Hochbau des Bundes - SAM-Consulting GmbH
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Produktneutrale Ausschreibung<br />
Ausschreibungen haben in allen Leistungspositionen produktneutral zu sein. Nur<br />
ausnahmsweise dürfen Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren, z. B.<br />
Fabrikatsangaben und Markennamen verwendet werden - jedoch nur mit dem Zusatz<br />
„oder gleichwertiger Art“ -, wenn eine Beschreibung durch hinreichend genaue,<br />
allgemein verständliche Bezeichnung nicht möglich ist. 86<br />
Immer wieder wird - insbesondere im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung -<br />
von dem Grundsatz einer produktneutralen Ausschreibung abgewichen. Dies kann zu<br />
erheblichen Beeinträchtigungen <strong>des</strong> Wettbewerbs führen:<br />
� Da die Anbieter in der Auswahl <strong>des</strong> Fabrikats nicht mehr frei sind, unterbleiben<br />
dadurch häufig Angebote von wirtschaftlicheren Produkten, in Einzelfällen<br />
unterbleiben Angebote ganz.<br />
� Kleinere Hersteller werden vom Wettbewerb ausgeschlossen, die marktbeherrschende<br />
Stellung anderer Erzeuger wird gefördert.<br />
� Durch das Nennen von Erzeugnissen in einer Ausschreibung können Bieter durch<br />
Nachfrage bei dem Hersteller die Namen der Mitbewerber kennen lernen und<br />
Preisabsprachen treffen.<br />
Die ungerechtfertigte Vorgabe von Produktbezeichnungen<br />
führt wegen der Einschränkung<br />
<strong>des</strong> Wettbewerbs immer wieder zur<br />
Abgabe überhöhter Preise. Im Einzelfall kann<br />
dies die Aufhebung der Ausschreibung zur<br />
Folge haben.<br />
In den meisten Fällen, in denen in einer Ausschreibung<br />
ein bestimmtes Produkt genannt<br />
wird, wäre es nach den Feststellungen <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>rechnungshofes der Bauverwaltung und insbesondere den mit der Fertigstellung<br />
der Leistungsverzeichnisse beauftragten freiberuflich Tätigen durchaus möglich gewesen,<br />
Anforderungen an ein Erzeugnis so zu beschreiben, dass ohne die Nennung von<br />
Markennamen die geforderte Qualität deutlich wird. Ein bestimmtes Erzeugnis gilt<br />
jedoch nicht erst dann als vorgeschrieben, wenn es durch einen Produkt-, Hersteller-<br />
oder Markennamen ausdrücklich bezeichnet wird. Dies gilt vielmehr bereits dann,<br />
wenn es in der vermeintlich neutralen Leistungsbeschreibung nach Form, Stofflichkeit,<br />
Aussehen und technischen Merkmalen so präzise definiert ist, dass dem Bieter keine<br />
Wahlmöglichkeit verbleibt. Unzutreffend ist die häufige Auffassung, eine<br />
Beschreibung sei bereits dann ausreichend neutral, wenn neben der Vorgabe eines<br />
Produkts der Zusatz „oder gleichwertiger Art“ verwendet wird. Es genügt nicht, das<br />
Angebot eines gleichwertigen Produkts zuzulassen. Die zusätzliche Voraussetzung,<br />
dass eine hinreichend genaue, allgemeinverständliche Bezeichnung nicht möglich ist,<br />
muss ebenfalls gegeben sein. Die Bauverwaltung hat daher ihre Bemühungen um eine<br />
86 § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A.<br />
Nach einer Ausschreibung von Leistungen der<br />
Betriebstechnik für ein Museum wurden bei<br />
bestimmten, mit Markennamen vorgegebenen<br />
Produkten, überhöhte Preise festgestellt, die<br />
erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtangebotspreis<br />
hatten. Die Ausschreibung wurde<br />
daraufhin mit dem Ziel aufgehoben, bei den entscheidenden<br />
Positionen günstigere Angebotspreise<br />
zu erzielen.<br />
71<br />
markenneutrale Ausschreibung zu intensivieren. Sie ist in dieser Hinsicht bei der<br />
Prüfung von Leistungsverzeichnissen, die durch freiberuflich Tätige erstellt werden,<br />
besonders gefordert, zumal einem durch eine derartige Leistungsbeschreibung benachteiligten<br />
Bieter die gerichtliche Nachprüfung der Vergabe möglich ist. 87<br />
Mengenangaben beim Einheitspreisvertrag<br />
Bauleistungen sollen in der Regel als Einheitspreisvertrag vergeben werden. Durch die<br />
Aufgliederung in Mengen und Einheitspreise ermöglicht der Einheitspreisvertrag auch<br />
dann eine eindeutige Abrechnung der Bauleistung, wenn die tatsächlich ausgeführten<br />
Mengen von den ausgeschriebenen Mengen abweichen. Damit wird Unwägbarkeiten<br />
Rechnung getragen, die bei der Ausführung von Bauleistungen nicht immer vermeidbar<br />
sind. Allerdings müssen die Abweichungen in einem angemessenen Rahmen liegen.<br />
Erhebliche Unterschiede (z. B. Erdaushub in der Menge von 1 m³, 10 m³ oder<br />
1 000 m³) verändern den Arbeitsaufwand (hier entweder mit Handarbeit, kleinen<br />
Hilfsmaschinen oder Einsatz von Großgeräten) und damit die Kalkulation grundlegend.<br />
Bei Mengenabweichungen von mehr als 10 v. H. kann daher von einem der Vertragspartner<br />
eine neue Vergütung verlangt werden 88 .<br />
Bei der Sanierung von Wärmeversorgungsanlagen<br />
in großen Liegenschaften führten unzutreffende<br />
Mengenermittlungen und eine unausgereifte<br />
Ausführungsplanung zu 31 Nachtragsvereinbarungen.<br />
Die Auftragssumme erhöhte sich<br />
von rd. 3 Mio. EUR auf rd. 6 Mio. EUR.<br />
Beim Errichten eines Museumsgebäu<strong>des</strong> überschritten<br />
die ausgeschriebenen Mengen einer<br />
Leistungsposition die tatsächlich ausgeführten<br />
Mengen um rd. 230 v. H. Der Auftragswert für<br />
diese überhöhten Mengenansätze betrug<br />
rd. 770 000 EUR.<br />
72<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat bei seiner<br />
Prüfungstätigkeit immer wieder erhebliche<br />
Abweichungen zwischen ausgeschriebenen<br />
und tatsächlich ausgeführten Mengen<br />
bemängelt und auf damit verbundene Nachteile<br />
hingewiesen:<br />
� Wesentliche Vertragsinhalte müssen<br />
neu verhandelt werden.<br />
� Der Auftragnehmer kann versuchen,<br />
durch nachträgliche Forderungen seine<br />
im Wettbewerb angebotenen Preise zu<br />
erhöhen.<br />
� Das Wettbewerbsergebnis kann - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - verfälscht<br />
werden, wenn sich durch Vergleich der unzutreffend ausgeschriebenen mit den<br />
tatsächlich benötigten Mengen eine andere Reihenfolge der Bieter ergibt.<br />
� Die Kostenkontrolle <strong>des</strong> Auftraggebers wird erschwert. Haushaltsmittel werden<br />
u. U. unnötig gebunden.<br />
87<br />
Siehe auch die Bemerkung Nr. 34 aus dem Jahre 1995 [im Anhang 6 ab S. 133]. Zum Nachprüfungsverfahren siehe Anhang 4<br />
„EU-weite Ausschreibung“.<br />
88<br />
Zum Einheitspreisvertrag und zu Mengenangaben siehe § 5 Nr. 1 a VOB/A. Zu Mengenabweichungen gegenüber dem Vertrag<br />
siehe § 2 Abs. 3 VOB/B.