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(2002: 27), „die etatistische Fixierung mancher institutioneller Steuerungsansätze ebenso überwunden werden [...] wie die Ohnmachtpostulate der Systemtheorie.“ Für den Begriff governance gibt es „keine Lehrbuchdefinition“ (Benz: 2004, 12), er gehört „zu den komplexesten Begriffen der Sozialwissenschaften“ (ebd.:15). Ein weiter und ein engerer Begriff können unterschieden werden, zum einen „Governance als Koordination und Steuerung interdependenter Handlungen gesellschaftlicher Akteure“ (ebd.: 17) 119 , zum anderen als „netzwerkartige Strukturen des Zusammenwirkens staatlicher und privater Akteure“ (ebd.: 18). 120 Gegenüber der lange vorherrschenden Trennung von gesellschaftlicher Selbstregelung und politischer Steuerung in der Tradition einer trennenden Sichtweise von Staat und Gesellschaft wird „durch den umfassenderen Begriff der 'Regelung' ('governance') [...] die Variationsbreite empirisch möglicher Konstellationen von Steuerung und Selbstorganisation“ beschrieben (Mayntz/Scharpf: 1995, 16). Diese reicht von rein staatlichen bis zu rein Intervention in Handlungsfelder bzw. die Lenkung des Verhaltens von Akteuren, um Änderungen in Richtung auf festgelegte Ziele zu erreichen“ (Benz: 2004, 20). Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit Fragen politischer Steuerung und Steuerbarkeit war in den 1960er Jahren die These vom Staatsversagen. Sie bezog sich auf die wahrgenommenen Defizite in der Erfüllung dreier zentraler Staatszwecke, der Ordnungs-, Wohlfahrtssicherungs- und Gestaltungsfunktion (vgl. Mayntz: 1987, 186) und beschäftigte sich in der Hauptsache mit Fragen nach deren Ursachen und Handlungsalternativen. Zur Entwicklung der steuerungstheoretischen Debatte in den Politikwissenschaften vgl. Botzem: 2002,3-7; Heinelt: 2004, 31-35; Mayntz: 1987; 2004, 2ff; 2004a, 67f.. Zur Frage, ob es sich beim Governance- Ansatz um eine Weiterentwicklung des steuerungstheoretischen Paradigmas oder etwas Neues handelt vgl. Mayntz: 2004. Dort wird argumentiert, dass governance die Aufmerksamkeit auf „andere Aspekte der politischen Wirklichkeit“ legt. Gegenüber der Akteurszentrierung in der Steuerungstheorie sei der Governance-Ansatz institutionalistisch angelegt (ebd.: 1). Beide Ansätze „schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können sich gegenseitig ergänzen (ebd.: 7). Heinelt (2004: 30ff.) verweist darauf, dass zentrale Aspekte von governance in der lokalen Politikforschung schon lange, das heißt bereits in den 1980er Jahren, thematisiert wurden. 119 Ein Beispiel für eine Definition im weiten Verständnis wurde von der Commission on Global Governance vorgelegt (zitiert nach Schneider/Kenis: 1996, 39): „Governance ist die Gesamtheit der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, durch den kontroverse oder unterschiedliche Interessen ausgeglichen und kooperatives Handeln initiiert werden kann. Der Begriff umfasst sowohl formelle Institutionen und mit Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch informelle Regelungen, die von Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen Interesse liegend angesehen werden.“ 120 Diesem engen Verständnis kann der government-Begriff als „autonome Tätigkeit einer Regierung“ gegenübergestellt werden (Benz: 2004, 18; vgl. auch Mayntz: 2004, 6). Für weitere Definitionsversuche: Heinelt: 2002, 15; Kooiman: 2002, 73; Schmitter: 2002, 53. Eine Systematisierung der Governance-Ansätze mit einer Unterscheidung von normativem und analytischem Analysezugang sowie produktivem versus skeptischem Steuerungsverständnis findet sich in Botzem: 2002, 21. Mayntz (2004a: 66) formuliert die beiden Bedeutungen von governance wie folgt: „im allgemein gesellschaftstheoretischen Kontext als Oberbegriff für die verschiedenen Formen sozialer Handlungskoordination (Hierarchie, Markt, Gemeinschaft, Organisationen), im Kontext internationaler und bald auch nationaler Politik zur Bezeichnung nicht-hierarchischer und nicht lediglich staatlicher Regelung.“ Governance umfasst damit sowohl Struktur- als auch Prozessaspekte (Mayntz: 2004, 5). Bei Rhodes findet sich eine dritte Verwendungsweise: „Governance als Metapher für die Veränderung des Verhältnisses von 83

