Hochbau des Bundes - SAM-Consulting GmbH
Hochbau des Bundes - SAM-Consulting GmbH
Hochbau des Bundes - SAM-Consulting GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
EU-weite Ausschreibung<br />
Anhang 4<br />
Auf Grund der europäischen Richtlinien wurde das nationale Vergaberecht um entsprechende<br />
Bestimmungen ergänzt. So enthält z. B. die VOB/A in ihrem Abschnitt 1 als<br />
nationales Vergaberecht die Basisparagrafen und in ihrem Abschnitt 2 die Basisparagrafen<br />
mit zusätzlichen Bestimmungen (die sog. a-Paragrafen) nach der EU-Baukoordinierungsrichtlinie126<br />
. Der Abschnitt 2 der VOB/A gilt für die Vergabe von Bauaufträgen,<br />
die den Schwellenwert der EU-Baukoordinierungsrichtlinie in Höhe von<br />
5 Mio. EUR erreichen oder übersteigen (§ 1a VOB/A). Er betrifft nicht nur den Bund,<br />
sondern alle öffentliche Auftraggeber, die zur Anwendung der EU-Baukoordinierungsrichtlinie<br />
verpflichtet sind.<br />
Die Regelungen der a-Paragrafen modifizieren lediglich einen Teil der<br />
Basisparagrafen. Dies betrifft z. B. die Arten der Vergabe (§ 3a), die Aufhebung der<br />
Ausschreibung (§ 26a), die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher technischer<br />
Spezifikationen (§ 9a) und modifizierte Verfahrensabläufe wie u. a. die EU-weite<br />
Bekanntmachung (§ 17a und 28a) sowie Fristen (§ 18a). Wegen der weitgehenden<br />
inhaltlichen, teilweise wörtlichen Übereinstimmung von Abschnitt 1 und Abschnitt 2<br />
wird bei den Ausführungen in diesem Buch, soweit sie typische und immer<br />
wiederkehrende Mängel im Vergabewesen behandeln, grundsätzlich nur auf die<br />
Basisparagrafen Bezug genommen; auf Besonderheiten der a-Paragrafen oder anderer<br />
gemeinschaftsrechtlicher Regelungen wird nur in Ausnahmefällen besonders<br />
eingegangen. Erreicht oder überschreitet der Gesamtauftragswert einer Baumaßnahme<br />
den Schwellenwert in Höhe von 5 Mio. EUR, sind die Bauleistungen EU-weit<br />
auszuschreiben. Bei den einzelnen Vergaben ist dies gemäß § 1a Nr. 1 Abs. 2 VOB/A<br />
der Fall<br />
� bei jedem Los mit einem geschätzten Auftragswert von 1 Mio. EUR und mehr<br />
� unabhängig davon bei allen Bauaufträgen, bis min<strong>des</strong>tens 80 v. H. <strong>des</strong> geschätzten<br />
Gesamtauftragswertes aller Bauaufträge für die bauliche Anlage erreicht sind 127 .<br />
Nach Feststellungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes wird gegen das Gebot der EU-weiten<br />
Ausschreibung teilweise verstoßen und dabei insbesondere die letztere der beiden o. a.<br />
Vorschriften nicht beachtet. Diese Regelung ist wesentlich weitergehend, als die Bauverwaltung<br />
in der Praxis unterstellt. Hat eine Baumaßnahme einen Gesamtauftragswert<br />
von 5 Mio. EUR oder mehr, ist der Auftraggeber verpflichtet, die einzelnen Lose unabhängig<br />
von ihrem jeweiligen Auftragswert EU-weit auszuschreiben, bis min<strong>des</strong>tens<br />
80 v. H. <strong>des</strong> geschätzten Auftragswerts aller Bauaufträge für die betreffende bauliche<br />
126 Richtlinie <strong>des</strong> Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge<br />
(71/305/EWG), geändert durch die Richtlinie <strong>des</strong> Rates vom 18. Juli 1989 zur Änderung der Richtlinie 71/305/EWG über die<br />
Koordination der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (89/440/EWG).<br />
127 Siehe § 1a Nr. 1 Abs. 2 VOB/A.<br />
117<br />
Anlage erreicht sind. Die Bauverwaltung wird bei der Planung ihrer Vergaben darauf<br />
