


Abb. 97: Kontaktprüfung an dem Musterbauteil mit USB-Stecker<br />

Abb. 98: Gestaltung der Spritzlinge für das Musterbauteil<br />

10 Vorbereitende Untersuchungen zum Spritzguss der Musterbauteile<br />

10.1 Simulation des Musterbauteils<br />

Aufgrund der hohen Anforderungen an das Musterbauteil, wie dreidimensional verlaufende<br />

Leiterbahnen, erfolgt die Spritzgießsimulation schon im Vorfeld zur Konzeption des Werkzeuges.<br />

Abb. 99 zeigt die Formfüllung beider Komponenten mit der dazugehörigen Füllzeit<br />

und dem benötigten Druckbedarf. Es ist zu erkennen, dass keine Füllprobleme zu erwarten<br />

sind. Der höhere Druckbedarf für die 2. Komponente ist auf die geringeren Fließquerschnitte<br />

(nur Leiterbahnquerschnitt) zum Auffüllen der isolierenden Zwischenräume (Leiterbahn-<br />

Pitches) der 2. Komponente zurückzuführen.<br />

65


Abb. 99: Simulation der Formfüllung des Musterbauteils mit Autodesk Moldflow 2012.<br />

Links: erste Komponente, rechts: zweite Komponente<br />

Das Formteil ist so konzipiert, dass die Auswirkungen von Bindenähten in einer späteren<br />

Funktionsprüfung untersucht werden kann. Eine Hypothese ist, dass die Bindenähte unter<br />

den Leiterbahnen im Gebrauch zu Rissen in der metallisierten Schicht führen. Zweitens können<br />

Bindenähte in der Isolierschicht (K2) eine Unterwanderung der Metallisierung verursachen.<br />

Beide Phänomene würden zu einer Funktionsstörung führen. Die Simulation zeigt die<br />

erwarteten Bindenahtlagen. Wie in Abb. 100 links dargestellt, können hier angussnah Bindenähte<br />

auf den Leitbahnen auftreten. Mit fortschreitender Fließfront werden weitere Zus<strong>am</strong>menfließlinien<br />

in den Leiterbahnen (Abb. 100 Mitte) erkennbar. Bei der Formfüllung der 2.<br />

Komponente zeigt sich nur eine Bindenaht <strong>am</strong> Fließwegende (Abb. 100 rechts) an der Seitenwandung.<br />

Hier kann die Unterwanderung keine Funktionsstörung verursachen.<br />

Abb. 100: Entstehung von Bindenähten bei der Formfüllung des Musterbauteils mit<br />

Autodesk Moldflow 2012. Links und Mitte: erste Komponente, rechts: zweite<br />

Komponente<br />

66


10.2 Werkzeugkonzept und –fertigung<br />

Der Werkzeugaufbau zum „Musterbauteil“ weist die universelle Einsetzbarkeit des verwendeten<br />

St<strong>am</strong>mwerkzeugkonzeptes nach. Trotz stark unterschiedlicher Formteilmerkmale und<br />

Anschnittlage bleibt die Funktionsweise gleich: Die beiden auswerferseitigen Formeinsätze<br />

sind identisch und halten den Vorspritzling beim Transport zur zweiten Spritzposition (Abb.<br />

101). Der Freiraum für die zweite Komponente wird durch den Wechsel des düsenseitigen<br />

Formeinsatzes und des auswerferseitigen Kerns geschaffen. Die Auswerferfunktionen entsprechen<br />

auch den bisherigen Formteilen: Nach dem Spritzen wird lediglich der Anguss des<br />

Vorspritzlings entformt (Abb. 102). An den Stellen der weiteren Auswerfer für den Fertigspritzling<br />

(<strong>2K</strong>) sind bei der ersten Komponente Stifte gesetzt. Da d<strong>am</strong>it das Auswerferpaket<br />

nicht umgesetzt wird und der auswerferseitige Einsatz bei jedem Umsetzvorgang auf alle<br />

Kerne bzw. Stift erneut aufgefädelt werden, ist die Werkzeugabstimmung anspruchsvoll,<br />

aber letztendlich gut beherrschbar.<br />

Neben den grundsätzlich anderen geometrischen Merkmalen wird bei dem Formteil „Musterbauteil“<br />

der Anguss anders gebildet. Während für die Zweifach-Formnester die Konturen für<br />

den Anguss in beide Formhälften eingearbeitet sind, wird die Formteilkontur durch die jeweiligen<br />

düsenseitigen Einsätze und den stehenden auswerferseitigen Formkern gebildet.<br />

Abb. 101: <strong>Projekt</strong>spezifische Komponenten mit dem Indexarm für „Musterbauteil“<br />

67


Abb. 102: Konturbildung für das „Musterbauteil“ mit K1 (links) und K2 (rechts)<br />

10.3 Erprobung und Werkzeugänderungen<br />

Die Erprobung bringt wichtige Hinweise zur spritzgießgerechten Formteilgestaltung von <strong>2K</strong>-<br />

<strong>MID</strong>s. Die ursprüngliche und als erstes realisierte Variante hat eine direkt aus der elektrischen<br />

Funktion abgeleitete Leiterbahnstruktur. Die Leiterbahnen werden freistehend erhaben<br />

auf dem Vorspritzling gebildet. Es zeigt sich aber, dass im aktuellen Fall der Spritzdruck<br />

während des zweiten Spritzvorganges übermäßig und einseitig auf die angussnahen Bereiche<br />

der Leiterbahnen drückt, sodass diese deformiert und überspritzt werden (Abb. 103,<br />

links). Die langen Fließwege und die einseitige Belastung der Leiterbahnen sind funktionsbedingt.<br />

Die Drücke lassen sich durch die Optimierung der Spritzgießtechnologie nicht ausreichend<br />

senken. Da die gefährdete Bahn nahe der senkrechten Wandung verläuft, kann<br />

diese in diesem Fall ohne Beeinträchtigung der Funktion seitlich abgestützt werden. Die entsprechende<br />

geringfügige Werkzeugänderung (Abb. 104) erbringt die gewünschte Verbesserung.<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend kann an Gehäuse-Innenkanten eine Verlegung von Bahnen, die<br />

während des Spritzvorganges zu stark einseitig belastet sind, generell als Abhilfemaßnahme<br />

empfohlen werden.<br />

Abb. 103: Links: Das Problem durch Verschiebung und Überspritzung der Leiterbahnen im<br />

Angussbereich. Rechts: Ursache sind die sehr langen Fließwege (mit rotem Pfeil<br />

gekennzeichnet) und die hohen Drücke im Angussbereich<br />

68


Abb. 104: Gestaltung der Bahnabstützung<br />

Die laufenden Werkzeuganpassungen für dieses Formteil betreffen zwei Punkte: Erstens<br />

führen die hohen Drücke in der angussnahen Trennebene erst dann nicht zur Gratbildung,<br />

wenn der auswerferseitige Kern an beiden Stationen K1 und K2 um 0,4 mm vorgespannt<br />

wird. Zweitens zeigt sich, dass Fertigungsabweichungen in den Gräben zu Abformung der<br />

Leiterbahnen an engen konvexen Krümmungen zur Überspritzung mit der zweiten Komponente<br />

führen kann, was schließlich nach der Metallisierung zur unterbrochenen Bahn führt<br />

