Hochbau des Bundes - SAM-Consulting GmbH
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Totalunternehmer<br />
Mit einer zusammengefassten Vergabe aller Planungs- und Bauleistungen erwartet ein<br />
Auftraggeber, von Lenkungs- und Steuerungsaufgaben sowie von bestimmten Risiken<br />
der Baudurchführung noch mehr als bei der Vergabe an einen Generalunternehmer<br />
entlastet zu werden.<br />
Die zusammengefasste Vergabe aller Planungs- und Bauausführungsleistungen an<br />
einen Totalunternehmer unterliegt den gleichen vergaberechtlichen Einschränkungen<br />
wie eine Zusammenfassung von Fachlosen. Darüber hinaus dürfen die wirtschaftlichen<br />
Risiken einer zusammengefassten Vergabe der Planung und Bauausführung nicht übersehen<br />
werden. Der Auftraggeber muss sämtliche Leistungsinhalte für eine Baumaß-<br />
nahme in einem frühen Projektstadium definieren<br />
und vertraglich festlegen. Da er die<br />
Leistungen ohne die zu diesem Zeitpunkt<br />
fehlende Planung nicht detailliert beschreiben<br />
kann, bedeuten die Auslegungsspielräume das<br />
Risiko von Baumängeln, Mehrkosten und<br />
Konflikten.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof fordert daher, dass<br />
vor Abschluss eines derartigen Vertrages die<br />
Planung zumin<strong>des</strong>t bis zur Planungsreife<br />
gemäß HU –Bau– entwickelt sein muss. Da<br />
der Zeitbedarf für einen entsprechenden<br />
Planungsstand in jedem Fall und unabhängig<br />
von der auftragsmäßigen Zuordnung der<br />
Planungsleistung besteht, darf auf diese<br />
Planungsreife nicht auf Grund eines Termindrucks<br />
verzichtet werden. 77<br />
Vergabe durch nutzende Verwaltungen<br />
Nutzende Verwaltungen haben nicht immer<br />
das volle Vertrauen in die Bauverwaltung,<br />
dass diese die vorgegebenen Termine und die<br />
veranschlagten Kosten von Baumaßnahmen<br />
auch einhält. Die Nutzer versuchen daher<br />
gelegentlich die vermeintliche Risikoquelle<br />
Bauverwaltung auszuschließen, indem sie die<br />
Bauleistungen insgesamt an einen Generalunternehmer<br />
direkt vergeben.<br />
Eine Bauverwaltung schrieb die Leistungen für<br />
die Planung und Errichtung eines Gebäu<strong>des</strong> zusammen<br />
aus. In den unter äußerstem Termindruck<br />
erstellten Ausschreibungsunterlagen war die zu<br />
erbringende Leistung so ungenau und unvollständig<br />
beschrieben, dass damit zu rechnen war, dass<br />
die Bewerber die Risiken ihres Angebots in die<br />
Preise einrechnen oder im Vertrauen auf weite<br />
vertragliche Auslegungsspielräume mit der<br />
Durchsetzung billiger Auftragsvarianten spekulieren<br />
würden. Der Abschluss <strong>des</strong> Investor-Vertrages<br />
ohne eine ausgereifte Planung hätte das Risiko<br />
einer langjährigen Bindung an ein ungeeignetes<br />
Gebäude bedeutet. Die Verwaltung sah später von<br />
einer weiteren Verfolgung dieses Verfahrens ab,<br />
weil sich der ursprünglich diesem Vorgehen zu<br />
Grunde gelegte Termindruck als unnötig erwies.<br />
Ein Bun<strong>des</strong>ministerium ließ <strong>Hochbau</strong>maßnahmen<br />
mit Gesamtkosten in Höhe von rd. 12 Mio. EUR<br />
abweichend von den Vorschriften nicht durch eine<br />
Bauverwaltung durchführen, sondern durch eine<br />
bauunkundige nachgeordnete Stelle der eigenen<br />
Verwaltung. Diese sollte die Bauaufträge zur<br />
Errichtung schlüsselfertiger Gebäude an Generalunternehmer<br />
vergeben. Sie verstieß dabei gegen<br />
Haushalts- und Vergabevorschriften, indem sie<br />
ohne Vorliegen der Voraussetzungen die Bauaufträge<br />
