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ZUMIKROSYS 1. Teil - Mikroaufbautechnik am HSG-IMAT

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Abschlussbericht zum IGF-Vorhaben 303 ZBG<br />

Zuverlässigkeit mikromechatronischer Systeme mit Chip<br />

auf MID und flexiblen Substraten (<strong>ZUMIKROSYS</strong>)<br />

Kurztitel: <strong>ZUMIKROSYS</strong><br />

Bearbeitungszeitraum: 0<strong>1.</strong>0<strong>1.</strong>2009 – 30.06.2011<br />

Federführende Forschungsvereinigung: 3-D MID e. V.<br />

Kooperierende Forschungsvereinigung: Hahn-Schickard-Gesellschaft<br />

für angewandte Forschung e. V.<br />

Durchführende Forschungsstellen:<br />

Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung<br />

und Produktionssystematik (FAPS)<br />

Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Dipl.-Ing. Andreas Reinhardt<br />

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Goth<br />

Prof. Dr.-Ing. J. Franke<br />

Institut für <strong>Mikroaufbautechnik</strong><br />

der Hahn-Schickard-Gesellschaft<br />

für angewandte Forschung e. V. (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

Dr.-Ing. Marc Schober<br />

Prof. Dr. rer. nat. Heinz Kück<br />

Institut für Mikro- und Sensorsysteme (IMOS)<br />

Otto-von-Guericke Universität Magdeburg<br />

Dipl.-Ing. Sören Majcherek<br />

Dipl.-Ing. Sebastian Höll<br />

Prof. Dr. rer. nat. Bertr<strong>am</strong> Schmidt<br />

Das IGF-Vorhaben 303 ZBG der Forschungsvereinigungen Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e. V. und Hahn-<br />

Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e. V. (<strong>HSG</strong>) wurde über die Arbeitsgemeinschaft industrieller<br />

Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF) im Rahmen des Progr<strong>am</strong>ms zur Förderung der Industriellen<br />

Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des<br />

Deutschen Bundestages gefördert.


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Motivation und Problemstellung ................................................................................ 2<br />

2 Material- und Prozesswahl sowie Prüfkörperkonzeption ............................................ 4<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT ................................... 6<br />

3.1 Prozesstechnik .................................................................................................. 10<br />

3.2 UBM .................................................................................................................. 16<br />

3.3 Biegeversuche zur Sensorkalibrierung .............................................................. 17<br />

4 Aufbau der Demonstratoren .................................................................................... 20<br />

4.1 Planarisierung ................................................................................................... 21<br />

4.2 Aufbau Prüfkörper Flip-Chip-Löten ................................................................... 24<br />

4.3 Aufbau Prüfkörper Flip-Chip-Kleben ................................................................. 26<br />

4.4 Aufbau Prüfkörper Drahtbondvarianten .......................................................... 29<br />

5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund ..................................................................... 31<br />

5.1 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit der Elastizitätskenngrößen .............. 31<br />

5.2 Ermittlung des dehnratenunabhängigen Spannungs-Dehnungs-Verhaltens ... 33<br />

5.3 Ermittlung des dehnratenabhängigen Kriechverhaltens .................................. 34<br />

5.4 Ermittlung des Wärmeausdehnungsverhaltens ............................................... 35<br />

5.5 Ermittlung der Geometriepar<strong>am</strong>eter ............................................................... 37<br />

6 Simulation Verbund .................................................................................................. 38<br />

6.1 Erstellung von Materialmodellen ..................................................................... 38<br />

6.2 Erstellung und Analyse des thermomechanischen Modells ............................. 41<br />

7 Experimentelle Charakterisierung ............................................................................ 61<br />

7.1 Messmimik ........................................................................................................ 61<br />

7.2 Berechnung der mechanischen Spannungswerte ............................................ 67<br />

7.3 Metallisierung ................................................................................................... 69<br />

I


Inhaltsverzeichnis<br />

7.4 Charakterisierung der Scherkräfte der Lotbumps ............................................ 70<br />

7.5 Charakterisierung der Bondverbindungen ....................................................... 70<br />

7.6 Charakterisierung der Flip-Chip-Aufbauten ...................................................... 71<br />

8 Umwelttests ............................................................................................................. 72<br />

8.1 Temperaturwechseltest mit Funktionschips zur Erfassung der<br />

Differenzspannungen ........................................................................................ 72<br />

8.2 Flip-Chip-Kleben mit ICA ................................................................................... 74<br />

8.3 Flip-Chip-Kleben mit NCA .................................................................................. 74<br />

8.4 Flip-Chip-Löten .................................................................................................. 75<br />

8.5 Drahtbonden ..................................................................................................... 76<br />

8.6 Auswertung der Ergebnisse .............................................................................. 76<br />

9 Untersuchung von Ausfallart und Ausfallursachen ................................................... 84<br />

10 Zus<strong>am</strong>menfassung und Ausblick ............................................................................... 87<br />

II


Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Forschungsergebnisse dieses Vorhabens sind Zuverlässigkeitsaussagen bzw. Lebensdauermodelle<br />

über den Verbund von Chip auf MID und flexiblen Substraten. Im Vorhaben wurden die<br />

Verbindungstechnologien Drahtbonden, Flip-Chip-Löten und Flip-Chip-Kleben (mit NCA und<br />

ICA) untersucht. Hierzu wurden zunächst die thermomechanischen Materialpar<strong>am</strong>eter experimentell<br />

bestimmt, um durch Finite-Elemente-Analysen (FEA) Erkenntnisse über thermomechanisch<br />

induzierte Spannungen innerhalb des Siliziumchips sowie mögliche Versagenskriterien für<br />

den Verbund des Kunststoffteils mit einem Siliziumchip auf flexiblen (LCP, PI) und starren<br />

thermoplastischen (LCP, PET+PBT) im Vergleich zu duroplastischen (FR4) Substraten zu gewinnen.<br />

Mit Hilfe eines im Vorhaben weiterentwickelten Silizium-Testchips wurden die während<br />

der Temperaturwechseltests (-40 °C / +80 °C) im Chip aufgetretenen thermomechanischen Differenzspannungen<br />

mit einer Online-Messung charakterisiert und die über FEA berechneten Ergebnisse<br />

verifiziert. Es zeigte sich, dass die Chip-Spannungen auf MID-Substraten maßgeblich<br />

von der Wahl des Substratwerkstoffes und der Bauteilorientierung in Bezug zur Materialfließrichtung<br />

bestimmt werden. Für die Verbindungstechnologie Flip-Chip-Löten wurden End-of-Life<br />

Tests (Temperaturschock -40 °C / +150 °C) durchgeführt. Hierbei konnten die experimentell<br />

ermittelten Ausfallzeitpunkte und -kriterien über die FEA nachgestellt werden. Die Flip-Chip-<br />

Lötaufbauten zeigten insbesondere für LCP-Substrate zu herkömmliche Leiterplattenlösungen<br />

vergleichbare Lebensdauerwerte und Spannungen.<br />

Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht. Durch die erzielten Ergebnisse ist mit einer verstärkten<br />

Umsetzung der Technologie MID in Kombination mit den untersuchten Chipmontagetechnologien,<br />

vor allem bei KMUs, zu rechnen. Die Erkenntnisse ermöglichen einen höheren Miniaturisierungsgrad<br />

sowie eine schnelle und d<strong>am</strong>it kostengünstigere Umsetzung von Produktideen<br />

durch Nutzung von FEA.<br />

1


1 Motivation und Problemstellung<br />

1 Motivation und Problemstellung<br />

Molded Interconnect Devices (MID) als multifunktionale 3D-Packages für mikromechatronische<br />

Systeme haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen [1][2][3]. Neben der hohen<br />

Gestaltungsfreiheit ist vor allem auch der hohe mögliche Miniaturisierungsgrad eine starke<br />

Triebfeder für den zunehmenden Einsatz von MID-Technologien in unterschiedlichsten Bereichen<br />

wie z.B. Kfz-, Automatisierungs-, Kommunikations- und Medizintechnik. Bei der Strukturierung<br />

von MID mit feinsten Leiterbahnen hat insbesondere die LPKF-LDS®-Technologie in den<br />

letzten Jahren eine entscheidende Weiterentwicklung erfahren. Die Prozesse sind mittlerweile<br />

bei einer Reihe von MID-Herstellern, welche hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen<br />

(KMU) sind, fest etabliert. Durch diese Strukturierungsmöglichkeiten erweitert sich auch das<br />

Bauteilspektrum für MID-Baugruppen um Chips mit feinen Anschlussstrukturen.<br />

Die Montage von Nacktchips auf MID mit Drahtbond- und Flip-Chip-Technologien bietet vielfältige<br />

Möglichkeiten bei der Realisierung von kleinsten multifunktionalen 3D-Packages. So sind<br />

die Grundlagen für die Montage von Nacktchips auf MID in verschiedenen AiF-Projekten [4][5]<br />

erarbeitet worden. Im BMBF-Vorhaben IMDAKT [6] wurde die Flip-Chip-Technik erfolgreich zum<br />

Aufbau eines MID basierten Drehgebers für den Kfz-Bereich eingesetzt. Gegenüber den herkömmlichen<br />

Drehgebern konnte hierbei mit der MID-Technik eine deutliche Baugrößenreduzierung<br />

erreicht werden. Weiterhin ist eine Reihe von weiteren mikrosystemtechnischen Produkten<br />

wie z. B. Packages mit Druck- und Lichtsensoren bereits in MID-Technik realisiert worden<br />

[7][8][9]. Derzeit sehen vor allem KMU große Chancen, die MID-Technik in Kombination mit der<br />

Chipmontage zum Aufbau von elektromechanischen Komponenten in unterschiedlichsten Bereichen<br />

einzusetzen und so die Produktinnovation weiter vorantreiben zu können.<br />

Bei bisherigen Anwendungen sind in der Regel kleine Chips mit wenigen Anschlüssen eingesetzt<br />

worden, wobei Drahtbondtechniken oder klebstoffbasierte Flip-Chip-Techniken Verwendung<br />

fanden. Bei thermoplastischen Schaltungsträgern besteht jedoch die Problematik, dass der<br />

thermische Ausdehnungskoeffizient des Thermoplasten anisotrop und im Vergleich zur Leiterplatte<br />

relativ hoch ist. Weiterhin wird der Ausdehnungskoeffizient des Thermoplasten durch die<br />

Geometrie des Bauteils und den Spritzgießprozess bei der Herstellung beeinflusst. So entsteht<br />

bei der Verarbeitung von Nacktchips auf einem thermoplastischen Substrat ein Werkstoffverbund<br />

mit teilweise sehr unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten. Die drahtgebondeten<br />

Nacktchips auf MID-Substraten werden durch einen zusätzlichen Verguss vor mechanischen<br />

Einflüssen geschützt, wobei die Vergussmasse wiederum Einfluss auf das thermomechanische<br />

Verhalten des Verbundes hat. Beim Aufbau mit Nacktchips und klebstoffbasierter Flip-Chip-<br />

Technik kommt den thermomechanischen Eigenschaften des Klebstoffs eine besondere Bedeutung<br />

zu. Der Ausdehnungskoeffizient des Thermoplasten kann jedoch durch geeignete Wahl<br />

von Polymer und Füllstoffen reduziert werden, wie <strong>am</strong> Beispiel des im Projekt IMDAKT für den<br />

aufgebauten Drehgeber verwendeten laseraktivierbaren Thermoplasten auf der Basis von LCP<br />

demonstriert wurde. Anhand der durchgeführten Umwelttests wie z.B. Temperaturschocktests<br />

konnte gezeigt werden, dass dieser MID basierte Drehgeber die Spezifikationen für Kfz im Motorraum<br />

voll erfüllt [6].<br />

2


3<br />

1 Motivation und Problemstellung<br />

Die Absicherung der Zuverlässigkeit wurde bisher in pragmatischer Weise bei allen untersuchten<br />

Baugruppen mittels beschleunigter experimenteller Umwelttests durchgeführt. Zuverlässigkeits-<br />

und Lebensdauermodelle existieren zu den thermoplastbasierten Baugruppen bisher<br />

nicht. Solche Modelle und die Kenntnis entsprechender Schadensmechanismen sind jedoch<br />

sehr wichtig bei der Extrapolation der Auswirkungen des stark beschleunigenden Belastungskollektivs<br />

kürzerer Umwelttests auf längere Zeiträume während der Lebensdauer einer Baugruppe.<br />

Bisher werden Zuverlässigkeitsprobleme erst bei aufgebauten Prototypen erkannt, was zu<br />

langen Entwicklungszyklen führt. Jedoch wurden in der Elektroniktechnologie bereits umfassende<br />

Untersuchungen zu diesem Thema durchgeführt und es ist zu prüfen, in wie weit diese<br />

Erkenntnisse Übertragbarsind oder neu entwickelt werden müssen.<br />

Der Aufbau geeigneter Modelle für mikromechatronische Systeme auf der Basis von Thermoplasten<br />

kann daher in Anlehnung an die Elektroniktechnologie erfolgen, wofür die genaue Beschreibung<br />

des thermoplastischen Trägers erforderlich ist. Mittlerweile ist bereits eine geeignete<br />

neue Software verfügbar, die in der Lage ist, Kunststoffbauteile anhand von temperatur- und<br />

richtungsabhängigen Materialpar<strong>am</strong>etern sowie von Werkzeuggeometrie und Werkzeugtemperierung<br />

zu modellieren [10]. Hiermit werden Aussagen über den Verzug, die intrinsischen Spannungen<br />

und die lokalen Materialpar<strong>am</strong>eter wie z.B. thermischer Ausdehnungskoeffizient und<br />

fließrichtungsabhängiges E-Modul getroffen. Diese Par<strong>am</strong>eter können zus<strong>am</strong>men mit den zeitabhängigen<br />

Materialpar<strong>am</strong>etern in die thermomechanische Simulation zur Bestimmung der<br />

lokalen Spannungswerte integriert und somit im Vorfeld Aussagen über die thermomechanische<br />

Beanspruchung einzelner Komponenten der Baugruppe erzielt werden.<br />

Durch einen mikromechanischen Sensorchip können grundsätzlich die durch das Packaging auftretenden<br />

mechanischen Spannungen in-situ messtechnisch erfasst werden [11]. Durch die<br />

Nutzung solch eines Chips bei thermoplastbasierten Baugruppen wird die thermomechanische<br />

Simulation verifizierbar. Weiterhin sollte hiermit auch ein Monitoring des mechanischen Stresses<br />

während des Fügeprozesses und während der Lebensdauertests möglich sein. Aus der<br />

Kenntnis der tatsächlich auftretenden mechanischen Spannungen und deren zeitlichem Verlauf<br />

können die Stressmodelle verifiziert werden.


2 Material- und Prozesswahl sowie Prüfkörperkonzeption<br />

2 Material- und Prozesswahl sowie Prüfkörperkonzeption<br />

Ziel des Projektes ist es unter anderem Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von<br />

mikromechatronischen Systemen mit Chips auf laserdirektstrukturierten MID und flexiblen<br />

Substraten zu gewinnen. Um Aussagen zur Zuverlässigkeit zur erhalten wurden Demonstratoren<br />

aufgebaut und mittels beschleunigten Umwelttests charakterisiert. Für die Demonstratoren<br />

wurden in Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss (PA) folgende Aufbautechnologien<br />

ausgewählt (siehe Abbildung 1).<br />

Abbildung 1: Übersicht der ausgewählten Aufbautechnologien<br />

Es wurde das Flip-Chip-Löten sowie das Flip-Chip-Kleben mit isotrop leitendem Klebstoff (engl.:<br />

Isotropic Conductive Adhesive, ICA) und nichtleitfähigem Klebstoff (engl.: Non-Conductive<br />

Adhesive, NCA) ausgewählt. Als weitere Standardaufbautechnik wurde das Drahtbonden ausgewählt.<br />

Aufgrund der im Vergleich zur Leiterplattentechnik hohen Rauheit der Metallschichten<br />

auf MID sowie der Ergebnisse des IGF-Vorhabens „Untersuchungen zur Verbesserung der Kontaktierung<br />

von LDS-MID durch Planarisierung“ [5]wurde das Aluminium Wedge-Wedge-<br />

Drahtbonden ausgewählt.<br />

Nach Auswahl der Aufbauvarianten wurden die eingesetzten AVT-Materialien ausgewählt. Für<br />

das Flip-Chip-Löten wurde eine Lotlegierung Sn96.5/Ag3/Cu0.5 der Firma Heraeus ausgewählt.<br />

Für das Flip-Chip-Kleben (ICA) wurde EPO-TEK H20E als ICA und HYSOL FP4511 als Underfill ausgewählt.<br />

Für das Flip-Chip-Kleben (NCA) wurde DELO-MONOPOX MK055 als NCA ausgewählt.<br />

Für das Drahtbonden wurde EPO-TEK H20E für den Die-attach ausgewählt.<br />

Als MID-Substratwerkstoff wurde ein LCP des Typs Vectra E840i LDS und ein PET+PBT-Blend des<br />

Typs Pocan DP T7140 LDS ausgewählt. Zum Aufbau der Chips auf flexiblen Foliensubstraten<br />

wurden Folienwerkstoffe der Typen ESPANEX SB II (PI-L<strong>am</strong>inat) und ULTRALAM® 3000 (LCP-<br />

L<strong>am</strong>inat) ausgewählt.<br />

Als Basis für die folgenden Simulationen in Kapitel 6 wurde der Chipaufbau einfach gestaltet.<br />

Dabei wurde insbesondere ein möglichst symmetrischer Aufbau des Chips berücksichtigt, um<br />

die Rechenzeit zu reduzieren und so die große Variantenvielfalt ausführlich untersuchen zu<br />

können. Die üblicherweise auf MID verwendeten Chipgrößen liegen derzeit im Bereich von ≤ 4 x<br />

4 mm². Je größer der Chip desto größer der Einfluss des unterschiedlichen thermischen<br />

Ausdehnungskoeffizenten zwischen Chip und Substrat und somit die in der Baugruppe induzierte<br />

thermomechanische Spannung. Aufgrund dessen wurde die Chipgröße auf eine maximale<br />

Kantenlänge von 4 mm festgelegt. Um kleinere Chips untersuchen zu können, sollte die Möglichkeit<br />

einer symmetrischen Anordnung der DMS bestehen, so dass ein Chip mit 4 x 4 mm² mit-<br />

4


2 Material- und Prozesswahl sowie Prüfkörperkonzeption<br />

tels Sägen auf 2 x 2 mm² vereinzelt werden kann. Um einen Vergleich mit standardmäßig verwendeten<br />

Chips ziehen zu können, wurde ein Chip mit einer Dicke von 300 µm ohne Membran<br />

verwendet. Die Anordnung der piezoresistiven Festkörperwiderstände erfolgte in den Ecken<br />

des Chips, um die Stellen mit den erwartungsgemäß <strong>am</strong> höchsten beanspruchten Bereichen<br />

vermessen zu können (siehe Abschnitt 3). Das Leiterbahnlayout auf dem MID- bzw. Foliensubstrat<br />

resultiert aus der notwendigen Anzahl von Kontaktstellen auf dem Chip sowie der bereits<br />

vorhandenen Testvorrichtung zum Auslesen des Chips. Dabei wurden die derzeitigen LDS-<br />