(Abb. 105). Konkret ist das Problem an der Kante mit dem Radius von 0,1 mm an der Stelle<br />

der Bahn mit geringerer Höhe erkennbar, verursacht durch eine Tiefenabweichung von<br />

40 µm im Werkzeug (Abb. 106). Hier schafft die Vorspannung des Vorspritzlings in der zweiten<br />

Kavität um 40 µm, verbunden mit einer technologischen Optimierung des Spritzgießprozesses,<br />

Abhilfe.<br />

Abb. 105: Überspritzung der Leiterbahn aufgrund von Tiefenabweichungen im Werkzeug.<br />

Links: untersuchter Bereich im Formteil, rechts: vergrößert dargestellt<br />

69


Abb. 106: Ursache der Überspritzung durch unterschiedliche Leiterbahnhöhen dargestellt<br />

anhand der Topographiemessung der Werkzeugstrukturen. Links: Lage im Werkzeugeinsatz,<br />

rechts: dazugehörige Messprofile<br />

11 Untersuchungen zum Spritzguss des Musterbauteils<br />

Das technologische Fenster des Musterbauteils ist gegenüber den Teilen für die Grundlagenuntersuchung<br />

deutlich eingeschränkt. Grund dafür ist, dass entsprechend der Zielsetzung<br />

mit dem Formteil die Möglichkeiten der räumlichen Gestaltung erforscht werden sollen.<br />

Deutlich werden die höheren Anforderungen beispielsweise bei Abdeckung der Leiterbahnen<br />

durch die zweite (isolierende) Komponente, wenn die Kanten der Leiterbahnen (erste Komponente)<br />

nicht optimal abgeformt, also abgerundet sind. Im Falle einer ebenen Leiterbahnstruktur<br />

bedeutet das die Füllung der Rundungen mit der isolierenden Komponente, was<br />

„nur“ eine Abnahme der effektiven Leiterbahnbreite bedeutet. Wird dagegen eine konvexe<br />

Kante mit geringem Rundungsradius unvollständig gefüllt, neigt die überspritzte zweite Komponenten<br />

dazu, die Verbindung komplett zu trennen (Abb. 107).<br />

Abb. 107: Neigung einer konvexen Kante zur Überspritzung und daraus folgende Trennung<br />

des Bahnverlaufes. Links: unvollständige Abformung der Kante mit Überspritzung<br />

und der d<strong>am</strong>it verbundenen deutlichen Bahnverengung. Rechts: gute Kantenabformung<br />

und Erhaltung der Leiterbahn<br />

70


Insges<strong>am</strong>t ist die Prozessführung beim Einspritzvorgang anspruchsvoll. Bei der ersten Komponente<br />

verlangt die vollständige Abformung aller Kanten nach einem sehr dyn<strong>am</strong>ischen<br />

Einspritzen und Nachdruck. Um die Gratbildung im Angussbereich zu verhindern, müssen<br />

wiederum Druckspitzen vermieden werden. Das geschieht durch Abbremsen vor dem Umschaltpunkt.<br />

Diese Maßnahme ist allerdings nur begrenzt anwendbar, da sonst die oben geschilderten<br />

Abformungsprobleme infolge reduzierter Dyn<strong>am</strong>ik zum Tragen kommen. Die<br />

Formfüllung der zweiten Komponente muss weniger dyn<strong>am</strong>isch erfolgen, wobei hier auch<br />

gegensätzliche Forderungen in Einklang gebracht werden müssen. Um Überspritzung der<br />

Leiterbahnen zu minimieren und keine Gratbildung im Angussbereich zu provozieren, müssen<br />

Druckspitzen und eine d<strong>am</strong>it verbundene zu hohe Einspritzdyn<strong>am</strong>ik vermieden werden.<br />

Die langen Fließwege und die Forderung nach dichten Grenzflächen zwischen beiden Komponenten<br />

erlauben nur begrenzt die Reduzierung der Einspritzgeschwindigkeit. Insges<strong>am</strong>t<br />

erlauben die in Abb. 108 dargestellten Einspritzpar<strong>am</strong>eter einen qualitätsgerechten Formfüllvorgang<br />

(Abb. 109).<br />

Die Oberfläche des Formteiles zeigt nur geringe Einfallstellen von max. 10 µm (Abb. 110,<br />

gemessen mit FRT <strong>Mikro</strong>Prof, z-Messbereich 0,3 mm). Eine Ausnahme ist die Masseanhäufung<br />

der Durchbruchstelle (Stelle 1 Mitte in Abb. 110). Die an den Stellen mit den Erhebungen<br />

verlaufenden Leiterbahnen haben so eine „Stützwirkung“ für die isolierende zweite<br />

Komponente. Die Auswerfer deformieren trotz komplexer Geometrie mit teilweise fehlenden<br />

Entformungsschrägen das Formteil nicht.<br />

Abb. 108: Einspritzgeschwindigkeitsprofile für die beiden Kunststoffkomponenten. Weitere<br />

Par<strong>am</strong>eter im Bild.<br />

71


Abb. 109: Spritzgegossenes Musterbauteil. Unten die Innenseite Vorspritzling, <strong>2K</strong>-Formteil<br />

und metallisiertes Bauteil. Oben die Außenseite, metallisiert.<br />

Abb. 110: Oberflächentopografie des Musterbauteils, gemessen an 3 Stellen.<br />

72


12 Untersuchungen zur Metallbeschichtung und zum Drahtbonden<br />

der Musterbauteile<br />

Auf den spritzgegossenen Musterbauteilen wurden Untersuchungen zur Metallisierung und<br />

zum Drahtbonden durchgeführt. Bei den Vorbehandlungspar<strong>am</strong>etern wurde auf den Ergebnissen<br />

zur Metallisierung der Testbauteile (s. Kap. 7) aufgesetzt. Da für den Drahtbondprozess<br />

eine möglichst geringe Oberflächenrauheit der Metallschicht angestrebt wird, wurde<br />

eine relativ milde Vorbehandlung durchgeführt, d.h. die Ätzzeiten wurden möglichst kurz gewählt.<br />

Jedoch musste im anschließenden Metallisierungsprozess noch eine homogene und<br />

haftfeste Schicht gewährleistet sein. Untersucht wurde eine Ätzzeit von 6 min und 7.5 min.<br />

D<strong>am</strong>it konnte eine homogene und selektive Metallbeschichtung erzielt werden (Abb. 111).<br />

Abb. 111: Musterbauteil nach Cu/Ni/Au<br />

Die Musterbauteile wurden anschließend mittels REM, Rauheitsmessungen, Querschliffen<br />

und Computertomographie charakterisiert (Abb. 112).<br />

73<br />

Querschliff<br />

Abb. 112: Charakterisierung der Musterbauteile<br />

Bei der Prozessierung der Musterbauteile wurden ebene Plattensubstrate aus LCP Vectra<br />

E820i Pd zum Vergleich mitprozessiert und anschließend ebenfalls charakterisiert. Abb. 113<br />

zeigt exemplarische REM-Aufnahmen dieser Platten nach der Metallbeschichtung. Abb. 114<br />

und Abb. 115 zeigen REM-Aufnahmen der Musterbauteile nach dem Ätzprozess und der<br />

Cu/Ni/Au- Beschichtung.<br />

REM


Abb. 113: REM-Aufnahmen Plattensubstrat aus LCP Vectra E820i Pd nach Cu/Ni/Au<br />

