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2001, 120). Vier Prozent der abhängig Beschäftigten wurden im Laufe der 1990er Jahre arbeitslos (Westdeutschland), während nur 27 Prozent der Arbeitslosen wieder eine Beschäftigung erreichten (ebd.: 142). Etwa ein Achtel der abhängig Beschäftigten wechselte pro Jahr (erfolgreich) den Arbeitsplatz (ebd.: 145). Für Deutschland wurde in den 1990er Jahren eine im europäischen Vergleich niedrige generelle Mobilitätsrate 71 festgestellt. Insbesondere die Übergänge von Arbeitslosigkeit in abhängige Beschäftigung waren vergleichsweise niedrig (vgl. Kruppe: 2000, 14; Miegel u.a.: 2001, 142). Über einen längeren Zeitraum betrachtet hat sich die Struktur von Arbeitslosigkeit seit Bestehen der Bundesrepublik in erster Linie dahingehend verändert, dass sie nicht mehr überwiegend von kurzer Dauer ist oder eine Reihe bestimmter Problemgruppen vorrangig betrifft. Vielmehr steht hinter den absoluten Zahlen jeweils ein Mehrfaches an Zu- und Abgängen in und aus Arbeitslosigkeit (vgl. Krupp: 2002, 8f.). Dies ist zurückzuführen zum einen auf das allgemein erhöhte Risiko Arbeitslosigkeit, zum anderen auf das Phänomen der Mehrfacharbeitslosigkeit, die von mehr oder weniger andauernden Phasen der Beschäftigung unterbrochen ist. 72 So gab es im Jahr 2002 beispielsweise 6,15 Millionen Zugänge in und 5,77 Millionen Abgänge aus den 70er Jahren immer die gleichen Personen eine dauerhafte Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt erfahren (vgl. Ludwig u.a.: 1995, 32). 71 Die Mobilitätsrate ist definiert als Summe der prozentuellen Anteile von Zu- und Abgängen in und aus abhängige(r) Beschäftigung gemessen an allen abhängig Beschäftigten (vgl. Kruppe: 2000, 7). Insgesamt ist die Mobilität und Dynamik am deutschen Arbeitsmarkt im europäischen Maßstab unterdurchschnittlich (vgl. Kruppe: 2000), vgl. auch Berechnungen zu Fluktuationsraten bei Stille (1998: 5f.) oder Düll/Vogler-Ludwig (1998: 22). 72 Eine Längsschnitt-Studie mit vier Befragungen zu (Mehrfach-)arbeitslosigkeit oder „kumulativer Arbeitslosigkeit“ wurde in Deutschland erstmals von Büchtemann/von Rosenbladt (1983) für die Jahre 1973 bis 1982 vorgelegt. Bereits damals wurde deutlich, dass der Blick auf jeweilige Arbeitslosenbestände und –quoten den Blick auf gravierendere, dahinter liegende Probleme zu verstellen droht. So konnte nachgewiesen werden, dass 1977 nur gut jedem zweiten Arbeitslosen eine stabile Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gelang. Ein Drittel der Arbeitslosen startete mit der ersten Arbeitslosigkeit in eine Phase dauerhafter Destabilisierung. Diese bedeutete eben nicht notwendig eine ständig andauernde Arbeitslosigkeit, wohl aber häufig mehrmaligen Arbeitsplatzverlust und damit wiederholte Arbeitslosigkeit (ebd.: 262). Die Durchschnittswerte an Arbeitslosigkeitsdauer im jeweils aktuellen Arbeitslosenbestand wurden dabei in der Längsschnittbetrachtung (wiederum durchschnittlich) um das Drei- bis Vierfache übertroffen (vgl. ebd.: 271). Während sich diese Mehrfacharbeitslosigkeit in den Arbeitslosigkeitsstatistiken nicht niederschlägt, ist sie jedoch ein Indikator für gravierende soziale Probleme, die sich auch in Risiken sozialer Ausgrenzung äußern können. Diese speisen sich in diesem Fall aus der Kumulation des Verbleibsrisikos und des Mehrfacharbeitslosigkeitsrisikos (vgl. ebd.: 273), zwischen denen ein positiver statistischer Zusammenhang besteht. Das heißt, je länger die Arbeitslosigkeit einmal andauert, umso höher ist das Risiko, nach erfolgreicher Aufnahme einer neuen Beschäftigung erneut arbeitslos zu werden. Auf Befragungen basierende Analysen zur Langzeitarbeitslosigkeit führen in der Regel zu höheren Quoten, weil die Betroffenen kurzfristige Unterbrechungen ihrer Arbeitslosigkeit eben nicht als Beendigungen ihrer Arbeitslosigkeit auffassen (vgl. Karr: 1997, 1; vgl. hierzu auch: Schmid u.a.: 1999, 552). 53