Designregeln mit einem Pitch von 300 µm berücksichtigt, was zum in Abschnitt 4 gezeigten Layout<br />

geführt hat.<br />

Abbildung 2: Übersicht über die verwendeten Materialien und Technologien<br />

5


3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

In der Vergangenheit wurden verschiedene Systeme zur experimentellen Bestimmung von<br />

mechanischen Spannungen in mikrotechnologischen Aufbauten entwickelt. [12][13][14][15]<br />

Gemeins<strong>am</strong> ist ihnen, dass sie alle auf der Basis der Siliziumtechnik entworfen wurde und<br />

charakteristische spannungssensitive Elemente in Form von Festkörperwiderständen, Hall-<br />

Elementen oder Transistoren aufweisen. Die in diesem Projekt eingesetzte modulare Technologieplattform<br />

erlaubt es, anwendungsspezifische Geometrieanforderungen und Anschlussraster<br />

zu berücksichtigen und somit eine maßgeschneiderte Lösung zur Verfügung zu<br />

stellen. Somit kann die Messzelle an das zu messende System angepasst werden und nicht<br />

umgekehrt<br />

Diese in den oben angeführten Quelle gezeigte experimentelle Arbeit ist notwendig, da bei<br />

der Vielfalt der eingesetzten Materialien mit zum <strong>Teil</strong> sehr kleinen Prozessvolumina Materialeigenschaften<br />

zum Tragen kommen, die bei großvolumigen standardisierten Prüfkörpern<br />

nicht feststellbar sind und somit eine Unbekannte bei der Definition der Randbedingungen<br />

der FE-Simulation darstellen. Auch geometrische Aspekte finden in den realen Aufbauten<br />

Berücksichtigung. So stellen sich in dem konstruktiven Entwurf der Aufbauten vorhandene<br />

ideale Symmetrien in den realen Aufbauten oft nicht als solche dar. Diese Einflüsse sind prozessspezifischer<br />

oder gar zufälliger Natur, wodurch ihre Einflüsse erst bei der experimentellen<br />

Charakterisierung der Aufbauten zum Tragen kommen. Für den <strong>Teil</strong> der experimentellen<br />

Verifikation der FE-Simulationen wurde ein auf Siliziumtechnologie basierender Test-Chip<br />

entworfen. Dieser soll mit den in Kapitel 2 ausgewählten Materialien und Technologien aufgebaut<br />

werden und anschließend auf die induzierten thermomechanischen Spannungen hin<br />

charakterisiert werden. In Absprache mit dem Projektbegleitenden Ausschuss wurden die<br />

geometrischen Eckdaten des Chips festgelegt und in einem ersten Entwurf, welcher in<br />

Abbildung 3 zu sehen ist, festgehalten.<br />

Abbildung 3: Geometrische Vorgabe für den Chipentwurf<br />

6


3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Dieser Entwurf wurde <strong>am</strong> IMOS anschließend als Ausgangspunkt für die Umsetzung der Vorgaben<br />

in ein System aus fünf Lithographiemasken genommen. Im Folgenden sind die Chipdaten<br />

dargestellt:<br />

� Kantenlänge Einzelchip 2x2 mm²<br />

� Kantenlänge eines Viererverbundes (Abbildung 4) 4,3x4,3 mm²<br />

� Chipdicke 300 µm<br />

� Padgröße 200x200 µm²<br />

� Padabstand 200 µm<br />

� Padanzahl Einzelchip 12<br />

� Padanzahl Viererverbund 48<br />

Abbildung 4: Layout der Lithographiemasken eines Chip-Viererverbundes<br />

Der Testchip besitzt spannungssensitive Sensorkomponenten in Form von Bor-dotierten<br />

Festkörperwiderständen. Auf jedem Einzelchip (2x2 mm²) sind 4 jeweils paarweise angeordnete<br />

Widerstände, die bei den späteren Messungen über die Chipverdrahtung automatisiert<br />

erfasst werden können. Die paarweise Anordnung der Widerstände ist der starken Temperaturabhängigkeit<br />

ihrer Werte geschuldet und kann zu derer Kompensation über die Bildung<br />

eines Differenzsignals genutzt werden. Die formale Funktionsweise der Sensorelemente und<br />

eine phänomenologische Beschreibung des Sensoreffektes sind im Folgenden vereinfacht<br />

dargestellt.<br />

7


Abbildung 5: 3D-Modell des Chipentwurfes<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Durch mechanische Belastung des Widerstandselements, verändert sich dessen Widerstandswert<br />

sowohl durch die Änderung der Geometrie als auch durch die Änderung der Materialkonstanten.<br />

In Silizium als Halbleiter ist hierbei die Änderung des spezifischen Widerstandes<br />

unter mechanische Belastung dominierend. Diese wird über die π-Konstanten<br />

beschrieben und es ergibt sich für die dreidimensionalen Fall, unter Berücksichtigung der<br />

Voigt‘schen Notation und der orthotropen Materialeigenschaften, folgender Zus<strong>am</strong>menhang<br />

1<br />

ρ ∙<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

∆��� ∆��� �<br />

∆��� �<br />

∆� � ���<br />

∆��� ∆���� ��� ��� ��� 0 0 0<br />

��� ��� ��� 0 0 0<br />

�<br />

�<br />

��� ��� ��� 0 0 0<br />

�<br />

= �<br />

� ∙ �<br />

� 0 0 0 ��� 0 0 � �<br />

0 0 0 0 ��� 0<br />

� 0 0 0 0 0 ���� �<br />

��� ��� � �<br />

��<br />

� �<br />

�� �<br />

��� ���� Dies ist für das Materialkoordinatensystem in Richtung gültig. Um eine Temperaturkompensation<br />

über ein Differenzsignal durchführen und darüber hinaus die im Vergleich zu<br />

den anderen deutlich größere π44-Konstante nutzen zu können, sind die Widerstände in<br />

-Richtung orientiert. Dadurch ist es notwendig die Matrix in das neue Berechnungskoordinatensystem<br />

zu transformieren. Durch eine Drehung um die Z-Achse um 45° ergibt<br />

sich die Matrix B zu<br />

8<br />

(1)


3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

��� +��� +��� ��� +��� −��� ��� 0 0 0<br />

�<br />

2<br />

2<br />

��� +��� −��� ��� +��� +�<br />

�<br />

��<br />

�<br />

��� 0 0 0 �<br />

Π� = � 2<br />

2<br />

�<br />

� ��� ��� ��� 0 0 0 �<br />

� 0 0 0 ��� 0 0 �<br />

0 0 0 0 ��� 0<br />

� 0 0 0 0 0 ��� −���� Detaillierte Grundlagen über die Transformation der Matrizen der piezoresistiven und der<br />

mechanischen Konstanten sind in [16] zu finden. Für die spannungsinduzierte relative Widerstandsänderung<br />

der Widerstände lassen sich daraus folgende Zus<strong>am</strong>menhänge entnehmen<br />

Δ��° ��,�° Δ���° ��,��° =� � �� +� �� +� ��<br />

2<br />

=� � �� +� �� −� ��<br />

2<br />

����,� +� ��� +��� −��� ����,� +�<br />

2<br />

�����,� +�� (3)<br />

����,� +� ��� +��� +��� ����,� +�<br />

2<br />

�����,� +�� (4)<br />

Umgestellt nach den beiden Hauptspannungskomponenten ergibt sich<br />

� ��,� =<br />

� ��,� =<br />

� Δ� �°<br />

� �,�°<br />

+ Δ���° �<br />

��,��° 2(� �� +� ��) +<br />

� Δ� �°<br />

� �,�°<br />

+ Δ���° �<br />

��,��° 2(� �� +� ��) −<br />

� Δ� �°<br />

� �,�°<br />

� Δ� �°<br />

� �,�°<br />

9<br />

− Δ� ��°<br />

� �,��°<br />

2� ��<br />

− Δ� ��°<br />

� �,��°<br />

2� ��<br />

�<br />

�Δ�<br />

−<br />

(��� +���) �<br />

�Δ�<br />

−<br />

(��� +���) In der Abbildung 6 sind die drei Arbeitsbereiche eines Festkörperwiderstandes über die<br />

Temperatur dargestellt. Dabei ist die spezifische Leitfähigkeit logarithmisch über dem Reziproken<br />

der Temperatur aufgetragen. Daraus ist ersichtlich, dass die spezifische Leitfähigkeit,<br />

und somit auch der Widerstandswert, stark von der Temperatur abhängen. Der für die Versuche<br />

verwendete Temperaturbereich fällt dabei in den für das Arbeitsverhalten günstige<br />

Bereich der Störstellenerschöpfung. Dies bedeutet, dass alle in den Siliziumkristall eingebrachten<br />

Fremdatome elektrisch aktiv sind und sich somit die Ges<strong>am</strong>tladungsträgerzahl über<br />

die Temperatur in erster Näherung nicht verändert. Trotzdem stellt die Änderung der Widerstandswerte<br />

eine nicht zu vernachlässigbare Störgröße für die Spannungsanalyse dar, die<br />

kompensiert werden muss. Dazu kommt die oben bereits beschriebene paarweise Anordnung<br />

der Widerstände an einem Messpunkt zum Tragen. Da es sich jeweils um einen longitudinalen(0°)<br />

und einen transversalen (90°) Widerstand handelt,<br />

(2)<br />

(5)<br />

(6)


3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Abbildung 6: Schematische Darstellung der temperaturbedingten Arbeitsbereiche eines<br />

Festkörperwiderstandes<br />

besitzen sie bei einem eingebrachten Spannungswert ein betragsmäßig näherungsweise<br />

identisches Signal, welches sich aber im Vorzeigen unterscheidet. Das parasitäre Temperatursignal<br />

ist, eine homogene Temperaturverteilung vorausgesetzt, betragsmäßig und vom<br />

Vorzeichen her identisch. Somit kann durch eine Differenzbildung der beiden Signale der<br />

spannungsinduzierte <strong>Teil</strong> verdoppelt und der parasitäre temperaturinduzierte<br />

<strong>Teil</strong> kompensiert<br />

werden. Das resultierende Signal ergibt sich zu<br />

�� ��,� −� ��,�� =<br />

� Δ� �°<br />

� �,�° − Δ� ��°<br />

� �,��° �<br />

Es können mit dem Chip also Temperaturkompensiert die Differenz der Spannungswerte der<br />

beiden Hauptspannungsrichtungen in der Ebene erfasst werden. In diesem Aspekt können<br />

somit die Daten der FE-Simulation verifiziert und somit das Modell bestätigt werden.<br />

3.1 Prozesstechnik<br />

Der Testchip wurde auf 100 mm Silizium Wafern mit (100)-Oberflächenorientierung und<br />

525 µm Dicke gefertigt. Die Prozessierung wurde im Reinraum des Lehrstuhls für Mikrosystemtechnik<br />

an der Universität Magdeburg durchgeführt. Die einzelnen Meilensteine der Prozesskette<br />

werden im Folgenden dargestellt.<br />

� ��<br />

Abbildung 7: Ges<strong>am</strong>tansicht eines fertig prozessierten Wafers<br />

10<br />

(7)


Tabelle 1: Meilensteine der Chipprozesskette<br />

Prozess Meilenstein Unterprozesspunkte<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Maskierung � Feuchtoxid<br />

� LPCVD-Nitrid<br />

Orientierung � Lithographie<br />

� Trockenätzen Nitrid/Oxid<br />

� Lack entfernen<br />

� Orientierungsabhängiges Ätzen<br />

Diffusion<br />

� Lithographie<br />

� Trockenätzen Nitrid/Oxid<br />

� Lack entfernen<br />

� Spin-on Dotierstoff<br />

� Pre-Deposition 950°C … 1050°C<br />

� HF-Ätzprozess<br />

Kontaktierung � HF-Dip<br />

� LPCVD-Nitrid<br />

� Lithographie<br />

� Trockenätzen Nitrid<br />

� Lack entfernen<br />

� Feuchtoxid<br />

� Trockenätzen Nitrid<br />

Metallisierung � Trockenätzen natives Oxid<br />

� Sputterprozess AlSi<br />

� Lithographie<br />

� Nasschemisches Ätzen AlSi<br />

� Lack entfernen<br />

� Tempern<br />

Passivierung � Reinigung + Ausheizen<br />

� PECVD-Nitrid<br />

� Lithographie<br />

� Trockenätzen Nitrid<br />

� Lack entfernen<br />

11


3.<strong>1.</strong>1 Orientierung<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Die oben gezeigte phänomenologische Beschreibung gilt so für Widerstände, die entlang der<br />

-Richtung des Siliziumkristalls ausgerichtet sind. Fertigungstechnologisch ist es eine<br />

Herausforderung, die widerstandsdefinierende Lithographiemaske mit einem möglichst geringen<br />

Winkelfehler <strong>am</strong> Siliziumkristall auszurichten. Dazu bietet der Waferflat einen ersten<br />

Anhaltspunkt, da dieser in -Richtung mit einer Toleranz von +- 3° ausgerichtet ist. Um<br />

den Fehler von +-3 ° weiter zu reduzieren, erfolgt vor der Diffusion der Widerstände ein<br />

Schritt der Präzisionsorientierung. Dazu wird mit einer Orientierungsmaske die Oxid/Nitrid-<br />

Schicht geöffnet und somit kreisförmige Ätzöffnungen freigelegt, die sich in einem Winkelabstand<br />

von 0,1° um den Wafermittelpunkt angeordnet sind. Jeweils dazu gehören ein Satz<br />

Justagemarken und eine binäre Nummerierung, um eine Identifikation zu gewährleisten.<br />

Durch einen anschließenden orientierungsabhängigen Ätzschritt kann die Kristallorientierung<br />

an den runden Ätzöffnungen sichtbar gemacht und der resultierende Satz<br />

Justagemarken, der den kleinsten Winkelfehler gegenüber der -Richtung hat, identifiziert<br />

werden. Dessen Nummer wird vermerkt, und dieser Satz wird in der weiteren Prozessführung<br />

für die Ausrichtung der folgenden Masken genutzt. Dadurch kann der Winkelfehler<br />

der Widerstände auf einen Wert von maximal +- 0,05 ° reduziert werden.<br />

Abbildung 8: Maskenstruktur zur Präzisionsorientierung mit kreisrunder Ätzöffnung, binärer<br />

Nummerierung und Referenzjustagemarken<br />

3.<strong>1.</strong>2 Diffusion<br />

Für die Definition der spannungssensitiven Festkörperwiderstände ist es notwendig, die<br />

elektrischen Eigenschaften des Siliziums lokal zu verändern. Dies wird durch das gezielte Dotieren<br />

des Siliziumkristalls mit Fremdatomen, hier Bor, erreicht. Bor als dreiwertiges Element<br />

erzeugt Fehlstellen im Netz der kovalenten Bindungen des Siliziumkristalls. Diese Fehlstellen<br />

stehen als freie Ladungsträger zur Verfügung und erhöhen lokal die Leitfähigkeit um mehrere<br />

Größenordnungen. Als Quelle für die Boratome wird ein flüssiges „Spin-on Dopant“ (Honeywell<br />

B40) aufgeschleudert. Nach der Oberflächenbelegung erfolgt in einem thermischen<br />

Prozessschritt das Einbringen der Boratome in den Siliziumkristall.<br />

Zur Prozesskontrolle der Diffusionsgebiete wurden verschiedene Methoden angewendet.<br />

Zur elektrischen Charakterisierung des Schichtwiderstandes k<strong>am</strong> ein 4-Spitzen-Messgerät<br />

CDE ResMap 168 zum Einsatz. Dazu wurde mit einem entsprechenden Prüfkopf die<br />

Waferoberfläche von dem Diffusionsprozess beigestellten Monitorwafern abgetastet und ein<br />

Mapping des Schichtwiderstandes aufgenommen. Dabei konnte ein Mittelwert von<br />

16,04 Ω/□ mit einer absoluten Streuung von 1,22 Ω/□ (7,65%) ermittelt werden(Abbildung<br />

11).<br />

12


Abbildung 9: Schematische Darstellung der<br />

4-Spitzen-Messung zur Bestimmung<br />

des Schichtwiderstandes<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Abbildung 10: Schematische Darstellung der<br />

Spreading-Resistance Messung<br />

(SRP)<br />

Eine Spreading-Resistance Messung (SRP) ermöglicht die Erfassung des Dotierprofils. Dem<br />

geht eine Präparation voraus bei der die Probe aus dem Wafer geschnitten und in einem<br />

kleinen Winkel( hier 0,43°) mit Di<strong>am</strong>antpaste feinster Körnung angeschliffen wird. Zwei<br />

Messspitzen erfassen in einer kontrollierten Bewegung entlang der Schlifffläche den spezifischen<br />

Widerstand. Hieraus lassen sich Dotierprofil und Lage des pn-Überganges ableiten.[17]<br />

y in mm<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

16,51<br />

16,51<br />

16,48<br />

16,42<br />

16,51<br />

16,18<br />

16,13<br />

16,15<br />

16,52<br />

16,12<br />

16,03<br />

16,03<br />

16,18<br />

16,52<br />

15,72<br />

15,98<br />

15,88<br />

15,83<br />

15,74<br />

16,12<br />

16,54<br />

15,88 15,86<br />

15,73<br />

15,79<br />

15,33<br />

15,72<br />

16,07<br />

16,52<br />

15,68<br />

15,68<br />

15,62<br />

15,99<br />

16,38<br />

15,61<br />

15,85<br />

15,85<br />

15,92<br />

16,27<br />

15,85<br />

15,87<br />

15,80<br />

15,84<br />

16,19<br />

16,04<br />

16,12<br />

16,11<br />

16,19<br />

16,09<br />

-50<br />

-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50<br />

x in mm<br />

Abbildung 11: Mapping des Schichtwiderstandes<br />

13<br />

R S 900°C ���sq�<br />

16,55<br />

16,53<br />

16,47<br />

16,41<br />

16,35<br />

16,29<br />

16,23<br />

16,17<br />

16,11<br />

16,05<br />

15,99<br />

15,93<br />

15,87<br />

15,81<br />

15,75<br />

15,69<br />

15,63<br />

15,57<br />

15,51<br />

15,45<br />

15,39<br />

15,33


C B 1000°C in 1/cm³<br />

1E21<br />

1E20<br />

1E19<br />

1E18<br />

1E17<br />

1E16<br />

1E15<br />

1E14<br />

1E13<br />

1E12<br />

1E11<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

1E10<br />

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4<br />

z in µm<br />

Abbildung 12: SRP Messergebnis; Dotierstoffkonzentration an der Oberfläche<br />

1,945·10 19 cm -3 ; Tiefe des pn-Überganges 1124 nm<br />

3.<strong>1.</strong>3 Kontaktierung und Metallisierung<br />

Ziel der Kontaktierung der Festkörperwiderstände ist ein ohmscher Kontakt mit einem möglichst<br />

geringen Widerstand. Da die Austrittsarbeit von Aluminium niedriger ist als die eines<br />

dotierten Siliziumgebietes, bildet sich, wie in Abbildung 13 dargestellt, bei einem Kontakt<br />

eine Schottky-Barriere von 0,62 eV bis 0,74 eV aus, welche einen spezifischen Kontaktwiderstand<br />

von 233,89 Ωcm 2 bis 507,01 Ωcm 2 entspricht. Auf die Padgröße gesehen bedeutet dies<br />