Abb. 114: REM-Aufnahmen Musterbauteil nach Ätzen (Ätzzeit 6 min, oben) und nach<br />

Cu/Ni/Au (unten)<br />

74


Abb. 115: REM-Aufnahmen Musterbauteil nach Ätzen (Ätzzeit 7,5 min, oben) und nach<br />

Cu/Ni/Au (unten)<br />

Abb. 116: Charakterisierung Rauheit (Mittelwerte aus je 3 Einzelwerten) nach Cu/Ni/Au<br />

In Abb. 116 sind die Ergebnisse der Rauheitsmessungen dargestellt. Man erkennt eine relativ<br />

große Streuung der Messwerte. Die Rauheitswerte der mitprozessierten Plattensubstrate<br />

weisen bei gleicher Ätzzeit deutlich geringere Rauheitswerte als die Musterbauteile auf.<br />

75


Zur Charakterisierung der Leiterbahnen und Durchführung wurde an dem metallisierten Musterbauteil<br />

eine Computertomographie durchgeführt. Abb. 117 zeigt einen entsprechenden<br />

Schnitt durch das Musterbauteil. Sowohl die Durchführung als auch die kompletten Leiterbahnen<br />

sind gleichmäßig beschichtet.<br />

Abb. 117: Computertomographie Musterbauteil nach Cu/Ni/Au<br />

Exemplarische lichtmikroskopische Aufnahmen von Querschliffen der metallisierten Musterbauteile<br />

sind in Abb. 118 dargestellt. Dabei ist nicht in allen Bereichen des Bauteils ein optimaler<br />

Formschluss erkennbar. Zwischen den beiden untersuchten Ätzzeiten wurden diesbezüglich<br />

keine signifikanten Unterschiede beobachtet.<br />

76<br />

Ätzzeit: 6 min<br />

Ätzzeit:7,5 min<br />

Abb. 118: Querschliffe nach Cu/Ni/Au<br />

Nach der Metallisierung wurden auf den Plattensubstraten sowie auf den Musterbauteilen<br />

Versuche zum Al-Wedge-Wedge-Drahtbonden durchgeführt (Abb. 119). Als Bonddraht wurde<br />

ein 33µm AlSi1-Draht verwendet. Die Versuche wurden mit Substraten durchgeführt, bei<br />

denen die Metallschicht die geringste Oberflächenrauheit aufweist, d.h. Substrate welche nur<br />

6 min geätzt wurden. Abb. 120 zeigt die Ergebnisse der Drahtbondversuche.


Abb. 119: Al-Drahtbondversuche auf Plattensubstrat (links) und Musterbauteil (rechts)<br />

77<br />

Ergebnisse Musterbauteil Platte Merkblatt DVS 2811 (Labor)<br />

Anzahl Bonds 50 50 > 30<br />

Mittelwert Abreißkraft* 57,9% 54,6% > 50 %<br />

Standardabweichung 5,6% 8,7% < 15 %<br />

Mindestabreißkraft 115,5 mN 79,0 mN 60 mN<br />

Bondabhübe (Lift-Off) 6% 0% 0%<br />

*bezogen auf Zerreißkraft des unverformten Drahtes (220mN)<br />

Abb. 120: Ergebnisse der Al-Drahtbondversuche auf Musterbauteil und Plattensubstrat


13 Untersuchungen zur Zuverlässigkeit<br />

Um den Einfluss von Bindenähten des Spritzgussteils auf die Zuverlässigkeit von Leiterbahnen<br />

zu ermitteln, wurden die Musterbauteile einem Temperaturschocktest unterworfen. Dabei<br />

sollte während des Temperaturschocktests eine Online-Widerstandsmessung der beiden<br />

Leiterbahnen durchgeführt werden. Das Musterbauteil wurde so ausgelegt, dass die Kontaktierung<br />

der beiden Leiterbahnen der Musterbauteile mittels einer Mini-USB-Buchse einfach<br />

und schnell durchgeführt werden kann. Kommerziell verfügbare Mini-USB-Buchsen haben<br />

einen spezifizierten Temperaturbereich von -40°C bis 105°C. Die Online-Widerstandsmessung<br />

erfolgte durch 2-Leitermessung. Für die elektrische Verdrahtung wurden entsprechende<br />

Leiterplatten entworfen und angefertigt (Abb. 121), auf welchen die Musterbauteile<br />

aufgebaut wurden. Der komplette Aufbau wurde dann in die Temperaturk<strong>am</strong>mer integriert.<br />

Abb. 121: Messaufbau im Temperaturschocktest<br />

Insges<strong>am</strong>t wurden 46 Musterbauteile dem Temperaturschocktest unterworfen, wobei je 23<br />

Stück mit einer Ätzzeit von 6 min bzw. 7,5 min prozessiert wurden. Zusätzlich wurde ein Referenzwiderstand<br />

von 10Ω sowie ein Temperatursensor dem Temperaturschocktest unterworfen.<br />

Aufgrund des zulässigen Temperatureinsatzbereiches der Mini-USB-Buchse wurde<br />

der Temperaturbereich des Temperaturschocktests auf -40°C und +85°C festgelegt. Zuerst<br />

wurden 500 Temperaturzyklen durchgeführt. Abb. 122 zeigt den typischen Widerstandsverlauf<br />

der beiden Leiterbahnen über die Anzahl der Temperaturzyklen.<br />

Abb. 122: Online-Widerstandsmessung der beiden Leiterbahnen während des<br />

Temperaturschocktests (-40°C/+85°C)<br />

Bei 3 der 48 Steckplätze wurden bei der oberen Temperatur von +85°C teilweise deutlich<br />

erhöhte Widerstände detektiert. Daraufhin wurden die dort befindlichen Musterbauteile auf<br />

78


andere Steckplätze verteilt und erneut dem Temperaturschocktest unterzogen. Dabei hat<br />

sich gezeigt, dass die Widerstände auch bei der hohen Temperatur von +85°C nicht mehr<br />

erhöht waren, d.h. die Fehlerursache lag bei den entsprechenden Steckplätzen bzw. den<br />

Mini-USB-Buchsen. Dies zeigt sehr deutlich, dass bei solchen Messaufbauten der Kontaktierung<br />

der zu prüfenden Bauteile eine große Bedeutung zukommt, welche sorgfältig geprüft<br />

werden müssen. Weiterhin zeigt dies auch die große Wichtigkeit einer Online-<br />

Widerstandsmessung bei solchen Tests, um eine entsprechende Aussage über den ges<strong>am</strong>ten<br />

Temperaturbereich zu erhalten.<br />

Da aufgrund der begrenzten Temperaturstabilität der verfügbaren Mini-USB-Buchsen nur<br />

moderate Temperaturwechsel durchgeführt werden konnten, wurde nach den ersten 500<br />

Zyklen von -40°C bis +85°C mit Online-Widerstandsmessung weitere 500 Zyklen von -40°C<br />

bis +150°C ohne Online-Widerstandsmessung und anschließend nochmals 500 Zyklen von<br />

-40°C bis +85°C mit Online-Widerstandsmessung durchgeführt. Dabei wurde bei keinem<br />

Musterbauteil eine Erhöhung oder Drift der Widerstandswerte festgestellt, d.h. bei den untersuchten<br />

