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Soldat in Welt und Kirche - der Militärseelsorge - Bundeswehr

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ISSN 1865-5149 1865-5149<br />

<strong>Soldat</strong> <strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Waffen –<br />

ethisch neutral?<br />

Den Wandel gestalten!<br />

<strong>Kirche</strong> unter <strong>Soldat</strong>en: <strong>Soldat</strong>en:<br />

mit Profi l <strong>in</strong> die Zukunft Zukunft<br />

11I12<br />

Wenn Tote<br />

plötzlich erzählen<br />

Ausgrabungen<br />

auf dem Lazarettfriedhof


Editorial<br />

Liebe Leser<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Leser,<br />

Werden demnächst deutsche Streitkräfte, <strong>und</strong> <strong>in</strong> diesem<br />

Fall die <strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en <strong>der</strong> Luftwaffe, bewaffnete<br />

Drohnen zum E<strong>in</strong>satz br<strong>in</strong>gen dürfen? Braucht Deutschland<br />

für se<strong>in</strong>e Streitkräfte nicht nur drohnengestützte Aufklärung,<br />

wie bereits jetzt <strong>in</strong> Afghanistan, son<strong>der</strong>n bewaffnete Drohnen<br />

im Kampf gegen den <strong>in</strong>ternationalen Terrorismus o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e sicherheitspolitisch bedeutsame Bedrohungen? Darüber<br />

entscheiden <strong>in</strong> Deutschland bekanntlich die Streitkräfte<br />

nicht selbst. Über Beschaffungsvorhaben, <strong>und</strong> um nichts<br />

an<strong>der</strong>es handelt es sich dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> parlamentarischen<br />

Haushaltsberatungen auch mit Blick auf Drohnen,<br />

entscheidet die Politik im Wege <strong>der</strong> Verabschiedung des B<strong>und</strong>eshaushalts.<br />

E<strong>in</strong>e Beantwortung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs gestellten<br />

Fragen steht <strong>in</strong> unserem Lande also noch aus.<br />

In den Vere<strong>in</strong>igen Staaten von Amerika <strong>und</strong> an<strong>der</strong>swo ist<br />

dies abschließend beantwortet worden. Bewaffnete Drohnen<br />

kommen weltweit zum<br />

E<strong>in</strong>satz. E<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> die amtli-<br />

chen Bekanntmachungen <strong>der</strong>jenigen<br />

Staaten, die Drohnen<br />

bereits seit Längerem e<strong>in</strong>setzen,<br />

weist die Staaten Pakistan,<br />

Jemen <strong>und</strong> Paläst<strong>in</strong>a aus.<br />

Der B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>ister <strong>der</strong> Verteidigung,<br />

Dr. Thomas de Maizière,<br />

selbst hat die Debatte darüber <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> Gang<br />

gesetzt. Ursprünglich, später jedoch e<strong>in</strong>geschränkt <strong>und</strong> korrigiert,<br />

stellte er fest, dass Waffen <strong>in</strong> ethischer H<strong>in</strong>sicht neutral<br />

wären. Diese Feststellung könnte zwei deutsche Bischöfe,<br />

den Katholischen Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck<br />

<strong>und</strong> den Vorsitzenden <strong>der</strong> Deutschen Kommission Justitia<br />

et Pax, den Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann, veranlasst<br />

haben, das Thema Drohnen e<strong>in</strong>er ethischen Prüfung<br />

zu unterziehen. Sie nannten Kriterien, um darüber zu e<strong>in</strong>em<br />

abschließenden ethischen Urteil zu kommen.<br />

Ob e<strong>in</strong>e breite öffentliche Diskussion, ähnlich <strong>der</strong> Nachrüstungsdebatte<br />

<strong>der</strong> 1980er Jahre <strong>in</strong> beiden Teilen <strong>der</strong> damals<br />

noch getrennten deutschen Nation über die Beschaffung<br />

<strong>und</strong> an erfolgreiche Verhandlungen geknüpfte Stationierung<br />

von Persh<strong>in</strong>g II a <strong>und</strong> Marschfl ugkörpern sowie bereits stationierter<br />

sowjetischer SS20-Raketen, zu erwarten ist, darf<br />

2 Kompass 11I12<br />

© BDKJ<br />

... was ich mir für Sie notiert habe.<br />

„… stellte er fest,<br />

dass Waffen <strong>in</strong> ethischer<br />

H<strong>in</strong>sicht neutral wären.“<br />

eher bezweifelt werden. Zum damaligen Zeitpunkt stand im<br />

Fokus <strong>der</strong> leidenschaftlichen Debatten quer durch die deutsche<br />

Bevölkerung die leitende Frage nach den Folgen des<br />

Versagens e<strong>in</strong>er <strong>und</strong> auf wechselseitiger nuklearer Abschreckung<br />

gestützten Politik <strong>der</strong> Kriegsverhütung.<br />

Heute verhält es sich gr<strong>und</strong>legend an<strong>der</strong>s. E<strong>in</strong> „fre<strong>und</strong>liches<br />

Des<strong>in</strong>teresse“ an sicherheitspolitischen Debatten überwiegt,<br />

auch wenn <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz deutscher Streitkräfte <strong>und</strong> mith<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Dienst <strong>der</strong> <strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en <strong>in</strong> Afghanistan<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Berichterstattung zum<strong>in</strong>dest nicht ausgeblendet<br />

wird. Die Abgeordneten des Deutschen B<strong>und</strong>estages,<br />

also diejenigen Politiker<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Politiker, die darüber<br />

entscheiden, werden sich <strong>in</strong> den anstehenden Haushaltsberatungen<br />

zu e<strong>in</strong>em Beschaffungsvorhaben verhalten müssen<br />

<strong>und</strong> am Ende entscheiden, ob zukünftig deutsche Streitkräfte<br />

bewaffnete Drohnen vorhalten <strong>und</strong> unter bestimmenden<br />

Bed<strong>in</strong>gungen auch e<strong>in</strong>setzen<br />

dürfen. Noch ist Zeit <strong>und</strong><br />

Gelegenheit, <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> beiden deutschen<br />

Bischöfe nachzukommen, Gesichtspunkte<br />

<strong>in</strong> die ethische<br />

Me<strong>in</strong>ungs- <strong>und</strong> Urteilsfi ndung<br />

e<strong>in</strong>fl ießen zu lassen, die mehr<br />

umfassen als Effi zienz <strong>in</strong> Technologien<br />

<strong>und</strong> Synergien <strong>in</strong> <strong>der</strong> europäischen <strong>und</strong> bündnisbezogenen<br />

Rüstungsbeschaffung.<br />

Diese Ausgabe <strong>der</strong> Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs,<br />

Kompass. <strong>Soldat</strong> <strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong>, will dazu e<strong>in</strong>en<br />

ausschnitthaften Beitrag leisten <strong>und</strong> greift Gesichtspunkte<br />

<strong>der</strong> Befürworter, Kritiker <strong>und</strong> Skeptiker auf, um die eigene<br />

Positionsfi ndung zu erleichtern. Zusätzlich wird über Verlauf<br />

<strong>und</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> 57. Gesamtkonferenz <strong>der</strong> Katholischen<br />

<strong>Militärseelsorge</strong> <strong>in</strong>formiert, die Militärbischof Overbeck nutzte,<br />

um über Umsetzungsschritte des e<strong>in</strong>jährigen Strategieprozesses<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> „<strong>Kirche</strong> unter <strong>Soldat</strong>en“ zu <strong>in</strong>formieren.<br />

In <strong>der</strong> Ausgabe zum Ende des Jahres 2012 wird die Frohe<br />

Botschaft <strong>der</strong> Menschwerdung Jesu Christi im Mittelpunkt<br />

stehen.<br />

Josef König,<br />

Chefredakteur


© Luftwaffe / Northrop Grumman<br />

Inhalt November 2012<br />

Schwerpunktthema:<br />

Waffen – ethisch neutral?<br />

4 Bischof Ackermann:<br />

Kritische Anfragen …<br />

5 Militärbischof Overbeck:<br />

„Die Beliebigkeit des Tötens<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n“<br />

6 Gr<strong>und</strong>satz:<br />

Drohnen versus Völkerrecht<br />

von Nikolaus Kle<strong>in</strong> SJ<br />

8 Interview<br />

mit dem Inspekteur <strong>der</strong> Luftwaffe,<br />

Generalleutnant Karl Müllner<br />

10 Kommentar zur Sache:<br />

Soll Deutschland Kampfdrohnen<br />

kaufen?<br />

Titel: © B<strong>und</strong>eswehr / S. Wilke<br />

6<br />

Aus <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong><br />

14 Reportage vor Ort:<br />

57. Gesamtkonferenz<br />

„Den Wandel gestalten!“<br />

19 Hoffnungslos am H<strong>in</strong>dukusch<br />

Der Militärbischof bei Anne Will<br />

20 Wenn Tote plötzlich erzählen<br />

Ausgrabungen auf dem<br />

Lazarettfriedhof<br />

22 „Du schaffst mir weiten Raum“<br />

Fußwallfahrt nach Wechselburg<br />

23 E<strong>in</strong>.Blick <strong>in</strong> den Himmel<br />

Patroz<strong>in</strong>iumfest <strong>in</strong> Bonn<br />

26 Personalien:<br />

• Wolfgang Wurmb<br />

zum Vorstand ernannt<br />

• Versetzung von<br />

Militärdekan Johann Meyer<br />

14<br />

Rubriken<br />

12 Kolumne des Wehrbeauftragten:<br />

Anerkennung für unsere Veteranen<br />

13 Auf e<strong>in</strong> Wort:<br />

Mart<strong>in</strong>us – <strong>Soldat</strong>, Mönch<br />

<strong>und</strong> Bischof<br />

23 Glaube, <strong>Kirche</strong>, Leben:<br />

Hallo, hier ist Nils!<br />

24 Medien:<br />

Friedensgutachten 2012<br />

25 Lexikon <strong>der</strong> Ethik:<br />

Versuchung<br />

26 Impressum<br />

27 Rätsel<br />

Kompass 11I12<br />

13<br />

3<br />

Inhalt


Zum Thema<br />

© Saarbrücker Zeitung<br />

4 Kompass 11I12<br />

Erklärung des Vorsitzenden <strong>der</strong> Deutschen Kommission Justitia et Pax<br />

Bischof Dr. Stephan Ackermann:<br />

Kritische Anfragen an<br />

die Beschaffung <strong>und</strong> den E<strong>in</strong>satz<br />

bewaffneter Drohnen<br />

Bonn / Trier, 17.9.2012. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />

plant, künftig auch die B<strong>und</strong>eswehr<br />

mit bewaffneten Drohnen auszurüsten.<br />

In diesem Vorhaben spiegeln<br />

sich nicht zuletzt die militärischen Erfahrungen<br />

des Afghanistan-E<strong>in</strong>satzes,<br />

neue technologische Entwicklungen<br />

<strong>und</strong> auch das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sache berechtigte<br />

Anliegen wi<strong>der</strong>, das Risiko für die eigenen<br />

<strong>Soldat</strong>en im Rahmen e<strong>in</strong>er vertretbaren<br />

Operationsführung so ger<strong>in</strong>g wie<br />

möglich zu halten.<br />

Nichtsdestotrotz wirft diese neue Waffengattung<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von ernsten Fragen<br />

auf, die dr<strong>in</strong>gend <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Diskussion bedürfen. Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

B<strong>und</strong>esregierung ist gefor<strong>der</strong>t zu klären,<br />

wie Sie mit <strong>der</strong> Ambivalenz dieser<br />

Waffen umzugehen gedenkt. Die ethische<br />

Kernfrage lautet: Wie wirkt sich<br />

diese neue Waffengattung auf das ethische<br />

Ziel <strong>der</strong> Gewaltm<strong>in</strong>imierung aus?<br />

Kann man die voraussichtlichen problematischen<br />

Nebenwirkungen <strong>in</strong> den Griff<br />

bekommen? Und wenn ja, wie?<br />

1. Mit <strong>der</strong> Beschaffung von bewaffneten<br />

Drohnen droht die Schwelle zur Gewaltanwendung<br />

herabgesenkt zu werden.<br />

Denn: Ist es unter dem Gesichtspunkt<br />

des Schutzes des eigenen militärischen<br />

Personals nicht folgerichtig, dass man,<br />

wenn man vor die Alternative gestellt<br />

wird, gegnerisches Personal festzunehmen<br />

o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>en Drohnenangriff<br />

zu töten, die letztere Option wählt?<br />

Denn sie ist für e<strong>in</strong>en selbst die risikoärmere.<br />

Wird aber dadurch die Zahl <strong>der</strong><br />

(Auszug)<br />

Getöteten nicht weit über das Maß h<strong>in</strong>auswachsen,<br />

das e<strong>in</strong>e am ethischen<br />

Ziel <strong>der</strong> Gewaltm<strong>in</strong>imierung orientierte<br />

Strategie setzen muss? Wird durch die<br />

Möglichkeit, Waffen am Computerbildschirm<br />

auf Distanz e<strong>in</strong>zusetzen, ohne<br />

die E<strong>in</strong>satzsituation <strong>und</strong> ihre existenziellen<br />

Risiken selbst zu erfahren, nicht<br />

unvermeidlich die (mentale) Schwelle<br />

herabgesenkt, an <strong>der</strong> <strong>der</strong> Entschluss<br />

zu e<strong>in</strong>em solchen E<strong>in</strong>satz gefällt wird?<br />

Besteht daher nicht die große Gefahr,<br />

dass <strong>der</strong> tiefe Ernst <strong>der</strong> Entscheidung,<br />

Gewaltmittel e<strong>in</strong>zusetzen, technisch<br />

verschleiert wird?<br />

(…)<br />

Schon diese kle<strong>in</strong>e Auswahl von Fragen<br />

verdeutlicht, dass e<strong>in</strong>e breitere<br />

öffentliche <strong>und</strong> politische Debatte um<br />

die Anschaffung dieser Waffengattung<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist. Die Antwort auf die<br />

Frage, ob diese Waffen aus ethischer<br />

Perspektive angeschafft werden dürfen,<br />

hängt wesentlich davon ab, wie die<br />

Fragen nach dem Wie <strong>und</strong> Wozu dieser<br />

Waffengattung <strong>und</strong> ihrer Konsequenzen<br />

beantwortet werden. Wollte man die<br />

neuen Waffensysteme e<strong>in</strong>führen, ohne<br />

diese Fragen zu beantworten, wäre ihre<br />

Anschaffung mit großer Sicherheit e<strong>in</strong><br />

Schritt zu mehr statt – wie erhofft –<br />

zu weniger Gewalt <strong>und</strong> damit nicht zu<br />

rechtfertigen.


Der katholische Militärbischof sieht den E<strong>in</strong>satz<br />

bewaffneter Kampfdrohnen kritisch<br />

„Die Beliebigkeit<br />

des Tötens verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n“<br />

Berl<strong>in</strong>/Essen, 1.10.2012. Der katholische<br />

Militärbischof Franz-Josef Overbeck<br />

(48) bekräftigt se<strong>in</strong>e kritische<br />

E<strong>in</strong>schätzung von Kampfdrohnen. Die<br />

B<strong>und</strong>eswehrführung will unbemannte<br />

<strong>und</strong> bewaffnete Kampfdrohnen anschaffen,<br />

wie sie die US-Streitkräfte zunehmend<br />

<strong>in</strong> Anti-Terror-E<strong>in</strong>sätzen etwa<br />

<strong>in</strong> Afghanistan e<strong>in</strong>setzen. Overbeck,<br />

<strong>der</strong> gleichzeitig Bischof von Essen ist,<br />

for<strong>der</strong>t im Gespräch mit Redakteur Ludger<br />

Möllers, auch im Kampf gegen den<br />

Terror müssten die Menschenrechte geachtet<br />

werden.<br />

SZ: Welche Voraussetzungen braucht<br />

die B<strong>und</strong>eswehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> aktuellen Diskussion?<br />

Franz-Josef Overbeck: Vor dem Kauf von<br />

Kampfdrohnen braucht die B<strong>und</strong>eswehr<br />

klare ethische Kriterien, sonst kann <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satz dieser Waffe zu hohe Risiken<br />

enthalten. E<strong>in</strong>e breite friedensethische<br />

öffentliche Diskussion halte ich deshalb<br />

für s<strong>in</strong>nvoll.<br />

SZ: Müsste die <strong>Kirche</strong> nicht darauf pochen,<br />

dass Waffen ganz <strong>und</strong> gar verschw<strong>in</strong>den?<br />

Overbeck: Der E<strong>in</strong>satz von Waffen ist<br />

nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> nur<br />

erlaubt, um das eigene Leben o<strong>der</strong><br />

das Leben an<strong>der</strong>er zu schützen. Waffen<br />

selbst unterliegen somit immer e<strong>in</strong>em<br />

hohen Verantwortungsethos, wenn sie<br />

benutzt werden sollen. Die Bedeutung<br />

ethischer Kriterien für die Beurteilung<br />

von Gewalthandlungen muss gerade<br />

beim E<strong>in</strong>satz neuer Waffensysteme –<br />

wie jetzt <strong>der</strong> Kampfdrohnen – deutlich<br />

betont werden. (…)<br />

SZ: Sie befürchten, dass <strong>Soldat</strong>en wie<br />

bei Ballerspielen am Computer handeln<br />

<strong>und</strong> nicht mehr sorgfältig genug zwischen<br />

Spiel <strong>und</strong> Kampf unterscheiden?<br />

Overbeck: Es geht klar darum, dass wir<br />

die Beliebigkeit des Tötens verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

müssen. Es besteht bei je<strong>der</strong> Gewaltanwendung<br />

die Gefahr <strong>der</strong> Grenzverletzung.<br />

<strong>Soldat</strong>en können <strong>in</strong> solchen<br />

Situationen verrohen. Wichtig ist deshalb,<br />

dass durch den E<strong>in</strong>satz bewaffneter<br />

Drohnen die Schwelle zur Gewaltanwendung<br />

nicht herabgesenkt wird.<br />

Ich möchte an dieser Stelle darauf<br />

h<strong>in</strong>weisen, dass die eigentliche moralische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> diesem Kontext,<br />

über die <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />

jedoch ke<strong>in</strong> öffentlicher ethischer Diskurs<br />

geführt wird, die Frage nach <strong>der</strong><br />

„gezielten Tötung“ von Menschen ist.<br />

Drohnen s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>es von mehreren<br />

möglichen Mitteln, gezielte Tötungen<br />

durchzuführen, <strong>der</strong>en Legitimität auf<br />

dem Prüfstand stehen muss. (…)<br />

Die Vermeidung von Kollateralschäden<br />

ist e<strong>in</strong>e zentrale moralische For<strong>der</strong>ung,<br />

an <strong>der</strong> sich militärische Gewaltanwendung<br />

ausrichten muss. Es geht im<br />

Letzten um die Würde des Menschen.<br />

Ich verweise hier auf die Kommission<br />

„Justitia et Pax“ mit dem Trierer Bischof<br />

Stephan Ackermann. Er fragt: Wie wirkt<br />

sich dieses neue Waffensystem auf das<br />

ethische Ziel <strong>der</strong> Gewaltm<strong>in</strong>imierung<br />

aus? Welche problematischen Neben-<br />

wirkungen s<strong>in</strong>d möglich <strong>und</strong> wie kann<br />

man diese <strong>in</strong> den Griff bekommen? (…)<br />

SZ: Wie führen Sie die Diskussion <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr?<br />