Widerstände im MΩ-Bereich. Um dies zu verhindern und praktikable Werte für den Kontaktwiderstand<br />

zu erhalten, ist eine Dotierstoffkonzentration an der Oberfläche im Bereich<br />

von >3·10 19 °cm -3 notwendig. Dies bedeutet, dass an dieser Stelle das Fermieniveau im Valenzband<br />

des Halbleiters liegt und die entstehende Potentialbarriere so dünn ist, dass sie von<br />

den Ladungsträgern in beide Richtungen durchtunnelt werden kann (Abbildung 14). Die für<br />

den ohmschen Kontakt benötigte hohe Oberflächenkonzentration von Donatoratomen wird,<br />

wie in Abbildung 12 dargestellt, in weiten <strong>Teil</strong>en durch den Bordiffusionsprozess erzeugt. Bei<br />

einer anschließenden Oxydation der Waferoberfläche, die zur Erzeugung einer isolierenden<br />

Schicht zwischen den Diffusionsgebieten und der Chipverdrahtung notwendig ist, würde sich<br />

die Borkonzentration an der Oberfläche deutlich reduzieren. Dies ist in einem Segregationskoeffizienten<br />

des Bors von


Abbildung 13: Schottkykontakt da EM


Abbildung 15: Gesägte Chips im Chip-Tray<br />

3.2 UBM<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Die Drahtbondaufbauten und die Aufbauten mit den unterschiedlichen Arten von Klebstoff<br />

in Verbindung mit Stud-Bumps wurden direkt auf die AlSi-Oberfläche der Chippads aufgebaut.<br />

Für die Lötaufbauten muss jedoch eine lötbare und benetzbare Schicht erzeugt werden,<br />

d<strong>am</strong>it eine Grenzfläche aus innermetallischen Phasen entstehen und eine entsprechende<br />

mechanische Stabilität der Fügestelle gewährleistet werden kann. Für die Erzeugung<br />

dieser UBM (under bump metallization) wurde auf die Sputtertechnik zurückgegriffen und<br />

eine Schichtfolge aus Chrom und Nickel auf dem AlSi-Pad abgeschieden. Dazu erfolgt zunächst<br />

ein Anätzen der AlSi-Schicht zum Entfernen des nativen Oxides auf dem Pad. Das<br />

Chrom (50 nm) dient als Haftvermittler für die Nickelschicht (500 nm), welche die eigentliche<br />

lötbare Schicht und die Diffusionsbarriere darstellt. Abschließend wird eine dünne Schicht<br />

aus Immersionsgold erzeugt, die als Passivierung und Korrosionsschutz dient.[19][20]<br />

Abbildung 16: Schichtaufbau der verwendeten UBM<br />

16


Abbildung 17: Prozessiertes Pad mit lötbarer UBM<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Zur Analyse der UBM wurden Schertests durchgeführt. Dazu wurde Lotpaste (Klasse 5;<br />

SnAg3Cu0,5) auf die Pads dispenst, welche anschließend in der D<strong>am</strong>pfphase umgeschmolzen<br />

wurden. Die Schertests wurden an einem Nordson Dage 4000 Bondtester durchgeführt. Die<br />

ermittelte Häufigkeitsverteilung ist in Abbildung 18 dargestellt und gute Ergebnisse von im<br />

Mittel 172,85 cN Scherkraft.<br />

Häufigkeit<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

200<br />

Scherkraft (cN)<br />

Abbildung 18: Häufigkeitsverteilung der Scherwerte<br />

3.3 Biegeversuche zur Sensorkalibrierung<br />

Da es Prinzip bedingt bei der Fertigung der Chips zu Schwankungen der für den Sensoreffekt<br />

entscheidende π-Konstanten kommt, ist ein Kalibrierschritt notwendig. Dazu sind auf jedem<br />

Wafer 3 Balken als Teststrukturen implementiert, die eine experimentelle Bestimmung der<br />

π44-Konstanten ermöglichen. Das Layout der Teststruktur ist in Abbildung 19 dargestellt.<br />

17


Abbildung 19: Layout der Biegebalkenstrukturen auf dem Wafer<br />

3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

Abbildung 20: Schematischer Aufbau des 4-Punkt-Biegeversuches mit Krafteintrag über die<br />

Roten Pfeile<br />

Anwendung findet dabei eine 4-Punkt-Biegung. Diese ermöglicht es, die in den Biegebalken<br />

vorhandenen Widerstände quantitativ definiert mit nur einer Richtungskomponente einer<br />

mechanischen Spannung zu beaufschlagen. Der Versuchsaufbau ist schematisch in Abbildung<br />

20 dargestellt. Die durch den Biegeeinfluss in den Balken<br />

induzierte Spannung lässt sich mathematisch<br />

geschlossen beschreiben<br />

als<br />

mit<br />

�=<br />

�∙�∙(� −�)<br />

� � ∙�<br />

� σ unidirektionale mechanische Spannung<br />

� F Biegekraft<br />

� L Abstand der äußeren Auflagen<br />

� s Abstand der inneren Auflagen<br />

� d Dicke des Balken<br />

� b Breite des Balken<br />

Ausgehend von einer uniaxialen Belastungssituation, einer konstanten Umgebungstemperatur<br />

und unter Vernachlässigung der Konstanten π11 und π12, welche um ein bis zwei Größen-<br />

18<br />

(8)


3 Entwicklung und Anpassung des Sensorchips und dessen AVT<br />

ordnungen geringer sind als die Konstante π44, wandelt sich das Sensorsignal aus Formel (3)<br />

in<br />

� ��,� =�∙<br />

� �� �°<br />

� �,�° �<br />

Aus den Formeln (8) und (9) lässt sich nun die relevante Konstante π44 ermitteln. Eine Messkurve<br />

eines auf den Testbalken implementierten Widerstandes ist in Abbildung 21 dargestellt.<br />

Dabei stellt der kurze steile Anstieg im unteren Bereich der Kurve das Einstellen der<br />

Vorkraft dar. Nach deren Erreichen erfolgt ein Kraftanstieg von 0,02 N/s bis zu einer Maximalkraft<br />

von 1,02 N. Dies entspricht bei der gewählten Anordnung eine maximale Auslenkung<br />

von 331,8 µm.<br />

R [Ohm]<br />

4140<br />

4120<br />

4100<br />

4080<br />

4060<br />

4040<br />

� ��<br />

0 50 100 150 200<br />

Messwerte<br />

Abbildung 21: Messkurve eines Widerstandes aus dem 4-Punkt-Biegeversuch<br />

Aus der Messkurve lässt sich nun rechnerisch die π44-Konstante zu 2,52·10 -10 Pa -1 bestimmen.<br />

Die daraus resultierende Kennlinie des Widerstandes auf der Teststruktur ergibt sich zu<br />

der in Abbildung 22 dargestellten.<br />

R [Ohm]<br />

4140<br />

4120<br />

4100<br />

4080<br />

4060<br />

4040<br />

0 50 100 150 200<br />

Stress [MPa]<br />

Abbildung 22: Aus dem Biegeversuch extrahierte Kennlinie des Wiederstandes bei<br />

π44=2,52E-10 Pa -1<br />

19<br />

(9)


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Der Aufbau der Demonstratoren gliedert sich in verschiedene Bereiche – Anfertigung von MID-<br />

Substraten, Bereitstellung von flexiblen Substraten und Chips sowie die anschließende Aufbau-<br />

und Verbindungstechnik zum Aufbau der in AP1 festgelegten Aufbauvarianten.<br />

Die Anfertigung von MID-Substraten beginnt mit dem Spritzgießen von Polymersubstraten aus<br />

den Werkstoffen LCP Vectra E840i LDS und PET+PBT Pocan DP T7140 LDS. Hierzu wurden <strong>am</strong><br />

<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> Platinen mit einer Kantenlänge von 37 mm x 37 mm und einer Dicke von 1,5 mm in<br />

einem bestehenden Werkzeug angefertigt. Die Spritzgießpar<strong>am</strong>eter wurden später zur Erstellung<br />

einer Spritzgießsimulation im Zuge des Reverse Engineering von Materialdaten verwendet.<br />

Da die Aufnahme der Demonstratoren zur Online-Messung im Temperaturwechseltest (TWT)<br />

eine Kantenlänge von 31 mm x 31 mm erfordert, wurden die Substrate <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> spanend<br />

nachbearbeitet.<br />

Abbildung 23: Layout für die FC-Aufbauten mit<br />

der reduzierten Kontaktanzahl<br />

zur Einhaltung der LPKF-<br />

Spezifikationen<br />

Abbildung 24: Layout für die FC-Aufbauten zur<br />

vollständigen Kontaktierung des<br />

Testchips<br />

Im Anschluss wurden die Substrate im LPKF-LDS®-Verfahren mit Leiterbahnlayout der Flip-Chip-<br />

und Drahtbondvariante strukturiert. Hierbei zeigte sich, dass die Design-Rules des LPKF-LDS®-<br />

Verfahrens aufgrund des geringen Kontaktierungsabstandes und der Kontaktierungsdichte im<br />

inneren Bereich des Chips nicht eingehalten werden konnten (Abbildung 24). Um eine zuverlässige<br />

Leiterbahnkontaktierung zu gewährleisten mussten einige Kontaktierungspositionen auf<br />

dem Chip entfernt werden, was dazu führte, dass nicht alle Sensoren während des späteren<br />

TWT ausgelesen werden konnten. Das Layout für beide Aufbaugrundvarianten wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<br />

<strong>IMAT</strong> entsprechend der Design-Rules überarbeitet (Abbildung 23). Um vergleichende Aussagen<br />

zur Strukturierung und Metallisierung machen zu können, wurden die MID-Substrate <strong>am</strong> IMOS<br />

und <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> im LPKF-LDS®-Verfahren strukturiert.<br />

20


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Abbildung 25: Layout für die Drahtbondaufbauten mit der reduzierten Kontaktanzahl<br />

Für die end-of-life Tests wurde darüber hinaus ein Layout entworfen, mit dem die Verdrahtung<br />

des Chips in Form einer Kontaktlochkette verschaltet werden kann. Dadurch ist es möglich, alle<br />

Fügestellen während der Tests hinsichtlich Ausfallerscheinungen zu überwachen. Die Umsetzung<br />

ist in Abbildung 26 und Abbildung 27 dargestellt.<br />

Abbildung 26: Layout für die end-of-life Tests<br />

zum Monitoren der Fügestellen<br />

4.1 Planarisierung<br />

Abbildung 27: Verschaltung der Chipverdrahtung<br />

zur Kontaktlochkette<br />

Nach der Laserstrukturierung zeigt sich in der Regel eine raue Oberfläche, die zu einer guten<br />

Haftung der Metallisierung führt. Diese Oberflächenbeschaffenheit führt allerdings gleichzeitig<br />

auch zu Herausforderungen für den Drahtbondprozess, da zum Drahtbonden eine möglichst<br />

glatte Metallisierungsoberfläche angestrebt werden sollte. Untersuchungen zu dieser Thematik<br />

wurden im Rahmen eines IGF-Vorhabens [5] <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> durchgeführt. Hierbei zeigte sich,<br />

21


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

dass ein Planarisierungsschritt nach der Laserstrukturierung benötigt wird, um bondbare Oberflächen<br />

auf LDS-MID herzustellen. Aus diesem Grund wurden die Substrate aus Vectra<br />

E840i LDS <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> mittels CO2-Schneestrahl planarisiert. Für die Substrate aus Pocan<br />

DP T7140 LDS zeigte sich, dass eine Planarisierung mittels CO2-Schneestrahl nicht ausreichend<br />

war und eine Planarisierung mittels Stempelverfahren durchgeführt werden musste. Hierbei<br />

wurden die laseraktivierten Strukturen mit einem Metallstempel unter Temperatur- und Druckeinwirkung<br />

bei einer definierten Haltezeit planarisiert. Aufgrund der hohen Kontaktanzahl der<br />

aufzubauenden Chips wurde <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> mit einem vollflächigen Stempel gearbeitet. Es zeigt<br />

sich, dass ein metallischer Stempel in unstrukturierten Bereichen zu Fremdabscheidung bei der<br />

anschließenden außenstromlosen Metallisierung führt. Aus diesem Grund wurden beim Stempelprozess<br />

zwei verschiedene Folien als Zwischenlage untersucht. Hierfür müssen die Par<strong>am</strong>eter<br />

Stempeltemperatur, -druck und Haltezeit optimiert werden, da die Bondbarkeit zwar durch<br />

eine möglichst glatte Metallisierungsoberfläche begünstigt wird, diese jedoch gleichzeitig zu<br />

einer unzureichenden Metallisierungshaftung führen kann. Da in anfänglichen Versuchen mit<br />

vollflächigem Stempel eine unzureichende Schichthaftung bei sehr glatter Oberfläche zu beobachten<br />

war, wurde ein Versuchsplan erstellt, um optimierte Planarisierungspar<strong>am</strong>eter zu<br />

identifizieren. Als Einflussgrößen wurden hierbei zwei Par<strong>am</strong>etersätze, zwei verschiedene Haltezeiten<br />

und zwei verschiedene Folien als Zwischenlage in einem faktoriellen Versuchsplan untersucht:<br />

� Stempelpar<strong>am</strong>eter: 80 °C, 60 N/mm² oder 100 °C, 80 N/mm²<br />

� Haltezeit: 1 s oder 5 s<br />

� Folie: Kunststofffolie oder Backpapier<br />

Die Ergebnisse der Vorversuche sind in Abbildung 28 und Abbildung 29 dargestellt.<br />

Folie<br />

Wechselwirkungsdiagr<strong>am</strong>m für Rauheit Rz [µm]<br />

Datenmittelwerte<br />

1 5<br />

80 °C, 60 N/mm² 100 °C, 80 N/mm²<br />

Haltezeit [s]<br />

Stempelpar<strong>am</strong>eter<br />

Vorversuche zum Planarisieren; Pocan DP T7140 LDS; M. Schober (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

24<br />

16<br />

8<br />

24<br />

16<br />

8<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

Haltezeit [s]<br />

1<br />

5<br />

Abbildung 28: Einfluss der Planarisierungspar<strong>am</strong>eter auf die Rauheit der Metallisierung<br />

In Abbildung 28 ist klar erkennbar, dass die transparente Kunststofffolie zu einer niedrigeren<br />

Rauheit führt als Backpapier. Unter Verwendung dieser Folie können die niedrigsten Rauheiten<br />

bei einem Stempelpar<strong>am</strong>etersatz von 100 °C bei 80 N/mm² erreicht werden. In Bezug auf die<br />

22


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Wechselwirkung zwischen Stempelpar<strong>am</strong>etersatz und Haltezeit zeigt sich, dass in Bezug auf die<br />

Datenmittelwerte zwischen den Stempelpar<strong>am</strong>etersätzen kein Einfluss auf die Rauheit bei 1 s<br />

Haltezeit zu beobachten ist.<br />

Wechselwirkungsdiagr<strong>am</strong>m für Haftfestigkeit [N/mm²]<br />

Datenmittelwerte<br />

Folie<br />

1 5<br />

80 °C, 60 N/mm² 100 °C, 80 N/mm²<br />

Haltezeit [s]<br />

Stempelpar<strong>am</strong>eter<br />

Vorversuche zum Planarisieren; Pocan DP T7140 LDS; M. Schober (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

6<br />

4<br />

2<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

Haltezeit [s]<br />

1<br />

5<br />

Abbildung 29: Einfluss der Planarisierungspar<strong>am</strong>eter auf die Haftfestigkeit der Metallisierung<br />

Das Wechselwirkungsdiagr<strong>am</strong>m für die Haftfestigkeiten der Metallisierung in Abbildung 29<br />

zeigt, dass höhere Haftfestigkeiten bei Verwendung von transparenter Kunststofffolie erreicht<br />

werden. Aufgrund dessen wird als Zwischenlage eine transparente Kunststofffolie genutzt, da<br />

diese eine hohe Haftfestigkeit bei gleichzeitig kleiner Metallisierungsrauheit ermöglicht. In Bezug<br />

auf die Stempelpar<strong>am</strong>eter wird eine höhere Haftfestigkeit bei 80 °C bei 60 N/mm² erreicht,<br />

da die Schichten laut Abbildung 28 rauer sind. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse muss bei<br />

der Auswahl der Stempelpar<strong>am</strong>eter ein Kompromiss zwischen guter Haftung und niedriger<br />

Rauheit getroffen werden. Daher wird der Stempelpar<strong>am</strong>etersatz 80 °C und 60 N/mm² verwendet,<br />

um eine gute Schichthaftung zu gewährleisten.<br />

Mittelwert<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

Wechselwirkungsdiagr<strong>am</strong>m für Rauheit Rz [µm]<br />

Datenmittelwerte<br />

1<br />

Haltezeit [s]<br />

80 °C, 60 N/mm²; Pocan DP T7140 LDS; M. Schober (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

5<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

Mittelwert<br />

6,0<br />

5,5<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

Wechselwirkungsdiagr<strong>am</strong>m für Haftfestigkeit [N/mm²]<br />

Datenmittelwerte<br />

Folie<br />

Transparent<br />

Backpapier<br />

1<br />

Haltezeit [s]<br />

80 °C, 60 N/mm²; Pocan DP T7140 LDS; M. Schober (<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>)<br />

Abbildung 30: Wechselwirkungen für Rauheit und Haftfestigkeit bei einem Stempelpar<strong>am</strong>etersatz<br />

von 80 °C bei 60 N/mm²<br />

23<br />

5


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Für den gewählten Stempelpar<strong>am</strong>etersatz sind in Abbildung 30 die Wechselwirkungen mit Folientyp<br />

und Haltezeit vergleichend dargestellt. Die Grafiken zeigen, dass durch Wahl der transparenten<br />

Kunststofffolie und einer Haltezeit von 5 s die besten Ergebnisse beim gewählten Stempelpar<strong>am</strong>etersatz<br />

erreicht werden.<br />

Aufgrund der Vorversuche zur Planarisierung wurden die MID-Substrate aus Pocan<br />

DP T7140 LDS mit einem Prägesatz von 80 °C bei 60 N/mm² und einer Haltezeit von 5 s unter<br />

Verwendung von transparenter Kunststofffolie als Zwischenlage planarisiert. Nach einem nasschemischen<br />

Reinigungsschritt wurde auf den MID-Substraten eine Standardmetallisierung aus<br />

Cu/Ni/Au <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> außenstromlos chemisch abgeschieden. Bei den Substraten mit Drahtbondlayouts<br />

wurde lediglich eine Kupfermetallisierung aufgebracht, da hierbei eine Endschicht<br />

aus Ni/Pd/Au durch das PA-Mitglied Gr<strong>am</strong>m Technik GmbH zur Verbesserung der Bondbarkeit<br />

abgeschieden wurde. Die metallisierten MID-Substrate wurden an FAPS zum Aufbau der Flip-<br />

Chip-Varianten und an das PA-Mitglied HASEC-Elektronik GmbH zum Aufbau der Drahtbondvariante<br />

weitergeleitet.<br />

Im Anschluss an die Substratfertigung mit Spritzguss, Strukturierung und Metallisierung sowie<br />

die Chipherstellung ist <strong>am</strong> Lehrstuhl FAPS die Aufbau- und Verbindungstechnik erfolgt. Hierzu<br />

wurden für die Chipmontage das Flip-Chip-Kleben mit leitendem (ICA) und nicht-leitendem Kleber<br />