Musterbauteilen waren bei diesen Testbedingungen keine Ausfälle zu verzeichnen.<br />

79


14 Einfaches Kostenmodell<br />

14.1 Kalkulationsbeispiel für <strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong><br />

14.1.1 Einleitung<br />

Im Folgenden werden Herstellungskosten von <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong>s berechnet. Für die Nachvollziehbarkeit<br />

der Ergebnisse werden die Kalkulationsgrundlagen angegeben. Die Berechnung<br />

orientiert sich an dem Formteil „Musterbauteil“ des <strong>Projekt</strong>es, welches eine praxisgerechte<br />

Größe und Komplexität besitzt.<br />

Im Vergleich werden drei praxisrelevante Maschinenkonzepte einbezogen: erstens eine<br />

Kleinspritzgießmaschine mit kleinstmöglichem Spritzaggregat in <strong>2K</strong>-Ausführung (im Weiteren<br />

„<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“, lieferbar beispielsweise von Arburg, Dr. Boy, Ferromatik-<br />

Milacron oder Sumitomo-Demag), zweitens eine <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine mit<br />

Schneckenvorplastifizierung (Battenfeld MS50 oder Micropower), bei der die <strong>2K</strong>-<br />

Funktionalität durch die Kopplung zweier Maschinen über ein Handling erreicht wird (im Weiteren<br />

„1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“) und drittens die schussgewichtoptimierte Zweistufen-<br />

Kolbenmaschine in integrierter <strong>2K</strong>-Ausführung (formicaPlast-<strong>2K</strong>), wie es im <strong>Projekt</strong> zur Anwendung<br />

kommt (im Weiteren „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“).<br />

Die Werkzeugpreise und die Stundensätze sind verallgemeinert und stets angegeben. Da es<br />

sich um kleine bis mittlere Serien handelt, wird ein 1-fach-Werkzeug angenommen. Da für<br />

die <strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine die dabei entstehenden kleinen Schussgewichte sehr<br />

ungünstig sind, werden als Vergleich Formteilpreise für ein 2- und ein 4-fach-Werkzeug kalkuliert.<br />

Darüber hinaus wird versucht, für das Formteil „Musterbauteil“ des <strong>Projekt</strong>s die Kosten für<br />

das Alternativverfahren mit Laserdirektstrukturierung vergleichend zu ermitteln. Dazu wird<br />

die Fertigung der Teile an einer schussgewichtoptimierten 1K-<strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine angenommen,<br />

um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. In allen Berechnungen werden die<br />

Preise für die Metallisierung außer Acht gelassen, und als weitgehend gleich eingeschätzt.<br />

14.1.2 Annahmen<br />

Materialbedarf: <strong>2K</strong>-Formteil mit 100 mg und 55 mg Formteilgewicht, natürlich für alle Maschinenkonzepte<br />

identisch. Anguss je Schuss ist 10 mg für die „integrierte <strong>2K</strong>-<br />

<strong>Mikro</strong>maschine“, 150 mg für die „1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“ und 700 mg für die „<strong>2K</strong>-<br />

Schneckenkolbenmaschine“. So ergibt sich ein Ges<strong>am</strong>t-<strong>2K</strong>-Schussgewicht von 175 mg für<br />

die „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“, 455 mg für die „1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“ und 1555 mg für<br />

die dritte Variante. Die Wiederverwertung der Angüsse wird nicht betrachtet, da erstens die<br />

Folgen bei dieser Anwendung nicht bekannt sind und zweitens bedeutet der geringe Formteilanteil<br />

für das Standardkonzept einen vielfachen Durchlauf des Angussmaterials.<br />

Zykluszeit: 6 s für die „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“, 8 s für die „<strong>2K</strong>-<br />

Schneckenkolbenmaschine“. Die Unterschiede sind auf die längeren Umsetzzeiten und auf<br />

die längeren angussbedingten Kühlzeiten der „<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“ zurückzuführen.<br />

Die Differenzen sind trotzdem relativ gering, da LCP schnell erstarrt und die Angussgrößen<br />

in beiden Fällen optimiert sind. Für die „1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“ wird die aus der Literatur<br />

bekannte Lösung mit der Kopplung zweier Maschinen angenommen und wegen der länge-<br />

80


en Umsetzzeiten gegenüber der „integrierten <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“ eine Zykluszeit von 8 s<br />

geschätzt.<br />

Werkzeugkosten: Bei der Berechung der Werkzeugkosten wird angenommen, dass die<br />

Produktion von <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>-<strong>MID</strong> zum Portfolio der Firma gehört und d<strong>am</strong>it das gefragte Formteil<br />

zu einem Formteilspektrum mit drei Teilen gehört. Die dabei möglichen Einsparpotenziale<br />

durch St<strong>am</strong>mwerkzeuge werden berücksichtigt. Es handelt sich um Werkzeuge ohne Schieber<br />

und Heißkanal.<br />

Generell wird angenommen, dass das Werkzeug für die angegebenen Stückzahlen gefertigt<br />

wird. D<strong>am</strong>it werden die Werkzeugkosten in die Formteilkosten eingerechnet. So ergeben<br />

sich für kleine Serien sehr hohe Stückpreise, was aber auch die Realität bei der Entwicklungsphase<br />

widerspiegelt. Die maximal gerechnete Stückzahl von 500000 Stück soll das<br />

Werkzeug ohne gesonderte Wartungskosten überstehen.<br />

81<br />

- „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“: St<strong>am</strong>mwerkzeug 12000 €, Konturspezifische Komponenten<br />

je 12000 €. Also (12000 + 3*12000) / 3 = 16000 € Werkzeugkosten pro<br />

Formteil.<br />

- „<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“: Individuelles Werkzeug für jedes Formteil mit<br />

24000 €. Die Kosten sind also wie oben, lediglich der Vorteil des St<strong>am</strong>mwerkzeuges<br />

wird nicht berücksichtigt. Die weiteren Mehrkosten gegenüber der obigen Lösung, die<br />

aus der Individualität, Konstruktionsaufwand und Fertigungsvorbereitung resultieren,<br />

werden durch den geringfügig einfacheren Werkzeugaufbau der Individuallösung etwa<br />

ausgeglichen. Die Mehrkosten für Vielfachwerkzeuge sind wegen der zusätzlichen<br />

<strong>Mikro</strong>konturen und wegen des erhöhten Abstimmungs- und Musterungsaufwandes<br />

deutlich höher. So wird 28 000 ° € für das 2-fach- und 34000 € für das 4fach-<strong>2K</strong>-Werkzeug<br />

angenommen.<br />

- „1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“: Hier sind auch St<strong>am</strong>mwerkzeuge weit verbreitet. Da es sich<br />

um ein 1+1-Verfahren handelt, wird mit höheren St<strong>am</strong>mwerkzeugpreisen einschließlich<br />

Werkzeugkosten für Handling (20000 €) gerechnet. D<strong>am</strong>it ergeben sich rund<br />

19000 € Werkzeugkosten pro Formteil.<br />

Weitere Kosten:<br />

- Personaleinsatz und Wartung: Da es sich um kleine bis mittlere Serien handelt, wird<br />

in beiden Fällen der Einsatz eines qualifizierten Technikers (Stundensatz 65 €/h) mit<br />

