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15.01.2013 Aufrufe

7. Schaffen Netzwerke neue Perspektiven für Benachteiligte? Das Forschungsinteresse dieser Arbeit richtete sich auf die Frage, ob kooperative arbeitsmarktpolitische Bewältigungsstrategien in einem ausgewählten, wirtschaftsnahen Netzwerk für ein bestimmtes Segment von Arbeitslosigkeit betroffener Benachteiligter Perspektiven schaffen können. Dem lag die These zugrunde, dass die bisherige Anlage weitgehend staatlich (hierarchisch) organisierter Arbeitsmarktpolitik nicht in der Lage sein werde, die Herausforderungen am Arbeitsmarkt wirksam zu meistern oder dass diese zumindest Unterstützungsstrukturen bedarf, die sich auch aus markt- und zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammensetzen. So konnten in Unterkapitel 2.4 zahlreiche Funktionsmängel der Arbeitsmarktpolitik identifiziert werden, von denen einige als Keimzellen von gleichsam politisch unterstützter sozialer Ausgrenzung in Frage kommen. Dass sich die Probleme am Arbeitsmarkt absehbar nicht verflüchtigen werden und insbesondere der Trend zur Wissensökonomie die Chancen niedrigqualifizierter oder mit mehreren so genannten Vermittlungshemmnissen behafteter Personenkreise weiter einzuschränken droht, wurde zuvor im Unterkapitel 2.2 dargelegt. Als Benachteiligte wurde bewusst keine der gängigen Zielgruppen des Arbeitsmarktes (Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Migranten etc.) definiert, um eine größtmögliche Offenheit in der empirischen Untersuchung zu gewährleisten und Stereotypen und Abhängigkeiten von bestehenden Datensätzen zu vermeiden. Die Offenheit zielte folglich darauf, sicherzustellen, dass die Wirkungen der arbeitsmarktpolitischen Kooperation auf die Zielgruppe Benachteiligte tatsächlich an Angehörigen der (genauer zu definierenden) Zielgruppe untersucht werden, statt die Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe aufgrund eines einzigen Merkmals und unter Ausblendung der sonstigen Lebenssituation hier unkritisch zu übernehmen und diese einfach als per se Benachteiligte umzudefinieren. Mit dieser weitreichenden Entscheidung zum Forschungsgegenstand wurde die in der Fragestellung primär angelegte Wirkungsanalyse um eine eigene Untersuchung eines Ausschnitts der sozialen Wirklichkeit als Ausgangslage für zu untersuchende Handlungen, Wirkungen und Erfolgsfaktoren ergänzt. Im Unterkapitel 2.1 wurde hierzu der Begriff der Exklusion als zentraler sozial-, das heißt gesellschaftspolitischer Herausforderung unserer Zeit eingeführt. Inklusion als Gegenbegriff wurde multidimensional gefasst und bedeutet, in Interdependenzbeziehungen einbezogen zu sein und neben der materiellen in kultureller und politischer Hinsicht zu partizipieren. Im Unterkapitel wurde ferner argumentiert, dass es sich bei der Problematik nicht um eine dichotome Innen- 241

Außenspaltung der Gesellschaft handelt, sondern um Prozesse, die weit in eine so genannte Zone der Gefährdung hineinreichen. Als Benachteiligte wurden daraufhin von sozialer Ausgrenzung Bedrohte oder Betroffene definiert. Es wurde außerdem argumentiert, dass die Nicht-Teilnahme am System der Erwerbsarbeit, sei es als verpasster Einstieg oder wiederkehrend in einer brüchigen Erwerbsbiographie, als eine zentrale Ursache und gleichzeitig Manifestation der Ausgrenzung gelten kann. Damit wurde begründet, den Fokus der Untersuchung auf Inklusionsstrategien zur richten, die vorrangig am Arbeitsmarkt ansetzen. In der Konsequenz ergab sich gleichzeitig eine Einschränkung der Zielgruppe auf das Erwerbspersonenpotential. Im Unterkapitel 2.3 wurde Ausgrenzungstendenzen am Arbeitsmarkt nachgespürt und festgehalten, dass weder die Aufnahme jedweder Beschäftigung eine Garantie für Inklusion darstellt noch Arbeitslosigkeit einfach mit Ausgrenzung gleichzusetzen ist. Menschen etwa, die nur vorübergehend arbeitslos oder in ihrer Inaktivität gut (etwa durch Versicherungsansprüche oder Vermögen) versorgt sind, zählen (andere Faktoren unberücksichtigt gelassen) nicht zum interessierenden Personenkreis. Die Operationalisierung der Benachteiligten im Unterkapitel 5.2 konnte sodann auch vor dem Hintergrund dieser Überlegungen vorgenommen werden und umfasste Indikatoren in den Dimensionen Produktion, Konsum, soziale Interaktion und politisches/gesellschaftliches Engagement. Im empirischen Feld, dem Mehrebenen-Netzwerk der Initiative für Beschäftigung! musste daraufhin zunächst über einen standardisierten Fragebogen und ergänzende Interviews geklärt werden, ob die Zielgruppe der Benachteiligten, so wie sie in dieser Arbeit verstanden wird, überhaupt erreicht wurde. Dieser nächste Untersuchungsschritt ergab eine eindeutige Zielgruppenerreichung (insgesamt 23 Bedrohte und elf Betroffene bei 37 Fällen), die so nicht vorausgesetzt hatte werden können, da sich die Initiative zwar dezidiert an Benachteiligte wendet, dabei aber nicht von der Definition ausging, wie sie in dieser Arbeit zugrunde gelegt wurde. Im Unterkapitel 6.1 wurde ausführlicher auf mögliche Fehleinschätzungen, etwa aufgrund falscher Interpretation der Fragen durch die Teilnehmer, eingegangen. Ließe man aufgrund dieser Unsicherheiten die Konsum-Dimension in beiden Jahrgängen und im Jahrgang 2006 zusätzlich die Engagement-Dimension unberücksichtigt, ergäbe sich immer noch ein eindeutiges Bild mit dann 27 Bedrohten und fünf Betroffenen. Der zweite Schritt führte dann zu der eigentlichen Fragestellung der Arbeit, indem im ausgewählten regionalen Netzwerk Rhein-Main der Initiative für Beschäftigung! unter besonderer Berücksichtigung des Projektes „Jugend mobil“ untersucht wurde, inwieweit die Netzwerkkooperation die Inklusion der Projektteilnehmer gefördert und ihnen so neue Perspektiven verschafft hat. Dabei waren über das Konzept der 242