(NCA), das Flip-Chip-Löten sowie das Drahtbonden eingesetzt. Für das Flip-Chip-Kleben und<br />

das Flip-Chip-Löten wurden an die entsprechenden Stellen der Chips noch die entsprechenden<br />

Verbindungsstrukturen, also Au-Stud-Bumps bzw. Lotbumps, aufgebracht. Die genauen Prozessfolgen<br />

der einzelnen Verfahrensvarianten werden im Folgenden näher erläutert.<br />

Zur Erstellung der Prüfkörper wurden <strong>am</strong> Lehrstuhl FAPS der Reflowofen ERSA HOTFLOW 2/14,<br />

Schablonendrucker von DEK und EKRA, ein Fineplacer von FINETECH, ein Ultraschall-Bonder von<br />

DELVOTECH, der Schraubendispenser CAM/ALOT sowie ein Trockenschrank von BINDER eingesetzt.<br />

Abbildung 31: Schablonendrucker EKRA (links), Fineplacer FINETECH (Mitte) und Ultraschall-<br />

Bonder DELVOTECK (rechts)<br />

4.2 Aufbau Prüfkörper Flip-Chip-Löten<br />

Für die Verfahrensvariante Flip-Chip-Löten müssen die Chips zunächst mit Lotballs versehen<br />

werden. Hierfür werden auf einer kupferlosen Leiterplatte im Schablonendruck Lotdepots aufgedruckt<br />

(Abbildung 32). Die Schablone bildet die Maske für jeweils neun Layouts. Die einzelnen<br />

Lotdepots haben einen Durchmesser von ca. 280 µm bei einem Abstand von ca. 400 µm,<br />

gemessen zwischen zwei Bumps (Abbildung 33). Anschließend werden die Depots im Konvektionslötofen<br />

(Ersa Hotflow 2/14) mit einem an die SAC305-Lotpaste Heraeus F 640 angepassten<br />

24


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Lötprofil umgeschmolzen und benetzen d<strong>am</strong>it die UBM des Chips. Eine Benetzung mit der Leiterplatte<br />

findet aufgrund der fehlenden Metallisierung nicht statt.<br />

Abbildung 32: Verfahrensablauf der Variante Flip-Chip-Löten – oben: Lotbumps auf den Chip;<br />

unten: Chip auf das Substrat<br />

Das Druckbild der Dummy-Varianten für die End-of-Life-Tests unterscheidet sich dabei aufgrund<br />

der Änderung des Chiplayouts von den Funktionsvarianten zur Spannungsmessung. Die nicht<br />

benötigten Lotdepots der Funktionschips werden manuell entfernt um einen Kurzschluss zu<br />

vermeiden.<br />

Im nächsten Schritt werden die Substrate mit Lotpaste bedruckt und anschließend der Chip<br />

manuell mit dem Fineplacer bestückt. Anschließend erfolgt das Umschmelzen der Lotpaste im<br />

Lötofen.<br />

Abbildung 33: Einzelnes Lotdepot (links), Chip mit Bumps (Mitte) und Chip auf Substrat mit<br />

Underfill (rechts)<br />

25


Abbildung 34: Lotdepots auf FR4 (links), LCP (Mitte) und Espanex (rechts)<br />

4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Zur Steigerung der mechanischen Festigkeit wird der Underfill Hysol FP 4511 mit einer Dispensnadel<br />

an zwei Seiten des Chips aufgetragen. Die Prüfkörper liegen hierbei zur Verbesserung der<br />

Fließeigenschaften des Underfills auf einer Heizplatte bei 70 °C (Abbildung 33, rechts). Zum<br />

Aushärten des Underfills werden die Aufbauten für zwei Stunden bei 150 °C ausgehärtet. Für<br />

vergleichende Untersuchungen werden auch Aufbauten ohne Underfill für die Tests verwendet.<br />

4.3 Aufbau Prüfkörper Flip-Chip-Kleben<br />

Die Variante Flip-Chip-Kleben wird mit nicht-leitendem Kleber (NCA) und mit leitendem Kleber<br />

(ICA) durchgeführt. Für beide Varianten müssen die Mikrochips zunächst mittels<br />

Thermosonicbonden mit Au-Stud-Bumps versehen werden. Der Chip wird hierzu in die Aufnahme<br />

des Bonders eingespannt und auf 130 °C aufgeheizt. Die einzelnen Studs werden mit<br />

einer Bondkraft von 40 cN pro Bump aufgebracht. Die Studs haben im Ball-Bereich einen<br />

Durchmesser von ca. 100 µm und eine Länge im Bereich von 60 µm bis 80 µm.<br />

Abbildung 35: Einzelner Stud-Bump auf Aluminium UBM (links); Au-Stud-Bump in Schrägansicht<br />

(Mitte); Flip-Chip mit Stud-Bumps (links)<br />

Für die NCA-Aufbauten wird der nicht leitende Kleber DELO-MONOPOX® MK055 mit einem<br />

Handdispenser auf das Substrat aufgetragen. Der Kleber wird in Form eines Kreuzes auf dem<br />

Substrat platziert. Direkt nach dem Aufsetzen des Chips mit dem Fineplacer wird das Substrat<br />

für 60 s auf 175 °C erwärmt, um den Kleber anzuhärten. Dies erfolgt unter gleichmäßigem<br />

Druck mit dem Bestückwerkzeug. Anschließend wird der Kleber für 5 min bei 175 °C im Ofen<br />

vollständig ausgehärtet (Abbildung 36). Da der NCA alle Verbindungsstellen einschließt, ist ein<br />

separates Auftragen von Underfill nicht notwendig.<br />

26


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Abbildung 36: Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs der Variante Flip-Chip-Kleben<br />

mit NCA (Non Conductive Adhesive)<br />

Abbildung 37: Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs der Variante Flip-Chip-Kleben<br />

mit ICA (Isotropic Conductive Adhesive)<br />

Bei der Leitklebervariante werden die Substrate im Schablonendruck (Schablone wie beim Flip-<br />

Chip-Löten) mit Leitkleberdepots EPO-TEK® H20E versehen (Abbildung 37). Die einzelnen Leitkleberdepots<br />

haben einen Durchmesser von ca. 210 µm (Abbildung 38, links). Die Leitkleberdepots<br />

sind demzufolge kleiner als die aufgetragenen Lotdepots, lassen sich aber im Schablonendruck<br />

sehr einheitlich abbilden (Abbildung 38, rechts). Auch hier erfolgt die Bestückung mit<br />

dem Fineplacer bei gleichzeitiger thermischer Aushärtung bei 175 °C. Zum mechanischen Schutz<br />

des Aufbaus wird der Underfill Hysol® FP4511 aufgetragen, der wie beim Aufbau Flip-Chip-<br />

Löten für zwei Stunden bei 150 °C ausgehärtet wird.<br />

Abbildung 38: Leitkleberdepots auf FR4 (links) und Espanex (rechts)<br />

Bei der Durchführung hat sich gezeigt, dass die Länge der Au-Stud-Bumps teilweise unterschiedlich<br />

ist. Bei der NCA-Variante wurde daher zusätzlich der Einfluss des Coinings auf die Ausbeute<br />

der Aufbauten und die induzierten Spannungen untersucht. Da keine Methode zur Verfügung<br />

stand, die das Aufbringen einer definierten (messbaren) Kraft ermöglicht hätte, wurden alle<br />

27


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Stud Bumps (2) des Chips (3) vor dem Bestücken mit einem Stempel (1) auf gleiche Höhe<br />

(Abbildung 41) mittels einer Vorrichtung aus Endmaßen (4) gedrückt.<br />

Abbildung 39: Schematische Darstellung der Vorrichtung für das Coining<br />

Das Coining hat sich in verschiedenen Untersuchungen bereits als sinnvolle Ergänzung zum<br />

Standardprozess mit nicht geplätteten Stud-Bumps gezeigt. [21][22]<br />

Abbildung 40: Vermessung von Au-Stud-Bumps zeigt eine gleichmäßige Verteilung über die<br />

Chipbreite<br />

Nach dem Coining zeigt sich, dass die Au-Stud-Bumps über den Chip verteilt eine einheitliche<br />

Länge aufweisen (Abbildung 40). Allerdings wird durch ein zu starkes Glätten der Au-Stud-<br />

Bumps der deformierbare Anteil so stark reduziert, dass während dem Platzieren der Chips<br />

Höhenunterschiede nicht mehr ausgeglichen werden können (Abbildung 41). Da insges<strong>am</strong>t keine<br />

deutliche Verbesserung im Prozess festgestellt werden konnte, wurde die Auswertung nur<br />

mit Au-Stud-Bumps im Originalzustand durchgeführt. Dies ermöglicht auch vergleichbare Aussagen<br />

zu der ICA-Variante.<br />

28


4 Aufbau der Demonstratoren<br />

Abbildung 41: Au-Stud-Bump im Original-Zustand (links) sowie mit einer Höhe von 60 µm (Mitte)<br />

und 35 µm (rechts)<br />

4.4 Aufbau Prüfkörper Drahtbondvarianten<br />

Die Drahtbondvariante wurde von dem PA-Mitglied Fa. HASEC-Elektronik GmbH mit der Anlage<br />

Hesse & Knipps Bondjet 710L (100kHz) aufgebaut. Die optimalen Par<strong>am</strong>eter wurden in Vorversuchen<br />

bei Verwendung von Standardwerten und Variation der Deformation ermittelt. Für den<br />

Aufbau wurden eine Drahtverformung von 45 %, eine Bondkraft von 30 cN und eine Ultraschallleistung<br />

von 45 % für beide Substrattypen gewählt. Bei der Herstellung konnten vereinzelt nicht<br />

vollständig ausgeformte Bondstellen beobachtet werden. Die unzureichend deformierten<br />

Bondverbindungen sind auf die hohe Rauheit der Oberfläche zurückzuführen. Das Werkzeug<br />

setzte während des Schweißprozesses seitlich auf einen hochstehenden „Metallisierungsberg“<br />

auf und behinderte eine weitere Deformation.<br />

In Abbildung 42 sind die Verbindungsdrähte zwischen Chip und Substrat sowie der Kleber gut zu<br />

erkennen. Für die Drahtbondvariante wurden als Basismaterial nur die MID-Substrate Vectra®<br />

E840i LDS und Pocan DP T7140 LDS ausgewählt. Aufgrund der guten thermischen Leitfähigkeit<br />

wird als Klebstoff der Silberleitkleber EPO-TEK® H20E zum Die attachment verwendet. In das<br />

Kleberdepot wird der Chip bestückt, thermisch ausgehärtet und anschließend werden die<br />

Bondverbindungen mit 30 µm AlSi1-Draht realisiert (Abbildung 43). Der Chip und die Bonddrähte<br />

werden nicht vergossen, so dass die Untersuchungen zur Spannungsermittlung durchgeführt<br />

werden können.<br />

Abbildung 42: Aufgebauter Drahtbond-Prüfkörper (links) und Bonddrähte im Detail (rechts)<br />

29


Abbildung 43: Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs Drahtbonden<br />

30<br />

4 Aufbau der Demonstratoren


5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Für die in Kapitel 2 getroffene Auswahl an Werkstoffen sollte eine Materialdatenbasis von deren<br />

thermomechanischen Eigenschaften generiert werden, um diese später für Simulationsrechnungen<br />

nutzbar zu machen. Zur numerischen thermomechanischen Analyse von Baugruppen<br />

werden Materialdaten zu Steifigkeit und thermischer Ausdehnung der Fügepartner und -<br />

materialien benötigt. Bei den Materialien der beteiligten Fügepartner handelt es sich um im<br />

LPKF-LDS-Verfahren strukturierbare Thermoplaste Pocan DP T7140 LDS [(PET+PBT)-(GF+MD)44]<br />

und Vectra E840i LDS (LCP-X40), die flexiblen Foliensubstrate ESPANEX SB II (PI-L<strong>am</strong>inat) und<br />

ULTRALAM® 3000 (LCP-L<strong>am</strong>inat) sowie das Chipmaterial Silizium. Bei den Fügematerialien handelt<br />

es sich um DELO-MONOPOX MK055 als NCA, EPO-TEK H20E als ICA, Heraeus F640 als SAC-<br />

Lotpaste und HYSOL FP4511 als Underfill.<br />

Zur Bestimmung der Materialpar<strong>am</strong>eter für die Simulation wurden <strong>am</strong> FAPS Zugstäbe des Typs<br />

1BB (kleine Probekörper) nach EN ISO 572-2 aus den Materialien Hysol® FP4511, DELO-<br />

MONOPOX® MK055, EPO-TEK® H20E und SAC305-Lot erstellt. Zur Aushärtung der Klebstoffe<br />

wurden die gleichen Temperaturen verwendet, die auch beim späteren Erstellen der Aufbauten<br />

genutzt wird, um die gleichen Materialpar<strong>am</strong>eter erzielen zu können. Die Auswertung der Eigenschaften<br />

der Probekörper erfolgte <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong>.<br />

Abbildung 44: Zugstäbe zur Bestimmung der Materialpar<strong>am</strong>eter für die Simulation<br />

Zur Ermittlung der Materialeigenschaften der flexiblen Foliensubstrate wurde die Metallisierung<br />

entfernt und Streifenprobekörper präpariert, um nur das Polymer messtechnisch zu charakterisieren.<br />

Bei den MID-Substratmaterialien sind die Materialeigenschaften von der Spritzrichtung<br />

abhängig und variieren aufgrund der Faserorientierung mit der Wandstärke. Um eine<br />

gute Datenbasis für die ebenen Demonstratoren zu schaffen, wurden geeignete Probekörper<br />

aus diesen Substraten präpariert. Die Außenabmessungen der Probekörper entsprechen<br />

EN ISO 527-2/1BB [23] mit einer Dicke von 1,5 mm. Zur Berücksichtigung der Spritzrichtung<br />

wurden die Proben parallel und normal zur Spritzrichtung präpariert.<br />

5.1 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit der Elastizitätskenngrößen<br />

Da es sich beim Großteil der Fügepartner und -materialien um Polymere handelt, besitzen diese<br />

ein ausgeprägtes temperaturabhängiges Verhalten, welches sich insbesondere im Glasübergangsbereich<br />

stark ändert. Um die Änderung der mechanischen Steifigkeit in diesem Bereich<br />

31


5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

besser beurteilen zu können, wurden Dyn<strong>am</strong>isch-Mechanisch-Thermische Analysen (DMTA)<br />

durchgeführt, um Elastizitäts- bzw. Schubmodul (E bzw. G) in Abhängigkeit der Temperatur zu<br />

bestimmen. Die Daten wurden vom FAPS in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem LKT Erlangen für alle Materialien<br />

außer Pocan DP T7140 LDS bei einer Messfrequenz von f = 1 Hz bereitgestellt.<br />

Ein Datensatz für Pocan DP T7140 LDS wurde durch die Firma LANXESS Deutschland GmbH bei f<br />

= 10.000 Hz zur Verfügung gestellt. Eine Übersicht zeigt einen ausgeprägten Glasübergangsbereich<br />

unterhalb der maximalen Einsatztemperatur des Chips Tmax,Chip = 85 °C bei EPO-TEK H20E<br />

und Pocan DP T7140 LDS (siehe Abbildung 45 und Abbildung 46).<br />

E / MPa<br />

14.000<br />

12.000<br />

10.000<br />

8.000<br />

6.000<br />

4.000<br />

2.000<br />

Pocan DPT7140LDS 000000<br />

Lot: 01CP5G0181<br />

0<br />

0,00<br />

-100 -50 0 50 100 150 200 250<br />

T / °C<br />

Quelle: LANXESS Deutschland GmbH<br />

0,14<br />

0,12<br />

0,10<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

E'(10.000 Hz)/MPa<br />

E"(10.000 Hz)/MPa<br />

tan d(10.000 Hz)<br />

Abbildung 45: DMTA von PET+PBT zeigt einen ausgeprägten Glasübergangsbereich bei 60 °C<br />

Da sich im Glasübergangsbereich bei abnehmender Elastizität die thermische Ausdehnung erhöht,<br />

ist d<strong>am</strong>it zu rechnen, dass das MID-Substrat Pocan DP T7140 LDS höhere Spannungen im<br />

Chip induziert als Vectra E840i LDS.<br />

G / MPa<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

DMTA EPO-TEK H20E (ICA), f = 1 Hz<br />

Quelle: LKT Erlangen<br />

0<br />

-50 -30 -10 T / °C 10 30 50 70<br />

Abbildung 46: DMTA des Leitklebers zeigt einen ausgeprägten Glasübergangsbereich bei 40 °C<br />

32<br />

G'<br />

G''


5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Im Gegensatz dazu wird beim ICA erwartet, dass die Spannungen im Chip bei Drahtbond-<br />

Aufbauten bei höheren Temperaturen abnehmen, da EPO-TEK H20E dort eine Steifigkeit nahe<br />

Null aufweist (siehe Abbildung 46). Der Chip würde in diesem Fall nur durch die Bonddrähte in<br />

Position gehalten werden.<br />

Da die DMTA nur als Torsions- oder Zugprüfung durchgeführt wurde, musste die Querkontraktionszahl<br />

� aus den Zugprüfungen über Grauwertkorrelation ermittelt werden. Auf diese Weise<br />

konnte unter Annahme einer konstanter Querkontraktionszahl die fehlende Größe über die<br />

Beziehung E = 2G(1+�) abgeleitet werden. Zur Verbesserung von künftigen Materialuntersuchungen<br />

sollte bei isotropen Werkstoffen immer E(T) und G(T) ermittelt werden, um �(T) abzuleiten.<br />

5.2 Ermittlung des dehnratenunabhängigen Spannungs-Dehnungs-<br />

Verhaltens<br />

Die dehnratenunabhängigen Spannungs-Dehnungs-Diagr<strong>am</strong>me wurden für alle Werkstoffe mittels<br />

Zugversuch nach EN ISO 527-2/1BB/1 [23] in einer Temperaturk<strong>am</strong>mer <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

durchgeführt. Hierbei wurden die Foliensubstrate bei 20 °C, 50 °C und 85 °C (siehe Abbildung 47<br />

für ESPANEX SB II), die MID-Substrate bei -40 °C, 20 °C, 85 °C und 125 °C und die Fügematerialien<br />

bei 20 °C und 85 °C geprüft.<br />

�/ MPa<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

�-�-Diagr<strong>am</strong>me für ESPANEX SB II (PI-Folie)<br />

0<br />

0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0,18<br />

Abbildung 47: Spannungs-Dehnungs-Diagr<strong>am</strong>me der flexiblen PI-Foliensubstrate bei<br />

unterschiedlichen Prüftemperaturen<br />

� / -<br />

20 °C<br />

50 °C<br />

85 °C<br />

E (20 °C) = 4578 MPa<br />

E (50 °C) = 4033 MPa<br />

E (85 °C) = 3683 MPa<br />

Auf diese Weise ist es möglich die Zugprüfungen bei Raumtemperatur mit Datenblattangaben<br />

abzugleichen, exakte dehnratenunabhängige nichtlineare Daten bei der oberen Haltetemperatur<br />

zu ermitteln und die Daten mit den Ergebnissen aus der DMTA abzugleichen.<br />

Zur Aufnahme der Längenänderung wurde ein mechanisches Extensometer eingesetzt (siehe<br />

Abbildung 48), da hiermit die Steifigkeit der Halterung nicht in das Messergebnis eingeht.<br />