25 % und eines Ingenieurs (Stundensatz 95 €/h)mit 10 % während der Produktionszeit<br />

berücksichtigt. Des Weiteren wird ein Einschichtbetrieb vorausgesetzt. Zudem<br />

wird angenommen, dass alle 4 Stunden etwas passiert, oder Wartung durchgeführt<br />

wird. Diese nimmt einen Techniker für 20 min in Anspruch und ist mit 30 g<br />

(formicaPlast) bzw. 300 g („<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“ und „1+1-K-<br />

<strong>Mikro</strong>maschine“) Materialverbrauch verbunden. Es wird mit 1% Ausschussquote gerechnet,<br />

aber kein extra Aufwand für die Qualitätskontrolle berechnet.<br />

- Materialpreis pauschal: 30 €/kg<br />

- Maschinenstundensatz: 11 €/h für „<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“ und 15 €/h für die<br />

„integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“. Im Falle der „1+1-K-<strong>Mikro</strong>maschine“ werden zwei<br />

preisintensive Maschinen und zusätzlich ein Handhabungssystem benötigt, sodass


82<br />

hier 22 €/h realistisch erscheint. Grundlage der Stundensatzberechnung ist ein größtenteils<br />

ausgelasteter Einschichtbetrieb.<br />

- Auftragspauschale: 400 €<br />

14.1.3 Ergebnisse<br />

So ergeben sich folgende Formteilpreise in Euro einschließlich Werkzeugpreis:<br />

Aus der Tabelle geht hervor, dass eine integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschinenlösung stets wirtschaftlicher<br />

arbeitet, als die Kopplung zweier <strong>Mikro</strong>maschinen. Weiterhin ist ersichtlich, dass spezialisierte<br />

<strong>Mikro</strong>maschinen bis zur Produktion von hunderttausend Teilen Kostenvorteile gegenüber<br />

einer „<strong>2K</strong>-Schneckenkolbenmaschine“ bieten. Für eine flexible Serienproduktion<br />

sind die spezialisierten <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschinen, vor allem als „integrierte <strong>2K</strong>-<br />

<strong>Mikro</strong>maschine“ vorteilhaft. Eine technologisch-praktische Betrachtung würde diese rein<br />

ökonomische Sichtweise weiter stärken. Die Tabelle gibt anhand der „<strong>2K</strong>-<br />

Schneckenkolbenmaschine“ einen Hinweis zu wirtschaftlicher Auslegung der Fachzahl.<br />

Demnach ist im untersuchten Fall ein 2fach-Werkzeug ab 100000 sinnvoll und ein 4fach<br />

Werkzeug nur wenig ungünstiger. Die Kostenvorteile für die 4fach-Variante sind ab 500000<br />

eindeutig und diese Lösung ist wirtschaftlicher, als die <strong>Mikro</strong>maschinenlösungen.<br />

14.1.4 Vergleich Laserdirektstrukturierung<br />

Annahmen:<br />

Im folgenden Abschnitt wird für das Formteil „Musterbauteil“ des <strong>Projekt</strong>s ein Vergleich mit<br />

der Laserdirektstrukturierung kalkuliert. Dabei wird eine 1K-<strong>Mikro</strong>formteilfertigung angenommen.<br />

Die Rechnungen erfolgen für eine „schussgewichtoptimierte <strong>Mikro</strong>spritzgießmaschine“,<br />

welche die Basis für die oben erwähnte bildet. Daher werden die Annahmen aus den Angaben<br />

für die „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“ abgeleitet. Dabei werden folgende Annahmen<br />

getroffen:<br />

Materialbedarf: Als laserstrukturiertes 1K-Formteil wäre das Vergleichsformteil etwas dünnwandiger<br />

ausgelegt als für das <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>, woraus sich ein Ges<strong>am</strong>t-Formteilgewicht von<br />

120 mg ergibt. Anguss soll für die 1fach-Variante wie oben 10 mg. Die Wiederverwertung der<br />

Angüsse wird analog zur obigen Rechnung nicht betrachtet.


Zykluszeit: Die Zykluszeit beträgt 5,5 s, da die Umsetzzeit der „integrierten <strong>2K</strong>-<br />

<strong>Mikro</strong>maschine“ (6 s) entfällt.<br />

Werkzeugkosten: Analog zu den obigen Rechnungen wird von einem Portfolio von 3 Teilen<br />

mit den entsprechenden Einsparpotenzialen durch St<strong>am</strong>mwerkzeuge ausgegangen. Die weiteren<br />

Annahmen stimmen ebenfalls mit den früheren überein. So ergeben sich mit St<strong>am</strong>mwerkzeug<br />

8000 €, konturspezifische Komponenten je 9000 € (8000 + 3*9000) / 3 ≈ 12000 €<br />

Werkzeugkosten pro Formteil.<br />

Weitere Kosten: Die weiteren Kosten sind mit Ausnahme des etwa 10% höheren Materialpreises<br />

für LCP Vectra E840i LDS und des Maschinenstundensatzes (12 €/h) mit denen für<br />

die „integrierte <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>maschine“ identisch.<br />

Annahmen für LDS: Der Laser wird als Kalkulationsgrundlage 3-schichtig betrieben. Es wird<br />

davon ausgegangen, dass Laser (anteilig) und Vorrichtung <strong>am</strong>ortisiert wird. Lasertaktzeit<br />

wird mit 20 s/Teil inkl. Handling und visueller Prüfung angenommen. Maschinenstundensatz<br />

und Lohnkosten für die Peripherie sowie Gemeinkostensätze werden wie üblich veranschlagt.<br />

So ergeben sich folgende Formteilpreise für die Spritzgießfertigung inkl. Laserstrukturierung<br />

in Euro einschließlich Werkzeugpreis:<br />

D<strong>am</strong>it wird die Vermutung bestätigt, dass sich Kostenvorteile für die <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technik bei<br />

höheren Stückzahlen ergeben. Bei dem gewählten Formteilbeispiel des <strong>Projekt</strong>es wird unter<br />

Berücksichtigung der geschilderten Annahmen die <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>-Technik bei Stückzahlen über<br />

10000 wirtschaftlicher als die Laserstrukturierung. Diese Zahl ist spezifisch für das hier betrachtete<br />

Formteil zu sehen und kann bei anderen Formteilen deutlich abweichen. Über die<br />

reine Kostenkalkulation hinaus werden natürlich hauptsächlich die Möglichkeiten und Grenzen<br />

der geometrischen Gestaltung die Auswahl zwischen beiden Verfahren bestimmen.<br />

83


15 Leitfaden zu Möglichkeiten und Grenzen der Formteilgestaltung<br />

Die folgenden Aussagen basieren auf den Ergebnissen des <strong>Projekt</strong>es und auf bisherige Erfahrungen<br />

der beteiligten <strong>Projekt</strong>partner. Aussagen zu Füllbarkeit bestimmter Strukturen,<br />

Einfluss der Bindenähte, Unterwanderung der Metallisierung gelten strenggenommen nur für<br />

die im <strong>Projekt</strong> untersuchten Formteile. Da es sich um 3 verschiedene Formteile handelt,<br />

kann die Aussage jedoch mit hoher Sicherheit verallgemeinert werden.<br />

Zur Herstellung der Strukturen für <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong> muss grundsätzlich zwischen den Varianten mit<br />

der zweiten Komponente als<br />

84<br />

• isolierende Zwischenschicht (Methode 1) und<br />

• als metallisierbare Leiterbahnkomponente (Methode 2)<br />

unterschieden werden (s. Abb. 1). Bei der Methode 1 stehen die Leiterbahnen erhaben auf<br />

dem Vorspritzling aus metallisierbarem Kunststoff und werden durch die zweite Komponente<br />