Overbeck: Es gibt den Lebensk<strong>und</strong>lichen<br />

Unterricht durch unsere <strong>Militärseelsorge</strong>r.<br />

Und hier gilt: Wir müssen<br />

auf die Folgen h<strong>in</strong>weisen. Wir verstehen<br />

uns als Instanz, die die Würde des Menschen<br />

vertritt <strong>und</strong> dort, wo es nötig ist,<br />

<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung ruft.<br />

Interview-Auszug mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung<br />

<strong>der</strong> Schwäbischen Zeitung,<br />

Tuttl<strong>in</strong>gen<br />

Kompass 11I12<br />

5<br />

© KMBA<br />

Zum Thema


Gr<strong>und</strong>satz<br />

© UN Photo by Esk<strong>in</strong><strong>der</strong> Debebe<br />

Drohnen vs. Völkerrecht<br />

6 Kompass 11I12<br />

von Nikolaus Kle<strong>in</strong> SJ<br />

Der E<strong>in</strong>satz unbemannter, ferngelenkter <strong>und</strong> mit Präzisionswaffen bestückter Flugkörper, sogenannter Drohnen, wird <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Debatte nicht als gr<strong>und</strong>sätzlich verboten angesehen, wohl aber zunehmend mit Sorge beobachtet<br />

<strong>und</strong> von Juristen kritisiert, weil er gegen den Menschenrechtspakt <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen <strong>und</strong> das Humanitäre Völkerrecht<br />

verstoße. Außerdem wird er von vielen Kommentatoren als heimtückisch beurteilt. Bislang gibt es ke<strong>in</strong>e völkerrechtlich verb<strong>in</strong>dliche<br />

Verbotskonvention für diese Waffenart. Als heimtückisch gilt ihr E<strong>in</strong>satz deswegen, weil <strong>der</strong> Angegriffene überall <strong>und</strong><br />

ohne Vorwarnung getroffen werden kann <strong>und</strong> deshalb überhaupt ke<strong>in</strong>e Möglichkeiten hat, sich zu schützen o<strong>der</strong> zu wehren.<br />

Beispiel USA<br />

Neben den amerikanischen Streitkräften,<br />

die zum ersten Mal im Oktober<br />

2001 während des Afghanistan-E<strong>in</strong>satzes<br />

bewaffnete Drohnen nicht nur auf<br />

afghanischem Territorium, son<strong>der</strong>n im<br />

Verlauf des ISAF-E<strong>in</strong>satzes auch – mit<br />

Duldung <strong>der</strong> pakistanischen Regierung<br />

– im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan<br />

e<strong>in</strong>gesetzt haben, stützt sich<br />

<strong>der</strong> amerikanische Geheimdienst (CIA)<br />

seit Februar 2002 <strong>in</strong> steigendem Maße<br />

auf diesen Waffentyp, um <strong>in</strong> Afghanistan,<br />

Pakistan, Somalia <strong>und</strong> im Jemen<br />

gezielt Taliban-Kämpfer bzw. Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Al-Qaida zu töten. Bis 2011 hat<br />

das Jo<strong>in</strong>t Special Operation Command<br />

(JSOC) <strong>der</strong> US-Armee den E<strong>in</strong>satz von<br />

Drohnen koord<strong>in</strong>iert; seit e<strong>in</strong>em Jahr<br />

operiert die CIA unabhängig vom Pentagon<br />

<strong>und</strong> unter <strong>der</strong> direkten operativen<br />

Leitung des amerikanischen Präsidenten.<br />

In diesen E<strong>in</strong>sätzen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Pakistan,<br />

Somalia <strong>und</strong> im Jemen seit 2002<br />

r<strong>und</strong> 3000 Menschen getötet worden.<br />

Im Jahr 2010 legte Philip Alston, UN-<br />

Son<strong>der</strong>beauftragter für außergerichtliche,<br />

summarische <strong>und</strong> willkürliche H<strong>in</strong>richtungen,<br />

e<strong>in</strong>en Bericht vor. Er wies<br />

nach, dass vor allem die USA durch<br />

„gezieltes Töten“ (targeted kill<strong>in</strong>g) mit<br />

Hilfe von Kampfdrohnen <strong>in</strong> steigendem<br />

Maße <strong>in</strong>ternationales Recht verletzen.<br />

Dabei werden im E<strong>in</strong>zelnen die Artikel 2<br />

<strong>und</strong> 51 sowie Kapitel VII <strong>der</strong> UN-Charta<br />

<strong>und</strong> Regelungen des Humanitären Völ-<br />

kerrechtes zur Disposition gestellt. Artikel<br />

2 verbietet die Drohung mit <strong>und</strong> den<br />

E<strong>in</strong>satz von Gewalt <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Konfl ikten <strong>und</strong> damit implizit auch jeden<br />

militärischen E<strong>in</strong>satz auf fremdem Territorium,<br />

<strong>in</strong>soweit vom betroffenen Staat<br />

ke<strong>in</strong>e Zustimmung für die jeweiligen Aktion<br />

vorliegt. Artikel 51 bzw. Kapitel VII<br />

gestatten die Anwendung von Gewalt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em zwischenstaatlichen Konfl ikt nur<br />

im Falle <strong>der</strong> Selbstverteidigung o<strong>der</strong><br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er durch e<strong>in</strong> UN-Mandat<br />

aufgetragenen friedenserzw<strong>in</strong>genden<br />

Maßnahme. Außerdem gilt <strong>in</strong> den von<br />

<strong>der</strong> UN-Charta zugestandenen Fällen<br />

von militärischer Gewaltanwendung für<br />

alle <strong>in</strong>volvierten Parteien das Humanitäre<br />

Völkerrecht.<br />

Internationales Recht<br />

Die beteiligten Kriegsparteien s<strong>in</strong>d<br />

demnach verpfl ichtet, die Kriterien <strong>der</strong><br />

militärischen Notwendigkeit, <strong>der</strong> Angemessenheit<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>gesetzten Mittel,<br />

<strong>der</strong> Vermeidung unnötigen Leidens sowie<br />

<strong>der</strong> Unterscheidung zwischen Kombattanten<br />

<strong>und</strong> Nicht-Kombattanten zu<br />

beachten. Nicht-Kombattanten genießen<br />

darüber h<strong>in</strong>aus den beson<strong>der</strong>en<br />

Schutz des Völkerrechts. Im Gegenzug<br />

können Nicht-Kombattanten, die aktiv<br />

an Kampfhandlungen teilnehmen, für<br />

sich nicht das „Kombattanten-Privileg“<br />

<strong>in</strong> Anspruch nehmen; das heißt, dass<br />

sie für ihre Handlungen strafrechtlich<br />

im Rahmen nationalstaatlicher Gesetze<br />

verfolgt werden können <strong>und</strong> müssen.<br />

Unter diese Regelungen würden dem-


© UN Photo by Philip Behan<br />

nach alle Angehörigen <strong>der</strong> CIA fallen,<br />

die an E<strong>in</strong>sätzen mit Kampfdrohnen<br />

teilgenommen haben, da sie nicht Angehörige<br />

<strong>der</strong> regulären amerikanischen<br />

Streitkräfte s<strong>in</strong>d.<br />

Ende Januar 2012 erklärte US-Präsident<br />

Barack Obama zum ersten Mal <strong>in</strong><br />

aller Öffentlichkeit, dass von <strong>der</strong> CIA<br />

regelmäßig Drohnen zum „gezielten Töten“<br />

von Al-Qaida-Mitglie<strong>der</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Alliierten e<strong>in</strong>gesetzt werden. Mit <strong>der</strong><br />

Bemerkung „Wir halten die Le<strong>in</strong>e sehr<br />

kurz“, versuchte er se<strong>in</strong>e Zuhörer davon<br />

zu überzeugen, die e<strong>in</strong>zelnen Entscheidungen<br />

für e<strong>in</strong>e konkrete „Aktion“<br />

würden nach Recht <strong>und</strong> Gesetz gefällt.<br />

Anfang März 2012 erläuterte <strong>der</strong> amerikanische<br />

Justizm<strong>in</strong>ister Eric Hol<strong>der</strong> vor<br />

Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Northwestern University<br />

School of Law (Chicago) die Position<br />

se<strong>in</strong>es Präsidenten. Er bezeichnete<br />

den E<strong>in</strong>satz von Kampfdrohnen als<br />

völkerrechtskonform, da die USA mit<br />

Zustimmung <strong>der</strong> betroffenen Staaten<br />

solche Kampfe<strong>in</strong>sätze durchgeführt<br />

haben <strong>und</strong> durchführen werden. Aber<br />

auch <strong>in</strong> jenen Fällen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> entsprechende<br />

Staat dazu nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage o<strong>der</strong> nicht willens sei, stünde den<br />

USA das Recht auf Selbstverteidigung<br />

angesichts e<strong>in</strong>er „unmittelbaren Bedrohung“<br />

(imm<strong>in</strong>ent threat) zu.<br />

Des Weiteren wehrte sich Hol<strong>der</strong> dagegen,<br />

dass Regierungskritiker „gezieltes<br />

Töten“ als „Mord“ bezeichnen.<br />

Er begründete dies mit dem H<strong>in</strong>weis,<br />

Selbstverteidigung gegenüber e<strong>in</strong>er<br />

unmittelbaren Bedrohung entspreche<br />

dem Gesetz, wenn sie auf folgenden<br />

E<strong>in</strong>schätzungen beruhe: „Das Urteil<br />

darüber, ob e<strong>in</strong>e bestimmte Person<br />

e<strong>in</strong>e unmittelbare Bedrohung für die<br />

Vere<strong>in</strong>igten Staaten darstelle, umfasst<br />

Überlegungen über den e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Handlungsspielraum (relevant w<strong>in</strong>dow<br />

of opportunity to act), E<strong>in</strong>schätzungen<br />

über den Schaden, welcher die Zivilbevölkerung<br />

treffen könnte, wenn dieser<br />

Spielraum nicht ausgenützt wird <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Urteil über die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

zukünftige gefährliche Angriffe gegen<br />

die Vere<strong>in</strong>igten Staaten verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu<br />

können.“<br />

Resümee<br />

Was Hol<strong>der</strong> hier als Entscheidungskriterien<br />

vorschlägt, s<strong>in</strong>d Überlegungen<br />

über die Effektivität e<strong>in</strong>er Handlung.<br />

Diese können nie die Begründungs-<br />

Zunahme <strong>der</strong> US-Drohnenangriffe<br />

Pakistan<br />

Jemen<br />

Somalia<br />

last für den E<strong>in</strong>satz von Gewalt mit geplanter<br />

Todesfolge tragen. Außerdem<br />

bedeutet e<strong>in</strong>e extensive Interpretation<br />

des Rechts auf Selbstverteidigung<br />

nicht nur, dass die zwischenstaatlichen<br />

Regelungen <strong>der</strong> UN-Charta unterlaufen<br />

werden. Sie impliziert auch e<strong>in</strong>en<br />

durch nationale Sicherheits<strong>in</strong>teressen<br />

diktierten Vorbehalt gegenüber den im<br />

UN-Menschenrechtspakt formulierten<br />

Menschenrechten. Davon s<strong>in</strong>d auch<br />

amerikanische Staatsbürger betroffen,<br />

denen Hol<strong>der</strong> ausdrücklich das<br />

verfassungsmäßig garantierte Recht<br />

auf e<strong>in</strong>en fairen Prozess als absoluten<br />

Rechtsanspruch abspricht.<br />

Kompass 11I12<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung<br />

<strong>der</strong> Redaktion entnommen aus:<br />

„Stimmen <strong>der</strong> Zeit“,<br />

Heft 8/2012, S. 505–506<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

1<br />

1<br />

1 3 5 35 53 117 64 18<br />

2 4 10 22<br />

3 2 1 2 1<br />

7<br />

Quelle: Long War Journal, Zahlen bis Ende Mai 2012<br />

Gr<strong>und</strong>satz


Interview<br />

Kompass: Im Mittelpunkt des öffentlichen<br />

Interesses steht <strong>der</strong>zeit e<strong>in</strong> Rüstungsbeschaffungsvorhaben,<br />

geme<strong>in</strong>t<br />

s<strong>in</strong>d bewaffnete Drohnen, welches<br />

aus Sicht zweier Bischöfe <strong>in</strong> Deutschland,<br />

namentlich des Militärbischofs<br />

Dr. Franz-Josef Overbeck <strong>und</strong> des Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Deutschen Kommission<br />

Justitia et Pax, Bischof Dr. Stephan<br />

Ackermann, e<strong>in</strong>er ethischen Prüfung<br />

zu unterziehen ist. Ärgert Sie das?<br />

O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gefragt: Wie gehen Sie als<br />

Inspekteur <strong>der</strong> Luftwaffe damit um?<br />

General Müllner: Rüstungsvorhaben<br />

führten auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit zu<br />

kontroversen Diskussionen. Deshalb<br />

ärgern mich die jüngsten Wortmeldungen<br />

überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil:<br />

Ich begrüße, dass wir offen <strong>und</strong><br />

auch öffentlich darüber diskutieren.<br />

Zugleich bedaure ich aber, dass die<br />

momentane Debatte aus me<strong>in</strong>er Sicht<br />

am Kern eher vorbei geht. Denn so sehr<br />

ich die emotionalen Reaktionen bei <strong>der</strong><br />

Thematik des sogenannten „gezielten<br />

Tötens“ auch nachvollziehen kann:<br />

Diese Frage ist unabhängig davon zu<br />

beantworten, ob wir dieses o<strong>der</strong> jenes<br />

Rüstungsvorhaben realisieren. Me<strong>in</strong>e<br />

Aufgabe ist es zu erklären, warum die<br />

Luftwaffe das Ziel verfolgt, unbemannte<br />

Luftfahrzeuge zu beschaffen <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>zusetzen. Und da will ich ke<strong>in</strong>en<br />

Zweifel aufkommen lassen: Uns geht<br />

es nicht um die Tötung von Terroristen,<br />

8 Kompass 11I12<br />

„Unser Ziel ist<br />

<strong>der</strong> Schutz<br />

unserer <strong>Soldat</strong>en<br />

im E<strong>in</strong>satz“<br />

Interview mit dem Inspekteur <strong>der</strong> Luftwaffe,<br />

Generalleutnant Karl Müllner<br />

son<strong>der</strong>n um den Schutz unserer <strong>Soldat</strong>en<br />

im E<strong>in</strong>satz. Wer <strong>Soldat</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

bewaffneten Konfl ikt schickt, sollte<br />

nicht vorschnell unbemannte bewaffnete<br />

Luftfahrzeuge als unethisch ablehnen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>satz ausschließen.<br />

Zumal sie sich ethisch nicht von bemannten<br />

Luftfahrzeugen unterscheiden<br />

<strong>und</strong> den gleichen E<strong>in</strong>satzregeln unterliegen.<br />

Kompass: Warum befürworten Sie die<br />

Beschaffung von unbemannten bewaffneten<br />

Luftfahrzeugen für die Luftwaffe<br />

<strong>in</strong> Deutschland?<br />

General Müllner: Die Vorteile unbemannter<br />

Luftfahrzeuge bestehen vor allem<br />

<strong>in</strong> drei D<strong>in</strong>gen: Erstens, sie können<br />

wesentlich länger am E<strong>in</strong>satzort se<strong>in</strong><br />

als vergleichbare bemannte Systeme,<br />

zweitens s<strong>in</strong>d sie dadurch fast dauerhaft<br />

verfügbar <strong>und</strong> drittens schnell abrufbar.<br />

Die B<strong>und</strong>eswehr hat mit unbemannten<br />

Aufklärungssystemen <strong>in</strong> Afghanistan<br />

bereits viele positive Erfahrungen gesammelt.<br />

So liefert die HERON 1 Informationen,<br />

die den Schutz unserer<br />

<strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en im E<strong>in</strong> satz<br />

vergrößern. Beispiele dafür s<strong>in</strong>d erkannte<br />

Sprengfallen o<strong>der</strong> die Warnung<br />

unserer Patrouillen vor e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>terhalt<br />

durch fe<strong>in</strong>dliche Kämpfer.<br />

Aufklärungssysteme können fe<strong>in</strong>dliche<br />

Kämpfer während e<strong>in</strong>es Überfalls auf<br />

unsere <strong>Soldat</strong>en zwar beobachten,<br />

aber nicht wirksam e<strong>in</strong>greifen. Dafür<br />

brauchen sie an<strong>der</strong>e Systeme, das<br />

kostet Zeit, Koord<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> nicht zuletzt<br />

auch Geld. Das Hauptargument<br />

für unbemannte bewaffnete Systeme<br />

ist daher e<strong>in</strong>deutig <strong>der</strong> bessere Schutz<br />

unserer <strong>Soldat</strong>en im E<strong>in</strong>satz. Wie soll<br />

man <strong>Soldat</strong>en erklären, dass unbemannte<br />

Luftfahrzeuge nur beobachten<br />

<strong>und</strong> nicht unmittelbar unterstützen<br />

können? Warum sollte es notwendig<br />

se<strong>in</strong>, wertvolle Zeit zu vergeuden, bis<br />

e<strong>in</strong> bemannter Jagdbomber herbeigerufen<br />

wird, <strong>der</strong>, wenn er dann noch rechtzeitig<br />

am E<strong>in</strong>satzort ist, mit ähnlicher<br />

Bewaffnung die gleiche Wirkung erzielt,<br />

wie e<strong>in</strong> unbemanntes bewaffnetes<br />

System?<br />

Kompass: Kritiker weisen darauf h<strong>in</strong>,<br />

dass unbemannte bewaffnete Luftfahrzeuge<br />

„Terror aus <strong>der</strong> Luft“ verbreiten.<br />

Würde dies nicht unter den Begriff <strong>der</strong><br />

„Heimtücke“ subsumiert werden können?<br />

General Müllner: Auch diese Frage<br />

deutet auf e<strong>in</strong>en falschen Kontext. In<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung ist<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz unbemannter bewaffneter<br />

Luftfahrzeuge sche<strong>in</strong>bar fest mit dem<br />

sogenannten „gezielten Töten“ verbun-<br />

© B<strong>und</strong>eswehr / S. Wilke


den. Im Falle e<strong>in</strong>er Nutzung durch die<br />

B<strong>und</strong>eswehr wäre jedoch genau das<br />

Gegenteil richtig: Wir können mit bewaffneten<br />

unbemannten Luftfahrzeugen<br />

h<strong>in</strong>terhältige Angriffe auf unsere<br />

<strong>Soldat</strong>en verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Es geht also nicht<br />

um die Frage des „Terrors aus <strong>der</strong><br />

Luft“, son<strong>der</strong>n um das Ziel „Schutz am<br />

Boden“, um Angriffen wirksam begegnen<br />

zu können. Und deshalb verwahre<br />

ich mich auch gegenüber dem impliziten<br />

Vorwurf <strong>der</strong> Heimtücke, <strong>der</strong> ja im<br />

gleichen Zusammenhang das e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e mal zu hören ist.<br />

Kompass: Mit Blick auf die Gewissensbelastung<br />

für <strong>Soldat</strong>en, die an e<strong>in</strong>em<br />

möglichen E<strong>in</strong>satz bewaffneter Drohnen<br />

mitwirken: Wird es Regeln für e<strong>in</strong>en<br />

Drohnene<strong>in</strong>satz geben, um mit<br />

diesem E<strong>in</strong>satz gezielt zu töten?<br />

General Müllner: Ich wie<strong>der</strong>hole es gerne:<br />

Unser Ziel ist <strong>der</strong> Schutz unserer<br />

<strong>Soldat</strong>en im E<strong>in</strong>satz, gerade wenn sie<br />

unmittelbar bedroht s<strong>in</strong>d.<br />

Das geltende humanitäre Völkerrecht<br />

regelt den E<strong>in</strong>satz unbemannter Luftfahrzeuge<br />

im bewaffneten Konfl ikt<br />

umfassend <strong>und</strong> angemessen. Auch <strong>in</strong><br />

rechtlicher H<strong>in</strong>sicht unterscheiden sich<br />

unbemannte Systeme gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nicht von bemannten Plattformen. Daher<br />

gelten für unbemannte bewaffnete<br />

Luftfahrzeuge die gleichen E<strong>in</strong>satzregeln.<br />

Diese s<strong>in</strong>d wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die parlamentarischen Entscheidungen<br />