33


5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Abbildung 48: Halterung für Zugprüfung mit eingespannter Zugprobe und mechanischem<br />

Extensometer<br />

Die E-Modulermittlung aus den Spannungs-Dehnungs-Diagr<strong>am</strong>men nach [24] wies in der Regel<br />

ein anderes E-Modul als die DMTA auf. Bei Pocan DP T7140 LDS ist der Wert der DMTA um ca.<br />

9% höher als in der Zugprüfung mit EZug = 1<strong>1.</strong>836 MPa – bei ESPANEX SB II liegt der Wert der<br />

DMTA nur bei etwa 37% des Wertes aus der Zugprüfung. Dies kann auf verschiedene Ursachen<br />

zurückzuführen sein, wie z. B. erhöhte Prüffrequenz der DMTA, Faserausrichtung der Proben<br />

oder der Art der Prüfung. Für die Datenbasis der Simulation wird angenommen, dass die temperaturbedingte<br />

Belastung mit niedriger Dehnrate aufgebracht wird, weswegen die E-Moduln<br />

der Zugprüfungen verwendet werden. Aufgrund dessen wurden die aus den Zugprüfungen ermittelten<br />

E-Moduln über einen aus den DMTA-Daten ermittelten temperaturabhängigen Skalierungsfaktor<br />

angepasst, um die Abhängigkeit E(T) einzuarbeiten. Durch die Zugprüfung von parallel<br />

und normal zur Spritzrichtung präparierten Prüfkörpern war es möglich<br />

richtungsabhängige Materialmodelle zu erstellen.<br />

5.3 Ermittlung des dehnratenabhängigen Kriechverhaltens<br />

Zur Gewinnung von Kriechdaten wurde ein Prüfstand aufgebaut, bei dem drei Probekörper vom<br />

Typ EN ISO 527-2/1BB [23] simultan in einer Temperaturk<strong>am</strong>mer für insges<strong>am</strong>t 1000 h mit einem<br />

konstanten Gewicht belastet wurden. Durch ein mechanisches Extensometer pro Probekörper<br />

wurde die Längenänderung � über der Zeit t aufgenommen. Bei den Messungen zeigte<br />

sich, dass Probekörper aus umgeschmolzener SAC-Lotpaste aus der Halterung kriechen (siehe<br />

Abbildung 49). Auch durch eine zusätzliche Fixierung über einen Bolzen konnte keine Verbesserung<br />

der Halterung erzielt werden.<br />

Eine Verkleinerung der Probengröße mit Einspannung an den Fügepartnern konnte nicht getestet<br />

werden, da <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> für die kleinen Wegänderungen keine optische Messeinrichtung<br />

zur Verfügung stand. Aufgrund dessen war es nicht möglich Kriechdaten für Lot mit den bestehenden<br />

Probekörpern zu ermitteln, weswegen Literaturpar<strong>am</strong>eter nach [25] für eine vergleichbare<br />

Lotlegierung bei stationärem Kriechen genutzt wurden.<br />

34


5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Abbildung 49: Klemmbereich von SAC-Proben zeigt starke plastische Deformation im<br />

Klemmbereich durch Kriechen<br />

Da die Kriechprüfungen mit einer Dauer von mindestens 1000 h einen erheblichen Zeitaufwand<br />

bedeuten und alle Messungen nicht innerhalb der Projektzeit abgeschlossen werden konnten,<br />

sollte der Messaufwand zur Ermittlung des dehnratenabhängigen Verhaltens von Polymeren<br />

verkürzt werden. Unter der Annahme, dass Kriechen nur bei langer Lasteinwirkung (Tage, Wochen<br />

…) und Viskoelastizität in kürzeren Zeiträumen (Minuten, Stunden …) auftritt [26], wäre<br />

demnach bei Temperaturwechseltests eher mit einem viskoelastischen Verhalten zu rechnen<br />

und nur bei Hochtemperaturlagerung für 500 h mit einem Kriechverhalten. Durch die Durchführung<br />

von Relaxationsversuchen kann demnach die Versuchszeit erheblich verkürzt werden, sofern<br />

die folgenden numerischen Untersuchungen auf den Temperaturwechseltests aufbauen.<br />

5.4 Ermittlung des Wärmeausdehnungsverhaltens<br />

Parallel zur Charakterisierung der richtungs-, zeit- und temperaturabhängigen Steifigkeit über<br />

DMTA und Zugprüfungen wurden die thermischen Ausdehnungskoeffizienten (engl. Coefficient<br />

of Thermal Expansion, CTE) als zweite essenzielle Kenngröße für thermomechanische Simulationen<br />

über thermomechanische Analysen (TMA) ermittelt. Hierbei wurden die MID-Substrate<br />

parallel und normal zur Spritzrichtung charakterisiert, um die Richtungsabhängigkeit des CTE zu<br />

erfassen (siehe Abbildung 50).<br />

Die Auswertung in Abbildung 50 stellt beispielhaft die Auswertung einer TMA für zwei normal<br />

zur Fließrichtung präparierte Proben aus Pocan DP T7140 LDS dar. Gemessen wird die Längenänderung<br />

über der Temperatur, die in die thermische Dehnung �th umgerechnet wird. Dabei<br />

fällt auf, dass es zwei annähernd gerade Bereiche gibt, welche durch Regressionsgeraden approximiert<br />

werden können, die sich bei der Glasübergangstemperatur Tg schneiden. Die Steigung<br />

der Geraden (im Diagr<strong>am</strong>m als � in gekennzeichnet) wird in Datenblättern häufig als CTE < Tg<br />

und CTE > Tg angegeben und auch in ANSYS® Workbench [27] verwendet.<br />

35


epsth / 1e-3<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

-8<br />

-10<br />

-12<br />

-14<br />

Pocan DP T7140 LDS<br />

[TMA laut ISO 11359-2 ; Probekörper ISO 527-2/1BB quer]<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140<br />

2010-03-30 P1<br />

2010-03-29 P2<br />

T / °C<br />

alpha in<br />

Tref=20 °C, alpha se<br />

5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Abbildung 50: TMA-Auswertung von PET+PBT für normal zur Fließrichtung präparierte Probe<br />

Zur Materialerstellung in digimat-MF [28] wird der Sekanten-CTE � se genutzt, der die Steigung<br />

der Sekante bei der Referenztemperatur Tref und der Temperatur T mit den dazugehörigen<br />

�th(Tref) und �th(T) kennzeichnet.<br />

Tabelle 2: Übersicht der durchgeführten Materialprüfungen<br />

AVT-Material Substrat<br />

Art Bezeichnung Material E-Modul Poissonzahl<br />

TemperaturabhängigkeitZeitabhängigkeit<br />

CTE<br />

längs quer längs quer<br />

MID<br />

Folie<br />

Vectra E840i LDS LCP 1BB+GL (ZV+T) 1BB+GQ (ZV+T) - ZV+T - 1BB+GL (TMA) 1BB+GQ (TMA)<br />

Pocan DP T7140 LDS PET+PBT<br />

1BB+GL (ZV),<br />

1A/1BB (ZV+T)<br />

1BB+GQ (ZV) - ZV+T, (Z)DMA 1BB+GL (KV) 1BB+GL (TMA) 1BB+GQ (TMA)<br />

ULTRALAM 3000 LCP FS (ZV+T) - ZV+T, (Z)DMA - -<br />

ESPANEX SB II PI FS (ZV+T) - ZV+T, (Z)DMA - -<br />

NCA DELO-MONOPOX MK055 Epoxy 1BB (ZV+T) 1BB (ZV+V) (T)DMA 1BB (KV) 1BB (TMA)<br />

ICA EPO-TEK H20E Epoxy+Ag 1BB (ZV+T) 1BB (ZV+V) (T)DMA - 1BB (TMA)<br />

Underfill HYSOL FP4511 Epoxy 1BB (ZV+T) 1BB (ZV+V) (T)DMA 1BB (KV) 1BB (TMA)<br />

Lotpaste F 640 Sn96.5Ag3Cu0.5 1BB (ZV+T) 1BB (ZV+V) (T)DMA - 1BB (TMA)<br />

Zur Übersicht werden die durchgeführten Prüfungen in Tabelle 2 aufgeführt. Bei einer Kennzeichnung<br />

mit „-“ wurde keine Prüfung innerhalb der Projektzeit durchgeführt. Die verwendeten<br />

Abkürzungen kennzeichnen hierbei die Art des Prüfkörpers sowie die Art der durchgeführten<br />

Prüfung:<br />

� 1A/1BB: Abmessungen nach EN ISO 527-2<br />

+GL: gefräst längs zur Spritzrichtung<br />

+GQ: gefräst quer zur Spritzrichtung<br />

� FS: Folienstreifenprobe mit Breite 20 mm und Länge 50 mm<br />

� KV: Kriechversuch bei konstanter Kraft<br />

� DMA: Dyn<strong>am</strong>isch-Mechanisch-Thermische Analysen<br />

(T)… : unter Torsionsbeanspruchung zur Messung des Schubmodul<br />

36<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

alpha / 1e-6/K


(Z)… : unter Zugbeanspruchung zur Messung des Elastizitätsmoduls<br />

� TMA: thermomechanische Analyse<br />

� ZV: Zugversuch nach EN ISO 527-1<br />

+T: bei verschiedenen Temperaturen<br />

+V: inkl. Auswertung über Grauwertkorrelation<br />

5.5 Ermittlung der Geometriepar<strong>am</strong>eter<br />

5 Materialpar<strong>am</strong>eter Werkstoffverbund<br />

Zur Bestimmung der geometrischen Abmessungen des Werkstoffverbundes wurden von den<br />

einzelnen Aufbauten entsprechende metallografische Untersuchungen durchgeführt. Die<br />

Schliffbilder ermöglichen in der Simulation eine Abbildung des tatsächlichen Stand-Off, der<br />

Lötstellendimensionen und weiterer geometrischer Abmessungen. Des Weiteren ergeben sich<br />

vorab Erkenntnisse über den Aufbau, die ggf. auf eine später auftretende Abweichung zwischen<br />

berechnetem und experimentell ermitteltem Ergebnis hinweisen können.<br />

Abbildung 51: Ausgewählte Schliffbilder zur Bestimmung der geometrischen Abmessungen der<br />

Aufbauten<br />

Beispielhaft werden Schliffbilder der Aufbauten Drahtbonden auf Vectra® E840i LDS (Abbildung<br />

51, links) und NCA-Kleben auf ULTRALAM® 3000 dargestellt (Abbildung 51, rechts). Die Schliffbilder<br />

zeigen den Stand-off der Chips, die Chipdicke sowie die Geometrie der Verbindungsstelle<br />

(z. B. Länge und Breite der Au-Studbumps und Radius des ICA-Mensikus).<br />

37


6 Simulation Verbund<br />

6 Simulation Verbund<br />

Die Simulation des Verbundverhaltens einer Baugruppe gliedert sich in verschiedene Bereiche –<br />

Materialmodellierung, Erstellung und Analyse des thermomechanischen Modells, Aussagen<br />

zum Ausfallverhalten und Abgleich mit dem Experiment.<br />

6.1 Erstellung von Materialmodellen<br />

Im Anschluss an die Materialcharakterisierung aus Kapitel 5 mussten zunächst Materialmodelle<br />

erstellt werden, die in der Lage sind das Verhalten eines Werkstoffes unter thermischer und<br />

mechanischer Lasteinwirkung hinreichend genau zu beschreiben. Hierzu wurden die Materialmodelle<br />

für isotrope Werkstoffe im Simulationsprogr<strong>am</strong>m ANSYS® Workbench [27] und für<br />

die anisotropen MID-Substrate ein Materialmodell in der Software digimat [28] erstellt.<br />

Ziel der Materialmodellierung über das Progr<strong>am</strong>mmodul digimat-MF war in diesem Vorhaben<br />

einerseits die Anpassung von Materialmodellen an die Materialorientierung aus dem Spritzguss<br />

über Reverse Engineering. Andererseits sollte die Kopplung von Spritzgusssimulation mit der<br />

thermomechanischen Simulation über den Export von Materialorientierungen realisiert werden,<br />

um auch für Polymerbauteile mit komplexer Geometrie genaue Verzugsaussagen treffen<br />

zu können. Zum Zeitpunkt der Materialmodellerstellung bot das digimat-MF als Materialverhalten<br />

nur ein linear thermoelastisches Verhalten an, welches plastische Verzerrungen �pl der<br />

Polymermatrix nicht berücksichtigt. In der aktuellen Version 4.<strong>1.</strong>2 des Progr<strong>am</strong>ms wurde gegen<br />

Ende der Projektlautzeit ermöglicht auch thermoelasto(visko-)plastisches Verhalten in die Materialmodelle<br />

zu implementieren. Dieses Verhalten konnte jedoch während der Projektlaufzeit<br />

nicht mehr berücksichtigt werden. Aufgrund dessen werden die Materialmodelle erst nach der<br />

Projektlaufzeit entsprechend erweitert, um die Ergebnisse für KMU innerhalb einer Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

nutzbar zu machen.<br />

Über digimat-MF wird das Materialverhalten eines aus verschiedenen Phasen bestehenden<br />

Compounds durch Homogenisierung phänomenologisch beschrieben. Das Hauptanwendungsgebiet<br />

sind neben universeller Einsatzmöglichkeit zur Materialmodellierung insbesondere kurzglasfaserverstärkte<br />

Polymercompounds. Für die Fasern können Orientierungen fest, zufällig und<br />

als Richtungstensoren vorgegeben werden. Die Aspektverhältnisse von Länge zu Durchmesser<br />

der Fasern sind hierbei ein Maß für die Anisotropie des Materials und lassen sich als Konstante<br />

oder als Verteilung angeben. Auf diese Weise ist es möglich die Materialorientierung von<br />

Polymerteilen aus der Spritzgusssimulation oder experimentellen Untersuchungen bei der Erstellung<br />

des Materialmodells zu berücksichtigen. Eine Voraussetzung zur Nutzung von Orientierungen<br />

aus der Spritzgusssimulation ist, dass diese in der Lage ist die Materialorientierung des<br />

realen Bauteils für verschiedene Wandstärken möglichst exakt abzubilden. Innerhalb einer <strong>am</strong><br />

<strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> betreuten Diplomarbeit zum wandstärkenabhängigen Verhalten [29] hat sich herausgestellt,<br />

dass die Spritzgusssimulation mittels SIGMASOFT® [30] in der Regel höhere Orientierungen<br />

ergibt als real vorliegen. Der Hersteller forscht derzeit an einem alternativen Orientierungsmodell,<br />

welches eine Kopplung der Faserorientierung mit der Rheologie berücksichtigt<br />

und daher zu einer anderen Faserorientierung in der Kernschicht führt. Aufgrund der im Vergleich<br />

zur Realität zu hohen Faserorientierung konnte ein Materialmodell nur für eine spezielle<br />

Wandstärke – in diesem Vorhaben 1,5 mm – exakt erstellt werden. Für davon abweichende<br />

Wandstärken ist mit einer Abweichung des Modells vom realen Materialverhalten zu rechnen.<br />

38


Einfluss der Faser-<br />

Orientierung über<br />

der Wandstärke<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 52: Schematische Darstellung der Kopplung zwischen SIGMA-thermoplast und ANSYS<br />

über digimat<br />

Das Vorgehen der Materialmodellierung über Reverse Engineering in digimat ist schematisch in<br />

Abbildung 52 dargestellt und soll im Folgenden anhand des Werkstoffes Pocan DP T7140 LDS<br />

kurz erläutert werden. Zunächst wurden die Materialeigenschaften in Kapitel 5 ermittelt. Hierbei<br />

wurden die Probekörper <strong>am</strong> <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong> angefertigt und die Spritzpar<strong>am</strong>eter aufgezeichnet.<br />

Basierend auf dem Spritzprotokoll wird eine Spritzgusssimulation für das Prüfkörperspritzteil<br />

durchgeführt und im Anschluss die Faserorientierung im Prüfbereich – Messlänge der Zugstabprobe<br />

in der Zugprüfung nach EN ISO 527-2/1BB/1 [23] – extrahiert.<br />

Abbildung 53 stellt die Ausrichtung der Fasern einer parallel zur Fließrichtung präparierten Probe<br />

dar. Hierbei ist farblich die Größe des ersten Eigenwerts dargestellt, der im Randbereich<br />

Werte um 0,9 und in der Kernschicht Werte um 0,5 annimmt. Die Form der Ellipsoide kennzeichnen<br />

die Größe der Eigenwerte im Hauptachsensystem ist. Es ist erkennbar, dass die Kernschicht<br />

schmal ausgeprägt ist und eine isotrope Ausrichtung in der Ebene parallel zur<br />

Spritzlingsoberfläche hat.<br />

Abbildung 53: Die Faserorientierung der in Fließrichtung präparierten Zugstabprobe zeigt eine<br />

nahezu ebene Orientierung in der Kernschicht<br />

39


Häufigkeit<br />

4800<br />

3600<br />

2400<br />

1200<br />

0<br />

100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

Histogr<strong>am</strong>m des Rechteckzugstabes längs (WS 1,5 mm)<br />

Normal<br />

a11<br />

-0,0624<br />

0,0000<br />

0,0624<br />

0,1248<br />

0,1872<br />

0,2496<br />

0,3120<br />

0,3744<br />

-0,00300<br />

-0,00225<br />

-0,00150<br />

-0,00075<br />

0,00000<br />

0,00075<br />

0,00150<br />

0,00225<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

a22 a33<br />

6000<br />

0,04128<br />

0,05160<br />

0,06192<br />

0,07224<br />

0,08256<br />

0,09288<br />

0,10320<br />

0,11352<br />

-0,0192<br />

-0,0128<br />

-0,0064<br />

0,0000<br />

0,0064<br />

0,0128<br />

0,0192<br />

0,0256<br />

4500<br />

3000<br />

1500<br />

a12 a13 a23<br />

300<br />

2000<br />

200<br />

100<br />

0<br />

0<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

0,4650<br />

0,5425<br />

0,6200<br />

0,6975<br />

0,7750<br />

0,8525<br />

0,9300<br />

1,0075<br />

-0,2304<br />

-0,1536<br />

-0,0768<br />

0,0000<br />

0,0768<br />

0,1536<br />

0,2304<br />

a11<br />

Mittelwert 0,1218<br />

StdAbw 0,08575<br />

N 24960<br />

a22<br />

Mittelwert 0,07160<br />

StdAbw 0,01342<br />

N 24960<br />

a33<br />

Mittelwert 0,8067<br />

StdAbw 0,09912<br />

N 24960<br />

a12<br />

Mittelwert 0,00001082<br />

StdAbw 0,0008090<br />

N 24960<br />

a13<br />

Mittelwert 0,0007628<br />

StdAbw 0,005529<br />

N 24960<br />

a23<br />

Mittelwert -0,0007275<br />

StdAbw 0,1266<br />

N 24960<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 54: Mittelwertbildung über statistische Auswertung der Orientierungsverteilungen<br />

Im Anschluss an den Export der Faserorientierung wird über den Prüfbereich der Mittelwert der<br />

Tensorkomponenten gebildet (siehe Verteilung in Abbildung 54) und für die Orientierung der<br />

Faserphase in digimat-MF verwendet.<br />

Bei der Materialmodellierung in digimat-MF wird vereinfachend angenommen, dass der mit<br />