(Isolierschicht) durch Auffüllen der Zwischenräume voneinander getrennt. Der Vorspritzling<br />

der Methode 2 enthält aus nicht metallisierbarem Kunststoff die späteren Leiterbahnen in<br />

Form von Gräben, die in dem zweiten Spritzvorgang mit metallisierbarem Kunststoff gefüllt<br />

werden. Bei der Methode 2 haben die Bahnen wegen des fehlenden gemeins<strong>am</strong>en Untergrundes<br />

keine Verbindungsstellen zueinander. So besteht nicht die Gefahr eines Kurzschlusses<br />

durch Unterwanderungen beim Metallisierungsprozess. Die einzelnen Bahnen<br />

müssen aber individuell verankert und angespritzt werden. Letzteres grenzt die Möglichkeiten<br />

beim Leiterbahnlayout stark ein. Elemente zur Durchkontaktierung zweier Funktionsebenen<br />

mit beidseitig offenen Bahnen sind aber gut machbar.<br />

Bei der <strong>Mikro</strong>strukturierung der Formeinsätze für die Methode 2 sind sehr geringe Leiterbahnbreiten<br />

bei nach unten begrenztem Bahnabstand realisierbar, da die Strukturen im<br />

Werkzeug erhaben sind. Die Verhältnisse für die Methode 1 sind umgekehrt. Die Leiterbahnstruktur<br />

wird in Form von Gräben in das Werkzeug eingebracht, was die Leiterbahnbreiten<br />

nach unten eingrenzt. Die Ergebnisse des <strong>Projekt</strong>es zeigen, dass bei beiden Methoden Leiterbahnbreiten<br />

mit 0,2 mm sicher werkzeugtechnisch hergestellt und im Spritzgießprozess<br />

abgeformt werden können. Minimale Zwischenräume von 0,2 mm sind ebenfalls gut realisierbar.<br />

Aus werkzeugtechnischer Sicht schränkt die Zugänglichkeit der Oberflächen mit den<br />

filigranen Fräsern die Gestaltungsmöglichkeiten ein. In vielen Fällen (geneigte Flächen, tief<br />

liegende Strukturmerkmale) bietet die <strong>Mikro</strong>senkerosion einen Ausweg. Die Möglichkeit, mit<br />

segmentierten Elektroden in mehreren Schritten zu strukturieren, erlaubt eine große Gestaltungsfreiheit.<br />

Dennoch muss die Formteilentwicklung mit der Erarbeitung der Herstellstrategie<br />

für die Werkzeugkonturen Hand in Hand gehen.<br />

Bei der geometrischen Gestaltung des Grundkörpers ist das Abrunden von Kanten, über die<br />

die Leiterbahnen verlaufen, von besonderer Bedeutung. Prinzipiell sollten für eine kunststoffgerechte<br />

Formteilgeometrie diese Kanten mit wenigen Ausnahmen abgerundet werden Dies<br />

gilt auch für <strong>Mikro</strong>teile. Bei den <strong>2K</strong>-<strong>MID</strong>s ist es zusätzlich durch die Gefahr der Überspritzung<br />

der Leiterbahnen begründet. Die scharfen Kanten werden durch die erste Komponente leicht<br />

abgerundet abgeformt. Wird dieser Vorspritzling mit der abgerundeten konvexen Kante in die<br />

zweite Kavität, welche wieder scharfkantige Konturen aufweist, eingelegt, entsteht ein Hohlraum,<br />

in den die Schmelze eindringen kann. Dies kann entweder die Leiterbahn unterbrechen<br />

(bei der Methode 1) oder benachbarte Bahnen verbinden (bei der Methode 2). Aus


ähnlichen Überlegungen lässt sich ableiten, dass Fertigungstoleranzen im Werkzeug stärkere<br />

Auswirkungen auf die Qualität der Formteile an Kanten mit kleineren Radien haben. Das<br />

im Rahmen des <strong>Projekt</strong>es entwickelte Formteil „Musterbauteil“ weist Formteilmerkmale zur<br />

Untersuchung dieser Problematik auf. Die Leiterbahnen werden über konvexe und konkave<br />

Radien mit 0,1 bis 0,7 mm geführt. Die Wandungen haben eine Neigung von 20° bzw. 30°.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass konvexe Radien <strong>am</strong> Formteil mit R0,1 mm noch beherrschbar<br />

sind. Andererseits steht für die Fehlertoleranz der vergrößerten Radien, dass Unterschiede<br />

in den Leiterbahnhöhen von 40 µm an den Radien von R0,7 mm keine Fehler verursachen<br />

(s. Kap. 10.3).<br />

Aus der Sicht der Spritzgießtechnologie ist die Füllbarkeit der Strukturen der dominante Einflussfaktor.<br />

Die Herausforderungen der beiden Methoden sind unterschiedlich.<br />

Bei der Methode 1 werden die <strong>Mikro</strong>strukturen mit der ersten (metallisierbaren) Komponente<br />

erhaben abgeformt. Die Strukturen der im <strong>Projekt</strong> untersuchten Bauteile mit Leiterbahnbreiten<br />

und Domdurchmesser von 0,2 mm erweisen sich als problemlos abformbar. Generell gilt,<br />

dass angussnahe <strong>Mikro</strong>strukturen häufiger unvollständig gefüllt werden, als angussferne. Die<br />

Erklärung für dieses Verhalten ist, dass der geringe Druck <strong>am</strong> Anfang der Füllphase die angussnahen<br />

Strukturen nicht spontan füllen kann. Statt die <strong>Mikro</strong>kavitäten abzuformen, fließt<br />

sie Schmelze in die dickwandigeren Bereiche des Grundkörpers. Am Ende des Füllvorganges,<br />

wenn die notwendigen Drücke für die <strong>Mikro</strong>strukturabbildung erreicht sind, ist wiederum<br />

die Erstarrung der Randschicht angussnah zu weit vorangeschritten. Durch die Erhöhung der<br />

Einspritzdyn<strong>am</strong>ik können diese Effekte in der Regel kompensiert werden. Die Füllung mit der<br />

zweiten (isolierenden) Komponente ist wegen der großen Fließquerschnitte gut realisierbar.<br />

Bei den Formteilen des <strong>Projekt</strong>es werden bei einer Schichtdicke von 0,3 mm Fließwege von<br />

über 15 mm gefüllt. Im Zus<strong>am</strong>menhang mit der Füllung der zweiten Komponente sind folgende<br />

kritische Punkte zu beachten:<br />

(1) Erstens können bei der üblichen hohen Einspritzdyn<strong>am</strong>ik die Leiterbahnstrukturen überspritzt<br />

und d<strong>am</strong>it abgedeckt werden. Hier schafft – entsprechend präzise Maschinentechnik<br />

vorausgesetzt – ein abgestuftes Einspritzprofil mit abgestimmtem Umschaltpunkt oder eine<br />

Werkzeugänderung mit Erhöhung der <strong>Mikro</strong>strukturen für eine straffere Einspannung /<br />