über den bewaffneten E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>eswehr. Ich habe großes Vertrauen,<br />

dass diese stets im Rahmen unserer<br />

eigenen, durch unsere Geschichte<br />

geprägten Werte <strong>und</strong> Normen fallen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus werden im E<strong>in</strong>satz<br />

selbst alle wesentlichen Entscheidun-<br />

© B<strong>und</strong>eswehr / S. Wilke<br />

gen, wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bemannten Luftfahrzeug,<br />

von Menschen getroffen <strong>und</strong><br />

verantwortet. Die E<strong>in</strong>satzregeln bilden<br />

dafür den verb<strong>in</strong>dlichen Rahmen. Diese<br />

entb<strong>in</strong>den den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Soldat</strong>en<br />

natürlich nicht davon, se<strong>in</strong> Gewissen<br />

zu prüfen <strong>und</strong> sich mit se<strong>in</strong>em Handeln<br />

kritisch ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen. Auch<br />

deshalb wollen wir, dass beim E<strong>in</strong>satz<br />

unbemannter bewaffneter Luftfahrzeuge<br />

<strong>der</strong> direkte Bezug zum realen<br />

E<strong>in</strong>satz erhalten bleibt <strong>und</strong> wo immer<br />

machbar, sich das Bedienpersonal so<br />

nah wie möglich am E<strong>in</strong>satzgebiet befi<br />

ndet.<br />

Kompass: Denken Sie, dass sich durch<br />

unbemannte bewaffnete Luftfahrzeuge<br />

die Bereitschaft zur Kriegsführung verän<strong>der</strong>t<br />

<strong>und</strong> die „Schwelle <strong>der</strong> Gewaltanwendung“<br />

s<strong>in</strong>ken wird?<br />

General Müllner: Ich halte diese Sorge<br />

für unbegründet. Die Existenz unbemannter<br />

bewaffneter Luftfahrzeuge<br />

führt nicht automatisch zu e<strong>in</strong>er neuen<br />

„Militärstrategie“. Ganz gr<strong>und</strong>sätzlich:<br />

Der Umgang mit Konfl ikten wird politisch<br />

entschieden. Es gilt das Primat<br />

<strong>der</strong> Politik. Dem E<strong>in</strong>satz von Streitkräften<br />

geht dabei e<strong>in</strong>e Gesamtabwägung<br />

aller relevanten Faktoren voraus. Auch<br />

<strong>der</strong> bereits begonnene öffentliche<br />

Dialog über die Nutzung unbemannter<br />

bewaffneter Luftfahrzeuge zeigt deutlich,<br />

dass die Gefahr e<strong>in</strong>es leichtfertigen<br />

E<strong>in</strong>satzes unbegründet ist. Diesen<br />

Dialog sollten wir fortsetzen, sachlich,<br />

zielorientiert <strong>und</strong> mit Blick auch auf<br />

unsere Verantwortung gegenüber den<br />

<strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en im E<strong>in</strong>satz.<br />

Kompass 11I12<br />

Das Interview führte Josef König.<br />

Drohnen s<strong>in</strong>d durch ihre ger<strong>in</strong>ge Größe gerade im E<strong>in</strong>satz leicht handhabbar.<br />

9<br />

Interview


Kommentar zur Sache<br />

© UN Photo by Jean-Marc Ferré<br />

Wenn wir uns etwas kaufen wollen,<br />

spielen immer verschiedene Motivationen<br />

zusammen. Die Freude am<br />

Aussuchen, das Aufgeben <strong>der</strong> Bestellung,<br />

das Warten auf das E<strong>in</strong>treffen des<br />

bestellten Guts, <strong>der</strong> h<strong>in</strong>zugewonnene<br />

Status durch den Besitz des Gegenstands,<br />

<strong>der</strong> Nutzen des Gegenstands,<br />

vielleicht auch die Freude, die wir dem<br />

Verkäufer machen <strong>und</strong> vieles mehr. Wir<br />

halten das normalerweise für unproblematisch.<br />

Nun wird überlegt, ob die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Drohnen kaufen sollte.<br />

Was würden wir sagen, wenn wir<br />

sehen würden, dass sich e<strong>in</strong>er schon<br />

am Aussuchen erfreut, <strong>der</strong> nächste die<br />

B<strong>und</strong>eswehr damit wie<strong>der</strong> auf Augenhöhe<br />

mit den Militärs an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong><br />

sieht, <strong>der</strong> Dritte e<strong>in</strong>em befre<strong>und</strong>eten<br />

Unternehmen aus <strong>der</strong> Industrie e<strong>in</strong>en<br />

Auftrag verschaffen will? Wir würden<br />

sagen, dass das ke<strong>in</strong>e Motive s<strong>in</strong>d, die<br />

den Kauf ethisch rechtfertigen können.<br />

Gibt es überhaupt Motive, die den Kauf<br />

von Waffen rechtfertigen können?<br />

Der B<strong>und</strong>esverteidigungsm<strong>in</strong>ister wird<br />

mit den Worten zitiert: „Ethisch ist e<strong>in</strong>e<br />

Waffe stets als neutral zu betrachten.“<br />

Nun wird man nicht bestreiten können,<br />

dass Waffen auf Gewaltanwendung<br />

ausgelegt s<strong>in</strong>d. Wer, wie viele Christen,<br />

Gewaltanwendung als gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

mit e<strong>in</strong>em sittlichen Makel behaftet<br />

10 Kompass 11I12<br />

Soll Deutschland<br />

Kampfdrohnen kaufen?<br />

E<strong>in</strong> Kommentar von Bernhard Koch,<br />

Projektleiter am Institut für Theologie <strong>und</strong> Frieden (IThF), Hamburg<br />

19. Sitzung des Menschenrechtsrates <strong>in</strong> Genf am 29. Februar 2012<br />

ansieht, kann diesen Makel auch nicht<br />

von <strong>der</strong> Waffe tilgen. Das schließt aber<br />

nicht aus, dass es auch für Christen<br />

legitime Gewalt geben kann. Gehen wir<br />

also für die weiteren Überlegungen <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>fachheit halber davon aus, dass die<br />

bewaffneten Drohnen – <strong>und</strong> nur von<br />

diesen soll hier die Rede se<strong>in</strong>, nicht<br />

von unbemannten <strong>und</strong> unbewaffneten<br />

Aufklärungsfl iegern – nur für legitime<br />

Gewalthandlungen e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

Dann wird man mit e<strong>in</strong>igem Recht fragen<br />

dürfen, ob solche Drohnen, die die<br />

<strong>Soldat</strong>en als legitimierte Rechtsdurchsetzer<br />

<strong>in</strong> ihrer Arbeit schützen <strong>und</strong><br />

unterstützen, nicht sogar die ethisch<br />

vorzugswürdige Alternative zu jenen<br />

Waffensystemen s<strong>in</strong>d, die sie <strong>in</strong> Gefahr<br />

br<strong>in</strong>gen.<br />

Problem Fernsteuerung <strong>und</strong><br />

Automatisierung<br />

Manchmal wird e<strong>in</strong>gewendet, e<strong>in</strong>e Form<br />

<strong>der</strong> Ritterlichkeit gebiete es den <strong>Soldat</strong>en,<br />

dann, wenn sie an<strong>der</strong>e mit Gewalt<br />

angreifen, sich auch selbst <strong>der</strong> möglichen<br />

Gegengewalt auszusetzen. Das<br />

ist verständlich unter <strong>der</strong> Annahme,<br />

dass Krieg so etwas wie e<strong>in</strong> sportlicher<br />

Wettkampf ist, aber es ist schwer nachzuvollziehen,<br />

wenn klar ist, wer legitim<br />

Gewalt anwendet <strong>und</strong> wer illegitim. Insofern<br />

s<strong>in</strong>d Waffen durchaus von un-<br />

terschiedlicher ethischer Qualität. Das<br />

Humanitäre Völkerrecht hat von <strong>der</strong> Petersburger<br />

Erklärung an darauf Wert gelegt,<br />

dass unnötige Leiden vermieden<br />

werden sollen. Wenn also e<strong>in</strong>e Waffe A<br />

mehr Leiden verursacht als die Waffe<br />

B bei gleichem militärischem Ergebnis,<br />

ist die Waffe B vorzuziehen. Kampfdrohnen<br />

sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>ige<br />

Vorteile <strong>in</strong> Anspruch nehmen zu können,<br />

z. B. ger<strong>in</strong>gere kollaterale Schäden<br />

durch zielgenauere Treffer. Natürlich<br />

s<strong>in</strong>d die automatisierten Systeme nicht<br />

fehlerfrei; die Frage ist aber, ob sie<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger Fehler machen als<br />

die humanen ‚Systeme‘.<br />

Und doch ist diese knappe, sche<strong>in</strong>bar<br />

objektivierte Analyse nicht h<strong>in</strong>reichend.<br />

Denn Handeln, zumal gewaltsames<br />

Handeln, darf nicht nur betrachtet werden<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die Folgen, son<strong>der</strong>n<br />

muss <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wirkung auf das handelnde<br />

Subjekt ernst genommen werden.<br />

Wenn dem äußeren Vollzug nach<br />

das Töten e<strong>in</strong>es Menschen ke<strong>in</strong>en Unterschied<br />

mehr aufweist zum „Abknipsen“<br />

von Gegnern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fe<strong>in</strong> entwickelten<br />

Computerspiel, dann ist es<br />

nicht so verw<strong>und</strong>erlich, wenn bei dem<br />

e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Bediener <strong>der</strong> Steuerungse<strong>in</strong>heiten<br />

auch <strong>der</strong> <strong>in</strong>nere Vollzug<br />

ähnlich dem beim elektronischen<br />

Spielplatz wird. Das ist ke<strong>in</strong>e logische


© Luftwaffe / Northrop Grumman<br />

Folge, aber e<strong>in</strong>e psychologische durchaus.<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Frage also müsste<br />

se<strong>in</strong>, mit welchen E<strong>in</strong>satzregeln man<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n will, dass Drohnenpiloten<br />

– überspitzt ausgedrückt – zu Punktesammlern<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kriegsspiel werden.<br />

„Targeted Kill<strong>in</strong>g“ mit Drohnen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Waffen<br />

Noch etwas kommt h<strong>in</strong>zu: Auch wenn<br />

wir die Frage des E<strong>in</strong>satzes von bewaffneten<br />

Drohnen <strong>und</strong> das sogenannte<br />

„gezielte Töten“ sachlich <strong>und</strong> begriffl ich<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>halten müssen, weil es<br />

gezieltes Töten auch mit Kle<strong>in</strong>waffen<br />

geben <strong>und</strong> man mit bewaffneten Drohnen<br />

auch wahllos töten kann, so muss<br />

man doch konzedieren, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Realität<br />

<strong>der</strong> Gegenwart beides meistens<br />

zusammengeht. Gegen das gezielte Töten<br />

von Personen, von denen ke<strong>in</strong>e unmittelbare<br />

Bedrohung ausgeht <strong>und</strong> die<br />

sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rechtsförmigen Verfahren<br />

verteidigen konnten, darf man<br />

aber große ethische E<strong>in</strong>wände erheben.<br />

Auf ganz dünnem ethischem Eis<br />

bewegt man sich mit den sogenannten<br />

„signature strikes“, die durch die bloße<br />

Identifi kation von Verhaltensmustern<br />

Computerprogramme zu Entschei<strong>der</strong>n<br />

über Leben <strong>und</strong> Tod machen. Zudem<br />

werden Drohnen <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>satzgebieten<br />

als Demonstration technologischer<br />

Überlegenheit <strong>und</strong> als heimtückisch<br />

empf<strong>und</strong>en, was wie<strong>der</strong>um erneute Gewaltbereitschaft<br />

bei Gegnern auslöst.<br />

Was spricht eigentlich dagegen, dass<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik – zunächst jedenfalls<br />

– auf eigene Kampfdrohnen verzichtet?<br />

Das wirtschaftspolitische Argument,<br />

dass dann, wenn nicht bald e<strong>in</strong>e<br />

eigene europäische Drohne entwickelt<br />

wird, Europa <strong>in</strong> technologischen Rückstand<br />

gerät, reicht aus ethischer Sicht<br />

bestimmt nicht aus. Schwerwiegen<strong>der</strong><br />

ersche<strong>in</strong>t mir <strong>der</strong> Vorwurf <strong>der</strong> Heuchelei,<br />

wenn man zwar den Nutzen des<br />

Drohnene<strong>in</strong>satzes durch an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Anspruch<br />

nehmen mag, selber allerd<strong>in</strong>gs<br />

se<strong>in</strong>e „Hände re<strong>in</strong> behalten“ will. Er<br />

wird aber aufgewogen durch das Gegenargument,<br />

dass zunehmende Nach-<br />

„Flugzeuge dürfen Waffen<br />

tragen. Warum also sollen<br />

unbemannte Flugsysteme<br />

das nicht dürfen? Das<br />

erschließt sich mir nicht“,<br />

sagte <strong>der</strong> M<strong>in</strong>ister Anfang<br />

August <strong>in</strong> den Medien.<br />

frage auch e<strong>in</strong> erweitertes Angebot<br />

schaffen wird, von dem über kurz o<strong>der</strong><br />

lang auch die militärischen Gegner profi<br />

tieren können. Bei so hochproblematischen<br />

Produkten wie Waffen sollte wohl<br />

eher e<strong>in</strong>e generelle Präsumtion für den<br />

Konsumverzicht gelten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> sehr<br />

strenger Nachweis für den tatsächlichen<br />

Bedarf geführt werden müssen.<br />

Die Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“<br />

© zebis / Sandra Bialek<br />

zum Autor:<br />

Bernhard Koch, Projektleiter am<br />

Institut für Theologie <strong>und</strong> Frieden<br />

(IThF), Hamburg<br />

Er studierte Philosophie, Logik <strong>und</strong><br />

Wissenschaftstheorie. Von 1999 bis<br />

2002 war Bernhard Koch als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an <strong>der</strong> Pädagogischen<br />

Hochschule We<strong>in</strong>garten<br />

tätig, wo er auch bis 2004 e<strong>in</strong>en<br />

Lehrauftrag <strong>in</strong>nehatte. 2006 wurde<br />

er an <strong>der</strong> Hochschule für Philosophie<br />

München promoviert.<br />

Seit September 2007 ist er am<br />

IThF tätig. Von 2008 bis 2010 war<br />

er Lehrbeauftragter an <strong>der</strong> Helmut-<br />

Schmidt-Universität <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>in</strong> Hamburg; seit W<strong>in</strong>tersemester<br />

2011 ist er Lehrbeauftragter für Philosophie<br />

an <strong>der</strong> Goethe-Universität<br />

Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. Gegenwärtig konzipiert<br />

er mit Alex Lever<strong>in</strong>ghaus von<br />

<strong>der</strong> Universität Oxford e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale<br />

Fachtagung zum E<strong>in</strong>satz von<br />

Kampfdrohnen.<br />

Zum Thema empfi ehlt er e<strong>in</strong>e brandneue<br />

Studie, die von Wissenschaftlern<br />

<strong>der</strong> Universitäten Stanford <strong>und</strong><br />

New York (NYU) unter dem Titel „Liv<strong>in</strong>g<br />

<strong>und</strong>er Drones“ erarbeitet worden<br />

ist (www.liv<strong>in</strong>g<strong>und</strong>erdrones.org).<br />

Die Forscher haben <strong>in</strong> zahlreichen<br />

Interviews im afghanisch-pakistanischen<br />

Grenzgebiet untersucht, was<br />

es heißt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gegend zu leben,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Überfl ug von unbemannten,<br />

aber bewaffneten Flugkörpern<br />

zum Alltag gehört.<br />

Kompass 11I12<br />

11<br />

Kommentar zur Sache


Kolumne<br />

des Wehrbeauftragten<br />

Anerkennung für unsere Veteranen<br />

Kolumne des Wehrbeauftragten des Deutschen B<strong>und</strong>estages, Hellmut Königshaus<br />

Am 17. Oktober konnte ich bei me<strong>in</strong>em Jahresempfang<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> r<strong>und</strong> 500 Gäste begrüßen, darunter erstmals<br />

den Katholischen Militärbischof, S. E. Dr. Overbeck. Ich habe<br />

mich darüber sehr gefreut, denn dies zeigt, dass auch die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> die Zusammenarbeit mit<br />

dem Wehrbeauftragten schätzen.<br />

Vergleich mit Kanada <strong>und</strong> USA<br />

Der Empfang stand ganz im Zeichen <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

Veteranen-Debatte. Dazu hatte ich den kanadischen Veteranenm<strong>in</strong>ister<br />

Steven Blaney e<strong>in</strong>geladen, <strong>der</strong> uns berichtete,<br />

welche bee<strong>in</strong>druckenden Leistungen die Veteranen <strong>in</strong> Kanada<br />

erhalten. Ich hatte an dieser Stelle schon e<strong>in</strong>mal davon<br />

berichtet, dass <strong>der</strong> amerikanische Veteranenm<strong>in</strong>ister jährlich<br />

über e<strong>in</strong> Budget verfügt, das etwa das Dreifache unseres gesamten<br />

Verteidigungshaushaltes beträgt. Die dortigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

s<strong>in</strong>d natürlich mit den Verhältnissen hier<br />

nicht vergleichbar; die kanadischen aber schon eher. Auch<br />

dort müssen wir <strong>in</strong>dessen mit Respekt feststellen, dass dieses<br />

Land viel mehr für se<strong>in</strong>e Veteranen tut als wir <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Für den Veteranenm<strong>in</strong>ister arbeiten r<strong>und</strong> 3.000 Mitarbeiter,<br />

se<strong>in</strong> Etat beträgt umgerechnet etwa 2 Milliarden Euro.<br />

Auch wenn <strong>in</strong> Kanada e<strong>in</strong> weit gefasster Veteranenbegriff<br />

dazu führt, dass aus diesem Etat r<strong>und</strong> 700.000 ehemalige<br />

<strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en betreut werden, muss uns e<strong>in</strong> Vergleich<br />

mit hiesigen Verhältnissen betroffen machen. Gewiss,<br />

es ist schon viel geschehen, aber wer das Buch des Kosovo-<br />

<strong>und</strong> Afghanistan-Heimkehrers Sedlatzek-Müller gelesen hat,<br />

weiß, was noch zu tun ist.<br />

Wer ist „Veteran“?<br />

Der Verteidigungsm<strong>in</strong>ister möchte, wie er auf dem Empfang<br />

sagte, künftig diejenigen als Veteranen betrachten, die <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Auslandse<strong>in</strong>satz gedient haben, also die E<strong>in</strong>satzmedaille<br />

erhalten haben, <strong>und</strong> aus dem aktiven Dienst <strong>der</strong><br />

Streitkräfte ausgeschieden s<strong>in</strong>d. Ich halte diese E<strong>in</strong>grenzung<br />

für richtig, denn es geht ja weniger um Paraden, Ehrentage<br />

<strong>und</strong> Abzeichen als vielmehr um Fürsorge <strong>und</strong> tätige Hilfe<br />

für diejenigen, die nach ihrem E<strong>in</strong>satz für unser Land Unterstützung<br />

benötigen. Damit würde e<strong>in</strong>em bereits bestehenden<br />

gesetzlichen Anspruch dieses Personenkreises endlich<br />

Rechnung getragen. In § 31 Abs. 1 des <strong>Soldat</strong>engesetzes ist<br />

festgelegt, dass <strong>der</strong> Dienstherr Fürsorge auch nach Beendigung<br />

des Dienstes schuldet, <strong>und</strong> „nach <strong>der</strong> Beendigung des<br />

Dienstes“ reicht eben über den Entlassungstag h<strong>in</strong>aus bis<br />

ans Lebensende. Um diesem Anspruch gerecht zu werden,<br />

ist es erfor<strong>der</strong>lich, dass wir diejenigen, die im E<strong>in</strong>satz be-<br />

12 Kompass 11I12<br />

son<strong>der</strong>en Belastungen ausgesetzt waren, im Auge behalten.<br />

Denn oftmals werden die Folgen erst nach Jahren sichtbar.<br />

Dann s<strong>in</strong>d die <strong>Soldat</strong><strong>in</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Soldat</strong>, wenn sie sich nicht<br />

aus eigenem Antrieb melden, auf sich alle<strong>in</strong> gestellt. Die<br />

E<strong>in</strong>satzrückkehrer müssen wir daher nach ihrer Entlassung<br />

mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Status erfassen. Das ist ke<strong>in</strong>e Herabsetzung<br />