Glasfaser und Mineral gefüllte Werkstoff Pocan DP T7140 LDS nur aus zwei Phasen besteht –<br />

einer Matrix- und einer Faserphase. Dies ist in guter Näherung möglich, sofern der Mineralfüllstoff<br />

mit isotropem Verhalten und homogener Verteilung in der Polymermatrix angenommen<br />

werden kann. Der Faserphase werden thermoelastische Materialeigenschaften nach Literaturpar<strong>am</strong>etern<br />

zugewiesen und die Orientierung aus der Spritzgusssimulation zugewiesen. Das<br />

einheitliche Aspektverhältnis der Fasern bleibt als Par<strong>am</strong>eter enthalten und nimmt erfahrungsgemäß<br />

Werte von 20–30 an. Über das Aspektverhältnis lässt sich während der Anpassung die<br />

Anisotropie bzw. der Unterschied der Materialeigenschaften zwischen parallel und normal zur<br />

Spritzrichtung einstellen. Für die Matrix werden während des Reverse Engineering das E-Modul<br />

und der CTE angepasst, bis die Steigung der Spannungs-Dehnungs-Diagr<strong>am</strong>me aus den experimentellen<br />

Untersuchungen bei einer Temperatur angepasst wurde. Abbildung 55 stellt die experimentell<br />

ermittelten Spannungs-Dehungs-Daten für eine längs und quer zur Fließrichtung<br />

präparierte Probe als schwarze und rote Kurve dar. Das thermoelastische Materialmodell wurde<br />

in diesem Beispiel an die anfängliche Steigung der Kurve im Nullpunkt angepasst und ist als<br />

blaue und grüne Gerade dargestellt.<br />

Im Anschluss an diese Anpassung wird unter Annahme von temperaturunabhängigen Eigenschaften<br />

des Faserwerkstoffes die Temperaturabhängigkeit von E-Modul und CTE der Matrix<br />

eingearbeitet. Nach Fertigstellung des Materialmodells kann dieses in thermomechanischen<br />

Untersuchungen für ein Substrat derselben Orientierung wie die des Probekörpers genutzt oder<br />

die Kopplung zu einer anderen Spritzgusssimulation über die neue Faserorientierung und das<br />

Modul digimat-MAP hergestellt werden.<br />

40


6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 55: Angepasstes thermoelastisches Materialverhalten für Pocan DP T7140 LDS längs<br />

und quer zur Spritzrichtung<br />

6.2 Erstellung und Analyse des thermomechanischen Modells<br />

Innerhalb des Vorhabens wurden vier verschiedene Aufbauvarianten auf ebenen MID- und Foliensubstraten<br />

untersucht. Dies führt zu einer Anzahl von acht zu modellierenden Geometrien,<br />

die jeweils ein Substrat, einen Chip und die Verbindungselemente beinhalten. Aufgrund der<br />

durch die Laserstrukturierung und Metallisierung geänderten Anordnung der Kontaktierungselemente<br />

auf dem Chip und der Materialorientierung bei den MID-Substraten bzw. des Leiterbahnbildes<br />

war es bei allen Aufbauvarianten außer der Drahtbond-Variante nicht möglich<br />

Symmetrien für die Modellierung auszunutzen.<br />

6.2.1 Modellannahmen<br />

Im Folgenden werden die in den Modellen getroffenen Annahmen zur Geometrieerstellung,<br />

den Materialgesetzen und verwendeten Randbedingungen nach Bauteilart – Substrate, Chip<br />

und Verbindungselemente – gegliedert und erläutert.<br />

Substrate<br />

Die MID-Substrate wurden als Quader ohne Formabweichung oder durch den Spritzguss verursachte<br />

Einfallstellen modelliert. Die Leiterbahnen dieser Substrate wurden in guter Näherung<br />

des Baugruppen-Deformationsverhaltens vernachlässigt, da diese mit einer wirks<strong>am</strong>en Dicke<br />

von ca. 10 µm gegenüber einer Polymerwandstärke von 1,5 mm keinen signifikanten Steifigkeitseinfluss<br />

besitzen. Bei den flexiblen Substraten konnte diese Vereinfachung aufgrund des<br />

Verhältnisses von Leiterbahnmetallisierung zu Foliendicke bei ca. 1/3 nicht vorgenommen werden,<br />

weswegen in diesem Fall die Leiterbahnen modelliert wurden. Aufgrund der getroffenen<br />

Vereinfachung erfolgte keine Auswertung der Belastung von Leiterbahnmetallisierungen. Die<br />

MID-Substratmaterialien besitzen nach der Materialmodellerstellung in digimat-MF ein anisotropes,<br />

thermoelastisches Materialverhalten mit homogener Orientierung (siehe vorhergehender<br />

Abschnitt), die Foliensubstrate besitzen ein isotropes, thermoelastoplastisches und die Leiterbahnmetallisierung<br />

ein linear elastisches Materialverhalten. Die Leiterbahnmetallisierung bei<br />

Foliensubstraten wurde als Kupferlegierung mit Werten aus der internen Datenbank von<br />

ANSYS® Workbench angenommen.<br />

41


Chip<br />

6 Simulation Verbund<br />

Der Chip wurde als Quader mit einer Kantenlänge von 4,2 mm und einer Dicke von 545 µm für<br />

Dummychips und 292 µm für Messchips modelliert. Der Chipwerkstoff Silizium wurde mit anisotropem,<br />

linear elastischem Steifigkeitsverhalten mit Werten nach [31] und isotropem CTE<br />

nach [32] angenommen. Die Ausrichtung des Siliziumkoordinatensystems entspricht einer Rotation<br />

um 45° senkrecht zur Chipoberfläche.<br />

Verbindungselemente<br />

Die Verbindungselemente konnten nach Querschliffen von Demonstratorbauteilen (siehe<br />

Abbildung 56 und Abbildung 57), durch Modellierung der Lötstellen über Surface Evolver [33]<br />

und Annahmen für Menisken und Benetzungswinkel modelliert werden.<br />

Quelle: FAPS<br />

37 µm<br />

Abbildung 56: Schliff der Variante FC-<br />

Kleben (NCA) auf MID-<br />

Substrat im Bereich eines<br />

Au-Studbumps.<br />

Testaufbau<br />

Ø 215 µm<br />

Quelle: FAPS<br />

Abbildung 57: Schliff eines Testaufbaus<br />

der Variante FC-<br />

Löten auf MID-Substrat<br />

im Bereich eines<br />

Lotballs.<br />

Bei der Variante FC-Löten wurde das Lotvolumen des umgeschmolzenen Lotballs über die freie<br />

Software Surface Evolver [33] modelliert und an das Schliffbild in Abbildung 57 angepasst. Das<br />

Surface Evolver Modell beinhaltet die Möglichkeit einen Versatz in beiden Richtungen in der<br />

Substratebene sowie einen variablen Stand-Off und eine variable Lotmenge zu berücksichtigen.<br />

Abbildung 58–Abbildung 60 zeigen eine Auswahl möglicher Varianten der Lotballausformung<br />

mit Lotgewichten von 20 µg, 25 µg und 30 µg sowie ohne und mit Versatz in der Bestückebene.<br />

42


Abbildung 58: 20 µg ohne<br />

Versatz<br />

Abbildung 59: 25 µg mit y-<br />

Versatz 50 µm<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 60: 30 µg mit x-y-<br />

Versatz von<br />

25 µm<br />

Die Abformung der achteckigen Chip- oder der viereckigen Substratpadgeometrie zeigte sich<br />

erst bei größeren Lotvolumina oder Versatz in der Bestückebene. Für die Variante FC-Löten<br />

wurde ein durchschnittlicher Lotball ohne Versatz gewählt, um ein Ergebnis zu gewinnen, welches<br />

der Mehrzahl der Proben nahe kommt. Für weiterführende Untersuchungen nach der Projektlaufzeit<br />

kann das Surface Evolver Modell genutzt werden, um weitere Geometrievarianten<br />

mit Versatz und Lotmengenschwankungen zu untersuchen und so die Auswirkung von Fertigungstoleranzen<br />

zu erfassen. Sollte keine Untersuchung hinsichtlich der Auswirkungen eines<br />

Versatzes in der Bestückebene stattfinden, wäre es auch möglich die Lotballs vereinfacht über<br />

einen Formpar<strong>am</strong>eter wie in [34] zu modellieren.<br />

Der Stand-Off des Chips von Substrat wurde aus den zuvor dargestellten Schliffbildern bestimmt<br />

und bei den Varianten FC-Kleben und -Löten konstant gelassen. Die Menisken von ICA,<br />

NCA und Underfiller mussten angenommen werden, da im Zeitraum der Geometrieerstellung<br />

keine repräsentativen Schliffe zur Modellierung bereitgestellt werden konnten.<br />

Das Materialverhalten der Verbindungselemente wurde als isotrop thermoelastisch angenommen<br />

sofern eigene Messungen verfügbar waren. Für die Au-Studbumps wurden linearelastische<br />

Materialdaten aus [32] übernommen. Das dehnratenabhängige Verhalten des Lotes<br />

wurde über ein Garofalo-Kriechgesetz für sekundäres Kriechen mit Koeffizienten aus [25] beschrieben.<br />

Zur Auswertung der Chipspannungen wurde das viskoelastische Verhalten von NCA<br />

und Underfiller vernachlässigt. Dies führt dazu, dass die berechneten Spannungen im Chip als<br />

Worst-Case angesehen werden können, die aufgrund des Materialverhaltens bei längeren Zeiträumen<br />

relaxieren und dadurch abnehmen.<br />

Definition von Randbedingungen<br />

Das Ziel der Analysen war ein Vergleich der Chipspannungen an der Sensorelementoberfläche<br />

über einem Temperaturbereich zwischen -40 °C und 85 °C und eine Betrachtung des Ausfallmechanismus<br />

der gelöteten Chipaufbauten. Im Modell wurden zeitlich schnell veränderliche Vorgänge<br />

vernachlässigt und die Berechnung als stationäre mechanische Analyse definiert. Die<br />

Temperaturen wurden als homogene Temperaturverteilung in allen Bauteilen angenommen.<br />

Für die Untersuchung der Chipspannungen wurde der Temperaturbereich zwischen -40 °C und<br />

90 °C in Schritten von 10 °C je Lastschritt definiert. Für die Variante FC-Löten sollten Aussagen<br />

zur Lebensdauer bzw. dem Ausfallmechanismus zusätzlich zur Spannungsauswertung gemacht<br />

43


6 Simulation Verbund<br />

werden. Entsprechende experimentelle Temperaturschocktests (TST) zwischen -40 °C und<br />

150 °C bei 30 min Halte- und 10 s Umlagerungszeit wurden beim PA-Mitglied Binder Elektronik<br />

GmbH durchgeführt. Da eine thermisch transiente Voruntersuchung des Modells nur geringfügige<br />

Temperaturabweichungen von ca. 0,5 °C zwischen den modellierten Bauelementen ergab,<br />

wurde die Temperatur auch bei dieser Analyse als homogene Verteilung definiert. Der Temperaturzyklus<br />

wurde als Solltemperaturprofil mit o. g. Zeiten sowie als Temperaturprofil mit thermischer<br />

Zeitkonstante vorgegeben.<br />

Die Messchips wurden während der experimentellen Charakterisierung des mechanischen<br />

Spannungszustands so gemessen, dass die Werte zur Auswertung der eindiffundierten Widerstände<br />

bei Raumtemperatur ein Differenzspannungssignal von Null liefern. Um diesen Zustand<br />

in der Simulation abzubilden wurde die Referenztemperatur aller Baugruppenkomponenten auf<br />

Tref = 20 °C gesetzt. In thermomechanischen Analysen kennzeichnet Tref den dehnungs- und<br />

d<strong>am</strong>it auch spannungsfreien Zustand einer Baugruppe. Durch die AVT verursachte Eigenspannungen<br />

können durch Definition von Tref ≠ 20 °C berücksichtigt werden. Da keine<br />

Spannunsgmesswerte bei Raumtemperatur bzw. keine Oberflächenvermessung der Demonstratoren<br />

zur Anpassung von Tref verfügbar war, wurden Eigenspannungen in der Lebensdauerprognose<br />

nicht berücksichtigt und Tref = 20 °C gesetzt.<br />

Abbildung 61: Demonstratoraufbau auf Foliensubstrat mit mechanischen Randbedingungen<br />

Als mechanische Randbedingungen wurde eine mechanisch bestimmte Lagerung zur Verbesserung<br />

der Löserkonvergenz vorgesehen. Hierzu wurden zwei Seiten des Substrats als reibungsfreie<br />

Lagerung definiert und die Bewegung in der dritten Raumrichtung als fixierte Lagerung<br />

eines Eckpunktes eingeschränkt (siehe Abbildung 61).<br />

6.2.2 Auswertung der thermomechanischen Analysen<br />

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analysen zu der Aufbauvariante Drahtbonden und den<br />

Flip-Chip-Aufbauten NCA-Kleben, ICA-Kleben und Löten vorgestellt. Die Graphen sind mit zwei<br />

Buchstaben entsprechend Substratmaterial (Vectra, Pocan, FR4, ESPANEX und ULTRALAM) und<br />

Aufbauvariante (Bonden, NCA, ICA und Löten) gekennzeichnet. Bei der Auswertung der MID-<br />

Substrate wird zwischen der Orientierung der Fließrichtung in x- und y-Richtung (entsprechend<br />

Kennzeichnung FRx und FRy) der mechanischen Spannung unterschieden, da während der Laserstrukturierung<br />

der spanend bearbeiteten Substrate prinzipiell eine Vertauschung der Fließrichtung<br />

möglich ist. Für alle Aufbauten wurde ein Simulationsergebnis für die mechanische<br />

44


6 Simulation Verbund<br />

Differenzspannung (�x - �y) im Mittelpunkt der Widerstandspaare R3/R4, R5/R6, R11/R12 und<br />

R13/R14 generiert. Ziel der Analysen war zunächst ein qualitativer Vergleich der verschiedenen<br />

Aufbauvarianten unter Verwendung von Dummychips mit einer Dicke von 545 µm. Im Anschluss<br />

an den Demonstratoraufbau in Kapitel 4 war ein Abgleich der Geometrie durch Schliffbilder<br />

möglich. Hierbei wurden Messchips mit einer durchschnittlichen Dicke von 292 µm verwendet.<br />

Für die Aufbauvariante Löten wurde eine Bewertung des Ausfallverhaltens sowie eine<br />

Lebensdauerprognose für niederzyklisches Versagen nach Literaturpar<strong>am</strong>etern durchgeführt.<br />

Drahtbonden<br />

Für das Modell der Aufbauvariante Drahtbonden konnte im Gegensatz zu den Flip-Chip-<br />

Aufbauten die zweifache Symmetrie des Aufbaus unter Vernachlässigung der Leiterbahnen und<br />

Bondpads ausgenutzt werden. Im Modell wurde nur die Metallisierung direkt unterhalb des<br />

Chips berücksichtigt da diese die Steifigkeit der Folie in der Nähe des Chips beeinflusst. Das an<br />

Querschliffe angepasste Geometriemodell mit einer Chipdicke von 292 µm ist in Abbildung 62<br />

dargestellt.<br />

Abbildung 62: Geometriemodell (hier für Foliensubstrat) und Kennzeichnung der Auswertepositionen<br />

der Drahtbondvariante.<br />

Hierbei handelt es sich um einen Aufbau aus vier Körpern – Foliensubstrat aus ESPANEX® SB II<br />

(blaugrau), Metallisierung aus einer Kupferlegierung (grünlich), ICA aus EPO-TEK® H20E (transparent<br />

grau) und Chip aus Silizium (bräunlich). Zur Auswertung sind nur die Positionen R3/R4<br />

und R5/R6 enthalten. Die Ergebnisse für R11/R12 und R13/R14 entsprechen aufgrund der<br />

Spiegelsymmetrie denen von R3/R4 und R5/R6. Die für den Drahtbondaufbau ermittelte Differenzspannung<br />

(�x - �y) ist über der Temperatur in Abbildung 63 dargestellt.<br />

Alle Graphen besitzen eine Differenzspannung von Null bei 20 °C, die auf die gesetzte Referenztemperatur<br />

der Komponenten zurückzuführen war. Da bei den MID-Substraten ein anisotropes<br />

Materialverhalten vorliegt, stellte sich bei R3/R4 aufgrund der ungleichmäßigen Wärmedehnung<br />

längs und quer zur Materialfließrichtung eine Differenzspannung ungleich Null ein. Bei<br />

einer Ausrichtung der x- oder y-Achse parallel zur Fließrichtung (FRx oder FRy) zeigte sich ein<br />

Verhalten symmetrisch zur Differenzspannung Null, da in diesem Fall der Abstand in beiden<br />

Raumrichtungen gleich war.<br />

45


(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R3/R4 (WB-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VB FRx<br />

VB FRy<br />

PB FRx<br />

PB FRy<br />

UB<br />

EB<br />

(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R5/R6 (WB-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 63: Differenzspannungen (SX-SY) für Drahtbonden auf MID- und Foliensubstrat<br />

VB FRx<br />

VB FRy<br />

PB FRx<br />

PB FRy<br />

UB<br />

EB<br />

Die Auswertung zeigte, dass die Differenzspannungen bei den Foliensubstraten <strong>am</strong> kleinsten<br />

waren. Dies konnte dadurch begründet werden, dass das Deformationsverhalten der Aufbauten<br />

auf flexiblen Substraten eher der Deformation des mechanisch steifen Siliziumchips als der des<br />

Foliensubstrats folgt. Aufbauten auf Pocan zeigten im Durchschnitt die größten Differenzspannungen<br />

mit einem ausgeprägten Abknicken der Kurve bei ca. 60 °C. Dieser Knick kennzeichnet<br />

den Glasübergang des Polymers mit dem d<strong>am</strong>it verbundenen Anstieg des CTE normal zur Fließrichtung<br />

(siehe Abbildung 50) und der steigenden Anisotropie des Materials. Bei Auswerteposition<br />

R5/R6 zeigte sich eine weitere Beeinflussung des Kurvenverlaufs zwischen 40 °C und 60 °C,<br />

die auf den Glasübergang des ICA zurückgeführt werden konnte. Bei R3/R4 war dieser Effekt<br />

nicht erkennbar, da er sich auf beide Normalspannungen auswirkte. Im Gegensatz zu den Flip-<br />

Chip-Aufbauten befinden sich die Sensorstrukturen auf der Chipoberseite, weswegen Zug- und<br />

Druckspannungen bei Flip-Chip- und Drahtbondvariante vertauscht sind. Dies führte dazu, dass<br />

die Differenzspannung z. B. bei R3/R4 für VB FRx mit steigender Temperatur zunahm während<br />

sie bei Flip-Chip-Aufbauten abfiel.<br />

Abbildung 64: Spannungsintensität des ICA bei 90 °C (links) und -40 °C (rechts) bei Aufbau auf<br />

Vectra® E840i LDS<br />

Zur Beurteilung des Ausfallverhaltens kann die Verteilung der Spannungsintensität im ICA über<br />

der Temperatur betrachtet werden, um Rückschlüsse auf kritische Bereiche hoher Spannungen<br />

zu ziehen. Die Verteilungen in Abbildung 64 für einen Aufbau auf Vectra® E840i LDS zeigen ho-<br />