Tuschierung des Vorspritzlings in der zweiten Werkzeugkavität Abhilfe.<br />

(2) Zweitens muss beachtet werden, dass die Strukturen der ersten Komponente beim zweiten<br />

Spritzvorgang hohe seitliche Druckbelastung erfahren. Dies kann die Strukturen deformieren<br />

oder sogar brechen. An den Formteilen des <strong>Projekt</strong>es werden deformierte Strukturen<br />

tendenziell angussnah bei langen Fließwegen beobachtet, während einzeln stehende Kontaktstellen<br />

(Zylinder) mit dem Durchmesser 0,2 mm zum Abbrechen neigen. In beiden Fällen<br />

verbessert die Erhöhung der Strukturen wieder durch die straffere Einspannung die Situation.<br />

Zusätzlich kann, wie im <strong>Projekt</strong> gezeigt, in der Nähe von senkrechten Wänden die Struktur<br />

mechanisch abgestützt werden, ohne das Leiterbahnlayout zu beeinflussen.<br />

(3) Der dritte Aspekt der Gestaltung ist die Forderung nach gleichmäßiger Verteilung der<br />

Fließquerschnitte für aufgeteilte Schmelzeströme, also nach „ausbalancierten Fließfronten“.<br />

Die von dem Anguss kommende Schmelze wird durch die erhabenen Leiterbahnstrukturen in<br />

einzelne Schmelzeströme aufgeteilt, welche unterschiedliche Fließwiderstände überwinden<br />

müssen. Da die Schmelzeströme „parallelgeschaltet“ sind, wird die Schmelze in Bereichen<br />

mit geringem Widerstand lokal voreilen, während sie in engeren Querschnitten zu Stagnation<br />

bzw. Stillstand und d<strong>am</strong>it zur Erstarrung neigt. Die Folge ist eine unvollständige Füllung.<br />

85


Gewisse Querschittsunterschiede lassen sich durch erhöhte Einspritzdyn<strong>am</strong>ik kompensieren.<br />

Bei größeren Differenzen, wie z. B. gruppierte Leiterbahnen kann die Verwendung der<br />

Methode 2 Abhilfe schaffen (s. Abb. 94).<br />

Bei der Methode 2 ist die Forderung nach „ausbalancierten Fließfronten“ meist gegeben. So<br />

müssen die Zwischenräume zwischen den Leiterbahnsträngen für diese Methode nicht<br />

gleichmäßig sein. Allerdings resultieren als Folge der direkten Füllung der filigranen Leiterbahnenquerschnitte<br />

hohe Drücke beim Füllen. Diese führen häufig zur Gratbildung an der<br />

zweiten Komponente und dadurch zur unerwünschten Verbindung der Leiterbahnen und zur<br />

Deformation der Grundkomponente. Die im Rahmen des <strong>Projekt</strong>es erprobten Leiterbahnen<br />

mit einem Querschnitt von 0,3 x 0,3 mm² lassen sich sicher realisieren.<br />

Die bekannte Bindenahtschwäche von LCP zeigt weder aus der Sicht der mechanischen<br />

Stabilität noch aus der Sicht einer Unterwanderung der Metallisierung an der Bindenahtstelle<br />

negative Folgen. Auch an den Grenzflächen zwischen den beiden Komponenten, die im Falle<br />

von LCP bekanntlich ohne physikalische Haftung aneinanderliegen, findet keine störende<br />

Unterwanderung statt. Dies gilt sogar dann, wenn an der Grenzfläche infolge nicht optimaler<br />

Technologie ein <strong>Mikro</strong>spalt erkennbar ist. Diese Aussagen gelten natürlich nur für vollständig<br />

gefüllte Formteile. Versuche an präparierten Proben zeigen, dass die zweite Komponente<br />

auch ohne die konstruktiv vorgesehene mechanische Verankerung nach dem Spritzgießvorgang<br />

fest an dem Vorspritzling haftet. Allerdings kann in manchen Fällen im Laufe des Metallisierungsprozesses<br />

eine Lockerung festgestellt werden.<br />

Allgemein ist es für die Formteilgestaltung aus der Sicht der Metallisierung wichtig, dass keine<br />

schöpfenden Geometrien entstehen. Des Weiteren ist für den Trommelprozess wichtig,<br />

dass Flächen, die ein Zus<strong>am</strong>menkleben der Teile begünstigen würde, mit Abstandshaltern<br />

versehen sind. Diese Aspekte sind an allen Formteilen des <strong>Projekt</strong>es berücksichtigt. Da es<br />

sich gezeigt hat, dass in der unmittelbaren Nähe des Anschnittes die Metallschichten oft<br />

schlecht haften, sollten keine metallisierten Funktionsflächen auf den Anschnitt gelegt werden.<br />

Die Formteile des <strong>Projekt</strong>es besitzen keine Funktionsflächen im Anschnittbereich, so<br />

basiert diese Feststellung auf visuelle Beurteilung und nicht auf Funktionsprüfung.<br />

Die Ergebnisse der Metallbeschichtung haben gezeigt, dass die Vorbehandlungspar<strong>am</strong>eter,<br />

wie die Prozesszeit im entsprechenden Ätzbad bauteilabhängig optimiert werden müssen,<br />

insbesondere wenn geringe Rauheiten erzielt werden sollen. Ein zu intensiver Ätzprozess<br />

führt zu Oberflächentopographien mit Vertiefungen, die für den Al-Drahtbondprozess kritisch<br />

sind. Der Vorbehandlungsprozess muss so angepasst werden, d<strong>am</strong>it ein homogenes Anspringen<br />

der Startkupferschicht sowie eine ausreichende Haftfestigkeit bei noch akzeptabler<br />

Rauheit erreicht wird. Für den Schichtaufbau aus chemisch Kupfer, chemisch Nickel und<br />

Tauchgold sollte eine Schichtdicke von 10±3 µm Cu, 5±3 µm Ni und 0,1±0,05 µm Au angestrebt<br />

werden. Der formschlüssige mechanische Verbund zwischen beiden Komponenten ist<br />

ebenfalls ein wichtiger Aspekt bei der Formteilauslegung, um das Eindringen von Elektrolyt<br />

in die Grenzfläche zwischen erster und zweiter Komponente zu verhindern, was im ungünstigsten<br />

Fall zu Kurzschlüssen durch Unterwanderung führen kann.<br />

86


16 Ergebnistransfer<br />

Maßnahme Ziel und Rahmen Datum/ Zeitraum<br />

<strong>Projekt</strong>begleitender Ausschuss<br />

(PA)<br />

Transfer der <strong>Projekt</strong>ergebnisse<br />

Veröffentlichung der <strong>Projekt</strong>ergebnisse<br />

Aufnahme der Ergebnisse<br />

in die Lehre bzw. Durchführung<br />

von Diplom- und<br />

Studienarbeiten<br />

87<br />

1: Vorstellung des geplanten <strong>Projekt</strong>es und Diskussion der<br />

geplanten Arbeiten<br />

2: Vorstellung der ersten erzielten Ergebnisse und Diskussion<br />

weiteres Vorgehen<br />

3: Abschlusspräsentation und Diskussion der erzielten Ergebnisse<br />

1: Vorstellung der Ergebnisse:<br />

Mitgliedervers<strong>am</strong>mlung KuZ und Mitgliedervers<strong>am</strong>mlung <strong>HSG</strong><br />