<strong>der</strong>jenigen, die noch aktiv s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> – aus welchen<br />

Jahresempfang des Wehrbeauftragten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen<br />

Parlamentarischen Gesellschaft: Königshaus (l<strong>in</strong>ks) im<br />

Gespräch mit Gästen, darunter <strong>der</strong> kanadische M<strong>in</strong>ister<br />

Blaney (2. v. l.) <strong>und</strong> Militärbischof Overbeck (rechts)<br />

Gründen auch immer – nicht im E<strong>in</strong>satz waren. Denn diese<br />

s<strong>in</strong>d als Aktive sowieso erfasst, o<strong>der</strong> aber sie haben, da sie<br />

nicht im E<strong>in</strong>satz waren, auch ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>satzbelastungen ertragen,<br />

<strong>der</strong>en weitere Entwicklung beobachtet werden muss.<br />

Natürlich gibt es im Dienst auch an<strong>der</strong>e Belastungen, aber<br />

die haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht die Spätwirkungen, die den<br />

posttraumatischen Belastungen e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>satzrückkehrers<br />

eigen s<strong>in</strong>d. Daher halte ich die Defi nition des M<strong>in</strong>isters für<br />

richtig. So müssen auch ke<strong>in</strong>e neuen Bürokratien geschaffen<br />

werden. Der E<strong>in</strong>satzbezug ist mit <strong>der</strong> Verleihung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzmedaille<br />

bereits gegeben. Man muss die Träger dieser<br />

Medaille nach <strong>der</strong> Entlassung nur von „aktiv“ auf „V“ wie Veteran<br />

umschreiben, was im Computerzeitalter ke<strong>in</strong> wirkliches<br />

Bürokratieproblem auslösen dürfte.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs müsste dann mit diesen Veteranen auch etwas<br />

geschehen. Sie müssten betreut <strong>und</strong> behandelt werden,<br />

wenn sich Probleme zeigen. Das kostet Geld. Aber Fürsorgeansprüche,<br />

die nichts kosten dürfen, s<strong>in</strong>d auch nichts als<br />

Luftballons.<br />

© Deutscher B<strong>und</strong>estag / Anke Jacob (2)<br />

Kolumne<br />

des Wehrbeauftragten


Jahr für Jahr wird am Abend des<br />

11. November des heiligen Mart<strong>in</strong>us’<br />

gedacht. Hoch zu Ross führt <strong>der</strong> Offi zier<br />

e<strong>in</strong>e Lichterprozession von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit<br />

ihren bunten Laternen an. Dann wird<br />

e<strong>in</strong> Ereignis nachgespielt, das sich im<br />

W<strong>in</strong>ter des Jahres 334 vor den Toren<br />

<strong>der</strong> Stadt Amiens ereignete: Mart<strong>in</strong>us,<br />

e<strong>in</strong> Gardeoffi zier <strong>der</strong> römischen Reiterei,<br />

mit <strong>Soldat</strong>en unterwegs,<br />

sieht am Wegesrand e<strong>in</strong>en<br />

frierenden Bettler. Kurz entschlossen<br />

teilt er se<strong>in</strong>en weiten<br />

Mantel <strong>und</strong> gibt die Hälfte<br />

dem Bettler. Sulpicius Severus,<br />

<strong>der</strong> Leben <strong>und</strong> Wirken des<br />

Heiligen beschreibt, überliefert<br />

auch den Traum, den <strong>der</strong><br />

Reiteroffi zier <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden<br />

Nacht hatte: siehe Bild (vgl.<br />

Mt 25,36.40).<br />

Im Jahr 317 wurde Mart<strong>in</strong>us <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> römischen Garnisonsstadt<br />

Sabaria (Szombathely/Ungarn)<br />

geboren; aufgewachsen<br />

<strong>in</strong> Pavia, wo er – gegen <strong>der</strong> Willen<br />

se<strong>in</strong>er Eltern – Kontakt zur<br />

christlichen Geme<strong>in</strong>de suchte.<br />

Auf Druck se<strong>in</strong>es Vaters<br />

musste <strong>der</strong> junge Mart<strong>in</strong>us<br />

die Offi zierslaufbahn e<strong>in</strong>schlagen.<br />

An Ostern 334 empfi ng<br />

er das Sakrament <strong>der</strong> Taufe.<br />

In diese frühe Zeit fallen das<br />

Ereignis <strong>der</strong> Mantelteilung <strong>und</strong><br />

etwa zwei Jahre später se<strong>in</strong><br />

Entschluss, künftig als <strong>Soldat</strong><br />

nur noch Christus zu dienen.<br />

So tritt er vor den Kaiser Julian<br />

Apostata <strong>und</strong> will se<strong>in</strong>en<br />

Militärdienst aus christlicher<br />

Überzeugung quittieren, was mit dem<br />

Vorwurf <strong>der</strong> Feigheit abgelehnt wird. Unbewaffnet<br />

– nur mit dem Zeichen des<br />

Kreuzes –, sagt Mart<strong>in</strong>us, wolle er bei<br />

<strong>der</strong> nächsten Schlacht se<strong>in</strong>en Mut <strong>und</strong><br />

mehr noch se<strong>in</strong>en christlichen Glauben<br />

bezeugen. Aus dem Heer entlassen,<br />

geht er zu Bischof Hilarius von Poitiers.<br />

Bee<strong>in</strong>druckt vom Vorbild, dem Leben<br />

Mart<strong>in</strong>us – <strong>Soldat</strong>,<br />

Mönch <strong>und</strong> Bischof<br />

Geblieben ist die Tat <strong>der</strong> Liebe<br />

<strong>und</strong> den Predigten dieses Bischofs,<br />

lebt Mart<strong>in</strong>us an verschiedenen Orten<br />

als E<strong>in</strong>siedler, errichtet bei Ligugé e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>siedelei, aus <strong>der</strong> das erste Kloster<br />

des Abendlandes hervorgeht. 371 wird<br />

Mart<strong>in</strong>us vom Volk zum Bischof von<br />

Tours gewählt. Der Legende nach will<br />

er sich diesem Amt durch Flucht, versteckt<br />

auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gänsestall, ent-<br />

Das offi zielle Mart<strong>in</strong>us-Bild <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-Stuttgart<br />

zeigt diesen Traum des Diözesanpatrons: <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Offi -<br />

zier Mart<strong>in</strong>us, bekleidet mit dem roten Mantel, dessen e<strong>in</strong>en Teil<br />

am rechten unteren Bildrand <strong>der</strong> Bettler <strong>in</strong> Händen hält, den<br />

an<strong>der</strong>en Teil am oberen l<strong>in</strong>ken Rand umfasst Jesus selbst. Der<br />

Mantel durchzieht das ganze Bild: das rote Band <strong>der</strong> Liebe;<br />

bekräftigt durch e<strong>in</strong> Spruchband: „mit diesem Mantel hat Mart<strong>in</strong>us,<br />

<strong>der</strong> Taufbewerber, mich bekleidet“ (vgl. Mt 25,36.40)<br />

Mantelteilung des hl. Mart<strong>in</strong>, oberdeutsch, um 1440; © Diözesanmuseum Rottenburg<br />

ziehen. Das Mitte November beliebte<br />

Mart<strong>in</strong>sgans-Essen <strong>und</strong> die kle<strong>in</strong>en Hefegänschen,<br />

die die K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach dem<br />

Mart<strong>in</strong>sspiel erhalten, gehen auf diese<br />

Legende zurück.<br />

Als Bischof von Tours gründete er die<br />

berühmte Abtei Marmoutier <strong>und</strong> lebte<br />

weiterh<strong>in</strong> – soweit das möglich war<br />

– als Mönch <strong>und</strong> E<strong>in</strong>siedler. Er prägte<br />

Diözese, Volk <strong>und</strong> Klerus durch Visitationen<br />

<strong>und</strong> Synoden, Predigten <strong>und</strong> Bildungsangebote,<br />

durch se<strong>in</strong> Auftreten<br />

gegen die Irrlehre des Arius <strong>und</strong> se<strong>in</strong><br />

Geschick, Streitigkeiten zu schlichten,<br />

se<strong>in</strong>e asketische Bescheidenheit sowie<br />

se<strong>in</strong>en Kampf gegen das Böse. Im<br />

hohen Alter, müde <strong>und</strong> krank, möchte<br />

Bischof Mart<strong>in</strong>us sterben; auf<br />

die Bitten se<strong>in</strong>er Priester gibt<br />

<strong>der</strong> die Antwort: „Heimkehren<br />

möchte ich zu Christus; wenn<br />

jedoch me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz hier noch<br />

vonnöten ist, dann weise ich<br />

die Arbeitslast nicht von mir“.<br />

Ins nahe Candes gerufen, um<br />

dort e<strong>in</strong>en Streit unter dem<br />

Klerus zu schlichten, stirbt<br />

<strong>der</strong> beliebte Bischof am 8.<br />

November 397, se<strong>in</strong>em ausdrücklichen<br />

Wunsch gemäß<br />

auf nackter Erde. In se<strong>in</strong>er<br />

Bischofsstadt Tours wird Mart<strong>in</strong>us<br />

am 11. November 397<br />

beigesetzt. Se<strong>in</strong>e Verehrung<br />

erfuhr weite Verbreitung. Viele<br />

frühe <strong>Kirche</strong>n haben Mart<strong>in</strong>us<br />

als ihren <strong>Kirche</strong>npatron <strong>und</strong><br />

viele Menschen als Namenspatron,<br />

so auch Mart<strong>in</strong> Luther,<br />

<strong>der</strong> am 10. November 1483<br />

Kompass 11I12<br />

geboren <strong>und</strong> am folgenden<br />

Tag auf den Namen des Tagesheiligen<br />

Mart<strong>in</strong>us getauft<br />

wurde.<br />

Neben all diesen vielen Leistungen<br />

ist vor allem die Tat<br />

e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Augenblicks<br />

geblieben: die Tat <strong>der</strong> Liebe.<br />

Mart<strong>in</strong>us, <strong>der</strong> <strong>Soldat</strong>, „<strong>der</strong><br />

später Mönch <strong>und</strong> Bischof wurde, verdeutlicht<br />

wie e<strong>in</strong>e Ikone den unersetzlichen<br />

Wert des <strong>in</strong>dividuellen Liebes-<br />

Zeugnisses“ (Papst Benedikt XVI.,<br />

Deus caritas est).<br />

Johannes-W. Mart<strong>in</strong>, Standortpfarrer für<br />

Ummendorf im Nebenamt (i. N.) <strong>und</strong><br />

Stadtpfarrer, Neu-Ulm<br />

13<br />

Auf e<strong>in</strong> Wort


57. Gesamtkonferenz<br />

Kommunikation ist e<strong>in</strong> Megathema<br />

Militärbischof Overbeck würdigt Kommunikation – als echte Form des Gesprächs, als Wachse<strong>in</strong> für die „Communio“. Indem<br />

wir kommunizieren, schaffen wir Geme<strong>in</strong>schaft, leben wir das Wort Gottes – <strong>und</strong> das ist ganz neu e<strong>in</strong>e große Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

unserer Zeit.<br />

Bischof Overbeck betonte, referierend<br />

auf „Communio“, die „Riesenchancen<br />

unserer Zeit, durch die vielfältigen Kommunikationswege<br />

neue Formen von Geme<strong>in</strong>schaften<br />

zu pfl egen.“<br />

Im „Jahr des Glaubens“ geht es darum,<br />

das Fasz<strong>in</strong>ierende des Glaubens für<br />

alle Menschen neu herauszustellen. Es<br />

geht um Glauben als Kommunikationsgeschehen,<br />

das Geme<strong>in</strong>schaft „ermöglicht,<br />

för<strong>der</strong>t, erst wirklich begründet“.<br />

Weiterh<strong>in</strong> g<strong>in</strong>g Bischof Overbeck<br />

während des Pontifi kalamtes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

St.-Gereon-Basilika, das anlässlich <strong>der</strong><br />

57. Gesamtkonferenz <strong>der</strong> katholischen<br />

Militärgeistlichen, Pastoralreferent<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Pastoralreferenten stattfand,<br />

anhand <strong>der</strong> Beschneidungsdebatte<br />

auch auf das Thema <strong>der</strong> Religionsfreiheit<br />

e<strong>in</strong>. Der Glaube habe e<strong>in</strong>e große<br />

Lebensrelevanz, die es <strong>in</strong> jede Kultur<br />

14 Kompass 11I12<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen gilt. Er verwies darauf,<br />

dass es Glaubensüberzeugungen gibt,<br />

die zum Heiligsten gehören <strong>und</strong> nicht<br />

verhandelbar s<strong>in</strong>d. Umso wichtiger<br />

sei es, auf Religionsfreiheit zu setzen:<br />

Glaube wächst aus tiefen F<strong>und</strong>amenten<br />

<strong>und</strong> Überzeugungen – <strong>und</strong> lässt<br />

doch jedem das Recht auf eigene persönliche<br />

Entscheidung.<br />

Der Strategieprozess <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Katholischen<br />

<strong>Militärseelsorge</strong> solle vor allem<br />

e<strong>in</strong>es: für e<strong>in</strong> klares Zukunftsprofi l<br />

<strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> unter <strong>Soldat</strong>en sorgen. Dabei<br />

geht es zuallererst um Seelsorge.<br />

Weiterh<strong>in</strong> um die Schärfung des Gewissens<br />

<strong>der</strong> <strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en,<br />

so <strong>der</strong> Militärbischof. „Die <strong>Kirche</strong> unter<br />

<strong>Soldat</strong>en hat da Profi l, wo sie e<strong>in</strong>e seelsorgerische<br />

<strong>Kirche</strong> ist, die sich dem<br />

Evangelium <strong>und</strong> den konkreten Menschen<br />

zuwendet <strong>und</strong> dabei an den normalen<br />

Alltagsherausfor<strong>der</strong>ungen durch-<br />

buchstabiert, was das bedeutet.“ Und<br />

es geht schließlich um die Anschlussfähigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> an alle Lebenswelten<br />

im Heute.<br />

Konzelebrant des Pontifi kalamts war<br />

unter an<strong>der</strong>en Militärgeneralvikar Walter<br />

Wakenhut, Leiter <strong>der</strong> Kurie des Katholischen<br />

Militärbischofs <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Musikalisch<br />

umrahmt wurde die Messfeier<br />

vom Blechbläserqu<strong>in</strong>tett des Heeresmusikkorps<br />

300 unter <strong>der</strong> Leitung von<br />

Stabsfeldwebel Mathias Qu<strong>in</strong>t.<br />

Empfang des<br />

Katholischen Militärbischofs<br />

Am Gästeabend waren für den B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>ister<br />

<strong>der</strong> Verteidigung <strong>und</strong><br />

den General<strong>in</strong>spekteur <strong>der</strong> stellvertretende<br />

General<strong>in</strong>spekteur, Generalleutnant<br />

Günter Weiler, sowie für den<br />

Wehrbeauftragten M<strong>in</strong>isterialdirigent<br />

© Kompass / Jörg Volpers (4)


© Kompass / Jörg Volpers (2)<br />

Geschenke von Militärbischof Koltun beim Gästeabend <strong>in</strong> Köln<br />

Wolfgang Müller anwesend. Vom gastgebenden<br />

Erzbistum Köln war <strong>der</strong> Leiter<br />

<strong>der</strong> Abteilung Aus- <strong>und</strong> Fortbildung, Paul<br />

Kohlmaier, geladen. Aus dem Ausland<br />

waren Militärbischof Mykhaylo Koltun<br />

<strong>und</strong> Dekan Lubommyr Yavorski sowie<br />

Diakon Petro Stanko (Ukra<strong>in</strong>e), aus<br />

Neuer Ansprechpartner<br />

für die <strong>Militärseelsorge</strong><br />

Der Unterabteilungsleiter Führung Streitkräfte (FüSK II),<br />

Generalarzt Dr. Stephan Schoeps, hatte am zweiten Tag<br />

<strong>der</strong> diesjährigen Gesamtkonferenz <strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

Gelegenheit zu e<strong>in</strong>em ausführlichen Informationsgespräch<br />

über die Neuausrichtung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> die<br />

damit zusammenhängenden Konsequenzen für die <strong>Militärseelsorge</strong>.<br />

Schoeps ist mit <strong>der</strong> Neuausrichtung des Verteidigungsm<strong>in</strong>isteriums<br />

nun <strong>der</strong> neue Ansprechpartner für die <strong>Militärseelsorge</strong><br />

<strong>der</strong> beiden <strong>Kirche</strong>n <strong>in</strong> Deutschland. Während die Abteilung<br />

Recht für Fragen <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> vor <strong>der</strong> Neuausrichtung<br />

zuständig zeichnete, s<strong>in</strong>d nun <strong>der</strong> General<strong>in</strong>spekteur <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> damit die ihm zugeordneten Abteilungen im<br />

B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium <strong>der</strong> Verteidigung für gr<strong>und</strong>sätzliche <strong>und</strong><br />

praktische Fragen <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> erster Ansprechpartner<br />

für das Katholische Militärbischofsamt (KMBA) <strong>und</strong> für<br />

das Evangelische <strong>Kirche</strong>namt für die B<strong>und</strong>eswehr (EKA), beide<br />

mit Sitz <strong>in</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eshauptstadt Berl<strong>in</strong>, zuständig.<br />

Generalarzt Dr. Schoeps nutzte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

die Gelegenheit, über die Verantwortlichkeitsbereiche zu <strong>in</strong>formieren,<br />

die <strong>in</strong> weiteren m<strong>in</strong>isteriellen Abteilungen ebenfalls<br />

mit Fragen <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> befasst s<strong>in</strong>d. Dazu zählen die<br />

staatskirchenrechtlichen Belange, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung Recht<br />

angesiedelt s<strong>in</strong>d, sowie Personalangelegenheiten, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Abteilung Personal bearbeitet werden. Die Koord<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong><br />

Ungarn Bischof László Bíró, aus den<br />

USA Weihbischof F. Richard Spencer,<br />

aus <strong>der</strong> österreichischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

<strong>der</strong> Militärgeneralvikar, Prälat Dr.<br />

Franz Fahrner, sowie Militärdekan Otto<br />

Krepper, aus Kroatien Pater Vladislav<br />

Mandura <strong>und</strong> aus Polen Pfarrer Grze-<br />

gorz Bechta angereist. Im Zeichen <strong>der</strong><br />

Ökumene hieß Militärbischof Overbeck<br />

Militärgeneraldekan Matthias Heimer<br />

aus dem Evangelischen <strong>Kirche</strong>namt<br />

willkommen <strong>und</strong> die Vertreter des organisierten<br />

Laienapostolats, für den<br />

Katholikenrat den Vorsitzenden, Oberstleutnant<br />

Thomas Aßmuth, <strong>und</strong> für die<br />

Geme<strong>in</strong>schaft Katholischer <strong>Soldat</strong>en<br />

<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>esvorsitzenden, Oberstleutnant<br />

Rüdiger Attermeyer, sowie für den<br />

Beirat Innere Führung Katr<strong>in</strong> Jahnel.<br />

Unter <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ation des Leitenden<br />

Militärdekans Msgr. Ra<strong>in</strong>er Schnettker<br />

kamen anschließend General Weiler, Militärgeneraldekan<br />

Heimer <strong>und</strong> Oberstleutnant<br />

Attermeyer zu Wort. Zuletzt überreichte<br />

<strong>der</strong> ukra<strong>in</strong>ische Militärbischof<br />

Koltun se<strong>in</strong>em Amtsbru<strong>der</strong> Overbeck<br />

e<strong>in</strong>e Ikone <strong>und</strong> Militärgeneralvikar Wakenhut<br />

anlässlich se<strong>in</strong>es 70. Geburtstages<br />

nachträglich e<strong>in</strong>e Urk<strong>und</strong>e als<br />

Ausdruck se<strong>in</strong>er Dankbarkeit für die gute<br />

Zusammenarbeit <strong>und</strong> die große Hilfe bei<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> ukra<strong>in</strong>ischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

<strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten.<br />

Barbara Ogr<strong>in</strong>z<br />

damit e<strong>in</strong>hergehenden Arbeitsschritte erfolgt nach Auskunft<br />

des Unterabteilungsleiters <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Referat, welches<br />

zusätzlich zu Fragen <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> auch an gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Fragen <strong>der</strong> Inneren Führung arbeitet.<br />

Mit Blick auf die Verstetigung <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>der</strong> Führung Streitkräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> nannte<br />

Schoeps <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Weiterentwicklung <strong>der</strong> psychosozialen<br />

Netzwerke <strong>in</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr, den Umgang mit<br />

deutschen Staatsbürgern, die als Muslime den Dienst als<br />

<strong>Soldat</strong>en verrichten, sowie die weitere Entwicklung des<br />

Lebensk<strong>und</strong>lichen Unterrichtes (LKU), <strong>der</strong> als verpfl ichtende<br />

berufsethische Qualifi zierung von <strong>Militärseelsorge</strong>rn durchgeführt<br />

wird. Zum Abschluss se<strong>in</strong>es Vortrages dankte Militärgeneralvikar<br />

Walter Wakenhut für „Informationen aus erster<br />

Hand“ <strong>und</strong> fügte wörtlich h<strong>in</strong>zu: „Wir wissen uns auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

neuen Struktur <strong>in</strong> guten Händen.“<br />

Josef König<br />

Kompass 11I12<br />

15<br />

57. Gesamtkonferenz


57. Gesamtkonferenz<br />

Personalwechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

Am ersten Abend e<strong>in</strong>er Gesamtkonferenz <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong><br />

verabschiedet traditionell <strong>der</strong> Personalchef<br />

die ausgeschiedenen Mitarbeiter <strong>und</strong> stellt die neuen Militärgeistlichen<br />

<strong>und</strong> Pastoralreferenten vor. So konnte <strong>der</strong><br />

Leitende Militärdekan Msgr. Wolfgang Schilk, Referatsleiter<br />

I im Katholischen Militärbischofsamt (KMBA) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>,<br />

mit e<strong>in</strong>er Fotoauswahl an die Arbeit von sechs <strong>Militärseelsorge</strong>rn<br />

er<strong>in</strong>nern, die <strong>in</strong> den vergangenen zwölf Monaten<br />

<strong>in</strong> ihre Heimatbistümer zurückgekehrten. Dies waren im<br />

E<strong>in</strong>zelnen die Militärdekane Walter Dreesbach <strong>und</strong> Michael<br />

Bern<strong>in</strong>g, die Militärpfarrer Georg Guggemos <strong>und</strong> Andreas<br />

G<strong>in</strong>zel sowie Pastoralreferent/<strong>in</strong> Angela Reusch <strong>und</strong><br />

Thomas Stephan.<br />

Professor Sellmann: Neue Erkenntnisse für e<strong>in</strong>e erneuerte Pastoral<br />

Zum Auftakt <strong>der</strong> 57. Gesamtkonferenz<br />

<strong>der</strong> katholischen <strong>Militärseelsorge</strong>r<br />

<strong>und</strong> -seelsorger<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Bensberg<br />

brach <strong>der</strong> Bochumer Pastoraltheologe<br />

e<strong>in</strong>e Lanze für die Milieuforschung. Im<br />

Anschluss daran befassten sich die<br />

Militärgeistlichen <strong>und</strong> Pastoralreferent<strong>in</strong>n-en<br />

mit den Ergebnissen <strong>der</strong> SINUS-<br />

Milieustudien, um daraus zusätzliche<br />

Erkenntnisse für den Strategieprozess<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong> zu<br />

ziehen. Daher passte se<strong>in</strong>e Leitfrage<br />

genau: „Welche pastoralen <strong>und</strong> kommunikativen<br />

Erfahrungen liegen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Umsetzung von Milieustudien<br />

bereits vor?“<br />

Prof. Dr. Matthias Sellmann g<strong>in</strong>g im Weiteren<br />

auf das Kriterium <strong>der</strong> Milieusensibilität<br />

unter drei Aspekten e<strong>in</strong>: als „Seh-<br />

Hilfe“, als „Geh-Hilfe“ <strong>und</strong> von außen<br />

betrachtet mit e<strong>in</strong>em Ausblick für die<br />

<strong>Militärseelsorge</strong>. Er warb dafür, trotz aller<br />

Kritik vorbehaltlos mit <strong>der</strong> Milieuforschung<br />

umzugehen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> katholischen<br />

<strong>Kirche</strong> seit r<strong>und</strong> fünf Jahren e<strong>in</strong>e<br />

16 Kompass 11I12<br />

beachtliche Bedeutung gewonnen hat.<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>teressiert waren die <strong>Militärseelsorge</strong>r<br />

<strong>und</strong> -seelsorger<strong>in</strong>nen an<br />

se<strong>in</strong>er vorläufi gen Lösung, die Studien<br />

als Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Inspirationshilfen<br />

zu nutzen, aber dabei nicht stehen<br />

zu bleiben. Ausgehend von den „sieben<br />

wichtigsten Problemen <strong>der</strong> Seelsorge“<br />

übertrug<br />

er die Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Ortsbistümer<br />

<strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>den<br />

auf die<br />

Militärpfarrämter<br />

<strong>und</strong> die <strong>Kirche</strong><br />

unter <strong>Soldat</strong>en.<br />

Diese bezeichnete<br />

er als „Labor<br />

für die Gesamtkirche“,<br />

weil sie<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dreifach schwierigen<br />

Feld bewegen, nämlich unter jungen<br />

Erwachsenen – überwiegend männlich<br />

<strong>und</strong> pragmatisch-effektivitätsorientiert:<br />

Menschen, die nicht ungefragt an <strong>der</strong><br />

Anschließend hatten acht neue <strong>Militärseelsorge</strong>r Gelegenheit,<br />

sich selbst vorzustellen <strong>und</strong> sich auf e<strong>in</strong>em Gruppenfoto<br />

zusammen mit dem Militärgeneralvikar <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Stellvertreter zu präsentieren. Zusätzlich wurde Wolfgang<br />

Wurmb als neuer Vorstand <strong>der</strong> Katholischen <strong>Soldat</strong>enseelsorge<br />

(KS AöR) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bekannt gemacht. Ebenfalls<br />

traditionell feierten die neu e<strong>in</strong>gestellten <strong>Militärseelsorge</strong>r<br />

während <strong>der</strong> 57. Gesamtkonferenz e<strong>in</strong>e Messe zusammen<br />

mit Monsignore Schilk, an <strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> erst kurz<br />

vorher zum Priester geweihte Pater Havlik aus dem Deutschen<br />

Orden den Primizsegen spenden konnte.<br />

Das Foto zeigt die neuen <strong>Militärseelsorge</strong>r –<br />

hier mit ihren (zukünftigen) Standorten bzw.<br />

Militärpfarrämtern (von l<strong>in</strong>ks):<br />

h<strong>in</strong>ten: Apostolischer Protonotar Walter Wakenhut (MGV),<br />

Pastoralreferent Matthias Orth (Bruchsal), Militärgeistlicher<br />

Peter Konetschny (Leer), Militärgeistlicher Max Ziegler<br />

(Sigmar<strong>in</strong>gen), Militärgeistlicher Georg Bäuml (Burg);<br />

vorne: Pater Alexan<strong>der</strong> Prosche CR (Walldürn), Pastor Jörg<br />

Plümper (Augustdorf), Militärgeistlicher Mirko Zawiasa<br />

(Nordholz), Pater Stefan Havlik OT (Wilhelmshaven II) <strong>und</strong><br />

schließlich Leiten<strong>der</strong> Militärdekan Wolfgang Schilk.<br />

Jörg Volpers<br />

christlichen Religion <strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d.<br />

Zugleich warb <strong>der</strong> erfahrene Theologe<br />

von <strong>der</strong> Ruhr-Universität im Bistum<br />

Essen für e<strong>in</strong>e „Pastoral des Lernens“<br />

<strong>und</strong> ermutigte die anwesenden Seelsorger<br />

<strong>und</strong> Seelsorger<strong>in</strong>nen zu personaler<br />

Präsenz <strong>und</strong> dazu, ihre Erfahrungen<br />

aus den Auslandse<strong>in</strong>sätzen – um Tod<br />

<strong>und</strong> Schmerz – <strong>in</strong><br />

die deutsche <strong>Kirche</strong><br />

<strong>und</strong> Gesellschaft<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.<br />

Jörg Volpers<br />

© Kompass / Jörg Volpers (3)


Die <strong>Militärseelsorge</strong><br />

zwischen Strukturreform<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>und</strong> Strategieprozess<br />

Militärgeneralvikar Walter Wakenhut<br />

oblag es wie<strong>der</strong>um, die 57. Gesamtkonferenz<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

<strong>in</strong> Bergisch Gladbach bei<br />

Köln zu eröffnen <strong>und</strong> auch im Namen<br />

von Militärbischof Dr. Overbeck die<br />

<strong>Militärseelsorge</strong>r<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Militärseelsorge</strong>rn<br />

sowie Gäste zu begrüßen. Am<br />

zweiten Tag <strong>der</strong> Konferenz trug er se<strong>in</strong>en<br />

Bericht zur Lage vor.<br />

Prälat Wakenhut stellte Gr<strong>und</strong>überlegungen<br />

zum geistlichen Dienst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Militärseelsorge</strong> an den Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er<br />

Darlegungen <strong>und</strong> wies auf den gesamtkirchlichen<br />

Auftrag zur beson<strong>der</strong>en<br />

Seelsorge unter den <strong>Soldat</strong>en h<strong>in</strong>. Außerdem<br />

g<strong>in</strong>g Wakenhut auf die rechtlichen<br />

Vorgaben im Verhältnis zwischen<br />

Staat <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong>. Mehrfach verwies<br />

er auf den „Strategieprozess – Den<br />

Wandel gestalten“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Katholischen<br />

<strong>Militärseelsorge</strong>, <strong>der</strong> nach gut e<strong>in</strong>em<br />

Jahr während zweier Studientage im<br />

Rahmen dieser Gesamtkonferenz e<strong>in</strong>en<br />

Höhepunkt erreichte. Dieser soll unter<br />

an<strong>der</strong>em dazu führen, dass für jedes<br />

Militärpfarramt e<strong>in</strong> „Pastoralplan“ erstellt<br />

wird. Die Zahl dieser Militärpfarrämter<br />

wird im Rahmen <strong>der</strong> Strukturreform<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr von <strong>in</strong>sgesamt<br />

192 auf 170 reduziert, wovon 75 von<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong> getragen<br />

werden. Wakenhut betonte: „Es<br />

geht um die <strong>Soldat</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Soldat</strong>en.“<br />

Es geht um Menschen –<br />

<strong>Soldat</strong>en <strong>und</strong> Seelsorger<br />

Als „Hauptsorge des Militärbischofs“<br />

bezeichnete <strong>der</strong> Militärgeneralvikar die<br />

Aufgabe, „genügend Personal für den<br />

Dienst <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> unter den <strong>Soldat</strong>en<br />

zu gew<strong>in</strong>nen.“ Zu diesem Zweck<br />

soll <strong>in</strong> den nächsten Monaten mit den<br />

Diözesen <strong>und</strong> Orden <strong>in</strong> Deutschland<br />

neu verhandelt werden. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

müssten auch neue Wege <strong>der</strong> Personalgew<strong>in</strong>nung<br />

beschritten werden.<br />

Zunehmend wichtige Aufgaben für die<br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Militärseelsorge</strong>r sieht Prä-<br />

lat Wakenhut im Lebensk<strong>und</strong>lichen<br />

Unterricht <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Seelsorge beim<br />

Auslandse<strong>in</strong>satz – beides <strong>in</strong> ökumenischer<br />

Perspektive. Er betonte, dass<br />

se<strong>in</strong> Seelsorgebesuch <strong>in</strong> Afghanistan<br />

zusammen mit dem Evangelischen Militärgeneraldekan<br />

Heimer im August e<strong>in</strong><br />

Zeichen für „das geme<strong>in</strong>same christliche<br />

Zeugnis <strong>der</strong> beiden <strong>Kirche</strong>n“ war.<br />

Nach <strong>der</strong> seelsorgerlichen Begleitung<br />

<strong>der</strong> <strong>Soldat</strong>en im E<strong>in</strong>satz sollen zukünftig<br />

alle Rückkehrer <strong>in</strong> „Brückentagen“<br />

re<strong>in</strong>tegriert werden.<br />

Der Militärgeneralvikar gab e<strong>in</strong>ige Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zur religiösen F<strong>und</strong>ierung <strong>der</strong><br />

jährlichen Internationalen <strong>Soldat</strong>enwallfahrt<br />

nach Lourdes bekannt <strong>und</strong> legte<br />

schließlich wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Schwerpunkt<br />

auf die För<strong>der</strong>ung des organisierten<br />

Laienapostolates. Bevor Generalvikar<br />

Wakenhut se<strong>in</strong>en aktuellen Bericht mit<br />

ausführlichen Dankesworten schloss,<br />

wies er auf das geme<strong>in</strong>same Interesse<br />

des B<strong>und</strong>esverteidigungsm<strong>in</strong>isters <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> beiden großen <strong>Kirche</strong>n am verstärkten<br />

sicherheitspolitischen Diskurs h<strong>in</strong>.<br />

Ferner er<strong>in</strong>nerte er an den Studientag<br />

über die Ordnung zur Prävention sexuellen<br />

Missbrauchs an M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen,<br />

<strong>der</strong> die erneuerten Leitl<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bischofskonferenz <strong>und</strong> die mit<br />

Wirkung vom 15. Oktober erlassenen<br />

Präventionsordnung <strong>und</strong> Verfahrensh<strong>in</strong>weise<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

bekannt machte. Mit diesem Studientag<br />

wurde die 57. Gesamtkonferenz<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong> unter<br />

dem Motto „<strong>Kirche</strong> unter <strong>Soldat</strong>en: mit<br />

Profi l <strong>in</strong> die Zukunft“ am Freitag, 19.<br />

Oktober 2012, im Kard<strong>in</strong>al-Schulte-<br />

Haus <strong>in</strong> Bergisch Gladbach schließlich<br />

beendet.<br />

Jörg Volpers<br />

Kompass 11I12<br />

17<br />

© Kompass / Jörg Volpers (4)<br />

57. Gesamtkonferenz


57. Gesamtkonferenz<br />

Umsetzungsschritte e<strong>in</strong>geleitet<br />

Mit dem Ausgang <strong>der</strong> diesjährigen Gesamtkonferenz<br />

ist <strong>der</strong> Strategieprozess, <strong>der</strong> das Ziel verfolgte, den<br />

Wandel <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> unter <strong>Soldat</strong>en zu gestalten, abgeschlossen.<br />

In ihn waren über den engeren Kreis <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong>r<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> <strong>Militärseelsorge</strong>r h<strong>in</strong>aus auch<br />

Pfarrhelfer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Pfarrhelfer, gewählte Mitglie<strong>der</strong> aus<br />

den Pfarrgeme<strong>in</strong><strong>der</strong>äten sowie Repräsentanten <strong>der</strong> Laienorganisationen<br />

e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Verantwortlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Katholischen Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für <strong>Soldat</strong>enbetreuung<br />

(KAS) engagiert <strong>und</strong> e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en. Das Vorhaben, dem Katholischen<br />

Militärbischof <strong>und</strong> dem Militärgeneralvikar als<br />

Auftraggeber des vor e<strong>in</strong>em Jahr <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gestarteten Prozesses,<br />

mit Vorlagen <strong>und</strong> Empfehlungen für die Gestaltung<br />

des Wandels zuzuarbeiten, wurde jetzt <strong>in</strong> Bensberg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

ersten Konsultation <strong>der</strong> Ergebnisse zu Ende gebracht. Ziel<br />

war dabei auch, sich mit Hilfe des Strategieprozesses <strong>und</strong><br />

Fortbildungsveranstaltung zur Prävention gegen sexuellen Missbrauch<br />

Ihren Abschluss fand die diesjährige Gesamtkonferenz<br />

mit e<strong>in</strong>er Fortbildungsveranstaltung, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Mittelpunkt<br />

e<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong> <strong>und</strong> differenzierter Vortrag <strong>der</strong> Leiter<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Beratungsstelle „Neue Wege“ des Caritasverbandes<br />

für Bochum <strong>und</strong> Wattenscheid <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diözese Essen, Monika<br />

Bormann (Foto), stand. Im Kontext <strong>der</strong> „Ordnung zur<br />

Prävention von sexuellem Missbrauch an M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen“<br />

(Präventionsordnung), die Militärbischof Dr. Franz-Josef<br />

Overbeck für se<strong>in</strong>en Jurisdiktionsbereich <strong>und</strong> für die Katholische<br />

<strong>Militärseelsorge</strong> am 27. September 2012 verfügte<br />

<strong>und</strong> die am 15. Oktober <strong>in</strong> Kraft trat, war für die gesamten<br />

Konferenzteilnehmer Gelegenheit, gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

<strong>und</strong> beratungspraktische Fragen, die mit dem sexuellen<br />

Missbrauch an K<strong>in</strong><strong>der</strong>n verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> den Blick zu<br />

nehmen. Ziele <strong>der</strong> Fortbildung waren dabei u. a., das Wissen<br />

über sexuellen Missbrauch <strong>und</strong> sexualisierte Gewalt<br />

zu f<strong>und</strong>ieren <strong>und</strong> fernerh<strong>in</strong> mit dem Wissen darüber e<strong>in</strong>en<br />

Beitrag zu ihrer Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung zu leisten. Monika Bormann,<br />

die über e<strong>in</strong>e langjährige Praxis <strong>und</strong> Berufserfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

psychosozialen Beratung gegen Misshandlung, Vernachlässigung<br />

<strong>und</strong> sexuellen Missbrauch von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n verfügt,<br />

warb am Ende ihres Vortrages, <strong>der</strong> abschnittsweise ver-<br />

18 Kompass 11I12<br />

e<strong>in</strong>er breiten Beteiligung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> verantwortlichen<br />

Priester, Pastoralreferent<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Pastoralreferenten<br />

sowie engagierter Laien <strong>in</strong> die Lage zu versetzen,<br />

den sich abzeichnenden Wandel nicht nur beklagend <strong>in</strong><br />

den Blick zu nehmen, son<strong>der</strong>n mit Konzeptionen <strong>und</strong> Überlegungen<br />

selbst zu bee<strong>in</strong>fl ussen <strong>und</strong> positiv zu gestalten.<br />

Mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> wesentlichen Ergebnisse aus dem<br />

Strategieprozess beauftragte Militärbischof Dr. Franz-<br />

Josef Overbeck nun den Leiter des Katholischen Militärdekanats<br />

München, Militärdekan Monsignore Re<strong>in</strong>hold<br />

Bartmann. An zwei Tagen war zuvor während <strong>der</strong> diesjährigen<br />

Gesamtkonferenz für die <strong>Militärseelsorge</strong>r<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

<strong>Militärseelsorge</strong>r Gelegenheit gegeben, zusammen mit Dr.<br />

Valent<strong>in</strong> Dessoy, <strong>der</strong> als externer Berater den Strategieprozess<br />

begleitete, Ergebnisse aus den Konsultationsthemen<br />

nicht nur zu präsentieren, son<strong>der</strong>n gleichzeitig e<strong>in</strong>e<br />

Sichtung <strong>und</strong> Bewertung vorzunehmen. E<strong>in</strong>gebettet s<strong>in</strong>d<br />

die aus dem Strategieprozess resultierenden Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> theologische Gr<strong>und</strong>lagen, denen e<strong>in</strong> Leitbild, Gr<strong>und</strong>sätze<br />

sowie strategische Ziele <strong>der</strong> Katholischen <strong>Militärseelsorge</strong><br />

folgen. Die weitere Umsetzungsplanung wird sich<br />

im Wesentlichen auf zentrale Herausfor<strong>der</strong>ungen konzentrieren,<br />

die eng mit dem pastoralen Auftrag <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong><br />

unter <strong>Soldat</strong>en als mitgestalten<strong>der</strong> Teil im gesamtkirchlichen<br />