46


6 Simulation Verbund<br />

he Spannungswerte im Bereich des ICA-Meniskusansatzes an den Chipseiten und der unteren<br />

Chipecke. Aufgrund des thermomechanischen Materialverhaltens resultierten höhere Spannungen<br />

bei niedrigen Temperaturen. Daher ist eine Überschreitung der Haftfestigkeit <strong>am</strong> Interface<br />

Chip/ICA bei tiefen Temperaturen oder eine durch Kriechvorgänge bedingte Del<strong>am</strong>ination<br />

bei hohen Temperaturen als Ausfallart denkbar. Die Spannungsspitzen im Bereich der unteren<br />

Chipkanten parallel zur Materialfließrichtung könnten bei hohen Temperaturen zu einer Rissbildung<br />

durch Kriechvorgänge führen.<br />

Der Aufbau auf Foliensubstrat vom Typ ESPANEX® SB II zeigt in Abbildung 65 ein ähnliches<br />

Temperaturverhalten bezüglich der Spannungshöhe und der Orte maximaler Spannung. Da es<br />

sich um ein isotropes Material handelt, traten Spannungsspitzen im ICA an allen substratnahen<br />

Chipkanten auf.<br />

Abbildung 65: Spannungsintensität des ICA bei 90 °C (links) und -40 °C (rechts) bei Aufbau auf<br />

ESPANEX SB II<br />

Bei den Verteilungen zur Spannungsintensität im ICA zeigte sich, dass der ICA bei Vectra®<br />

E840i LDS und ESPANEX® SB II im Bereich der unteren Chipfläche vergleichbar hohe Spannungswerte<br />

bei hoher Temperatur aufweist. Es erscheint daher sinnvoll nicht nur die Differenzspannungen<br />

als Zuverlässigkeitskriterium einer Verbindung zu betrachten, sondern auch die<br />

Spannungswerte in den Raumrichtungen experimentell auszuwerten.<br />

Bedingt durch den Aufbauprozess können sich unterschiedliche Klebschichtdicken einstellen.<br />

Daher wurde die Auswirkung dieser Einflussgröße für einen Drahtbondaufbau mit Dummychips<br />

der Dicke 545 µm vor Aufbau der Demonstratoren in Kapitel 4 untersucht. Die Klebschichtdicke<br />

wurde im Bereich 70 µm ± 25 µm variiert, um die Auswirkungen dieser Einflussgröße auf MID-<br />

und Foliensubstrataufbauten bewerten zu können. In Abbildung 66 sind die Ergebnisse dieser<br />

Untersuchung bei einem Aufbau auf Vectra E840i LDS dargestellt. Es zeigte sich, dass die Klebschichtdicke<br />

/ der Stand-Off nur eine Auswirkung besitzt, sofern die Glasübergangstemperatur<br />

des ICA überschritten wird. Bei zunehmendem Stand-Off zeigte sich eine geringfügige Reduzierung<br />

der Differenzspannungen, die vermutlich darauf zurückzuführen war, dass die thermisch<br />

induzierten Spannungen besser durch das erhöhte Materialvolumen abgefangen werden konnten.<br />

47


(SX-SY) / MPa<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

Differenzspannung R3/R4 (VB FRx)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-10<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

SO +25 µm<br />

SO +-0 µm<br />

SO -25 µm<br />

(SX-SY) / MPa<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

Differenzspannung R5/R6 (VB FRx)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-10<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

6 Simulation Verbund<br />

SO +25 µm<br />

SO +-0 µm<br />

SO -25 µm<br />

Abbildung 66: Vergleich der Differenzspannungen (SX-SY) für Drahtbonden auf Vectra E840i LDS<br />

und Ausrichtung der y-Achse in Fließrichtung bei Variation des Stand-Off und<br />

Chipdicke 545 µm<br />

Ein anderer Effekt zeigte sich für ESPANEX® SB II PI-Folie in Abbildung 67. Hierbei reduzierte ein<br />

kleinerer Stand-Off die Differenzspannungen im höheren Temperaturbereich und führte zu höheren<br />

Differenzspannungen im niedrigen Temperaturbereich. Bei einer gewünschten Spannungsoptimierung<br />

könnte daher so vorgegangen werden, dass ein Stand-Off ermittelt wird, der<br />

in beiden Bereichen möglichst kleine Differenzspannungen ergibt. Anhand der Differenzspannungsskala<br />

ist jedoch erkennbar, dass der Effekt sehr gering ausgeprägt ist.<br />

(SX-SY) / MPa<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

Differenzspannung R3/R4 (EB)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-1<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

SO +25 µm<br />

SO +-0 µm<br />

SO -25 µm<br />

(SX-SY) / MPa<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

-0.5<br />

Differenzspannung R5/R6 (EB)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-1<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

SO +25 µm<br />

SO +-0 µm<br />

SO -25 µm<br />

Abbildung 67: Vergleich der Differenzspannungen (SX-SY) für Drahtbonden auf ESPANEX SB II<br />

bei Variation des Stand-Off<br />

NCA-Kleben<br />

Die der Berechnung zugrunde liegenden Geometrien der Variante NCA-Kleben auf MID-<br />

Substrat und Foliensubstrat sind in Abbildung 68 und Abbildung 69 dargestellt.<br />

48


Abbildung 68: Geometriemodell für FC-<br />

Kleben (NCA) auf ebenem<br />

MID-Substrat<br />

Pocan DP T7140 LDS<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 69: Geometriemodell für FC-<br />

Kleben (NCA) auf Foliensubstrat<br />

ESPANEX SB II<br />

Die Aufbauten bestehen aus Substrat, Chip, NCA und Au-Studbumps. Bei Foliensubstraten wurden<br />

die Leiterbahnen im Modell berücksichtigt, da die Metallisierungsschichtdicke ca. 1/3 der<br />

Foliensubstratdicke entspricht. Die Positionen zur Auswertung der Spannungen sind in<br />

Abbildung 70 für MID- und in Abbildung 71 für Foliensubstrate in Aufsicht auf das Leiterbahnlayout<br />

dargestellt.<br />

Abbildung 70: Auswertungspositionen bei<br />

Variante FC-Kleben (NCA)<br />

auf MID-Substrat<br />

Abbildung 71: Auswertungspositionen bei<br />

Variante FC-Kleben (NCA)<br />

auf Foliensubstrat<br />

Die Auswertungsrichtung für die Differenzspannung (�x - �y) wird durch die Koordinatensysteme<br />

an den Auswertepositionen dargestellt. Die Ergebnisse der Differenzspannung über der<br />

Temperatur für die Auswertepositionen R3/R4 und R5/R6 der an Querschliffe angepassten Geometrie<br />

mit einer Chipdicke von 292 µm sind in Abbildung 72 dargestellt.<br />

49


(SX-SY) / MPa<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R3/R4 (NCA-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-60<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VN FRx<br />

VN FRy<br />

PN FRx<br />

PN FRy<br />

UN<br />

EN<br />

(SX-SY) / MPa<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R5/R6 (NCA-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-60<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

6 Simulation Verbund<br />

VN FRx<br />

VN FRy<br />

PN FRx<br />

PN FRy<br />

UN<br />

EN<br />

Abbildung 72: Differenzspannungen (SX-SY) für FC-Kleben (NCA) auf MID- und Foliensubstrat<br />

Die Auswertung zeigt, dass die resultierenden Differenzspannungen bei Vectra® E840i LDS ungefähr<br />

ein Drittel derer bei Pocan DP T7140 LDS betragen. Bei Orientierung der y-Achse in Fließrichtung<br />

(FRy) zeigten sich bei Auswerteposition R5/R6 hohe Differenzspannungen durch eine<br />

dominierende Spannung in x-Richtung. Hierbei ist erkennbar welche Auswirkung eine Fehlorientierung<br />

der Auswerteposition in Bezug zur Fließrichtung haben kann. Beide flexiblen Substrate<br />

zeigten erwartungsgemäß die kleinste Differenzspannung, da die Steifigkeit der Folien aufgrund<br />

der Foliendicke im Vergleich zum Chip sehr niedrig ist.<br />

Da es innerhalb der Projektzeit aufgrund der Verfügbarkeit der Chips nicht mehr möglich war<br />

einen dreidimensionalen MID-Demonstrator aufzubauen, wurde in Abstimmung mit dem PA<br />

beschlossen eine Simulationsrechnung zu dieser Thematik durchzuführen. Aufgrund des in<br />

digimat-MF erstellten Materialmodells ist es möglich beliebige Materialorientierungen einzustellen.<br />

Daher wurde beschlossen die Extremfälle der Orientierung für einen ebenen Demonstrator<br />

mit Dummychipdicke 545 µm zu untersuchen – eine zufällige und eine in einer<br />

Raumrichtung vollständig orientierte Faserorientierung. Diese Fälle entsprechen einem isotropen<br />

Materialverhalten und einem bei sehr kleinen Wandstärken dominierenden Materialverhalten.<br />

Die Simulation der Aufbauvariante NCA-Kleben sollte zeigen, welcher Differenzspannungsbereich<br />

für Pocan DP T7140 LDS in diesen beiden Fällen möglich ist.<br />

(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R3/R4 (PN)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

FRx<br />

FRy<br />

FRx Fixed<br />

FRy Fixed<br />

Random3D<br />

(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R5/R6 (PN)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

FRx<br />

FRy<br />

FRx Fixed<br />

FRy Fixed<br />

Random3D<br />

Abbildung 73: Differenzspannungen (SX-SY) für Pocan DP T7140 LDS mit unterschiedlichen Materialorientierungen<br />

50


6 Simulation Verbund<br />

Die Auswertung zu dieser Untersuchung ist in Abbildung 73 dargestellt und zeigte für eine zufällige<br />

Orientierung in allen Raumrichtungen (Random3D) wie zu erwarten eine Differenzspannung<br />

von Null bei R3/R4. Die höchsten Spannungen stellten sich erwartungsgemäß für eine<br />

vollständige Orientierung in einer Raumrichtung ein, da der Grad der Materialanisotropie in<br />

diesem Fall maximal ist. Bei vollständiger Orientierung lagen die Spannungen bei 90 °C und Orientierung<br />

der Fließrichtung in y-Richtung um ca. 16% höher als im Ausgangsfall. Im Falle eines<br />

isotropen Materialverhaltens lagen die Spannungen bei R5/R6 um 53% niedriger. Aufgrund der<br />

Beobachtungen zur Faserorientierung in [29] ist zu erwarten, dass die Differenzspannungen in<br />

beiden Fällen höher liegen, da die Ausrichtung der Fasern in SIGMA-thermoplast höher als in<br />

der Realität eingeschätzt wird. Dennoch verdeutlichen die Ergebnisse, dass die Platzierung der<br />

Elemente auf dem 3D-Bauteil einen maßgeblichen Einfluss auf den im Nacktchip eingeprägten<br />

Spannungszustand hat.<br />

ICA-Kleben<br />

Studbumps und ICA mussten in der Analyse der Foliensubstrate vernachlässigt werden, da diese<br />

bei der Modellerstellung zu Problemen führten. Im Vergleich zur Variante NCA-Kleben (siehe<br />

Abbildung 72) zeigen die in Abbildung 74 dargestellten Ergebnisse einen ähnlichen Verlauf.<br />

(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R3/R4 (ICA-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VI FRx<br />

VI FRy<br />

PI FRx<br />

PI FRy<br />

UI<br />

EI<br />

(SX-SY) / MPa<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R5/R6 (ICA-Variante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

Abbildung 74: Differenzspannungen (SX-SY) für FC-Kleben (ICA) auf MID-Substrat<br />

T / °C<br />

VI FRx<br />

VI FRy<br />

PI FRx<br />

PI FRy<br />

UI<br />

EI<br />

Die Ergebnisse werden im Vergleich mit den anderen Aufbauvarianten im Folgenden näher erläutert.<br />

Löten<br />

Bei der Aufbauvariante Löten ist der Stand-Off des Chips aufgrund der Lotballs größer als bei<br />

den Varianten Flip-Chip-Kleben. Daher wäre es denkbar, dass sich lokale Spannungserhöhungen<br />

durch die Lötstellen stärker auf die Spannungen im Bereich der Sensorpositionen auswirken.<br />

Die den Berechnungen zugrunde liegende Geometrie ist in Abbildung 75 dargestellt.<br />

51


6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 75: Geometriemodell für FC-Löten auf ebenem MID-Substrat Pocan DP T7140 LDS<br />

Die Auswertung der Geometrie erfolgte einerseits bezüglich der Spannungen im Chip und andererseits<br />

hinsichtlich des Ausfallverhaltens. Letzteres wird in einem der folgenden Abschnitte<br />

näher behandelt wird.<br />

(SX-SY) / MPa<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R3/R4 (Lötvariante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-60<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VL FRx<br />

VL FRy<br />

PL FRx<br />

PL FRy<br />

FL<br />

UL<br />

EL<br />

(SX-SY) / MPa<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Differenzspannung R5/R6 (Lötvariante)<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

-60<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

Abbildung 76: Differenzspannungen (SX-SY) für FC-Löten auf MID- und Foliensubstrat<br />

T / °C<br />

VL FRx<br />

VL FRy<br />

PL FRx<br />

PL FRy<br />

FL<br />

UL<br />

EL<br />

Nach Auswertung der Differenzspannungen (siehe Abbildung 76) ist erkennbar, dass ein ähnliches<br />

Verhalten wie bei den Varianten Flip-Chip-Kleben vorlag. Zum Vergleich mit MID- und flexiblen<br />

Substraten wurde ebenfalls ein FR4-Substrat untersucht. Die höchsten Differenzspannungen<br />

lagen wie bei den zuvor behandelten Aufbauten bei Pocan DP T7140 LDS vor, die<br />

niedrigsten bei FR4.<br />

Vergleich der Differenzspannungen bei den Varianten<br />

Im Folgenden werden die Differenzspannungen aller Aufbauvarianten gruppiert in Aufbauten<br />

auf MID-Substraten und flexiblen Substraten miteinander verglichen.<br />

Abbildung 77 stellt den Vergleich für MID-Substrate dar. Hierbei fällt auf, dass die Graphen für<br />

die Flip-Chip-Varianten nur geringfügig voneinander abweichen. Eine mögliche Erklärung hierfür<br />

ist die maßgebliche Bestimmung des Deformationsverhaltens durch das steife MID-Substrat.<br />

Die Höhe des Underfillers sowie die höhere Steifigkeit der Lotballs besitzen hinsichtlich der Differenzspannungen<br />

bei MID-Substraten nur einen untergeordneten Charakter.<br />

52


|SX-SY| / MPa<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Differenzspannung R3/R4<br />

0<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VI FRx<br />

VN FRx<br />

VB FRx<br />

VL FRx<br />

PI FRx<br />

PN FRx<br />

PB FRx<br />

PL FRx<br />

|SX-SY| / MPa<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Differenzspannung R5/R6<br />

0<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

6 Simulation Verbund<br />

VI FRx<br />

VN FRx<br />

VB FRx<br />

VL FRx<br />

PI FRx<br />

PN FRx<br />

PB FRx<br />

PL FRx<br />

Abbildung 77: Vergleich der Differenzspannungen (SX-SY) bei allen Aufbauvarianten auf MID-<br />

Substraten und Ausrichtung der x-Achse in Fließrichtung<br />

Die Drahtbondvariante führte insbesondere im Temperaturbereich über 20 °C zu den kleinsten<br />

Differenzspannungen. Im Gegensatz zu den Flip-Chip-Aufbauten zeigte sich gerade bei Messposition<br />

R5/R6 die niedrige Glasübergangstemperatur des ICA durch einen Spannungsabfall ab<br />

ca. 40 °C. Im Temperaturbereich unterhalb von 20 °C zeigten die Drahtbondaufbauten auf MID<br />

geringfügig höhere Spannungen als die Flip-Chip-Aufbauten bei Messposition R5/R6. Die Abhängigkeit<br />

der Normalspannung in y-Richtung bei allen Aufbauvarianten auf MID-Substraten<br />

wird in Abbildung 78 dargestellt.<br />

|SY| / MPa<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Normalspannung R3/R4<br />

0<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VI FRx<br />

VN FRx<br />

VB FRx<br />

VL FRx<br />

PI FRx<br />

PN FRx<br />

PB FRx<br />

PL FRx<br />

FL<br />

|SY| / MPa<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Normalspannung R5/R6<br />

0<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

VI FRx<br />

VN FRx<br />

VB FRx<br />

VL FRx<br />

PI FRx<br />

PN FRx<br />

PB FRx<br />

PL FRx<br />

FL<br />

Abbildung 78: Vergleich der Normalspannung SY bei allen Aufbauvarianten auf MID-Substraten<br />

und Ausrichtung der x-Achse in Fließrichtung<br />

Bei Pocan DP T7140 LDS ist deutlich der Einfluss des Glasübergangs erkennbar. Zum Vergleich<br />

ist auch die Normalspannung �y für die Lötvariante auf FR4-Substrat aufgeführt, welche ähnliche<br />

Werte wie auf Vectra-Substrat besitzt. Die Normalspannungen bei den Drahtbondaufbauten<br />

betragen ungefähr nur 1/3 derer bei den Flip-Chip-Aufbauten.<br />

Der Vergleich der Aufbauvarianten auf flexiblen Substraten ist in Abbildung 79 dargestellt.<br />

53


|SX-SY| / MPa<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Differenzspannung R3/R4<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

UI<br />

UN<br />

UB<br />

UL<br />

EI<br />

EN<br />

EB<br />

EL<br />

|SX-SY| / MPa<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Differenzspannung R5/R6<br />

6 Simulation Verbund<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

Abbildung 79: Vergleich der Differenzspannungen (SX-SY) bei allen Aufbauvarianten auf flexiblen<br />

Substraten<br />

Anhand der Ergebnisse zeigte sich, dass die LCP-Folie ULTRALAM® 3000 zu niedrigeren Differenzspannungen<br />

führt als die ESPANEX® SB II PI-Folie. Bezüglich der Varianten FC-Kleben und<br />

FC-Löten zeigte sich, dass bei flexiblen Substraten die ICA-Variante die kleinsten Differenzspannungen<br />

der FC-Aufbauten aufwies. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung könnte ein<br />

maßgeblicher Einfluss des Underfiller aufgrund der geringen Foliendicke darstellen. Da der CTE<br />

von Hysol® FP4511 nur ca. 1/3 dessen von DELO-MONOPOX® MK055 beträgt, ist die eingeprägte<br />

Spannung im Chip bei gleichbleibendem Stand-Off geringer. Es fällt auf, dass die Ergebnisse<br />

der Variante Löten mit der Variante NCA-Kleben vergleichbar sind obwohl unterschiedliche<br />

Underfillermaterialien genutzt wurden. Bei den Drahtbondvarianten lagen unterhalb von 20 °C<br />

die niedrigsten Spannungen in den Aufbauten vor. Bei Temperaturen im Bereich 40 °C bis 60 °C<br />

wechselt dieses Verhalten und zeigte ab 60 °C höhere Spannungen als die FC-Aufbauten.<br />

|SX| / MPa<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Normalspannung R3/R4<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

T / °C<br />

UI<br />

UN<br />

UB<br />

UL<br />

EI<br />

EN<br />

EB<br />

EL<br />

|SX| / MPa<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

T / °C<br />

Normalspannung R5/R6<br />

-40 -20 0 20 40 60 80 100<br />

Abbildung 80: Vergleich der Normalspannung SX bei allen Aufbauvarianten auf flexiblen Substraten<br />