freihändig ohne Ausschreibung vergab<br />
und durch unwirtschaftliches Handeln einen<br />
Schaden in Millionenhöhe verursachte.<br />
77 Auf die beim Einsatz eines „Totalunternehmers“ erforderliche besondere Form der Leistungsbeschreibung mit<br />
Leistungsprogramm wird in Kap. 3.3.3 „Besondere Formen der Leistungsbeschreibung und <strong>des</strong> Vertrages“ ausführlicher<br />
eingegangen.<br />
63<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat festgestellt, dass derartige Versuche von nutzenden Verwaltungen,<br />
Baumaßnahmen in eigener Regie durchzuführen, zu erheblichen Schäden<br />
führten 78 . Die Vergabe an einen Generalunternehmer kann die grundsätzliche fachliche<br />
Verantwortlichkeit der Bauverwaltung, die sie für den Bund wahrnimmt, nicht<br />
ersetzen. Der Erfolg einer Bauausführung und das Beherrschen ihrer Risiken hängen<br />
nach der Erfahrung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes vor allem davon ab, mit welcher<br />
Fachkunde und Sorgfalt die Verdingungsunterlagen erstellt, die Angebotsunterlagen<br />
gewertet und die Bauarbeiten überwacht werden. Diese Anforderungen können nur<br />
durch eine fachkundige Bauverwaltung erfüllt werden.<br />
3.2.3 Alternative Realisierungsformen mit privater<br />
Finanzierung<br />
Als Alternative zur üblichen Durchführung staatlicher Baumaßnahmen als haushaltsfinanzierte<br />
Eigenbaumaßnahmen wird immer wieder eine verstärkte Einbeziehung<br />
Privater gefordert. Dabei liegt dann nicht nur die Errichtung, sondern auch die Finanzierung<br />
und ggf. auch der Gebäudebetrieb in der Hand eines privaten Anbieters. Als<br />
Gründe für derartige Leistungsbündelungen in der Hand Privater führen die Befürworter<br />
Effizienzvorteile bei der Bauerstellung sowie Finanzierungsvorteile an. Der Bund<br />
hat Privatfinanzierungsmodelle bei seinen <strong>Hochbau</strong>maßnahmen im Gegensatz zu den<br />
Ländern und Kommunen bisher nur selten eingesetzt, jedoch in Einzelfällen erwogen.<br />
Haushaltsrechtliche Gesichtspunkte<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat sowohl in seinen Bemerkungen 79 als auch im Zusammenhang<br />
mit Prüfungsfeststellungen darauf hingewiesen, dass private Vorfinanzierungen in<br />
ihren Auswirkungen Kreditaufnahmen <strong>des</strong> Staates gleichzusetzen sind. Sie verlagern<br />
die notwendige Bereitstellung von Mitteln zur Errichtung eines Gebäu<strong>des</strong> auf den Darlehensgeber,<br />
der diese außerhalb <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>haushaltes beschafft. Über die Ratenzahlungen<br />
müssen diese Mittel aus dem Bun<strong>des</strong>haushalt bezahlt werden. Sie werden<br />
außerhalb <strong>des</strong> vom Parlament vorgegebenen Kreditrahmens abgewickelt, obwohl sie<br />
den haushaltspolitischen Handlungsspielraum für die Zukunft in ähnlichem Maße einengen<br />
wie eine unmittelbare staatliche Kreditaufnahme. Eine private Vorfinanzierung<br />
kann als Instrument missbraucht werden, um die im normalen Haushaltsverfahren zu<br />
vollziehenden Prioritätenentscheidungen zu umgehen und die notwendige Selbstbeschränkung<br />
der öffentlichen Haushalte zu unterlaufen.<br />
78<br />
Siehe hierzu auch die Bemerkung Nr. 20 aus dem Jahre 1999 [im Anhang 6 ab S. 170].<br />
79<br />
Die Bemerkung Nr. 3.2 aus dem Jahre 1995 ist im Anhang 6 nicht abgedruckt (s. Bemerkungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes<br />
1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung — Bun<strong>des</strong>tags-Drucksache 13/2600 vom 09.10.1995).<br />
64