Arbeitslosigkeit: 73 Knapp 60 Prozent der Zugänge in Arbeitslosigkeit waren direkt vorher einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Anteil derjenigen, die innerhalb eines Jahres nach Eintritt den Bestand wieder verlassen, wird auf etwa 80 Prozent geschätzt. Eine durchschnittliche Arbeitslosigkeitsperiode (am Stück) dauerte im Jahre 2002 33,4 Wochen (vgl. Rothe: 2003, 5f.). Umgekehrt „gibt [es] keine 'ewig' dauernden Fälle.“ 35 Prozent der zugehenden Arbeitslosigkeitsfälle des Jahres 1999/2000 beenden die Arbeitslosigkeit innerhalb von 13 Wochen, 20 Prozent sind ein Jahr oder länger arbeitslos (Karr: 2002, 3). Gerd Mutz hat in einer Studie aus den Jahren 1984 bis 1995 drei Typen der Arbeitslosigkeit extrahiert. Für Westdeutschland beziffert er den Typ 1 „Vorübergehende Arbeitslosigkeit“ mit 21.2 Prozent, den Typ 2 „Häufig wechselnde Arbeitslosigkeit“ mit 63.7 Prozent und den Typ 3 „Langzeitarbeitslosigkeit“ 74 mit 12.3 Prozent. Dabei waren Häufigkeit, Dauer und Verbleib nach der Arbeitslosigkeit bei arbeitslos gemeldeten Personen zweier Arbeitsamtsbezirke untersucht worden. Insgesamt ergab sich dem vorangestellten entsprechend, dass Dynamik der Arbeitslosigkeit vor allem bedeutet, dass immer mehr Menschen länger und häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind (vgl. Mutz: 1997, 32f.). Kronauer beziffert das Risiko Arbeitslosigkeit für Westdeutschland auf ein Drittel. Zwei Drittel der Erwerbsbevölkerung bleiben demgegenüber von Arbeitslosigkeit völlig verschont (2002: 160). 75 2.2.6 Zwischenfazit II: Bedeutung für die Zielgruppe Im Unterkapitel 2.1 wurde dargelegt, dass die Nicht-Teilnahme am System der Erwerbsarbeit, sei es als verpasster Einstieg oder wiederkehrend in einer brüchigen Erwerbsbiografie, als eine zentrale Ursache und gleichzeitig Manifestation der Ausgrenzung gelten kann. Inklusion erscheint umgekehrt über den Eintritt in Erwerbstätigkeit herstellbar, auch wenn die Phänomene der prekären Beschäftigungsverhältnisse oder working poor diese Aussage einschränken. 73 Hier sind Unterbrechungen wegen Krankheit oder Umzug in einen anderen Arbeitsamtsbezirk bereinigt. Gezählt werden Fälle, nicht Personen. Mehrfacharbeitslosigkeit innerhalb der Periode schlägt sich also in höheren Zugangszahlen nieder (vgl. Rothe: 2003, 1f.). 74 Gemeint ist hier der Austritt aus dem Beschäftigungssystem inklusive Abmeldung beim Arbeitsamt nach einer länger als ein Jahr dauernden Arbeitslosigkeit. Mutz weist an dieser Stelle darauf hin, dass auch unter diesen Fällen Wiedereintritte in das Erwerbsleben möglich sind. In einem Teil der Fälle kann der Austritt aus dem Beschäftigungssystem in einer mehr oder weniger freiwilligen oder doch akzeptierten Umorientierung liegen - etwa hin zu Familienzeiten oder (vorgezogenem) Ruhestand (Mutz: 1997, 34). 75 54