20.5.2010<br />

29.3.2011<br />

24.7.2012<br />

2011<br />

2: Präsentation erster Ergebnisse auf Fachmesse SMT auf<br />

Gemeinschaftsstand 3D-<strong>MID</strong><br />

2011<br />

3: Präsentation der Ergebnisse auf dem Stand des <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

auf dem MST-Kongress in Darmstadt<br />

10.-12.10.2011<br />

4: Präsentation der Ergebnisse auf dem Stand des KuZ zur<br />

Fakuma in Friedrichshafen<br />

18.-22.10.2011<br />

5: Präsentation der Ergebnisse zur Fachtagung Technomer in<br />

Chemnitz<br />

6: Präsentation der Ergebnisse beim Treffen der Netzwerke<br />

10.-12.11.2011<br />

AMZK (Automobilzulieferer Kunststofftechnik Sachsen) und<br />

FEKM (Forschung und Entwicklung Kunststofftechnik Mitteldeutschland)<br />

2012<br />

7: Präsentation der Ergebnisse beim POLYKUM-Workshop<br />

„Innovative Verarbeitungstechnologien“<br />

17.02.2012<br />

8: Präsentation der Ergebnisse auf dem Stand des <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

auf der Fachmesse SMT in Nürnberg<br />

8.-10.5.2012<br />

9: Präsentation der Ergebnisse auf dem Stand des <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

auf der Fachmesse Sensor+Test in Nürnberg<br />

10: Präsentation der Ergebnisse auf dem Stand des <strong>HSG</strong>-<br />

22.-24.5.2012<br />

IMAT im Rahmen der Industrieausstellung beim Internationalen<br />

<strong>MID</strong> Kongress in Fürth<br />

19.-20.9.2012<br />

11: Industrielle Weiterbildung im Rahmen des <strong>Mikro</strong>seminars<br />

des KuZ<br />

2x jährlich<br />

12: Präsentation der Ergebnisse im Rahmen der Akquisition<br />

bei der Institutsvorstellung von <strong>HSG</strong>-IMAT und KuZ<br />

laufend<br />

1: Publikation der Forschungsergebnisse in Proceedings der<br />

Fachtagung Technomer in Chemnitz<br />

2: Publikation der Forschungsergebnisse in Abschlussbericht<br />

10.-12.11.2011<br />

und Veröffentlichung auf den Internetseiten der Forschungsstellen<br />

2012<br />

3: Publikation der Forschungsergebnisse in Fachzeitschrift<br />

Geplant<br />

2012/2013<br />

4: Präsentation der Ergebnisse im Jahresbericht <strong>HSG</strong>-IMAT<br />

bzw. KuZ<br />

Geplant 2013<br />

1: Ausbildung der Studenten an der Universität Stuttgart 2012<br />

2: Praxis- und Vorlesungsveranstaltungen für die Studenten<br />

der HTWK Leipzig und BA Eisenach<br />

2012


17 Literatur<br />

[1] Jüttner, G.: Plastifiziereinheiten für kleinste Schussgewichte. Kunststoffe 94 (2004) 1,<br />

S. 53-55<br />

[2] Jüttner, G.: Flexible Maschinentechnik realisiert <strong>Mikro</strong>spritzguss. Kunststoffberater 52<br />

(2007) 3, S. 35-41<br />

[3] Dormann, B.; Jüttner, G.: Klein, fleißig, kooperativ – Große Anforderungen für kleine<br />

Teile an <strong>Mikro</strong>spritzanlagen. Plastverarbeiter 58 (2007) 2, S. 60-62.<br />

[4] Johannaber, F.; Michaeli, W.: Handbuch Spritzgießen, Carl Hanser Verlag München<br />

Wien, 1. Aufl., 2001<br />

[5] Jüttner, G.; Jacob, S.: Zweikomponenten-<strong>Mikro</strong>spritzgießen. In: Tagungsband zur<br />

Fachtagung Montagespritzgießen Formschluss – Kraftschluss – Stoffschluss des LKT<br />

Erlangen in Fürth, 2007, S. 189–206<br />

[6] Jüttner, G.; Jacob, S.: Immer kleiner, immer Präziser – Flexible Fertigung von Zweikomponententeilen<br />

durch <strong>Mikro</strong>spritzgießen. Plastverarbeiter 57 (2005) 11, S. 62-64.<br />

[7] Jüttner, G.; Freitag, H.; Dormann, B.: <strong>Mikro</strong>spritzgießen mit Automatisierung nach Maß.<br />

<strong>Mikro</strong>produktion (2010)5, S. 12-17<br />

[8] Jüttner, G.; Stübiger, A.; Härtel, T.: Der bessere Prüfkörper für <strong>2K</strong>-<strong>Mikro</strong>bauteile. <strong>Mikro</strong>produktion<br />

(2011)6, S. 48-51<br />

[9] Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D <strong>MID</strong> e.V.: „3D-<strong>MID</strong>-<br />

Technologie“, Carl Hanser Verlag, München 2004<br />

[10] R. Suchentrunk et al., Kunststoff-Metallisierung, Eugen G. Leuze Verlag, Saulgau,<br />

2007<br />

[11] W. Eberhardt, S. Weser, H. Kück: Von der Deko in die Industrie - Metallisierung von<br />

<strong>MID</strong> mit nasschemischen Verfahren, Elektronik – Sonderausgabe Räumliche elektronische<br />

Baugruppen 2011, S. 24-27.<br />

88


18 Danksagung<br />

Das <strong>IGF</strong>-Vorhaben <strong>335</strong><strong>ZBG</strong> der Forschungsvereinigung Hahn-Schickard-Gesellschaft für<br />

angewandte Forschung e. V. – <strong>HSG</strong>, Wilhelm-Schickard-Straße 10, 78052 Villingen-<br />

Schwenningen wurde über die AiF im Rahmen des Progr<strong>am</strong>ms zur Förderung der industriellen<br />

Gemeinschaftsforschung und –entwicklung (<strong>IGF</strong>) vom Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Für<br />

diese Förderung sei gedankt.<br />

Dem projektbegleitenden Ausschuss sei für die Unterstützung und die Hinweise aus den<br />

zahlreichen Diskussionen gedankt. N<strong>am</strong>entlich sind dies:<br />

2E mechatronic GmbH & Co. KG<br />

A. Raymond GmbH & Co. KG<br />

Buss-Werkstofftechnik GmbH & Co. KG<br />

DESMA Schuhmaschinen GmbH<br />

Enthone GmbH<br />

Gr<strong>am</strong>m Technik GmbH<br />

Harting AG<br />

InfraTec GmbH<br />

ITES Vertriebs GmbH<br />

Jenoptik Polymer Systems GmbH<br />

Lüberg Elektronik GmbH<br />

MCADform Vorrichtungs- und Formenbau GmbH<br />

Microelectronic Packaging Dresden GmbH<br />

MicroMountains Applications AG<br />

<strong>Mikro</strong>technik Freudenreich GmbH & Co. KG<br />

PENTACON GmbH Foto- und Feinwerktechnik<br />

PKT GmbH<br />

Robert Bosch GmbH<br />

Robert Seuffer GmbH & Co. KG<br />

Ticona GmbH<br />

XENON Automatisierungstechnik GmbH<br />

89

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