zivilgesellschaftlichen Regelungsformen (Mayntz: 2004a: 68). Die „Sphäre des Politischen“ wird „in die Gesellschaft hinein ausgedehnt“ (Heinelt: 2004, 30). Staat, Markt und Netzwerke oder Gemeinschaften gelten im Governance-Kontext als „institutionelle Regelungsmechanismen, die in variablen Kombinationen genutzt werden“ können (Benz: 2004, 20) und in denen auch die diesen drei Institutionen typischerweise zugeschriebenen Steuerungsmechanismen Hierarchie, Wettbewerb und Verhandlung flexibel oder nebeneinander zum Einsatz kommen, wobei der Begriff letztlich vor allem „die gewachsene Bedeutung von Verhandlungen und Verhandlungssystemen für die Entwicklung und Implementation von Politik [...] unterstreicht“ (Mayntz: 2004a, 71). Darüber hinaus „ist es zweckmäßig, den Begriff auf einzelne Kontexte bezogen zu definieren“ (Benz: 2004, 21). Als konstanten „Begriffskern“ identifiziert Benz (2004: 25) folgende vier Punkte: „1. Governance bedeutet Steuern 121 und Koordinieren (oder auch Regieren) mit dem Ziel des Managements von Interdependenzen zwischen (in der Regel kollektiven) Akteuren. 2. Steuerung und Koordination beruhen auf institutionalisierten Regelsystemen, welche das Handeln der Akteure lenken sollen, wobei in der Regel Kombinationen aus unterschiedlichen Regelsystemen (Markt, Hierarchie, Mehrheitsregel, Verhandlungsregeln) vorliegen. 122 3. Governance umfasst auch Interaktionsmuster und Modi kollektiven Handelns, welche sich im Rahmen von Institutionen ergeben (Netzwerke, Koalitionen, Vertragsbeziehungen, wechselseitige Anpassung im Wettbewerb). 4. Prozesse des Steuerns bzw. Koordinierens sowie Interaktionsmuster, die der Governance-Begriff erfassen will, überschreiten in aller Regel Organisationsgrenzen, insbesondere aber auch die Grenze von Staat und Gesellschaft, die in der politischen Praxis fließend geworden sind. Politik in diesem Sinne findet normalerweise im Zusammenwirken staatlicher und nichtstaatlicher Akteure (oder von Akteuren innerhalb und außerhalb von Organisationen) statt.“ 123 Schließlich verweist Benz (ebd.: 27) darauf, dass sich „mit der analytischen Perspektive des Governance-Begriffs [...] keine bestimmte Theorie“ verbinde. Vielmehr privater und staatlicher Autorität hinsichtlich [...] veränderter Bedingungen (rechts-) staatlicher Herrschaft (Vgl. Botzem: 2002, 19; Rhodes: 2000, 55). Diese soll hier unberücksichtigt bleiben. 121 Mayntz (2004a: 67) zufolge bedeutet governance „immer absichtsvolles Handeln im öffentlichen Interesse“. Der Aspekt des Absichtsvollen ist im Begriff des „Steuerns“ bei Benz implizit enthalten. 122 „Die institutionelle Struktur von Governance kann Elemente von Markt, Hierarchie, Netzwerken und Gemeinschaften enthalten. Koordinations- und Steuerungsmechanismen verbinden Wettbewerb, Tausch, einseitige Machtausübung, Verhandlungen, Vertrauen, einseitige bzw. wechselseitige Anpassung u.a. in unterschiedlichen Kombinationen“ (vgl. Benz u.a. in Vorwort zu Benz (Hg.): 2004, 5). 84

(2002: 27), „die etatistische Fixierung mancher institutioneller Steuerungsansätze<br />

ebenso überwunden werden [...] wie die Ohnmachtpostulate der Systemtheorie.“<br />

Für den Begriff governance gibt es „keine Lehrbuchdefinition“ (Benz: 2004, 12), er<br />

gehört „zu den komplexesten Begriffen der Sozialwissenschaften“ (ebd.:15). Ein weiter<br />

und ein engerer Begriff können unterschieden werden, zum einen „Governance als<br />

Koordination und Steuerung interdependenter Handlungen gesellschaftlicher Akteure“<br />