Verkündigungsauftrag verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. Dazu zählt u.<br />

a. das Vorhaben, sich mit Hilfe <strong>der</strong> Erarbeitung von Pastoralkonzepten<br />

<strong>in</strong> den unterschiedlichen Verantwortungsebenen<br />

auf e<strong>in</strong>e vorausschauende Planung e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Josef König<br />

tiefende Gespräch<br />

an Tischgruppen<br />

im Konferenzraum<br />

vorsah, für e<strong>in</strong>e<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich positive<br />

E<strong>in</strong>stellung<br />

zu den m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen<br />

<strong>und</strong> sich<br />

oftmals noch im<br />

K<strong>in</strong>desalter befi<br />

ndenden Opfern<br />

e<strong>in</strong>es sexuellen<br />

Missbrauches.<br />

Sie schloss dabei<br />

u. a. mit <strong>der</strong> Feststellung,<br />

dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Straftaten gegen das Recht<br />

auf sexuelle Selbstbestimmung mit Blick auf die Täter<br />

sowohl von Männern als auch Frauen aus allen Schichten<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung, aus allen Berufen, aus allen E<strong>in</strong>kommensgruppen<br />

<strong>und</strong> im Alter „zwischen 9 <strong>und</strong> 99 Jahren“<br />

begangen werden.<br />

Josef König<br />

© Kompass / Jörg Volpers (2)


© Wolfgang Borrs<br />

Hoffnungslos am H<strong>in</strong>dukusch Militärbischof<br />

„Natürlich können <strong>Soldat</strong>en e<strong>in</strong>en solchen<br />

Krieg nicht gew<strong>in</strong>nen.“ Der Satz<br />

von B<strong>und</strong>esverteidigungsm<strong>in</strong>ister Thomas<br />

de Maizière kommt elf Jahre <strong>und</strong><br />

52 tote deutschen <strong>Soldat</strong>en zu spät.<br />

Gefallen ist <strong>der</strong> Satz am Abend des 17.<br />

Oktober <strong>in</strong> <strong>der</strong> ARD bei Anne Will, die<br />

zum Thema „Auslandse<strong>in</strong>satz Afghanistan<br />

– War es die Opfer wert?“ e<strong>in</strong>geladen<br />

hatte.<br />

Neben dem M<strong>in</strong>ister war unter an<strong>der</strong>em<br />

<strong>der</strong> Afghanistan-Experte Jürgen<br />

Todenhöfer gekommen. Dem Journalisten<br />

<strong>und</strong> Autoren sollte man diese Frage<br />

eigentlich nicht mehr stellen. Se<strong>in</strong>e<br />

Antwort ist bekannt: Der Krieg habe<br />

sich nicht gelohnt, <strong>der</strong> Terrorismus sei<br />

geför<strong>der</strong>t, die Taliban gestärkt worden,<br />

die Rechtsstaatlichkeit <strong>in</strong> dem Land am<br />

H<strong>in</strong>dukusch auf dem Rückzug, trällerte<br />

er selbstherrlich daher.<br />

Das musste Wi<strong>der</strong>spruch erregen.<br />

Wenn auch nur wenig. CDU-Mann de<br />

Maizière wagte zaghafte Gegenrede<br />

gegen se<strong>in</strong>en Parteifre<strong>und</strong> Todenhöfer.<br />

Zwar räumte <strong>der</strong> M<strong>in</strong>ister zu optimistische<br />

Ziele <strong>der</strong> Mission Afghanistan e<strong>in</strong>,<br />

sprach aber zugleich von „mittelmäßigen<br />

Erfolgen“. Was er damit me<strong>in</strong>te,<br />

schießt <strong>in</strong> wenigen M<strong>in</strong>uten dreimal<br />

aus ihm heraus: Es gehe um „e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß<br />

an Sicherheit“ im Land.<br />

Schützenhilfe bekam de Maizière von<br />

<strong>der</strong> Opposition, <strong>in</strong> Person des Grünen-<br />

Politikers Omid Nouripour. Dieser sah<br />

<strong>in</strong> Afghanistan „so manches, was Hoffnung<br />

macht“, musste aber zugleich<br />

e<strong>in</strong>räumen, dass es dort „täglich Tragödien,<br />

täglich <strong>Soldat</strong>en, die ums Leben<br />

kommen“, gibt.<br />

Aussicht ungewiss<br />

Doch haben sich die Opfer nun gelohnt?<br />

„Je<strong>der</strong> Tote ist e<strong>in</strong> Toter zu viel“,<br />

warf <strong>der</strong> Essener Bischof Franz-Josef<br />

Overbeck <strong>in</strong> die R<strong>und</strong>e, <strong>der</strong> seit Februar<br />

2011 auch Katholischer Militärbischof<br />

für die B<strong>und</strong>eswehr ist. Dennoch: E<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>satz für den Frieden sei e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong><br />

sich lohne. „Es ist komplex, für den<br />

Frieden zu wirken“, befand er.<br />

Genau so komplex beziehungsweise<br />

unmöglich erwies sich die Frage, ob<br />

nach dem Abzug <strong>der</strong> westlichen Truppen<br />

<strong>in</strong> Afghanistan aus zarten Hoffnungspfl<br />

änzchen e<strong>in</strong> blühendes Land<br />

wachsen kann. Das werde man <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

paar Jahren sehen, so Nouripour, fl ankiert<br />

von de Maizière mit <strong>der</strong> gleichen<br />

Ansicht.<br />

Ernüchterung auch bei Bischof Overbeck:<br />

„Nach 30 Jahren Bürgerkrieg<br />

braucht es ebenso viele Jahre für e<strong>in</strong>en<br />

friedvollen Weg“ <strong>und</strong> weiter: „Ich<br />

b<strong>in</strong> mir ziemlich sicher, dass e<strong>in</strong> Bürgerkrieg<br />

ausbricht, wenn alle <strong>Soldat</strong>en<br />

gehen.“ Fast unfreiwillig komisch wirkte<br />

da Todenhöfers Ansicht, dass Mädchen<br />

auch unter den streng-religiösen Taliban<br />

zur Schule werden gehen können. (...)<br />

Betroffen machte aber gestern nicht<br />

wirklich das Schicksal <strong>der</strong> Afghanen.<br />

Das war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausschließlich<br />

deutsch-besetzten R<strong>und</strong>e gedanklich<br />

viel zu weit weg. Betroffen machte<br />

die Kapitulation von Marita Scholz vor<br />

dem Schicksal ihres Mannes, <strong>der</strong> nach<br />

E<strong>in</strong>sätzen unter an<strong>der</strong>em im Kosovo<br />

schwer traumatisiert nach Hause kam.<br />

E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich schil<strong>der</strong>te sie das Leiden<br />

ihrer Familie. Ihrer Ansicht, dass die<br />

B<strong>und</strong>eswehr zu wenig für Kriegsheimkehrer<br />

mit seelischen Leiden tue,<br />

mochte Verteidigungsm<strong>in</strong>ister de Maizière<br />

dann auch nur halbherzig wi<strong>der</strong>sprechen.<br />

<strong>Soldat</strong>en s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Gärtner<br />

Scholz selbst war als <strong>Soldat</strong><strong>in</strong> im Afghanistane<strong>in</strong>satz<br />

– um nicht auf Hartz<br />

VI angewiesen zu se<strong>in</strong>, wie sie sagte.<br />

Somit hätte sie eigentlich am besten<br />

antworten können, ob <strong>der</strong> Krieg die Opfer<br />

wert war. S<strong>in</strong>nvoll sei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz im<br />

direkten Umgang mit den Menschen<br />

vor Ort gewesen, als die gelernte Gartenbau-Ingenieur<strong>in</strong><br />

ihre Erfahrungen<br />

an E<strong>in</strong>heimische vermitteltet habe.<br />

Zustimmendes Nicken aus <strong>der</strong> R<strong>und</strong>e,<br />

allerd<strong>in</strong>gs ohne die Möglichkeit e<strong>in</strong>e<br />

entscheidende Tatsache zu ignorieren:<br />

Dass <strong>Soldat</strong>en ke<strong>in</strong>e Gärtner s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n<br />

zum Schießen <strong>und</strong> möglicherweise<br />

Erschießen ausgebildet werden.<br />

E<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zum 5. Gebot („Du<br />

sollst nicht töten.“) sei das aber nicht,<br />

so Overbeck. Der Bischof er<strong>in</strong>nerte an<br />

den Text „Gaudium et Spes“ des Zweiten<br />

Vatikanischen Konzils. Dort steht:<br />

„Wer als <strong>Soldat</strong> im Dienst des Vaterlandes<br />

steht, betrachte sich als Diener<br />

<strong>der</strong> Sicherheit <strong>und</strong> Freiheit <strong>der</strong> Völker.“<br />

Töten könne <strong>in</strong> Gefahrensituation notwendig<br />

se<strong>in</strong>, so Overbeck, dürfe aber<br />

niemals e<strong>in</strong> Selbstzweck se<strong>in</strong>.<br />

Der Westen soll raus aus Afghanistan,<br />

so die nicht wirklich neue Qu<strong>in</strong>tessenz.<br />

Doch das „Wie“ <strong>und</strong> „Wann“ des Abzuges,<br />

also die Frage nach womöglich<br />

weiteren deutschen Opfern, wurde<br />

vom B<strong>und</strong>esverteidigungsm<strong>in</strong>ister ganz<br />

nebenbei erledigt. Thomas de Maizière<br />

bestätigte für die Zeit nach dem<br />

geplanten Rückzug <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

2014 den Plan für e<strong>in</strong> neues Mandat<br />

<strong>der</strong> Truppe als Ausbildungsmission für<br />

afghanische Sicherheitskräfte, die „gegebenenfalls<br />

auch geschützt werden<br />

muss.“<br />

Nicht nur auf Psychologen, auch auf <strong>Militärseelsorge</strong>r<br />

wird mit Sicherheit noch<br />

viel Arbeit zukommen.<br />

Christoph Meurer<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung<br />

von www.katholisch.de<br />

Kompass 11I12<br />

19<br />

<strong>in</strong> ARD-Talk-R<strong>und</strong>e


Aus <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong><br />

Die Erde ist hart wie Beton.<br />

Männer <strong>in</strong> orangen Overalls<br />

graben Spatenstich um Spatenstich<br />

tiefer. Auch <strong>der</strong> Dauerregen<br />

hilft nur wenig gegen den ste<strong>in</strong>harten<br />

Boden. Es ist gerade so, als ob <strong>der</strong><br />

Boden nicht gerne se<strong>in</strong>e Geheimnisse<br />

preisgeben würde, die er seit Kriegsende,<br />

also seit 67 Jahren hütet. Die<br />

Ausgrabungen fi nden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

Wald bei Neubrandenburg, nur wenige<br />

Meter entfernt von <strong>der</strong> heutigen Tollense-Kaserne,<br />

auf dem sogenannten Lazarettfriedhof<br />

statt.<br />

Neben den „orangefarbenen“ Männern<br />

arbeiten schwarz gekleidete Frauen<br />

<strong>und</strong> Männer mit. Es s<strong>in</strong>d Gerichtsmediz<strong>in</strong>er<br />

<strong>und</strong> Juristen. Sie kommen aus Polen,<br />

denn die Bergung, um die es hier<br />

geht, betrifft das Geschehen <strong>der</strong> letzten<br />

Kriegstage <strong>in</strong> beiden Län<strong>der</strong>n. So<br />

dient diese Arbeit vom „Vere<strong>in</strong> zur Bergung<br />

Gefallener <strong>in</strong> Osteuropa (VBGO)“<br />

<strong>und</strong> dem polnischen Vere<strong>in</strong> „Pomorze“<br />

auch <strong>der</strong> Völkerverständigung <strong>und</strong> baut<br />

Brücken zwischen unseren Staaten.<br />

Ereignisse kurz vor Kriegsende<br />

Um die Ausgrabungen an diesem trüben<br />

Wochenende besser zu verstehen,<br />

möchte ich den geschichtlichen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

bieten: Es ist <strong>der</strong> 25. April 1945.<br />

Nur noch e<strong>in</strong>e Autost<strong>und</strong>e entfernt, <strong>in</strong><br />

Prenzlau, befi ndet sich die Front. Alles,<br />

was irgendwie beweglich o<strong>der</strong> transpor-<br />

20 Kompass 11I12<br />

Wenn Tote plötzlich erzählen<br />

tierbar<br />

war, ist schon<br />

nach Schwer<strong>in</strong> verlegt worden.<br />

Was aber geschieht mit den<br />

Kameraden, die im Lazarett <strong>in</strong> Neubrandenburg<br />

liegen <strong>und</strong> nicht transportfähig<br />

s<strong>in</strong>d? Werden sie den heranrückenden<br />

Russen überlassen? Wer bleibt bei ihnen?<br />

Die Angst vor den Russen ist sehr groß.<br />

Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Neubrandenburg, das damals<br />

viel kle<strong>in</strong>er als heute war, suchen<br />

500 Zivilisten freiwillig den Tod. Ähnliches<br />

geschieht <strong>in</strong> Demm<strong>in</strong> (ca. 50 km<br />

von Neubrandenburg entfernt). Die Berichte,<br />

die den russischen <strong>Soldat</strong>en<br />

vorauseilen, s<strong>in</strong>d grausam <strong>und</strong> furchterregend.<br />

E<strong>in</strong> österreichischer Arzt ist trotzdem<br />

bereit, bei den Schwerstverw<strong>und</strong>eten<br />

vor Ort zu bleiben, obwohl er weiß,<br />

dass er dann selbst sehr wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

nicht überleben wird. Im Juni ist<br />

se<strong>in</strong> letzter Tagebuch-E<strong>in</strong>trag. Ab da<br />

wissen wir nichts mehr von ihm. Dieser<br />

Großmut des Arztes ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Geschichten,<br />

die mit den Ausgrabungen<br />

2012 plötzlich wie<strong>der</strong> ganz lebendig<br />

werden.<br />

Was die Toten erzählen<br />

Das Wochenende war für mich persönlich<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Erfahrung. Vom Gefühl<br />

her ist das Ende des 2. <strong>Welt</strong>kriegs<br />

<strong>in</strong> unerreichbarer Ferne – man gräbt<br />

1,80m tief <strong>und</strong> plötzlich starren e<strong>in</strong>en<br />

Zeitzeugen an <strong>und</strong> sprechen, obwohl<br />

sie so stumm sche<strong>in</strong>en.<br />

Wer nicht jeden Tag bei <strong>der</strong> Ausgrabung<br />

von Toten dabei ist, wird sich denken:<br />

Was soll<br />

nach fast 70 Jahren<br />

noch Großartiges zu fi nden se<strong>in</strong>?<br />

Höchstens e<strong>in</strong> paar vere<strong>in</strong>zelte Knochen,<br />

die wahllos herumliegen. Weit<br />

gefehlt! Obwohl es e<strong>in</strong> Massengrab ist<br />

– <strong>der</strong>zeit liegen dort die Gebe<strong>in</strong>e von<br />

53 Verstorbenen des 2. <strong>Welt</strong>krieges,<br />

davon wurden m<strong>in</strong>destens 27 als unbekannt<br />

beigesetzt –, haben diejenigen,<br />

die sie bestattet haben, sie achtsam<br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gelegt. Die Grabungen<br />

geschehen mit allergrößter Sorgfalt<br />

<strong>und</strong> Pietät. Dadurch s<strong>in</strong>d am Samstagnachmittag<br />

alle Gebe<strong>in</strong>e so freigelegt,<br />

dass man die vollständigen Skelette<br />

sehen kann.<br />

Es war für mich absolut erstaunlich,<br />

wie vollständig jedes e<strong>in</strong>zelne Skelett<br />

war. So konnten durch den Vergleich<br />

<strong>der</strong> Listen <strong>der</strong> Verw<strong>und</strong>ungen e<strong>in</strong>zelner<br />

<strong>Soldat</strong>en mit den Knochengerüsten Erkenntnisse<br />

gewonnen werden. Z. B.<br />

war bei e<strong>in</strong>em <strong>Soldat</strong> e<strong>in</strong> Kopfschuss<br />

diagnostiziert worden, den man im<br />

Schädel noch erkennen kann. Bei e<strong>in</strong>em<br />

an<strong>der</strong>en war <strong>der</strong> Vermerk e<strong>in</strong>er<br />

Amputation des Oberarmes zu lesen.<br />

Wird zudem beim Skelett noch die Erkennungsmarke<br />

gef<strong>und</strong>en, dann lässt<br />

sich genau <strong>der</strong> Ort feststellen, wo <strong>Soldat</strong><br />

X auf dem Lazarettfriedhof liegt.<br />

„Oft erhalten die H<strong>in</strong>terbliebenen so<br />

endlich Gewissheit über das Schicksal<br />

ihrer Angehörigen <strong>und</strong> haben nun<br />

e<strong>in</strong>en Ort des Andenkens“, sagt e<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Ausgräber.


