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0 61 52 - 5 44 93 oder: 01 72 - Das WIR-Magazin im Gerauer Land

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aufklärerischer Zeit. Doch warum hält man<br />

heute noch so gerne an solchen Relikten fest?<br />

Ganz einfach: Man muss nicht argumentieren.<br />

Wenn die mächtigen Strömungen<br />

der Gesellschaft sagen: So ist es, wenn sich<br />

Meinungsführer viel Mühe machen, eine<br />

best<strong>im</strong>mte Weltsicht durchzusetzen, dann<br />

muss man nicht mehr argumentieren – bzw.:<br />

Wehe dem, der dennoch argumentiert!<br />

Manche Menschen sind dann so mutig und<br />

sagen: <strong>Das</strong> darf man ja nicht sagen, was ich<br />

jetzt sage. Und dann sagen sie es und finden<br />

Bewunderer, weil sie etwas gesagt haben,<br />

was die Meinungsbeherrscher nicht gesagt<br />

haben wollten. Mit der Zahl der Bewunderer<br />

wächst auch die Zahl der Angreifer.<br />

Und das Spielchen beginnt, wie nicht nur<br />

Kämpfer der 68er wissen. Was ist, was die<br />

Angreifer zuerst sagen? Du sagst, das darf<br />

man nicht sagen? Aber du sagst es ja, also<br />

darf man es auch sagen – und jetzt halte den<br />

Mund, denn das, was du sagst, ist als Problem<br />

altbekannt – nur du bist in dieser Hinsicht<br />

nicht hilfreich. Punkt. Aber die gesellschaftspolitischen<br />

Auseinandersetzungen<br />

bekommen viele Menschen nicht so recht<br />

mit, weil sie sich in den Kreisen bewegen,<br />

in denen man tabulos über diese Themen<br />

spricht – freilich wieder neue Tabus aufgebaut<br />

haben. In einem Fußballfanverein darf<br />

man alles – nur nicht die eigene Mannschaft<br />

besch<strong>im</strong>pfen (es sei denn, nur ganz kurz,<br />

wenn es wirklich nicht anders geht, <strong>oder</strong><br />

wenn alle es aus einer emotionalen Schieflage<br />

tun). Es gibt somit Gruppentabus und<br />

gesellschaftspolitische Tabus.<br />

Dann gibt es auch ortsgebundene Tabus.<br />

So darf man an manchen Orten über Gott<br />

sprechen – an anderen wieder nicht. Oder:<br />

Es wird von einem Pfarrer erwartet, dass<br />

er an best<strong>im</strong>mten Orten und zu best<strong>im</strong>mten<br />

Anlässen von Gott spricht – aber wehe,<br />

es tut ein Nichtpfarrer <strong>oder</strong> der Pfarrer<br />

tut es zu einem anderen Anlass. Und hier<br />

mischt sich schon das, was man mit „das<br />

tut man aber nicht“ bezeichnen kann, ein:<br />

An einem FKK-Strand liegen und springen<br />

alle in fröhlicher Freiheit, so wie Gott<br />

sie erschaffen hat, und wehe, ein Angezogener<br />

legt sich dazwischen – und umgekehrt:<br />

Wehe, sie rennen unbekleidet durch<br />

die Stadt – es sei denn, es handelt sich um<br />

ein vorher angemeldetes Event. <strong>Das</strong> heißt,<br />

es gibt auch Tabus, die nicht Meinungen <strong>im</strong><br />

Blick haben, sondern die eingebürgerten<br />

Sitten beschützen sollen. Aber das wäre ein<br />

anderes Thema.<br />

Zurück zu den Tabus: Tabus betreffen<br />

eher Meinungen und die daraus folgenden<br />

Verhaltensweisen, während „das tut man<br />

aber nicht“ konkrete Verhaltensweisen <strong>im</strong><br />

Blick hat. Nun schützt aber unser Grundgesetz<br />

die Meinungsfreiheit, die anderen<br />

möglichst nicht die Würde n<strong>im</strong>mt. Aber<br />

darf somit auch jeder sagen, was er meint?<br />

Ja, natürlich. Nur muss er auch in unseren<br />

Breiten bei manchen Aussagen die möglicherweise<br />

ungemütlichen Konsequenzen<br />

berücksichtigen. Bei welchen? Die Tabu-<br />

Themen, liebe Leserinnen und Leser, müssen<br />

Sie selbst herausfinden, wenn Sie diese<br />

denn nicht schon kennen.<br />

Übrigens ein Tipp für die Linken und<br />

Rechten, die Gläubigen und Nichtgläubigen,<br />

die Gleichgültigen und Tausendsassas,<br />

die Fortschrittlichen und Konservativen:<br />

Unsere Gesellschaft lebt von den<br />

Mutigen, den Menschen, die fröhlich und<br />

gelassen sagen, was sie denken. Je mehr es<br />

nicht wagen, desto leichteres Spiel haben<br />

die Andersdenkenden. Und: Es wäre schön,<br />

wenn wir gelassener mit Andersdenkenden<br />

umgehen würden – das entspräche dem<br />

Geist unseres Grundgesetzes. www.wir-in-gg.de

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