7. Schaffen Netzwerke neue Perspektiven für Benachteiligte?<br />

Das Forschungsinteresse dieser Arbeit richtete sich auf die Frage, ob kooperative<br />

arbeitsmarktpolitische Bewältigungsstrategien in einem ausgewählten,<br />

wirtschaftsnahen Netzwerk für ein bestimmtes Segment von Arbeitslosigkeit<br />

betroffener Benachteiligter Perspektiven schaffen können. Dem lag die These<br />

zugrunde, dass die bisherige Anlage weitgehend staatlich (hierarchisch) organisierter<br />

Arbeitsmarktpolitik nicht in der Lage sein werde, die Herausforderungen am<br />

Arbeitsmarkt wirksam zu meistern oder dass diese zumindest Unterstützungsstrukturen<br />

bedarf, die sich auch aus markt- und zivilgesellschaftlichen Akteuren<br />

zusammensetzen. So konnten in Unterkapitel 2.4 zahlreiche Funktionsmängel der<br />

Arbeitsmarktpolitik identifiziert werden, von denen einige als Keimzellen von gleichsam<br />

politisch unterstützter sozialer Ausgrenzung in Frage kommen. Dass sich die Probleme<br />

am Arbeitsmarkt absehbar nicht verflüchtigen werden und insbesondere der Trend zur<br />

Wissensökonomie die Chancen niedrigqualifizierter oder mit mehreren so genannten<br />

Vermittlungshemmnissen behafteter Personenkreise weiter einzuschränken droht,<br />

wurde zuvor im Unterkapitel 2.2 dargelegt.<br />

Als Benachteiligte wurde bewusst keine der gängigen Zielgruppen des Arbeitsmarktes<br />

(Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Migranten etc.) definiert, um eine<br />

größtmögliche Offenheit in der empirischen Untersuchung zu gewährleisten und<br />

Stereotypen und Abhängigkeiten von bestehenden Datensätzen zu vermeiden. Die<br />

Offenheit zielte folglich darauf, sicherzustellen, dass die Wirkungen der<br />

arbeitsmarktpolitischen Kooperation auf die Zielgruppe Benachteiligte tatsächlich an<br />

Angehörigen der (genauer zu definierenden) Zielgruppe untersucht werden, statt die<br />

Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe aufgrund eines einzigen Merkmals und unter<br />

Ausblendung der sonstigen Lebenssituation hier unkritisch zu übernehmen und diese<br />

einfach als per se Benachteiligte umzudefinieren. Mit dieser weitreichenden<br />

Entscheidung zum Forschungsgegenstand wurde die in der Fragestellung primär<br />

angelegte Wirkungsanalyse um eine eigene Untersuchung eines Ausschnitts der<br />

sozialen Wirklichkeit als Ausgangslage für zu untersuchende Handlungen, Wirkungen<br />

und Erfolgsfaktoren ergänzt.<br />

Im Unterkapitel 2.1 wurde hierzu der Begriff der Exklusion als zentraler sozial-, das<br />

heißt gesellschaftspolitischer Herausforderung unserer Zeit eingeführt. Inklusion als<br />

Gegenbegriff wurde multidimensional gefasst und bedeutet, in<br />

Interdependenzbeziehungen einbezogen zu sein und neben der materiellen in<br />

kultureller und politischer Hinsicht zu partizipieren. Im Unterkapitel wurde ferner<br />

argumentiert, dass es sich bei der Problematik nicht um eine dichotome Innen-<br />

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