© VBGO e. V., Postfach 50 03 25, 22703 Hamburg, (4)<br />

E<strong>in</strong> H<strong>in</strong>terbliebener sucht anhand <strong>der</strong><br />

Gravur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>g nach se<strong>in</strong>em Vater.<br />

Nachdem nun die Knochengerüste freigelegt<br />

waren, konnten die Toten „erzählen“.<br />

Die erste Geschichte: Bei e<strong>in</strong>em Toten<br />

– e<strong>in</strong>em Mann aus Berl<strong>in</strong> – fi ndet<br />

sich nach 67 Jahren e<strong>in</strong> Papierbündel,<br />

u. a. e<strong>in</strong> Verw<strong>und</strong>etenzettel, auf dem<br />

<strong>der</strong> Arzt mit Bleistift neben se<strong>in</strong>em<br />

Namen die genaue Art <strong>der</strong> Krankheit<br />

aufgeschrieben hat. Dieser Zettel ist<br />

erstaunlicherweise noch gut lesbar.<br />

Bei e<strong>in</strong>em zweiten fi ndet <strong>der</strong> Metalldetektor<br />

e<strong>in</strong>en Knopf. Der Fachmann<br />

säubert ihn sorgfältig. Der Knopf verrät,<br />

dass dieser Tote bei <strong>der</strong> Mar<strong>in</strong>e war.<br />

Weil den Grabungen viele Jahre Vorbereitung<br />

vorausgegangen s<strong>in</strong>d, können<br />

die Männer vom VBGO die Identität des<br />

Mar<strong>in</strong>esoldaten, mitten auf dem Festland,<br />

feststellen. Denn mit den konkreten<br />

Grabungen alle<strong>in</strong> ist es nicht getan.<br />

Davor müssen viele Archive durchsucht<br />

werden. Dokumentensammlungen wie<br />

die, welche von den Amerikanern nach<br />

dem Krieg komplett <strong>in</strong> die USA mitgenommen<br />

worden waren. Sie s<strong>in</strong>d heute<br />

dort für Forschungszwecke zugänglich.<br />

E<strong>in</strong>e dritte Geschichte: Auf e<strong>in</strong>em Skelett<br />

fi ndet man noch große Teile e<strong>in</strong>es<br />

Pullovers, dessen Farbe „Luftwaffe“ verrät.<br />

Se<strong>in</strong>e Erkennungsmarke trägt die<br />

Buchstaben HG (= Hermann Gör<strong>in</strong>g).<br />

Später wird auf den Erkennungsmarken<br />

dieser E<strong>in</strong>heit GG (= General Gör<strong>in</strong>g)<br />

stehen. Durch solche kle<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weise<br />

kann man erkennen, wann <strong>der</strong> <strong>Soldat</strong><br />

e<strong>in</strong>gezogen worden ist. Dieser hier war<br />

bereits seit 1936 <strong>Soldat</strong> <strong>und</strong> fi el am<br />

letzten Tag des Krieges <strong>in</strong> Neubrandenburg.<br />

Die Eher<strong>in</strong>ge, die viele noch an ihren<br />

F<strong>in</strong>gern haben, erzählen von <strong>der</strong> Armut<br />

im Krieg: Bei den „Älteren“ ist <strong>der</strong> R<strong>in</strong>g<br />

aus Gold, bei den „Jüngeren“, die erst<br />

im Krieg geheiratet haben, ist er aus<br />

Alum<strong>in</strong>ium o<strong>der</strong> sonst e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen<br />

Material.<br />

Was s<strong>in</strong>d außerdem die letzten Gegenstände,<br />

die sie „am Mann“ haben? Die<br />

Toten erzählen uns, den staunenden<br />

Nachgeborenen, was ihnen so wichtig<br />

war, dass sie es immer bei sich trugen,<br />

was ihnen die Kraft gab, durchzuhalten.<br />

Die Historiker fi nden drei Knöpfe vom<br />

Schlafanzug <strong>der</strong> Frau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Döschen<br />

– „Me<strong>in</strong>em Liebl<strong>in</strong>g“ ist darauf<br />

geschrieben. Sie fi nden Brotmarken,<br />

damit er, wenn er heimkommt, den Se<strong>in</strong>en<br />

Essen besorgen kann. Sie fi nden<br />

an<strong>der</strong>e ganz persönliche Gegenstände<br />

wie e<strong>in</strong>e Pfeife o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Taschenuhr –<br />

e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Stück „Zuhause“.<br />

Was bewegt die Suchgruppen?<br />

Der Regen hat ke<strong>in</strong> Mitleid. Die Identifi<br />

zierung <strong>der</strong> Gebe<strong>in</strong>e geht zwar gut voran,<br />

aber die Männer <strong>und</strong> Frauen s<strong>in</strong>d<br />

ganz durchnässt. Was s<strong>in</strong>d ihre die<br />

Beweggründe, unter großen Strapazen,<br />

<strong>in</strong> Wäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Sümpfen <strong>und</strong> Steppen,<br />

bei jedem Wetter, Regen o<strong>der</strong> Hitze, die<br />

Gebe<strong>in</strong>e Gefallener aufzufi nden?<br />

Immer noch gelten Millionen Menschen<br />

<strong>in</strong> ganz Europa als vermisst. Sie<br />

liegen unentdeckt <strong>in</strong> Straßengräben, <strong>in</strong><br />

Wäl<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> auf freiem Feld. Sie wurden<br />

nie bestattet. Erst seit dem Umbruch<br />

<strong>in</strong> Osteuropa <strong>und</strong> dem Fall des<br />

Eisernen Vorhangs ist es freiwilligen<br />

Suchgruppen möglich, vor Ort nach<br />

den vermissten Kriegstoten zu suchen.<br />

Kurz gesagt: sie wollen den Unbekannten<br />

ihren Namen zurückzugeben – die<br />

Anonymität aufbrechen, die <strong>in</strong> nackten<br />

Zahlen liegt, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e würdige Bestattung<br />

ermöglichen. Auch hier auf dem<br />

Lazarettfriedhof lagen 27 unbekannt<br />

beigesetzte Gebe<strong>in</strong>e, denen man nun<br />

e<strong>in</strong>ige Namen zuordnen konnte.<br />

Wie verarbeiten sie ihre Erlebnisse?<br />

„Je<strong>der</strong> von uns braucht bei den Ausgrabungen<br />

immer wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Auszeit für<br />

sich, um zu verdauen.“ (Robert Balsam)<br />

Wenn das, was die Toten erzählen, e<strong>in</strong>fach<br />

zu viel wird, dann braucht man die<br />

E<strong>in</strong>samkeit, um es zu verarbeiten.<br />

Kompass 11I12<br />

Bleibende E<strong>in</strong>drücke<br />

Bevor wir die Gräber wie<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sam<br />

zuschaufeln, durfte ich den Toten noch<br />

die Geschenke <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> geben. Während<br />

<strong>der</strong> heiligen Messe sang e<strong>in</strong>e Frau<br />

aus <strong>der</strong> katholischen Geme<strong>in</strong>de von<br />

Neubrandenburg das Lied „How many<br />

roads must a man walk down?“, <strong>in</strong><br />

dem es u. a. heißt:<br />

„Wie viele Straßen auf dieser <strong>Welt</strong>, s<strong>in</strong>d<br />

Straßen voll Tränen <strong>und</strong> Leid?<br />

Wie viele Meere auf dieser <strong>Welt</strong>, s<strong>in</strong>d<br />

Meere <strong>der</strong> Traurigkeit?<br />

Wie viele Frauen s<strong>in</strong>d lang schon alle<strong>in</strong>,<br />

<strong>und</strong> warten <strong>und</strong> warten noch heut‘?“<br />

Erst am Montag wurde mir richtig bewusst,<br />

wie stark mich das Erlebte beschäftigte:<br />

Wie gut die Toten nach 67<br />

Jahre noch erhalten s<strong>in</strong>d! Wie nahe<br />

eigentlich alles noch ist. Sonst ist <strong>der</strong><br />

2. <strong>Welt</strong>krieg ewig weit weg. Dann s<strong>in</strong>d<br />

1,80m Erde fort <strong>und</strong> alles ist wie<strong>der</strong><br />

da. Plötzlich starren e<strong>in</strong>en Tote an <strong>und</strong><br />

erzählen von e<strong>in</strong>er Zeit, die gefühlsmäßig<br />

so weit weg sche<strong>in</strong>t. Ihr Skelett <strong>und</strong><br />

das, was bei ihnen „am Mann“ war, haben<br />

„geredet“, obwohl sie so stumm<br />

waren.<br />

Militärpfarrer Dr. Thomas Balogh,<br />

Katholisches Militärpfarramt<br />

Neubrandenburg<br />

21<br />

Aus <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong>


Aus <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong><br />

„Du schaffst mir weiten Raum“<br />

D<br />

as Psalmwort „Du schaffst mir weiten<br />

Raum“ (vgl. Ps 18,37) war das<br />

Motto <strong>der</strong> 9. <strong>Soldat</strong>enfußwallfahrt von<br />

Rochlitz zum Benedikt<strong>in</strong>erkloster „Zum<br />

Heiligen Kreuz“ nach Wechselburg.<br />

Auch dieses Jahr konnten die ungefähr<br />

70 Wallfahrer, trotz anfänglich eisiger<br />

Temperaturen, bei strahlendem Sonnensche<strong>in</strong><br />

zur 800 Jahre alten Basilika<br />

pilgern.<br />

Fußwallfahrt zum Benedikt<strong>in</strong>erkloster <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Basilika „Zum Heiligen Kreuz“ <strong>in</strong> Wechselburg<br />

Die <strong>in</strong>sgesamt drei Stationen, die von<br />

Pastoralreferent Dr. Markus Hille (Dresden)<br />

<strong>und</strong> Militärpfarrer Georg Bäuml<br />

(Burg) gestaltet wurden, dienten <strong>der</strong><br />

Sammlung <strong>und</strong> Meditation. Zunächst<br />

regte e<strong>in</strong> Impuls über die Worte „Aufbrechen“<br />

<strong>und</strong> „Gehen“ zum Nachdenken<br />

an. Mit dem Lied „Pilger s<strong>in</strong>d wir<br />

Menschen“ im Ohr setzte sich <strong>der</strong><br />

Wallfahrtstross mit raumgreifenden<br />

Schritten entlang des Flusses Mulde <strong>in</strong><br />

Bewegung. Die zweite Station mit dem<br />

Begriffspaar „Dürsten“ <strong>und</strong> „Teilen“<br />

wurde auf e<strong>in</strong>er Straße <strong>in</strong>mitten von<br />

weiten Fel<strong>der</strong>n gehalten <strong>und</strong> vers<strong>in</strong>nbildlichte<br />

durch den gewählten Ort das<br />

Motto <strong>der</strong> Wallfahrt. Die dritte Station,<br />

kurz vor dem Klostergelände, schloss<br />

den Kreis <strong>der</strong> Begriffspaare mit e<strong>in</strong>er<br />

Meditation zu den Worten „Tragen“ <strong>und</strong><br />

„Ankommen“. Denn nicht <strong>der</strong> Weg war<br />

Ziel dieser Wallfahrt, wie Dr. Hille betonte,<br />

son<strong>der</strong>n das Ziel war die Ankunft<br />

am Kloster Wechselburg <strong>und</strong> <strong>in</strong> gewisser<br />

Weise auch die Heilige Messe, die<br />

anschließend gefeiert wurde.<br />

Am 11. Oktober beg<strong>in</strong>g die <strong>Kirche</strong> außerdem<br />

den Gedenktag des seligen Papstes<br />

Johannes XXIII., <strong>der</strong> an diesem Tag<br />

vor 50 Jahren das Zweite Vatikanische<br />

Konzil e<strong>in</strong>berufen hatte. Wie am Beg<strong>in</strong>n<br />

des Pilgerweges <strong>der</strong> Aufbruch steht, so<br />

22 Kompass 11I12<br />

stehen dieser Papst <strong>und</strong> dieses Konzil<br />

durch das berühmte aggiornamento für<br />

den den Aufbruch Aufbruch <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues<br />

Jahrtausend. Das Evangelium vom Weg<br />

<strong>der</strong> Emmaus-Jünger konnte daher auf<br />

diesen Tag h<strong>in</strong> gelesen werden. Leiten- Leiten- Leiten- Leiten-<br />

<strong>der</strong> Militärdekan Stephan van Dongen<br />

machte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Predigt aber auch auch<br />

darauf darauf aufmerksam, dass <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong><br />

<strong>Kirche</strong> ebenso wie <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> aufgr<strong>und</strong><br />

des Strategieprozesses auf Irrwege<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>in</strong> Sackgassen führen kann. Daher<br />

sei es von Zeit zu Zeit wichtig, umzukehren<br />

<strong>und</strong> <strong>und</strong> sich neu auf das Ziel ausauszurichten. Durch diese Worte <strong>und</strong> die<br />

traditionelle traditionelle Gulaschsuppe Gulaschsuppe gestärkt,<br />

begaben sich die Wallfahrer Wallfahrer anschlieanschlie- anschlie- anschließend<br />

auf den Heimweg.<br />

Christopher Tschorn<br />

© B<strong>und</strong>eswehr / Christian Szarka (2) © Bernd F. Schaller


© PIZ SKB / Alyssa Bier<br />

E<strong>in</strong>.Blick <strong>in</strong> den Himmel<br />

Bonner Patroz<strong>in</strong>iumfest 2012<br />

Aus diesem Anlass feierte am 9. Oktober<br />

das Katholische Militärpfarramt<br />

Bonn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Münsterbasilika die Pilgermesse<br />

<strong>der</strong> <strong>Soldat</strong>en. R<strong>und</strong> 120 Gläubige<br />

<strong>in</strong> Uniform <strong>und</strong> <strong>in</strong> Zivil gedachten <strong>der</strong><br />

<strong>Soldat</strong>en Cassius <strong>und</strong> Florentius.<br />

„E<strong>in</strong>.Blick <strong>in</strong> den Himmel“, so lautet<br />

das Motto des diesjährigen Bonner<br />

Patroz<strong>in</strong>iumfests, bei dem alljährlich<br />

die beiden römischen <strong>Soldat</strong>en geehrt<br />

werden. Die Legionäre waren Christen<br />

<strong>und</strong> starben um das Jahr 303 für ihren<br />

Glauben. Die Bonner Hauptkirche, das<br />

Münster, wurde über den Gräbern <strong>der</strong><br />

beiden Märtyrer errichtet, ihre ste<strong>in</strong>ernen<br />

„Köpfe“ liegen seit e<strong>in</strong>igen Jahren<br />

auch als überdimensionale Skulpturen<br />

vor dem Bonner Münster.<br />

Stadtdechant Monsignore Wilfried<br />

Schumacher begrüßte die Anwesenden<br />

<strong>und</strong> betonte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Worten die Notwendigkeit,<br />

die Verb<strong>und</strong>enheit <strong>der</strong> <strong>Soldat</strong>en<br />

mit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de weiter zu stärken.<br />

„Insbeson<strong>der</strong>e <strong>Soldat</strong>en bilden<br />

<strong>in</strong> sich e<strong>in</strong>e starke E<strong>in</strong>heit zwischen<br />

Dienst, Familie, Geme<strong>in</strong>de <strong>und</strong> Glauben“,<br />

so Schumacher. Anschließend<br />

zelebrierte <strong>der</strong> Leitende Militärdekan<br />

Ma<strong>in</strong>z, Monsignore Ra<strong>in</strong>er Schnettker,<br />

zusammen mit dem Standortpfarrer<br />

Bonn, Militärdekan Paul Hauser, <strong>und</strong><br />

Diakon Mart<strong>in</strong> Oster den Gottesdienst.<br />

Musikalisch wurde <strong>der</strong> Gottesdienst<br />

durch das Bläserqu<strong>in</strong>tett des Musikkorps<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr aus Siegburg<br />

<strong>und</strong> Pfarrhelfer Johannes Bresa an <strong>der</strong><br />

Orgel gestaltet.<br />

In se<strong>in</strong>er Predigt unter <strong>der</strong> Überschrift<br />

„Ich sehe was, was du nicht siehst“<br />

rief Schnettker zu mehr Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

statt Gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auf. Die Vision <strong>der</strong><br />

beiden Märtyrer sei gewesen, dass „es<br />

mehr über das h<strong>in</strong>aus geben muss, als<br />

was <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelne sieht <strong>und</strong> dass dies<br />

nicht auf Kosten an<strong>der</strong>er gehen darf.“<br />

Dies gelte bis heute. „Mir geht es an<br />

diesem Festtag darum, dass wir gedanklich<br />

e<strong>in</strong>e große L<strong>in</strong>ie ziehen von<br />

damals zu Zeiten von Cassius <strong>und</strong> Florentius<br />

<strong>in</strong>s Hier <strong>und</strong> Heute, denn <strong>der</strong><br />

Glaube fi ndet nicht nur im Jetzt statt.<br />

Er war <strong>und</strong> ist zu allen Zeiten etwas Lebendiges,<br />

aus dem die Gläubigen Kraft,<br />

Ruhe <strong>und</strong> Stärke gew<strong>in</strong>nen“, so Msgr.<br />

Schnettker im Gespräch nach dem Gottesdienst.<br />

Im Anschluss an die Feierst<strong>und</strong>e trafen<br />

sich alle Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />

noch im Kreuzgang neben dem<br />

Münster zum Empfang <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Mittagessen,<br />

um den Vormittag <strong>in</strong> vielen<br />

persönlichen Gesprächen Revue passieren<br />

zu lassen.<br />

Ulrich Fonrobert<br />

Kompass 11I12<br />

Hallo,<br />

hier ist Nils!<br />

Ob ihr es glaubt<br />

o<strong>der</strong> nicht, aber <strong>in</strong><br />

den zurückliegenden Wochen<br />

habe ich unglaublich schöne<br />

D<strong>in</strong>ge erlebt, für mich fast schon kle<strong>in</strong>e<br />

W<strong>und</strong>er – aber <strong>der</strong> Reihe nach.<br />

Zuerst möchte ich euch von me<strong>in</strong>er<br />

zweiten Ferienwoche erzählen: Die<br />

verbrachte ich, wie viele me<strong>in</strong>er Mitschüler,<br />

bei <strong>der</strong> Religiösen K<strong>in</strong><strong>der</strong>woche.<br />

Wir hörten die Geschichte von<br />

Noomi, Rut <strong>und</strong> dem Esel, die sich<br />

nach Betlehem, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Leben<br />

aufmachten. In dieser Geschichte<br />

geht es um Verlässlichkeit – <strong>und</strong> so<br />

haben wir viele tolle Sachen zu diesem<br />

Thema gemacht. Wir haben Lie<strong>der</strong><br />

gelernt, für an<strong>der</strong>e gesorgt <strong>und</strong><br />

auch e<strong>in</strong>en Besuch im Seniorenheim<br />

gemacht.<br />

Am darauf folgenden Sonntag durften<br />

wir die neu gelernten Lie<strong>der</strong> während<br />

des Gottesdienstes s<strong>in</strong>gen, das war<br />

super. Wir haben auch noch e<strong>in</strong>en<br />

gelben Schal bekommen, mit e<strong>in</strong>em<br />

Symbol für jeden Tag <strong>der</strong> Woche, den<br />

trage ich nun immer.<br />

Im Laufe dieser Woche habe ich viele<br />

neue Menschen kennen gelernt. Alle<br />

waren sehr lieb <strong>und</strong> haben sich über<br />

uns K<strong>in</strong><strong>der</strong> gefreut. Ich war Teil e<strong>in</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>schaft <strong>und</strong> fühlte, was das<br />

bedeutet, se<strong>in</strong> Wort zu geben: nämlich<br />

für die an<strong>der</strong>en da zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

sie s<strong>in</strong>d auch für mich da. Das ist e<strong>in</strong><br />

gutes Gefühl!<br />

Während dieser Woche passierte noch<br />

e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es W<strong>und</strong>er: Me<strong>in</strong>e Schwester<br />

kam zur <strong>Welt</strong>. Unsere Familie ist<br />

nun etwas größer <strong>und</strong> wir alle müssen<br />

jetzt, solange me<strong>in</strong>e Schwester<br />

noch so e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Baby ist, für sie<br />

sorgen. Auch <strong>in</strong> unserer Familie kann<br />

ich mich darauf verlassen, dass je<strong>der</strong><br />

für den an<strong>der</strong>en da ist. So b<strong>in</strong> ich als<br />

großer Bru<strong>der</strong> auch für me<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Schwester da, da rauf kann sie sich<br />

verlassen, e<strong>in</strong> ganzes Leben lang!<br />

Euer Nils<br />

23<br />

Autor: Torsten Bierdel<br />

Glaube, <strong>Kirche</strong>, Leben


Medien<br />

Friedensgutachten 2012<br />

Globale Machtverschiebungen verlangen nach<br />

geme<strong>in</strong>samer Sicherheit <strong>und</strong> Kooperationsmacht<br />

Vorbei s<strong>in</strong>d die Zeiten unangefochtener<br />

Dom<strong>in</strong>anz des Westens. Die<br />

aufstrebenden Mächte, für die sich das<br />

Kürzel BRICS e<strong>in</strong>gebürgert hat, gew<strong>in</strong>nen<br />

an E<strong>in</strong>fl uss. Die friedenspolitischen<br />

Implikationen dieser Verschiebungen<br />

stehen im Fokus des diesjährigen Friedensgutachtens.<br />

(…)<br />

Anlass zur Sorge gibt die Ausweitung<br />

des Drohnen-Krieges. Diese Hightech-<br />

Waffen machen den Krieg unsichtbar<br />

<strong>und</strong> billiger, m<strong>in</strong>imieren eigene Todesopfer<br />

<strong>und</strong> senken so die Hemmschwelle<br />

zum Griff nach militärischer Gewalt.<br />

Gezielte Tötungen von Verdächtigen<br />

verstärken den irregulären Charakter<br />

des Krieges <strong>und</strong> weiten die Grauzone<br />

aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Drohnen zum E<strong>in</strong>satz<br />

kommen. Zudem löst <strong>der</strong> Run auf<br />

24 Kompass 11I12<br />

Drohnen neues Wettrüsten aus. Wir<br />

for<strong>der</strong>n die B<strong>und</strong>esregierung auf, sich<br />

für die Aufnahme bewaffneter Drohnen<br />

als eigenständige Kategorie <strong>in</strong> das UN-<br />

Waffenregister e<strong>in</strong>zusetzen <strong>und</strong> mittels<br />

Rüstungskontrolle auf ihre Ächtung zu<br />

drängen.<br />

Grenzen des Interventionismus<br />

Um Völkermord <strong>und</strong> Kriegsverbrechen,<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