(ebd.: 17) 119 , zum anderen als „netzwerkartige Strukturen des Zusammenwirkens<br />

staatlicher und privater Akteure“ (ebd.: 18). 120 Gegenüber der lange vorherrschenden<br />

Trennung von gesellschaftlicher Selbstregelung und politischer Steuerung in der<br />

Tradition einer trennenden Sichtweise von Staat und Gesellschaft wird „durch den<br />

umfassenderen Begriff der 'Regelung' ('governance') [...] die Variationsbreite empirisch<br />

möglicher Konstellationen von Steuerung und Selbstorganisation“ beschrieben<br />

(Mayntz/Scharpf: 1995, 16). Diese reicht von rein staatlichen bis zu rein<br />

Intervention in Handlungsfelder bzw. die Lenkung des Verhaltens von Akteuren, um<br />

Änderungen in Richtung auf festgelegte Ziele zu erreichen“ (Benz: 2004, 20). Ausgangspunkt<br />

für die Beschäftigung mit Fragen politischer Steuerung und Steuerbarkeit war in den 1960er<br />

Jahren die These vom Staatsversagen. Sie bezog sich auf die wahrgenommenen Defizite in der<br />

Erfüllung dreier zentraler Staatszwecke, der Ordnungs-, Wohlfahrtssicherungs- und<br />

Gestaltungsfunktion (vgl. Mayntz: 1987, 186) und beschäftigte sich in der Hauptsache mit<br />

Fragen nach deren Ursachen und Handlungsalternativen. Zur Entwicklung der<br />

steuerungstheoretischen Debatte in den Politikwissenschaften vgl. Botzem: 2002,3-7; Heinelt:<br />

2004, 31-35; Mayntz: 1987; 2004, 2ff; 2004a, 67f.. Zur Frage, ob es sich beim Governance-<br />

Ansatz um eine Weiterentwicklung des steuerungstheoretischen Paradigmas oder etwas Neues<br />

handelt vgl. Mayntz: 2004. Dort wird argumentiert, dass governance die Aufmerksamkeit auf<br />

„andere Aspekte der politischen Wirklichkeit“ legt. Gegenüber der Akteurszentrierung in der<br />

Steuerungstheorie sei der Governance-Ansatz institutionalistisch angelegt (ebd.: 1). Beide<br />

Ansätze „schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können sich gegenseitig ergänzen<br />

(ebd.: 7). Heinelt (2004: 30ff.) verweist darauf, dass zentrale Aspekte von governance in der<br />

lokalen Politikforschung schon lange, das heißt bereits in den 1980er Jahren, thematisiert<br />

wurden.<br />

119 Ein Beispiel für eine Definition im weiten Verständnis wurde von der Commission on Global<br />

Governance vorgelegt (zitiert nach Schneider/Kenis: 1996, 39): „Governance ist die Gesamtheit<br />

der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre<br />

gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess,<br />

durch den kontroverse oder unterschiedliche Interessen ausgeglichen und kooperatives<br />

Handeln initiiert werden kann. Der Begriff umfasst sowohl formelle Institutionen und mit<br />

Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch informelle Regelungen, die von<br />

Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen Interesse liegend angesehen<br />

werden.“<br />

120 Diesem engen Verständnis kann der government-Begriff als „autonome Tätigkeit einer<br />

Regierung“ gegenübergestellt werden (Benz: 2004, 18; vgl. auch Mayntz: 2004, 6). Für weitere<br />

Definitionsversuche: Heinelt: 2002, 15; Kooiman: 2002, 73; Schmitter: 2002, 53. Eine<br />

Systematisierung der Governance-Ansätze mit einer Unterscheidung von normativem und<br />

analytischem Analysezugang sowie produktivem versus skeptischem Steuerungsverständnis<br />

findet sich in Botzem: 2002, 21. Mayntz (2004a: 66) formuliert die beiden Bedeutungen von<br />

governance wie folgt: „im allgemein gesellschaftstheoretischen Kontext als Oberbegriff für die<br />

verschiedenen Formen sozialer Handlungskoordination (Hierarchie, Markt, Gemeinschaft,<br />

Organisationen), im Kontext internationaler und bald auch nationaler Politik zur Bezeichnung<br />

nicht-hierarchischer und nicht lediglich staatlicher Regelung.“ Governance umfasst damit<br />

sowohl Struktur- als auch Prozessaspekte (Mayntz: 2004, 5). Bei Rhodes findet sich eine dritte<br />

Verwendungsweise: „Governance als Metapher für die Veränderung des Verhältnisses von<br />

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