Da die Differenzspannung lediglich einen Spannungsunterschied zwischen verschiedenen Richtungen<br />

darstellt, ist in Abbildung 80 der Betrag der Normalspannung in x-Richtung dargestellt.<br />

In der Grafik sind die nichtlineare Temperaturabhängigkeit der Normalspannung im Bereich ab<br />

20 °C und der Unterschied zwischen den beiden Folientypen besser erkennbar.<br />

54<br />

T / °C<br />

UI<br />

UN<br />

UB<br />

UL<br />

EI<br />

EN<br />

EB<br />

EL<br />

UI<br />

UN<br />

UB<br />

UL<br />

EI<br />

EN<br />

EB<br />

EL


6 Simulation Verbund<br />

Als bisheriges Fazit der Untersuchungen hinsichtlich der induzierten Differenzspannungen können<br />

folgende Punkte aufgeführt werden:<br />

� Die LCP-Substrate induzieren niedrigere Spannungen im Chip als das jeweils andere<br />

MID- oder Flex-Substratmaterial.<br />

� Vectra® E840i LDS induziert im Temperaturbereich ab 20 °C vergleichbare Normalspannungen<br />

in y-Richtung wie FR4.<br />

� Beim Drahtbond-Layout erfährt die Sensorchipfläche im Mittel die kleinsten Differenzspannungen,<br />

was auf den Glasübergang des ICA als auch auf die weitere Entfernung der<br />

Sensorfläche zum Materialverbund zurückgeführt werden kann.<br />

� Bei Flip-Chip-Aufbauten können die Differenzspannungen im Chip in guter Näherung<br />

durch einen Aufbau aus Substrat, Underfiller und Chip ohne weitere Verbindungselemente<br />

berechnet werden.<br />

� Bei Flip-Chip-Aufbauten auf MID-Substraten werden die Spannungen maßgeblich durch<br />

die Wahl des Substratwerkstoffes bestimmt, bei Flip-Chip-Aufbauten auf flexiblen Substraten<br />

durch die Wahl des Underfiller bzw. Die-attach.<br />

� Die Platzierung der Elemente auf einer räumlichen elektronischen Baugruppe besitzt in<br />

Abhängigkeit der Materialorientierung einen maßgeblichen Einfluss auf den im Nacktchip<br />

eingeprägten Spannungszustand.<br />

6.2.3 Lebensdauerprognose FC-Löten<br />

Zur Prognose der Ausfallstellen wurde die Aufbauvariante Löten ohne und mit Underfiller bei<br />

Temperaturbelastung untersucht. Es wurden zwei Temperaturprofile untersucht – gegebene<br />

Solltemperaturen und durch thermische Zeitkonstante erreichte Temperatur. Die thermische<br />

Zeitkonstante �th wurde über ein Ersatzmodell aus Chip mit Underfiller ohne Lötverbindungen<br />

auf starrem Substrat im Rahmen von Voruntersuchungen bestimmt. Hierbei wurden Temperaturen<br />

in der Mitte des Chips, des Underfiller und des Substrates als Ausgabegrößen verglichen.<br />

Zum Einprägen der Temperatur in das thermisch-transiente FE-Modell wurde ein Wärmeübergangskoeffizient<br />

h = 10 W/(m² K) für Konvektion angenommen. Die Voruntersuchungen haben<br />

gezeigt, dass die Maximal- und Minimaltemperaturen innerhalb der Baugruppe mit ca. 0,5 °C<br />

nur unwesentlich voneinander abweichen. Daher kann ein Temperaturprofil für die ges<strong>am</strong>te<br />

Baugruppe definiert werden. Weiterhin konnte auf Basis des thermisch-transienten FE-Modells<br />

ein strukturanaloges Netzwerkmodell aus thermischen Widerständen und Kapazitäten in<br />

LTspice IV aufgebaut werden, um das transiente Verhalten der Baugruppe in Näherung zu beschreiben<br />

(siehe Abbildung 81). Aus den Analysen für Vectra® E840i LDS, Pocan DP T7140 LDS<br />

und FR4 wurde in guter Näherung eine einheitliche Zeitkonstante �th = 251 s zur Lebensdauerprognose<br />

ermittelt (siehe Abbildung 82).<br />

55


R7<br />

R8<br />

Amb Amb<br />

{Rh_dt}<br />

{Rh_sb}<br />

R1<br />

{Rth_die}<br />

R9<br />

{Rh_ds}<br />

C1<br />

{Cth_die}<br />

Amb<br />

T_die<br />

R2<br />

{Rth_die}<br />

C2<br />

{Cth_die}<br />

R3<br />

{Rth_adh}<br />

C3<br />

{Cth_adh}<br />

R4<br />

{Rth_adh}<br />

C4<br />

{Cth_adh}<br />

R5<br />

{Rth_sub_u}<br />

C5<br />

{Cth_sub_u}<br />

Cdie<br />

R10<br />

{Rh_as}<br />

Cadh Csub<br />

.par<strong>am</strong> h = 10<br />

.par<strong>am</strong> Rh_dt = {1/(h*W_die*L_die)}<br />

.par<strong>am</strong> Rh_ds = {1/(h*(2*T_die*(W_die+L_die)))}<br />

.par<strong>am</strong> Rh_as = {1/(h*(2*T_adh*(W_die+L_die)))}<br />

.par<strong>am</strong> Rh_sb = {1/(h*(W_die+T_sub)*(L_die+T_sub))}<br />

Amb<br />

T_adh<br />

.par<strong>am</strong> T_adh = 0.137e-3<br />

.par<strong>am</strong> rho_adh = 1800<br />

.par<strong>am</strong> cp_adh = 1850<br />

.par<strong>am</strong> l<strong>am</strong>_adh = 0.21<br />

.par<strong>am</strong> Rth_adh = {T_adh/2/(W_die*L_die)/l<strong>am</strong>_adh}<br />

.par<strong>am</strong> Cth_adh = {cp_adh*rho_adh*W_die*L_die*T_adh/2}<br />

T_sub<br />

R6<br />

{Rth_sub_l}<br />

C6<br />

{Cth_sub_l}<br />

Ambient temperature profile according to IPC-9701-3-1<br />

Amb<br />

V2<br />

6 Simulation Verbund<br />

.par<strong>am</strong> Ts_max = 150 upper temperature in °C<br />

.par<strong>am</strong> Ts_min = -40 lower temperature in °C<br />

.par<strong>am</strong> td_max = 179/6 upper dwell time in min<br />

.par<strong>am</strong> td_min = 179/6 lower dwell time in min<br />

.par<strong>am</strong> tr_2max = 1/6 r<strong>am</strong>p time from lower to upper temperature in min<br />

.par<strong>am</strong> tr_2min = 1/6 r<strong>am</strong>p time from upper to lower temperature in min<br />

.tran 0 {(tr_2max+td_max+tr_2min+td_min)*60} 0 60 startup<br />

Die/Chip Adhesive/Solder Substrate Temperature cycle<br />

INFO - Thermal analysis of bare silicon die glued to LCP substrate.<br />

- thermal cycle conditions according to IPC-9701<br />

- thermal load applied via convection (coefficient h = 10 W/(m² K))<br />

- current material choice:<br />

* die ... silicon<br />

* adhesive ... HYSOL FP4511 (cp and l<strong>am</strong> from DELO MONOPOX MK055)<br />

.par<strong>am</strong> T_sub = <strong>1.</strong>5e-3<br />

* substrate ... LCP, type Vectra E840i LDS by Ticona<br />

.par<strong>am</strong> rho_sub = 1710<br />

.par<strong>am</strong> T_die = 0.292e-3 W_die = 4.2e-3 L_die = 4.2e-3 .par<strong>am</strong> cp_sub = 1649<br />

T... thickness of body<br />

.par<strong>am</strong> rho_die = 2329<br />

.par<strong>am</strong> l<strong>am</strong>_sub = 0.46<br />

W... width of body<br />

.par<strong>am</strong> cp_die = 702<br />

.par<strong>am</strong> Rth_sub_u = {T_sub/2/((W_die+T_sub/2)*(L_die+T_sub/2))/l<strong>am</strong>_sub} L... length of body<br />

.par<strong>am</strong> l<strong>am</strong>_die = 124<br />

.par<strong>am</strong> Rth_sub_l = {T_sub/2/((W_die+3*T_sub/2)*(L_die+3*T_sub/2))/l<strong>am</strong>_sub} h... convection heat transfer coefficient<br />

.par<strong>am</strong> Rth_die = {T_die/2/(W_die*L_die)/l<strong>am</strong>_die} .par<strong>am</strong> Cth_sub_u = {cp_sub*rho_sub*(W_die+T_sub/2)*(L_die+T_sub/2)*T_sub/2} rho... density of body<br />

.par<strong>am</strong> Cth_die = {cp_die*rho_die*W_die*L_die*T_die/2} .par<strong>am</strong> Cth_sub_l = {cp_sub*rho_sub*(W_die+3*T_sub/2)*(L_die+3*T_sub/2)*T_sub/2} cp... specific heat at constant pressure of body<br />

l<strong>am</strong>... thermal conductivity of body<br />

Abbildung 81: thermisch analoges Netzwerkmodell der Baugruppe mit starrem Substrat zur<br />

Abschätzung des thermischen Baugruppenverhaltens<br />

T / °C<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

Temperaturprofil für <strong>ZUMIKROSYS</strong> Lötvariante<br />

0 600 1200 1800 2400 3000 3600<br />

t / s<br />

VL UF PL UF FL UF fit MW Soll<br />

Quelle: <strong>HSG</strong>-<strong>IMAT</strong><br />

Abbildung 82: Über thermisch analoges Netzwerkmodell ermittelte Temperaturprofile zur Lebensdauerprognose<br />

Abbildung 82 stellt die Solltemperatur mit einer Haltezeit von 30 min entsprechend 1800 s und<br />

einer Umlagerungszeit von 10 s dar. Temperaturschwankungen aufgrund eines Temperaturausgleichs<br />

beim Umlagern wurden in der Näherungslösung nicht berücksichtigt.<br />

In der Lebensdauerprognose werden die Zyklen bis zum Ausfall der kritischen Verbindung mit<br />

Solltemperaturprofil und Temperaturprofil mit Zeitkonstante �th = 251 s berechnet. Ein Kohäsionsbruch<br />

des Lotes wurde als dominierender Ausfallmechanismus angenommen. Bei Lötverbindungen<br />

kann aufgrund einer homologen Temperatur Th = T [K] / Tm [K] > 0,5 (mit Schmelz-<br />

56


6 Simulation Verbund<br />

temperatur Tm) bei Raumtemperatur davon ausgegangen werden, dass Kriechen den dominierenden<br />

Ausfallmechanismus der irreversiblen nichtelastischen Dehnung darstellt. Aufgrund<br />

dessen wurde ein Garofalo-Kriechgesetz als Materialmodell des Lotes verwendet und die Lebensdauer<br />

nach der Coffin-Manson-Gleichung für Versagen im niederzyklischen Bereich abgeschätzt.<br />

Die Par<strong>am</strong>eter des sekundären Kriechgesetztes und der Coffin-Manson-Gleichung wurden<br />

[25] entnommen. Danach kann die Anzahl von Zyklen bis zum Versagen � über die<br />

Gleichung:<br />

� �<br />

4,<br />

5<br />

�<br />

� � 295 , 1 akk �<br />

��<br />

cr (10)<br />

in Abhängigkeit des über den angenommenen Risspfad gemittelten Kriechdehninkrementes<br />

über einen Temperaturzyklus abgeschätzt werden. Die Par<strong>am</strong>eterwerte 4,5 und -1,295 sind abhängig<br />

von der gewählten Auswertemethode und den gewählten Randbedingungen der Simulation.<br />

Daher ist die prognostizierte Lebensdauer ohne Anpassung der Par<strong>am</strong>eter an experimentelle<br />

Versuchsreihen lediglich als Vergleichswert anzusehen. Es wurde davon ausgegangen, dass<br />

der höchstbelastete Lotball die Lebensdauer der Baugruppe bestimmt. In Abbildung 83 ist die<br />

Verteilung der äquivalenten Kriechdehnung über die Lotballs für einen Aufbau ohne Underfiller<br />

und Solltemperaturprofil dargestellt.<br />

Fließrichtung<br />

DNP<br />

Auswertung<br />

Abbildung 83: Verteilung der äquivalenten Kriechdehnung über den Lotballs zeigt bei FC-Löten<br />

eine stärkere Belastung der Balls an den Chipkanten parallel zur Fließrichtung.<br />

Auswertung hier für Pocan ohne Underfiller.<br />

Wie zu erwarten, war der höchstbelastete Lotball derjenige mit der größten Entfernung zum<br />

dehnungsneutralen Punkt (DNP). Die Lebensdauer wurde daher für den in Abbildung 83 mit<br />

„Auswertung“ gekennzeichneten Lotball durchgeführt. Bei der Kriechdehnverteilung fiel auf,<br />

dass die Fließrichtung des LDS-Polymers einen maßgeblichen Einfluss auf die Belastung der<br />

Lotballs hatte. Die Lotballs an den Kanten parallel zur Fließrichtung waren höher belastet als die<br />

quer zur Fließrichtung. Die Ursache hierfür liegt in der höheren Ausdehnung des MID-Substrats<br />

normal zur Fließrichtung.<br />

57


6 Simulation Verbund<br />

Für den auszuwertenden Lotball wird in Abbildung 84 die Kriecharbeit im Schnitt dargestellt.<br />

Kleine Werte wurden grau dargestellt, um den vermutlichen Risspfad farbig zu kennzeichnen.<br />

Dieser deutet auf einen schalenförmigen Verlauf des Risses bei einem Aufbau ohne Underfiller.<br />

Da der Risspfad in der Mitte des Schnittes noch einen Abstand zur Chipmetallisierung besitzt, ist<br />

ein Kohäsionsbruch des Lotes zu erwarten.<br />

Risspfad<br />

Abbildung 84: Akkumulierte Kriecharbeit bei Aufbau ohne Underfiller deutet auf schalenförmigen<br />

Kohäsionsbruch des Lotes nahe Chipinterface. Über ein Auswerteskript werden<br />

die Elemente im Risspfad automatisch ausgewählt.<br />

Zur Auswahl der Elemente entlang des Risspfades wurde ein Auswerteskript erstellt. Dieses<br />

prüft zunächst den kleinsten und größten Wert der Kriechdehung (�cr, min und �cr,max) in allen<br />

Elementen des auszuwertenden Lotballs. Im Anschluss werden die Elemente gewählt deren<br />

Knotenwerte im Bereich zwischen 0,3 bis 0,9·(�cr,max- �cr, min)+ �cr, min liegen. Die Elementauswahl<br />

zeigt, dass aufgrund von Singularitäten auch Elemente an der Substratmetallisierung gewählt<br />

werden, die nicht im Risspfad liegen (siehe Abbildung 84 links unten im Lotvolumen). Diese liefern<br />

jedoch keinen großen Beitrag zum Durchschnittswert des Kriechdehninkrements und sind<br />

daher vernachlässigbar. Die Wahl der Netzgröße und des o. g. Bereiches beeinflusst die Elementauswahl<br />

und d<strong>am</strong>it die zu erwartende Lebensdauer der Verbindung.<br />

Mit Underfiller zeigte sich ein anderes Ausfallverhalten. Dieses wird im Folgenden über<br />

Abbildung 85 erläutert. Bei Verwendung von Underfiller wird ein großer <strong>Teil</strong> der Belastung<br />

durch diesen aufgenommen. Daher war die akkumulierte Kriechdehnung kleiner und somit eine<br />

höhere Lebensdauer zu erwarten. Außerdem zeigte sich ein anderer Verlauf des Risspfades,<br />

welcher in der Nähe der Chipmetallisierung verlief und auf einen Adhäsions- oder Mischbruch<br />

hinwies. Bei Auftreten eines Adhäsionsbruchs ist ein früheres Versagen zu erwarten, da das vor<br />

der Metallisierung liegende Lot nicht reißen sondern sich die Metallisierung kurzzeitig ablösen<br />

würde.<br />

58


Risspfad<br />

6 Simulation Verbund<br />

Abbildung 85: Auswertung der akkumulierten Kriecharbeit bei Aufbau mit Underfiller deutet auf<br />

Mischbruch nahe Chipinterface.<br />

In Tabelle 3 sind die Lebensdauern für einzelne Substrattypen für beide Temperaturprofile und<br />

das Experiment aufgeführt.<br />

Tabelle 3: Vergleich der geschätzten Lebensdauern von FC-Lötaufbauten ohne und mit<br />

Underfiller für Solltemperaturprofil, Temperaturprofil mit Zeitkonstante und<br />

Experiment<br />

Temperaturprofil<br />

Underfiller<br />

Pocan DP T7140<br />

LDS<br />

�<br />

Soll<br />

ohne<br />

�<br />

Soll<br />

mit<br />

�<br />

�th<br />

ohne<br />

�<br />

�th<br />

mit<br />

�DC<br />

Exp.<br />

ohne<br />

�<br />

Exp.<br />

ohne<br />

15 1000 13 1194 25 29<br />

Vectra® E840i LDS 94 1243 87 1510 163 254<br />

FR4 95 1246 92 1540 287 318<br />

ESPANEX® SB II 158 2500 - - 101 164<br />

ULTRALAM® 3000 238 2443 - - 220 268<br />

Die numerische Lebensdauerprognose zeigte eine nahezu vergleichbare Lebensdauer von Aufbauten<br />

auf FR4 und Vectra® E840i LDS. Ohne Underfill zeigten Lötaufbauten auf Pocan eine<br />

sehr niedrige Lebensdauer von nur wenigen Zyklen, was sich auf den großen thermischen Ausdehnungskoeffizienten<br />

des Materials zurückführen lässt. Bei allen Lötaufbauten sollte daher ein<br />

Underfillprozess durchgeführt werden, um die Lebensdauer zu erhöhen.<br />

59


60<br />

6 Simulation Verbund<br />

Mit Underfiller wurden Lebensdauern � ≥ 1000 Zyklen erreicht, die in einem für Flip-Chip-<br />

Aufbauten üblichen Bereich liegen und plausibel erschienen. Ein Auswerteskript, welches die<br />

Kriechdehninkremente entlang des Risspfades auswertet, scheint daher zur Lebensdaueraussage<br />

geeignet zu sein. Durch Verwendung eines Temperaturprofils mit einheitlicher Zeitkonstante<br />

�th = 251 s ergaben sich mit Underfiller um ca. 21 % größere erreichbare Zyklenzahlen als mit<br />

Solltemperaturprofil. Diese können dadurch erklärt werden, dass die obere Haltetemperatur<br />

mit größerer Kriechdehnung erst später erreicht wird. Bei Aufbauten ohne Underfiller waren<br />

die Lebensdauern mit thermischer Zeitkonstante tendenziell kleiner, wichen aber nur geringfügig<br />

ab. Bei allen Aufbauten ohne Underfiller sollten laut numerischer Lebensdauerprognose<br />

Ausfälle durch Kohäsionsbruch bis 250 Zyklen zu beobachten sein. Dieses Verhalten konnte<br />

durch die Online-Messungen der experimentellen Temperaturschockests bei PA-Mitglied Binder<br />

Elektronik GmbH teilweise bestätigt werden.

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