Arbeitslosigkeit: 73 Knapp 60 Prozent der Zugänge in Arbeitslosigkeit waren direkt<br />

vorher einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Anteil derjenigen, die innerhalb eines<br />

Jahres nach Eintritt den Bestand wieder verlassen, wird auf etwa 80 Prozent geschätzt.<br />

Eine durchschnittliche Arbeitslosigkeitsperiode (am Stück) dauerte im Jahre 2002 33,4<br />

Wochen (vgl. Rothe: 2003, 5f.). Umgekehrt „gibt [es] keine 'ewig' dauernden Fälle.“ 35<br />

Prozent der zugehenden Arbeitslosigkeitsfälle des Jahres 1999/2000 beenden die<br />

Arbeitslosigkeit innerhalb von 13 Wochen, 20 Prozent sind ein Jahr oder länger<br />

arbeitslos (Karr: 2002, 3).<br />

Gerd Mutz hat in einer Studie aus den Jahren 1984 bis 1995 drei Typen der<br />

Arbeitslosigkeit extrahiert. Für Westdeutschland beziffert er den Typ 1<br />

„Vorübergehende Arbeitslosigkeit“ mit 21.2 Prozent, den Typ 2 „Häufig wechselnde<br />

Arbeitslosigkeit“ mit 63.7 Prozent und den Typ 3 „Langzeitarbeitslosigkeit“ 74 mit 12.3<br />

Prozent. Dabei waren Häufigkeit, Dauer und Verbleib nach der Arbeitslosigkeit bei<br />

arbeitslos gemeldeten Personen zweier Arbeitsamtsbezirke untersucht worden.<br />

Insgesamt ergab sich dem vorangestellten entsprechend, dass Dynamik der<br />

Arbeitslosigkeit vor allem bedeutet, dass immer mehr Menschen länger und häufiger<br />

von Arbeitslosigkeit betroffen sind (vgl. Mutz: 1997, 32f.).<br />

Kronauer beziffert das Risiko Arbeitslosigkeit für Westdeutschland auf ein Drittel. Zwei<br />

Drittel der Erwerbsbevölkerung bleiben demgegenüber von Arbeitslosigkeit völlig<br />

verschont (2002: 160). 75<br />

2.2.6 Zwischenfazit II: Bedeutung für die Zielgruppe<br />

Im Unterkapitel 2.1 wurde dargelegt, dass die Nicht-Teilnahme am System der<br />

Erwerbsarbeit, sei es als verpasster Einstieg oder wiederkehrend in einer brüchigen<br />

Erwerbsbiografie, als eine zentrale Ursache und gleichzeitig Manifestation der<br />

Ausgrenzung gelten kann. Inklusion erscheint umgekehrt über den Eintritt in<br />

Erwerbstätigkeit herstellbar, auch wenn die Phänomene der prekären<br />

Beschäftigungsverhältnisse oder working poor diese Aussage einschränken.<br />

73 Hier sind Unterbrechungen wegen Krankheit oder Umzug in einen anderen Arbeitsamtsbezirk<br />

bereinigt. Gezählt werden Fälle, nicht Personen. Mehrfacharbeitslosigkeit innerhalb der Periode<br />

schlägt sich also in höheren Zugangszahlen nieder (vgl. Rothe: 2003, 1f.).<br />

74 Gemeint ist hier der Austritt aus dem Beschäftigungssystem inklusive Abmeldung beim<br />

Arbeitsamt nach einer länger als ein Jahr dauernden Arbeitslosigkeit. Mutz weist an dieser<br />

Stelle darauf hin, dass auch unter diesen Fällen Wiedereintritte in das Erwerbsleben möglich<br />

sind. In einem Teil der Fälle kann der Austritt aus dem Beschäftigungssystem in einer mehr<br />

oder weniger freiwilligen oder doch akzeptierten Umorientierung liegen - etwa hin zu<br />

Familienzeiten oder (vorgezogenem) Ruhestand (Mutz: 1997, 34).<br />

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