<strong>und</strong> „ethnische Säuberungen“ zu<br />

unterb<strong>in</strong>den, hat sich die UN-Vollversammlung<br />

zum Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Responsibility<br />

to Protect (R2P) – notfalls mit dem<br />

allerletzten Mittel <strong>der</strong> Intervention – bekannt.<br />

Dagegen steht das Kriegsverbot<br />

<strong>der</strong> UN-Charta. Damit es nicht aufgeweicht<br />

wird, bemüht sich <strong>der</strong> UN-Gene-<br />

ralsekretär, Kriterien zu entwickeln, die<br />

es gestatten, die Pr<strong>in</strong>zipien Friedenspfl<br />

icht <strong>und</strong> Schutzverantwortung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Praxis zu versöhnen. Deutschland sollte<br />

Ban Ki Moon dabei unterstützen.<br />

Seit Monaten reißen beklemmende Berichte<br />

über die Massaker <strong>in</strong> Syrien nicht<br />

ab, sie haben bereits 10.000 Todesopfer<br />

gefor<strong>der</strong>t. E<strong>in</strong>e Militär<strong>in</strong>tervention<br />

schließt <strong>der</strong> Westen aus – aus guten<br />

Gründen. Sollte auch die Vermittlungs<strong>in</strong>itiative<br />

von Kofi Annan scheitern, verweisen<br />

wir auf die Erfahrungen im Libanon.<br />

Dort e<strong>in</strong>igten sich nach e<strong>in</strong>em<br />

15 Jahre währenden Bürgerkrieg, <strong>der</strong><br />

100.000 Todesopfer kostete <strong>und</strong> den<br />

ke<strong>in</strong>e Seite gew<strong>in</strong>nen konnte, die Antagonisten<br />

1990 auf e<strong>in</strong> Friedensabkommen.<br />

Mit <strong>der</strong> Formel „Ke<strong>in</strong>e Sieger,<br />

ke<strong>in</strong>e Besiegten“ wurde e<strong>in</strong>e Teilung<br />

<strong>der</strong> Macht möglich – gewiss e<strong>in</strong>e prekäre<br />

Balance. Wäre e<strong>in</strong> „schmutziger<br />

Frieden“ nicht auch <strong>in</strong> Syrien e<strong>in</strong>em<br />

endlosen Bürgerkrieg vorzuziehen? Ungeachtet<br />

dessen muss die Staatengeme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>in</strong> Syrien humanitäre Hilfe<br />

leisten <strong>und</strong> die Nachbarstaaten bei<br />

<strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> Versorgung <strong>der</strong><br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge unterstützen. (…)<br />

In <strong>der</strong> zusammenwachsenden <strong>Welt</strong> des<br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts brauchen wir ke<strong>in</strong>e<br />

Nuklearwaffen, son<strong>der</strong>n umgekehrt<br />

glaubwürdige Schritte <strong>in</strong> Richtung Global<br />

Zero. Die aktuellen <strong>in</strong>ternationalen<br />

Machtverschiebungen bergen auch friedenspolitische<br />

Chancen. Es wäre fatal,<br />

diese durch falsche Weichenstellungen<br />

zu verpassen.<br />

Vorstellung des Friedensgutachtens von<br />

Bruno Schoch, Hessische Stiftung Friedens-<br />

<strong>und</strong> Konfl iktforschung, Mai 2012<br />

(Auszug), www.friedensgutachten.de<br />

Friedensgutachten 2012 –<br />

Bruno Schoch, Cor<strong>in</strong>na Hauswedell,<br />

Janet Kursawe, Margret Johannsen<br />

(Hrsg.), LIT-Verlag


Lexikon <strong>der</strong> Ethik: Versuchung<br />

Versuchung me<strong>in</strong>t, dass jemand herausgefor<strong>der</strong>t<br />

wird, um se<strong>in</strong>e Reaktion<br />

zu überprüfen. Diese Defi nition ist<br />

ungenau. Bereits <strong>der</strong> mittelalterliche<br />

Theologe Petrus Lombardus hat mit<br />

Recht drei unterschiedliche Formen <strong>der</strong><br />

Versuchung erkannt: Der Mensch führt<br />

e<strong>in</strong>en Versuch mit Materialien durch,<br />

um zu lernen. Gott führt Menschen <strong>in</strong><br />

Anfechtungen, um sie zu erziehen. Der<br />

Teufel schließlich führt Christen <strong>in</strong> die<br />

Todesgefahr.<br />

Das Experiment<br />

Menschen versuchen etwas. Sie probieren<br />

aus, sie stellen auf die Probe,<br />

sie führen Experimente durch. Dah<strong>in</strong>ter<br />

steckt die Neugier als e<strong>in</strong>e Triebkraft,<br />

die nicht nur Neues entdecken <strong>und</strong> erforschen,<br />

son<strong>der</strong>n darüber auch die unheimlichen<br />

Kräfte <strong>der</strong> Natur bändigen,<br />

zuverlässiges Wissen erlangen <strong>und</strong><br />

die <strong>Welt</strong> beherrschen will. Sicherlich<br />

droht hier die Gefahr <strong>der</strong> <strong>in</strong>nerlichen<br />

Überheblichkeit, bei <strong>der</strong> die Umwelt<br />

zum Material degradiert wird (bspw. bei<br />

Tierversuchen), sowie die Gefahr <strong>der</strong><br />

äußeren Gefangenschaft <strong>in</strong> den Folgen<br />

(bspw. bei Atomwaffen). Dennoch ist<br />

für Christen diese Herrschaft im Schöpfungsauftrag<br />

Gottes f<strong>und</strong>iert <strong>und</strong> damit<br />

nicht an sich schlecht, son<strong>der</strong>n sogar<br />

von Gott gewollt. Versuche können,<br />

aber müssen nicht zu e<strong>in</strong>er Versuchung<br />

werden.<br />

Die Anfechtung<br />

Menschen s<strong>in</strong>d nicht nur aktives Subjekt<br />

e<strong>in</strong>es Versuchs, sie s<strong>in</strong>d auch<br />

zunächst passives Objekt e<strong>in</strong>er Versuchung<br />

– sei es, dass e<strong>in</strong>e Idee o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Experiment sie verlockt, sei es, dass sie<br />

von an<strong>der</strong>en Menschen o<strong>der</strong> Gewalten<br />

auf die Probe gestellt werden. Werden<br />

sie verlässlich reagieren? Diese Frage<br />

steckt voller ethischer Brisanz, denn<br />

hier geht es <strong>in</strong> fünffacher H<strong>in</strong>sicht um<br />

die Freiheit <strong>und</strong> die Selbstbestimmung<br />

des Menschen: Es gibt erstens e<strong>in</strong>en<br />

Freiraum, <strong>in</strong> dem sich die Menschen<br />

verhalten können. E<strong>in</strong>e Versuchung begrenzt<br />

zwar unsere Optionen, aber sie<br />

setzt unsere Verantwortlichkeit für unser<br />

Handeln <strong>und</strong> unser Lebenskonzept<br />

nicht außer Kraft. Es gibt zweitens die<br />

Möglichkeit, sich <strong>der</strong> Versuchung h<strong>in</strong>zugeben<br />

– „ich b<strong>in</strong> so frei“ nennt man<br />

das, aber Ethiker sprechen hier lieber<br />

von Willkür <strong>und</strong> kontrastieren sie mit<br />

<strong>der</strong> wahren Freiheit, die als Selbstbestimmung<br />

nicht fremden E<strong>in</strong>fl üsterungen<br />

folgt, son<strong>der</strong>n am eigenen Selbstbild<br />

festhält, „so dass ich abends noch<br />

<strong>in</strong> den Spiegel schauen kann, ohne<br />

mich zu schämen“. Versuchungen s<strong>in</strong>d<br />

drittens e<strong>in</strong>e Prüffrage an die Wertehierarchie<br />

des Probanten sowie an se<strong>in</strong>e<br />

Fähigkeit, diese Gewichtung auch<br />

Probe<br />

Versuchung<br />

Idee Freiraum<br />

Verlockungen<br />

Neugier<br />

Subjekt Objekt<br />

Experiment<br />

Wertehierarchie<br />

Vertrauen<br />

Möglichkeit<br />

Tugenden<br />

umzusetzen („<strong>der</strong> Wahn ist kurz, die<br />

Reu ist lang“ – F. Schiller). Viertens s<strong>in</strong>d<br />

diese Verlockungen nicht nur spontane<br />

E<strong>in</strong>schläge. Vielmehr kann <strong>der</strong> Mensch<br />

daran wachsen, dass er Versuchungen<br />

wi<strong>der</strong>steht (vgl. Jak 1); die Ethiker sprechen<br />

von Tugenden, die uns prägen<br />

können. Und immer geht es darum, die<br />

Mitte zu halten <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> die Extreme<br />

zu fallen; so steht <strong>der</strong> besonnene<br />

Umgang mit dem Alkohol zwischen völligem<br />

Verzicht <strong>und</strong> hemmungslosem<br />

Gelage. Allerd<strong>in</strong>gs wissen wir fünftens<br />

aus Erfahrung, dass wir dieses Ideal<br />

häufi g verfehlen <strong>und</strong> sowohl auf Unter-<br />

stützung wie auf Nachsicht angewiesen<br />

s<strong>in</strong>d. Christen sprechen hier vom Beistand<br />

durch den Geist Gottes <strong>und</strong> von<br />

<strong>der</strong> Sündenvergebung.<br />

Kompass 11I12<br />

Die Todesgefahr<br />

Weil Menschen auf die Probe gestellt<br />

werden können, s<strong>in</strong>d sie nicht nur Herrscher<br />

<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>, son<strong>der</strong>n können von<br />

an<strong>der</strong>en Mächten e<strong>in</strong>gespannt werden,<br />

s<strong>in</strong>d also zugleich auch Beherrschte.<br />

Hier stellt sich nicht nur die Frage, wer<br />

diese Mächte s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n auch, wie<br />

Menschen mit dieser Zwischenstellung<br />

umgehen können. Für Christen ist die<br />

Geschichte von Ka<strong>in</strong> <strong>und</strong> Abel wegweisend:<br />

Die Versuchung besteht dar<strong>in</strong>,<br />

dass das Opfer des älteren Bru<strong>der</strong>s<br />

nicht so gut bei Gott angekommen ist.<br />

Und nun „lauert die Sünde vor <strong>der</strong> Tür“<br />

(Gen 4,7). Sie betrifft zunächst Ka<strong>in</strong>,<br />

<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Bru<strong>der</strong> erschlägt <strong>und</strong> damit<br />

<strong>der</strong> Willkür freien Lauf lässt. Aber sie<br />

betrifft auch Gott selbst: Ist es gerecht<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Zeichen <strong>der</strong> Liebe, den e<strong>in</strong>en zu<br />

bevorzugen? Gott erklärt se<strong>in</strong> Verhalten<br />

zwar dem Älteren als Prüfung, aber Ka<strong>in</strong><br />

wendet se<strong>in</strong>en Blick ab von Gott – <strong>und</strong><br />

nun wird die Versuchung zur Todesgefahr,<br />

nämlich zur Abwendung von Gott<br />

als <strong>der</strong> Quelle des Lebens <strong>und</strong> von se<strong>in</strong>er<br />

Zusage, dass er uns behütet <strong>und</strong><br />

retten wird. Hier hilft nur das Vertrauen<br />

auf den Vater im Himmel, das Jesus<br />

gelebt <strong>und</strong> für uns eröffnet hat: „<strong>und</strong><br />

führe uns nicht <strong>in</strong> Versuchung, son<strong>der</strong>n<br />

erlöse uns von dem Bösen“ (Mt 6,13).<br />

Prof. Dr. Volker Stümke, Dozent für<br />

Evangelische Sozialethik an <strong>der</strong><br />

Führungsakademie <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>in</strong> Hamburg<br />

25<br />

© privat<br />

Lexikon <strong>der</strong> Ethik


Personalien<br />

© Kompass / Jörg Volpers<br />

Zum 1. Oktober 2012 wurde Wolfgang<br />

Wurmb (32) von Militärbischof<br />

Dr. Franz-Josef Overbeck zum Vorstand<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Soldat</strong>enseelsorge,<br />

Anstalt öffentlichen Rechts, (KS) berufen.<br />

Militärgeneralvikar Walter Wakenhut<br />

überreichte ihm die Urk<strong>und</strong>e am 4. Oktober<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Wurmb übernimmt Aufgaben<br />

von Detlef Warwas <strong>in</strong> <strong>der</strong> Funktion<br />

des F<strong>in</strong>anzvorstandes. Dazu gehören<br />

u. a. die Verwendung <strong>der</strong> Haushaltsmittel<br />

<strong>der</strong> KS, die Betreuung <strong>der</strong> Stiftungen<br />

<strong>und</strong> die Dienstorganisation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zentrale<br />

<strong>der</strong> KS.<br />

Detlef Warwas wird bald <strong>in</strong> die Freistellungsphase<br />

<strong>der</strong> Altersteilzeit gehen.<br />

Vorstand für Personalangelegenheiten<br />

ist weiterh<strong>in</strong> Msgr. Wolfgang Schilk,<br />

Leiten<strong>der</strong> Militärdekan im Katholischen<br />

Militärbischofsamt.<br />

Wolfgang Wurmb, gebürtig aus Lenggries/Oberbayern<br />

diente 12 Jahre als<br />

Zeitsoldat <strong>in</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr. Er stu-<br />

Ende Oktober wechselte Militärdekan<br />

Msgr. Johann Meyer nach fast sieben<br />

Jahren im Katholischen Militärbischofsamt<br />

(KMBA) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> als Leiter des Katholischen<br />

Militärpfarramtes München<br />

<strong>in</strong> die bayerische Landeshauptstadt.<br />

Zwei Gründe dafür fi elen glücklich zusammen:<br />

<strong>der</strong> Wunsch des seit 1991 <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Militärseelsorge</strong> tätigen Priesters,<br />

wie<strong>der</strong> mehr mit den <strong>Soldat</strong>en an <strong>der</strong><br />

„Basis“ zu arbeiten, <strong>und</strong> die Notwendig-<br />

Wolfgang Wurmb zum Vorstand<br />

<strong>der</strong> Katholischen <strong>Soldat</strong>enseelsorge ernannt<br />

26 Kompass 11I12<br />

Militärgeneralvikar Wakenhut überreicht die Berufungsurk<strong>und</strong>e.<br />

dierte an <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>in</strong> München Wirtschafts- <strong>und</strong> Organisationswissenschaften<br />

<strong>und</strong> erwarb<br />

den Abschluss des Diplom-Kaufmanns.<br />

Wurmb war zweimal während se<strong>in</strong>er<br />

Dienstzeit als Offi zier im Auslandse<strong>in</strong>satz:<br />

2008 <strong>in</strong> K<strong>und</strong>uz/Afghanistan <strong>und</strong><br />

Von <strong>der</strong> echten <strong>in</strong> die heimliche Hauptstadt<br />

keit, die Seelsorgerstelle <strong>in</strong> München<br />

nach mehrmonatiger Vakanz neu zu<br />

besetzen. E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe nimmt<br />

<strong>der</strong> stv. Internationale Direktor <strong>der</strong> PMI<br />

(<strong>Soldat</strong>enwallfahrt Lourdes) mit, Meyer<br />

wird also auch <strong>in</strong> den nächsten Jahren<br />

Impressum<br />

KOMPASS <strong>Soldat</strong> <strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong><br />

ISSN 1865-5149<br />

Redaktionsanschrift<br />

KOMPASS <strong>Soldat</strong> <strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Am Weidendamm 2, 10117 Berl<strong>in</strong><br />

Telefon: +49 (0)30 20617-422<br />

Telefax: +49 (0)30 20617-499<br />

E-Mail kompass@katholischesoldatenseelsorge.de<br />

www.katholische-militaerseelsorge.de<br />

Chefredakteur Josef König (JK)<br />

Redakteur Jörg Volpers (JV)<br />

Redakteur<strong>in</strong> Barbara Ogr<strong>in</strong>z (BO)<br />

Bild, Layout <strong>und</strong> Satz Christ<strong>in</strong>e Faßben<strong>der</strong><br />

Lektorat Schwester Irenäa Bauer OSF<br />

2011 <strong>in</strong> Prizren/Kosovo. Wurmb engagierte<br />

sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Katholischen<br />

<strong>Militärseelsorge</strong>. Zuletzt war er fünf<br />

Jahre Pfarrgeme<strong>in</strong><strong>der</strong>atsvorsitzen<strong>der</strong><br />

beim Katholischen Militärpfarramt Mittenwald.<br />

Marlene Beyel<br />

die Gesamtleitung für die Pilger <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr<br />

<strong>in</strong>nehaben. Die Nachfolge <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Leitung des Teilreferates II.1 <strong>und</strong> für<br />

die verschiedenen damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Aufgaben steht noch nicht endgültig<br />

fest. Jörg Volpers<br />

Herausgeber<br />

Der Katholische Militärbischof für<br />

die Deutsche B<strong>und</strong>eswehr<br />

Verlag, Druck <strong>und</strong> Vertrieb<br />

Verlag Haus Altenberg<br />

Carl-Mosterts-Platz 1<br />

40477 Düsseldorf<br />

Leserbriefe<br />

Bei Veröffentlichung von Leserbriefen behält sich die<br />

Redaktion das Recht auf Kürzung vor.<br />

H<strong>in</strong>weis<br />

Die mit Namen o<strong>der</strong> Initialen gekennzeichneten Beiträge<br />

geben nicht unbed<strong>in</strong>gt die Me<strong>in</strong>ung des Herausgebers<br />

wie<strong>der</strong>. Für das unverlangte E<strong>in</strong>senden von Manuskripten<br />

<strong>und</strong> Bil<strong>der</strong>n kann ke<strong>in</strong>e Gewähr <strong>und</strong> für Verweise <strong>in</strong> das<br />

Internet ke<strong>in</strong>e Haftung übernommen werden. Bei allen<br />

Verlosungen <strong>und</strong> Preisausschreiben <strong>in</strong> KOMPASS. <strong>Soldat</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> ist <strong>der</strong> Rechtsweg ausgeschlossen.<br />

© KMBA / Hal<strong>in</strong>a Kluge


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Wir verlosen e<strong>in</strong>en Cab<strong>in</strong> Max Rucksack mit 44 l<br />

Fassungsvermögen, geeignet als Flugzeug-Handgepäck.<br />

Mit Ihrer Teilnahme sichern Sie sich e<strong>in</strong>e<br />

Gew<strong>in</strong>nchance, sobald Sie uns das richtige Lösungswort<br />

mitteilen.<br />

Das Lösungswort bitte bis<br />

21. November 2012<br />

an die Redaktion Kompass. <strong>Soldat</strong> <strong>in</strong> <strong>Welt</strong> <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong>,<br />

Am Weidendamm 2, 10117 Berl<strong>in</strong>,<br />

o<strong>der</strong> per E-Mail<br />

an kompass@katholische-soldatenseelsorge.de<br />

(Wir bitten um e<strong>in</strong>e Lieferanschrift <strong>und</strong> um freiwillige Altersangabe.)<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Kurie des Katholischen Militärbischofs (Berl<strong>in</strong>) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Angehörige s<strong>in</strong>d<br />

nicht teilnahmeberechtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong> des Rätsels <strong>der</strong> Ausgabe<br />

10/12 ist: Susanne Pfau, Leipzig.<br />

Wir gratulieren!<br />

Lösungswort: Apokalyptiker – Endzeitprophet;<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> jüdisch-christlichen Tradition jemand, <strong>der</strong><br />

sich mit <strong>Welt</strong>untergangs-Vorstellungen beschäftigt<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> religiösen Literaturgattung<br />

<strong>der</strong> „Apokalypse“ schreibt.<br />

Kompass 11I12<br />

27<br />

Rätsel


eil<br />

R<br />

schenken<br />

Glauben gew<strong>in</strong>nen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft stärken<br />

ebt.Vertrauen<br />

Diaspora-Sonntag, 18. November 2012<br />

Unterstützen Sie katholische Christen <strong>in</strong> <strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit.<br />

Ermutigen Sie Menschen im Glauben durch das Bonifatiuswerk.<br />

Bank für <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Caritas Pa<strong>der</strong>born, Stichwort:<br />

„Diaspora-Sonntag“, Konto 10 000 105 | BLZ 472 603 07

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