zu achten haben, dass zur Erfüllung der 80 v. H - Quote möglichst die Lose mit höherem<br />
Auftragswert herangezogen werden. Nur so kann sie vermeiden, dass sie die anfallenden<br />
Klein- und Kleinstaufträgen je in einem EU-weiten Vergabeverfahren vergeben<br />
muss. Nach dem gegenwärtigen Verständnis <strong>des</strong> § 100 Abs. 1 GWB erfasst allerdings<br />
das Vergabenachprüfungsverfahren nach Teil 4 <strong>des</strong> GWB bei Erreichen oder Überschreiten<br />
<strong>des</strong> Schwellenwertes sämtliche Fach- und Teillose, also auch jene, die nicht<br />
unter die mit 80 v. H. <strong>des</strong> geschätzten Gesamtauftrages fallenden Teile gemäß § 1a<br />
Nr. 1 Abs. 2 VOB/A fallen.<br />
Neufassung <strong>des</strong> Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
Mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz vom 26. August 1998, das dem Inhalt nach als<br />
neuer vierter Teil „Vergabe öffentlicher Aufträge“ dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
angegliedert wurde und so am 01. Januar 1999 in Kraft getreten ist,<br />
wurde ein weiterer Schritt in der Umsetzung europäischer Richtlinien vollzogen.<br />
Mit dieser Neuregelung hat das öffentliche Auftragswesen in Deutschland erstmals eine<br />
rechtliche Grundlage erhalten, die den Bietern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb<br />
<strong>des</strong> Schwellenwertes ein subjektives Recht auf Beachtung bestimmter Vergabevorschriften,<br />
das auch gerichtlich geltend gemacht werden kann, einräumt. Die Schutzvorschriften<br />
greifen dann, wenn der öffentliche Auftraggeber Vergabebestimmungen mit<br />
drittschützender Wirkung verletzt. Für das - vor Zuschlagserteilung zu beantragende -<br />
Nachprüfungsverfahren ist ein eigenständiger und ausschließlicher Rechtsweg über zwei<br />
Instanzen (Vergabekammer, Oberlan<strong>des</strong>gericht) mit dem Ziel geschaffen worden, die<br />
Rechtmäßigkeit <strong>des</strong> Vergabeverfahrens und der Zuschlagserteilung sicherzustellen.<br />
Während <strong>des</strong> Nachprüfungsverfahrens besteht grundsätzlich Zuschlagsverbot. Das Verfahren<br />
kann bei Ausschöpfung <strong>des</strong> Rechtsweges bis zu 12 Wochen dauern.<br />
Schutzvorschriften, deren Verletzung ein Nachprüfungsverfahren begründet, sind teilweise<br />
im GWB enthalten, z. B. der Vorrang der Fach- und Teillosvergabe und das<br />
Gebot <strong>des</strong> Zuschlages auf das wirtschaftlichste Angebot sowie der Vorrang <strong>des</strong> offenen<br />
Verfahrens (§§ 97 und 101 GWB). Weitere Schutzvorschriften befinden sich vor allem<br />
in den über die Verweisung <strong>des</strong> § 97 Abs. 6 GWB hier ebenfalls zu beachtenden Verdingungsordnungen<br />
(VOB, VOL und VOF). Als Tatbestände kommen z. B. in Frage:<br />
Die Einschränkung <strong>des</strong> Wettbewerbs durch Wahl einer unzutreffenden Vergabeart, die<br />
Nichtberücksichtigung der Grundsätze der Ausschreibung, der Verstoß gegen das<br />
Nachverhandlungsverbot, die regelwidrige Wertung der Angebote und die Aufhebung<br />
der Ausschreibung ohne Vorliegen der Voraussetzungen1 . Welche Verstöße - vor allem<br />
im Bereich der Form- und Ordnungsvorschriften - wegen Geringfügigkeit unbedenklich<br />
sind oder durch Nachholen geheilt werden können, wird sich erst durch die künftige<br />
Rechtsprechung im Einzelnen genauer herausstellen128 .<br />
128 Vergleiche Rahm, in Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, RN 17 zu § 55 BHO.<br />
118